Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 11 KA 400/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KA 4/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25. März 1999 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger die Genehmigung zur Abrechnung der EBM-Ziffern 511 und 512 zu erteilen hat.
Der Kläger ist Facharzt für Arbeitsmedizin und als Praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er hat ein medizinisches Gerät mit Namen "Hand- und Finger-Dynamometer HFD 200" (HFD) entwickelt, das er unter anderem zur physiotherapeutischen und krankengymnastischen Behandlung einsetzt. Das HFD 200 ist eine Vorrichtung zum Messen der isometrischen Beuge- und Streckkräfte der Hand und der einzelnen Finger jeweils an fünf Basismesspunkten und in allen Beugewinkeln der Finger. Dass Messsystem erlaubt eine Analyse der Beuge- und Streckkräfte, an die sich Leistungsdiagnostik anschließt. Dadurch wird eine gezielte Trainingsbehandlung ermöglicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Kläger der Beklagten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Der Kläger rechnete die mit dem HFD 200 erbrachten Leistungen ab dem Quartal IV/95 durch Ansatz der damaligen EBM-Ziffern 816 und 817 ab. Nachdem der Bewertungsausschuss beide EBM-Ziffern mit Wirkung ab dem 01.07.1996 gestrichen hatte (Beschlüsse Nr. 119 und 120 vom 13.06.1996), wies die Beklagte den Kläger unter dem 19.07.1996 darauf hin, dass die mit dem HFD 200 erbrachten Übungsbehandlungen nunmehr in den EBM-Ziffern 511 und 512 aufgegangen seien, deren Abrechnungsfähigkeit die Erteilung einer Genehmigung erfordere. Der Kläger möge bei der Beklagten dazu einen Antrag nebst Fachkundenachweis stellen. Insoweit sei eine entsprechenden Weiterbildung des Arztes oder eine besonderen Zusatzqualifikation im einzelnen genannter nichtärztlicher Mitarbeiter erforderlich.
Den Antrag des Klägers vom 16.12.1996 auf "Genehmigung zur Durchführung krankengymnastischer Behandlungen komplexer Funktionsstörungen von Organssystemen entsprechend EBM-Ziffern 511 und 512 des Kapitels E II" lehnte die Bezirksstelle Dresden der Beklagten mit Bescheid vom 07.01.1997 ab, weil die erforderliche Zusatzqualifikationen weder vom Kläger noch von seinen nichtärztlichen Mitarbeitern erbracht würden.
Seinen Widerspruch vom 17.02.1997 begründete der Kläger damit, dass die mit Benutzung des HFD 200 erbrachten Leistungen eine systematische sensomotorische Übungsbehandlung komplexer Funktionsstörungen von Organsystemen auf neurophysiologischer Grundlage im Sinne der Leistungslegende der Nrn. 511 und 512 EBM darstellten. Die Leistungslegende fordere nicht zwingend die Anwendung einer der dort beispielhaft genannten Methoden. Im Widerspruchsverfahren haben eine größere Zahl von Fachkollegen des Klägers, aber auch eine Reihe von Krankenkassen den zukünftigen Einsatz des HFD 200 unterstützt. Die Beklagte hat die bei ihr eingerichtete "Kommission Physiotherapie" um Stellungnahme gebeten, die in der Sitzung vom 04.06.1997 empfohlen hat, dass die Beklagte den Widerspruch zurückweise, i.S. einer Sonderlösung gleichwohl dem Kläger aber eine Leistungsbewertung nach dem EBM-Nrn. 505 (bei Behandlung durch die Ehefrau des Klägers) und 507 (Behandlung durch den Kläger selbst) zu ermöglichen; wegen des Inkrafttretens des Medizinproduktegesetzes möge die Zustimmung bis zum 13.06.1998 befristet werden. Daraufhin hat die Bezirksstelle Dresden dem Vorstand der Beklagten ein diesem Vorschlag entsprechendes Votum unterbreitet.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 17.09.1997 zurück. Der Kläger verfüge als Facharzt für Arbeitsmedizin nicht über die geforderte Weiterbildung. Vom Arzt sei der Nachweis von mindestens 50 Stunden Weiterbildung für die benannten Übungsbehandlungen (z.B. Bobath, Vojta, PNF, Frostig, Kabat, Kiphart) erforderlich.
