Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 13 KR 135/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 22/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Implantatversorgung mit Suprakonstruktion.
Der im Dezember ... geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Am 12. März 1998 stellte er unter Vorlage einer "Kostenvorausschätzung" von Prof. Dr. Dr. H ..., Direktor der Klinik und Poliklinik für M ..., K ...- und p ... G ... des Zentrums für Z ...-, M ... und K ... der Universität L ..., für eine Behandlung mit Implantaten vom 26. Januar 1998 (Gesamtsumme 3.348,74 DM) und einem von Prof. Dr. R ..., L ..., am 04. März 1998 erstellten Heil- und Kostenplans (HKP) für sich daran anschließende Kronenaufbauten (geschätzter Gesamtbetrag 6.852,17 DM) bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenübernahme.
Der Kläger leidet an einer Atrophie des Oberkiefers mit Verlust aller Zähne. Aus dem HKP ergibt sich, dass im Bereich der Schneidezähne 14, 11, 21, 24 eine implantologische Leistung erbracht werden sollte.
Mit Schreiben vom 16. März 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach § 28 Abs. 2 Satz 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gelte für implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion, dass diese Behandlungsmaßnahmen nicht zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehörten, es sei denn, es lägen seltene, vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen vor, in denen die Krankenkasse diese Leistungen als Sachleistungen im Rahmen einer medizinischen Gesamtleistung erbringe. Da bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Festlegungen durch den Bundesausschuss getroffen worden seien, dürften implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht bezuschusst werden.
Dagegen erhob der Kläger am 11. Mai 1998 Einwendungen. Die Behandlung sei bei ihm medizinisch indiziert. Die von ihm konsultierten Zahnmediziner sähen keine alternative Behandlungsmethode. Allein die Tatsache, dass die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V noch nicht verabschiedet seien, rechtfertige die Leistungsverweigerung jedenfalls nicht, denn der Bundesausschuss sei in seinem Ermessen, welche Indikationen er in die von ihm aufzustellende Liste aufnehme, nicht frei, sondern vielmehr gehalten, alle die Indikationen in die Liste aufzunehmen, bei denen eine kostengünstigere alternative Behandlungsmethode nicht bestehe. Sei aber der Bundesausschuss in seinem Ermessen gebunden, könne die Beklagte ihre Entscheidung nicht darauf stützen, dass der Bundesausschuss bisher nicht tätig geworden sei. Zur Begründung legte er einen Arztbrief Prof. Dr. Dr. H ... und Dr. G ... vom 29. April 1998 sowie ein Schreiben der Zahnmedizinerin O ... in L ... vom 05. Mai 1998 vor. Prof. Dr. Dr. H ... und Dr. G ... berichteten, dass die knöcherne Basis des Oberkiefers des Klägers auf eine Resthöhe von 2-4 mm geschwunden sei. Dieser Prozess der Rückbildung des Oberkiefers würde sich der Restbezahnung des Unterkiefers und der derzeitigen prothetischen Versorgung des Oberkiefers wegen weiter fortsetzen. Wegen dieses weiter fortschreitenden Prozesses werde wegen ständig abnehmender Unterstützung des Nasengerüstes mittelfristig die Nasenatmung eingeschränkt werden. Diesen Vorgängen könne nur durch eine Knochenauflagerungsplastik, z.B. vom Beckenkamm entgegengewirkt werden. Der erreichbare therapeutische Erfolg würde nur etwa 3 bis 5 Jahre anhalten, da bei fehlender funktioneller Belastung durch Implantate das transplantierte Knochenstück seinerseits dem Abbau unterläge. Die Zahnärztin O ... berichtete, da die Abbauprozesse des Oberkieferknochens nach den notwendigen Extraktionen sehr massiv erfolgt seien und dem Kläger nur eine totale Prothese zu deren Ersatz angeboten werden könne, müsse diese über eine entsprechende Saugkraft verfügen. Beim vorliegenden Knochenschwund wirke leider die notwendige Schichtdicke und damit das Gewicht der Prothese dem Halt entgegen. Außerdem müsse eine Versorgung des Kiefers auch für eine große Zeitspanne geplant werden - bedingt durch das Alter. Es erscheine deshalb eine Verankerung über Implantate der einzig sinnvolle Weg zu sein.
Unter dem 14. Mai 1998 führte die Beklagte aus, der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen habe noch immer keine Festlegung über Art und Umfang der Ausnahmeindikationen getroffen. Eine Kostenbeteiligung könne deshalb nicht erfolgen. Ihr Schreiben vom 16. März 1998 sei als rechtsbehelfsfähiger Bescheid zu werten.
Dagegen legte der Kläger am 19. Mai 1998 Widerspruch ein. Durch die Neufassung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass es Ausnahmeindikationen gebe, in denen eine Bezuschussung der Implantatbehandlung durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen müsse. Welche Indikationen das sein sollten, hätte der Gesetzgeber selbst regeln müssen. Er habe diese für die Ansprüche des Versicherten essentielle Regelung nicht einem demokratisch nicht legitimierten Ausschuss übertragen können. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Richtlinien nach § 92 SGB V bisher nicht verabschiedet worden seien. Andernfalls hätten die Träger der gesetzlichen Krankenversicherungen es in der Hand, durch ein Blockieren einer Entscheidung des Ausschusses ihre Leistungspflicht für Implantate auf unbegrenzte Zeit hinauszuschieben. Unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass es Indikationen gebe, bei denen die Kosten durch den Träger der gesetzlichen Versicherung zu erstatten seien, sei auch der Ausschuss in seiner Entscheidung nicht völlig frei. Sein Entscheidungsspielraum sei vielmehr darauf beschränkt, gewissermaßen im Sinne eines vorweg genommenen Sachverständigengutachtens diejenigen Indikationen festzulegen, in denen für die Heilung des Versicherten objektiv keine andere Möglichkeit als die Implantatbehandlung bestehe. Daraus folge letztlich, dass die Beklagte, auch so lange die Richtlinien noch nicht vorlägen, verpflichtet sei, in denjenigen Fällen einen Zuschuss zu den Kosten der Implantatbehandlung zu gewähren, in denen die Implantatbehandlung die einzig erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit sei. Die von ihm beantragte Behandlung sei medizinisch indiziert, es bestehe keine alternative Behandlungsmethode.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20. August 1998). Implantologische Leistungen gehörten nicht zur zahnärztlichen Behandlung (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V dürften die Krankenkassen implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht bezuschussen, es sei denn, es lägen seltene vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringe. Am 24. Juli 1998 habe der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen bei besonders schweren Fällen die Kosten für Zahnimplantate zu übernehmen empfohlen. Dies gelte für Patienten mit Kiefer- oder Gesichtsschädigungen nach Tumoroperationen, bei Unfallverletzten oder bei angeborener Kiefermissbildung. Die vom Bundesausschuss gefassten Beschlüsse träten in Kraft, wenn sie vom Bundesgesundheitsministerium nicht beanstandet und im Bundesanzeiger veröffentlicht würden. Die Versorgung der Versicherten mit zahnärztlicher Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz werde durch die Verträge zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen mit den kassenzahnärztlichen Vereinigungen abgeschlossenen Verträge geregelt. Diese Verträge richteten sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie der Begrenzung auf das Ausreichende. Beim Kläger liege eine vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen genannte Indikation zur Kostenübernahme einer implantologischen Versorgung nicht vor. Die Kostenübernahme sei somit abzulehnen. Eine andere Entscheidung dürfe sie nicht treffen.
