L 6 LW 12/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 2 LW 35/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 12/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 24. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aussparung von Erhöhungen des Ausgleichsgeldes nach § 10 Abs. 3 Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG).

Die am ... geborene Klägerin arbeitete seit 1983 als Raumpflegerin und Küchenhilfe in der Landwirtschaft; zunächst bei der LPG (T) "T ... M ..." F ..., seit dem 01.10.1991 dann für die C ...Agrar GmbH & Co. KG. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 01.08.1994 zum 28.02.1995. In dem Kündigungsschreiben heißt es unter anderem:

"Die Kündigung beruht auf den Ausführungen der Richtlinie EWG Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992."

Mit Antrag vom 08.02.1995 begehrte die Klägerin die Gewährung von Ausgleichsgeld.

Die frühere Arbeitgeberin der Klägerin bewirtschaftete zum 01.07.1992 ca. 1.300 ha. Durch Zupachtungen erhöhte sich die Nutzfläche auf über 2.000 ha seit 1993. Das Unternehmen nahm in der Zeit von 1993 bis 1997 an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 teil. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) entwickelten sich wie folgt:

Jahr Gesamtfläche Still.Fläche
1993 2.031,27 236,02
1994 2.141,18 338,68
1995 2.149,95 374,74
1996 2.140,61 276,20
1997 2.131,96 158,85

Ferner beteiligte sich die C ... Agrar GmbH & Co. KG seit 1994 am Kulturlandschaftsprogramm in Form von 90,73 ha Grünlandnutzung mit reduziertem Mitteleinsatz, 148,25 ha extensiver Weidennutzung sowie 131,94 ha später Schnittnutzung. Ausweislich des vom Betrieb ausgefüllten Fragebogens "zum Nachweis der Arbeitskräfteeinsparung im Zusammenhang mit dem Kulturlandschaftsprogramm" wirkte sich die KULAP-Teilnahme erstmalig 1996 auf den Arbeitskräftebedarf aus.

Der Rinderbestand entwickelte sich wie folgt (Angaben in Großvieheinheiten - GVE):

1992 1.253 GVE
1993 1.040 GVE
1994 899 GVE
1995 734 GVE
1996 753 GVE

Im Wirtschaftsjahr 1992/1993 beschäftigte das Unternehmen 46 Mitarbeiter, zum 01.07.1994 37 Arbeitskräfte und zum 01.07.1995 noch 28 Arbeitskräfte. Im Wirtschaftsjahr 1994/1995 entließ das Unternehmen 11 Mitarbeiter, im Wirtschaftsjahr 1995/1996 3 Mitarbeiter und im Wirtschaftsjahr 1996/1997 1 Mitarbeiter unter Hinweis auf Flächenstilllegungsmaßnahmen.

Nachdem die frühere Arbeitgeberin der Klägerin mit Schreiben vom 13.04.1995 nochmals bestätigt hatte, dass die Klägerin "auf Grund der EU-Richtlinie" entlassen worden sei, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 02.05.1995 mit Wirkung vom 01.03.1995 Ausgleichsgeld.

