Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 2 LW 15/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 39/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 30. März 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Ausgleichsgeld für die Zeit ab dem 01.12.1996.
Der am ... geborene Kläger war in der Zeit vom 01.03.1984 bis zum 31.12.1990 als Betriebsschlosser Mitglied der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft "Clara Zetkin" in ... Vom 01.01.1991 bis zum 31.12.1992 arbeitete er in gleicher Tätigkeit bei der Agrargenossenschaft e.G ... In der Zeit vom 01.01.1993 bis zum 30.11.1994 übte er die Tätigkeit eines Kundendienstmitarbeiters bei der Firma Dr. L ... aus. Zum 01.12.1994 wechselte der Kläger wieder zu der Agrargenossenschaft e.G ..., wo er bis zum 30.11.1996 als Betriebsschlosser arbeitete.
Mit Antrag vom 15.05.1996 begehrte der Kläger die Gewährung von Ausgleichsgeld.
In der Arbeitgeberbescheinigung zum Antrag auf Ausgleichsgeld bestätigte die frühere Arbeitgeberin des Klägers, das Beschäftigungsverhältnis als Schlosser sei wegen Stilllegung von Ackerflächen im Umfang von 86,68 ha bei einer Gesamtfläche von 906,14 ha zum 30.11.1996 beendet worden.
Die frühere Arbeitgeberin des Klägers nahm in der Zeit von 1993 bis 1997 in Form der Rotationsbrache an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 teil. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) betrugen:
Jahr Gesamtfl. Stilll.fl.
1993 906,63 98,07
1994 920,50 111,21
1995 906,14 108,37
1996 905,20 86,68
1997 892,76 41,00.
Die Gesamtzahl der Beschäftigten entwickelte sich seit 1992 wie folgt:
15.06.1992 53 Beschäftigte
15.07.1993 44 "
15.07.1994 42 "
15.07.1995 35 "
15.07.1996 30 ".
Mit Schreiben vom 24.06.1997 teilte die Agrargenossenschaft e.G ... mit, der ständig wechselnde Stilllegungssatz seit 1992 habe für das Unternehmen einen hohen Unsicherheitsfaktor dargestellt. Man habe 1992 bei der Stilllegung mit den schlechtesten Feldern begonnen. In den Folgejahren seien dann immer bessere Flächen stillgelegt worden. Dadurch seien arbeitsintensive Kulturen ausgefallen. Die Stilllegung habe auch Futterflächen betroffen. Folge des Futterflächenentzuges sei der Abbau des Kuhbestandes um 130 Kühe auf 570 Kühe (31.12.1996) gewesen. Die zeitliche Differenz zwischen Stilllegung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger sei mit betriebswirtschaftlichen Bedingungen zu begründen.
Mit Bescheid vom 30.09.1997 wies die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Ausgleichsgeld zurück. Es könne von keiner Entlassung auf Grund einer Flächenstilllegung ausgegangen werden. Wegen der Flächenstilllegung im Jahr 1993 habe sich eine Berechtigung zur Entlassung von sechs Arbeitnehmern ergeben. Trotz Erhöhung der Stilllegungsfläche im Jahr 1994 seien keine weiteren ausgleichsgeldberechtigenden Entlassungen möglich, da gleichzeitig auch die Gesamtfläche erhöht worden sei, so dass die tatsächlich bewirtschaftete Fläche sich nicht verringert habe. Der Beginn der maßgeblichen Stilllegung sei der 15.12.1992. Die Entlassung des Klägers sei jedoch erst zum 30.11.1996 erfolgt. Somit werde der zeitliche Zusammenhang zwischen der Entlassung und dem Beginn der maßgeblichen Stilllegung vom Kläger nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 10.10.1997 Widerspruch ein. In seiner Begründung vom 10.11.1997 berief sich der Kläger auf Vertrauensschutzgesichtspunkte. Er sei wegen der Flächenstilllegung entlassen worden. Ein kausaler Zusammenhang sei vorhanden. Auf Grund einer alten Verletzung und angesichts seines Alters sei er im Hinblick auf die derzeitige Lage auf dem Arbeitsmarkt mit Sicherheit nicht mehr in das Berufsleben einzugliedern. Zur Haltung des Lebensstandards seien er und seine Familie auf das Ausgleichsgeld angewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.1998 wies die Beklagte den Rechtsbehelf des Klägers zurück und bestätigte ihren Bescheid vom 30.09.1997. Es sei keine weitere, den Anspruch auf Gewährung von Ausgleichsgeld rechtfertigende Quote vorhanden. Da das am 30.11.1996 beendete Beschäftigungsverhältnis des Klägers auch nicht ohne weiteres der erstmaligen oder einer später erweiternden Stilllegungsmaßnahme zugeordnet werden könne, sei ein fehlender Zusammenhang zu vermuten mit der Folge, dass Ausgleichsgeld nicht gewährt werden könne.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 19.02.1998 beim Sozialgericht Leipzig eingegangenen Klage vom 16.02.1998. Das Gesetz fordere weder eine Quote noch einen zeitlichen Zusammenhang. Der Kausalitätsnachweis werde durch eine Bestätigung des Arbeitgebers erbracht. Die Beklagte habe auch nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich die Stilllegungsfläche in den Jahren 1994 und 1995 erhöht habe.