Hiergegen hat sich die am 14.10.1997 erhobene Klage gerichtet. Das Sozialgericht (SG) hat Stellungnahmen der KBV beigezogen, welche die streitbefangenen Abrechnungsbestimmungen erläutern und zusätzlich Erläuterungen über die rechtliche Qualifikation des HFD 200 beinhalten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts einen widerruflichen Vergleich geschlossen, der die Abrechnungsmöglichkeit des HFD 200 als Einzelbehandlung nach Nr. 511 EBM vorsah; vorsorglich hat das SG die Beteiligten sinngemäß dahin angehört, für den Fall des Widerrufs über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Beklagte hat den Vergleich widerrufen, weil aus ihrer Sicht der Nachweis einer "entsprechenden Weiterbildung des Arztes bzw. eine besondere Zusatzqualifikation der nichtärztlichen Mitarbeiter" - das erfolgreiche Absolvieren einer Weiterbildung im Hinblick auf eine allgemein anerkannte sensomotorische Übungsbehandlung - nicht vorliege.
Daraufhin hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 25.03.1999 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger die Genehmigung zur Abrechnung der EBM-Nrn. 511 und 512 zu erteilen. Die Beklagte habe zu Unrecht die Erteilung einer Genehmigung abgelehnt. Wegen der Stellungnahme der Kommission Physiotherapie sei der Nachweis im Sinne der Präambel zu Kapitel E des EBM als erbracht anzusehen. Eine rückwirkende Genehmigungserteilung komme jedoch nicht in Betracht. Die vom Kläger mit dem HFD 200 erbrachten Leistungen entsprächen den Anforderungen an die systematische sensomotorische Übungsbehandlung komplexer Funktionsstörungen von Organsystemen auf neurophysiologischer Grundlage in vollem Umfang. Dies belege die Einschätzung der Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation , wie aus der Stellungnahme der Kommission Physiotherapie vom 03.06.1997 hervorgehe. Der Antrag des Klägers vom 16.12.1996 sei nicht deshalb abzulehnen, weil sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (noch) nicht mit dem HFD 200 befasst habe. Ein Tätigwerden des Bundesausschusses sei weder im Hinblick auf die Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-RL) noch im Hinblick auf die Heil- und Hilfsmittel-Richtlinien erforderlich. Die vom Kläger unter Benutzung des HFD 200 durchgeführte Behandlung - eine systematische sensomotorische Übungsbehandlung komplexer Funktionsstörungen von Organsystemen auf neurophysiologischer Grundlage - stelle eine Behandlungsmethode i.S.d. Nr. 511 EBM dar. Auch sei die krankengymnastische Behandlung unter Zuhilfenahme des HFD 200 kein neues Heilmittel, sondern vielmehr eine Behandlungstechnik im Rahmen der krankengymnastischen Behandlung. Weil auch keine Verordnung des HFD 200 als Hilfsmittel in Betracht stehe, sei auch insoweit keine Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen erforderlich. Schließlich stehe auch das Medizinproduktegesetz der Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung nicht entgegen, weil das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Medizinprodukten übergangsweise noch bis zum 30.06.2001 zulässig sei, ohne dass die weiteren Voraussetzungen nach den Vorschriften des Gesetzes erfüllt sein müssten. Zur Berechnung der Leistung nach den Nrn. 511 und 512 EBM sei der Leistungsbestandteil "systematische sensomotorische Übungsbehandlung" zu erfüllen. Dazu zählten dort exemplarisch genannte Methoden (z.B. Bobath oder Kabat). Wende ein Arzt bei der systematischen sensomotorischen Übungsbehandlung die Bobath-Methode an, liege es auf der Hand, dass er auch für diese Methode Nachweise der Weiterbildung einreichen müsse, um die Abrechnungsgenehmigung zu erhalten. Entsprechend müssten sich die Nachweise der Weiterbildung auf die Kabat-Methode beziehen, wenn der Vertragsarzt nach dieser Methode bei der sensomotorischen Übungsbehandlung vorgehe. Nunmehr von dem Kläger eine Weiterbildung in einer bereits von der Kommission grundsätzlich anerkannten Methode zu fordern, obwohl der Kläger gar nicht nach diesem Konzept vorgehe, komme nicht in Betracht. Es sei ausreichend, wenn sich die Nachweise der Weiterbildung bei dem Kläger auf das von ihm angewandte Konzept der systematischen, sensomotorischen Übungsbehandlung bezögen. Die vom Kläger während des Verwaltungsverfahrens eingereichten Unterlagen, insbesondere die Veröffentlichungen über verschiedene Behandlungsfälle, belegten, dass der Kläger eingehende Kenntnisse auf dem Gebiet der systematischen sensomotorischen Übungsbehandlung komplexer Funktionsstörungen von Organsystemen auf neurophysiologischer Grundlage erworben habe. Damit habe er den Nachweis der entsprechenden Weiterbildung i.S.d. Präambel zu Abschnitt E des EBM erbracht.