Mit Bescheid vom 24.03.1997 verpflichtete das Sächsische Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie die Beklagte, anhand der Grundsätze, die sich aus den zugleich übermittelten Hinweisen ergaben, eine Überprüfung der bereits bewilligten Ausgleichsgelder vorzunehmen. Im Ergebnis dieser Überprüfung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 10.06.1998 gegenüber der Klägerin fest, dass der Bescheid vom 02.05.1995 über die Bewilligung von Ausgleichsgeld rechtswidrig begünstigend ergangen sei; er werde dahingehend abgeändert, dass neu nach § 10 Abs. 3 FELEG festzustellende Leistungen nicht über den Betrag hinausgehend dürften, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergebe. Ein Ausgleichsgeldanspruch bestehe nur dann, wenn die Entlassung eines Arbeitnehmers durch Stilllegung landwirtschaftlicher Nutzfläche verursacht sei. Für die Zahl der ausgleichsgeldberechtigt entlassenen Arbeitnehmer sei die Gesamtfläche des Betriebes, die Größe der stillgelegten Fläche und die Gesamtbeschäftigtenzahl maßgebend. Der maximale Anteil der Arbeitskräfte, die bei der Entlassung Anspruch auf Ausgleichsgeld hätten, ergebe sich für jedes Jahr aus dem Verhältnis der stillgelegten zur gesamten Fläche. Der dadurch ermittelte Stilllegungskoeffizient sei auf die Gesamtbeschäftigten zu übertragen. Maßgebliche kausale Stilllegung könne für die Klägerin nur die des Jahres 1995 sein. Für dieses Stilllegungsjahr habe sich eine grundsätzliche Berechtigung für den Bezug von Ausgleichsgeld für eine Person ergeben. Da bereits für diese Anzahl von ehemaligen Mitarbeitern des früheren Arbeitgebers Ausgleichsgeld bewilligt worden sei, sei die Quote der anspruchsberechtigten Personen für dieses Stilllegungsjahr ausgeschöpft. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin könne deshalb nicht der Stilllegung von Flächen im Sinne des FELEG zugerechnet werden. Sie stehe auch nicht im Zusammenhang mit der Teilnahme des ehemaligen Arbeitgebers am Sächsischen Kulturlandschaftsprogramm. Da Ausgleichsgeld nicht gewährt werden könnte, sei der Bescheid vom 02.05.1995 rechtswidrig ergangen. Er könne jedoch nicht gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen werden, da seit seiner Bekanntgabe mehr als 2 Jahre vergangen seien, § 45 Abs. 3 SGB X. Gemäß § 48 Abs. 3 SGB X sei das Ausgleichsgeld jedoch von künftigen Erhöhungen auszusparen.

Die Beklagte stellte in weiteren Fällen ehemaliger Mitarbeiter der C ... Agrar GmbH & Co. KG ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Ausgleichsgeldbewilligung fest. Den von ihr errechneten Quotenplatz für das Stilllegungsjahr 1995 wies sie einem Arbeitnehmer zu, der von dem Betrieb zum 31.12.1994 entlassen worden war.

Gegen den Bescheid vom 10.06.1998 erhob die Klägerin mit Schreiben vom 16.06.1998 Widerspruch. Sie erfülle alle Voraussetzungen für die Gewährung des Ausgleichsgeldes. Unverständlich sei, dass die Beklagte erst nach Auslaufen des FELEG von veränderten Berechnungsgrundlagen ausgehe. Für den Anspruch auf Ausgleichsgeld sei es ausreichend, wenn der frühere Arbeitgeber den Kausalzusammenahng zwischen Flächenstilllegung und Entlassung bestätige. An die Ursächlichkeit der Stilllegung für das Ausscheiden aus dem Betrieb dürften keine strengen Anforderungen gestellt werden. Sie erwarte Bestandsschutz.

Die Beklagte holte mit Schreiben vom 30.06.1998 die bis dahin unterbliebene Anhörung der Klägerin nach § 24 SGB X nach. Hierin verdeutlichte die Beklagte nochmals, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Entlassung der Klägerin und Flächenstilllegungs-/Extensivierungsmaßnahmen nicht anzunehmen sei, da zum Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin die betrieblich noch mit Stilllegungsmaßnahmen zu begründende Anzahl von Entlassungen bereits erfolgt gewesen sei. Der ehemalige Betrieb der Klägerin habe keine besonderen Gründe dargelegt, die einen zusätzlichen Arbeitsplatzabbau rechtfertigen könnten.

