Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 1 KR 63/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 41/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.07.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für Behandlungen durch Prof. Dr. F ... mit dem Medikament Deoxyspergualin (nachfolgend DSG).
Die am ...1962 geborene Klägerin, die bei der Beklagten krankenversichert ist, leidet an Multipler Sklerose (MS). Zunächst wurde die Klägerin mit verschiedenen Medikamenten, z.B. mit Imurek behandelt. Mitte Dezember 1995 fragte sie telefonisch bei der Beklagten erstmalig nach, ob die Beklagte die Kosten für die Behandlung mit dem Medikament DSG übernehme. Anfang 1996 suchte die Klägerin den M ... Arzt Prof. Dr. N ... F ... auf, der sie im Zeitraum vom 12.02.1996 bis 01.08.1996 mit dem Medikament DSG behandelte. Für diese Behandlungen stellte er der Klägerin über 30.000,00 DM in Rechnung.
Mit Schreiben vom 29.02.1996 wandte sich die Klägerin schriftlich an die Beklagte und legte die erste Abschlagsrechnung von Prof. Dr. F ... in Höhe von 10.000,00 DM vor. Sie habe, wie mit der Beklagten abgestimmt, die Behandlung ihrer Krankheit in M ... begonnen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17.04.1996 den Antrag der Klägerin ab, da es sich bei Prof. Dr. F ... um eine "Nichtvertragsarzt-Praxis" handele und somit eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse ausgeschlossen sei. Auch sei dem Wirkstoff DSG mit Bescheid vom 25.04.1995 durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Zulassung wegen fehlendem Wirksamkeitsnachweis verweigert worden. Hiergegen legte die Klägerin am 22.04.1996 Widerspruch ein. Sie sei telefonisch und später persönlich von der Mitarbeiterin der Beklagten Frau H ... beraten worden. In dem persönlichen Gespräch habe Frau H ... gesagt, sie brauche die Behandlung mit dem Medikament DSG nicht zu beantragen. Frau H ... habe nochmals mit jemandem telefoniert, um sicher zu gehen, dass sie hier auch richtig geantwortet habe. Frau H ... habe gesagt, dass sie allerdings die Fahrtkosten nach M ... hin und zurück selbst bezahlen müsse. Damit sei sie einverstanden gewesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.1996 (zugestellt am 16.07.1996) zurück, da ein Anspruch auf Kostenerstattung für das Medikament DSG nach den gesetzlichen Vorschriften nicht bestehe. Auch könne die Geschäftsstelle der Beklagten nicht die Aussage bestätigen, dass eine Leistungszusage erteilt worden sei. Es bestehe keine Veranlassung an der Richtigkeit dieser Angaben der Geschäftsstelle zu zweifeln. Verbindliche Leistungszusagen würden aus Gründen der Rechtsicherheit grundsätzlich schriftlich erteilt werden (vgl. § 34 SGB X).
Am 16.08.1996 hat die Klägerin durch ihren Prozeßbevollmächtigten beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben, ohne eine Prozessvollmacht vorzulegen. Die Behandlung durch Prof. Dr. F ..., der Spezialist der Behandlung von MS sei, sei erfolgt, da kein anderes Medikament angeschlagen habe. Anfang 1996 habe die Klägerin bei der Beklagten angerufen, um sich wegen einer Kostenerstattung durch die Beklagte zu erkundigen. Während dieses Telefonats habe die Angestellte der Beklagten, Frau H ..., der Klägerin ausdrücklich zugesagt, dass die Beklagte die Behandlungskosten für die Behandlung bei Herrn Prof. Dr. F ... in voller Höhe übernehmen werde. Die Klägerin habe nochmals am 08.02.1996 zusammen mit ihrem Lebensgefährten, Herrn S ..., bei der Beklagten vorgesprochen, um den Antrag zu stellen, ihr diese Behandlung zu finanzieren. Frau H ... habe die Klägerin dahingehend "beschieden", dass sie keinen Antrag zu stellen brauche. Um sicher zu gehen, dass diese Auskunft richtig sei, habe die Angestellte im Beisein der Klägerin mit einer der Klägerin nicht bekannten dritten Person telefoniert und habe dann nochmals bestätigt, dass die Klägerin die Übernahme der Behandlungskosten nicht förmlich zu beantragen brauche, die Beklagte würde die Kosten vollumfänglich übernehmen. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - zur Frage der "Außenseitermethoden" habe die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, da eine schulmedizinisch anerkannte und wirksame Methode zur Behandlung der MS nicht vorhanden sei.
