L 3 AL 173/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 1 AL 263/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 173/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 07. September 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für den Zeitraum vom 15. Dezember 1995 bis 31. Mai 1996 sowie die Erstattung überzahlter Alhi (2.273,44 DM) und Beiträgen zur Krankenversicherung (1.142,75 DM).

Der am ... 1942 geborene, verheiratete Kläger hat eine Berufsausbildung zum Industriekaufmann absoloviert und die Qualifikation als Ingenieur für Bekleidungstechnik erworben. Er war vom 15. September 1959 bis zur Kündigung am 31. Mai 1990 bei dem VEB Jugendmode R ..., zuletzt als Verantwortlicher für Neuererwesen beschäftigt. Ab 07. Juni 1990 bezog er eine staatliche Unterstützung vom Amt für Arbeit.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 01. Juli 1990 Arbeitslosengeld (Alg), zuletzt mit wöchentlichem Leistungssatz in Höhe von 209,40 DM (Bescheid vom 11. Januar 1993) ausgehend von der der Lohnsteuerklasse V, kein Kinderfreibetrag, entsprechenden Leistungsgruppe D 0 und einem Bemessungsentgelt in Höhe von 590,00 DM.

Der Kläger beantragte am 02. Januar 1993 beim Arbeitsamt Oschatz im Anschluss an den Bezug von Alg die Bewilligung von Alhi. Er gab als wöchentliches Netto-Gesamteinkommen der Ehefrau Alg in Höhe von 267,00 DM an.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger vom 26. Februar 1993 bis 31. Mai 1994 Alhi mit wöchentlichem Leistungssatz in Höhe von 131,28 DM unter Anrechnung von 54,69 DM (Bescheide vom 26. April 1993, 12. Juli 1993, 10. Januar 1994). Auf dem Folgeantrag vom 29. April 1994 bezog der Kläger weiterhin Alhi vom 01. Juni 1994 bis 31. Mai 1995 (Bescheide vom 20. Mai 1994, 16. August 1994, 19. Januar 1995, 01. Februar 1995, 02. Februar 1995), wobei ein unregelmäßiger Nebenverdienst des Klägers (Honorar für Zeitungsartikel) rückwirkend auf die Alhi angerechnet wurde.

Am 05. Mai 1995 beantragte der Kläger erneut die Fortzahlung der Alhi. Er erklärte, das Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Ehefrau bezog zu diesem Zeitpunkt Alhi in Höhe von wöchentlich 334,20 DM (Bescheid vom 09. Januar 1995). Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin Alhi in Höhe von 202,80 DM wöchentlich ab 01. Juni 1995, in Höhe von 212,40 DM ab 01. Dezember 1995, in Höhe von 201,00 DM ab 01. Januar 1996 bis 31. Mai 1996 (Bescheide vom 24. Mai 1996, 11. Dezember 1995, 08. Januar 1996).

Die Ehefrau des Klägers nahm am 15. Dezember 1995 eine Tätigkeit im Rahmen einer ABM auf. Die Leistungsunterlagen der Beklagten enthalten keine Mitteilung des Klägers über die Veränderung der Einkommensverhältnisse der Eheleute. Mit dem Fortzahlungsantrag vom 13. Mai 1996 legte der Kläger der Beklagten eine Bescheinigung über das Arbeitsentgelt der Ehefrau (Februar - April 1996: je 2.596,18 DM brutto) vor.

Das Arbeitsamt Oschatz lehnte den Antrag auf Weiterzahlung daraufhin ab 01. Juni 1996 ab (Bescheid vom 24. Juni 1996).

Mit Schreiben vom 24. Juni 1996 teilte das Arbeitsamt Oschatz dem Kläger die Überzahlung von Alhi für die Zeit vom 01. Januar 1996 bis 31. Mai 1996 in Höhe von 9.678,43 DM mit. Er habe die Arbeitsaufnahme der Ehefrau nicht angegeben. Der Anrechnungsbetrag übersteige den Leistungssatz der Alhi. Der Kläger hätte erkennen können, dass die Voraussetzungen für die Leistungszahlung nicht vorgelegen haben. Auf das Merkblatt werde Bezug genommen. Der Kläger erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Kläger erwiderte, er habe Ende Dezember 1995 die ABM seiner Ehefrau bei einer persönlichen Vorsprache gegenüber der Arbeitsvermittlerin Petra K ... angegeben. Seine eigene Bewerbung um eine ABM habe die Beklagte zu diesem Zeitpunkt nicht berücksichtigen können.

