Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 9 RA 224/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 165/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung werden das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 31. August 2000 und der Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 1999 abgeändert. Durch den Kläger ist ein Betrag von 24.669,66 DM zu erstatten. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens hat die Beklagte dem Kläger 1/6 zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, wegen gleichzeitigem Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) überzahlte Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) an die Beklagte zurückzuerstatten.
Der am ... geborene Kläger ist von Beruf Lehrer. Auf Grund seines Antrages vom 05.09.1996 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 17.01.1997 ab dem 01.09.1996 eine Rente wegen BU. Die monatliche Rente betrug 1.342,53 DM. Gleichzeitig erhielt er eine Nachzahlung.
Der vom Kläger unterschriebene Antragsvordruck bei der Rentenversicherung enthielt direkt über der Unterschrift des Klägers unter Nr. 15 folgende Passage:
"Erklärung der Antragstellerin/des Antragstellers Ich versichere, daß ich sämtliche Angaben in diesem Vordruck und den dazu gehörenden Anlagen nach bestem Wissen gemacht habe. Mir ist bekannt, daß wissentlich falsche Angaben zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können.
Ich verpflichte mich, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) unverzüglich zu benachrichtigen, wenn nach Stellung dieses Rentenantrags bis zum Erhalt des Rentenbescheides ...
- eine Leistung nach Abschnitt 6 dieses Antrags gezahlt wird ...
Ich verpflichte mich, der Rentenrechnungsstelle nach Bewilligung der Leistung unverzüglich jede Änderung der Verhältnisse, die die Zahlung oder den Anspruch selbst beeinflußt, schriftlich mitzuteilen und überzahlte Beträge der Deutschen Bundespost zurückzuzahlen ..."
Unter dem Abschnitt 6 sind auch Übergangsgeld, Alg, Arbeitslosenhilfe und andere Leistungen aufgeführt.
Der Rentenbescheid enthielt unter der fettgedruckten Überschrift Mitteilungspflichten u. a. folgende Passage:
"Ferner besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten und die Veränderung folgender Leistungen unverzüglich mitzuteilen: ...
- Arbeitslosengeld, - Vorruhestandsgeld ...
Soweit Änderungen Einfluß auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben, werden wir den Bescheid - auch rückwirkend - ganz oder teilweise aufheben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückfordern. Größere Überzahlungen können vermieden werden, wenn Sie uns entsprechend den Mitteilungspflichten umgehend benachrichtigen."
Wegen einer Änderung in den Beitragszeiten wurde die Rente mit Bescheid der Beklagten vom 05.03.1997 neu festgestellt. Der monatliche Zahlbetrag betrug ab 01.05.1997 1.342,54 DM. Auch in diesem Rentenbescheid war die Passage über die Mitteilungspflichten enthalten.
Mit Bescheid vom 07.08.1998 erfolgte eine weitere Neuberechnung. Hierbei ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 1.318,13 DM, der ab 01.09.1998 bewilligt wurde. Wegen Pflichtversicherung ab 01.05.1997 wurde der Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung nicht mehr gewährt. Die Rückforderung des überzahlten Betrages wurde angekündigt und gleichzeit nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört.
Bereits am 22.04.1997 hatte der Kläger beim Arbeitsamt ... einen Antrag auf Zahlung von Alg gestellt. Zunächst wurde die Gewährung des Alg wegen des Bezuges der Rente abgelehnt. Erst nach mehreren Vorsprachen und Interventionen durch den Kläger wurde ihm ab dem 01.05.1997 ein wöchentliches Alg in Höhe von 570,00 DM und ab 01.01.1998 ein solches von 573,72 DM wöchentlich bewilligt. Dem Kläger wurde auf seine Nachfrage versichert, dass der Leistungsbezug der BfA und der Krankenkasse mitgeteilt werde. Als er feststellte, dass die Rente in gleicher Höhe weiterbezahlt wurde, fragte er nochmals beim Arbeitsamt nach. Dort wurde ihm versichert, dass der Leistungsbezug an die BfA mitgeteilt sei. An die BfA wandte sich der Kläger nicht. Auch bei der Krankenkasse fragte der Kläger nach. Dort wurde ihm gesagt, dass die Meldung durch das Arbeitsamt vorliege, die vorgeschriebenen Meldungen gemacht würden.
Im Rahmen der Neuberechnung der Rente im August 1998 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger Alg bezog. Auf eine Anfrage teilte das Arbeitsamt ... am 01.09.1998 die Höhe des Leistungsbezuges mit und gab an, dass der Anspruch nicht auf Grund einer Anwartschaftszeit entstanden war, der nach Bewilligung der BU-Rente lag.
Mit Schreiben vom 17.09.1998 hörte die Beklagte den Kläger gemäß § 24 SGB X hierzu an. Es wurde ausgeführt, dass die Rentenhöhe wegen Bezug von Alg neu zu berechnen sei. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, Änderungen anzuzeigen. Es sei beabsichtigt, mit Wirkung ab 01.05.1997 den Rentenbescheid vom 17.01.1997 nach § 48 SGB X aufzuheben und die erfolgte Überzahlung nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern. Am 22.09.1998 sprach deshalb der Kläger in der Beratungsstelle der Beklagten in ... vor. Er gab an, dass er die Meldung gegenüber der Beklagten nicht abgegeben habe, weil von Mitarbeitern des Arbeitsamtes versichert worden sei, dass die Benachrichtigung der Rentenversicherung automatisch erfolge. Er brauche sich um nichts kümmern. Er hätte auch bei seiner Krankenkasse nachgefragt. Dort sei die Meldung erfolgt. Er sei deshalb der Meinung, dass er seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen sei.
Mit Bescheid vom 21.10.1998 berechnete die Beklagte die Rente ab 01.05.1997 neu und stellte fest, dass ab diesem Datum die Rente nicht mehr zu zahlen war. Es ergab sich eine Überzahlung von 28.624,05 DM für die Zeit bis 30.11.1998. Zu dieser Zeit wurde die Rentenzahlung eingestellt. Gleichzeitig wurde der Rentenbescheid vom 05.03.1997 mit Wirkung ab 01.05.1997 aufgehoben und die Erstattung der festgestellten Überzahlung angeordnet. Der Kläger habe wissen müssen, dass der Bezug von Alg Einfluss auf den Rentenanspruch haben könne. Aus diesem Grund sei von der Bescheidaufhebung für die Vergangenheit nicht abgesehen worden. Ein Hinweis auf den Rentenbescheid vom 07.08.1998 ist in dem Bescheid nicht enthalten.
