Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 13 KR 126/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 38/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten für von der Klägerin selbst beschaffte Produkte der Fa. s ...
Die im ... 1946 geborene Klägerin leidet an einer chronischen Multiplen Sklerose (MS). Der sie behandelnde FA für Allgemeinmedizin Dr. M ... bestätigte unter dem 24. September 1998 ein konstantes Krankheitsbild unter derzeitiger Behandlung (einschl. Nahrungsergänzungsmittel) seit Oktober 1995, Dipl.-Med. Sch ..., FÄ für Neurologie/Psychiatrie in Marienberg, unter dem 13. Oktober 1998, es stehe keine krankheitsspezifische, schulmedizinische Therapie zur Verfügung.
Die Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Am 15. August 1995 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten für Präparate der Fa. s ... Naturprodukte Handelsgesellschaft mbH in H ... Dabei handelt es sich um die Produkte: EPA metidranso (Diätetikum), SEAPOWER H.L.Spanier mit Coenzym Q 10, Sevinorm H.L.Spanier Selen + Coenzym Q 10, LIPO E - Vitamin E 600 "Vit", EMEPA H.L.Spanier Seelachsöl und ANTOXAL H.L.Spanier - Selen + Coenzym Q 10.
Die Anwendung o. a. Produkte beruht auf einer von Dr. F ..., K ..., und Dr. H ..., H ..., entwickelten komplexen Ernährungs- und Stoffwechseltherapie zur Verminderung entzündlicher Reaktionen bei MS. Bei den eingesetzen Präparaten handelt es sich um Nahrungsergänzungsmittel (vgl. Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 19. Juni 2000). Dies wird in einer Auskunft der Fa. s ... vom 20. Februar 2001 bestätigt, LIPO E Vitamin E 600 "Vit" sei jedoch als Arzneimittel zugelassen.
Mit Schreiben vom 12. Juli 1996 teilte die Beklagte der Klägerin mit, aufgrund der angegebenen Indikation und des geschilderten bisherigen Therapieverlaufes sowie unter Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Einzelfalles stimme sie im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches der beantragten Kostenerstattung zu. Diese sei auf vorerst zwölf Monate begrenzt.
Unter dem 29. Dezember 1997 stellte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage verschiedener ärztlicher Unterlagen einen Fortsetzungsantrag zur Kostenübernahme/Kostenerstattung für Seviton-Präparate. Die aktuellen Untersuchungsergebnisse wiesen eine Stagnation ihrer Krankheit auf und bestätigten somit den positiven Einfluss der Seviton-Präparate.
Die Beklagte befristete mit Schreiben vom 31. Juli 1997 eine Kostenübernahme bis 31. Dezember 1997.
Von Dipl.-Med. R ..., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen, ließ die Beklagte ein ärztliches Gutachten erstellen. In seinem Gutachten vom 19. Februar 1998 führte er aus, bei den Seviton-Präparaten handele es sich um Diätpräparate, die der Nahrungsergänzung dienten. Diese Stoffe könnten bei optimal zusammengestellter Nahrung dem Körper zugeführt werden. Die Präparate seien in der Roten Liste nicht aufgeführt, da es sich um Mittel handele, die nach dem Arzneimittelgesetz nicht als Arzneimittel zugelassen seien. Wissenschaftliche Studien über therapeutische Wirksamkeiten und Wirkmechanismen lägen in diesem Fall nicht vor. Ein Erfolg im Einzelfall reiche als Wirksamkeitsnachweis nicht aus. Es sollte eine Therapieoptimierung nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen durchgeführt werden. Es müsse jedoch festgestellt werden, dass derzeit noch keine spezifische Therapie für chronische MS-Patienten angeboten werde.