Die Beklagte hat entgegnet, dass eine Leistungszusage durch Frau H ... nicht erfolgt sei, und eine entsprechende Stellungnahme von Frau H ... vom 20.03.1997 vorgelegt. Diese hatte angegeben, am 16.01.1996 persönlich mit der Klägerin in der Geschäftsstelle Zwickau - Mitte allgemein über die Kostenübernahme für nichtzugelassene Arzneimittel gesprochen zu haben. Sie habe die Auskunft erteilt, dass eine Kostenübernahme durch die Beklagte nicht erfolgen könne. Inwieweit der behandelnde Arzt Prof. Dr. N ... F ... genannt worden sei, könne sie nicht mehr mit Sicherheit bestätigen. Die Aussage der Klägerin, sie hätte am 08.02.1996 in Begleitung von Herrn S ... bei ihr in der Betreuungsstelle die mündliche Zusage für die Kostenübernahme erhalten, könne sie nicht bestätigen, da sie an diesem Tag nachweislich in der Bezirksverwaltung Z ... tätig gewesen sei. Ebenfalls entspräche es nicht den Tatsachen, dass sich die Klägerin Anfang Februar 1996 telefonisch mit ihr in Verbindung gesetzt habe. Sie könne nur ein Telefonat vom Dezember 1995 im damaligen Sitz der Bezirksverwaltung R ... Straße bestätigen, in welchem es auch um die Kostenübernahme nichtzugelassener Medikamente gegangen sei. Bei dem von der Klägerin erwähnten Telefonat habe es um einen Leistungsantrag für eine logopädische Behandlung für ihren Sohn A ... gegangen. Im Übrigen hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Versagung der Zulassung eines Medikamentes dessen Verordnungsfähigkeit auch im Bereich der Außenseitermethoden ausschließe.
Das Sozialgericht Dresden hat sich mit Beschluss vom 18.09.1996 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Chemnitz (SG) verwiesen (Bl. 21 SG-Akte).
Das SG hat auf mündliche Verhandlung mit Urteil vom 13.07.2000 die Klage abgewiesen. Eine Kostenerstattung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht möglich, da es sich bei der privatärztlichen Behandlung durch Prof. Dr. F ... um eine nicht anerkannte Behandlungsmethode mit einem vom zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht zugelassenes Arzneimittel gehandelt habe. Daher fehle es an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der durchgeführten Therapie. Einen Leistungsanspruch gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen der von der Klägerin behaupteten Zusicherung der Leistungsübernahme durch die Sachbearbeiterin bestehe nicht, da diese zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfe. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch sei nicht gegeben, da der Klägerin die Leistung nach materiellem Sozialrecht des SGB V nicht zustehe. Für die Geltendmachung eines eventuellen Schadensersatzanspruches wegen einer mündlich fehlerhaften Zusage fehle es an der sozialgerichtlichen Zuständigkeit.
Gegen das am 21.08.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.09.2000 unter Vorlage einer Prozessvollmacht eingelegte Berufung der Klägerin. Da sie an einer seltenen Krankheit leide und andere Behandlungsmöglichkeiten gescheitert seien, müsse die Krankenkasse auch die Therapie für ein Medikament bezahlen, das für diese Indikation noch nicht zugelassen sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Therapie, wie hier, sowohl vom Zeitraum als auch von den Kosten her, überschaubar sei. Jedenfalls aber bestehe der Leistungsanspruch gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X wegen der von der Beklagten erklärten Leistungsübernahme durch die Sachbearbeiterin der Beklagten. Rechtsfehlerhaft habe das SG den Leistungsanspruch verneint unter Hinweis auf die fehlende Schriftform. Es habe sich hierbei nicht um eine Zusicherung gehandelt. Vielmehr habe die Angestellte der Beklagten, Frau H ..., die Klägerin dahingehend beschieden, dass die Kosten der Behandlung bei Prof. Dr. F ... übernommen werden würden. Hierbei handele es sich um einen mündlichen, begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.07.2000 und den Bescheid vom 17.04.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.1996 aufzuheben und die Beklagte zur Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung der Behandlung der Klägerin für die Behandlung bei Prof. Dr. N ... F ..., M ..., zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Die Ausführungen der Klägerin zur Kostentragung außervertraglicher Behandlungsmethoden seien durch die Entscheidung des BSG vom 16.09.1997 (Az: 1 KR 28/95) überholt. Danach seien die sog. neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen sie als zweckmäßig anerkannt habe. Etwas anderes gelte nur, wenn die fehlende Anerkennung auf einen Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruhe. Dies sei hier aber nicht der Fall. Weder sei ein Wirksamkeitsnachweis der Therapie erbracht worden, noch habe sich die Methode in der medizinischen Praxis durchgesetzt.
Der Senat hat den Versagungsbescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 25.04.1995 beigezogen und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A ... H ... und D ... H ... S ... Auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 98 ff. der LSG-Akte) wird wegen des Inhalts der Aussagen Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, erweist sich in der Sache jedoch als unbegründet.
Der von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 17.04.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.1996 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Versorgung mit dem Medikament DSG. Eine Anspruchsgrundlage hierfür ist nicht gegeben.