Durch Urteil vom 30.03.1999 wies das Sozialgericht die Klage zurück. Ein Anspruch auf Ausgleichsgeld gemäß § 9 Abs. 1 FELEG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 FELEG komme nicht in Betracht, weil zwischen der maßgeblichen Flächenstilllegung zum 15. Dezember 1992 und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers zum 30.11.1996 kein zeitlicher Zusammenhang bestehe. Mit einer Flächenstilllegung im Jahr 1996 könne die Entlassung des Klägers nicht in Zusammenhang gebracht werden. Das Ausmaß der stillgelegten Fläche mit 86,68 ha habe unter demjenigen der Stilllegungen 1993 bis 1995 gelegen, als die Stilllegungsflächen zwischen 98,07 ha und 111,21 ha betragen hätten. Auch könne man die Tätigkeit des Klägers als Schlosser nicht unmittelbar in einen Zusammenhang mit der Flächenstilllegung bringen.
Gegen das am 31.08.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 24.09.1999, beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangen am 27.09.1999, Berufung eingelegt. Der Gesetzgeber habe die äußerst restriktive Handhabung des Kausalitätsnachweises zwischen der Stilllegungsmaßnahme und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht gewollt. Der Arbeitgeber habe mit seinem Schreiben vom 24.06.1997 schlüssig den Nachweis erbracht, dass die Entlassung des Klägers auf der Durchführung der Maßnahmen nach § 13 Abs. 1 Satz 6 FELEG beruhe. Es müsse berücksichtigt werden, dass sich die Stilllegungen nicht nur auf den Arbeitskräftebedarf ausgewirkt, sondern das Unternehmen auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht negativ belastet hätten. Ferner beruhe das Urteil des Sozialgerichts auf einem wesentlichen Verfahrensmangel. Es werde ignoriert, dass Folgeerscheinungen von Flächenstilllegungen sowie die gesamtbetrieblichen Entscheidungsgründe berücksichtigt werden müssten. Eine weitergehende Aufklärung etwa durch Befragung oder Anhörung des Arbeitgebers zum Sachverhalt sei unterblieben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 30.03.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Ausgleichsgeld ab 01.12.1996 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsgeld ab 01.12.1996 gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21. Februar 1989 (BGBl. I Seite 233), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I, Seite 3843) zu.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Altersicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate im Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind. Satz 2 Nr. 1 verlangt darüber hinaus, dass das 55. Lebensjahr vor dem 01. Januar 1997 vollendet wurde.
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe sonstiger EWG-rechtlicher Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung oder Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzfläche endet.
1. § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG setzt mit den Worten "auf Grund" einen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung oder der Abgabe von Flächen andererseits voraus. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesen Worten aus dogmatischer Sicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (so LSG Thüringen, Urteil vom 26. März 1998, Aktz. L 2 LW 397/97), weil das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsgrundlage in jedem Fall voller richterlicher Überprüfung zugänglich ist und § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG der Verwaltung ohnehin kein - nur eingeschränkt überprüfbares - Ermessen eröffnet. Zu beachten ist insoweit, dass jeder in einer Rechtsnorm verwendete Begriff in seinem Sinngehalt mehrdeutig und somit unbestimmt ist (vgl. Achterberg, Norbert, Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 2. Auflage, 1986, § 18, Rdnr. 39, S. 341: Der Ausdruck "unbestimmter Rechtsbegriff" sei ein Pleonasmus). Deshalb bedürfen auch die Worte "auf Grund" - wie jedes Tatbestandsmerkmal - der Auslegung (siehe Achterberg, a.a.O., S. 341 f.; vgl. ferner Forsthoff, Ernst, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band I, Allgmeiner Teil, 10. Auflage, 1973, § 5, S. 86: "Die Handhabung rein empirischer Begriffe ist ... Auslegung".) Für die Ermittlung eines Kausalzusammenhangs ist insbesondere im Recht der Sozialversicherung die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung entwickelt worden, welcher sich auch der erkennende Senat anschließt. Im Gegensatz zu der Äquivalenztheorie - wonach alle Ursachen als gleichwertig angesehen werden (sog. conditio sine qua non-Formel) - nimmt die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung eine Bewertung der Ursachen vor und gewichtet sie entsprechend. Damit steht sie der ebenfalls wertenden, im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie nahe. Anders als diese ist sie aber nicht generalisierend und abstrahierend, sondern vielmehr individualisierend und konkretisierend. Sie ermöglicht mithin anhand einer an den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten Wertung eine am Gesetzeszweck orientierte Bestimmung und Begrenzung der Leistungspflicht des Sozialleistungsträgers (vgl. zum Ganzen: Schulin, Bertram, Sozialrecht. Ein Studienbuch, 5. Auflage, 1993, Rdnr. 337 f.) Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG sind bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage regelmäßig folgende Kriterien zu berücksichtigen:
Stilllegung/Abgabe
Hiermit ist der sachliche Grund, also das Motiv für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angesprochen (siehe LSG Thüringen, a.a.O., und LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Mai 1998, Aktz. L 3 LW 2/97).