Gegen den Bescheid legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein. Die Rückforderung sei unberechtigt, da der Kläger seine Mitteilungspflichten nicht verletzt habe. Er habe ausdrücklich beim Arbeitsamt nachgefragt. Dort sei ihm versichert worden, dass die Meldungen automatisch erfolgten, er sich nicht darum kümmern brauche. Die entsprechende Meldung sei auch durch die Barmer Ersatzkasse zum 15.08.1997 erfolgt. Es sei die Unterbrechung der freiwilligen Versicherung und der Beginn der gesetzlichen Versicherungspflicht gemeldet. Dies ergebe sich auch aus der Verpflichtung in § 28 b des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Rückforderung sei aus diesem Grund nicht zulässig. Eine Rückforderung sei nach § 48 SGB X in Verbindung mit § 45 SGB X nur zulässig, wenn die Verletzung der Mitteilungspflichten auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruhe. Dem Kläger sei auch nicht bekannt gewesen, dass Ansprüche auf die Rente wegen BU wegen der Gewährung von Alg gemindert sein könnten oder die Rente vollkommen wegfallen könne. Der Kläger sei auch nicht in der Lage, den Betrag zurückzuzahlen, sein Vertrauen auf den Bestand der Rentengewährung sei schutzwürdig. Die erbrachten Leistungen seien verbraucht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Verwaltungsakt sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eintrete. Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse solle der Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt habe. Der Rentenbescheid vom 05.03.1997 stelle einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Mit dem Bescheid sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass jede Änderung, die sich auf den Leistungsanspruch und dessen Höhe auswirke, unverzüglich mitzuteilen sei und dass bei Unterlassung einer Mitteilung ein überzahlter Betrag zurückzuzahlen sei.
Der Hinzutritt des Alg sei eine Änderung der Verhältnisse. Gemäß § 95 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist das gezahlte Alg auf die Rente anzurechnen. Die Anrechnung habe die Überzahlung in der angegebenen Höhe ergeben. Der Bescheid sei mit Wirkung vom 01.05.1997 aufzuheben, weil Einkommen erzielt wurde, das zum Wegfall oder zur Minderung des Rentenanspruchs geführt hat und weil er der gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben sei, seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X die erbrachten Leistungen zu erstatten. Von der Rückforderung könne nicht abgesehen werden.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 19.05.1999 Klage zum Sozialgericht (SG) Chemnitz. Er begehrt weiterhin die Aufhebung des Rückforderungsbescheides vom 21.10.1998. Zur Begründung sind die bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumente angeführt.
Das SG Chemnitz holte Auskünfte des Landesamtes für Finanzen und der Barmer Ersatzkasse ein. Das Landesamt für Finanzen teilte mit, dass der Kläger in der Zeit vom Juni bis einschließlich September 1995 ein monatliches Nettogehalt von 3.953,28 DM und ab Oktober 1995 ein solches von 4.034,08 DM bezog. Nach der Mitteilung der Barmer Ersatzkasse bezog der Kläger vom 13.12.1995 bis 30.04.1996 ein tägliches Krankengeld von 128,00 DM, bis 31.10.1996 von 133,61 DM, bis 31.12.1996 von 135,23 DM, bis 27.01.1997 von 118,32 DM und bis 30.04.1997 von 73,57 DM.
Mit Urteil vom 31.08.2000 wies das SG Chemnitz die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Rückforderungsbescheides. Der Bewilligungsbescheid sei zunächst rechtmäßig gewesen. Mit dem Hinzutreten von Alg ab 01.05.1997 sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten. Aus diesem Grund könne die Beklagte nach den §§ 48 und 50 SGB X den Bewilligungsbescheid teilweise rückwirkend aufheben. Die formellen Voraussetzungen seien berücksichtigt. Der Kläger sei ordnungsgemäß angehört.
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung könne nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben werden, wenn eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eintrete. Es könne offen bleiben, ob der Kläger einer Pflicht zur Mitteilung nicht nachgekommen sei. Die Aufhebung des Bescheides sei möglich, weil nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden sei, das zum Wegfall des Anspruchs geführt habe und weil der Betroffene gewusst oder nicht gewusst habe, dass der sich aus dem Rentenbescheid ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder weggefallen sei, weil er seine erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt habe. Der Kläger habe Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bezogen, die nach § 95 SGB VI auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit anzurechnen sei. Außerdem habe der Kläger im Sinne des § 48 Abs. 1 Ziff. 4 SGB X gewusst oder wissen müssen, dass der Bezug von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit Einfluss auf die Höhe der Rentenleistung habe. Dies ergebe sich daraus, dass er sich an das Arbeitsamt gewendet habe, nachdem sich die Höhe der Rente nicht geändert habe. Es sei für ihn auch ersichtlich gewesen, dass dies nicht sein könne. Zeitweise habe er mit Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Alg ein Einkommen bezogen, das fast sein monatliches Nettoentgelt erreichte. Trotzdem habe er sich bei der Beklagten nicht gemeldet.