Die Klage ist zulässig. Zwar wurde seitens der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren entgegen der Vorschrift des § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG keine schriftliche Vollmacht zu den Akten gereicht. Diese hätte dem SG spätestens zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vorliegen müssen. Bis zu diesem Zeitpunkt haben indes weder die Rechtsanwälte M ... und Kollegen noch die Klägerin selbst dem SG eine Prozessvollmacht vorgelegt. Dieses ist vielmehr erst mit Einreichung der Berufungsschrift erfolgt. Hierdurch wurde aber der Mangel des Fehlens der Prozessvollmacht im erstinstanzlichen Verfahren geheilt. Eine Heilung des Mangels der fehlenden Vollmacht in der Rechtsmittelinstanz ist dann möglich, wenn in der Vorinstanz keine Frist für die Einreichung der Vollmacht gesetzt oder trotz Fehlens der Vollmacht in der Sache entschieden wurde (vgl. Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17.04.1984 - Az: 2/83 = SozR 1500 § 73 Nr. 4; BSG, Urteil vom 23.01.1986 - 11a RA 34/85; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl., § 73 Rdz. 18).
Das SG hatte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Aufforderung zur Klagebegründung zur Prozessführung einstweilen zugelassen (vgl. § 89 ZPO i. V. m. § 202 SGG). Dabei hat es zwar zugleich um Vorlage der Vollmacht gebeten, ohne jedoch dafür eine Frist zu setzen. Die Klägerin konnte daher nach dem Erlass des erstinstanzlichen Urteils den Mangel noch im Berufungsverfahren durch die Genehmigung der Prozessführung, die durch die Vollmachtserteilung erfolgte, heilen. Im Übrigen hat das SG in der Sache entschieden.
Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet. Das SG hat den Kostenerstattungsanspruch zu Recht abgelehnt.
Da sich die Klägerin bei einem nicht zur Versorgung von Kassenpatienten zugelassenen Arzt mit dem Medikament DSG behandeln ließ, kommt als gesetzlich normierte Anspruchsgrundlage nur § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Danach hat die Krankenkasse, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, dem Versicherten die für die Beschaffung der Leistung entstandenen Kosten zu erstatten. Zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand und dem Nachteil des Versicherten (der Kostenlast) muss ein Kausalzusammenhang bestehen, ohne den die Bedingungen des § 13 Abs. 3 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz nicht erfüllt ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.1997 - 1 RK 31/96-). Dies bedeutet einmal, dass die Krankenkasse nur für solche Leistungen aufzukommen hat, die sie auch bei rechtzeitiger bzw. ordnungsgemäßer Bereitstellung der geschuldeten Behandlung hätte gewähren müssen. Die selbst beschaffte Leistung muss also ihrer Art nach zu den Leistungen gehören, welche die gesetzliche Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.1998 - B 1 KR 19/96 R m.w.N. -).
Bei Zugrundelegung dieser rechtlichen Kriterien ist für den geltend gemachten Anspruch kein Raum. Die von der Klägerin selbst beschaffte Leistung, die Behandlung mit dem Medikament DSG, gehört ihrer Art nicht zu den Leistungen, welche die gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. auch Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 23.02.2000 - Az: L 4 KR 56/98). Die Beklagte hat nicht für ein Arzneimittel und damit auch nicht für die im Rahmen der Behandlung mit dem Arzneimittel entstandenen Behandlungskosten aufzukommen, wenn dem Arzneimittel die Zulassung versagt wurde. Zwar sind die gesetzlichen Krankenkassen nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich verpflichtet, ihre Versicherten mit den für eine Behandlung notwendigen Medikamenten zu versorgen. Diese Verpflichtung unterliegt aber den Einschränkungen gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB V. Danach umfasst die Versorgung mit Arzneimitteln nur solche Leistungen, die für die Behandlung zweckmäßig oder wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Das SG geht daher zu Recht davon aus, dass es an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Arzneimitteltherapie fehlt, wenn das verwendete Medikament nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedarf und die Zulassung nicht erteilt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.1998 a.a.O.). Die arzneimittelrechtliche Zulassung entspricht den Mindestanforderungen, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung an eine wirtschaftliche und zweckmäßige Verordnungsweise zu stellen ist (BSGE 72, 253, 258 f.).
Für das bei der Klägerin eingesetzte Präparat DSG ist eine arzneimittelrechtliche Zulassung erforderlich, da es sich um ein Fertigarzneimittel handelt, welches im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht wird (§ 4 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes). Eine derartige Zulassung ist von dem früheren Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit Bescheid vom 25.04.1995 versagt worden. Die Versagung bezieht sich zwar auf das Arzneimittel Immodul. Dieses enthält aber gerade den Wirkstoff Deoxyspergualin, mit dem die Klägerin behandelt wurde.