Die Beklagte erließ daraufhin am 19. März 1998 einen ablehnenden Bescheid. Für den vorliegenden Einzelfall könne einer Kostenübernahme über den 31. Dezember 1997 hinaus nicht zugestimmt werden. Die Seviton-Präparate seien nach dem Arzneimittelgesetz nicht als Arzneimittel zugelassen. Da keine wissenschaftlichen Studien über therapeutische Wirksamkeiten vorlägen und eine Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen nicht gegeben sei, könne die Kostenübernahme durch den MDK nicht befürwortet werden. Unter Berücksichtigung der dargelegten Gründe habe für die Klägerin keine positive Entscheidung getroffen werden können. Die Kostenübernahme für Krankenkost und Diätpräparate sei zukünftig nicht mehr, auch nicht bei Vorliegen besonderer wirtschaftlicher Verhältnisse möglich.
Ein dagegen von der Klägerin am 15. April 1998 eingelegter Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 09. Juli 1998). Am 28. Juli 1998 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage.
Das SG hat eine Auskunft vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eingeholt (Auskunft vom 19. Juni 2000). Bei den nach Dr. F .../Dr. H ... eingesetzten Präparaten (hier: Seviton) handele es sich um Nahrungsergänzungsmittel, für die eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nicht bestehe.
Mit Urteil auf die mündliche Verhandlung vom 02. August 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Ablehnung durch die Beklagte sei zu Recht erfolgt, da ein Anspruch der Klägerin auf die von ihr gewählte Behandlung nicht bestanden habe. Bei der Methode Dr. F .../Dr. H ... handele es sich um eine Arzneitherapie, die als neue Behandlungsmethode dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterliege. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften nach § 135 Abs. 1 SGB V zu Lasten der Krankenkassen grundsätzlich nur dann erbracht werden, wenn eine entsprechende Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V erlassenen Richtlinien enthalten sei. Eine solche Stellungnahme liege für die von der Klägerin begehrte Behandlung nicht vor. Anhaltspunkte dafür, dass das Fehlen einer Aussage zur Behandlungsmethode in den NUB-Richtlinien Folge eines Systemmangels in dem beschriebenen Sinne sein könnte, seien nicht ersichtlich, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass die vorliegend begehrte Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Wie auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt werde, fehle es bislang an einer wissenschaftlichen Studie zu der Behandlungsmethode mit Seviton-Präparaten, so dass die Kammer davon ausgehe, dass sich diese Behandlungsmethode noch im Erprobungsstadium befindet. Auf den Behandlungserfolg im einzelnen Falle komme es dabei nicht an.
Gegen das am 18. August 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. September 2000 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Sie ist der Ansicht, bei den von ihr erworbenen Seviton-Präparaten handele es sich um Arzneimittel im Sinne von § 31 SGB V, die durch den sie behandelnden Arzt verordnet worden seien. Bei den Präparaten handele es sich um zweckmäßige Arzneimittel im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB V, da sie nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung geeignet seien, auf eine Krankheit im Sinne der Heilung, Besserung, Linderung und Verhütung hinzuwirken. Dem ständen auch nicht die Richtlinien der Bundesausschüsse gemäß § 92 SGB V entgegen. Diese könnten den sich aus § 31 SGB V ergebenden Anspruch der Klägerin nicht einschränken. Es sei einzig und allein auf die Zweckmäßigkeit des Arzneimittels abzustellen. Der therapeutische Nutzen des Arzneimittels sei bei ihr nachgewiesen. Zudem stehe fest, dass bei ihr eine wirksamere Behandlungsweise nicht bestanden habe. Die Einnahme der Präparate habe nicht nur eine Progredienz ihres Leidens verhütet, sondern auch eine Besserung bewirkt. Die von ihr verlangte Kostenerstattung sei auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu gewähren. Die Beklagte habe in der Vergangenheit die Kosten für Seviton-Präparate erstattet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 02. August 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 19. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für eine Therapie nach Dr. F .../Dr. H ... unter Verwendung von Seviton-Präparaten im Zeitraum vom 01. Januar 1998 bis zum 02. August 2000 in Höhe von 9.311,53 DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, bei den Seviton-Präparaten handele es sich um Krankenkost- und Diätpräparate mit Inhaltsstoffen wie Fischöl, Meeresmuschelextrakt und Selen, das gemäß F Nr. 17.1 i der Arzneimittel-Richtlinien von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen sei. Die Präparate könnten nicht als verordnete Arzneimittel von ihr zur Verfügung gestellt werden bzw. könnten die für deren Beschaffung entstandenen Kosten nicht erstattet werden. Auch als Kosten einer neuen Behandlungsmethode könnten die Kosten für die Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nicht übernommen werden, denn in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Behandlungs- und Untersuchungsmethoden sei diese Behandlungsmethode nicht genannt. Durch die Kostenübernahme in der Vergangenheit entstände der Klägerin kein Anspruch auf weitere Kostentragung. Eine rechtswidrige ständige Verwaltungsübung führe weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz oder dem Vertrauensschutz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung. Im Übrigen verweise sie auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe im erstinstanzlichen Urteil.