b) zeitlicher Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe
Dieses Kriterium meint die zeitliche Komponente: Der zeitliche Zusammenhang kann nur bejaht werden, wenn die Flächenstilllegung/Abgabe und das Ende der Beschäftigung nicht zu weit auseinander liegen (siehe LSG Thüringen und LSG Sachsen-Anhalt, jeweils a.a.O.). Wann dies der Fall ist, wird unterschiedlich eingeschätzt: Der Gesetzgeber hielt die grundsätzliche Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten in einem Gesamtzeitraum von zwölf Monaten - Beendigung der Beschäftigung sechs Monate vor und sechs Monate nach der (Teil-)Flächenstilllegung - für plausibel (siehe Bundestags-Drucksache 13/391, Seite 7). Ausnahmsweise könne jedoch auch außerhalb dieses Zeitrahmens der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten geführt werden (siehe Bundestags-Drucksache, a.a.O.). Die Landessozialgerichte Thüringen und Sachsen-Anhalt verneinen den zeitlichen Zusammenhang, sobald zwischen Stilllegung/Abgabe und Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von ca. zwei Jahren liegt (siehe jeweils a.a.O.). Nach dem Gesetzeswortlaut ist für die Prüfung des zeitlichen Zusammenhangs stets der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nicht derjenige der Kündigung maßgeblich.
c) Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung/Abgabe freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Unternehmen und dem Verhältnis der in die Stilllegung/Abgabe einbezogenen Fläche zur Gesamtfläche des Unternehmes (siehe Rombach, Wolfgang, Altersicherung der Landwirte, Das neue Recht nach dem Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, 1995, Seite 299, sowie LSG Thüringen, a.a.O.)
Das Verhältnis zwischen Flächenstilllegung und Personalbestand ist für jedes Jahr neu zu bestimmen, in dem die Stilllegungsfläche erhöht wurde. Maßgeblich ist insoweit dann nur die zusätzlich stillgelegte Fläche. Die Praxis der Beklagten, von der Anzahl der Arbeitnehmer vor der ersten Entlassung abzüglich der errechneten Quote vom Vorjahr auszugehen, verkennt, dass Arbeitnehmer regelmäßig nicht nur auf Grund von Flächenstilllegungen entlassen werden. Die von der Beklagten zu Grunde gelegte Fiktion wird somit den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Lehnt man diesen Berechnungsweg jedoch ab, so kann konsequenterweise für die der ersten Stilllegung folgenden Jahre auch nicht auf die ursprüngliche Gesamtbetriebsfläche abgestellt werden. Denn dies macht nur Sinn, wenn die Verhältnismäßigkeit zwischen Fläche und Personal ausschließlich durch Stilllegungen definiert würde. Will man den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden, so ist grundsätzlich für jedes Jahr mit zusätzlicher Flächenstilllegung die jeweils aktuelle Gesamtbetriebsfläche zu berücksichtigen.
Sofern in einem Jahr weniger Arbeitnehmer entlassen wurden, als es unter Proportionalitätsgesichtspunkten der stillgelegten Fläche entsprach, ist eine pauschale Quotenübertragung auf die Folgejahre nicht möglich. Denn es bedarf stets auch des inneren Zusammenhangs zwischen Stilllegung/Abgabe und konkretem Arbeitsplatzverlust (Kriterium unter a).
d) tatsächlicher Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes (siehe LSG Thüringen, a.a.O., und LSG Brandenburg, Urteil vom 17. März 1999, Aktz. L 4 LW 1/98)
Vom Gesetzeszweck her dient das Ausgleichsgeld als Ausgleich dafür, dass wegen der Flächenstilllegung/Abgabe der Arbeitsplatz tatsächlich entfällt.
e) Art und Umfang der Beschäftigung der Arbeitnehmers vor der Stilllegung/Abgabe
Hierbei wird die zu prüfende Kausalität bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Flächenbezug (z.B. Tätigkeit im Feldbau) eher zu bejahen sein als bei einer Tätigkeit ohne unmittelbaren Flächenbezug (z.B. Tätigkeit in der Verwaltung oder der Viehproduktion).
Insgesamt gilt, dass nur eine wertende Zusammenschau sämtlicher aufgeführter Kriterien eine dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende Entscheidung ermöglicht (vgl. Bundestags-Drucksache 13/391, Seite 7):
Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber der Ursächlichkeit zwischend der Stilllegung/Abgabe auf der einen Seite und der Beendigung der Beschäftigung auf der anderen Seite erhebliches Gewicht beigemessen hat (siehe Bundestags-Drucksache 11/2972, Seiten 11 f., 16). Dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass der Vorschlag der SPD-Fraktion, auf das Kausalitätserfordernis bei Arbeitnehmern vollständig zu verzichten, vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen wurde (siehe Bundestags-Drucksache 11/3859, Seiten 21 f., und 11/7233, Seiten 11 und 13). Vor diesem Hintergrund erscheint die Auffassung fragwürdig, es dürften keine strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden, vielmehr genüge Mitursächlichkeit (so aber Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen (Hrsg., Stellungnahme zum FELEG, 2. Auflage, 1993, Seiten 172 und 207).
Ebenso wenig vermag die Meinung zu überzeugen, der Kausalitätsnachweis sei bereits erbracht, wenn der Unternehmer bestätige, der Verlust des Arbeitsplatzes sei auf die Stilllegung/Abgabe zurückzuführen, es sei denn es lägen konkrete Erkenntnisse darüber vor, dass die Angabe nicht der Realität entspreche (so jedoch Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, a.a.O., Seite 207).