Soweit sich die Klägerin auf die Rechtsprechung zu den so genannten Außenseitermethoden beruft, weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass diese Rechtsprechung durch die Entscheidung des BSG vom 16.09.1997 (Az.: 1 RK 28/95) und die auf dieser Grundlage ergangenen Folgeentscheidungen zu den so genannten neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden überholt ist. Das SG führt zutreffend aus, dass gemäß § 135 Abs. 1 SGB V neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Behandlung nur erbracht werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der neuen Methode abgegeben hat. Der Vorbehalt des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V gilt auch für neuartige Arzneimitteltherapien (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.1998 a.a.O.) und damit auch für die Therapie mit dem Medikament DSG. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat ausdrücklich anschließt, würde eine Ausklammerung der Pharmako-Therapien aus dem Konzept der Qualitätssicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung dem Sinn und Zweck des gesetzlichen Regelungskonzepts widersprechen. Denn durch das Erfordernis der vorherigen Prüfung und Anerkennung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden soll die Qualität nicht nur der ärztlichen Leistungen im engeren Sinne, sondern aller für die vertragsärztlichen Versorgung relevanten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen gewährleistet werden (BSG, a.a.O.). Da der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den von ihm zu erlassenden Richtlinien keine Empfehlung für die Therapie mit dem hier in Streit stehenden Medikament gegeben hat, bestand auch im Hinblick hierauf keine Verpflichtung der Beklagten, die Behandlung mit dem Medikament DSG als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für diese Behandlung zu übernehmen.
Ein Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruch auf der Grundlage der von der Klägerin behaupteten Kostenübernahmeerklärung der Beklagten besteht ebensowenig. Eine solche Erklärung in Gestalt eines bewilligenden Verwaltungsaktes, der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X auch mündlich erfolgen kann, ist nicht nachgewiesen.
Der Senat konnte unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Zeugin H ... für die Beklagte eine derartige Erklärung abgegeben hat. Nach dem Vortrag der Klägerin soll die Zeugin H ... die Kostenübernahme sowohl telefonisch im Dezember 1995 als auch bei einem persönlichen Gespräch am 08.02.1996, bei dem der Zeuge S ... anwesend gewesen seien soll, erklärt haben. Die Zeugin H ... hat hingegen ausgesagt, die Klägerin im Dezember 1995 darüber informiert zu haben, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei, weil das Medikament nicht zugelassen sei. Der Zeuge S ... will zwar Inhalt und das Ergebnis des Telefonats, das es kein Problem sei, zur dortigen Behandlung (bei Prof. Dr. F ...) zu reisen, an der Reaktion der Klägerin und dem mit ihr nachfolgenden Gespräch festgestellt haben. Der Zeuge hat den Gesprächspartner der Klägerin indes selbst nicht gehört. Da der Zeuge den Wortlaut des Telefongesprächs unmittelbar nicht mitbekommen hat, hält der Senat den Beweiswert der Aussage insoweit für gering. Sie ist insbesondere nicht geeignet, die Erklärung der Zeugin H ... zu widerlegen. Im Übrigen hält es der Senat für wenig wahrscheinlich, dass die Zeugin H ... auf erstmalige Anfrage telefonisch eine derart im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten weitreichende Entscheidung getroffen haben soll. Weder die Zeugin H ... noch der Zeuge S ... haben darüber hinaus ein persönliches Gespräch in der Geschäftsstelle der Beklagten im Februar 1996 bekundet. Nach Aussage der Zeugin H ... fand das einzige persönliche Gespräch mit der Klägerin am 16.01.1996 statt. Der Zeuge S ... konnte sich lediglich erinnern, Mitte/Ende Januar 1996 die Geschäftsstelle der Beklagten zusammen mit der Klägerin aufgesucht zu haben. Ob indes in dem im Januer 1996 stattgefundenen Gespräch eine Kostenübernahme durch die Zeugin H ... bewilligt wurde, lässt sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen.
Folgt man der Aussage der Zeugin H ..., ist eine Kostenübernahme weder in Form einer Zusicherung noch eines bewilligenden Verwaltungsaktes ergangen. Die Zeugin H ... hat in Übereinstimmung mit ihrer schriftlichen Aussage erklärt, dass sie die Klägerin erneut darauf hingewiesen habe, dass das Medikament DSG nicht zugelassen sei und deshalb eine Kostenübernahme nicht erfolgen dürfe. Auch der Aussage des Zeugen S ... lässt sich letztendlich eine Bewilligung der Übernahme der Behandlungskosten nicht mit Gewissheit entnehmen. Dieser hat zunächst erklärt, dass ihnen im Gespräch die Kostenübernahme durch die Beklagte zugesichert worden sei. Die Mitarbeiterin der Beklagten - an der sich der Zeuge nicht mehr erinnerte - habe geäußert, die Behandlung mit DSG bei diesem Arzt in M ... sei kein Problem. Die Rechnung sollte dann der Beklagten vorgelegt werden. Den genauen Wortlaut der Erklärung der Mitarbeiterin der Beklagten könne er allerdings nicht mehr wiedergeben. Selbst wenn man die Aussage der Zeugin H ... außer Betracht lässt, ist es nach Aussage des Zeugen S ... sowohl möglich, dass die Bewilligung der Kosten erklärt als auch, dass die die Übernahme der Kosten nur zugesichert worden war. Die bloße Möglichkeit, dass die Kosten- bzw. Leistungsbewilligung erklärt wurde, reicht indes nicht aus. Hierfür ist vielmehr der volle Beweis erforderlich. Die Zusicherung bedurfte indes zu ihrer Wirksamkeit gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Schriftform.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG bestehen nicht.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für Behandlungen durch Prof. Dr. F ... mit dem Medikament Deoxyspergualin (nachfolgend DSG).
