Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 8 RJ 1294/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 KN 35/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05. Juli 1999 aufgehoben und die Beigeladene verpflichtet, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.02.1997 zu bewilligen.
II. Die Beigeladene hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits für beide Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der am ... geborene Kläger erlernte zunächst den Maurerberuf (Facharbeiterzeugnis vom 31.08.1973), arbeitete dann in diesem Beruf jedoch lediglich bis 1974 und ließ sich danach zum Facharbeiter für Bergbautechnologie - Spezialgebiet Abbau und Vortriebstechnologie - ausbilden. Danach arbeitete er in verschiedenen Tätigkeiten als Heizer, Spritzer und Dreher von 1980 bis 1988, wobei diese Tätigkeiten auch schon zu DDR-Zeiten von Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. Beschäftigungslosigkeit unterbrochen waren: In keinem Beschäftigungsverhältnis stand der Kläger vom 20.12.1980 bis zum 18.02.1981, vom 17.06.1987 bis zum 14.01.1988 und dann noch einmal vom 04.08.1989 bis zum 06.05.1990. Arbeitgeber während dieser Zeit war jedoch immer die Z ... Maschinenfabrik, wobei der Kläger von 19.02.1981 bis zum 03.08.1989 dort in wechselnden Tätigkeiten, unter anderem als Betriebsmaurer, wiederholt tätig war. Vom 01.05.1990 bis zum 03.12.1990 arbeitete er bei dem Malermeister H ... S ... in C ... als Maurer. Das Arbeitsverhältnis endete laut Arbeitsbescheinigung am 04.12.1990 zum 03.12.1990 durch fristlose Arbeitgeberkündigung, Grund dafür war, dass der Hausbau beendet und somit keine Arbeit mehr für den Kläger vorhanden war. Der Kläger selbst hatte das Arbeitsverhältnis auch von vornherein als eine befristete Angelegenheit angesehen. Vom 01.09.1991 bis zum 17.01.1992 arbeitete er in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als Maurer der St. L ...-Kirche in C ... Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Klägers, weil er das Arbeitsklima als unerträglich empfand. Vom 09.08.1993 bis zum 30.09.1993 war der Kläger bei der Firma. &. T ... M ... B ... in L ... beschäftigt. Auch dieses Arbeitsverhältnis endete durch Arbeitnehmerkündigung; als Grund dafür wurde vom Arbeitsamt anerkannt, dass der Kläger bis zu seinem Ausscheiden keinen Lohn bekommen hatte. Vom 01.02. bis zum 12.02.1994 war der Kläger bei der Firma H ... in C ... als Isolierer eingesetzt. In der Zeit vom 21.03.1995 bis zum 26.02.1996 nahm er an einer vom Arbeitsamt bewilligten Anpassungsfortbildung zum Baufachwerker Trockenbau teil.
Am 11.02.1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten Erwerbsunfähigkeitsrente. In einem daraufhin von der Beklagten in Auftrag gegebenen sozialmedizinischen Gutachten kam Dr. L ... zu dem Ergebnis, der Kläger sei für mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten auf Gerüsten und Leitern und ohne Transportarbeiten vollschichtig einsatzfähig. Damit sei für seinen erlernten und auch für den Umschulungsberuf nur bedingt einsetzbar. Bei der Untersuchung am 10.06.1997 habe an der Wirbelsäule klinisch kein pathologischer Befund erhoben werden können. Der Kläger selbst habe in erster Linie über belastungsabhängige Rückenschmerzen geklagt sowie über fast täglich auftretende Ohrgeräusche und Schmerzen im linken Kniegelenk. Der Kläger habe seit seiner Lehrzeit ein Alkoholproblem, zum Zeitpunkt der Untersuchung sei er seit zwei Monaten abstinent gewesen. Der stationäre Aufenthalt im Jahr 1995 wegen der Alkoholabhängigkeit habe zunächst nur zu einer Alkoholkarenz, nicht aber sofort zur Abstinenz geführt. Seit dem Gutachten des Arbeitsamtes vom September 1996 könne der Kläger in seinem Hauptberuf als Maurer nur noch zweistündig bis unter halbschichtig tätig sein, in sonstigen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt allerdings mit Einschränkungen vollschichtig.