Mit Schreiben vom 08.07.1998 wiederholte die Klägerin im wesentlichen ihre Ausführungen vom Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.06.1998. Im Vertrauen auf die Zusage eines positiven Bewilligungsbescheides habe sie auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Auf den Bewilligungsbescheid vertrauend sei sie finanzielle Verpflichtungen eingegangen; so habe die Familie Modernisierungsarbeiten am Wohnhaus in Höhe von ca. 25.000 DM durchgeführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.1998 wies die Beklagte den Rechtsbehelf der Klägerin zurück und bestätigte ihren Bescheid vom 10.06.1998. Auch das Vorbringen während des Widerspruchsverfahrens lasse eine andere Beurteilung nicht zu.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer am 25.08.1998 beim Sozialgericht (SG) Dresden eingegangenen Klage vom 24.08.1998. Das Gesetz fordere weder eine Quote noch einen zeitlichen Zusammenhang. Die Beklagte habe bisher nicht widerlegen können, dass die Kündigung der Klägerin durch Maßnahmen nach § 13 Abs. 1 FELEG begründet worden sei. Mehrfache plausible Erklärungen durch den Arbeitgeber der Klägerin über die Kündigungsgründe seien von der Beklagten nicht ausreichend gewürdigt worden.

Das SG holte eine Stellungnahme der C ... Agrar GmbH & Co. KG ein. Diese teilte mit, dass der Abbau des Kantinenpersonals wegen der gesamten Entlassungen durch die Stilllegung notwendig gewesen sei. Es seien auch Entlassungen aus Rationalisierungsgründen ausgesprochen worden. Besonders in den ersten zwei Jahren nach der Umwandlung der LPG in den jetzigen Betrieb seien sehr viele Arbeitskräfte entlassen worden, da verschiedene Bereiche (z. B. Werkstatt, Baubrigade, überdimensionale Leitung und Verwaltung, Küche und Kantine, Friseurgeschäft) hätten ausgegliedert werden müssen. In den Jahren 1992/93 bis 1995/96 hätten ca. 25 Arbeitskräfte aus Rationalisierungsgründen den Betrieb verlassen. Weitere Arbeitnehmer seien altersbedingt ausgeschieden. In der mündlichen Verhandlung am 24.01.2001 hörte das SG den Geschäftsführer der C ... Agrar GmbH & Co. KG, Herrn G ..., als Zeugen.

Durch Urteil vom 24.01.2001 wies das SG die Klage ab. Die Aussparung des Ausgleichsgeldes von Erhöhungen nach § 10 Abs. 3 FELEG sei rechtmäßig, da der Bewilligungsbescheid vom 02.05.1995 rechtswidrig ergangen sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Ausgleichsgeld. Die Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses sei nicht kausal auf die vorgenommenen Flächenstilllegungen zurückzuführen. Der Geschäftsführer des Unternehmens habe in seiner Vernehmung erklärt, dass sich die Gesamtfläche des Betriebes vom 01.07.1992 zum 01.07.1993 um ca. 800 ha vergrößert hätte (von ca. 1.300 ha auf ca. 2.100 ha). Da sowohl Stilllegungsfläche als auch die im KULAP einbezogene Fläche die Erhöhung der Gesamtfläche nicht überschritten hätten, könne der Bedarf an Arbeitskräften nicht auf Grund dieser Maßnahmen weggefallen sein. Auch die Teilnahme des Betriebes am umweltgerechten Ackerbau rechtfertige die Entlassung von Arbeitskräften nicht, da hierdurch nur 850 Arbeitskraftstunden hätten eingespart werden können.

Gegen das am 15.03.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.04.2001, beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingegangen am 09.04.2001, Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei der Bewilligungsbescheid vom 02.05.1995 nicht rechtswidrig begünstigend ergangen. Der zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen der Entlassung der Klägerin und den Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen sei zu bejahen. Wenn auf Grund der Stilllegungsmaßnahmen 14 Arbeitskräfte und durch die Teilnahme am KULAP 5 Arbeitskräfte eingespart worden seien, dann falle auch durch die fehlenden Arbeitskräfte notgedrungen der Arbeitsplatz einer Küchenhilfe und Reinigungskraft weg. Die Einsparung an Arbeitskräften durch die KULAP-Teilnahme habe sich nicht bereits 1994 ergeben, sondern wegen des verzögerten Abbaus des Tierbestandes erst 1 Jahr später. Nicht nachvollziehbar und unbegründet sei es, wenn das SG die Flächenstilllegung von 1995 zwar anerkenne, die Zuteilung der Quote jedoch an andere anspruchsberechtigte Personen bestätige. Unklar sei, nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgt sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 24.01.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 30.07.1998 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Ausführungen der Klägerin seien nicht geeignet, das zutreffende Urteil des SG zu widerlegen.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Teilnahme an den Erhöhungen des Ausgleichsgeldes.