Die am ...1962 geborene Klägerin, die bei der Beklagten krankenversichert ist, leidet an Multipler Sklerose (MS). Zunächst wurde die Klägerin mit verschiedenen Medikamenten, z.B. mit Imurek behandelt. Mitte Dezember 1995 fragte sie telefonisch bei der Beklagten erstmalig nach, ob die Beklagte die Kosten für die Behandlung mit dem Medikament DSG übernehme. Anfang 1996 suchte die Klägerin den M ... Arzt Prof. Dr. N ... F ... auf, der sie im Zeitraum vom 12.02.1996 bis 01.08.1996 mit dem Medikament DSG behandelte. Für diese Behandlungen stellte er der Klägerin über 30.000,00 DM in Rechnung.
Mit Schreiben vom 29.02.1996 wandte sich die Klägerin schriftlich an die Beklagte und legte die erste Abschlagsrechnung von Prof. Dr. F ... in Höhe von 10.000,00 DM vor. Sie habe, wie mit der Beklagten abgestimmt, die Behandlung ihrer Krankheit in M ... begonnen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17.04.1996 den Antrag der Klägerin ab, da es sich bei Prof. Dr. F ... um eine "Nichtvertragsarzt-Praxis" handele und somit eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse ausgeschlossen sei. Auch sei dem Wirkstoff DSG mit Bescheid vom 25.04.1995 durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Zulassung wegen fehlendem Wirksamkeitsnachweis verweigert worden. Hiergegen legte die Klägerin am 22.04.1996 Widerspruch ein. Sie sei telefonisch und später persönlich von der Mitarbeiterin der Beklagten Frau H ... beraten worden. In dem persönlichen Gespräch habe Frau H ... gesagt, sie brauche die Behandlung mit dem Medikament DSG nicht zu beantragen. Frau H ... habe nochmals mit jemandem telefoniert, um sicher zu gehen, dass sie hier auch richtig geantwortet habe. Frau H ... habe gesagt, dass sie allerdings die Fahrtkosten nach M ... hin und zurück selbst bezahlen müsse. Damit sei sie einverstanden gewesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.1996 (zugestellt am 16.07.1996) zurück, da ein Anspruch auf Kostenerstattung für das Medikament DSG nach den gesetzlichen Vorschriften nicht bestehe. Auch könne die Geschäftsstelle der Beklagten nicht die Aussage bestätigen, dass eine Leistungszusage erteilt worden sei. Es bestehe keine Veranlassung an der Richtigkeit dieser Angaben der Geschäftsstelle zu zweifeln. Verbindliche Leistungszusagen würden aus Gründen der Rechtsicherheit grundsätzlich schriftlich erteilt werden (vgl. § 34 SGB X).
Am 16.08.1996 hat die Klägerin durch ihren Prozeßbevollmächtigten beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben, ohne eine Prozessvollmacht vorzulegen. Die Behandlung durch Prof. Dr. F ..., der Spezialist der Behandlung von MS sei, sei erfolgt, da kein anderes Medikament angeschlagen habe. Anfang 1996 habe die Klägerin bei der Beklagten angerufen, um sich wegen einer Kostenerstattung durch die Beklagte zu erkundigen. Während dieses Telefonats habe die Angestellte der Beklagten, Frau H ..., der Klägerin ausdrücklich zugesagt, dass die Beklagte die Behandlungskosten für die Behandlung bei Herrn Prof. Dr. F ... in voller Höhe übernehmen werde. Die Klägerin habe nochmals am 08.02.1996 zusammen mit ihrem Lebensgefährten, Herrn S ..., bei der Beklagten vorgesprochen, um den Antrag zu stellen, ihr diese Behandlung zu finanzieren. Frau H ... habe die Klägerin dahingehend "beschieden", dass sie keinen Antrag zu stellen brauche. Um sicher zu gehen, dass diese Auskunft richtig sei, habe die Angestellte im Beisein der Klägerin mit einer der Klägerin nicht bekannten dritten Person telefoniert und habe dann nochmals bestätigt, dass die Klägerin die Übernahme der Behandlungskosten nicht förmlich zu beantragen brauche, die Beklagte würde die Kosten vollumfänglich übernehmen. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - zur Frage der "Außenseitermethoden" habe die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, da eine schulmedizinisch anerkannte und wirksame Methode zur Behandlung der MS nicht vorhanden sei.
