L 6 KN 17/01 U

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 7 KN 67/99 U
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 KN 17/01 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung einer chronisch obstruktiven Bronchitis und chronischen Rhinosinusitis als Berufskrankheit der Ziff. 81 BKVO DDR.

Der am ... geborene Kläger, gelernter Schmied, war zunächst in seinem Ausbildungsbetrieb Stahl- und Walzwerk "W ... F ..." in H ... (Kreis O ...) bis zum 07.04.1958 als Schlosser beschäftigt, im Anschluss daran bei der Fa. Dipl.-Ing. W ... in L ... (Thüringen). Vom 12.06.1958 bis zum 30.06.1964 war er als Rohrschlosser und Schweißer - zum Teil im Schichtsystem - in der Gaserzeugung beim V ... O ... G ... tätig. Zum 01.07.1964 wechselte er in demselben Betrieb in B ... bei L ... zu der Sparte Brikettfabrik/Schwelerei und wurde deswegen bergbaulich versichert. Seit dem 01.08.1975 änderte sich die Tätigkeit von "Rohrschlosser und Schweißer" in "Elektromotorenschlosser". Die Belastung durch Gas, Dämpfe, Schwefel, Kohle, Asbest, Glaswolle und Laugen bestand aber nach seinen eigenen Angaben durchweg etwa gleich während seiner gesamten Berufstätigkeit, welche zum 01.09.1990 mit dem Vorruhestand endete; seit dem 01.08.1992 ist der Kläger EU-Rentner bzw. Altersrentner. Nach Angaben der B ... S ... L ... O ... GmbH war der Kläger als Rohrschlosser und Schweißer im Zeitraum von 1958 bis 1964 im C ...betrieb B ... gegenüber verschiedenen Kohlenwasserstoffen (vor allem Phenole, Benzol und weitere Aromate) exponiert. Nach Einschätzung des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten ist aufgrund des Tragens von Atemschutzmasken mit Frischluftzufuhr (an 3 Tagen/Woche je 3 bis 4 Std.) davon auszugehen, dass sich die Schadstoffkonzentrationen im Bereich des Grenzwerts bewegt haben. Messwerte sind allerdings nicht vorhanden. Von Juli 1964 bis August 1990 war er in der Braunkohleveredlung E .../B ... gegenüber Schwelgasen (CO, H2S, PAK s, Benzol [Toluol und Xylol], Phenole und Pyridin exponiert. Nach Einschätzung der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH wurden die Grenzwerte teilweise mehrfach überschritten. Außerdem war er durch Autogen- und Elektroschweißarbeiten an überwiegend hochlegierten Stählen (Chrom, Nickel) durch Schweißrauche belastet. Bei Brennschneidearbeiten waren die zu trennenden Teile häufig mit Fetten, Ölen, Teeren, Farben und Korrosionsschutzmitteln kontaminiert. Auch verzinkte Bleche wurden bearbeitet.