Weiterhin ist die Gesamtbetrachtung stets so vorzunehmen, dass besonders schwerwiegende sonstige Umstände eine Ausnahmeentscheidung zulassen (vgl. Bundestags-Drucksache 13/391, Seiten 7 f.; zum Fall der Zusicherung der Gewährung von Ausgleichsgeld seitens der Verwaltung siehe Sächsisches LSG, Urteil vom 19. Januar 2000, Aktz. L 4 LW 20/99).
2. Im vorliegenden Fall führt die Anwendung dieser Kriterien bezogen auf die einzelnen Flächenstilllegungen zu folgenden Ergebnissen:
Eine Kausalität zwischen der erstmaligen Flächenstilllegung im Jahr 1993 und der Kündigung des Klägers ist zu verneinen. Obwohl zum damaligen Zeitpunkt 10,82 % der Gesamtbetriebsfläche stillgelegt wurden, stellte die Agrargenossenschaft den Kläger zum 01.12.1994 als Betriebsschlosser ein. Bis Ende 1994 kann sich deshalb die Stilllegungsmaßnahme des Jahres 1993 nicht auf den Arbeitskräftebedarf bei den Schlossern ausgewirkt haben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Folgeerscheinungen der Flächenstilllegungsmaßnahme 1993 erst Ende 1996 (Beschäftigungsende) eingetreten sind. Die zeitliche Differenz von nahezu vier Jahren ist zu lang, als dass hier noch ein Ursachenzusammenhang zwischen der Kündigung des Klägers und Flächenstilllegung im Jahr 1993 angenommen werden könnte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass unter Proportionalitätsgesichtspunkten wegen der Stilllegungsmaßnahme im Jahr 1993 bei der Entlassung von sechs Arbeitnehmern vermutet werden konnte, dass die Beendigung durch die Stilllegung verursacht wurde. Zwar hat die Agrargenossenschaft in der Folge weniger als sechs Kündigungen ausgesprochen, die sie mit Flächenstilllegungen begründete. Jedoch kann diese Vermutungsregel nicht beliebig für ältere Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt beansprucht werden, ohne dass gleichzeitig auf den sachlichen und zeitlichen Zusammenhang von Stilllegung und Beschäftigungsende abgestellt wird. Eine Quotenübertragung findet nicht statt.
Im Jahr 1994 erhöhte die Agrargenossenschaft die Stilllegungsfläche auf 111,21 ha. Gleichzeitig bewirtschaftete sie aber auch eine größere Gesamtfläche. Die tatsächlich bewirtschaftete Fläche war damit 1994 mit 809,29 ha größer als 1993 mit 808,56 ha. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass sich die Erhöhung der Stilllegungsfläche in diesem Jahr auf den Arbeitskräftebedarf ausgewirkt hat.
Im Jahr 1995 legte die Agrargenossenschaft 108,37 ha still. Die tatsächlich bewirtschaftete Fläche betrug ausgehend von 906,14 ha Gesamtbetriebsfläche 797,77 ha. Unter Proportionalitätsgesichtspunkten entspricht die Erweiterung der Stilllegungsfläche um 10,3 ha gegenüber der zuletzt zu berücksichtigenden Flächenstilllegung im Jahr 1993 - ausgehend von 39 Beschäftigten Anfang 1995 - der Einsparung von 0,44 Arbeitskräften. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die Einsparung insbesondere bei den Arbeitnehmern auswirkt, deren Tätigkeiten einen unmittelbaren Flächenbezug aufweisen. Einsparungen bei den Schlossertätigkeiten wegen Erhöhung der Stilllegungsfläche um 10,3 ha können unter Berücksichtigung dieser Tatsachen nur in einem äußerst geringen Umfang erfolgt sein, der nicht Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewesen sein kann. Deshalb kann offenbleiben, ob der zeitliche Zusammenhang zwischen der Stilllegung 1995 und dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.11.1996 gegeben ist.
Die Agrargenossenschaft nennt in der Arbeitgeberbescheinigung zum Antrag auf Ausgleichsgeld die Flächenstilllegung des Jahres 1996 als Grund für die Kündigung des Klägers. In diesem Jahr war die Stilllegungsfläche jedoch kleiner als in den vorangegangenen Jahren. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass der Arbeitsplatz des Klägers wegen der Flächenstilllegung im Jahr 1996 weggefallen sein soll.
Entsprechendes gilt für die Flächenstilllegung im Jahr 1997.
In der Gesamtschau ergibt sich, dass keine der einzelnen Flächenstilllegungen als wesentliche Bedingung für die Entlassung des Klägers in Betracht kommt. Wollte man jegliche Mitursächlichkeit ausreichen lassen, gäbe man de facto die im Sozialrecht geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung auf. Alle Ursachen wären dann wie bei der Äquivalenztheorie gleichwertig und eine wertende Betrachtung ausgeschlossen. Dies aber würde dem Gesetzeszweck des FELEG zuwiderlaufen. Andernfalls müsste jeder noch so vage Zusammenhang zwischen Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses und Flächenstilllegung zur Bejahung der Kausalität führen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Kausalitätsfrage im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG grundsätzliche Bedeutung hat und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Ausgleichsgeld für die Zeit ab dem 01.12.1996.