Die Beklagte hat entgegnet, dass eine Leistungszusage durch Frau H ... nicht erfolgt sei, und eine entsprechende Stellungnahme von Frau H ... vom 20.03.1997 vorgelegt. Diese hatte angegeben, am 16.01.1996 persönlich mit der Klägerin in der Geschäftsstelle Zwickau - Mitte allgemein über die Kostenübernahme für nichtzugelassene Arzneimittel gesprochen zu haben. Sie habe die Auskunft erteilt, dass eine Kostenübernahme durch die Beklagte nicht erfolgen könne. Inwieweit der behandelnde Arzt Prof. Dr. N ... F ... genannt worden sei, könne sie nicht mehr mit Sicherheit bestätigen. Die Aussage der Klägerin, sie hätte am 08.02.1996 in Begleitung von Herrn S ... bei ihr in der Betreuungsstelle die mündliche Zusage für die Kostenübernahme erhalten, könne sie nicht bestätigen, da sie an diesem Tag nachweislich in der Bezirksverwaltung Z ... tätig gewesen sei. Ebenfalls entspräche es nicht den Tatsachen, dass sich die Klägerin Anfang Februar 1996 telefonisch mit ihr in Verbindung gesetzt habe. Sie könne nur ein Telefonat vom Dezember 1995 im damaligen Sitz der Bezirksverwaltung R ... Straße bestätigen, in welchem es auch um die Kostenübernahme nichtzugelassener Medikamente gegangen sei. Bei dem von der Klägerin erwähnten Telefonat habe es um einen Leistungsantrag für eine logopädische Behandlung für ihren Sohn A ... gegangen. Im Übrigen hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Versagung der Zulassung eines Medikamentes dessen Verordnungsfähigkeit auch im Bereich der Außenseitermethoden ausschließe.
Das Sozialgericht Dresden hat sich mit Beschluss vom 18.09.1996 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Chemnitz (SG) verwiesen (Bl. 21 SG-Akte).
Das SG hat auf mündliche Verhandlung mit Urteil vom 13.07.2000 die Klage abgewiesen. Eine Kostenerstattung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht möglich, da es sich bei der privatärztlichen Behandlung durch Prof. Dr. F ... um eine nicht anerkannte Behandlungsmethode mit einem vom zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht zugelassenes Arzneimittel gehandelt habe. Daher fehle es an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der durchgeführten Therapie. Einen Leistungsanspruch gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen der von der Klägerin behaupteten Zusicherung der Leistungsübernahme durch die Sachbearbeiterin bestehe nicht, da diese zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfe. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch sei nicht gegeben, da der Klägerin die Leistung nach materiellem Sozialrecht des SGB V nicht zustehe. Für die Geltendmachung eines eventuellen Schadensersatzanspruches wegen einer mündlich fehlerhaften Zusage fehle es an der sozialgerichtlichen Zuständigkeit.
Gegen das am 21.08.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.09.2000 unter Vorlage einer Prozessvollmacht eingelegte Berufung der Klägerin. Da sie an einer seltenen Krankheit leide und andere Behandlungsmöglichkeiten gescheitert seien, müsse die Krankenkasse auch die Therapie für ein Medikament bezahlen, das für diese Indikation noch nicht zugelassen sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Therapie, wie hier, sowohl vom Zeitraum als auch von den Kosten her, überschaubar sei. Jedenfalls aber bestehe der Leistungsanspruch gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X wegen der von der Beklagten erklärten Leistungsübernahme durch die Sachbearbeiterin der Beklagten. Rechtsfehlerhaft habe das SG den Leistungsanspruch verneint unter Hinweis auf die fehlende Schriftform. Es habe sich hierbei nicht um eine Zusicherung gehandelt. Vielmehr habe die Angestellte der Beklagten, Frau H ..., die Klägerin dahingehend beschieden, dass die Kosten der Behandlung bei Prof. Dr. F ... übernommen werden würden. Hierbei handele es sich um einen mündlichen, begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.07.2000 und den Bescheid vom 17.04.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.1996 aufzuheben und die Beklagte zur Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung der Behandlung der Klägerin für die Behandlung bei Prof. Dr. N ... F ..., M ..., zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Die Ausführungen der Klägerin zur Kostentragung außervertraglicher Behandlungsmethoden seien durch die Entscheidung des BSG vom 16.09.1997 (Az: 1 KR 28/95) überholt. Danach seien die sog. neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen sie als zweckmäßig anerkannt habe. Etwas anderes gelte nur, wenn die fehlende Anerkennung auf einen Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruhe. Dies sei hier aber nicht der Fall. Weder sei ein Wirksamkeitsnachweis der Therapie erbracht worden, noch habe sich die Methode in der medizinischen Praxis durchgesetzt.
Der Senat hat den Versagungsbescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 25.04.1995 beigezogen und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A ... H ... und D ... H ... S ... Auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 98 ff. der LSG-Akte) wird wegen des Inhalts der Aussagen Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, erweist sich in der Sache jedoch als unbegründet.
Der von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 17.04.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.1996 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Versorgung mit dem Medikament DSG. Eine Anspruchsgrundlage hierfür ist nicht gegeben.