Mit Schreiben vom 16.06.1996 wandte sich der Kläger an die "Zentrale Erfassungsstelle Asbest" in Augsburg und teilte mit, er habe aufgrund seiner Tätigkeit in der Gaserzeugung B ... so große Probleme mit den Nasennebenhöhlen bekommen, dass er diese Tätigkeit im Jahr 1964 habe wechseln müssen. Das Verfahren wurde über die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie an die Beklagte weitergegeben. Diese zog darauf die Gesundheitsakte von der L ... mbH in E ... bei. Dort ist im Februar 1966 ein grippaler Infekt vermerkt, im August 1966 abermals eine Erkältungsinfektion. Bei Thoraxröntgenaufnahmen wurden pathologische Auffälligkeiten nicht festgestellt. Für eine Lungenaufnahme vom 07.04.1970 war der Verdacht auf eine Bronchitis ausschlaggebend gewesen. Schnupfen und grippale Infekte sind des Weiteren erwähnt im Dezember 1971, im Dezember 1978 sowie im Folgenden unregelmäßig als "rezidivierende Sinusitis" bei den Reihenuntersuchungen. Mit 5 Jahren hatte der Kläger eine Hilus-Tbc durchgemacht. Eine Kieferhöhlen- und Stirnhöhlenoperation 1969/70 verlief komplikationslos. Im Vordergrund standen regelmäßig orthopädische Beschwerden sowie die Folgen der Adipositas. Ein Verdacht auf eine Peribronchitis rechts basal wurde erstmals im März 1985 geäußert. Vitalkapazität und Atemstoßtest überschritten aber jeweils den Sollwert. Während in einem Befundbericht des Dr. H ... aus Z ... vom 24.04.1995 noch von regelrechten Ventilationsverhältnissen die Rede ist, befundete ein beigezogenes Rentengutachten der Bundesknappschaft vom 04.01.1993 bereits eine mittelgradige obstruktive Lungenfunktionsstörung. Ein von der Beklagten bei dem Institut für Klinische Immunologie der F ...-Sch ...-Universität J ... in Auftrag gegebenes Gutachten vom 05.01.1998 befundet eine Bronchitis, die sich anhand der Unterlagen bis 1992 zurückverfolgen lasse. In dem Gutachten des Prof. J ... wird die Bronchitis als "BK-Folge" angesehen, die chronische Rhinosinusitis allerdings nicht, da sie nicht von der BK-Nr. 4302 abgedeckt sei. Die MdE für die chronisch-obstruktive Bronchitis wurde mit 20 % eingeschätzt. Die Gewerbeärztin Frau Dr. B ... schloss sich im Ergebnis dieser Einschätzung nicht an, da für die BK 81/4302-Anerkennung erforderlich sei, dass sich die Krankheit vor Beendigung der angeschuldigten Exposition manifestiert habe. Bei dem Kläger sei die Bronchitis allerdings erst 2 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit (1992) aufgetreten. In einer gutachtlichen Stellungnahme nach Aktenlage vertraten darauf Dres. M .../P ... die Auffassung, der Versicherungsfall sei 1990 eingetreten, der Leistungsfall am 17.07.1992. In einem weiteren Gutachten vom 24.08.1998 wies der nunmehr beauftragte Prof. Dr. Sch ..., J ..., darauf hin, dass sich die Erkrankung vor Beendigung der angeschuldigten beruflichen Exposition manifestiert haben müsse. Der im Berufskrankheitenrecht geforderte zeitliche Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber irritativen Noxen am Arbeitsplatz und dem Auftreten einer chronisch obstruktiven Bronchitis sei hier nicht herzustellen. Zur Expositionszeit seien nie obstruktive Ventilationsstörungen nachgewiesen worden, Veränderungen im Sinne einer obstruktiven Ventilationsstörung seien erst 2 Jahre nach dem Ausscheiden aus einer belastenden Tätigkeit nachzuweisen gewesen.

Hierauf gestützt wies die Beklagte mit Bescheid vom 25.09.1998 den Antrag des Klägers zurück: Es fehle am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Krankheit und der Exposition. Mit dem Widerspruch vom 09.10.1998 machte der Kläger darauf aufmerksam, dass hier von einer multikausalen Schadensverursachung auszugehen sei: Mehrere Listenstoffe, von denen unter Umständen keiner allein geeignet sei, den Schaden zu verursachen, hätten hier in ihrer Gesamtheit den diagnostizierten Körperschaden verursacht. Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 25.01.1999 als unbegründet zurückgewiesen: Eine Exposition im Sinne der BK 81 BKVO DDR sei zwar zu bejahen, sie habe jedoch am 31.08.1990 geendet und erst die Nachuntersuchung vom 17.07.1992 habe Hinweise auf eine mäßige Restriktion und beginnende Obstruktion geliefert.