Der Senat hat eine Auskunft von der Fa. s ... (Auskunft vom 20. Februar 2001) eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Chemnitz die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Rechtsanspruch auf Erstattung der Kosten für eine Therapie nach Dr. F .../Dr. H ... unter Verwendung von Seviton-Präparaten im Zeitraum vom 01. Januar 1998 bis 02. August 2000 i. H. v. 9.311,53 DM. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 1998 ist rechtmäßig.
Als Rechtsgrundlage des erhobenen Anspruchs der Klägerin kommt nur § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten Kosten einer selbst beschafften Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung. Er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind. Die Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... gehört nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen. Dies ergibt sich aus § 135 SGB V in Verbindung mit den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien). § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V schreibt vor, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen unter anderem über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Die Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne von § 135 SGB V.
Als noch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörig und damit "neu" im Sinne des § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V sieht der Bundesausschuss gemäß Ziffer 5 der NUB-Richtlinien (NUB RL, jetzt Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gem. § 135 Abs. 1 SGB V [BUB-Richtlinien]) solche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden an, die noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) enthalten oder die dort zwar aufgeführt sind, deren Indikatoren aber eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren haben.
Die hier streitige Therapie ist jedenfalls nicht Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat sich mit Schreiben vom 19. Juni 2000 dahingehend geäußert, er habe sich mit der Anfrage des SG, ob und gegebenenfalls welche Erkenntnisse hinsichtlich der Behandlungsmethode Dr. F .../Dr. H ... (hier: Präparat SEVITON) bei MS vorliegen, befasst und sei zu dem Ergebnis gekommen, bei den nach Dr. F .../Dr. H ... eingesetzten Präparaten (hier: SEVITON) handele es sich um Nahrungsergänzungsmittel, für die eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nicht bestehe. Da der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den NUB-RL keine Empfehlung zugunsten der Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... abgegeben hat, ergab sich für die Beklagte keine Verpflichtung, die Behandlung entweder als Sachleistung zu gewähren oder der Versicherten die Kosten für die Beschaffung der Seviton-Präparate zu erstatten.
Ein Kostenerstattungs- oder Freistellungsanspruch der Versicherten kann allerdings ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzung nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (BSG, Urteil vom 28. März 2000, Az.: B 1 KR 11/98 R). Die vom SG eingeholte Auskunft des Bundesausschusses bezieht sich allein auf die Seviton-Präparate, jedoch nicht auf die der Verabreichung der Präparate zugrunde liegenden Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... Es kann letztlich jedoch dahingestellt bleiben, ob trotz der Auskunft des Bundesausschusses ein Mangel des gesetzlichen Leistungssystems darin zu sehen ist, dass der Bundesausschuss bisher keine Entscheidung zur o. a. Therapie getroffen hat. Auch wenn zugunsten der Klägerin solche Versäumnisse unterstellt würden, begründet dies keine Leistungspflicht der Beklagten. Die in diesem Fall ersatzweise vom Gericht anzustellende Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die Behandlungsmethode bislang nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Die Wirksamkeit einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt werden (BSGE 76, 194). Nur ausnahmsweise, wenn ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnisse auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, darf darauf abgestellt werden, ob sich die in Anspruch genommene Therapie in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat (BSGE 81, 54, 65 ff.).