Die Klage ist zulässig. Zwar wurde seitens der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren entgegen der Vorschrift des § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG keine schriftliche Vollmacht zu den Akten gereicht. Diese hätte dem SG spätestens zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vorliegen müssen. Bis zu diesem Zeitpunkt haben indes weder die Rechtsanwälte M ... und Kollegen noch die Klägerin selbst dem SG eine Prozessvollmacht vorgelegt. Dieses ist vielmehr erst mit Einreichung der Berufungsschrift erfolgt. Hierdurch wurde aber der Mangel des Fehlens der Prozessvollmacht im erstinstanzlichen Verfahren geheilt. Eine Heilung des Mangels der fehlenden Vollmacht in der Rechtsmittelinstanz ist dann möglich, wenn in der Vorinstanz keine Frist für die Einreichung der Vollmacht gesetzt oder trotz Fehlens der Vollmacht in der Sache entschieden wurde (vgl. Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17.04.1984 - Az: 2/83 = SozR 1500 § 73 Nr. 4; BSG, Urteil vom 23.01.1986 - 11a RA 34/85; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl., § 73 Rdz. 18).
Das SG hatte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Aufforderung zur Klagebegründung zur Prozessführung einstweilen zugelassen (vgl. § 89 ZPO i. V. m. § 202 SGG). Dabei hat es zwar zugleich um Vorlage der Vollmacht gebeten, ohne jedoch dafür eine Frist zu setzen. Die Klägerin konnte daher nach dem Erlass des erstinstanzlichen Urteils den Mangel noch im Berufungsverfahren durch die Genehmigung der Prozessführung, die durch die Vollmachtserteilung erfolgte, heilen. Im Übrigen hat das SG in der Sache entschieden.
Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet. Das SG hat den Kostenerstattungsanspruch zu Recht abgelehnt.
Da sich die Klägerin bei einem nicht zur Versorgung von Kassenpatienten zugelassenen Arzt mit dem Medikament DSG behandeln ließ, kommt als gesetzlich normierte Anspruchsgrundlage nur § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Danach hat die Krankenkasse, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, dem Versicherten die für die Beschaffung der Leistung entstandenen Kosten zu erstatten. Zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand und dem Nachteil des Versicherten (der Kostenlast) muss ein Kausalzusammenhang bestehen, ohne den die Bedingungen des § 13 Abs. 3 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz nicht erfüllt ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.1997 - 1 RK 31/96-). Dies bedeutet einmal, dass die Krankenkasse nur für solche Leistungen aufzukommen hat, die sie auch bei rechtzeitiger bzw. ordnungsgemäßer Bereitstellung der geschuldeten Behandlung hätte gewähren müssen. Die selbst beschaffte Leistung muss also ihrer Art nach zu den Leistungen gehören, welche die gesetzliche Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.1998 - B 1 KR 19/96 R m.w.N. -).
Bei Zugrundelegung dieser rechtlichen Kriterien ist für den geltend gemachten Anspruch kein Raum. Die von der Klägerin selbst beschaffte Leistung, die Behandlung mit dem Medikament DSG, gehört ihrer Art nicht zu den Leistungen, welche die gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. auch Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 23.02.2000 - Az: L 4 KR 56/98). Die Beklagte hat nicht für ein Arzneimittel und damit auch nicht für die im Rahmen der Behandlung mit dem Arzneimittel entstandenen Behandlungskosten aufzukommen, wenn dem Arzneimittel die Zulassung versagt wurde. Zwar sind die gesetzlichen Krankenkassen nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich verpflichtet, ihre Versicherten mit den für eine Behandlung notwendigen Medikamenten zu versorgen. Diese Verpflichtung unterliegt aber den Einschränkungen gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB V. Danach umfasst die Versorgung mit Arzneimitteln nur solche Leistungen, die für die Behandlung zweckmäßig oder wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Das SG geht daher zu Recht davon aus, dass es an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Arzneimitteltherapie fehlt, wenn das verwendete Medikament nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedarf und die Zulassung nicht erteilt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.1998 a.a.O.). Die arzneimittelrechtliche Zulassung entspricht den Mindestanforderungen, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung an eine wirtschaftliche und zweckmäßige Verordnungsweise zu stellen ist (BSGE 72, 253, 258 f.).
Für das bei der Klägerin eingesetzte Präparat DSG ist eine arzneimittelrechtliche Zulassung erforderlich, da es sich um ein Fertigarzneimittel handelt, welches im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht wird (§ 4 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes). Eine derartige Zulassung ist von dem früheren Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit Bescheid vom 25.04.1995 versagt worden. Die Versagung bezieht sich zwar auf das Arzneimittel Immodul. Dieses enthält aber gerade den Wirkstoff Deoxyspergualin, mit dem die Klägerin behandelt wurde.