Der Kläger erhob daraufhin am 18. September 1998 beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage.
Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Beklagte ein Kurzgutachten von Dr. Sch ..., Fachzahnarzt in L ..., vorgelegt. Unter dem 23. Oktober 1998 führte dieser aus, der Kläger sei zurzeit mit einer funktionsuntüchtigen totalen Oberkieferprothese versorgt. Der Alveolarfortsatz des Oberkiefers sei extrem atrophiert, praktisch nicht vorhanden. Eine konventionelle funktionstüchtige prothetische Versorgung sei bei dieser klinischen Ausgangssituation nicht möglich. Obwohl der spezielle Zustand des Klägers in den Richtlinien des Bundesausschusses zur Versorgung der Patienten mit implantologischen Leistungen in besonders schweren Fällen nicht beschrieben sei, handele es sich zweifellos um eine Ausnahmeindikation, deren Therapie aus medizinischer Sicht zwingend durch Augmentation und anschließende Implantation im Oberkiefer zum Erfolg geführt werden müsse. Die Ausführungen der behandelnden Zahnärzte und der Universität L ... seien zu unterstreichen. Der leistungsrechtliche Anspruch werde durch die Kasse entschieden.
Auf mündliche Verhandlung hat das SG am 24. März 2000 die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 1998 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keinen Sachleistungs- bzw. Kostenübernahme-Anspruch hinsichtlich der geplanten Versorgung mit Implantaten. Das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild "fortschreitende Atrophie des Oberkiefers" sei in die Richtlinie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung des Bundesausschusses nicht aufgenommen worden. Es gelte daher im vorliegenden Fall der grundsätzliche Ausschluss implantologischer Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Kläger habe auf eine dahingehende Versorgung keinen Anspruch. Darüber hinaus komme eine Ausdehnung der besonders schweren Fälle auf das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild auch deshalb nicht in Betracht, weil dies von der gesetzgeberischen Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V nicht gedeckt wäre.
Gegen das dem Kläger am 17. Mai 2000 zugestellte Urteil hat dieser am 13. Juni 2000 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor, aus medizinischer Sicht sei die begehrte implantologische Behandlung zwingend geboten, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt sonst später notwendig werdender Folgekosten. Die Auslegung des SG hinsichtlich des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V stimme mit der gesetzgeberischen Grundentscheidung nicht überein. Es könne offen bleiben, ob die Richtlinien des Bundesausschusses als Rechtsnormen anzusehen seien oder nicht, da sich die Richtlinien, auch wenn man ihre Normqualität bejahe, als untergesetzliche Normen an den Wertungen des Gesetzes messen lassen müssten. Dabei liege der gesetzlichen Krankenversicherung zunächst der in § 27 SGB V zum Ausdruck gekommene Grundgedanke zugrunde, dass Versicherte immer dann Anspruch auf Krankenbehandlung hätten, wenn diese notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen oder zu heilen. Von diesem Grundsatz mache § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V eine Ausnahme, indem diese Bestimmung implantologische Leistungen grundsätzlich von der zahnärztlichen Behandlung ausnehme, wovon wiederum für den Fall seltener Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle eine Ausnahme von der Ausnahme gemacht werde. Gehe man hier allein von der Frage aus, ob ein "besonders schwerer Fall" vorliege, so müsste diese Frage anhand der vorliegenden Gutachten bejaht werden. Soweit in der Gesetzesbegründung die Behandlung von Tumoren oder von schwersten Gesichtsverletzungen ausdrücklich erwähnt werde, lasse es sich der Gesetzesbegründung jedenfalls nicht entnehmen, dass die schwersten Ausnahmeindikationen auf diese Fälle beschränkt sein sollten. Der Gesetzgeber habe diese Fälle vielmehr nur als Beispiele aufgeführt, ohne dabei eine Beschränkung auf diese Fälle zum Ausdruck bringen zu wollen. Fest steht damit nur der Wille des Gesetzgebers, implantologische Leistungen auf besonders schwere Fälle beschränken zu wollen. Insbesondere hätte der Wille des Gesetzgebers, implantologische Leistungen auf die in der Gesetzesbegründung und in den Richtlinien aufgeführten Beispielsfälle beschränken zu wollen, im Gesetzestext deutlicher zum Ausdruck kommen müssen. Es entspreche dem System der gesetzlichen Krankenversicherung, dass eine Behandlung immer auch dann erbracht werde, wenn sie medizinisch notwendig sei. Dass der Gesetzgeber von diesem von ihm selbst aufgestellten Grundsatz abweichen könne, werde auch durch den Kläger nicht in Abrede gestellt. Solche Abweichungen trügen jedoch immer Ausnahmecharakter und seien damit wie alle Ausnahmebestimmungen restriktiv auszulegen. Die durch den Gesetzgeber vorgenommenen Einschränkungen bei der zahnärztlichen Behandlung seien sämtlich durch Kostenerwägungen motiviert. Gerade unter diesem Aspekt erscheine die Annahme, der Gesetzgeber habe implantologische Leistungen auch in solchen - schweren Fällen - aus dem Leistungskatalog aufnehmen wollen, in denen deren Unterbleiben wie im vorliegenden Fall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wesentlich höhere Folgekosten nach sich ziehe, als gänzlich unbegründet. Auch das Argument, die für implantologischen Leistungen geschaffene Sonderregelung verlöre ihren Sinn, wären implantologische Leistungen bei Kieferatrophie zu verschaffen, verfange nicht. Die Eingruppierung auch der Kieferatrophie unter die "besonders schweren Fälle" besage nicht, dass auch nicht weitere Fälle gegeben sein könnten, in denen eine implantologische Behandlung medizinisch indiziert sei, ohne dass jedoch ein "besonders schwerer Fall" vorläge. Die Festlegung einer besonderen medizinischen Notwendigkeit habe der Gesetzgeber dem Bundesausschuss übertragen, der in den hierzu ergangenen Richtlinien den hier vorliegenden Fall der Kieferatrophie von der Leistungserbringung ausgeschlossen habe. Diese Richtlinien hätten keine Gesetzeskraft. Es obliege allein dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber, die Leistungsvoraussetzungen zu bestimmen. Diese Regelungsbefugnis sei zugleich eine Regelungsverpflichtung, welche nicht übertragen werden könne. Die Richtlinien des Bundesausschusses könnten daher nicht mehr sein als eine Auslegungshilfe bei der Interpretation des Tatbestandsmerkmales "besonders schwerer Fall". Wann ein besonders schwerer Fall vorliege, sei festzustellen, insbesondere vor dem Hintergrund der Motivation des Gesetzgebers für die getroffene Regelung, in der Vergangenheit häufiger beobachtete missbräuchliche Inanspruchnahme auszuschließen und in jedem Falle die wirtschaftlichste Lösung zu wählen. Auch eine Gegenüberstellung mit den in den Richtlinien unter VII. Nr. 9 Satz 4 a aufgeführten besonders schweren Fällen führe zu diesem Ergebnis: Dort seien große Kiefer- und Gesichtsdefekte erwähnt, die ihre Ursache unter anderem in der Entzündung des Kiefers hätten. Ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen würde, den hier vorliegenden Fall einer schweren Kieferatrophie anders zu behandeln als eine Entzündung des Kiefers, sei nicht ersichtlich. Es liege hier ein besonders schwerer Fall i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 9 SGB V vor. Der Bundesausschuss habe durch Beschluss vom 15. September 2000 die Richtlinien durch einen Abschnitt VI. "Versorgung mit Suprakonstruktion (implantatgestützter Zahnersatz)" ergänzt. Nach Nr. 40 der Richtlinie werde der Umfang des Anspruchs allerdings dahingehend eingeschränkt, dass sämtliche Vorleistungen im Zusammenhang mit den Implantaten wie die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente nicht zur Suprakonstruktion i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V gehörten. Diese Definition des Begriffs "Suprakonstruktion" decke sich nicht mit dem allgemeinen zahnmedizinischen Sprachgebrauch. Auch dem Gesetz sei diese Einschränkung nicht zu entnehmen. Insbesondere sei der Bundesausschuss durch § 30 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht ermächtigt, die durch die Nr. 40 vorgenommene Anspruchseinschränkung vorzunehmen. Die im Bundesausschuss erteilte Ermächtigung beschränke sich auf die Festlegung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Suprakonstruktionen bestehe; eine Ermächtigung, den Umfang des Anspruchs näher zu bestimmen, enthalte das Gesetz nicht. Diese Einschränkung, die offensichtlich ausschließlich durch Kostenerwägungen motiviert sei, stehe auch im Widerspruch zu der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Behandlung nur dann, aber auch immer dann erbracht werde, wenn sie medizinisch notwendig sei.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. März 2000 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 16. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Implantatversorgung entsprechend des Kostenvoranschlages Prof. Dr. Dr. H ... vom 26. Januar 1998 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, das SG gehe in seinem erstinstanzlichen Urteil zutreffend davon aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf Implantatversorgung habe. Der Gesetzgeber habe die Entscheidungsbefugnis über Ausnahmeindikationen auf den Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen übertragen und damit seine normative Verantwortung an den Bundesausschuss delegiert. Daher bestehe auch kein Erfordernis dafür, dass der Gesetzgeber die Beschränkung implantologischer Leistungen habe deutlicher zum Ausdruck bringen müssen, da ihm gerade nicht daran gelegen gewesen sei, derart detaillierte Vorgaben für den Bundesausschuss zu machen. Der gesetzgeberischen Offenheit des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V entspreche es auch, in besagten Richtlinien normkonkretisierende Rechtsvorschriften zu sehen. Die Ermächtigung des Bundesausschusses zum Erlass der Richtlinien beruhe zudem auf der Erwägung, dessen Sachverstand und die Problemnähe sowie dessen Möglichkeiten zu schneller Anpassung an Neuentwicklungen für das Krankenversicherungsrecht nutzbar zu machen. Dem sei aber nur dann genüge getan, falls, wie hier geschehen, dem nunmehr zuständigen Entscheidungsträger, hier der Bundesausschuss, vom Gesetz ein echter Entscheidungsspielraum eingeräumt werde. Während in der Gesetzesbegründung beispielhaft die Behandlungen von Tumoren oder schwersten Gesichtsverletzungen als Ausnahmeindikationen genannt werden, so diene dies lediglich der Verdeutlichung, ohne dass daraus eine Aussage abgeleitet werden könne, ob und welche Fälle daneben noch eine Ausnahmeindikation darstellten. Für die Frage, ob ein schwerer Fall i. S. d. § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V vorliege, sei daher ausschließlich auf den Katalog der Richtlinie des Bundesausschusses zurückzugreifen, ohne dass § 28 SGB V daneben einen eigenen Anwendungsspielraum eröffnete. Vielmehr zeige auch die ergänzende Erklärung des Bundesausschusses vom 24. Juli 1998, unabhängig davon, dass ihr keine Bindungswirkung zukomme, dass sich der Bundesausschuss bei seinen Beratungen sehr wohl auch mit der Kieferatrophie als implantologischer Leistung auseinander gesetzt habe. Habe er diese aber nicht in den Leistungskatalog der Richtlinie aufgenommen, sei hierin eine generelle Entscheidung gegen eine diesbezügliche Leistungsübernahme zu sehen, die nicht durch Statuierung neuer Ausnahmen am Gesetz vorbei aufgeweicht werden dürfe. Aufgrund der am 23. März 2001 veröffentlichten und damit gleichzeitig in Kraft getretenen Änderung der Richtlinie für eine ausreichende zweckmäßige und wirtschaftliche vertragsärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen sei es ihr möglich, dem Kläger den gesetzlich festgelegten Kostenzuschuss (entsprechend § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V) für den auf die Implantate folgenden Oberkieferzahnersatz zu gewähren (Nr. 39 2. Halbsatz der Richtlinie). Eine Erweiterung der Kostenzusage für die Implantate im Oberkiefer komme nicht in Betracht.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes von der Zahnärztin O ... Diese berichtete Mitte Mai 2001 von einer massiven Parodontose mit Knochenabbau. Es Knochenabbau vor. Es beständen zunehmend Beschwerden beim Essen durch den fehlenden Halt der Prothese. Im Zeitraum seit der Extraktionen im Februar 1997 sei eine systematische Verschlechterung zu verzeichnen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte ein von dem Kläger angenommenes Teil-Anerkenntnis dahingehend abgegeben, dass der Anspruch des Klägers anerkannt wird, soweit es um die Zahlung des gesetzlich festgelegten Kostenzuschusses für den auf die Implantate folgenden Oberkieferzahnersatz als Versorgung mit einer Suprakonstruktion (implantatgestützter bzw. implantatgetragener Zahnersatz) nach Maßgabe der Richtlinien geht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch fehlt es hinsichtlich der Implantatversorgung an einer Rechtsgrundlage.