Gemäß § 48 Abs. 3 SGB X gilt: Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden und tritt eine Änderung nach Abs. 1 oder 2 zu Gunsten des Betroffenen ein, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergeben würde.

Der Bescheid vom 02.05.1995 ist rechtswidrig begünstigend. Entgegen den Ausführungen in diesem Bescheid steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsgeld gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21.02.1989 (BGBl. I Seite 233), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.12.1998 (BGBl. I, Seite 3843) nicht zu.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung tätig sind, ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Altersicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind. Satz 2 Nr. 1 verlangt darüber hinaus, dass das 55. Lebensjahr vor dem 01.01.1997 vollendet wurde.

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe sonstiger EWG-rechtlicher Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung oder Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzfläche endet.

1. § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG setzt mit den Worten "auf Grund" einen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung oder der Abgabe von Flächen andererseits voraus. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesen Worten aus dogmatischer Sicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (so LSG Thüringen, Urteil vom 26.03.1998, Az. L 2 LW 397/97), weil das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsgrundlage in jedem Fall voller richterlicher Überprüfung zugänglich ist und § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG der Verwaltung ohnehin kein - nur eingeschränkt überprüfbares - Ermessen eröffnet. Zu beachten ist insoweit, dass jeder in einer Rechtsnorm verwendete Begriff in seinem Sinngehalt mehrdeutig und somit unbestimmt ist (vgl. Achterberg, Norbert, Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 2. Auflage, 1986, § 18, Rdnr. 39, S. 341: Der Ausdruck "unbestimmter Rechtsbegriff" sei ein Pleonasmus). Deshalb bedürfen auch die Worte "auf Grund" - wie jedes Tatbestandsmerkmal - der Auslegung (siehe Achterberg, am angegebenen Ort, S. 341 f.; vgl. ferner Forsthoff, Ernst, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band I, Allgmeiner Teil, 10. Auflage 1973, § 5, S. 86: "Die Handhabung rein empirischer Begriffe ist ... Auslegung".) Für die Ermittlung eines Kausalzusammenhangs ist insbesondere im Recht der Sozialversicherung die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung entwickelt worden, welcher sich auch der erkennende Senat anschließt. Im Gegensatz zu der Äquivalenztheorie - wonach alle Ursachen als gleichwertig angesehen werden (sog. conditio sine qua non-Formel) - nimmt die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung eine Bewertung der Ursachen vor und gewichtet sie entsprechend. Damit steht sie der ebenfalls wertenden, im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie nahe. Anders als diese ist sie aber nicht generalisierend und abstrahierend, sondern vielmehr individualisierend und konkretisierend. Sie ermöglicht mithin anhand einer an den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten Wertung eine am Gesetzeszweck orientierte Bestimmung und Begrenzung der Leistungspflicht des Sozialleistungsträgers (vgl. zum Ganzen: Schulin, Bertram, Sozialrecht. Ein Studienbuch, 5. Auflage, 1993, Rn. 337 f.) Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG sind bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage regelmäßig folgende Kriterien zu berücksichtigen:

a) innerer Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe

Hiermit ist der sachliche Grund, also das Motiv für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angesprochen (siehe LSG Thüringen, am angegebenen Ort, und LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.05.1998, Az. L 3 LW 2/97).