Der am ... geborene Kläger war in der Zeit vom 01.03.1984 bis zum 31.12.1990 als Betriebsschlosser Mitglied der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft "Clara Zetkin" in ... Vom 01.01.1991 bis zum 31.12.1992 arbeitete er in gleicher Tätigkeit bei der Agrargenossenschaft e.G ... In der Zeit vom 01.01.1993 bis zum 30.11.1994 übte er die Tätigkeit eines Kundendienstmitarbeiters bei der Firma Dr. L ... aus. Zum 01.12.1994 wechselte der Kläger wieder zu der Agrargenossenschaft e.G ..., wo er bis zum 30.11.1996 als Betriebsschlosser arbeitete.
Mit Antrag vom 15.05.1996 begehrte der Kläger die Gewährung von Ausgleichsgeld.
In der Arbeitgeberbescheinigung zum Antrag auf Ausgleichsgeld bestätigte die frühere Arbeitgeberin des Klägers, das Beschäftigungsverhältnis als Schlosser sei wegen Stilllegung von Ackerflächen im Umfang von 86,68 ha bei einer Gesamtfläche von 906,14 ha zum 30.11.1996 beendet worden.
Die frühere Arbeitgeberin des Klägers nahm in der Zeit von 1993 bis 1997 in Form der Rotationsbrache an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 teil. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) betrugen:
Jahr Gesamtfl. Stilll.fl.
1993 906,63 98,07
1994 920,50 111,21
1995 906,14 108,37
1996 905,20 86,68
1997 892,76 41,00.
Die Gesamtzahl der Beschäftigten entwickelte sich seit 1992 wie folgt:
15.06.1992 53 Beschäftigte
15.07.1993 44 "
15.07.1994 42 "
15.07.1995 35 "
15.07.1996 30 ".
Mit Schreiben vom 24.06.1997 teilte die Agrargenossenschaft e.G ... mit, der ständig wechselnde Stilllegungssatz seit 1992 habe für das Unternehmen einen hohen Unsicherheitsfaktor dargestellt. Man habe 1992 bei der Stilllegung mit den schlechtesten Feldern begonnen. In den Folgejahren seien dann immer bessere Flächen stillgelegt worden. Dadurch seien arbeitsintensive Kulturen ausgefallen. Die Stilllegung habe auch Futterflächen betroffen. Folge des Futterflächenentzuges sei der Abbau des Kuhbestandes um 130 Kühe auf 570 Kühe (31.12.1996) gewesen. Die zeitliche Differenz zwischen Stilllegung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger sei mit betriebswirtschaftlichen Bedingungen zu begründen.
Mit Bescheid vom 30.09.1997 wies die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Ausgleichsgeld zurück. Es könne von keiner Entlassung auf Grund einer Flächenstilllegung ausgegangen werden. Wegen der Flächenstilllegung im Jahr 1993 habe sich eine Berechtigung zur Entlassung von sechs Arbeitnehmern ergeben. Trotz Erhöhung der Stilllegungsfläche im Jahr 1994 seien keine weiteren ausgleichsgeldberechtigenden Entlassungen möglich, da gleichzeitig auch die Gesamtfläche erhöht worden sei, so dass die tatsächlich bewirtschaftete Fläche sich nicht verringert habe. Der Beginn der maßgeblichen Stilllegung sei der 15.12.1992. Die Entlassung des Klägers sei jedoch erst zum 30.11.1996 erfolgt. Somit werde der zeitliche Zusammenhang zwischen der Entlassung und dem Beginn der maßgeblichen Stilllegung vom Kläger nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 10.10.1997 Widerspruch ein. In seiner Begründung vom 10.11.1997 berief sich der Kläger auf Vertrauensschutzgesichtspunkte. Er sei wegen der Flächenstilllegung entlassen worden. Ein kausaler Zusammenhang sei vorhanden. Auf Grund einer alten Verletzung und angesichts seines Alters sei er im Hinblick auf die derzeitige Lage auf dem Arbeitsmarkt mit Sicherheit nicht mehr in das Berufsleben einzugliedern. Zur Haltung des Lebensstandards seien er und seine Familie auf das Ausgleichsgeld angewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.1998 wies die Beklagte den Rechtsbehelf des Klägers zurück und bestätigte ihren Bescheid vom 30.09.1997. Es sei keine weitere, den Anspruch auf Gewährung von Ausgleichsgeld rechtfertigende Quote vorhanden. Da das am 30.11.1996 beendete Beschäftigungsverhältnis des Klägers auch nicht ohne weiteres der erstmaligen oder einer später erweiternden Stilllegungsmaßnahme zugeordnet werden könne, sei ein fehlender Zusammenhang zu vermuten mit der Folge, dass Ausgleichsgeld nicht gewährt werden könne.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 19.02.1998 beim Sozialgericht Leipzig eingegangenen Klage vom 16.02.1998. Das Gesetz fordere weder eine Quote noch einen zeitlichen Zusammenhang. Der Kausalitätsnachweis werde durch eine Bestätigung des Arbeitgebers erbracht. Die Beklagte habe auch nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich die Stilllegungsfläche in den Jahren 1994 und 1995 erhöht habe.