Der Beklagte hob die Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 15. Dezember 1995 bis 31. Mai 1996 teilweise gemäß § 48 SGB X i.V.m. § 152 Abs. 3 AFG auf (Bescheid vom 12. September 1996). Der Kläger habe die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau nicht angegeben. Der Anrechnungsbetrag übersteige ab 01. Januar 1996 den Leistungsatz der Alhi. Er habe insgesamt Leistungen in Höhe von 9.678,43 DM (Alhi: 4.865,90 DM, Krankenversicherung: 1.919,28 DM, Rentenversicherung: 2.750,02 DM und Pflegeversicherung: 143,23 DM) zu Unrecht erhalten.

Dagegen legte der Kläger am 25. September 1996 Widerspruch ein und wies erneut auf das Gespräch mit der Arbeitsvermittlerin im Dezember 1995 hin. Diese habe ihm gegenüber erklärt: "alle Unterlagen lägen vor" und "er müsse sich nicht weiter kümmern".

Ermittlungen der Beklagten bestätigten die Vorsprache bei der Arbeitsvermittlerin K ... am 22. Dezember 1990, mit Mitteilung einer eigenen erfolglosen Bewerbung bei "S ...". Nach Auskunft der Arbeitsvermittlerin K ... habe der Kläger sie in diesem Gespräch nicht über die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau informiert.

Die Beklagte half dem Widerspruch des Klägers teilweise mit Änderungsbescheid vom 09. Januar 1997 ab und reduzierte die Erstattung wie folgt:

Vom 15. Dezember 1995 bis 31. Dezember 1995 habe der Kläger Alhi in Höhe von 212,40 DM wöchentlich erhalten, obwohl ihm nur 6,78 DM wöchentlich zugestanden hätten. Er habe daher Leistungen in Höhe von 479,78 DM zu Unrecht erhalten und zu erstatten.

In der Zeit vom 01. Januar 1996 bis 31. März 1996 habe er Alhi in Höhe von 201,00 DM wöchentlich erhalten, obwohl die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung nicht vorgelegen haben. Der Anrechnungsbetrag in Höhe von wöchentlich 207,96 DM übersteige den wöchentlichen Leistungssatz. Mithin habe er 2.613,00 DM Alhi, 1.142,75 DM Krankenversicherungsbeiträge, 1.637,38 DM Rentenversicherungsbeiträge und 85,28 DM Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten.

Der Kläger habe vom 01. April 1996 bis 31. Mai 1996 Alhi in Höhe von wöchentlich 201,00 DM erhalten, obwohl die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung nur teilweise vorgelegen hätten. Der Bescheid werde daher gemäß § 45 SGB X für die Zeit vom 01. April 1996 bis 31. Mai 1996 bezüglich eines Teilbetrages von wöchentlich 149,81 DM zurückgenommen. Der Kläger habe leicht erkennen können, dass die Voraussetzungen für die Leistungszahlung nicht vorgelegen haben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Insgesamt habe er für diesen Zeitraum Leistungen in Höhe von 1.323,41 DM zu Unrecht erhalten.

Mit Bescheid vom 09. Januar 1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger außerdem für den Zeitraum vom 01. Juli 1996 bis 31. Dezember 1996 Alhi in Höhe von wöchentlich 51,18 DM ab 01. Juni 1996 und in Höhe von 47,58 DM ab 01. Juli 1996. Die Nachzahlung (1.260,01 DM) verrechnete die Beklagte mit dem Erstattungsbetrag.