b) zeitlicher Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe

Dieses Kriterium meint die zeitliche Komponente: Der zeitliche Zusammenhang kann nur bejaht werden, wenn die Flächenstilllegung/Abgabe und das Ende der Beschäftigung nicht zu weit auseinander liegen (siehe LSG Thüringen und LSG Sachsen-Anhalt, jeweils am angegebenen Ort). Wann dies der Fall ist, wird unterschiedlich eingeschätzt: Der Gesetzgeber hielt die grundsätzliche Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten in einem Gesamtzeitraum von 12 Monaten - Beendigung der Beschäftigung 6 Monate vor und 6 Monate nach der (Teil-)Flächenstilllegung - für plausibel (siehe Bundestags-Drucksache 13/391, Seite 7). Ausnahmsweise könne jedoch auch außerhalb dieses Zeitrahmens der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten geführt werden (siehe Bundestags-Drucksache, am angegebenen Ort). Die Landessozialgerichte Thüringen und Sachsen-Anhalt verneinen den zeitlichen Zusammenhang, sobald zwischen Stilllegung/Abgabe und Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von ca. 2 Jahren liegt (siehe jeweils am angebenen Ort). Nach dem Gesetzeswortlaut ist für die Prüfung des zeitlichen Zusammenhangs stets der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nicht derjenige der Kündigung maßgeblich.

c) Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung/Abgabe freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Unternehmen und dem Verhältnis der in die Stilllegung/Abgabe einbezogenen Fläche zur Gesamtfläche des Unternehmes (siehe Rombach, Wolfgang, Altersicherung der Landwirte, Das neue Recht nach dem Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, 1995, Seite 299, sowie LSG Thüringen, am angegebenen Ort)

Das Verhältnis zwischen Flächenstilllegung und Personalbestand ist für jedes Jahr neu zu bestimmen, in dem die Stilllegungsfläche erhöht wurde. Maßgeblich ist insoweit dann nur die zusätzlich stillgelegte Fläche. Die Praxis der Beklagten, von der Anzahl der Arbeitnehmer vor der ersten Entlassung abzüglich der errechneten Quote vom Vorjahr auszugehen, verkennt, dass Arbeitnehmer regelmäßig nicht nur auf Grund von Flächenstilllegungen entlassen werden. Die von der Beklagten zu Grunde gelegte Fiktion wird somit den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Lehnt man diesen Berechnungsweg jedoch ab, so kann konsequenterweise für die der ersten Stilllegung folgenden Jahre auch nicht auf die ursprüngliche Gesamtbetriebsfläche abgestellt werden. Denn dies macht nur Sinn, wenn die Verhältnismäßigkeit zwischen Fläche und Personal ausschließlich durch Stilllegungen definiert würde. Will man den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden, so ist grundsätzlich für jedes Jahr mit zusätzlicher Flächenstilllegung die jeweils aktuelle Gesamtbetriebsfläche zu berücksichtigen.

Sofern in einem Jahr weniger Arbeitnehmer entlassen wurden, als es unter Proportionalitätsgesichtspunkten der stillgelegten Fläche entsprach, ist eine pauschale Quotenübertragung auf die Folgejahre nicht möglich. Denn es bedarf stets auch des inneren Zusammenhangs zwischen Stilllegung/Abgabe und konkretem Arbeitsplatzverlust (Kriterium unter a).

d) tatsächlicher Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes (siehe LSG Thüringen, am angegebenen Ort, und LSG Brandenburg, Urteil vom 17.03.1999, Az. L 4 LW 1/98)

Vom Gesetzeszweck her dient das Ausgleichsgeld als Ausgleich dafür, dass wegen der Flächenstilllegung/Abgabe der Arbeitsplatz tatsächlich entfällt.

e) Art und Umfang der Beschäftigung der Arbeitnehmers vor der Stilllegung/Abgabe

Hierbei wird die zu prüfende Kausalität bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Flächenbezug (z.B. Tätigkeit im Feldbau) eher zu bejahen sein als bei einer Tätigkeit ohne unmittelbaren Flächenbezug (z.B. Tätigkeit in der Verwaltung oder der Viehproduktion).