Mit Bescheid vom 17.07.1997 verneinte daraufhin die Beklagte die Voraussetzungen für Berufsunfähigkeit (BU) und EU. Aufgrund des Gutachtens des Dr. L ... sei der Kläger nicht erwerbsunfähig; er sei allerdings auch nicht berufsunfähig, denn er könne unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die zumutbare Verweisungstätigkeit als Material- und Warenausgeber vollschichtig verrichten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente wurden bejaht. Auf den Widerspruch des Klägers, der sich lediglich auf die Ablehnung der BU-Rente bezog, erließ die Beklagte unter dem 24.10.1997 einen ablehnenden Widerspruchsbescheid. Als zumutbare Verweisungsberufe wurden genannt: - Bediener einer computergesteuerten Tauch- und Trockenanlage, - Bediener einer automatischen Werksbeton- oder Transportbetonmischanlage. Diese Tätigkeiten seien dem Kläger auch unter Berücksichtigung des ärztlich ermittelten Leistungsprofils zuzumuten.
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) die Bundesknappschaft beigeladen, welche erklärte, dass die allgemeine Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung erfüllt sei und damit für die Gewährung einer Rentenleistung die Knappschaft zuständig sei. In der Sache hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger einen Berufsschutz als Maurer nicht genieße, da er sich von dieser Tätigkeit freiwillig gelöst habe. Nach seiner Ausbildung habe er den Maurerberuf noch nicht einmal ein halbes Jahr ausgeübt, von Februar 1981 bis August 1989 sei er Heizer, Maurer und Maler in einer Maschinenfabrik gewesen und die danach im Zeitraum vom 01.05. bis 03.12.1990 ausgeübte Maurertätigkeit sei nach seinen eigenen Angaben eine "befristete Angelegenheit" gewesen. Als Isolierer - zuletzt ausgeübte Tätigkeit - könne er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, also insbesondere auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er trägt vor, dass er andere als Maurertätigkeiten schon deswegen habe annehmen müssen, um nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Im Übrigen habe er auch von 1988 bis 1991 überwiegend als Maurer gearbeitet. Die Hauertätigkeit habe er wegen eines Arbeitsunfalls aufgegeben. Bei der Firma H ... habe er als Isolierer Putz hochziehen müssen. Im Termin vor dem Berichterstatter des für die Angelegenheiten der Arbeiterrente zuständigen 5. Senats hat der Zeuge H ...P ... I ..., Arbeitsvermittler bei der Bundesanstalt für Arbeit ausgesagt, dass der Kläger zunächst als Maurer/Trockenbauer eingestuft war. Der Zusatz "Trockenbauer" beruhe wahrscheinlich darauf, dass im entsprechenden Computerprogramm die Berufsgruppen von vornherein mit diesem Text ausgeworfen werden. Die Vermittlungsbemühungen seien zunächst auf diese Sparte ausgerichtet gewesen. Nach der Anpassungsmaßnahme habe der Kläger jedoch am 28.03.1996 beim Arbeitsamt vorgesprochen und gesundheitliche Probleme geschildert (Bandscheibenbeschwerden), die es ihm nicht mehr ermöglichten, in diesem Berufsbereich tätig zu sein. Seit 1991 seien jedoch Vermittlungsbemühungen im Baubereich vorgenommen worden.
Ein während des Berufungsverfahrens beigezogenes Gutachten der Arbeitsamtsärztin MR P ... vom September 1996 bestätigte, dass der Kläger aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht mehr als Maurer/Trockenbauer eingesetzt werden könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Chemnitz vom 05.07.1999 aufzuheben und die Beigeladene zu verpflichten, dem Kläger Rente wegen BU ab dem 01.02.1997 zu bewilligen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05.07.1999 zurückzuweisen.
Durch Verfügung vom 27.10.2000 gelangte die Sache an den für Angelegenheiten der knappschaftlichen Rentenversicherung zuständigen 6. Senat des Landessozialgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten (09 150455 S 076) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist auch begründet. Der Senat konnte die Beigeladene als Versicherungsträger der gesetzlichen Rentenversicherung verurteilen, ohne dass es der vorherigen Durchführung eines Verwaltungs- oder Vorverfahrens durch die Beigeladene bedurfte (§ 75 Abs. 5 SGG). Eine gesonderte "Entlassung" der Beklagten aus dem Verfahren bzw. eine Klageabweisung "im Übrigen" war nicht erforderlich. Die Beigeladene ist der zuständige Versicherungsträger, da der Kläger die allgemeine Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung erfüllt hat (§ 140 SGB VI).