Nach Überzeugung des Senats ist die Wirksamkeit der Therapie nach Dr. H .../Dr. F ... aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken nicht belegt. Wissenschaftliche Studien über therapeutische Wirksamkeiten und Wirkmechanismen liegen in diesem Fall nicht vor (vgl. Gutachten Dipl.-Med. R ... vom 19. Februar 1998). Der Kombinationsbehandlung nach Dr. F .../Dr. H ... liegen nach Auskunft der Deutschen M ... S ... Gesellschaft vom 11. Dezember 1997 unbewiesene hypothetische Vorstellungen zur möglichen Entstehung der MS zugrunde (vgl. Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. August 1998, Az.: S 10 KR 1847/96). Aus den vorliegenden Akten ergeben sich jedoch auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Methode in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt wird (BSG, Urteil vom 16. September 1997, Az.: 1 RK 28/95). Dies ist hier jedoch nicht ersichtlich.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man auf die Seviton-Präparate selbst und nicht auf eine Verabreichung im Rahmen einer Ernährungs- und Stoffwechseltherapie abstellt.
Nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Bei den Seviton-Präparaten handelt es sich jedoch um Fischöl-Präparate, Schalentierextrakte, Selen und Vitamine (vgl. Auskunft der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft vom 11. Dezember 1997). Als Nahrungsergänzungsmittel - mit Ausnahme des Präparats LIPO E Vitamin E 600 "Vit" - (vgl. Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 19. Juni 2000 und Auskunft der Fa. s ... vom 20. Februar 2001) stellen sie keine Heilmittel im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V dar, weil sie zum Verzehr und nicht zur äußeren Einwirkung auf den Körper bestimmt sind. Als Arzneimittel dürfen sie nach den Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (AMRL) von der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten nicht verordnet werden (vgl. F. Nr. 17.1 h AMRL). Sie sind damit von der Anwendung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Selbst wenn man unterstellte, bei den Seviton-Präparaten handele es sich um Arzneimittel, die bei der Durchführung der Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... im Vordergrund stehen und die Behandlung prägen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Auf die obigen Ausführungen hinsichtlich dieses Therapiekonzeptes wird diesbezüglich voll inhaltlich verwiesen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich des Präparates LIPO E Vitamin E 600 "Vit", das nach Auskunft der Fa. s ... als Arzneimittel zugelassen sei. Das Mittel ist der Klägerin allein zur Durchführung der Therapie nach Dr. H .../Dr. F ... verordnet worden. Aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin etwa an einem Vitamin E-Mangelzustand oder an einer damit verbundenen Leistungsschwäche leidet, zumal Vitamin E in vielen Nahrungsmitteln in ausreichender Menge vorkommt (vgl. Langbein/Martin/Weiss [Hrsg.], Bittere Pillen, 2. Aufl., S. 774).
Die Klägerin kann auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung daraus herleiten, dass die Beklagte ihr bis 31. Dezember 1997 die Kosten für die Seviton-Präparate erstattet hat. Schon zum damaligen Zeitpunkt entsprach die Kostenübernahme seitens der Beklagten nicht den gesetzlichen Regelungen. Eine Kostenübernahme erfolgte offensichtlich im Rahmen einer Einzelfallentscheidung aus "Kulanzgründen". Eine rechtswidrige ständige Verwaltungsübung führt weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz oder dem Vertrauensschutz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung (Peters/Sautter/Wolff, SGG-Kommentar, § 54 Rn. 317 m. w. N.). Ein Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht ist der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland fremd.