Der Kläger habe seine Sorgfaltspflicht auch in besonders schwerem Maße verletzt. Als Grundlage für die Beurteilung der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sei das SG von der schulischen und beruflichen Qualifikation des Klägers ausgegangen. Auch nach seinem persönlichen Erscheinen in der mündlichen Verhandlung sei es ihm ausgehend von seinem Bildungsstand möglich gewesen, die unterschriebene Erklärung über die Mitteilungspflichten und die Hinweise in den Bescheiden zur Kenntnis zu nehmen und zu verstehen. Aus den Bescheiden sei auch zu erkennen, dass Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit Einfluss auf die Höhe der Rentenleistung haben. Nach Überzeugung der Kammer sei auch das Vorliegen eines atypischen Falles nicht zu bejahen, so dass bei der Frage der Aufhebung des Verwaltungsaktes ab Änderung der Verhältnisse ein Ermessen nicht auszuüben gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 09.10.2000 beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung, mit der der Kläger sein Ziel der Aufhebung des Rückforderungsbescheides weiter verfolgt. In dem Urteil des SG Chemnitz sei die Regelung des § 48 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht beachtet. Die Benachrichtigung der Beklagten über den Alg-Bezug sei am 06.06.1997 erfolgt. Damit sei die Jahresfrist für eine rückwirkende Aufhebung des Bescheides bereits im Juni 1998 abgelaufen.
Weiterhin liege auch ein atypischer Fall vor. Bei der Beklagten bestehe ein erhebliches Mitverschulden. Sie habe fast eineinhalb Jahre benötigt, um auf die Mitteilung des Alg-Bezuges zu reagieren und weitere zwei Monate, um einen Aufhebungsbescheid zu erlassen. Außerdem sei für einen durchschnittlichen Bürger durchaus nicht ungewöhnlich, dass er bei ausdrücklicher Mitteilung von Hinzuverdienstgrenzen auf diese Beträge vertraue und den § 95 SGB VI nicht kenne, wonach nicht der Nominalbetrag als Hinzuverdienst veranschlagt werde, sondern das zugrunde liegende vormalige Bruttoarbeitsentgelt.
Soweit es um die Rückforderung ab September 1998 gehe, könne bei dem Kläger Bereitschaft zur Rückzahlung erklärt werden, da er ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Überzahlung hatte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 31.08.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 21.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Es sei nicht nachvollziehbar, weswegen die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 SGB X bereits im Mai 1997 begonnen haben solle.
Wegen des übrigen Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten beider Rechtszüge und der beigezogenen Akte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Gegenstand der mündlichen Verhandlung war weiterhin die beigezogene Leistungsakte des Arbeitsamtes ...
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung, § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG), erweist sich als nur in geringem Umfang begründet. Die Beklagte hat zu Recht den Rentenbescheid vom 05.03.97 mit Wirkung vom 01.05.1997 aufgehoben und die überzahlten Beträge zurückgefordert. Es liegt auch kein atypischer Fall vor, der der Beklagten erlaubt hätte, ein Ermessen dergestalt auszuüben, dass von einer rückwirkenden Aufhebung des Bescheides ganz oder teilweise abzusehen war. Die Höhe der Rückforderung ist aber unzutreffend ermittelt, da die Beklagte den Bescheid vom 07.08.98 nicht aufgehoben hat.
Der Rentenbescheid der Beklagten vom 05.03.1997 war bei Erlass rechtmäßig, denn der Kläger hatte zu dieser Zeit keinen Antrag auf Gewährung von Alg gestellt. Den Bezug von Krankengeld hat er angegeben. Bei diesem Verwaltungsakt handelt es sich auch zweifelsfrei um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, denn er gewährt eine regelmäßig zu erbringende Rentenleistung.
Mit der Gewährung des Alg ab 01.05.1997 ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Nach § 95 SGB VI ist Alg auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit anzurechnen, wenn es für denselben Zeitraum geleistet wird. Eine Anrechnung erfolgt nur dann nicht, wenn vorläufige Zahlungen bis zur Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit folgen oder das Alg auf Grund einer Anwartschaftszeit bezahlt wird, die nach dem Beginn der Rente wegen BU erfüllt worden ist. Bei dem Kläger lag keine der Alternativen vor. Er hatte seine Anwartschaft auf Alg während seiner Beschäftigung als Lehrer vor der Feststellung der BU erworben.
Die Anrechnung des Alg ist nach § 56 a SGB VI richtig erfolgt. Zweifel an der Berechnung wurden auch nicht geäußert.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X war auf Grund der Berechnung der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Beklagte hatte den Verwaltungsakt aber auch mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung an aufzuheben, § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Hierbei ist dem SG zu folgen, dass die Frage offen bleiben kann, ob der Kläger eine Mitteilungspflicht verletzt hat. Auf jeden Fall bestehen Zweifel daran, ob dies vorsätzlich oder grob fahrlässig geschehen ist, nachdem der Kläger sich erkundigt hat, ob die Meldungen durch das Arbeitsamt erfolgen. Hierbei ist zu sehen, dass die automatische Meldung durch das Arbeitsamt bzw. die Krankenkasse den Zweck hat, der Rentenversicherung mitzuteilen, dass für die Zeit des Alg-Bezuges der Leistungsempfänger gesetzlich rentenversichert ist, vgl. § 28a SGB IV. Eine ausdrückliche Mitteilung zu einem laufenden Rentenverfahren erfolgt hier nicht. Damit kann die Rentenversicherung regelmäßig nur bei Neuberechnungen der Rente feststellen, dass eine Versicherungspflicht für den zu berechnenden Zeitraum vorliegt.
Eine Aufhebung des Verwaltungsaktes mit Rückwirkung war jedoch nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorzunehmen. Der Kläger hat nach Antragstellung und Erlass des Rentenbescheides Einkommen, nämlich Alg, erzielt, das zum Wegfall des Anspruchs auf Rente wegen BU durch die vorgeschriebene Anrechnung geführt hat.
Entgegen der in erster Instanz vorgebrachten Auffassung des Klägervertreters ist ein Verschulden des Betroffenen nicht Voraussetzung der rückwirkenden Aufhebung des Bescheides. Voraussetzung ist nur, dass objektiv Einkommen erzielt wurde (KassKomm, Rz. 51 zu § 48 SGB X).
Ein atypischer Fall liegt bei Anwendung des § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X nicht vor. Ein Vertrauensschutz kann zwar bestehen, wenn auf Grund falscher behördlicher Auskünfte die Leistung gutgläubig verbraucht wurde (Urteil des BSG vom 26.08.1994, 13 RJ 29/93). Eine falsche behördliche Auskunft liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Die Angaben des Arbeitsamtes, dass eine Meldung erfolgt sei, sind richtig. Diese Meldung bezog sich aber auf die Tatsache, dass der Kläger für die Zeit des Bezuges von Alg gesetzlich versichert war. Eine Auskunft zur Auswirkung des Alg-Bezuges auf die Rente hat der Kläger nicht eingeholt. Insbesondere hat er sich nicht an die zuständige Beklagte gewandt, als ihm die Zahlung der ungeminderten Rente auffiel.