Der Senat hatte allein noch über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme für eine Implantatversorgung zu entscheiden. Nach Abgabe des Teil-Anerkenntnisses seitens der Beklagten hinsichtlich des Kostenzuschusses für den auf die Implantate folgenden Oberkieferzahnersatz (Suprakonstruktion) war dieser Anspruch nicht mehr streitgegenständlich.
Statthafte Klageart für das Begehren des Klägers ist eine mit der Anfechtung der Verwaltungsakte der Beklagten einhergehende Leistungsklage. Für eine derartige Klage ist der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 6. Aufl., § 54 Rn. 34 m.w.N.). Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist daher § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V, neu gefasst mit Wirkung vom 01. Januar 2000 durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626). Nach § 28 Abs. 2 Satz 8 SGB V gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschusst werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt (§ 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V).
Selbst bei Anwendung der vorgenannten in § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V getroffenen Ausnahmeregelung besteht der vom Kläger erhobene Anspruch hinsichtlich einer Implantatversorgung nicht. Die vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen erlassenen Richtlinien für die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung in der Fassung vom 24. Juli 1998 bestimmt in B, Abschnitt VII., Nr. 29: Ausnahmeindikationen für Implantate und Suprakonstruktionen i.S.v. § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V liegen in den in Satz 4 aufgeführten besonders schweren Fällen vor. Bei Vorliegen dieser Ausnahmeindikationen besteht Anspruch auf Implantate zur Abstützung von Zahnersatz als Sachleistung nur dann, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. In den Fällen von Satz 4 a) - c) gilt dies nur dann, wenn das rekonstruierte Prothesenlager durch einen schleimhautgelagerten vor,
a) bei großen Kiefer- oder Gesichtsdefekten, die ihre Ursache - in Tumoroperationen, - in der Entzündung des Kiefers, - in Operationen infolge von großen Zysten (z.B. große follikuläre Zysten oder Keratozysten), - in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt, - in angeborenen Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kie- fer-, Gaumenspalten) oder - in Unfällen haben,
b) bei dauerhaft bestehender extremer Xerostomie, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c) bei generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen,
d) bei nicht willentlich beeinflussbaren muskulären Fehlfunk tionen im Mund- und Gesichtsbereich (z.B. Spastiken).
Die beim Kläger vorliegende Atrophie des Oberkiefers gehört nicht zu den in den Richtlinien genannten Ausnahmefällen. Zutreffend hat daher das SG ausgeführt, dass implantologische Leistungen aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich ausgeschlossen sind und der Kläger keinen Anspruch auf eine dahingehende Versorgung hat (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 03. Februar 1999, Az.: L 1 KR 28/98).
Mit Bekanntmachung über eine Änderung der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen vom 15. September 2000 hat der Bundesausschuss einen Abschnitt VI eingefügt, in Kraft getreten am 24. März 2001. In Abschnitt VI Nr. 38 Satz 1 legt der Bundesausschuss in den Richtlinien gemäß § 92 Abs. 1 SGB V für Suprakonstruktionen Ausnahmefälle fest, in denen ein Anspruch der Versicherten gemäß § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V besteht. Ein Ausnahmefall für Suprakonstruktionen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V liegt vor bei atrophiertem zahnlosen Kiefer (Abschnitt VI, Nr. 38, Satz 2, b). Dabei ist der Anspruch bei zahnbegrenzten Einzelzahnlücken nach Nr. 38 a) auf die Versorgung mit Einzelzahnkronen und bei atrophiertem zahnlosen Kiefer nach Nr. 38 b) auf die Versorgung mit Totalprothesen als vertragszahnärztliche Leistungen begrenzt (Abschnitt VI, Nr. 39). Sämtliche Vorleistungen im Zusammenhang mit den Implantaten, wie die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente gehören nicht zur Suprakonstruktion i.S.d. § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V (Abschnitt VI, Nr. 40). Nach den Richtlinien hat der Kläger daher einen Anspruch auf Zahlung des gesetzlich festgelegten Kostenzuschusses für den auf die Implantate folgenden Oberkieferzahnersatz als Versorgung mit einer Suprakonstruktion (implantatgestützer bzw. implantatgetragener Zahnersatz). Die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente gehören dabei nicht zur Suprakonstruktion i.S.d. § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V (Abschnitt VI, Nr. 40).
Anders als die Suprakonstruktion werden die notwendigen implantologischen Vorleistungen wie die Eingliederung der Implantate und die Materialkosten von der Neuregelung nicht erfasst. Insoweit ist es bei dem früheren weitgehenden Leistungsausschluss geblieben, der Ausnahmen nur in den vom Bundesausschuss definierten besonderen Fällen zulässt. Dazu zählt die Kieferatrophie nicht und sollte sie nach dem Willen des Gesetzgebers auch nicht zählen, so dass für eine analoge Anwendung der Regelung kein Raum ist. Da der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert ist, einzelne Leistungen oder Leistungsarten vom Versorgungsauftrag der Krankenkassen auszunehmen und sie der Eigenverantwortung der Versicherten zu überlassen, hat er verfassungsrechtliche Grenzen nicht überschritten; sein weiter Gestaltungsspielraum wird regelmäßig auch nicht dadurch eingeengt, dass es im Einzelfall zu den ausgeschlossenen Leistungen keine oder keine gleich wirksame Alternative gibt. Die befürchteten Abgrenzungsschwierigkeiten, wenn Kieferatrophien als weitere Indikationen für die Versorgung mit Implantaten anerkannt würden, bilden einen hinreichenden sachlichen Grund dafür, sie den besonders schweren Fällen nicht gleichzustellen (vgl. Presse-Mitteilung Nr. 37/Nr. 1 des BSG zu den Urteilen vom 19. Juni 2001, Az.: B 1 KR 4/00 R und B 1 KR 5/00 R).