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten für von der Klägerin selbst beschaffte Produkte der Fa. s ...
Die im ... 1946 geborene Klägerin leidet an einer chronischen Multiplen Sklerose (MS). Der sie behandelnde FA für Allgemeinmedizin Dr. M ... bestätigte unter dem 24. September 1998 ein konstantes Krankheitsbild unter derzeitiger Behandlung (einschl. Nahrungsergänzungsmittel) seit Oktober 1995, Dipl.-Med. Sch ..., FÄ für Neurologie/Psychiatrie in Marienberg, unter dem 13. Oktober 1998, es stehe keine krankheitsspezifische, schulmedizinische Therapie zur Verfügung.
Die Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Am 15. August 1995 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten für Präparate der Fa. s ... Naturprodukte Handelsgesellschaft mbH in H ... Dabei handelt es sich um die Produkte: EPA metidranso (Diätetikum), SEAPOWER H.L.Spanier mit Coenzym Q 10, Sevinorm H.L.Spanier Selen + Coenzym Q 10, LIPO E - Vitamin E 600 "Vit", EMEPA H.L.Spanier Seelachsöl und ANTOXAL H.L.Spanier - Selen + Coenzym Q 10.
Die Anwendung o. a. Produkte beruht auf einer von Dr. F ..., K ..., und Dr. H ..., H ..., entwickelten komplexen Ernährungs- und Stoffwechseltherapie zur Verminderung entzündlicher Reaktionen bei MS. Bei den eingesetzen Präparaten handelt es sich um Nahrungsergänzungsmittel (vgl. Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 19. Juni 2000). Dies wird in einer Auskunft der Fa. s ... vom 20. Februar 2001 bestätigt, LIPO E Vitamin E 600 "Vit" sei jedoch als Arzneimittel zugelassen.
Mit Schreiben vom 12. Juli 1996 teilte die Beklagte der Klägerin mit, aufgrund der angegebenen Indikation und des geschilderten bisherigen Therapieverlaufes sowie unter Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Einzelfalles stimme sie im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches der beantragten Kostenerstattung zu. Diese sei auf vorerst zwölf Monate begrenzt.
Unter dem 29. Dezember 1997 stellte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage verschiedener ärztlicher Unterlagen einen Fortsetzungsantrag zur Kostenübernahme/Kostenerstattung für Seviton-Präparate. Die aktuellen Untersuchungsergebnisse wiesen eine Stagnation ihrer Krankheit auf und bestätigten somit den positiven Einfluss der Seviton-Präparate.
Die Beklagte befristete mit Schreiben vom 31. Juli 1997 eine Kostenübernahme bis 31. Dezember 1997.
Von Dipl.-Med. R ..., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen, ließ die Beklagte ein ärztliches Gutachten erstellen. In seinem Gutachten vom 19. Februar 1998 führte er aus, bei den Seviton-Präparaten handele es sich um Diätpräparate, die der Nahrungsergänzung dienten. Diese Stoffe könnten bei optimal zusammengestellter Nahrung dem Körper zugeführt werden. Die Präparate seien in der Roten Liste nicht aufgeführt, da es sich um Mittel handele, die nach dem Arzneimittelgesetz nicht als Arzneimittel zugelassen seien. Wissenschaftliche Studien über therapeutische Wirksamkeiten und Wirkmechanismen lägen in diesem Fall nicht vor. Ein Erfolg im Einzelfall reiche als Wirksamkeitsnachweis nicht aus. Es sollte eine Therapieoptimierung nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen durchgeführt werden. Es müsse jedoch festgestellt werden, dass derzeit noch keine spezifische Therapie für chronische MS-Patienten angeboten werde.