Durch Urteil vom 30.03.1999 wies das Sozialgericht die Klage zurück. Ein Anspruch auf Ausgleichsgeld gemäß § 9 Abs. 1 FELEG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 FELEG komme nicht in Betracht, weil zwischen der maßgeblichen Flächenstilllegung zum 15. Dezember 1992 und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers zum 30.11.1996 kein zeitlicher Zusammenhang bestehe. Mit einer Flächenstilllegung im Jahr 1996 könne die Entlassung des Klägers nicht in Zusammenhang gebracht werden. Das Ausmaß der stillgelegten Fläche mit 86,68 ha habe unter demjenigen der Stilllegungen 1993 bis 1995 gelegen, als die Stilllegungsflächen zwischen 98,07 ha und 111,21 ha betragen hätten. Auch könne man die Tätigkeit des Klägers als Schlosser nicht unmittelbar in einen Zusammenhang mit der Flächenstilllegung bringen.
Gegen das am 31.08.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 24.09.1999, beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangen am 27.09.1999, Berufung eingelegt. Der Gesetzgeber habe die äußerst restriktive Handhabung des Kausalitätsnachweises zwischen der Stilllegungsmaßnahme und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht gewollt. Der Arbeitgeber habe mit seinem Schreiben vom 24.06.1997 schlüssig den Nachweis erbracht, dass die Entlassung des Klägers auf der Durchführung der Maßnahmen nach § 13 Abs. 1 Satz 6 FELEG beruhe. Es müsse berücksichtigt werden, dass sich die Stilllegungen nicht nur auf den Arbeitskräftebedarf ausgewirkt, sondern das Unternehmen auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht negativ belastet hätten. Ferner beruhe das Urteil des Sozialgerichts auf einem wesentlichen Verfahrensmangel. Es werde ignoriert, dass Folgeerscheinungen von Flächenstilllegungen sowie die gesamtbetrieblichen Entscheidungsgründe berücksichtigt werden müssten. Eine weitergehende Aufklärung etwa durch Befragung oder Anhörung des Arbeitgebers zum Sachverhalt sei unterblieben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 30.03.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Ausgleichsgeld ab 01.12.1996 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsgeld ab 01.12.1996 gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21. Februar 1989 (BGBl. I Seite 233), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I, Seite 3843) zu.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Altersicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate im Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind. Satz 2 Nr. 1 verlangt darüber hinaus, dass das 55. Lebensjahr vor dem 01. Januar 1997 vollendet wurde.
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe sonstiger EWG-rechtlicher Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung oder Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzfläche endet.
1. § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG setzt mit den Worten "auf Grund" einen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung oder der Abgabe von Flächen andererseits voraus. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesen Worten aus dogmatischer Sicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (so LSG Thüringen, Urteil vom 26. März 1998, Aktz. L 2 LW 397/97), weil das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsgrundlage in jedem Fall voller richterlicher Überprüfung zugänglich ist und § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG der Verwaltung ohnehin kein - nur eingeschränkt überprüfbares - Ermessen eröffnet. Zu beachten ist insoweit, dass jeder in einer Rechtsnorm verwendete Begriff in seinem Sinngehalt mehrdeutig und somit unbestimmt ist (vgl. Achterberg, Norbert, Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 2. Auflage, 1986, § 18, Rdnr. 39, S. 341: Der Ausdruck "unbestimmter Rechtsbegriff" sei ein Pleonasmus). Deshalb bedürfen auch die Worte "auf Grund" - wie jedes Tatbestandsmerkmal - der Auslegung (siehe Achterberg, a.a.O., S. 341 f.; vgl. ferner Forsthoff, Ernst, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band I, Allgmeiner Teil, 10. Auflage, 1973, § 5, S. 86: "Die Handhabung rein empirischer Begriffe ist ... Auslegung".) Für die Ermittlung eines Kausalzusammenhangs ist insbesondere im Recht der Sozialversicherung die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung entwickelt worden, welcher sich auch der erkennende Senat anschließt. Im Gegensatz zu der Äquivalenztheorie - wonach alle Ursachen als gleichwertig angesehen werden (sog. conditio sine qua non-Formel) - nimmt die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung eine Bewertung der Ursachen vor und gewichtet sie entsprechend. Damit steht sie der ebenfalls wertenden, im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie nahe. Anders als diese ist sie aber nicht generalisierend und abstrahierend, sondern vielmehr individualisierend und konkretisierend. Sie ermöglicht mithin anhand einer an den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten Wertung eine am Gesetzeszweck orientierte Bestimmung und Begrenzung der Leistungspflicht des Sozialleistungsträgers (vgl. zum Ganzen: Schulin, Bertram, Sozialrecht. Ein Studienbuch, 5. Auflage, 1993, Rdnr. 337 f.) Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG sind bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage regelmäßig folgende Kriterien zu berücksichtigen:
Stilllegung/Abgabe
Hiermit ist der sachliche Grund, also das Motiv für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angesprochen (siehe LSG Thüringen, a.a.O., und LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Mai 1998, Aktz. L 3 LW 2/97).