Der Kläger hat Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, da er in seinem Beruf als Maurer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr einsatzfähig ist und keine zumutbare Verweisungstätigkeit benannt wurde. Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI liegt vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der "bisherige Beruf" nicht stets die zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles der Berufsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit. Sie ist es grundsätzlich dann, wenn sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 66 und 130 m. w. N.). Für die Prüfung der eigentlichen Berufstätigkeit des Versicherten gibt es keine allgemein gültigen schematischen Regeln. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des einzelnen Falles (vgl. BSGE 2, 182, 185 und BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165). Der "bisherige Beruf" ist derjenige, der für das in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitsleben allein oder überwiegend bestimmend und charakteristisch ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165). Dies ist im vorliegenden Fall der Facharbeiterberuf des Maurers. Diesen Berufsabschluss hat der Kläger entsprechend den Bestimmungen der DDR in der Zeit von September 1970 bis August 1973 erlernt. Den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung als Maurer mit der Facharbeiterprüfung bestätigt seine Zeugnisurkunde. Diese Zeugnisurkunde ist eine Urkunde im Sinne des § 418 Zivilprozessordnung (ZPO) und begründet den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, hier also den erfolgreichen Abschluss der Facharbeiterausbildung. Der Ausbildungsberuf des Maurers in der DDR entspricht dem Berufsbild des Maurers in der Bundesrepublik (Band 3 der Schriftenreihe "Bildung und Beruf" der Bundesanstalt für Arbeit). Hierbei handelt es sich um einen dreijährigen Ausbildungsberuf.
Zwar hat sich der Kläger schon nach einer lediglich gut 1-jährigen Tätigkeit - freiwillig - von seinem erlernten Beruf gelöst. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass für ihn der entsprechende Berufsschutz gewissermaßen unwiederbringlich verloren ist. Es mag sein, dass er durch eine so kurze Tätigkeit allein noch überhaupt nicht entstanden war, wenngleich das Sozialversicherungsrecht der DDR das Institut der Wartezeit nicht kannte. Verloren war durch den Berufswechsel die Facharbeiterqualifikation allerdings nicht. Schon die Tätigkeit bei der Z ... Maschinenfabrik von 1981-1989 beinhaltete weitgehend Tätigkeiten aus Teilbereichen seines Facharbeiterberufes und kam somit grundsätzlich für den Erhalt (vgl. LSG Sachsen, Urt. v. 05.12.2000 - L 5 RJ 201/98 -) und das Wiederaufleben des Berufsschutzes in Betracht. Dass der Kläger dort überwiegend mit Tätigkeiten aus seinem eigentlichen Berufsfeld betraut war, haben seine Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal glaubhaft bestätigt. Insbesondere haben sich diese Tätigkeiten nicht nur auf einen Teilbereich (vgl hierzu: BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 15/96 -) des Facharbeiterberufs beschränkt, vielmehr fielen im Wesentlichen alle typischen Maurertätigkeiten an. Er war in dieser Zeit auch nicht etwa im ständigen Wechsel im Verhältnis 1:1 mit ungelernten Tätigkeiten beschäftigt (vgl. hierzu: BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165), denn abgesehen davon, dass es sich bei den Aushilfstätigkeiten auch um angelernte Tätigkeiten handelte, blieb von der