Die Beklagte erließ daraufhin am 19. März 1998 einen ablehnenden Bescheid. Für den vorliegenden Einzelfall könne einer Kostenübernahme über den 31. Dezember 1997 hinaus nicht zugestimmt werden. Die Seviton-Präparate seien nach dem Arzneimittelgesetz nicht als Arzneimittel zugelassen. Da keine wissenschaftlichen Studien über therapeutische Wirksamkeiten vorlägen und eine Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen nicht gegeben sei, könne die Kostenübernahme durch den MDK nicht befürwortet werden. Unter Berücksichtigung der dargelegten Gründe habe für die Klägerin keine positive Entscheidung getroffen werden können. Die Kostenübernahme für Krankenkost und Diätpräparate sei zukünftig nicht mehr, auch nicht bei Vorliegen besonderer wirtschaftlicher Verhältnisse möglich.
Ein dagegen von der Klägerin am 15. April 1998 eingelegter Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 09. Juli 1998). Am 28. Juli 1998 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage.
Das SG hat eine Auskunft vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eingeholt (Auskunft vom 19. Juni 2000). Bei den nach Dr. F .../Dr. H ... eingesetzten Präparaten (hier: Seviton) handele es sich um Nahrungsergänzungsmittel, für die eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nicht bestehe.
Mit Urteil auf die mündliche Verhandlung vom 02. August 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Ablehnung durch die Beklagte sei zu Recht erfolgt, da ein Anspruch der Klägerin auf die von ihr gewählte Behandlung nicht bestanden habe. Bei der Methode Dr. F .../Dr. H ... handele es sich um eine Arzneitherapie, die als neue Behandlungsmethode dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterliege. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften nach § 135 Abs. 1 SGB V zu Lasten der Krankenkassen grundsätzlich nur dann erbracht werden, wenn eine entsprechende Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V erlassenen Richtlinien enthalten sei. Eine solche Stellungnahme liege für die von der Klägerin begehrte Behandlung nicht vor. Anhaltspunkte dafür, dass das Fehlen einer Aussage zur Behandlungsmethode in den NUB-Richtlinien Folge eines Systemmangels in dem beschriebenen Sinne sein könnte, seien nicht ersichtlich, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass die vorliegend begehrte Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Wie auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt werde, fehle es bislang an einer wissenschaftlichen Studie zu der Behandlungsmethode mit Seviton-Präparaten, so dass die Kammer davon ausgehe, dass sich diese Behandlungsmethode noch im Erprobungsstadium befindet. Auf den Behandlungserfolg im einzelnen Falle komme es dabei nicht an.
Gegen das am 18. August 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. September 2000 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Sie ist der Ansicht, bei den von ihr erworbenen Seviton-Präparaten handele es sich um Arzneimittel im Sinne von § 31 SGB V, die durch den sie behandelnden Arzt verordnet worden seien. Bei den Präparaten handele es sich um zweckmäßige Arzneimittel im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB V, da sie nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung geeignet seien, auf eine Krankheit im Sinne der Heilung, Besserung, Linderung und Verhütung hinzuwirken. Dem ständen auch nicht die Richtlinien der Bundesausschüsse gemäß § 92 SGB V entgegen. Diese könnten den sich aus § 31 SGB V ergebenden Anspruch der Klägerin nicht einschränken. Es sei einzig und allein auf die Zweckmäßigkeit des Arzneimittels abzustellen. Der therapeutische Nutzen des Arzneimittels sei bei ihr nachgewiesen. Zudem stehe fest, dass bei ihr eine wirksamere Behandlungsweise nicht bestanden habe. Die Einnahme der Präparate habe nicht nur eine Progredienz ihres Leidens verhütet, sondern auch eine Besserung bewirkt. Die von ihr verlangte Kostenerstattung sei auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu gewähren. Die Beklagte habe in der Vergangenheit die Kosten für Seviton-Präparate erstattet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 02. August 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 19. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für eine Therapie nach Dr. F .../Dr. H ... unter Verwendung von Seviton-Präparaten im Zeitraum vom 01. Januar 1998 bis zum 02. August 2000 in Höhe von 9.311,53 DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, bei den Seviton-Präparaten handele es sich um Krankenkost- und Diätpräparate mit Inhaltsstoffen wie Fischöl, Meeresmuschelextrakt und Selen, das gemäß F Nr. 17.1 i der Arzneimittel-Richtlinien von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen sei. Die Präparate könnten nicht als verordnete Arzneimittel von ihr zur Verfügung gestellt werden bzw. könnten die für deren Beschaffung entstandenen Kosten nicht erstattet werden. Auch als Kosten einer neuen Behandlungsmethode könnten die Kosten für die Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nicht übernommen werden, denn in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Behandlungs- und Untersuchungsmethoden sei diese Behandlungsmethode nicht genannt. Durch die Kostenübernahme in der Vergangenheit entstände der Klägerin kein Anspruch auf weitere Kostentragung. Eine rechtswidrige ständige Verwaltungsübung führe weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz oder dem Vertrauensschutz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung. Im Übrigen verweise sie auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe im erstinstanzlichen Urteil.