Insgesamt gilt, dass nur eine wertende Zusammenschau sämtlicher aufgeführter Kriterien eine dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende Entscheidung ermöglicht (vgl. Bundestags-Drucksache 13/391, Seite 7):

Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber der Ursächlichkeit zwischend der Stilllegung/Abgabe auf der einen Seite und der Beendigung der Beschäftigung auf der anderen Seite erhebliches Gewicht beigemessen hat (siehe Bundestags-Drucksache 11/2972, Seiten 11 f., 16). Dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass der Vorschlag der SPD-Fraktion, auf das Kausalitätserfordernis bei Arbeitnehmern vollständig zu verzichten, vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen wurde (siehe Bundestags-Drucksache 11/3859, Seiten 21 f., und 11/7233, Seiten 11 und 13). Vor diesem Hintergrund erscheint die Auffassung fragwürdig, es dürften keine strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden, vielmehr genüge Mitursächlichkeit (so aber Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen (Hrsg., Stellungnahme zum FELEG, 2. Auflage, 1993, Seiten 172 und 207).

Ebenso wenig vermag die Meinung zu überzeugen, der Kausalitätsnachweis sei bereits erbracht, wenn der Unternehmer bestätige, der Verlust des Arbeitsplatzes sei auf die Stilllegung/Abgabe zurückzuführen, es sei denn es lägen konkrete Erkenntnisse darüber vor, dass die Angabe nicht der Realität entspreche (so jedoch Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, am angegebenen Ort, Seite 207).

Weiterhin ist die Gesamtbetrachtung stets so vorzunehmen, dass besonders schwerwiegende sonstige Umstände eine Ausnahmeentscheidung zulassen ( vgl. Bundestags-Drucksache 13/391, Seiten 7 f.; zum Fall der Zusicherung der Gewährung von Ausgleichsgeld seitens der Verwaltung siehe Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2000, Az. L 4 LW 20/99).

2. Im vorliegenden Fall führt die Anwendung dieser Kriterien zu folgenden Ergebnissen:

a) Die C ... Agrar GmbH & Co. KG beteiligte sich erstmals 1993 an der konjunkturellen Flächenstilllegung. Ein Zusammenhang zwischen der erstmaligen Flächenstilllegung und der Entlassung der Klägerin lässt sich nicht erkennen. Zwar legte das Unternehmen in diesem Jahr 236,02 ha oder 11,62 % der damaligen Gesamtfläche still. Da der Betrieb jedoch zum selben Zeitpunkt die Gesamtfläche durch Zupachtungen von ca. 1.300 ha auf über 2.000 ha vergrößerte, ist nicht davon auszugehen, dass wegen der Flächenstilllegung Personal eingespart werde konnte. Im Übrigen ist die zeitliche Differenz zwischen dem Beginn der Stilllegung zum 15.12.1992 und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.1995 zu lang, um einen Kausalzusammenhang bejahen zu können. Eine pauschale Quotenübertragung ist nicht möglich.

b) Im Jahr 1994 steigerte der Betrieb die Stilllegungsfläche um 102,66 ha. Gleichzeitig vergrößerte sich die Gesamtfläche um 109,91 ha. Die C ... Agrar GmbH & Co. KG hatte also eine geringfügig größere Fläche zu bewirtschaften. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass das Unternehmen wegen der Erweiterung der Stilllegungsfläche Arbeitskräfte einsparen konnte.

c) Auf Grund der Erweiterung der Stilllegungsfläche im Jahr 1995 um 36,06 ha auf 374,74 ha verringerte sich die bewirtschaftete Fläche um 27,3 ha. Bezogen auf die Verringerung der zu bewirtschaftenden Fläche ließe sich rechnerisch der Abbau des Personals um 1,27 % mit der Stilllegungserweiterung begründen. Ausgehend von 37 Arbeitskräften könnte 0,47 oder aufgerundet 1 Entlassung auf diese Maßnahme zurückgeführt werden. Tatsächlich hat die C ... Agrar GmbH & Co. KG im Zeitraum vom 01.07.1994 bis zum 30.06.1995 insgesamt 11 Entlassungen mit Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen begründet. Proportionalitätskriterien sprechen deshalb nicht zwingend für eine Zusammenhang zwischen der Entlassung der Klägerin und der Flächenstilllegung.