Soweit sich die Klägerin auf die Rechtsprechung zu den so genannten Außenseitermethoden beruft, weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass diese Rechtsprechung durch die Entscheidung des BSG vom 16.09.1997 (Az.: 1 RK 28/95) und die auf dieser Grundlage ergangenen Folgeentscheidungen zu den so genannten neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden überholt ist. Das SG führt zutreffend aus, dass gemäß § 135 Abs. 1 SGB V neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Behandlung nur erbracht werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der neuen Methode abgegeben hat. Der Vorbehalt des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V gilt auch für neuartige Arzneimitteltherapien (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.1998 a.a.O.) und damit auch für die Therapie mit dem Medikament DSG. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat ausdrücklich anschließt, würde eine Ausklammerung der Pharmako-Therapien aus dem Konzept der Qualitätssicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung dem Sinn und Zweck des gesetzlichen Regelungskonzepts widersprechen. Denn durch das Erfordernis der vorherigen Prüfung und Anerkennung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden soll die Qualität nicht nur der ärztlichen Leistungen im engeren Sinne, sondern aller für die vertragsärztlichen Versorgung relevanten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen gewährleistet werden (BSG, a.a.O.). Da der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den von ihm zu erlassenden Richtlinien keine Empfehlung für die Therapie mit dem hier in Streit stehenden Medikament gegeben hat, bestand auch im Hinblick hierauf keine Verpflichtung der Beklagten, die Behandlung mit dem Medikament DSG als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für diese Behandlung zu übernehmen.
Ein Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruch auf der Grundlage der von der Klägerin behaupteten Kostenübernahmeerklärung der Beklagten besteht ebensowenig. Eine solche Erklärung in Gestalt eines bewilligenden Verwaltungsaktes, der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X auch mündlich erfolgen kann, ist nicht nachgewiesen.
Der Senat konnte unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Zeugin H ... für die Beklagte eine derartige Erklärung abgegeben hat. Nach dem Vortrag der Klägerin soll die Zeugin H ... die Kostenübernahme sowohl telefonisch im Dezember 1995 als auch bei einem persönlichen Gespräch am 08.02.1996, bei dem der Zeuge S ... anwesend gewesen seien soll, erklärt haben. Die Zeugin H ... hat hingegen ausgesagt, die Klägerin im Dezember 1995 darüber informiert zu haben, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei, weil das Medikament nicht zugelassen sei. Der Zeuge S ... will zwar Inhalt und das Ergebnis des Telefonats, das es kein Problem sei, zur dortigen Behandlung (bei Prof. Dr. F ...) zu reisen, an der Reaktion der Klägerin und dem mit ihr nachfolgenden Gespräch festgestellt haben. Der Zeuge hat den Gesprächspartner der Klägerin indes selbst nicht gehört. Da der Zeuge den Wortlaut des Telefongesprächs unmittelbar nicht mitbekommen hat, hält der Senat den Beweiswert der Aussage insoweit für gering. Sie ist insbesondere nicht geeignet, die Erklärung der Zeugin H ... zu widerlegen. Im Übrigen hält es der Senat für wenig wahrscheinlich, dass die Zeugin H ... auf erstmalige Anfrage telefonisch eine derart im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten weitreichende Entscheidung getroffen haben soll. Weder die Zeugin H ... noch der Zeuge S ... haben darüber hinaus ein persönliches Gespräch in der Geschäftsstelle der Beklagten im Februar 1996 bekundet. Nach Aussage der Zeugin H ... fand das einzige persönliche Gespräch mit der Klägerin am 16.01.1996 statt. Der Zeuge S ... konnte sich lediglich erinnern, Mitte/Ende Januar 1996 die Geschäftsstelle der Beklagten zusammen mit der Klägerin aufgesucht zu haben. Ob indes in dem im Januer 1996 stattgefundenen Gespräch eine Kostenübernahme durch die Zeugin H ... bewilligt wurde, lässt sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen.
Folgt man der Aussage der Zeugin H ..., ist eine Kostenübernahme weder in Form einer Zusicherung noch eines bewilligenden Verwaltungsaktes ergangen. Die Zeugin H ... hat in Übereinstimmung mit ihrer schriftlichen Aussage erklärt, dass sie die Klägerin erneut darauf hingewiesen habe, dass das Medikament DSG nicht zugelassen sei und deshalb eine Kostenübernahme nicht erfolgen dürfe. Auch der Aussage des Zeugen S ... lässt sich letztendlich eine Bewilligung der Übernahme der Behandlungskosten nicht mit Gewissheit entnehmen. Dieser hat zunächst erklärt, dass ihnen im Gespräch die Kostenübernahme durch die Beklagte zugesichert worden sei. Die Mitarbeiterin der Beklagten - an der sich der Zeuge nicht mehr erinnerte - habe geäußert, die Behandlung mit DSG bei diesem Arzt in M ... sei kein Problem. Die Rechnung sollte dann der Beklagten vorgelegt werden. Den genauen Wortlaut der Erklärung der Mitarbeiterin der Beklagten könne er allerdings nicht mehr wiedergeben. Selbst wenn man die Aussage der Zeugin H ... außer Betracht lässt, ist es nach Aussage des Zeugen S ... sowohl möglich, dass die Bewilligung der Kosten erklärt als auch, dass die die Übernahme der Kosten nur zugesichert worden war. Die bloße Möglichkeit, dass die Kosten- bzw. Leistungsbewilligung erklärt wurde, reicht indes nicht aus. Hierfür ist vielmehr der volle Beweis erforderlich. Die Zusicherung bedurfte indes zu ihrer Wirksamkeit gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Schriftform.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG bestehen nicht.
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