Der Senat hat eine Auskunft von der Fa. s ... (Auskunft vom 20. Februar 2001) eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Chemnitz die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Rechtsanspruch auf Erstattung der Kosten für eine Therapie nach Dr. F .../Dr. H ... unter Verwendung von Seviton-Präparaten im Zeitraum vom 01. Januar 1998 bis 02. August 2000 i. H. v. 9.311,53 DM. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 1998 ist rechtmäßig.
Als Rechtsgrundlage des erhobenen Anspruchs der Klägerin kommt nur § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten Kosten einer selbst beschafften Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung. Er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind. Die Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... gehört nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen. Dies ergibt sich aus § 135 SGB V in Verbindung mit den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien). § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V schreibt vor, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen unter anderem über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Die Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne von § 135 SGB V.
Als noch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörig und damit "neu" im Sinne des § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V sieht der Bundesausschuss gemäß Ziffer 5 der NUB-Richtlinien (NUB RL, jetzt Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gem. § 135 Abs. 1 SGB V [BUB-Richtlinien]) solche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden an, die noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) enthalten oder die dort zwar aufgeführt sind, deren Indikatoren aber eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren haben.
Die hier streitige Therapie ist jedenfalls nicht Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat sich mit Schreiben vom 19. Juni 2000 dahingehend geäußert, er habe sich mit der Anfrage des SG, ob und gegebenenfalls welche Erkenntnisse hinsichtlich der Behandlungsmethode Dr. F .../Dr. H ... (hier: Präparat SEVITON) bei MS vorliegen, befasst und sei zu dem Ergebnis gekommen, bei den nach Dr. F .../Dr. H ... eingesetzten Präparaten (hier: SEVITON) handele es sich um Nahrungsergänzungsmittel, für die eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nicht bestehe. Da der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den NUB-RL keine Empfehlung zugunsten der Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... abgegeben hat, ergab sich für die Beklagte keine Verpflichtung, die Behandlung entweder als Sachleistung zu gewähren oder der Versicherten die Kosten für die Beschaffung der Seviton-Präparate zu erstatten.
Ein Kostenerstattungs- oder Freistellungsanspruch der Versicherten kann allerdings ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzung nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (BSG, Urteil vom 28. März 2000, Az.: B 1 KR 11/98 R). Die vom SG eingeholte Auskunft des Bundesausschusses bezieht sich allein auf die Seviton-Präparate, jedoch nicht auf die der Verabreichung der Präparate zugrunde liegenden Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... Es kann letztlich jedoch dahingestellt bleiben, ob trotz der Auskunft des Bundesausschusses ein Mangel des gesetzlichen Leistungssystems darin zu sehen ist, dass der Bundesausschuss bisher keine Entscheidung zur o. a. Therapie getroffen hat. Auch wenn zugunsten der Klägerin solche Versäumnisse unterstellt würden, begründet dies keine Leistungspflicht der Beklagten. Die in diesem Fall ersatzweise vom Gericht anzustellende Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die Behandlungsmethode bislang nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Die Wirksamkeit einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt werden (BSGE 76, 194). Nur ausnahmsweise, wenn ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnisse auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, darf darauf abgestellt werden, ob sich die in Anspruch genommene Therapie in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat (BSGE 81, 54, 65 ff.).