Die Klägerin arbeitete als Küchenhilfe und Raumpflegerin. Diese Tätigkeit hatte keinerlei Flächenbezug. Die Entlassung der Klägerin ist auch nicht mittelbar auf die Maßnahmen der Flächenstilllegung zurückzuführen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Arbeitsplatz verloren hat, weil im Unternehmen der Personalbestand flächenstilllegungsbedingt erheblich abgebaut worden war und deshalb weniger Mitarbeiter zu versorgen waren. Die Stilllegung von Flächen wirkt sich vorrangig auf den Personalbedarf im Bereich der Pflanzenproduktion aus. Die Zahl der von der C ... Agrar GmbH & Co. KG beschäftigten Mitarbeiter in der Pflanzenproduktion blieb jedoch in den Jahren 1992/93 bis 1995/96 annähernd gleich. Trotz Erweiterung der Stilllegungsfläche in den Jahren 1994 und 1995 arbeiteten zu diesen Zeiten 15 Arbeitskräfte in der Pflanzenproduktion, 1992/93 und 1995/96 waren es 14 Mitarbeiter. Da die tatsächlich bewirtschaftete Fläche sich von 1992 zu 1993 durch Zupachtungen erheblich vergrößert hatte und seitdem nur im Jahr 1995 noch einmal geringfügig abnahm, ist der gleichbleibende Bestand an Mitarbeitern in der Pflanzenproduktion zu erklären. Damit steht aber auch fest, dass die Teilnahme der C ... Agrar GmbH & Co. KG an der konjunkturellen Flächenstilllegung im Bereich der Pflanzenproduktion nicht zum Arbeitskräfteabbau geführt hat.

Anders entwickelte sich der Bestand an Arbeitskräften im Bereich der Tierproduktion. Während 1992/93 dort noch 27 Mitarbeiter arbeiteten, waren dies 1995/96 nur noch 14 Mitarbeiter. Der Personalabbau ging mit der Reduzierung des Tierbestandes einher. Das Unternehmen hielt 1992 bei den Rindern 1.253 Großvieheinheiten (GVE). Der Bestand reduzierte sich auf 1.040 GVE im Jahr 1993, auf 899 GVE im Jahr 1994, auf 734 GVE im Jahr 1995 und auf 753 GVE im Jahr 1996.

Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass der Abbau des Rinderbestandes seine Ursache in Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen hatte. Denn bereits von 1992 zu 1993 reduzierte sich der Rinderbestand um 213 GVE oder 17 %, obwohl sich die Gesamtfläche des Unternehmens in diesem Zeitraum um mehr als 700 ha vergrößerte, die stilleglegte Fläche demgegenüber nur 236 ha betragen hat. Die These, der Tierbestand sei abgebaut worden, weil weniger Futter wegen der Flächenstilllegung zu Verfügung gestanden hätte, ist angesichts dieser Umstände nicht haltbar. Es ist sicherlich richtig, dass ein Abbau des Tierbestandes auch zu einer Reduzierung der dort beschäftigten Arbeitskräfte führt. Im Zusammenhang mit dem FELEG ist dies aber nur dann von Bedeutung, wenn der Abbau des Tierbestandes seine Ursache in einem verringerten Futteraufkommen hat, dass seinerseits auf Flächenstilllegungen zurückzuführen ist.

Besondere Gründe, die hier ausnahmsweise doch zur Kausalität führen, liegen nicht vor. Wollte man jegliche Mitursächlichkeit ausreichen lassen, gäbe man de facto die im Sozialrecht geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung auf. Alle Ursachen wären dann wie bei der Äquivalenztheorie gleichwertig und eine wertende Betrachtung ausgeschlossen. Dies aber würde dem Gesetzeszweck des FELEG zuwiderlaufen. Andernfalls müsste jeder noch so vage Zusammenhang zwischen Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses und Flächenstilllegung zur Bejahung der Kausalität führen.

Der Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Kausalitätsfrage im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG grundsätzliche Bedeutung hat und eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu noch nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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