Den dagegen am 20. Januar 1997 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 1997 zurück. Mit der Arbeitsaufnahme der Ehefrau sei eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Der Kläger habe die Arbeitsaufnahme im Dezember 1995 nicht mitgeteilt. Er sei seiner Verpflichtung, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, nicht nachgekommen. Er habe durch das Merkblatt für Arbeitslose gewusst, dass er alle leistungserheblichen Tatsachen dem Arbeitsamt anzugeben habe. Für den Zeitraum vom 15. Dezember 1995 bis 31. Dezember 1995 sei die Bewilligung der Alhi daher gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3, 4 SGB X aufzuheben. Die Bewilligung von Alhi sei mit Wirkung für die Vergangenheit für den Zeitraum vom 01. Januar 1996 bis 31. März 1996 ganz und für den Zeitraum vom 01. April bis 31. Mai 1996 gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, 3 SGB X teilweise aufzuheben. Der Kläger habe die Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alhi gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt und unvollständige Angaben gemacht. Die Überzahlung in Höhe von 4.416,19 DM zuzüglich Beiträgen zur Krankenversicherung in Höhe von 1.142,75 DM, Beiträgen zur Rentenversicherung in Höhe von 1.637,38 DM und Beiträgen zur Pflegeversicherung in Höhe von 85,28 DM seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.

Der Kläger hat am 04. April 1997 beim Sozialgericht Leipzig Klage erhoben und ergänzend vorgetragen, die Berechnungen des Arbeitsamtes seien nicht nachvollziehbar, er nehme diese als gegeben hin. Er habe auch keinen Grund gehabt, die ABM der Ehefrau zu verschweigen. Die Arbeitsvermittlerin K ... sei schließlich für beide Eheleute zuständig gewesen.

Die Beklagte hat den Bescheid vom 12. September 1996 in der Fassung des Bescheides vom 09. Januar 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 1997 hinsichtlich der Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 1.637,38 DM zurückgenommen (Bescheid vom 27.06.1997).

Das Sozialgericht Leipzig hat die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 07. September 2000 abgewiesen. Der Kläger habe es unterlassen, eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, nämlich die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau der Beklagten anzuzeigen. Damit habe er die sich aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I ergebende Mitteilungspflicht verletzt. Es stehe zwar fest, dass der Kläger am 22. Dezember 1995 beim Arbeitsamt vorgesprochen habe. Der BewA-Ausdruck enthalte aber keinerlei Hinweise auf eine entsprechende Mitteilung über die Arbeitsaufnahme der Ehefrau. Ein solcher ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers. Allein die Mitteilung, dass es mit der ABM seiner Ehefrau "geklappt habe", reiche als Mitteilung im Sinne seiner Verpflichtungen aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I nicht aus. Denn daraus ergebe sich weder der Zeitpunkt des ABM-Beginnes noch deren Dauer bzw. die Höhe des erzielten Arbeitsentgeltes. Ausgehend vom Bildungsstand und des Persönlichkeitsbildes des Klägers gebe es für die Kammer keinerlei Bedenken, dass er seine Verpflichtung nicht hätte im vollen Umfang verstehen können. Darüber hinaus habe der Kläger auf Grund des längeren Leistungsbezuges gewusst, dass der Anspruch auf Alhi durch die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau zum Ruhen kommt oder ganz oder zumindest teilweise wegfällt. Sollte er dies nicht erkannt haben, habe er in jedem Fall grob fahrlässig gehandelt.

Der Kläger hat gegen das am 17.09.2000 zugestellte Urteil am 18. September 2000 beim Sozialgericht Leipzig Berufung eingelegt. Die Berufung wurde an das Sächsische Landessozialgericht (LSG) weitergeleitet.

Der Kläger trägt zur Begründung vor, er habe seine Sorgfaltspflichten nicht verletzt, insbesondere keine erforderlichen Angaben verschwiegen oder falsche Tatbestände hinzugefügt. Die kriminellen Vorwürfe seien nicht haltbar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 07. September 2000 und den Bescheid vom 12. September 1996, die Änderungsbescheide vom 09. Januar 1997, sämtliche in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 1997 und des Änderungsbescheides vom 27.Juni 1997 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend trägt die Beklagte vor, entgegen dem bisherigen Vortrag sei Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Alhi allein § 48 Satz 1 Nrn. 2, 3 und 4 SGB X i.V.m. § 152 Abs. 3 AFG. Der Kläger habe es grob fahrlässig unterlassen, die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau anzuzeigen. Die behauptete Mitteilung gegenüber der Arbeitsvermittlerin im Dezember 1995 werde bestritten. Der Beratungsvermerk enthalte dazu keinerlei Hinweise. Da das von der Ehefrau erzielte Arbeitseinkommen zur Minderung bzw. zum Wegfall des Anspruchs geführt habe, sei auch der verschuldensunabhängige Aufhebungstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt. Der Kläger habe darüber hinaus gewußt, dass die Arbeitsaufnahme der Ehefrau Auswirkungen auf die Leistungshöhe hat.