Weiterhin ist die rückwirkende Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X möglich. Nach dieser Vorschrift kann aufgehoben werden, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Insoweit war die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen. Der Senat sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und macht sich die Gründe des SG zu dieser Frage zu eigen, § 153 Abs. 2 SGG.
Ergänzend ist zu bemerken, dass entgegen der Ansicht des Klägervertreters zumindest eine Sorgfaltsverletzung in besonders schwerem Maß vorliegt. Nach eigenen Angaben ist dem Kläger aufgefallen, dass sich an der Rentenhöhe nichts veränderte. Er hat deshalb beim Arbeitsamt nachgefragt, ob die Meldung erfolgt ist. Dies zeigt deutlich, dass der Kläger Zweifel an der korrekten Rentenberechnung hegte. Unter diesen Umständen ist aber zu verlangen, dass sich der Betroffene an die bekanntermaßen zuständige BfA wendet und dort nachfragt und es nicht bei einer kurzen Auskunft der unzuständigen Behörde belässt. Dies gilt umso mehr, als sich aus den Hinweisen in den Bescheiden ergibt, dass der Bezug von Alg Auswirkungen auf die Höhe der Rente wegen BU hat. Dass der Kläger als Lehrer in der Lage war, diese Belehrungen und Hinweise zu verstehen, hat das SG klar dargestellt.
Die Beklagte hatte auch bei Bescheidaufhebung nach dieser Vorschrift kein Ermessen auszuüben. Dies käme in Betracht, wenn ihr ein grober Verwaltungsfehler unterlaufen wäre. Dies ist nicht ersichtlich. Eine Meldung zum Verfahren der BU-Rente ist aus den Akten ersichtlich nicht erfolgt. Daten wurden vielmehr maschinell übermittelt. Dabei wurde bei einer routinemäßigen Überprüfung festgestellt, dass eine Pflichtversicherung vorliegt. Diese Feststellung vom August 1998 wurde sofort weiterverfolgt. Ein grober Verwaltungsfehler (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 25) könnte nur angenommen werden, wenn bei der Sachbearbeitung ein ausdrücklicher Hinweis übersehen worden wäre.
Auch die Jahresfrist für die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach §§ 48 Abs. 4, 45 Abs. 4 SGB X ist eingehalten. Nach dieser Vorschrift kann ein Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen aufgehoben werden, die seine Rücknahme wegen wesentlicher Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen für die Vergangenheit rechtfertigen. Der Beginn der Frist setzt voraus, dass die Behörde Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes hat, dass sie außerdem auch sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig kennt (Urteil des BSG vom 25.10.1995, 5/4 RA 66/94). Im Rahmen der Gründe des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X muss die Behörde die Tatsachen und Umstände kennen, die die wesentliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse darstellen.
Diese Kenntnis von den Umständen muss die innerhalb der Organisation des Leistungsträgers an die nach dessen Geschäftsverteilung zur Aufhebung berufene Stelle gelangen (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 32). Für sie ist der Zeitpunkt für diese Kenntniserlangung frühestens der 10.08.1998. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein Hinweis ausgedruckt, dass im maschinellen KVDR-Meldeverfahren Daten übermittelt wurden, die zu einer Veränderung bei Kranken- und Pflegeversicherung führten. Auf Grund dieser Hinweise erfolgte eine Ermittlung. Erst mit dem Schreiben des Arbeitsamtes vom 28.08.1998, eingegangen bei der Beklagten am 01.09.1996, war die Tatsache des Alg-Bezuges ab 01.05.1997 und die Anwartschaftszeit für diese Zahlungen bekannt. Hierauf wurde sofort eine Neuberechnung der Rente eingeleitet und der Kläger angehört. Die Rücknahme des Bescheides für die Vergangenheit erfolgte am 29.10.1998, also nicht einmal zwei Monate nach vollständiger Kenntnisnahme von den Aufhebungsgründen. Diese Frist kann der Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, wie der Klägervertreter meint. Die Rücknahme des Bescheids setzt eine Anhörung nach § 24 SGB X voraus. Es muss eine ausreichende Frist zur Stellungnahme gesetzt werden. Eine sofortige Rücknahme wäre rechtswidrig gewesen.
Da der Rentenbescheid zu Recht rückwirkend aufgehoben wurde, war gemäß § 50 Abs. 1 SGB X die erbrachte Leistung zurückzufordern. Ein Ermessen ist hier nicht auszuüben. Ermessen und Vertrauensschutz sind nur bei der Entscheidung über die Aufhebung zu prüfen, nicht bei der Frage der Rückforderung (Steinwedel in KassKomm, Rz. 11 zu § 50 SGB X m.w.N.).
Allerdings hat der aufgehobene Bescheid nur bis 31.08.1998 Wirkung entfaltet. Ab dem 01.09.98 wurde mit Bescheid vom 07.08.98 ein neu berechneter Zahlbetrag von 1318,13 DM bewilligt, der für September, Oktober und November 1998 ausgezahlt wurde. Dieser Bescheid ist mit dem Rückforderungsbescheid vom 21.10.1998 nicht aufgehoben worden. Der Rückforderungsbescheid kann auch nicht ausgelegt werden, dass eine Aufhebung dieses Bescheides erfolgt sei, da er keinerlei Hinweise auf diesen Bescheid enthält.
Nach den getroffenen Erwägungen erweist sich die Rückforderung der Rentenbeträge für September bis November 1998 als unbegründet. Das Urteil des SG Chemnitz und die angefochtenen Bescheide waren daher in Bezug auf die Höhe der zu erstattenden Forderung abzuändern. Nach Abzug der auf einem noch bestehenden Bescheid beruhenden Zahlbeträge (3 x 1318,13 DM) ergibt sich eine Summe von 24.669,66 DM, die der Kläger an die Beklagte zu zahlen hat. Hinsichtlich dieser Summe war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
II. Von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens hat die Beklagte dem Kläger 1/6 zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, wegen gleichzeitigem Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) überzahlte Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) an die Beklagte zurückzuerstatten.
