L 3 AL 161/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 6 AL 713/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 161/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 09. Juli 1999 wird zurückgewiesen.
II. Notwendige außergerichtliche Kosten auch der Berufungsinstanz sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Verpflegungskostenzuschusses für Familienheimfahrten.

Der am ... geborene, ledige und in G ... wohnhafte Kläger hat ein minderjähriges Kind. Im Anschluss an die Facharbeiterausbildung als Elektromechaniker war er zunächst von 1984 bis 1991 in diesem Beruf beschäftigt. Anschließend war er von August 1992 bis April 1993 als Handelsvertreter tätig und meldete sich am 01.05.1993 arbeitslos. Wegen eines Hautleidens kann der Kläger den Beruf des Elektromechanikers nicht mehr ausüben. Daher stellte er am 06.03.1995 Antrag auf Förderung einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme. Es handelte sich um eine Umschulung zum Sozialversicherungsfachangestellten, welche in Hamburg stattfand.

Dieser Maßnahme war zunächst eine entsprechende Vorbereitungsmaßnahme vorgeschaltet (vom 03.04.1995 bis zum 30.07.1995). Die eigentliche Bildungsmaßnahme erfolgte dann in der Zeit vom 31.07.1995 bis zum 26.06.1997. Im Juni 1997 bestand der Kläger erfolgreich die Abschlussprüfung. Mit Bescheid vom März 1995 (genaues Datum ist nicht erkennbar) bewilligte die Beklagte dem Kläger sowohl für die Rehabilitationsvorbereitungsmaßnahme als auch die Umschulung zum Sozialversicherungsfachangestellten dem Grunde nach folgende Förderungsleistungen: Übergangsgeld und Reisekosten, welche unmittelbar an den Kläger ausgezahlt wurden sowie Maßnahmekosten für Lernmittel, Unterkunft und Verpflegung, abzurechnen über den Träger der Maßnahme. Ein gesonderter Verpflegungskostenzuschuss für jede Familienheimfahrt war in diesem Bescheid nicht ausgewiesen.

Mit Schreiben vom 26.02.1997 beantragte der Kläger die gesonderte Gewährung eines Verpflegungskostenzuschusses seit dem 03.04.1995 für jeweils zwei Familienheimfahrten im Monat (pro einfache Fahrtstrecke 12,50 DM). Hierzu bezog er sich auf die Regelungen des Bundesreisekostengesetzes.

Mit Bescheid vom 18.04.1997 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. § 56 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 1. Halbsatz und Satz 2 AFG i. V. m. § 34 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 6 Satz 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A Reha) sehe Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten sowie Reisekosten für zwei Familienheimfahrten vor, nicht jedoch einen Verpflegungszuschuss für die zuletzt genannten Fahrten.

Dem widersprach der Kläger am 09.05.1997. Zwischen An- und Abreise sowie den einzelnen Familienheimfahrten seien keine Unterschiede zu machen. Das Tagegeld nach dem Bundesreisekostengesetz beziehe sich daher auch auf die Familienheimfahrten.

Durch Widerspruchsbescheid vom 12.08.1997 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Für Familienheimfahrten seien lediglich die Fahrkosten erstattungsfähig. Eine Bezuschussung mit Verpflegungskosten sehe die A Reha nicht vor.

Dagegen hat sich der Kläger am 02.09.1997 an das Sozialgericht Dresden gewandt. Nach einem gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände (Krankenkassen, Unfallversicherungsträger, Rentenversicherung, Bundesanstalt für Arbeit) sei eine einheitliche Reisekostengewährung bei Reha-Maßnahmen zu schaffen. Tage- oder Verpflegungsgeld sei außer für An- und Abreise auch für Familienheimfahrten zu zahlen.

Die Beklagte hat hierzu die Auffassung vertreten, dass Grundlage der A Reha u. a. die Gesamtvereinbarung über die Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Durchführung der Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation der Träger der beruflichen Rehabilitation, in Kraft getreten am 01.09.1993, sei. § 10 dieser Gesamtvereinbarung regele die Gewährung der Reisekosten bei Reha-Maßnahmen und der Inhalt sei identisch mit § 34 der A Reha. Diese Norm enthalte jedoch keine Regelung zu Verpflegungskosten anlässlich der Familienheimfahrten. Die Kosten für die Verpflegung seien gem. § 29 Abs. 3 A Reha bereits Bestandteil der Maßnahmekosten, welche die Beklagte für die gesamte Zeit getragen habe.