zeitlichen Verteilung her die Maurertätigkeit die Haupttätigkeit. Auch in den Wintermonaten fielen solche Arbeiten an, er war in dieser Zeit nicht etwa ausschließlich als Heizer eingesetzt. Von Mai bis Dezember 1990 war der Kläger dann wieder mit dem Vollbild seines eigentlichen Berufes beim Hausbau tätig; seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat noch einmal illustriert, dass er praktisch verantwortlich die gesamte Bauausführung in seinen Händen hatte. Auch die Tätigkeit bei der L ...kirche C ... (ABM) war die eines Maurers. Die Beweisaufnahme vor dem Berichterstatter des 5. Senats hat erbracht, dass der Kläger seit 1991 ununterbrochen als Maurer/Trockenbauer (die letztgenannte Tätigkeit wurde routinemäßig bei arbeitslosen Maurern als Alternative mit eingetragen) geführt wurde. Die Vermittlungsbemühungen konzentrierten sich auf diesen Bereich. Entsprechendes gilt für Eigenbemühungen des Klägers. Ebenso wenig wie die Arbeitslosigkeit an sich den Berufsschutz entfallen lassen kann, können dies Tätigkeiten, die zur Überbrückung der Arbeitslosigkeit - notgedrungen - angenommen werden. Die nur vorübergehende Aufnahme einer anderen Tätigkeit führt nicht zum Erwerb eines neuen Dauerberufs und damit nicht zum Verlust des alten Berufs (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158 m. w. N). Dies gilt insbesondere bei der Überbrückung von Arbeitslosigkeit (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130). Der Umkehrschluss, den das Sozialgericht zieht, ist nicht zulässig: Wenn eine nur befristete Tätigkeit in einem minderqualifizierten Beruf den Berufsschutz nicht entfallen lässt, heißt das nicht, dass eine befristete Tätigkeit im alten Beruf genau dies tut. Wer in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit - notgedrungen - zunächst einmal nur Angebote für befristete Tätigkeiten in seinem alten Beruf erhält und diese auch annimmt, erklärt damit nicht, seinen eigentlichen Beruf nunmehr nur noch als eine "befristete Angelegenheit" anzusehen.
Dem Berufsschutz als Maurer steht auch nicht die Zeit der berufsfremden Tätigkeit als Facharbeiter für Bergbautechnologie entgegen. Die für den Berufsschutz erforderliche Ausbildung und die erforderliche Berufstätigkeit in dem erlernten Beruf müssen sich nicht notwendig lückenlos aneinander anschließen. Wenn schon unter Umständen der bloße - realisierbare - Wille, zur früheren Tätigkeit zurückzukehren, für den Erhalt des Berufsschutzes ausreicht (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130), so muss das erst recht gelten, wenn sich dieser Wille tatsächlich realisiert, mag er auch nicht ununterbrochen bestanden haben.
Da der Kläger stets überwiegend Facharbeitertätigkeiten verrichtete, ist unbeachtlich, dass er - zumindest zeitweise - nicht tarifgerecht entlohnt wurde. Denn die tarifliche Entlohnung ist nur ein Indiz, welche Qualität die ausgeübte Tätigkeit hat. Sie kann jedoch nicht dazu führen, dass sich die Einstufung der tatsächlich geleisteten Tätigkeit ändert. Zumal die Entlohnung auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit häufig nicht tarif-, sondern wirtschaftsorientiert erfolgt.
Den Hauptberuf des Maurers kann der Kläger nicht mehr ausüben, da er zu den hierbei erforderlich werdenden schweren körperlichen Tätigkeiten nicht mehr in der Lage ist. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Arbeitsamtes vom September 1996, wonach in diesem Beruf ihm nur noch Tätigkeiten für die Dauer von 2 bis 4 Stundes am Tag zugemutet werden können.