Der am ... geborene Kläger ist von Beruf Lehrer. Auf Grund seines Antrages vom 05.09.1996 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 17.01.1997 ab dem 01.09.1996 eine Rente wegen BU. Die monatliche Rente betrug 1.342,53 DM. Gleichzeitig erhielt er eine Nachzahlung.
Der vom Kläger unterschriebene Antragsvordruck bei der Rentenversicherung enthielt direkt über der Unterschrift des Klägers unter Nr. 15 folgende Passage:
"Erklärung der Antragstellerin/des Antragstellers Ich versichere, daß ich sämtliche Angaben in diesem Vordruck und den dazu gehörenden Anlagen nach bestem Wissen gemacht habe. Mir ist bekannt, daß wissentlich falsche Angaben zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können.
Ich verpflichte mich, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) unverzüglich zu benachrichtigen, wenn nach Stellung dieses Rentenantrags bis zum Erhalt des Rentenbescheides ...
- eine Leistung nach Abschnitt 6 dieses Antrags gezahlt wird ...
Ich verpflichte mich, der Rentenrechnungsstelle nach Bewilligung der Leistung unverzüglich jede Änderung der Verhältnisse, die die Zahlung oder den Anspruch selbst beeinflußt, schriftlich mitzuteilen und überzahlte Beträge der Deutschen Bundespost zurückzuzahlen ..."
Unter dem Abschnitt 6 sind auch Übergangsgeld, Alg, Arbeitslosenhilfe und andere Leistungen aufgeführt.
Der Rentenbescheid enthielt unter der fettgedruckten Überschrift Mitteilungspflichten u. a. folgende Passage:
"Ferner besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten und die Veränderung folgender Leistungen unverzüglich mitzuteilen: ...
- Arbeitslosengeld, - Vorruhestandsgeld ...
Soweit Änderungen Einfluß auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben, werden wir den Bescheid - auch rückwirkend - ganz oder teilweise aufheben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückfordern. Größere Überzahlungen können vermieden werden, wenn Sie uns entsprechend den Mitteilungspflichten umgehend benachrichtigen."
Wegen einer Änderung in den Beitragszeiten wurde die Rente mit Bescheid der Beklagten vom 05.03.1997 neu festgestellt. Der monatliche Zahlbetrag betrug ab 01.05.1997 1.342,54 DM. Auch in diesem Rentenbescheid war die Passage über die Mitteilungspflichten enthalten.
Mit Bescheid vom 07.08.1998 erfolgte eine weitere Neuberechnung. Hierbei ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 1.318,13 DM, der ab 01.09.1998 bewilligt wurde. Wegen Pflichtversicherung ab 01.05.1997 wurde der Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung nicht mehr gewährt. Die Rückforderung des überzahlten Betrages wurde angekündigt und gleichzeit nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört.
Bereits am 22.04.1997 hatte der Kläger beim Arbeitsamt ... einen Antrag auf Zahlung von Alg gestellt. Zunächst wurde die Gewährung des Alg wegen des Bezuges der Rente abgelehnt. Erst nach mehreren Vorsprachen und Interventionen durch den Kläger wurde ihm ab dem 01.05.1997 ein wöchentliches Alg in Höhe von 570,00 DM und ab 01.01.1998 ein solches von 573,72 DM wöchentlich bewilligt. Dem Kläger wurde auf seine Nachfrage versichert, dass der Leistungsbezug der BfA und der Krankenkasse mitgeteilt werde. Als er feststellte, dass die Rente in gleicher Höhe weiterbezahlt wurde, fragte er nochmals beim Arbeitsamt nach. Dort wurde ihm versichert, dass der Leistungsbezug an die BfA mitgeteilt sei. An die BfA wandte sich der Kläger nicht. Auch bei der Krankenkasse fragte der Kläger nach. Dort wurde ihm gesagt, dass die Meldung durch das Arbeitsamt vorliege, die vorgeschriebenen Meldungen gemacht würden.
Im Rahmen der Neuberechnung der Rente im August 1998 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger Alg bezog. Auf eine Anfrage teilte das Arbeitsamt ... am 01.09.1998 die Höhe des Leistungsbezuges mit und gab an, dass der Anspruch nicht auf Grund einer Anwartschaftszeit entstanden war, der nach Bewilligung der BU-Rente lag.
Mit Schreiben vom 17.09.1998 hörte die Beklagte den Kläger gemäß § 24 SGB X hierzu an. Es wurde ausgeführt, dass die Rentenhöhe wegen Bezug von Alg neu zu berechnen sei. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, Änderungen anzuzeigen. Es sei beabsichtigt, mit Wirkung ab 01.05.1997 den Rentenbescheid vom 17.01.1997 nach § 48 SGB X aufzuheben und die erfolgte Überzahlung nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern. Am 22.09.1998 sprach deshalb der Kläger in der Beratungsstelle der Beklagten in ... vor. Er gab an, dass er die Meldung gegenüber der Beklagten nicht abgegeben habe, weil von Mitarbeitern des Arbeitsamtes versichert worden sei, dass die Benachrichtigung der Rentenversicherung automatisch erfolge. Er brauche sich um nichts kümmern. Er hätte auch bei seiner Krankenkasse nachgefragt. Dort sei die Meldung erfolgt. Er sei deshalb der Meinung, dass er seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen sei.
Mit Bescheid vom 21.10.1998 berechnete die Beklagte die Rente ab 01.05.1997 neu und stellte fest, dass ab diesem Datum die Rente nicht mehr zu zahlen war. Es ergab sich eine Überzahlung von 28.624,05 DM für die Zeit bis 30.11.1998. Zu dieser Zeit wurde die Rentenzahlung eingestellt. Gleichzeitig wurde der Rentenbescheid vom 05.03.1997 mit Wirkung ab 01.05.1997 aufgehoben und die Erstattung der festgestellten Überzahlung angeordnet. Der Kläger habe wissen müssen, dass der Bezug von Alg Einfluss auf den Rentenanspruch haben könne. Aus diesem Grund sei von der Bescheidaufhebung für die Vergangenheit nicht abgesehen worden. Ein Hinweis auf den Rentenbescheid vom 07.08.1998 ist in dem Bescheid nicht enthalten.