b) zeitlicher Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe
Dieses Kriterium meint die zeitliche Komponente: Der zeitliche Zusammenhang kann nur bejaht werden, wenn die Flächenstilllegung/Abgabe und das Ende der Beschäftigung nicht zu weit auseinander liegen (siehe LSG Thüringen und LSG Sachsen-Anhalt, jeweils a.a.O.). Wann dies der Fall ist, wird unterschiedlich eingeschätzt: Der Gesetzgeber hielt die grundsätzliche Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten in einem Gesamtzeitraum von zwölf Monaten - Beendigung der Beschäftigung sechs Monate vor und sechs Monate nach der (Teil-)Flächenstilllegung - für plausibel (siehe Bundestags-Drucksache 13/391, Seite 7). Ausnahmsweise könne jedoch auch außerhalb dieses Zeitrahmens der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten geführt werden (siehe Bundestags-Drucksache, a.a.O.). Die Landessozialgerichte Thüringen und Sachsen-Anhalt verneinen den zeitlichen Zusammenhang, sobald zwischen Stilllegung/Abgabe und Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von ca. zwei Jahren liegt (siehe jeweils a.a.O.). Nach dem Gesetzeswortlaut ist für die Prüfung des zeitlichen Zusammenhangs stets der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nicht derjenige der Kündigung maßgeblich.
c) Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung/Abgabe freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Unternehmen und dem Verhältnis der in die Stilllegung/Abgabe einbezogenen Fläche zur Gesamtfläche des Unternehmes (siehe Rombach, Wolfgang, Altersicherung der Landwirte, Das neue Recht nach dem Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, 1995, Seite 299, sowie LSG Thüringen, a.a.O.)
Das Verhältnis zwischen Flächenstilllegung und Personalbestand ist für jedes Jahr neu zu bestimmen, in dem die Stilllegungsfläche erhöht wurde. Maßgeblich ist insoweit dann nur die zusätzlich stillgelegte Fläche. Die Praxis der Beklagten, von der Anzahl der Arbeitnehmer vor der ersten Entlassung abzüglich der errechneten Quote vom Vorjahr auszugehen, verkennt, dass Arbeitnehmer regelmäßig nicht nur auf Grund von Flächenstilllegungen entlassen werden. Die von der Beklagten zu Grunde gelegte Fiktion wird somit den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Lehnt man diesen Berechnungsweg jedoch ab, so kann konsequenterweise für die der ersten Stilllegung folgenden Jahre auch nicht auf die ursprüngliche Gesamtbetriebsfläche abgestellt werden. Denn dies macht nur Sinn, wenn die Verhältnismäßigkeit zwischen Fläche und Personal ausschließlich durch Stilllegungen definiert würde. Will man den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden, so ist grundsätzlich für jedes Jahr mit zusätzlicher Flächenstilllegung die jeweils aktuelle Gesamtbetriebsfläche zu berücksichtigen.
Sofern in einem Jahr weniger Arbeitnehmer entlassen wurden, als es unter Proportionalitätsgesichtspunkten der stillgelegten Fläche entsprach, ist eine pauschale Quotenübertragung auf die Folgejahre nicht möglich. Denn es bedarf stets auch des inneren Zusammenhangs zwischen Stilllegung/Abgabe und konkretem Arbeitsplatzverlust (Kriterium unter a).
d) tatsächlicher Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes (siehe LSG Thüringen, a.a.O., und LSG Brandenburg, Urteil vom 17. März 1999, Aktz. L 4 LW 1/98)
Vom Gesetzeszweck her dient das Ausgleichsgeld als Ausgleich dafür, dass wegen der Flächenstilllegung/Abgabe der Arbeitsplatz tatsächlich entfällt.
e) Art und Umfang der Beschäftigung der Arbeitnehmers vor der Stilllegung/Abgabe
Hierbei wird die zu prüfende Kausalität bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Flächenbezug (z.B. Tätigkeit im Feldbau) eher zu bejahen sein als bei einer Tätigkeit ohne unmittelbaren Flächenbezug (z.B. Tätigkeit in der Verwaltung oder der Viehproduktion).
Insgesamt gilt, dass nur eine wertende Zusammenschau sämtlicher aufgeführter Kriterien eine dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende Entscheidung ermöglicht (vgl. Bundestags-Drucksache 13/391, Seite 7):
Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber der Ursächlichkeit zwischend der Stilllegung/Abgabe auf der einen Seite und der Beendigung der Beschäftigung auf der anderen Seite erhebliches Gewicht beigemessen hat (siehe Bundestags-Drucksache 11/2972, Seiten 11 f., 16). Dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass der Vorschlag der SPD-Fraktion, auf das Kausalitätserfordernis bei Arbeitnehmern vollständig zu verzichten, vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen wurde (siehe Bundestags-Drucksache 11/3859, Seiten 21 f., und 11/7233, Seiten 11 und 13). Vor diesem Hintergrund erscheint die Auffassung fragwürdig, es dürften keine strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden, vielmehr genüge Mitursächlichkeit (so aber Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen (Hrsg., Stellungnahme zum FELEG, 2. Auflage, 1993, Seiten 172 und 207).
Ebenso wenig vermag die Meinung zu überzeugen, der Kausalitätsnachweis sei bereits erbracht, wenn der Unternehmer bestätige, der Verlust des Arbeitsplatzes sei auf die Stilllegung/Abgabe zurückzuführen, es sei denn es lägen konkrete Erkenntnisse darüber vor, dass die Angabe nicht der Realität entspreche (so jedoch Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, a.a.O., Seite 207).