Zumutbare Verweisungstätigkeiten sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG SozR § 1246 RVO Nr. 103). Später hat das BSG zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSGE 43, 243), zu welcher auch besonders hoch qualifizierte Facharbeiter gehören (vgl. BSGE 45, 276). Nach diesem Schema kann jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann nur auf Tätigkeiten seiner Gruppe und der nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Die Verweisungstätigkeit muss daher zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von mehr als drei Monaten erfordern oder wegen ihrer Qualität tariflich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet werden (Kassler Kommentar-Niesel, § 43, Rn. 105 m. w. N.). Für Versicherte, die in ihrem beruflichen Leben ausschließlich im gewerblich-handwerklichen Bereich tätig waren, kommen Bürotätigkeiten als Verweisungstätigkeiten regelmäßig nicht in Betracht (vgl. LSG Mainz, Urt. v. 14.06.2000 - L 6 RJ 51/99 -). Die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten - Bediener einer computergesteuerten Tauch- und Trockenanlage - Bediener einer automatischen Werksbeton- oder Transportbeton- anlage kommen für den Kläger nicht in Betracht, da er nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom September 1996 weder für Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung und geistiger Leistung noch für Arbeiten auf Leitern und Gerüsten bzw. mit erhöhter Verletzungsgefahr eingesetzt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Die Beigeladene hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits für beide Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der am ... geborene Kläger erlernte zunächst den Maurerberuf (Facharbeiterzeugnis vom 31.08.1973), arbeitete dann in diesem Beruf jedoch lediglich bis 1974 und ließ sich danach zum Facharbeiter für Bergbautechnologie - Spezialgebiet Abbau und Vortriebstechnologie - ausbilden. Danach arbeitete er in verschiedenen Tätigkeiten als Heizer, Spritzer und Dreher von 1980 bis 1988, wobei diese Tätigkeiten auch schon zu DDR-Zeiten von Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. Beschäftigungslosigkeit unterbrochen waren: In keinem Beschäftigungsverhältnis stand der Kläger vom 20.12.1980 bis zum 18.02.1981, vom 17.06.1987 bis zum 14.01.1988 und dann noch einmal vom 04.08.1989 bis zum 06.05.1990. Arbeitgeber während dieser Zeit war jedoch immer die Z ... Maschinenfabrik, wobei der Kläger von 19.02.1981 bis zum 03.08.1989 dort in wechselnden Tätigkeiten, unter anderem als Betriebsmaurer, wiederholt tätig war. Vom 01.05.1990 bis zum 03.12.1990 arbeitete er bei dem Malermeister H ... S ... in C ... als Maurer. Das Arbeitsverhältnis endete laut Arbeitsbescheinigung am 04.12.1990 zum 03.12.1990 durch fristlose Arbeitgeberkündigung, Grund dafür war, dass der Hausbau beendet und somit keine Arbeit mehr für den Kläger vorhanden war. Der Kläger selbst hatte das Arbeitsverhältnis auch von vornherein als eine befristete Angelegenheit angesehen. Vom 01.09.1991 bis zum 17.01.1992 arbeitete er in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als Maurer der St. L ...-Kirche in C ... Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Klägers, weil er das Arbeitsklima als unerträglich empfand. Vom 09.08.1993 bis zum 30.09.1993 war der Kläger bei der Firma. &. T ... M ... B ... in L ... beschäftigt. Auch dieses Arbeitsverhältnis endete durch Arbeitnehmerkündigung; als Grund dafür wurde vom Arbeitsamt anerkannt, dass der Kläger bis zu seinem Ausscheiden keinen Lohn bekommen hatte. Vom 01.02. bis zum 12.02.1994 war der Kläger bei der Firma H ... in C ... als Isolierer eingesetzt. In der Zeit vom 21.03.1995 bis zum 26.02.1996 nahm er an einer vom Arbeitsamt bewilligten Anpassungsfortbildung zum Baufachwerker Trockenbau teil.
Am 11.02.1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten Erwerbsunfähigkeitsrente. In einem daraufhin von der Beklagten in Auftrag gegebenen sozialmedizinischen Gutachten kam Dr. L ... zu dem Ergebnis, der Kläger sei für mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten auf Gerüsten und Leitern und ohne Transportarbeiten vollschichtig einsatzfähig. Damit sei für seinen erlernten und auch für den Umschulungsberuf nur bedingt einsetzbar. Bei der Untersuchung am 10.06.1997 habe an der Wirbelsäule klinisch kein pathologischer Befund erhoben werden können. Der Kläger selbst habe in erster Linie über belastungsabhängige Rückenschmerzen geklagt sowie über fast täglich auftretende Ohrgeräusche und Schmerzen im linken Kniegelenk. Der Kläger habe seit seiner Lehrzeit ein Alkoholproblem, zum Zeitpunkt der Untersuchung sei er seit zwei Monaten abstinent gewesen. Der stationäre Aufenthalt im Jahr 1995 wegen der Alkoholabhängigkeit habe zunächst nur zu einer Alkoholkarenz, nicht aber sofort zur Abstinenz geführt. Seit dem Gutachten des Arbeitsamtes vom September 1996 könne der Kläger in seinem Hauptberuf als Maurer nur noch zweistündig bis unter halbschichtig tätig sein, in sonstigen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt allerdings mit Einschränkungen vollschichtig.