Gegen den der Beklagten am 31.03.1999 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 30.04.1999 eingelegte Berufung.
Sie trägt vor, der Kläger erfülle die zur Abrechnung erforderlichen Voraussetzungen nicht. "Learning by doing" reiche nicht aus (Berufungsbegründung vom 30.04.1999).
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25.03.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der EBM regele in den streitbefangenen Abrechnungsbestimmungen nicht abschließend, mit welchem Maßnahmen der Nachweis einer entsprechenden Weiterbildung geführt werden könne. Die von ihm entwickelte Übungsbehandlung sei den im EBM exemplarisch genannten Methoden vergleichbar. Seine Darlegungen, dass er über eine adäquate Weiterbildung verfüge, seien mehr als ausreichend (Berufungserwiderung vom 27.07.1999).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 144, 151, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Genehmigungserteilung zu.
Rechtliche Grundlage für das Klagebegehren sind die Abrechnungsbestimmungen der Nr. 511 und Nr. 512 EBM, der sich seinerseits auf die in § 87 Abs. 1 SGB V normierte Ermächtigungsgrundlage stützt. Die Vorbemerkung im Rahmen von Kap. E des EBM über physikalisch-medizinische Leistungen enthält im Wortlaut unter anderem die Abrechnungsbestimmung:
"Die Berechnung der Leistungen nach den Nrn. 511 und 512 setzt den Nachweis einer entsprechenden Weiterbildung des Arztes oder einer besonderen Zusatzqualifikation der o. g. nichtärztlichen Mitarbeiter voraus."
Gemessen an dieser im EBM getroffenen Festlegung, die vom Senat wortgetreu (dazu vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 1 m.w.N.) auszulegen ist, hat die Beklagte dem Kläger mit Recht die Genehmigung zur Abrechnung der streitbefangenen EBM-Ziffern versagt. Entgegen seinem Vorbringen erfüllt der Kläger die in der genannten EBM-Bestimmung festgelegte Nachweisvoraussetzung nicht. Er verfügt weder über die dort genannte "entsprechende Weiterbildung" noch sind in seiner Praxis nichtärztliche Mitarbeiter tätig, die über eine "besondere Zusatzqualifikation" zur Erbringung der genannten Leistungen verfügen.