Auf die Klage zum Sozialgericht Chemnitz (SG) wurde abermals ein fachärztliches Gutachten eingeholt; auch der nunmehr beauftragte Gutachter, Prof. Dr. L ..., Universität L ..., verneinte eine Berufskrankheit im Sinne der BK Nr. 81 BKVO DDR bzw. im Sinne der BK Nr. 4302 BeKV, da in beiden Fällen der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten klinischer Symptome bzw. objektiver Befunde und der beruflichen Exposition zu fordern sei. Mit Urteil vom 28.02.2001 hat das SG die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, bei ihm seien die Krankheitssymptome nicht nach Ende der Exposition zurückgegangen, wie es dann zu erwarten sei, wenn bei Aufgabe der Tätigkeit noch keine obstruktive Funktionsstörung vorgelegen habe. Im Gegenteil: Beim Kläger habe sich nach Beendigung der Tätigkeit das Krankheitsbild weiter verschlechtert; dies spreche dafür, dass schon bei Aufgabe der Tätigkeit eine obstruktive Funktionsstörung vorgelegen habe. Beim Kläger sei keine respiratorische Vorerkrankung in der Kindheit festzustellen. Das Rauchen sei bei einer obstruktiven Bronchitis unter allen Risikofaktoren der entscheidende, nur etwa 3 bis 4 % der Bronchitis-Kranken seien Nichtraucher. Der Kläger sei Nichtraucher.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28.02.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.1999 zu verurteilen, bei dem Kläger eine Berufskrankheit im Sinne der Nr. 4302 der Anlage zur BeKV bzw. Nr. 81 BKVO DDR anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28.02.2001 zurückzuweisen.

Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten beider Instanzen die Verwaltungsakten der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Aspruch auf die Anerkennung einer obstruktiven Bronchitis als Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BeKV). Ebenso wenig ist eine Berufskrankheit nach Nr. 81 der Anl. zur 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung und Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten vom 21.04.1981 (GBl. DDR I Nr. 12 S. 139; berichtigt Nr. 25 S. 312) anzuerkennen.

Eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anl. 1 zur BeKV ist begrifflich eine durch chemisch irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (Bekanntmachung des BMA vom 10.07.1979 im BArbBl. 7/8/1979). Die Berufskrankheitenverordnung vom 20.06.1968 (BGBl. I S. 720) findet gemäß Einigungsvertrag (EV) Anl. I Kap. VIII Sachg. I Abschn. III Nr. 4 im Beitrittsgebiet ab dem 01.01.1992 Anwendung. Im Frühjahr 1992 wurde bei dem Kläger vom Pneumologen eine obstruktive Bronchitis diagnostiziert, die grundsätzlich als BK der Listennr. 4302 in Betracht kommt.

Während seines Berufslebens war er Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, Benzol, Toluol, Xylol, Phenole und Pyridin sowie Schweißrauchen ausgesetzt. Die bei Brennschneidearbeiten zu trennenden Teile waren häufig mit Fetten, Ölen, Teeren, Farben und Korrosionsschutzmitteln kontaminiert. Wie aber der technische Aufsichtsdienst der Beklagten schon andeutete, konnte eine Einschätzung, inwiefern diese Stoffe ein irritatives Schädigungsvermögen für den Atemtrakt besitzen, nicht gegeben werden. In sämtlichen medizinischen Gutachten wurde eine ausreichende Exposition ohne weitere Prüfung als gegeben unterstellt. Es bestehen aber Zweifel, ob dies so ohne weiteres gerecht ist. Das Merkblatt des BMA (zitiert nach Mehrtens/Perlebach BeKV M 4302 S. 6a) nennt folgende Listenstoffe, die als Verursacher obstruktiver Atemwegserkrankungen in Betracht kommen:

ali phatische Amine, Isocyanate, Diisocyanate, Persulfate, Epichlorhydrin, Maleinsäureanhydrit, Acrylate, Methylmetacrylate, Polytetrafluorethenspaltprodukte und Polyvinylchloridspaltprodukte, Formaldehyd, Furfurylalkohol, Azodicarbonamid, Halazon, Azofarben und Anthrachinon, Anthracen, Vanadium, Kühlschmiermittel (Bohröle), Ozon.