Mit Bescheid vom 17.07.1997 verneinte daraufhin die Beklagte die Voraussetzungen für Berufsunfähigkeit (BU) und EU. Aufgrund des Gutachtens des Dr. L ... sei der Kläger nicht erwerbsunfähig; er sei allerdings auch nicht berufsunfähig, denn er könne unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die zumutbare Verweisungstätigkeit als Material- und Warenausgeber vollschichtig verrichten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente wurden bejaht. Auf den Widerspruch des Klägers, der sich lediglich auf die Ablehnung der BU-Rente bezog, erließ die Beklagte unter dem 24.10.1997 einen ablehnenden Widerspruchsbescheid. Als zumutbare Verweisungsberufe wurden genannt: - Bediener einer computergesteuerten Tauch- und Trockenanlage, - Bediener einer automatischen Werksbeton- oder Transportbetonmischanlage. Diese Tätigkeiten seien dem Kläger auch unter Berücksichtigung des ärztlich ermittelten Leistungsprofils zuzumuten.
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) die Bundesknappschaft beigeladen, welche erklärte, dass die allgemeine Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung erfüllt sei und damit für die Gewährung einer Rentenleistung die Knappschaft zuständig sei. In der Sache hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger einen Berufsschutz als Maurer nicht genieße, da er sich von dieser Tätigkeit freiwillig gelöst habe. Nach seiner Ausbildung habe er den Maurerberuf noch nicht einmal ein halbes Jahr ausgeübt, von Februar 1981 bis August 1989 sei er Heizer, Maurer und Maler in einer Maschinenfabrik gewesen und die danach im Zeitraum vom 01.05. bis 03.12.1990 ausgeübte Maurertätigkeit sei nach seinen eigenen Angaben eine "befristete Angelegenheit" gewesen. Als Isolierer - zuletzt ausgeübte Tätigkeit - könne er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, also insbesondere auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er trägt vor, dass er andere als Maurertätigkeiten schon deswegen habe annehmen müssen, um nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Im Übrigen habe er auch von 1988 bis 1991 überwiegend als Maurer gearbeitet. Die Hauertätigkeit habe er wegen eines Arbeitsunfalls aufgegeben. Bei der Firma H ... habe er als Isolierer Putz hochziehen müssen. Im Termin vor dem Berichterstatter des für die Angelegenheiten der Arbeiterrente zuständigen 5. Senats hat der Zeuge H ...P ... I ..., Arbeitsvermittler bei der Bundesanstalt für Arbeit ausgesagt, dass der Kläger zunächst als Maurer/Trockenbauer eingestuft war. Der Zusatz "Trockenbauer" beruhe wahrscheinlich darauf, dass im entsprechenden Computerprogramm die Berufsgruppen von vornherein mit diesem Text ausgeworfen werden. Die Vermittlungsbemühungen seien zunächst auf diese Sparte ausgerichtet gewesen. Nach der Anpassungsmaßnahme habe der Kläger jedoch am 28.03.1996 beim Arbeitsamt vorgesprochen und gesundheitliche Probleme geschildert (Bandscheibenbeschwerden), die es ihm nicht mehr ermöglichten, in diesem Berufsbereich tätig zu sein. Seit 1991 seien jedoch Vermittlungsbemühungen im Baubereich vorgenommen worden.
Ein während des Berufungsverfahrens beigezogenes Gutachten der Arbeitsamtsärztin MR P ... vom September 1996 bestätigte, dass der Kläger aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht mehr als Maurer/Trockenbauer eingesetzt werden könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Chemnitz vom 05.07.1999 aufzuheben und die Beigeladene zu verpflichten, dem Kläger Rente wegen BU ab dem 01.02.1997 zu bewilligen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05.07.1999 zurückzuweisen.
Durch Verfügung vom 27.10.2000 gelangte die Sache an den für Angelegenheiten der knappschaftlichen Rentenversicherung zuständigen 6. Senat des Landessozialgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten (09 150455 S 076) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist auch begründet. Der Senat konnte die Beigeladene als Versicherungsträger der gesetzlichen Rentenversicherung verurteilen, ohne dass es der vorherigen Durchführung eines Verwaltungs- oder Vorverfahrens durch die Beigeladene bedurfte (§ 75 Abs. 5 SGG). Eine gesonderte "Entlassung" der Beklagten aus dem Verfahren bzw. eine Klageabweisung "im Übrigen" war nicht erforderlich. Die Beigeladene ist der zuständige Versicherungsträger, da der Kläger die allgemeine Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung erfüllt hat (§ 140 SGB VI).