Das SG führt aus, zur Berechnung der streitigen Leistungen sei der Leistungsbestandteil "systematische sensomotorische Übungsbehandlung" zu erfüllen. Dazu zählten dort exemplarisch genannten Methoden (z.B. Bobath oder Kabat). Wende ein Arzt bei der systematischen sensomotorischen Übungsbehandlung die Bobath-Methode an, liege es auf der Hand, dass er auch für diese Methode Nachweise der Weiterbildung einreichen müsse, um die Abrechnungsgenehmigung zu erhalten. Entsprechend müssten sich die Nachweise der Weiterbildung auf die Kabat-Methode beziehen, wenn der Vertragsarzt nach dieser Methode bei der sensomotorischen Übungsbehandlung vorgehe. Nunmehr von dem Kläger eine Weiterbildung in einer bereits von der Kommission grundsätzlich anerkannten Methode zu fordern, obwohl der Kläger gar nicht nach diesem Konzept vorgehe, komme nicht in Betracht. Es sei, gerade im Blick auf die vorgelegten Unterlagen, ausreichend, wenn sich die Nachweise der Weiterbildung bei dem Kläger auf das von ihm angewandte Konzept der systematischen, sensomotorischen Übungsbehandlung bezögen.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Genehmigungserteilung zu begründen. Der unmissverständliche Wortlaut der genannten EBM-Bestimmung macht deutlich, dass damit an die Vorlage eines Nachweises einer entsprechenden Weiterbildung nach Maßgabe der Weiterbildungsordnung der sächsischen Landesärztekammer angeknüpft ist. Dagegen bestehen weder unter einfachrechtlicher noch verfassungsrechtlicher Sicht Bedenken (vgl. nur BSGE 84, 290 m.w.N.).
Wie bereits in der Stellungnahme der KBV vom 16.07.1998 (Bl. 45 f. SG-Akte) ausgeführt wird, vermittelt die alleinige Weiterbildung zum Praktischen Arzt, als der der Kläger tätig ist, für sich gesehen keine der genannten EBM-Bestimmung genügende Qualifikation. Einschlägige Weiterbildungsnachweise kann der Kläger weder vorlegen noch sind solche überhaupt zu ersehen. Entgegen der Ansicht des SG genügt es auch nicht, dass der Kläger, wie vom SG unterstellt, Nachweise hinsichtlich der Weiterbildung beibringe, die sich auf das vom Kläger selbst praktizierte Konzept der systematischen, sensomotorischen Übungsbehandlung bezögen. Abgesehen davon, dass das SG insoweit den Wortlaut der streitbefangenen EBM-Bestimmung verkannt hat, führte diese Ansicht dazu, dass die dem Arzt berufsrechtlich aufgegebene Pflicht zur Weiterbildung letztlich ins Leere liefe.
Aus den genannten Gründen war auf die Berufung der Gerichtsbescheid des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger die Genehmigung zur Abrechnung der EBM-Ziffern 511 und 512 zu erteilen hat.
Der Kläger ist Facharzt für Arbeitsmedizin und als Praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er hat ein medizinisches Gerät mit Namen "Hand- und Finger-Dynamometer HFD 200" (HFD) entwickelt, das er unter anderem zur physiotherapeutischen und krankengymnastischen Behandlung einsetzt. Das HFD 200 ist eine Vorrichtung zum Messen der isometrischen Beuge- und Streckkräfte der Hand und der einzelnen Finger jeweils an fünf Basismesspunkten und in allen Beugewinkeln der Finger. Dass Messsystem erlaubt eine Analyse der Beuge- und Streckkräfte, an die sich Leistungsdiagnostik anschließt. Dadurch wird eine gezielte Trainingsbehandlung ermöglicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Kläger der Beklagten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Der Kläger rechnete die mit dem HFD 200 erbrachten Leistungen ab dem Quartal IV/95 durch Ansatz der damaligen EBM-Ziffern 816 und 817 ab. Nachdem der Bewertungsausschuss beide EBM-Ziffern mit Wirkung ab dem 01.07.1996 gestrichen hatte (Beschlüsse Nr. 119 und 120 vom 13.06.1996), wies die Beklagte den Kläger unter dem 19.07.1996 darauf hin, dass die mit dem HFD 200 erbrachten Übungsbehandlungen nunmehr in den EBM-Ziffern 511 und 512 aufgegangen seien, deren Abrechnungsfähigkeit die Erteilung einer Genehmigung erfordere. Der Kläger möge bei der Beklagten dazu einen Antrag nebst Fachkundenachweis stellen. Insoweit sei eine entsprechenden Weiterbildung des Arztes oder eine besonderen Zusatzqualifikation im einzelnen genannter nichtärztlicher Mitarbeiter erforderlich.