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Implantatversorgung mit Suprakonstruktion.
Der im Dezember ... geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Am 12. März 1998 stellte er unter Vorlage einer "Kostenvorausschätzung" von Prof. Dr. Dr. H ..., Direktor der Klinik und Poliklinik für M ..., K ...- und p ... G ... des Zentrums für Z ...-, M ... und K ... der Universität L ..., für eine Behandlung mit Implantaten vom 26. Januar 1998 (Gesamtsumme 3.348,74 DM) und einem von Prof. Dr. R ..., L ..., am 04. März 1998 erstellten Heil- und Kostenplans (HKP) für sich daran anschließende Kronenaufbauten (geschätzter Gesamtbetrag 6.852,17 DM) bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenübernahme.
Der Kläger leidet an einer Atrophie des Oberkiefers mit Verlust aller Zähne. Aus dem HKP ergibt sich, dass im Bereich der Schneidezähne 14, 11, 21, 24 eine implantologische Leistung erbracht werden sollte.
Mit Schreiben vom 16. März 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach § 28 Abs. 2 Satz 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gelte für implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion, dass diese Behandlungsmaßnahmen nicht zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehörten, es sei denn, es lägen seltene, vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen vor, in denen die Krankenkasse diese Leistungen als Sachleistungen im Rahmen einer medizinischen Gesamtleistung erbringe. Da bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Festlegungen durch den Bundesausschuss getroffen worden seien, dürften implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht bezuschusst werden.
Dagegen erhob der Kläger am 11. Mai 1998 Einwendungen. Die Behandlung sei bei ihm medizinisch indiziert. Die von ihm konsultierten Zahnmediziner sähen keine alternative Behandlungsmethode. Allein die Tatsache, dass die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V noch nicht verabschiedet seien, rechtfertige die Leistungsverweigerung jedenfalls nicht, denn der Bundesausschuss sei in seinem Ermessen, welche Indikationen er in die von ihm aufzustellende Liste aufnehme, nicht frei, sondern vielmehr gehalten, alle die Indikationen in die Liste aufzunehmen, bei denen eine kostengünstigere alternative Behandlungsmethode nicht bestehe. Sei aber der Bundesausschuss in seinem Ermessen gebunden, könne die Beklagte ihre Entscheidung nicht darauf stützen, dass der Bundesausschuss bisher nicht tätig geworden sei. Zur Begründung legte er einen Arztbrief Prof. Dr. Dr. H ... und Dr. G ... vom 29. April 1998 sowie ein Schreiben der Zahnmedizinerin O ... in L ... vom 05. Mai 1998 vor. Prof. Dr. Dr. H ... und Dr. G ... berichteten, dass die knöcherne Basis des Oberkiefers des Klägers auf eine Resthöhe von 2-4 mm geschwunden sei. Dieser Prozess der Rückbildung des Oberkiefers würde sich der Restbezahnung des Unterkiefers und der derzeitigen prothetischen Versorgung des Oberkiefers wegen weiter fortsetzen. Wegen dieses weiter fortschreitenden Prozesses werde wegen ständig abnehmender Unterstützung des Nasengerüstes mittelfristig die Nasenatmung eingeschränkt werden. Diesen Vorgängen könne nur durch eine Knochenauflagerungsplastik, z.B. vom Beckenkamm entgegengewirkt werden. Der erreichbare therapeutische Erfolg würde nur etwa 3 bis 5 Jahre anhalten, da bei fehlender funktioneller Belastung durch Implantate das transplantierte Knochenstück seinerseits dem Abbau unterläge. Die Zahnärztin O ... berichtete, da die Abbauprozesse des Oberkieferknochens nach den notwendigen Extraktionen sehr massiv erfolgt seien und dem Kläger nur eine totale Prothese zu deren Ersatz angeboten werden könne, müsse diese über eine entsprechende Saugkraft verfügen. Beim vorliegenden Knochenschwund wirke leider die notwendige Schichtdicke und damit das Gewicht der Prothese dem Halt entgegen. Außerdem müsse eine Versorgung des Kiefers auch für eine große Zeitspanne geplant werden - bedingt durch das Alter. Es erscheine deshalb eine Verankerung über Implantate der einzig sinnvolle Weg zu sein.
Unter dem 14. Mai 1998 führte die Beklagte aus, der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen habe noch immer keine Festlegung über Art und Umfang der Ausnahmeindikationen getroffen. Eine Kostenbeteiligung könne deshalb nicht erfolgen. Ihr Schreiben vom 16. März 1998 sei als rechtsbehelfsfähiger Bescheid zu werten.
Dagegen legte der Kläger am 19. Mai 1998 Widerspruch ein. Durch die Neufassung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass es Ausnahmeindikationen gebe, in denen eine Bezuschussung der Implantatbehandlung durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen müsse. Welche Indikationen das sein sollten, hätte der Gesetzgeber selbst regeln müssen. Er habe diese für die Ansprüche des Versicherten essentielle Regelung nicht einem demokratisch nicht legitimierten Ausschuss übertragen können. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Richtlinien nach § 92 SGB V bisher nicht verabschiedet worden seien. Andernfalls hätten die Träger der gesetzlichen Krankenversicherungen es in der Hand, durch ein Blockieren einer Entscheidung des Ausschusses ihre Leistungspflicht für Implantate auf unbegrenzte Zeit hinauszuschieben. Unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass es Indikationen gebe, bei denen die Kosten durch den Träger der gesetzlichen Versicherung zu erstatten seien, sei auch der Ausschuss in seiner Entscheidung nicht völlig frei. Sein Entscheidungsspielraum sei vielmehr darauf beschränkt, gewissermaßen im Sinne eines vorweg genommenen Sachverständigengutachtens diejenigen Indikationen festzulegen, in denen für die Heilung des Versicherten objektiv keine andere Möglichkeit als die Implantatbehandlung bestehe. Daraus folge letztlich, dass die Beklagte, auch so lange die Richtlinien noch nicht vorlägen, verpflichtet sei, in denjenigen Fällen einen Zuschuss zu den Kosten der Implantatbehandlung zu gewähren, in denen die Implantatbehandlung die einzig erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit sei. Die von ihm beantragte Behandlung sei medizinisch indiziert, es bestehe keine alternative Behandlungsmethode.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20. August 1998). Implantologische Leistungen gehörten nicht zur zahnärztlichen Behandlung (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V dürften die Krankenkassen implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht bezuschussen, es sei denn, es lägen seltene vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringe. Am 24. Juli 1998 habe der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen bei besonders schweren Fällen die Kosten für Zahnimplantate zu übernehmen empfohlen. Dies gelte für Patienten mit Kiefer- oder Gesichtsschädigungen nach Tumoroperationen, bei Unfallverletzten oder bei angeborener Kiefermissbildung. Die vom Bundesausschuss gefassten Beschlüsse träten in Kraft, wenn sie vom Bundesgesundheitsministerium nicht beanstandet und im Bundesanzeiger veröffentlicht würden. Die Versorgung der Versicherten mit zahnärztlicher Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz werde durch die Verträge zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen mit den kassenzahnärztlichen Vereinigungen abgeschlossenen Verträge geregelt. Diese Verträge richteten sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie der Begrenzung auf das Ausreichende. Beim Kläger liege eine vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen genannte Indikation zur Kostenübernahme einer implantologischen Versorgung nicht vor. Die Kostenübernahme sei somit abzulehnen. Eine andere Entscheidung dürfe sie nicht treffen.