Die Gerichtsakten (L3 AL 173/00 und S 1 AL 263/97) und die Leistungsakten der Beklagten (Stamm-Nr.: 10715) haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Die Statthaftigkeit der Berufung ergibt sich aus §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt bei der Klage, die sich gegen eine Erstattung richtet, 1.000,00 DM. Die Berufung wurde form- und fristgerecht erhoben, § 151 SGG.

Die Berufung ist aber unbegründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 12. September 1996 in der Fassung der Aufhebungsbescheide vom 09. Januar 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 1997, abgeändert durch Bescheid vom 27. Juni 1997 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsbescheide ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2, 3, 4 SGB X i.V.m. § 152 Abs. 3 AFG.

Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung eines Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt im besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4).

Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in den Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 152 Abs. 3 AFG).

Die vor Erlaß des Aufhebungsbescheides vom 12.09.1996 gemäß § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung des Klägers ist erfolgt. Der Kläger erhielt durch das Schreiben des Arbeitsamtes vom 24.06.1996 Gelegenheit, zu den Tatsachen Stellung zu nehmen, die der Aufhebung zu Grunde lagen.

Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.

Die Beklagte hat mit Bewilligungsbescheid vom 24. Mai 1995 und Folgebescheiden vom 11. Dezember 1995 sowie 08. Januar 1996 Alhi bewilligt und damit Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erlassen. Mit der Erzielung des Erwerbseinkommens haben sich die tatsächlichen Verhältnisse, die beim Erlass des Bewilligungsbescheides vorlagen, wesentlich geändert. Abzustellen ist insoweit auf die tatsächlichen Verhältnisse, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides am 24. Mai 1995 vorgelegen haben. Die Folgebescheide sind insoweit nicht relevant. Die Grundlagen der Alhi-Bewilligung wurden darin nicht abgeändert. Das Einkommen der Ehefrau ist gemäß §§ 137 Abs. 1, 138 Abs. 1 Nr. 2 AFG als Einkommen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung der Alhi zu berücksichtigen.

Dabei ergibt sich folgende Änderung:

Zeitraum 15. Dezember 1995 - 31. Dezember 1995: Auf die wöchentliche Alhi in Höhe von 212,40 DM ist Einkommen in Höhe von 205,62 DM anzurechnen.

Zeitraum 01. Januar 1996 - 31. März 1996: Der Anrechnungsbetrag von 207,96 DM übersteigt den wöchentlichen Leistungssatz der Alhi in Höhe 201,00 DM.

Zeitraum 01. April 1996 - 31. Mai 1996: Auf die wöchentliche Alhi in Höhe von 201,00 DM ist ein Einkommen in Höhe von wöchentlich 149,81 DM anzurechnen.

Die Voraussetzungen für eine rückwirkende teilweise Aufhebung gem. § 48 Abs.1 Nr. 3 SGB X liegen hier vor. Denn nach Erlaß des Bewilligungsbescheides vom 24. Mai 1996 wurde mit dem Verdienst der Ehefrau Einkommen erzielt, welches zur Minderung des Anspruchs auf Alhi geführt hat. Die Tatsache, dass es sich um Einkommen der Ehefrau handelt, ändert daran nichts. Nach dem Wortlaut der Norm genügt es, wenn nicht der Antragsteller, sondern eine andere Person, deren wirtschaftliche Verhältnisse für den Leistungsanspruch rechtserheblich sind, Einkommen erzielt hat (BSG, SozR 1300 § 48 Nr. 53).) Das ist hier der Fall.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung gem. § 48 Abs. 3 SGB X setzt kein Verschulden des Betroffenen voraus. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Kläger seine Sorgfaltspflichten verletzt, erforderliche Angaben verschwiegen oder falsche Tatbestände hinzugefügt hat.