Den Antrag des Klägers vom 16.12.1996 auf "Genehmigung zur Durchführung krankengymnastischer Behandlungen komplexer Funktionsstörungen von Organssystemen entsprechend EBM-Ziffern 511 und 512 des Kapitels E II" lehnte die Bezirksstelle Dresden der Beklagten mit Bescheid vom 07.01.1997 ab, weil die erforderliche Zusatzqualifikationen weder vom Kläger noch von seinen nichtärztlichen Mitarbeitern erbracht würden.
Seinen Widerspruch vom 17.02.1997 begründete der Kläger damit, dass die mit Benutzung des HFD 200 erbrachten Leistungen eine systematische sensomotorische Übungsbehandlung komplexer Funktionsstörungen von Organsystemen auf neurophysiologischer Grundlage im Sinne der Leistungslegende der Nrn. 511 und 512 EBM darstellten. Die Leistungslegende fordere nicht zwingend die Anwendung einer der dort beispielhaft genannten Methoden. Im Widerspruchsverfahren haben eine größere Zahl von Fachkollegen des Klägers, aber auch eine Reihe von Krankenkassen den zukünftigen Einsatz des HFD 200 unterstützt. Die Beklagte hat die bei ihr eingerichtete "Kommission Physiotherapie" um Stellungnahme gebeten, die in der Sitzung vom 04.06.1997 empfohlen hat, dass die Beklagte den Widerspruch zurückweise, i.S. einer Sonderlösung gleichwohl dem Kläger aber eine Leistungsbewertung nach dem EBM-Nrn. 505 (bei Behandlung durch die Ehefrau des Klägers) und 507 (Behandlung durch den Kläger selbst) zu ermöglichen; wegen des Inkrafttretens des Medizinproduktegesetzes möge die Zustimmung bis zum 13.06.1998 befristet werden. Daraufhin hat die Bezirksstelle Dresden dem Vorstand der Beklagten ein diesem Vorschlag entsprechendes Votum unterbreitet.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 17.09.1997 zurück. Der Kläger verfüge als Facharzt für Arbeitsmedizin nicht über die geforderte Weiterbildung. Vom Arzt sei der Nachweis von mindestens 50 Stunden Weiterbildung für die benannten Übungsbehandlungen (z.B. Bobath, Vojta, PNF, Frostig, Kabat, Kiphart) erforderlich.
Hiergegen hat sich die am 14.10.1997 erhobene Klage gerichtet. Das Sozialgericht (SG) hat Stellungnahmen der KBV beigezogen, welche die streitbefangenen Abrechnungsbestimmungen erläutern und zusätzlich Erläuterungen über die rechtliche Qualifikation des HFD 200 beinhalten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts einen widerruflichen Vergleich geschlossen, der die Abrechnungsmöglichkeit des HFD 200 als Einzelbehandlung nach Nr. 511 EBM vorsah; vorsorglich hat das SG die Beteiligten sinngemäß dahin angehört, für den Fall des Widerrufs über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Beklagte hat den Vergleich widerrufen, weil aus ihrer Sicht der Nachweis einer "entsprechenden Weiterbildung des Arztes bzw. eine besondere Zusatzqualifikation der nichtärztlichen Mitarbeiter" - das erfolgreiche Absolvieren einer Weiterbildung im Hinblick auf eine allgemein anerkannte sensomotorische Übungsbehandlung - nicht vorliege.