Der Kläger hat Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, da er in seinem Beruf als Maurer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr einsatzfähig ist und keine zumutbare Verweisungstätigkeit benannt wurde. Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI liegt vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der "bisherige Beruf" nicht stets die zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles der Berufsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit. Sie ist es grundsätzlich dann, wenn sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 66 und 130 m. w. N.). Für die Prüfung der eigentlichen Berufstätigkeit des Versicherten gibt es keine allgemein gültigen schematischen Regeln. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des einzelnen Falles (vgl. BSGE 2, 182, 185 und BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165). Der "bisherige Beruf" ist derjenige, der für das in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitsleben allein oder überwiegend bestimmend und charakteristisch ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165). Dies ist im vorliegenden Fall der Facharbeiterberuf des Maurers. Diesen Berufsabschluss hat der Kläger entsprechend den Bestimmungen der DDR in der Zeit von September 1970 bis August 1973 erlernt. Den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung als Maurer mit der Facharbeiterprüfung bestätigt seine Zeugnisurkunde. Diese Zeugnisurkunde ist eine Urkunde im Sinne des § 418 Zivilprozessordnung (ZPO) und begründet den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, hier also den erfolgreichen Abschluss der Facharbeiterausbildung. Der Ausbildungsberuf des Maurers in der DDR entspricht dem Berufsbild des Maurers in der Bundesrepublik (Band 3 der Schriftenreihe "Bildung und Beruf" der Bundesanstalt für Arbeit). Hierbei handelt es sich um einen dreijährigen Ausbildungsberuf.
Zwar hat sich der Kläger schon nach einer lediglich gut 1-jährigen Tätigkeit - freiwillig - von seinem erlernten Beruf gelöst. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass für ihn der entsprechende Berufsschutz gewissermaßen unwiederbringlich verloren ist. Es mag sein, dass er durch eine so kurze Tätigkeit allein noch überhaupt nicht entstanden war, wenngleich das Sozialversicherungsrecht der DDR das Institut der Wartezeit nicht kannte. Verloren war durch den Berufswechsel die Facharbeiterqualifikation allerdings nicht. Schon die Tätigkeit bei der Z ... Maschinenfabrik von 1981-1989 beinhaltete weitgehend Tätigkeiten aus Teilbereichen seines Facharbeiterberufes und kam somit grundsätzlich für den Erhalt (vgl. LSG Sachsen, Urt. v. 05.12.2000 - L 5 RJ 201/98 -) und das Wiederaufleben des Berufsschutzes in Betracht. Dass der Kläger dort überwiegend mit Tätigkeiten aus seinem eigentlichen Berufsfeld betraut war, haben seine Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal glaubhaft bestätigt. Insbesondere haben sich diese Tätigkeiten nicht nur auf einen Teilbereich (vgl hierzu: BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 15/96 -) des Facharbeiterberufs beschränkt, vielmehr fielen im Wesentlichen alle typischen Maurertätigkeiten an. Er war in dieser Zeit auch nicht etwa im ständigen Wechsel im Verhältnis 1:1 mit ungelernten Tätigkeiten beschäftigt (vgl. hierzu: BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165), denn abgesehen davon, dass es sich bei den Aushilfstätigkeiten auch um angelernte Tätigkeiten handelte, blieb von der zeitlichen Verteilung her die Maurertätigkeit die Haupttätigkeit. Auch in den Wintermonaten fielen solche Arbeiten an, er war in dieser Zeit nicht etwa ausschließlich als Heizer eingesetzt. Von Mai bis Dezember 1990 war der Kläger dann wieder mit dem Vollbild seines eigentlichen Berufes beim Hausbau tätig; seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat noch einmal illustriert, dass er praktisch verantwortlich die gesamte Bauausführung in seinen Händen hatte. Auch die Tätigkeit bei der L ...kirche C ... (ABM) war die eines Maurers. Die Beweisaufnahme vor dem Berichterstatter des 5. Senats hat erbracht, dass der Kläger seit 1991 ununterbrochen als Maurer/Trockenbauer (die letztgenannte Tätigkeit wurde routinemäßig bei arbeitslosen Maurern als Alternative mit eingetragen) geführt