All diese Stoffe kommen vorwiegend in der chemischen Industrie vor, beispielsweise bei der Herstellung von Polyurethanschäumen, Klebstoffen, in der Fototechnik, in der Kunstharzherstellung, beim Formenbau und überhaupt der PVC-Herstellung sowie der Holzimprägnierung.

Die vom Kläger genannten Stoffe sind größtenteils hoch giftig und hoch gefährlich, sie werden aber in der medizinischen Literatur nicht mit Atemwegsobstruktionen in Verbindung gebracht. Benzol kann beispielsweise Knochenmarkschädigung, Änderung der Blutgerinnungsfähigkeit und Schädigung der Kapillarwände verursachen. Es löst sich gut in Fetten und reichert sich daher im Gehirn an, wo es Kopfschmerz, Erbrechen und Bewusstlosigkeit auslöst. Der Tod tritt durch Atemlähmung ein. Längere Einwirkung von Benzoldämpfen geringerer Konzentration (ab etwa 100 ppn) können bereits zu tödlichen Vergiftungen führen. Benzol gilt auch als krebserregend (Leukämieauslöser). Das Einatmen von Toluoldämpfen führt zu Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen, Schwindel und Störungen der Bewegungsabläufe durch Einwirkung auf das zentrale Nervensystem. Zum Teil werden halluzinogene Wirkungen beobachtet, Leber- und Nierenschäden sind möglich, Toluol ist ebenfalls krebsverdächtig. Störungen der Nieren- und Leberfunktion sind auch bei Phenol bekannt, Phenole können auch Schädigungen bei Embryonen und am Erbgut verursachen.

Nach der medizinischen Literatur werden für die chronische Bronchitis von den Umweltbelastungen her in erster Linie Stäube verantwortlich gemacht (vgl. Marx-Klepzig, Medizinische Begutachtung innerer Krankheiten, 7. Auflage 1997 S. 297). Als Risikofaktor gilt neben der Luftverschmutzung (SO²-Partikel) die berufliche Exposition mit Stäuben (vgl. TIM, Stuttgart New York 1999, Fichtner/Sybrecht, Chronische Bronchitis, Chronisch obstruktive Bronchitis und Lungenemphysem, S. 1489). In dem Regelwerk "Technische Regeln für Gefahrstoffe" (BArbBl. 01/1998, S. 41) werden die vom Kläger genannten Stoffe nicht als Bronchititen auslösend aufgeführt.

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass die Exposition zumindest nicht eindeutig bzw. zweifelsfrei feststeht. Vor diesem Hintergrund gewinnen die Einschätzungen der Gutachter Prof. L ... und Prof. Sch ... Bedeutung, dass die Pause zwischen dem Ende der Exposition und dem erstmaligen Auftreten der obstruktiven Atemwegserkrankung von zwei Jahren gegen einen Zusammenhang spricht. Zwar existiert kein Rechtssatz des Inhalts, dass eine Berufskrankheit schon dann ausgeschlossen ist, wenn sich die Obstruktion erst nach Expositionsende manifestiert. Hierfür lässt sich auch nicht die vom Sozialgericht genannte Zitatsstelle aus Mehrtens/Perlebach BeKV ins Feld führen. Vielmehr findet sich dort unter M 4302 S. 3 der Hinweis, dass bei chronischer Exposition mit einem schleichend beginnenden Krankheitsbild und mit einer Irreversibilität nach Expositionsende gerechnet werden kann.

Die beim Kläger gegebene Irreversibilität überzeugt den Senat nun allerdings nicht davon, dass bereits vor Aufgabe der Arbeit eine Obstruktion vorgelegen haben müsse, im Gegenteil: dieser Umstand spricht gleichfalls dafür, dass sich die Krankheit unabhängig von den Schadstoffen entwickelt hat, mit denen der Kläger während seines Arbeitslebens Umgang hatte.