Durch Urteil vom 09. Juli 1999 hat das Sozialgericht Dresden (SG) ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Klage abgewiesen. Zwar gehörten zu den Reisekosten bei Familienheimfahrten grundsätzlich auch die Verpflegungskosten. Diese seien jedoch bereits durch die gem. § 23a Abs. 3 Ziff. 5 A Reha vereinbarten Tageskostensätze von der Beklagten erbracht worden. Ein nochmaliges Verpflegungsgeld stelle daher eine Doppelleistung dar.

Gegen das am 22.09.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.10.1999 Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, es gebe eine Vereinbarung zur Gleichbehandlung von Rehabilitanten der entsprechenden Reha-Träger vom 07.08.1974. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung hielten sich an diese Vereinbarung. Im Sinne einer Gleichbehandlung sei ihm daher ebenfalls Verpflegungsgeld zu gewähren. Während der gesamten Maßnahmedauer habe er mindestens 52 Familienheimfahrten durchgeführt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 09. Juli 1999 sowie den Bescheid vom 18.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Verpflegungskostenzuschuss für die in der Zeit vom 03.04.1995 bis zum 26.06.1997 durchgeführten Familienheimfahrten i. H. v. 12,50 DM pro einfache Fahrt zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die dem Kläger gewährten Verpflegungskosten seien Bestandteil eines Gesamtrehabilitationspaketes. Da die einzelnen Reha-Träger jeweils Leistungen nach den für sie geltenden Rechtsvorschriften bewilligten, sei nicht auszuschließen, dass die jeweiligen Kosten auch unterschiedlich hoch sein können.

Das Berufsförderungswerk H ... GmbH bestätigte durch Schreiben vom 20.04.2001 die Entrichtung der Tageskostensätze pauschal für 30 Tage im Monat. Diese Tageskostensätze enthielten bei Internatsunterbringung Vollverpflegung, so dass für Familienheimfahrten Lunchpakete zur Verfügung gestellt würden.

Zu den Vereinbarungen zwischen der Rehabilitationseinrichtung (Berufsförderungswerk H ... GmbH) und der Bundesanstalt für Arbeit für die Jahre 1995 bis 1997 wird auf Bl. 36 bis 49 und 57 bis 60 der LSG-Akte verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 SGG) ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das mit der Berufung angegriffene Urteil des Sozialgerichts Dresden (SG) vom 09. Juli 1999 hat zu Recht die Klage abgewiesen, weil der Bescheid vom 18.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.1997 den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Verpflegungsgeldes für die Vorbereitungsmaßnahme vom 03.04.1995 bis zum 30.07.1995 sowie die berufliche Rehabilitationsmaßnahme vom 31.07.1995 bis zum 26.06.1997.

Nach dem Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Reha-AnglG) vom 07.08.1974 Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 1881) richten sich die Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung eines Rehabilitationsträgers und deren Sicherstellung, entsprechend den Grundsätzen der §§ 10 bis 20 dieses Gesetzes, nach für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden besonderen Rechtsvorschriften (§ 9 Reha-AnglG). Gem. § 12 Nr. 4 i. V. m. § 19 Abs. 3 Reha-AnglG werden Reisekosten im Regelfall für zwei Familienheimfahrten je Monat übernommen, wenn der Behinderte an einer berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation teilnimmt. Bereits im Reha-AnglG wird hierzu der Begriff Reisekosten näher erläutert. Nach § 19 Abs. 1 Reha-AnglG werden als Reisekosten die im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer medizinischen oder berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen.

Grundlage für berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation der Bundesanstalt für Arbeit ist § 56 AFG. Die BA gewährt gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 AFG als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation die Hilfen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und Behinderte möglichst auf Dauer beruflich eingliedern. Die dem Kläger hier primär gewährte berufsfördernde Leistung war die Umschulung zum Sozialversicherungsfachangestellten. Die berufsfördernden Leistungen werden erweitert durch einen Katalog ergänzender Leistungen (§ 56 Abs. 2 AFG). Nach § 56 Abs. 3 Nr. 4 AFG übernimmt die Beklagte die im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten. Trotz des ungenauen Wortlauts lässt die Regelung hinreichend deutlich erkennen, dass Rechtsgrund für die Übernahme von Verpflegungskosten nach Nr. 4 die regelmäßige Zu- und Abreise zwecks Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme ist. Begrifflich fallen somit die Verpflegungskosten unter die Reisekosten (Gagel, AFG, Rdnr. 32 zu § 56; Hoppe/Berlinger, Förderung der beruflichen Bildung, Stand Januar 1990, § 56 Anm. 16 und 17; BSG SozR 3-4100 § 56 Nr. 9).