Gegen den Bescheid legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein. Die Rückforderung sei unberechtigt, da der Kläger seine Mitteilungspflichten nicht verletzt habe. Er habe ausdrücklich beim Arbeitsamt nachgefragt. Dort sei ihm versichert worden, dass die Meldungen automatisch erfolgten, er sich nicht darum kümmern brauche. Die entsprechende Meldung sei auch durch die Barmer Ersatzkasse zum 15.08.1997 erfolgt. Es sei die Unterbrechung der freiwilligen Versicherung und der Beginn der gesetzlichen Versicherungspflicht gemeldet. Dies ergebe sich auch aus der Verpflichtung in § 28 b des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Rückforderung sei aus diesem Grund nicht zulässig. Eine Rückforderung sei nach § 48 SGB X in Verbindung mit § 45 SGB X nur zulässig, wenn die Verletzung der Mitteilungspflichten auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruhe. Dem Kläger sei auch nicht bekannt gewesen, dass Ansprüche auf die Rente wegen BU wegen der Gewährung von Alg gemindert sein könnten oder die Rente vollkommen wegfallen könne. Der Kläger sei auch nicht in der Lage, den Betrag zurückzuzahlen, sein Vertrauen auf den Bestand der Rentengewährung sei schutzwürdig. Die erbrachten Leistungen seien verbraucht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Verwaltungsakt sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eintrete. Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse solle der Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt habe. Der Rentenbescheid vom 05.03.1997 stelle einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Mit dem Bescheid sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass jede Änderung, die sich auf den Leistungsanspruch und dessen Höhe auswirke, unverzüglich mitzuteilen sei und dass bei Unterlassung einer Mitteilung ein überzahlter Betrag zurückzuzahlen sei.
Der Hinzutritt des Alg sei eine Änderung der Verhältnisse. Gemäß § 95 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist das gezahlte Alg auf die Rente anzurechnen. Die Anrechnung habe die Überzahlung in der angegebenen Höhe ergeben. Der Bescheid sei mit Wirkung vom 01.05.1997 aufzuheben, weil Einkommen erzielt wurde, das zum Wegfall oder zur Minderung des Rentenanspruchs geführt hat und weil er der gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben sei, seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X die erbrachten Leistungen zu erstatten. Von der Rückforderung könne nicht abgesehen werden.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 19.05.1999 Klage zum Sozialgericht (SG) Chemnitz. Er begehrt weiterhin die Aufhebung des Rückforderungsbescheides vom 21.10.1998. Zur Begründung sind die bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumente angeführt.
Das SG Chemnitz holte Auskünfte des Landesamtes für Finanzen und der Barmer Ersatzkasse ein. Das Landesamt für Finanzen teilte mit, dass der Kläger in der Zeit vom Juni bis einschließlich September 1995 ein monatliches Nettogehalt von 3.953,28 DM und ab Oktober 1995 ein solches von 4.034,08 DM bezog. Nach der Mitteilung der Barmer Ersatzkasse bezog der Kläger vom 13.12.1995 bis 30.04.1996 ein tägliches Krankengeld von 128,00 DM, bis 31.10.1996 von 133,61 DM, bis 31.12.1996 von 135,23 DM, bis 27.01.1997 von 118,32 DM und bis 30.04.1997 von 73,57 DM.
Mit Urteil vom 31.08.2000 wies das SG Chemnitz die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Rückforderungsbescheides. Der Bewilligungsbescheid sei zunächst rechtmäßig gewesen. Mit dem Hinzutreten von Alg ab 01.05.1997 sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten. Aus diesem Grund könne die Beklagte nach den §§ 48 und 50 SGB X den Bewilligungsbescheid teilweise rückwirkend aufheben. Die formellen Voraussetzungen seien berücksichtigt. Der Kläger sei ordnungsgemäß angehört.
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung könne nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben werden, wenn eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eintrete. Es könne offen bleiben, ob der Kläger einer Pflicht zur Mitteilung nicht nachgekommen sei. Die Aufhebung des Bescheides sei möglich, weil nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden sei, das zum Wegfall des Anspruchs geführt habe und weil der Betroffene gewusst oder nicht gewusst habe, dass der sich aus dem Rentenbescheid ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder weggefallen sei, weil er seine erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt habe. Der Kläger habe Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bezogen, die nach § 95 SGB VI auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit anzurechnen sei. Außerdem habe der Kläger im Sinne des § 48 Abs. 1 Ziff. 4 SGB X gewusst oder wissen müssen, dass der Bezug von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit Einfluss auf die Höhe der Rentenleistung habe. Dies ergebe sich daraus, dass er sich an das Arbeitsamt gewendet habe, nachdem sich die Höhe der Rente nicht geändert habe. Es sei für ihn auch ersichtlich gewesen, dass dies nicht sein könne. Zeitweise habe er mit Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Alg ein Einkommen bezogen, das fast sein monatliches Nettoentgelt erreichte. Trotzdem habe er sich bei der Beklagten nicht gemeldet.
Der Kläger habe seine Sorgfaltspflicht auch in besonders schwerem Maße verletzt. Als Grundlage für die Beurteilung der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sei das SG von der schulischen und beruflichen Qualifikation des Klägers ausgegangen. Auch nach seinem persönlichen Erscheinen in der mündlichen Verhandlung sei es ihm ausgehend von seinem Bildungsstand möglich gewesen, die unterschriebene Erklärung über die Mitteilungspflichten und die Hinweise in den Bescheiden zur Kenntnis zu nehmen und zu verstehen. Aus den Bescheiden sei auch zu erkennen, dass Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit Einfluss auf die Höhe der Rentenleistung haben. Nach Überzeugung der Kammer sei auch das Vorliegen eines atypischen Falles nicht zu bejahen, so dass bei der Frage der Aufhebung des Verwaltungsaktes ab Änderung der Verhältnisse ein Ermessen nicht auszuüben gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 09.10.2000 beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung, mit der der Kläger sein Ziel der Aufhebung des Rückforderungsbescheides weiter verfolgt. In dem Urteil des SG Chemnitz sei die Regelung des § 48 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht beachtet. Die Benachrichtigung der Beklagten über den Alg-Bezug sei am 06.06.1997 erfolgt. Damit sei die Jahresfrist für eine rückwirkende Aufhebung des Bescheides bereits im Juni 1998 abgelaufen.