wurde. Die Vermittlungsbemühungen konzentrierten sich auf diesen Bereich. Entsprechendes gilt für Eigenbemühungen des Klägers. Ebenso wenig wie die Arbeitslosigkeit an sich den Berufsschutz entfallen lassen kann, können dies Tätigkeiten, die zur Überbrückung der Arbeitslosigkeit - notgedrungen - angenommen werden. Die nur vorübergehende Aufnahme einer anderen Tätigkeit führt nicht zum Erwerb eines neuen Dauerberufs und damit nicht zum Verlust des alten Berufs (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158 m. w. N). Dies gilt insbesondere bei der Überbrückung von Arbeitslosigkeit (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130). Der Umkehrschluss, den das Sozialgericht zieht, ist nicht zulässig: Wenn eine nur befristete Tätigkeit in einem minderqualifizierten Beruf den Berufsschutz nicht entfallen lässt, heißt das nicht, dass eine befristete Tätigkeit im alten Beruf genau dies tut. Wer in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit - notgedrungen - zunächst einmal nur Angebote für befristete Tätigkeiten in seinem alten Beruf erhält und diese auch annimmt, erklärt damit nicht, seinen eigentlichen Beruf nunmehr nur noch als eine "befristete Angelegenheit" anzusehen.
Dem Berufsschutz als Maurer steht auch nicht die Zeit der berufsfremden Tätigkeit als Facharbeiter für Bergbautechnologie entgegen. Die für den Berufsschutz erforderliche Ausbildung und die erforderliche Berufstätigkeit in dem erlernten Beruf müssen sich nicht notwendig lückenlos aneinander anschließen. Wenn schon unter Umständen der bloße - realisierbare - Wille, zur früheren Tätigkeit zurückzukehren, für den Erhalt des Berufsschutzes ausreicht (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130), so muss das erst recht gelten, wenn sich dieser Wille tatsächlich realisiert, mag er auch nicht ununterbrochen bestanden haben.
Da der Kläger stets überwiegend Facharbeitertätigkeiten verrichtete, ist unbeachtlich, dass er - zumindest zeitweise - nicht tarifgerecht entlohnt wurde. Denn die tarifliche Entlohnung ist nur ein Indiz, welche Qualität die ausgeübte Tätigkeit hat. Sie kann jedoch nicht dazu führen, dass sich die Einstufung der tatsächlich geleisteten Tätigkeit ändert. Zumal die Entlohnung auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit häufig nicht tarif-, sondern wirtschaftsorientiert erfolgt.
Den Hauptberuf des Maurers kann der Kläger nicht mehr ausüben, da er zu den hierbei erforderlich werdenden schweren körperlichen Tätigkeiten nicht mehr in der Lage ist. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Arbeitsamtes vom September 1996, wonach in diesem Beruf ihm nur noch Tätigkeiten für die Dauer von 2 bis 4 Stundes am Tag zugemutet werden können.
Zumutbare Verweisungstätigkeiten sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG SozR § 1246 RVO Nr. 103). Später hat das BSG zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSGE 43, 243), zu welcher auch besonders hoch qualifizierte Facharbeiter gehören (vgl. BSGE 45, 276). Nach diesem Schema kann jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann nur auf Tätigkeiten seiner Gruppe und der nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Die Verweisungstätigkeit muss daher zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von mehr als drei Monaten erfordern oder wegen ihrer Qualität tariflich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet werden (Kassler Kommentar-Niesel, § 43, Rn. 105 m. w. N.). Für Versicherte, die in ihrem beruflichen Leben ausschließlich im gewerblich-handwerklichen Bereich tätig waren, kommen Bürotätigkeiten als Verweisungstätigkeiten regelmäßig nicht in Betracht (vgl. LSG Mainz, Urt. v. 14.06.2000 - L 6 RJ 51/99 -). Die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten - Bediener einer computergesteuerten Tauch- und Trockenanlage - Bediener einer automatischen Werksbeton- oder Transportbeton- anlage kommen für den Kläger nicht in Betracht, da er nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom September 1996 weder für Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung und geistiger Leistung noch für Arbeiten auf Leitern und Gerüsten bzw. mit erhöhter Verletzungsgefahr eingesetzt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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