Nach § 58 Abs. 2 AFG bestimmt die Beklagte durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der berufsfördernden und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation, ohne dass sie hierdurch allerdings die gesetzlichen Vorschriften abändern bzw. eine gesetzliche Förderungspflicht auszuschließen dürfe (BSG SozR 3-4100 § 56 Nr. 9 BSGE 37, 163, 169 f.; BSG SozR 4100 § 58 Nr. 18; SozR § 59 Nr. 2). Dies ist erfolgt durch die Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A Reha) in der Fassung der 19. Änderungsanordnung zur A Reha vom 26.10.1995. Diese regelt im dritten Unterabschnitt die "Leistungen zu den Kosten der Maßnahme". Gem. § 34 A Reha gehören hierzu auch die Reisekosten.

Absatz 1 dieser Norm definiert zunächst den Umfang der zu gewährenden Reisekosten. Danach gewährt die Bundesanstalt als Reisekosten nach § 56 Abs. 3 Nr. 4 AFG Leistungen für die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten sowie die Kosten des erforderlichen Gepäcktransports. Dies betrifft Reisekosten, die entstehen für: 1. An- und Abreise, 2. Familienheimfahrten, Pendelfahrten zwischen Wohnung oder Unterkunft ... Diese allgemeine Regelung legt jedoch noch nicht fest, in welchem genauen Umfang bzw. auf welche Weise z. B. die Verpflegungskosten zu gewähren sind. Zu den Kosten der Verpflegung und Übernachtung anlässlich der An- und Abreise findet sich hierzu in § 34 Abs. 4 A Reha eine konkretisierende Regelung. Danach sind hierzu die Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes in Höhe der Reisekostenstufe A anzuwenden. Zu den Fahrkosten für Familienheimfahrten bestimmt Abs. 6 lediglich, dass diese im Regelfall für zwei Familienheimfahrten im Monat anzuerkennen sind, wenn der Behinderte an einer Maßnahme außerhalb seines Wohnortes teilnimmt und Leistungen für Kosten der Unterkunft und Verpflegung übernommen werden. Der Kläger hat danach - zumindest grundsätzlich - auch für die Familienheimfahrten einen Anspruch auf Verpflegungskosten, als Bestandteil der Reisekosten.

Gleichwohl hat er keinen Anspruch - entsprechend seinem Begehren - auf ein Verpflegungs- bzw. Zehrgeld für die jeweiligen Fahrten. Den Anspruch auf Verpflegungskosten hat die Beklagte nämlich bereits im Rahmen des Tageskostensatzes als Teil der Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der Rehabilitationseinrichtung erfüllt. Gem. § 29 Abs. 3 A Reha werden bei der Teilnahme an berufsfördernden Bildungsmaßnahmen in Rehabilitationseinrichtungen, wie sie bei dem Kläger gegeben war, Maßnahmekosten nur entsprechend der getroffenen Vereinbarung nach § 23a A Reha gewährt. In diesen Fällen zählen zu den Maßnahmekosten grundsätzlich auch die erforderlichen Kosten für Lernmittel, Arbeitskleidung, Unterkunft und Verpflegung und Reisekosten ..., § 29 Abs. 3 Satz 2 A Reha. Nach § 23a Abs. 1 A Reha sind über die Durchführung berufsfördernder Bildungsmaßnahmen in Rehabilitationseinrichtungen Vereinbarungen nach der Maßgabe von Abs. 3 abzuschließen. Nach Abs. 3 trifft die Vereinbarung u. a. Regelungen über die Höhe der Tageskostensätze je Maßnahmeteilnehmer (Nr. 5). Entsprechende Vereinbarungen liegen zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und dem Berufsförderungswerk H ... GmbH, als Einrichtung der beruflichen Rehabilitation, für die Jahre 1995 bis 1997 vor. Für die Berechnung der Tageskostensätze, die jeweils für die Verweildauer des einzelnen Teilnehmers von der Bundesanstalt für Arbeit zu zahlen sind, wurden 356 Abrechnungstage für ein Wirtschaftsjahr zugrunde gelegt. Es werden daher für jeden Tag der Verweildauer, einschließlich der Tage der Familienheimfahrten, die Verpflegungskosten pauschaliert im Rahmen der Tageskostensätze erbracht. Dies bedeutet - wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat - das sich der Kläger zwecks einer entsprechenden Versorgung an den Rehabilitationsträger hätte wenden müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, vgl. § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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