Schließlich sieht der Senat auch in der Tatsache, dass der Kläger Nichtraucher ist, und nur etwa 3 bis 4 % der Bronchitiskranken Nichtraucher sind, kein überwiegendes Wahrscheinlichkeitsmerkmal für einen Zusammenhang zwischen der Bronchitis und der stattgehabten Exposition mit den genannten chemischen Stoffen. Dies gilt auch, wenn die langjährige Rhinosinusitis, an welcher der Kläger litt, gewissermaßen als Vorläufer und - durch Etagenwechsel - mittelbarer Verursacher der späteren Bronchitis angesehen wird. Denn auch für diese Krankheit gilt, dass sie jedenfalls nicht typischerweise durch die genannten Irritantien ausgelöst wird.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung einer bis zum 31.12.1991 eingetretenen Berufskrankheit nach Nr. 81 der Berufskrankheitenliste der DDR. Da die Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten vom 26.02.1981 (GBl. DDR I Nr. 12 S. 137) und die 1. Durchführungsbestimmung zu dieser Verordnung - Liste der Berufskrankheiten - vom 21.04.1981 (GBl. I Nr. 12 S. 139, berichtigt GBl. DDR I Nr. 25 S. 312) nach der Anl. 2 zum EV Kap. VIII Sachg. I Abschn. III Nr. 5 bis zum 31.12.1991 in Kraft geblieben ist, besteht grundsätzlich ein Anspruch nach übergeleitetem DDR-Recht, wenn die Berufskrankheit bis zum 31.12.1991 eingetreten ist, und zwar auch dann, wenn sie nach dem gesamtdeutschen Recht keine Berufskrankheit wäre. Die BK 81 der BKVO DDR beschrieb "irritative chronische Krankheiten der oberen und tieferen Luftwege und Lungen durch chemische Stoffe". Anders als nach dem Recht der geltenden BeKV kam also nach dem Recht der DDR auch die Entschädigung einer chronischen Sinusitis als Berufskrankheit in Betracht. Im Zeitraum 1982 bis 1990 wurde allerdings in der DDR nur eine chronische Sinusitis als Berufskrankheit anerkannt, es handelte sich dabei um die Auslösung durch Alkylbenzene und Essigsäure (vgl. Berufskrankheiten im Gebiet der neuen Bundesländer, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Sonderschrift 4, S. 77). Voraussetzung für die Anerkennung wäre nach dem Verordnungstext die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit oder des Umgangs mit dem schädigenden Stoff. Außerdem muss die irritative Wirkung des angeschuldigten Stoffes gesichert sein.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, die angeschuldigten Stoffe sind zum größten Teil allenfalls irritationsverdächtig, im Übrigen hat der Kläger trotz der Sinusitis jahrelang weiter gearbeitet.

Voraussetzung für eine Anerkennung nach übergeleitetem DDR-Recht wäre darüber hinaus, dass die Berufskrankheit einem ab dem 01.01.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung schon vor dem 01.01.1994 bekannt war (§ 1150 Abs. 2 Nr. 1 RVO). Dies ist nicht der Fall. Die erste diesbezügliche Initiative liegt in dem Schreiben des Klägers an die "Zentrale Erfassungsstelle Arbeit" vom 16.06.1996.

Der Kläger hat daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Anerkennung der obstruktiven Bronchitis als Berufskrankheit.

Die Gutachten, auf welche er sich beruft (Prof. J ..., 05.01.1998, Dr. M ..., 07.05.1998), haben den Mangel, dass sie die Exposition unkritisch als gegeben unterstellten. Unter Berücksichtigung der zweifelhaften Exposition und des Fehlens der zusätzlichen Voraussetzungen kann der Senat eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs hinsichtlich einer BK nach Nr. 4302 BeKV nicht erkennen.

Das Sozialgericht hat daher zu Recht die Klage abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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