Daraufhin hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 25.03.1999 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger die Genehmigung zur Abrechnung der EBM-Nrn. 511 und 512 zu erteilen. Die Beklagte habe zu Unrecht die Erteilung einer Genehmigung abgelehnt. Wegen der Stellungnahme der Kommission Physiotherapie sei der Nachweis im Sinne der Präambel zu Kapitel E des EBM als erbracht anzusehen. Eine rückwirkende Genehmigungserteilung komme jedoch nicht in Betracht. Die vom Kläger mit dem HFD 200 erbrachten Leistungen entsprächen den Anforderungen an die systematische sensomotorische Übungsbehandlung komplexer Funktionsstörungen von Organsystemen auf neurophysiologischer Grundlage in vollem Umfang. Dies belege die Einschätzung der Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation , wie aus der Stellungnahme der Kommission Physiotherapie vom 03.06.1997 hervorgehe. Der Antrag des Klägers vom 16.12.1996 sei nicht deshalb abzulehnen, weil sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (noch) nicht mit dem HFD 200 befasst habe. Ein Tätigwerden des Bundesausschusses sei weder im Hinblick auf die Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-RL) noch im Hinblick auf die Heil- und Hilfsmittel-Richtlinien erforderlich. Die vom Kläger unter Benutzung des HFD 200 durchgeführte Behandlung - eine systematische sensomotorische Übungsbehandlung komplexer Funktionsstörungen von Organsystemen auf neurophysiologischer Grundlage - stelle eine Behandlungsmethode i.S.d. Nr. 511 EBM dar. Auch sei die krankengymnastische Behandlung unter Zuhilfenahme des HFD 200 kein neues Heilmittel, sondern vielmehr eine Behandlungstechnik im Rahmen der krankengymnastischen Behandlung. Weil auch keine Verordnung des HFD 200 als Hilfsmittel in Betracht stehe, sei auch insoweit keine Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen erforderlich. Schließlich stehe auch das Medizinproduktegesetz der Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung nicht entgegen, weil das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Medizinprodukten übergangsweise noch bis zum 30.06.2001 zulässig sei, ohne dass die weiteren Voraussetzungen nach den Vorschriften des Gesetzes erfüllt sein müssten. Zur Berechnung der Leistung nach den Nrn. 511 und 512 EBM sei der Leistungsbestandteil "systematische sensomotorische Übungsbehandlung" zu erfüllen. Dazu zählten dort exemplarisch genannte Methoden (z.B. Bobath oder Kabat). Wende ein Arzt bei der systematischen sensomotorischen Übungsbehandlung die Bobath-Methode an, liege es auf der Hand, dass er auch für diese Methode Nachweise der Weiterbildung einreichen müsse, um die Abrechnungsgenehmigung zu erhalten. Entsprechend müssten sich die Nachweise der Weiterbildung auf die Kabat-Methode beziehen, wenn der Vertragsarzt nach dieser Methode bei der sensomotorischen Übungsbehandlung vorgehe. Nunmehr von dem Kläger eine Weiterbildung in einer bereits von der Kommission grundsätzlich anerkannten Methode zu fordern, obwohl der Kläger gar nicht nach diesem Konzept vorgehe, komme nicht in Betracht. Es sei ausreichend, wenn sich die Nachweise der Weiterbildung bei dem Kläger auf das von ihm angewandte Konzept der systematischen, sensomotorischen Übungsbehandlung bezögen. Die vom Kläger während des Verwaltungsverfahrens eingereichten Unterlagen, insbesondere die Veröffentlichungen über verschiedene Behandlungsfälle, belegten, dass der Kläger eingehende Kenntnisse auf dem Gebiet der systematischen sensomotorischen Übungsbehandlung komplexer Funktionsstörungen von Organsystemen auf neurophysiologischer Grundlage erworben habe. Damit habe er den Nachweis der entsprechenden Weiterbildung i.S.d. Präambel zu Abschnitt E des EBM erbracht.
Gegen den der Beklagten am 31.03.1999 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 30.04.1999 eingelegte Berufung.
Sie trägt vor, der Kläger erfülle die zur Abrechnung erforderlichen Voraussetzungen nicht. "Learning by doing" reiche nicht aus (Berufungsbegründung vom 30.04.1999).
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25.03.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der EBM regele in den streitbefangenen Abrechnungsbestimmungen nicht abschließend, mit welchem Maßnahmen der Nachweis einer entsprechenden Weiterbildung geführt werden könne. Die von ihm entwickelte Übungsbehandlung sei den im EBM exemplarisch genannten Methoden vergleichbar. Seine Darlegungen, dass er über eine adäquate Weiterbildung verfüge, seien mehr als ausreichend (Berufungserwiderung vom 27.07.1999).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 144, 151, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Genehmigungserteilung zu.