Nach Überzeugung des Senats ist die Wirksamkeit der Therapie nach Dr. H .../Dr. F ... aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken nicht belegt. Wissenschaftliche Studien über therapeutische Wirksamkeiten und Wirkmechanismen liegen in diesem Fall nicht vor (vgl. Gutachten Dipl.-Med. R ... vom 19. Februar 1998). Der Kombinationsbehandlung nach Dr. F .../Dr. H ... liegen nach Auskunft der Deutschen M ... S ... Gesellschaft vom 11. Dezember 1997 unbewiesene hypothetische Vorstellungen zur möglichen Entstehung der MS zugrunde (vgl. Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. August 1998, Az.: S 10 KR 1847/96). Aus den vorliegenden Akten ergeben sich jedoch auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Methode in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt wird (BSG, Urteil vom 16. September 1997, Az.: 1 RK 28/95). Dies ist hier jedoch nicht ersichtlich.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man auf die Seviton-Präparate selbst und nicht auf eine Verabreichung im Rahmen einer Ernährungs- und Stoffwechseltherapie abstellt.
Nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Bei den Seviton-Präparaten handelt es sich jedoch um Fischöl-Präparate, Schalentierextrakte, Selen und Vitamine (vgl. Auskunft der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft vom 11. Dezember 1997). Als Nahrungsergänzungsmittel - mit Ausnahme des Präparats LIPO E Vitamin E 600 "Vit" - (vgl. Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 19. Juni 2000 und Auskunft der Fa. s ... vom 20. Februar 2001) stellen sie keine Heilmittel im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V dar, weil sie zum Verzehr und nicht zur äußeren Einwirkung auf den Körper bestimmt sind. Als Arzneimittel dürfen sie nach den Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (AMRL) von der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten nicht verordnet werden (vgl. F. Nr. 17.1 h AMRL). Sie sind damit von der Anwendung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Selbst wenn man unterstellte, bei den Seviton-Präparaten handele es sich um Arzneimittel, die bei der Durchführung der Ernährungs- und Stoffwechseltherapie nach Dr. H .../Dr. F ... im Vordergrund stehen und die Behandlung prägen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Auf die obigen Ausführungen hinsichtlich dieses Therapiekonzeptes wird diesbezüglich voll inhaltlich verwiesen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich des Präparates LIPO E Vitamin E 600 "Vit", das nach Auskunft der Fa. s ... als Arzneimittel zugelassen sei. Das Mittel ist der Klägerin allein zur Durchführung der Therapie nach Dr. H .../Dr. F ... verordnet worden. Aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin etwa an einem Vitamin E-Mangelzustand oder an einer damit verbundenen Leistungsschwäche leidet, zumal Vitamin E in vielen Nahrungsmitteln in ausreichender Menge vorkommt (vgl. Langbein/Martin/Weiss [Hrsg.], Bittere Pillen, 2. Aufl., S. 774).
Die Klägerin kann auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung daraus herleiten, dass die Beklagte ihr bis 31. Dezember 1997 die Kosten für die Seviton-Präparate erstattet hat. Schon zum damaligen Zeitpunkt entsprach die Kostenübernahme seitens der Beklagten nicht den gesetzlichen Regelungen. Eine Kostenübernahme erfolgte offensichtlich im Rahmen einer Einzelfallentscheidung aus "Kulanzgründen". Eine rechtswidrige ständige Verwaltungsübung führt weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz oder dem Vertrauensschutz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung (Peters/Sautter/Wolff, SGG-Kommentar, § 54 Rn. 317 m. w. N.). Ein Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht ist der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland fremd.
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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