Der Kläger erhob daraufhin am 18. September 1998 beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage.
Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Beklagte ein Kurzgutachten von Dr. Sch ..., Fachzahnarzt in L ..., vorgelegt. Unter dem 23. Oktober 1998 führte dieser aus, der Kläger sei zurzeit mit einer funktionsuntüchtigen totalen Oberkieferprothese versorgt. Der Alveolarfortsatz des Oberkiefers sei extrem atrophiert, praktisch nicht vorhanden. Eine konventionelle funktionstüchtige prothetische Versorgung sei bei dieser klinischen Ausgangssituation nicht möglich. Obwohl der spezielle Zustand des Klägers in den Richtlinien des Bundesausschusses zur Versorgung der Patienten mit implantologischen Leistungen in besonders schweren Fällen nicht beschrieben sei, handele es sich zweifellos um eine Ausnahmeindikation, deren Therapie aus medizinischer Sicht zwingend durch Augmentation und anschließende Implantation im Oberkiefer zum Erfolg geführt werden müsse. Die Ausführungen der behandelnden Zahnärzte und der Universität L ... seien zu unterstreichen. Der leistungsrechtliche Anspruch werde durch die Kasse entschieden.
Auf mündliche Verhandlung hat das SG am 24. März 2000 die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 1998 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keinen Sachleistungs- bzw. Kostenübernahme-Anspruch hinsichtlich der geplanten Versorgung mit Implantaten. Das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild "fortschreitende Atrophie des Oberkiefers" sei in die Richtlinie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung des Bundesausschusses nicht aufgenommen worden. Es gelte daher im vorliegenden Fall der grundsätzliche Ausschluss implantologischer Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Kläger habe auf eine dahingehende Versorgung keinen Anspruch. Darüber hinaus komme eine Ausdehnung der besonders schweren Fälle auf das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild auch deshalb nicht in Betracht, weil dies von der gesetzgeberischen Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V nicht gedeckt wäre.
Gegen das dem Kläger am 17. Mai 2000 zugestellte Urteil hat dieser am 13. Juni 2000 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor, aus medizinischer Sicht sei die begehrte implantologische Behandlung zwingend geboten, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt sonst später notwendig werdender Folgekosten. Die Auslegung des SG hinsichtlich des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V stimme mit der gesetzgeberischen Grundentscheidung nicht überein. Es könne offen bleiben, ob die Richtlinien des Bundesausschusses als Rechtsnormen anzusehen seien oder nicht, da sich die Richtlinien, auch wenn man ihre Normqualität bejahe, als untergesetzliche Normen an den Wertungen des Gesetzes messen lassen müssten. Dabei liege der gesetzlichen Krankenversicherung zunächst der in § 27 SGB V zum Ausdruck gekommene Grundgedanke zugrunde, dass Versicherte immer dann Anspruch auf Krankenbehandlung hätten, wenn diese notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen oder zu heilen. Von diesem Grundsatz mache § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V eine Ausnahme, indem diese Bestimmung implantologische Leistungen grundsätzlich von der zahnärztlichen Behandlung ausnehme, wovon wiederum für den Fall seltener Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle eine Ausnahme von der Ausnahme gemacht werde. Gehe man hier allein von der Frage aus, ob ein "besonders schwerer Fall" vorliege, so müsste diese Frage anhand der vorliegenden Gutachten bejaht werden. Soweit in der Gesetzesbegründung die Behandlung von Tumoren oder von schwersten Gesichtsverletzungen ausdrücklich erwähnt werde, lasse es sich der Gesetzesbegründung jedenfalls nicht entnehmen, dass die schwersten Ausnahmeindikationen auf diese Fälle beschränkt sein sollten. Der Gesetzgeber habe diese Fälle vielmehr nur als Beispiele aufgeführt, ohne dabei eine Beschränkung auf diese Fälle zum Ausdruck bringen zu wollen. Fest steht damit nur der Wille des Gesetzgebers, implantologische Leistungen auf besonders schwere Fälle beschränken zu wollen. Insbesondere hätte der Wille des Gesetzgebers, implantologische Leistungen auf die in der Gesetzesbegründung und in den Richtlinien aufgeführten Beispielsfälle beschränken zu wollen, im Gesetzestext deutlicher zum Ausdruck kommen müssen. Es entspreche dem System der gesetzlichen Krankenversicherung, dass eine Behandlung immer auch dann erbracht werde, wenn sie medizinisch notwendig sei. Dass der Gesetzgeber von diesem von ihm selbst aufgestellten Grundsatz abweichen könne, werde auch durch den Kläger nicht in Abrede gestellt. Solche Abweichungen trügen jedoch immer Ausnahmecharakter und seien damit wie alle Ausnahmebestimmungen restriktiv auszulegen. Die durch den Gesetzgeber vorgenommenen Einschränkungen bei der zahnärztlichen Behandlung seien sämtlich durch Kostenerwägungen motiviert. Gerade unter diesem Aspekt erscheine die Annahme, der Gesetzgeber habe implantologische Leistungen auch in solchen - schweren Fällen - aus dem Leistungskatalog aufnehmen wollen, in denen deren Unterbleiben wie im vorliegenden Fall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wesentlich höhere Folgekosten nach sich ziehe, als gänzlich unbegründet. Auch das Argument, die für implantologischen Leistungen geschaffene Sonderregelung verlöre ihren Sinn, wären implantologische Leistungen bei Kieferatrophie zu verschaffen, verfange nicht. Die Eingruppierung auch der Kieferatrophie unter die "besonders schweren Fälle" besage nicht, dass auch nicht weitere Fälle gegeben sein könnten, in denen eine implantologische Behandlung medizinisch indiziert sei, ohne dass jedoch ein "besonders schwerer Fall" vorläge. Die Festlegung einer besonderen medizinischen Notwendigkeit habe der Gesetzgeber dem Bundesausschuss übertragen, der in den hierzu ergangenen Richtlinien den hier vorliegenden Fall der Kieferatrophie von der Leistungserbringung ausgeschlossen habe. Diese Richtlinien hätten keine Gesetzeskraft. Es obliege allein dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber, die Leistungsvoraussetzungen zu bestimmen. Diese Regelungsbefugnis sei zugleich eine Regelungsverpflichtung, welche nicht übertragen werden könne. Die Richtlinien des Bundesausschusses könnten daher nicht mehr sein als eine Auslegungshilfe bei der Interpretation des Tatbestandsmerkmales "besonders schwerer Fall". Wann ein besonders schwerer Fall vorliege, sei festzustellen, insbesondere vor dem Hintergrund der Motivation des Gesetzgebers für die getroffene Regelung, in der Vergangenheit häufiger beobachtete missbräuchliche Inanspruchnahme auszuschließen und in jedem Falle die wirtschaftlichste Lösung zu wählen. Auch eine Gegenüberstellung mit den in den Richtlinien unter VII. Nr. 9 Satz 4 a aufgeführten besonders schweren Fällen führe zu diesem Ergebnis: Dort seien große Kiefer- und Gesichtsdefekte erwähnt, die ihre Ursache unter anderem in der Entzündung des Kiefers hätten. Ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen würde, den hier vorliegenden Fall einer schweren Kieferatrophie anders zu behandeln als eine Entzündung des Kiefers, sei nicht ersichtlich. Es liege hier ein besonders schwerer Fall i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 9 SGB V vor. Der Bundesausschuss habe durch Beschluss vom 15. September 2000 die Richtlinien durch einen Abschnitt VI. "Versorgung mit Suprakonstruktion (implantatgestützter Zahnersatz)" ergänzt. Nach Nr. 40 der Richtlinie werde der Umfang des Anspruchs allerdings dahingehend eingeschränkt, dass sämtliche Vorleistungen im Zusammenhang mit den Implantaten wie die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente nicht zur Suprakonstruktion i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V gehörten. Diese Definition des Begriffs "Suprakonstruktion" decke sich nicht mit dem allgemeinen zahnmedizinischen Sprachgebrauch. Auch dem Gesetz sei diese Einschränkung nicht zu entnehmen. Insbesondere sei der Bundesausschuss durch § 30 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht ermächtigt, die durch die Nr. 40 vorgenommene Anspruchseinschränkung vorzunehmen. Die im Bundesausschuss erteilte Ermächtigung beschränke sich auf die Festlegung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Suprakonstruktionen bestehe; eine Ermächtigung, den Umfang des Anspruchs näher zu bestimmen, enthalte das Gesetz nicht. Diese Einschränkung, die offensichtlich ausschließlich durch Kostenerwägungen motiviert sei, stehe auch im Widerspruch zu der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Behandlung nur dann, aber auch immer dann erbracht werde, wenn sie medizinisch notwendig sei.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. März 2000 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 16. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Implantatversorgung entsprechend des Kostenvoranschlages Prof. Dr. Dr. H ... vom 26. Januar 1998 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, das SG gehe in seinem erstinstanzlichen Urteil zutreffend davon aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf Implantatversorgung habe. Der Gesetzgeber habe die Entscheidungsbefugnis über Ausnahmeindikationen auf den Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen übertragen und damit seine normative Verantwortung an den Bundesausschuss delegiert. Daher bestehe auch kein Erfordernis dafür, dass der Gesetzgeber die Beschränkung implantologischer Leistungen habe deutlicher zum Ausdruck bringen müssen, da ihm gerade nicht daran gelegen gewesen sei, derart detaillierte Vorgaben für den Bundesausschuss zu machen. Der gesetzgeberischen Offenheit des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V entspreche es auch, in besagten Richtlinien normkonkretisierende Rechtsvorschriften zu sehen. Die Ermächtigung des Bundesausschusses zum Erlass der Richtlinien beruhe zudem auf der Erwägung, dessen Sachverstand und die Problemnähe sowie dessen Möglichkeiten zu schneller Anpassung an Neuentwicklungen für das Krankenversicherungsrecht nutzbar zu machen. Dem sei aber nur dann genüge getan, falls, wie hier geschehen, dem nunmehr zuständigen Entscheidungsträger, hier der Bundesausschuss, vom Gesetz ein echter Entscheidungsspielraum eingeräumt werde. Während in der Gesetzesbegründung beispielhaft die Behandlungen von Tumoren oder schwersten Gesichtsverletzungen als Ausnahmeindikationen genannt werden, so diene dies lediglich der Verdeutlichung, ohne dass daraus eine Aussage abgeleitet werden könne, ob und welche Fälle daneben noch eine Ausnahmeindikation darstellten. Für die Frage, ob ein schwerer Fall i. S. d. § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V vorliege, sei daher ausschließlich auf den Katalog der Richtlinie des Bundesausschusses zurückzugreifen, ohne dass § 28 SGB V daneben einen eigenen Anwendungsspielraum eröffnete. Vielmehr zeige auch die ergänzende Erklärung des Bundesausschusses vom 24. Juli 1998, unabhängig davon, dass ihr keine Bindungswirkung zukomme, dass sich der Bundesausschuss bei seinen Beratungen sehr wohl auch mit der Kieferatrophie als implantologischer Leistung auseinander gesetzt habe. Habe er diese aber nicht in den Leistungskatalog der Richtlinie aufgenommen, sei hierin eine generelle Entscheidung gegen eine diesbezügliche Leistungsübernahme zu sehen, die nicht durch Statuierung neuer Ausnahmen am Gesetz vorbei aufgeweicht werden dürfe. Aufgrund der am 23. März 2001 veröffentlichten und damit gleichzeitig in Kraft getretenen Änderung der Richtlinie für eine ausreichende zweckmäßige und wirtschaftliche vertragsärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen sei es ihr möglich, dem Kläger den gesetzlich festgelegten Kostenzuschuss (entsprechend § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V) für den auf die Implantate folgenden Oberkieferzahnersatz zu gewähren (Nr. 39 2. Halbsatz der Richtlinie). Eine Erweiterung der Kostenzusage für die Implantate im Oberkiefer komme nicht in Betracht.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes von der Zahnärztin O ... Diese berichtete Mitte Mai 2001 von einer massiven Parodontose mit Knochenabbau. Es Knochenabbau vor. Es beständen zunehmend Beschwerden beim Essen durch den fehlenden Halt der Prothese. Im Zeitraum seit der Extraktionen im Februar 1997 sei eine systematische Verschlechterung zu verzeichnen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte ein von dem Kläger angenommenes Teil-Anerkenntnis dahingehend abgegeben, dass der Anspruch des Klägers anerkannt wird, soweit es um die Zahlung des gesetzlich festgelegten Kostenzuschusses für den auf die Implantate folgenden Oberkieferzahnersatz als Versorgung mit einer Suprakonstruktion (implantatgestützter bzw. implantatgetragener Zahnersatz) nach Maßgabe der Richtlinien geht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch fehlt es hinsichtlich der Implantatversorgung an einer Rechtsgrundlage.