Rechtliche Grundlage für das Klagebegehren sind die Abrechnungsbestimmungen der Nr. 511 und Nr. 512 EBM, der sich seinerseits auf die in § 87 Abs. 1 SGB V normierte Ermächtigungsgrundlage stützt. Die Vorbemerkung im Rahmen von Kap. E des EBM über physikalisch-medizinische Leistungen enthält im Wortlaut unter anderem die Abrechnungsbestimmung:
"Die Berechnung der Leistungen nach den Nrn. 511 und 512 setzt den Nachweis einer entsprechenden Weiterbildung des Arztes oder einer besonderen Zusatzqualifikation der o. g. nichtärztlichen Mitarbeiter voraus."
Gemessen an dieser im EBM getroffenen Festlegung, die vom Senat wortgetreu (dazu vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 1 m.w.N.) auszulegen ist, hat die Beklagte dem Kläger mit Recht die Genehmigung zur Abrechnung der streitbefangenen EBM-Ziffern versagt. Entgegen seinem Vorbringen erfüllt der Kläger die in der genannten EBM-Bestimmung festgelegte Nachweisvoraussetzung nicht. Er verfügt weder über die dort genannte "entsprechende Weiterbildung" noch sind in seiner Praxis nichtärztliche Mitarbeiter tätig, die über eine "besondere Zusatzqualifikation" zur Erbringung der genannten Leistungen verfügen.
Das SG führt aus, zur Berechnung der streitigen Leistungen sei der Leistungsbestandteil "systematische sensomotorische Übungsbehandlung" zu erfüllen. Dazu zählten dort exemplarisch genannten Methoden (z.B. Bobath oder Kabat). Wende ein Arzt bei der systematischen sensomotorischen Übungsbehandlung die Bobath-Methode an, liege es auf der Hand, dass er auch für diese Methode Nachweise der Weiterbildung einreichen müsse, um die Abrechnungsgenehmigung zu erhalten. Entsprechend müssten sich die Nachweise der Weiterbildung auf die Kabat-Methode beziehen, wenn der Vertragsarzt nach dieser Methode bei der sensomotorischen Übungsbehandlung vorgehe. Nunmehr von dem Kläger eine Weiterbildung in einer bereits von der Kommission grundsätzlich anerkannten Methode zu fordern, obwohl der Kläger gar nicht nach diesem Konzept vorgehe, komme nicht in Betracht. Es sei, gerade im Blick auf die vorgelegten Unterlagen, ausreichend, wenn sich die Nachweise der Weiterbildung bei dem Kläger auf das von ihm angewandte Konzept der systematischen, sensomotorischen Übungsbehandlung bezögen.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Genehmigungserteilung zu begründen. Der unmissverständliche Wortlaut der genannten EBM-Bestimmung macht deutlich, dass damit an die Vorlage eines Nachweises einer entsprechenden Weiterbildung nach Maßgabe der Weiterbildungsordnung der sächsischen Landesärztekammer angeknüpft ist. Dagegen bestehen weder unter einfachrechtlicher noch verfassungsrechtlicher Sicht Bedenken (vgl. nur BSGE 84, 290 m.w.N.).
Wie bereits in der Stellungnahme der KBV vom 16.07.1998 (Bl. 45 f. SG-Akte) ausgeführt wird, vermittelt die alleinige Weiterbildung zum Praktischen Arzt, als der der Kläger tätig ist, für sich gesehen keine der genannten EBM-Bestimmung genügende Qualifikation. Einschlägige Weiterbildungsnachweise kann der Kläger weder vorlegen noch sind solche überhaupt zu ersehen. Entgegen der Ansicht des SG genügt es auch nicht, dass der Kläger, wie vom SG unterstellt, Nachweise hinsichtlich der Weiterbildung beibringe, die sich auf das vom Kläger selbst praktizierte Konzept der systematischen, sensomotorischen Übungsbehandlung bezögen. Abgesehen davon, dass das SG insoweit den Wortlaut der streitbefangenen EBM-Bestimmung verkannt hat, führte diese Ansicht dazu, dass die dem Arzt berufsrechtlich aufgegebene Pflicht zur Weiterbildung letztlich ins Leere liefe.
Aus den genannten Gründen war auf die Berufung der Gerichtsbescheid des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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