Weiterhin liege auch ein atypischer Fall vor. Bei der Beklagten bestehe ein erhebliches Mitverschulden. Sie habe fast eineinhalb Jahre benötigt, um auf die Mitteilung des Alg-Bezuges zu reagieren und weitere zwei Monate, um einen Aufhebungsbescheid zu erlassen. Außerdem sei für einen durchschnittlichen Bürger durchaus nicht ungewöhnlich, dass er bei ausdrücklicher Mitteilung von Hinzuverdienstgrenzen auf diese Beträge vertraue und den § 95 SGB VI nicht kenne, wonach nicht der Nominalbetrag als Hinzuverdienst veranschlagt werde, sondern das zugrunde liegende vormalige Bruttoarbeitsentgelt.
Soweit es um die Rückforderung ab September 1998 gehe, könne bei dem Kläger Bereitschaft zur Rückzahlung erklärt werden, da er ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Überzahlung hatte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 31.08.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 21.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Es sei nicht nachvollziehbar, weswegen die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 SGB X bereits im Mai 1997 begonnen haben solle.
Wegen des übrigen Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten beider Rechtszüge und der beigezogenen Akte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Gegenstand der mündlichen Verhandlung war weiterhin die beigezogene Leistungsakte des Arbeitsamtes ...
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung, § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG), erweist sich als nur in geringem Umfang begründet. Die Beklagte hat zu Recht den Rentenbescheid vom 05.03.97 mit Wirkung vom 01.05.1997 aufgehoben und die überzahlten Beträge zurückgefordert. Es liegt auch kein atypischer Fall vor, der der Beklagten erlaubt hätte, ein Ermessen dergestalt auszuüben, dass von einer rückwirkenden Aufhebung des Bescheides ganz oder teilweise abzusehen war. Die Höhe der Rückforderung ist aber unzutreffend ermittelt, da die Beklagte den Bescheid vom 07.08.98 nicht aufgehoben hat.
Der Rentenbescheid der Beklagten vom 05.03.1997 war bei Erlass rechtmäßig, denn der Kläger hatte zu dieser Zeit keinen Antrag auf Gewährung von Alg gestellt. Den Bezug von Krankengeld hat er angegeben. Bei diesem Verwaltungsakt handelt es sich auch zweifelsfrei um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, denn er gewährt eine regelmäßig zu erbringende Rentenleistung.
Mit der Gewährung des Alg ab 01.05.1997 ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Nach § 95 SGB VI ist Alg auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit anzurechnen, wenn es für denselben Zeitraum geleistet wird. Eine Anrechnung erfolgt nur dann nicht, wenn vorläufige Zahlungen bis zur Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit folgen oder das Alg auf Grund einer Anwartschaftszeit bezahlt wird, die nach dem Beginn der Rente wegen BU erfüllt worden ist. Bei dem Kläger lag keine der Alternativen vor. Er hatte seine Anwartschaft auf Alg während seiner Beschäftigung als Lehrer vor der Feststellung der BU erworben.
Die Anrechnung des Alg ist nach § 56 a SGB VI richtig erfolgt. Zweifel an der Berechnung wurden auch nicht geäußert.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X war auf Grund der Berechnung der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Beklagte hatte den Verwaltungsakt aber auch mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung an aufzuheben, § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Hierbei ist dem SG zu folgen, dass die Frage offen bleiben kann, ob der Kläger eine Mitteilungspflicht verletzt hat. Auf jeden Fall bestehen Zweifel daran, ob dies vorsätzlich oder grob fahrlässig geschehen ist, nachdem der Kläger sich erkundigt hat, ob die Meldungen durch das Arbeitsamt erfolgen. Hierbei ist zu sehen, dass die automatische Meldung durch das Arbeitsamt bzw. die Krankenkasse den Zweck hat, der Rentenversicherung mitzuteilen, dass für die Zeit des Alg-Bezuges der Leistungsempfänger gesetzlich rentenversichert ist, vgl. § 28a SGB IV. Eine ausdrückliche Mitteilung zu einem laufenden Rentenverfahren erfolgt hier nicht. Damit kann die Rentenversicherung regelmäßig nur bei Neuberechnungen der Rente feststellen, dass eine Versicherungspflicht für den zu berechnenden Zeitraum vorliegt.
Eine Aufhebung des Verwaltungsaktes mit Rückwirkung war jedoch nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorzunehmen. Der Kläger hat nach Antragstellung und Erlass des Rentenbescheides Einkommen, nämlich Alg, erzielt, das zum Wegfall des Anspruchs auf Rente wegen BU durch die vorgeschriebene Anrechnung geführt hat.
Entgegen der in erster Instanz vorgebrachten Auffassung des Klägervertreters ist ein Verschulden des Betroffenen nicht Voraussetzung der rückwirkenden Aufhebung des Bescheides. Voraussetzung ist nur, dass objektiv Einkommen erzielt wurde (KassKomm, Rz. 51 zu § 48 SGB X).
Ein atypischer Fall liegt bei Anwendung des § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X nicht vor. Ein Vertrauensschutz kann zwar bestehen, wenn auf Grund falscher behördlicher Auskünfte die Leistung gutgläubig verbraucht wurde (Urteil des BSG vom 26.08.1994, 13 RJ 29/93). Eine falsche behördliche Auskunft liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Die Angaben des Arbeitsamtes, dass eine Meldung erfolgt sei, sind richtig. Diese Meldung bezog sich aber auf die Tatsache, dass der Kläger für die Zeit des Bezuges von Alg gesetzlich versichert war. Eine Auskunft zur Auswirkung des Alg-Bezuges auf die Rente hat der Kläger nicht eingeholt. Insbesondere hat er sich nicht an die zuständige Beklagte gewandt, als ihm die Zahlung der ungeminderten Rente auffiel.