Der Senat hatte allein noch über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme für eine Implantatversorgung zu entscheiden. Nach Abgabe des Teil-Anerkenntnisses seitens der Beklagten hinsichtlich des Kostenzuschusses für den auf die Implantate folgenden Oberkieferzahnersatz (Suprakonstruktion) war dieser Anspruch nicht mehr streitgegenständlich.
Statthafte Klageart für das Begehren des Klägers ist eine mit der Anfechtung der Verwaltungsakte der Beklagten einhergehende Leistungsklage. Für eine derartige Klage ist der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 6. Aufl., § 54 Rn. 34 m.w.N.). Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist daher § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V, neu gefasst mit Wirkung vom 01. Januar 2000 durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626). Nach § 28 Abs. 2 Satz 8 SGB V gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschusst werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt (§ 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V).
Selbst bei Anwendung der vorgenannten in § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V getroffenen Ausnahmeregelung besteht der vom Kläger erhobene Anspruch hinsichtlich einer Implantatversorgung nicht. Die vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen erlassenen Richtlinien für die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung in der Fassung vom 24. Juli 1998 bestimmt in B, Abschnitt VII., Nr. 29: Ausnahmeindikationen für Implantate und Suprakonstruktionen i.S.v. § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V liegen in den in Satz 4 aufgeführten besonders schweren Fällen vor. Bei Vorliegen dieser Ausnahmeindikationen besteht Anspruch auf Implantate zur Abstützung von Zahnersatz als Sachleistung nur dann, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. In den Fällen von Satz 4 a) - c) gilt dies nur dann, wenn das rekonstruierte Prothesenlager durch einen schleimhautgelagerten vor,
a) bei großen Kiefer- oder Gesichtsdefekten, die ihre Ursache - in Tumoroperationen, - in der Entzündung des Kiefers, - in Operationen infolge von großen Zysten (z.B. große follikuläre Zysten oder Keratozysten), - in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt, - in angeborenen Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kie- fer-, Gaumenspalten) oder - in Unfällen haben,
b) bei dauerhaft bestehender extremer Xerostomie, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c) bei generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen,
d) bei nicht willentlich beeinflussbaren muskulären Fehlfunk tionen im Mund- und Gesichtsbereich (z.B. Spastiken).
Die beim Kläger vorliegende Atrophie des Oberkiefers gehört nicht zu den in den Richtlinien genannten Ausnahmefällen. Zutreffend hat daher das SG ausgeführt, dass implantologische Leistungen aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich ausgeschlossen sind und der Kläger keinen Anspruch auf eine dahingehende Versorgung hat (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 03. Februar 1999, Az.: L 1 KR 28/98).
Mit Bekanntmachung über eine Änderung der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen vom 15. September 2000 hat der Bundesausschuss einen Abschnitt VI eingefügt, in Kraft getreten am 24. März 2001. In Abschnitt VI Nr. 38 Satz 1 legt der Bundesausschuss in den Richtlinien gemäß § 92 Abs. 1 SGB V für Suprakonstruktionen Ausnahmefälle fest, in denen ein Anspruch der Versicherten gemäß § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V besteht. Ein Ausnahmefall für Suprakonstruktionen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V liegt vor bei atrophiertem zahnlosen Kiefer (Abschnitt VI, Nr. 38, Satz 2, b). Dabei ist der Anspruch bei zahnbegrenzten Einzelzahnlücken nach Nr. 38 a) auf die Versorgung mit Einzelzahnkronen und bei atrophiertem zahnlosen Kiefer nach Nr. 38 b) auf die Versorgung mit Totalprothesen als vertragszahnärztliche Leistungen begrenzt (Abschnitt VI, Nr. 39). Sämtliche Vorleistungen im Zusammenhang mit den Implantaten, wie die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente gehören nicht zur Suprakonstruktion i.S.d. § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V (Abschnitt VI, Nr. 40). Nach den Richtlinien hat der Kläger daher einen Anspruch auf Zahlung des gesetzlich festgelegten Kostenzuschusses für den auf die Implantate folgenden Oberkieferzahnersatz als Versorgung mit einer Suprakonstruktion (implantatgestützer bzw. implantatgetragener Zahnersatz). Die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente gehören dabei nicht zur Suprakonstruktion i.S.d. § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V (Abschnitt VI, Nr. 40).
Anders als die Suprakonstruktion werden die notwendigen implantologischen Vorleistungen wie die Eingliederung der Implantate und die Materialkosten von der Neuregelung nicht erfasst. Insoweit ist es bei dem früheren weitgehenden Leistungsausschluss geblieben, der Ausnahmen nur in den vom Bundesausschuss definierten besonderen Fällen zulässt. Dazu zählt die Kieferatrophie nicht und sollte sie nach dem Willen des Gesetzgebers auch nicht zählen, so dass für eine analoge Anwendung der Regelung kein Raum ist. Da der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert ist, einzelne Leistungen oder Leistungsarten vom Versorgungsauftrag der Krankenkassen auszunehmen und sie der Eigenverantwortung der Versicherten zu überlassen, hat er verfassungsrechtliche Grenzen nicht überschritten; sein weiter Gestaltungsspielraum wird regelmäßig auch nicht dadurch eingeengt, dass es im Einzelfall zu den ausgeschlossenen Leistungen keine oder keine gleich wirksame Alternative gibt. Die befürchteten Abgrenzungsschwierigkeiten, wenn Kieferatrophien als weitere Indikationen für die Versorgung mit Implantaten anerkannt würden, bilden einen hinreichenden sachlichen Grund dafür, sie den besonders schweren Fällen nicht gleichzustellen (vgl. Presse-Mitteilung Nr. 37/Nr. 1 des BSG zu den Urteilen vom 19. Juni 2001, Az.: B 1 KR 4/00 R und B 1 KR 5/00 R).
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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