Zwar kann ein gutgläubiger Verbrauch einer Sozialleistung einen atypischen Fall begründen, der die Behörde bei einer Aufhebung gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X verpflichtet, Ermessen auszuzüben und ggf. von der für den Betroffenen ungünstigen Rechtswirkung abzusehen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 53). Hier handelt es sich aber um die Aufhebung der Bewilligung von Alhi. § 152 Abs. 3 AFG regelt insoweit von § 48 Abs.1 S. 2 SGB X abweichend, daß die Beklagte eine gebundene Entscheidung treffen muß. Selbst im atypischen Fall ist kein Ermessen auszuüben. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß die Bundesanstalt für Arbeit - anders als die meisten anderen Sozialversicherungsträger - die meisten Leistungen kurzfristig zu erbringen und vielfach ebenso kurzfristig wieder zu beenden hat, so dass Überzahlungen praktisch nicht zu vermeiden sind (vgl. Niesel, AFG, 2. Aufl., § 152 Rn. 2).

Es kann vorliegend deshalb dahingestellt bleiben, ob neben den Voraussetzungen des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 SGB X auch die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 4 SGB X erfüllt sind. Der Kläger könnte hier seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen nicht nachgekommen sein. Er behauptet zwar, die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau im Dezember 1995 der Arbeitsvermittlerin K ... mitgeteilt zu haben. Die Ermittlungen im Widerspruchsverfahren konnten dies aber nicht bestätigen. Auch könnte der Kläger möglicherweise gewußt bzw. grob fahrlässig nicht gewußt haben, dass das Einkommen der Ehefrau teilweise auf die Alhi anzurechnen ist. Weitere Ermittlungen waren insoweit aber entbehrlich. Denn die verschuldensunabhängige Alternative des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ist gegeben. Es genügt, wenn die Voraussetzungen einer Ziffer des § 48 Abs.1 Satz 2 SGB X vorliegen.

Die Beklagte hat die Bewilligungsbescheide innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X aufgehoben. Die Behörde muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung rechtfertigen, verfügen. Die Beklagte hat hier mit Fortzahlungsantrag vom 13. Mai 1996 Kenntnis vom Verdienst der Ehefrau erhalten. Die Aufhebung erfolgte mit Bescheid vom 12. September 1996 und damit innerhalb der 1-Jahres-Frist. Für den Fristbeginn ist nicht allein auf die Aktenkundigkeit abzustellen, die Frist läuft damit nicht ab Bewilligung der ABM für die Ehefrau. Vielmehr ist erforderlich, dass die Behörde Kenntnis von den die Aufhebung stützenden Tatsachen erhält (vgl. Schroeder/Printzen/Wiesner, SGB X § 45 Rdnr. 33).

Rechtsgrundlage für die Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe ist § 50 Abs. 1 SGB X. Der Anspruch auf Erstattung der Beiträge zur Krankenversicherung ergibt sich aus § 157 Abs. 1a Satz 1 AFG. Diese Rechtsgrundlage ist seit 01. Januar 1996 auch auf Beiträge zur Pflegeversicherung anwendbar, § 166c Satz 2 AFG. Die Beklagte hat die Erstattung der überzahlten Alhi (Arbeitslosenhilfe: 479,78 DM + 2.016,00 DM + 323,41 DM = 4.416,19 DM) und der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung (1.142,75 DM) zutreffend berechnet. Die Höhe wird von den Beteiligten nicht bestritten.

Bei der mit Bescheid vom 09. Januar 1997 erklärten "Verrechnung" des Nachzahlungsbetrages (Arbeitslosenhilfe vom 01. Juli 1996 bis 01. Dezember 1996 in Höhe von 1.260,00 DM) mit der "Rückforderung" handelt es sich um eine Aufrechnung gemäß § 51 SGB I. Eine Prüfung von deren Rechtmäßigkeit hat sich prozessual erledigt. Art und Höhe der streitgegenständlichen Erstattung stehen nunmehr fest. An einer isolierten Anfechtung der Aufrechnung besteht kein Interesse.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 ABs.2 Nr.1, 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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