Weiterhin ist die rückwirkende Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X möglich. Nach dieser Vorschrift kann aufgehoben werden, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Insoweit war die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen. Der Senat sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und macht sich die Gründe des SG zu dieser Frage zu eigen, § 153 Abs. 2 SGG.
Ergänzend ist zu bemerken, dass entgegen der Ansicht des Klägervertreters zumindest eine Sorgfaltsverletzung in besonders schwerem Maß vorliegt. Nach eigenen Angaben ist dem Kläger aufgefallen, dass sich an der Rentenhöhe nichts veränderte. Er hat deshalb beim Arbeitsamt nachgefragt, ob die Meldung erfolgt ist. Dies zeigt deutlich, dass der Kläger Zweifel an der korrekten Rentenberechnung hegte. Unter diesen Umständen ist aber zu verlangen, dass sich der Betroffene an die bekanntermaßen zuständige BfA wendet und dort nachfragt und es nicht bei einer kurzen Auskunft der unzuständigen Behörde belässt. Dies gilt umso mehr, als sich aus den Hinweisen in den Bescheiden ergibt, dass der Bezug von Alg Auswirkungen auf die Höhe der Rente wegen BU hat. Dass der Kläger als Lehrer in der Lage war, diese Belehrungen und Hinweise zu verstehen, hat das SG klar dargestellt.
Die Beklagte hatte auch bei Bescheidaufhebung nach dieser Vorschrift kein Ermessen auszuüben. Dies käme in Betracht, wenn ihr ein grober Verwaltungsfehler unterlaufen wäre. Dies ist nicht ersichtlich. Eine Meldung zum Verfahren der BU-Rente ist aus den Akten ersichtlich nicht erfolgt. Daten wurden vielmehr maschinell übermittelt. Dabei wurde bei einer routinemäßigen Überprüfung festgestellt, dass eine Pflichtversicherung vorliegt. Diese Feststellung vom August 1998 wurde sofort weiterverfolgt. Ein grober Verwaltungsfehler (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 25) könnte nur angenommen werden, wenn bei der Sachbearbeitung ein ausdrücklicher Hinweis übersehen worden wäre.
Auch die Jahresfrist für die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach §§ 48 Abs. 4, 45 Abs. 4 SGB X ist eingehalten. Nach dieser Vorschrift kann ein Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen aufgehoben werden, die seine Rücknahme wegen wesentlicher Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen für die Vergangenheit rechtfertigen. Der Beginn der Frist setzt voraus, dass die Behörde Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes hat, dass sie außerdem auch sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig kennt (Urteil des BSG vom 25.10.1995, 5/4 RA 66/94). Im Rahmen der Gründe des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X muss die Behörde die Tatsachen und Umstände kennen, die die wesentliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse darstellen.
Diese Kenntnis von den Umständen muss die innerhalb der Organisation des Leistungsträgers an die nach dessen Geschäftsverteilung zur Aufhebung berufene Stelle gelangen (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 32). Für sie ist der Zeitpunkt für diese Kenntniserlangung frühestens der 10.08.1998. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein Hinweis ausgedruckt, dass im maschinellen KVDR-Meldeverfahren Daten übermittelt wurden, die zu einer Veränderung bei Kranken- und Pflegeversicherung führten. Auf Grund dieser Hinweise erfolgte eine Ermittlung. Erst mit dem Schreiben des Arbeitsamtes vom 28.08.1998, eingegangen bei der Beklagten am 01.09.1996, war die Tatsache des Alg-Bezuges ab 01.05.1997 und die Anwartschaftszeit für diese Zahlungen bekannt. Hierauf wurde sofort eine Neuberechnung der Rente eingeleitet und der Kläger angehört. Die Rücknahme des Bescheides für die Vergangenheit erfolgte am 29.10.1998, also nicht einmal zwei Monate nach vollständiger Kenntnisnahme von den Aufhebungsgründen. Diese Frist kann der Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, wie der Klägervertreter meint. Die Rücknahme des Bescheids setzt eine Anhörung nach § 24 SGB X voraus. Es muss eine ausreichende Frist zur Stellungnahme gesetzt werden. Eine sofortige Rücknahme wäre rechtswidrig gewesen.
Da der Rentenbescheid zu Recht rückwirkend aufgehoben wurde, war gemäß § 50 Abs. 1 SGB X die erbrachte Leistung zurückzufordern. Ein Ermessen ist hier nicht auszuüben. Ermessen und Vertrauensschutz sind nur bei der Entscheidung über die Aufhebung zu prüfen, nicht bei der Frage der Rückforderung (Steinwedel in KassKomm, Rz. 11 zu § 50 SGB X m.w.N.).
Allerdings hat der aufgehobene Bescheid nur bis 31.08.1998 Wirkung entfaltet. Ab dem 01.09.98 wurde mit Bescheid vom 07.08.98 ein neu berechneter Zahlbetrag von 1318,13 DM bewilligt, der für September, Oktober und November 1998 ausgezahlt wurde. Dieser Bescheid ist mit dem Rückforderungsbescheid vom 21.10.1998 nicht aufgehoben worden. Der Rückforderungsbescheid kann auch nicht ausgelegt werden, dass eine Aufhebung dieses Bescheides erfolgt sei, da er keinerlei Hinweise auf diesen Bescheid enthält.
Nach den getroffenen Erwägungen erweist sich die Rückforderung der Rentenbeträge für September bis November 1998 als unbegründet. Das Urteil des SG Chemnitz und die angefochtenen Bescheide waren daher in Bezug auf die Höhe der zu erstattenden Forderung abzuändern. Nach Abzug der auf einem noch bestehenden Bescheid beruhenden Zahlbeträge (3 x 1318,13 DM) ergibt sich eine Summe von 24.669,66 DM, die der Kläger an die Beklagte zu zahlen hat. Hinsichtlich dieser Summe war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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