Weiterhin ist die Gesamtbetrachtung stets so vorzunehmen, dass besonders schwerwiegende sonstige Umstände eine Ausnahmeentscheidung zulassen (vgl. Bundestags-Drucksache 13/391, Seiten 7 f.; zum Fall der Zusicherung der Gewährung von Ausgleichsgeld seitens der Verwaltung siehe Sächsisches LSG, Urteil vom 19. Januar 2000, Aktz. L 4 LW 20/99).
2. Im vorliegenden Fall führt die Anwendung dieser Kriterien bezogen auf die einzelnen Flächenstilllegungen zu folgenden Ergebnissen:
Eine Kausalität zwischen der erstmaligen Flächenstilllegung im Jahr 1993 und der Kündigung des Klägers ist zu verneinen. Obwohl zum damaligen Zeitpunkt 10,82 % der Gesamtbetriebsfläche stillgelegt wurden, stellte die Agrargenossenschaft den Kläger zum 01.12.1994 als Betriebsschlosser ein. Bis Ende 1994 kann sich deshalb die Stilllegungsmaßnahme des Jahres 1993 nicht auf den Arbeitskräftebedarf bei den Schlossern ausgewirkt haben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Folgeerscheinungen der Flächenstilllegungsmaßnahme 1993 erst Ende 1996 (Beschäftigungsende) eingetreten sind. Die zeitliche Differenz von nahezu vier Jahren ist zu lang, als dass hier noch ein Ursachenzusammenhang zwischen der Kündigung des Klägers und Flächenstilllegung im Jahr 1993 angenommen werden könnte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass unter Proportionalitätsgesichtspunkten wegen der Stilllegungsmaßnahme im Jahr 1993 bei der Entlassung von sechs Arbeitnehmern vermutet werden konnte, dass die Beendigung durch die Stilllegung verursacht wurde. Zwar hat die Agrargenossenschaft in der Folge weniger als sechs Kündigungen ausgesprochen, die sie mit Flächenstilllegungen begründete. Jedoch kann diese Vermutungsregel nicht beliebig für ältere Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt beansprucht werden, ohne dass gleichzeitig auf den sachlichen und zeitlichen Zusammenhang von Stilllegung und Beschäftigungsende abgestellt wird. Eine Quotenübertragung findet nicht statt.
Im Jahr 1994 erhöhte die Agrargenossenschaft die Stilllegungsfläche auf 111,21 ha. Gleichzeitig bewirtschaftete sie aber auch eine größere Gesamtfläche. Die tatsächlich bewirtschaftete Fläche war damit 1994 mit 809,29 ha größer als 1993 mit 808,56 ha. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass sich die Erhöhung der Stilllegungsfläche in diesem Jahr auf den Arbeitskräftebedarf ausgewirkt hat.
Im Jahr 1995 legte die Agrargenossenschaft 108,37 ha still. Die tatsächlich bewirtschaftete Fläche betrug ausgehend von 906,14 ha Gesamtbetriebsfläche 797,77 ha. Unter Proportionalitätsgesichtspunkten entspricht die Erweiterung der Stilllegungsfläche um 10,3 ha gegenüber der zuletzt zu berücksichtigenden Flächenstilllegung im Jahr 1993 - ausgehend von 39 Beschäftigten Anfang 1995 - der Einsparung von 0,44 Arbeitskräften. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die Einsparung insbesondere bei den Arbeitnehmern auswirkt, deren Tätigkeiten einen unmittelbaren Flächenbezug aufweisen. Einsparungen bei den Schlossertätigkeiten wegen Erhöhung der Stilllegungsfläche um 10,3 ha können unter Berücksichtigung dieser Tatsachen nur in einem äußerst geringen Umfang erfolgt sein, der nicht Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewesen sein kann. Deshalb kann offenbleiben, ob der zeitliche Zusammenhang zwischen der Stilllegung 1995 und dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.11.1996 gegeben ist.
Die Agrargenossenschaft nennt in der Arbeitgeberbescheinigung zum Antrag auf Ausgleichsgeld die Flächenstilllegung des Jahres 1996 als Grund für die Kündigung des Klägers. In diesem Jahr war die Stilllegungsfläche jedoch kleiner als in den vorangegangenen Jahren. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass der Arbeitsplatz des Klägers wegen der Flächenstilllegung im Jahr 1996 weggefallen sein soll.
Entsprechendes gilt für die Flächenstilllegung im Jahr 1997.
In der Gesamtschau ergibt sich, dass keine der einzelnen Flächenstilllegungen als wesentliche Bedingung für die Entlassung des Klägers in Betracht kommt. Wollte man jegliche Mitursächlichkeit ausreichen lassen, gäbe man de facto die im Sozialrecht geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung auf. Alle Ursachen wären dann wie bei der Äquivalenztheorie gleichwertig und eine wertende Betrachtung ausgeschlossen. Dies aber würde dem Gesetzeszweck des FELEG zuwiderlaufen. Andernfalls müsste jeder noch so vage Zusammenhang zwischen Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses und Flächenstilllegung zur Bejahung der Kausalität führen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Kausalitätsfrage im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG grundsätzliche Bedeutung hat und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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