Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 3 RA 632/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 165/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 03.09.1998 und der Bescheid der Beklagten vom 14.03.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.1997 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 01.07.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu ersetzen
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) oder Berufsunfähigkeit (BU).
Die am ...1952 geborene Klägerin absolvierte 1974/75 die Ausbildung zur Facharbeiterin für Schreibtechnik und arbeitete bis 31.10.1990 als Sekretärin. Danach war sie bis zum 30.09.1996 als Schreibkraft tätig. Dieses Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag. Ab dem 15.05.1997 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld.
Auf Grund einer Diabetes mellitus-Erkrankung und einer Sehminderung beantragte die Klägerin am 21.05.1996 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin Befundberichte der behandelnden Augenärztin Dr. H ... und der Internistin Dr. E ... bei. Ferner erstellte Dr. St ... im Auftrag der Beklagten ein internistisches Gutachten. Vom 07.01. bis 04.02.1997 absolvierte die Klägerin eine stationäre Reha-Maßnahme, deren Entlassungsbericht von der Beklagten beigezogen wurde. Mit Bescheid vom 14.03.1997 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin trotz Diabetes mellitus bei ausreichender Stoffwechseleinstellung in der Lage sei, in ihrem bisherigen Beruf bzw. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.04.1997 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf ein 1960 erlittenes schweres septisches Fieber. Zudem bestünde eine Totalskoliose mit Flachrücken, Haltungsschwäche des Rückens und Knick-Senk-Füße. Des Weiteren sei seit September 1989 ein schwer einstellbarer insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ I bekannt. 1990 sei sie außerdem an der Schilddrüse operiert worden und seit 1993 bestehe eine erhebliche Sehminderung des linken Auges. Auf Grund gesteigerter Infektanfälligkeit und damit einhergehenden Krankheitszeiten sowie auf Grund des insulinpflichtigen Diabetes mellitus habe ihr der Arbeitgeber die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nahe gelegt. Wegen stark schwankender Blutzuckerwerte würden häufig Beschwerden auftreten. Die Injektionen müsse sie mit Einmalspritzen durchführen, da das von ihr vertragene Insulin für das unauffällige Gerät "PEN" nicht anwendbar sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.1997 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Klägerin sei nach den getroffenen medizinischen Feststellungen noch in der Lage, in dem bisherigen Beruf als Schreibkraft und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Die Tätigkeiten sollten nach Möglichkeit in wechselnder Haltung ohne Nacht- bzw. Wechselschicht und Publikumsverkehr ausgeübt werden.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der am 30.06.1997 zum Sozialgericht (SG) Leipzig erhobenen Klage. Zur Begründung verwies die Klägerin im Wesentlichen auf ihr Widerspruchsschreiben vom 08.04.1997. Sie fühle sich auf Grund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das SG hat sodann im Rahmen der Sachverhaltsermittlung eine Auskunft des letzten Arbeitgebers und der Kaufmännischen Krankenkasse H ... eingeholt sowie die Akte des Arbeitsamtes L ... beigezogen. Ferner erstattete Frau Dr. E ... am 01.10.1997 einen Befundbericht über die Klägerin, welchem die aktuellen Laborwerte sowie ein MDK-Gutachten vom 28.04.1997 und der Reha-Bericht vom 13.02.1997 beigefügt waren. Außerdem lagen dem SG die Unterlagen des Diakonissen-Krankenhauses L ... von 1989 und 1990 vor. Am 29.01.1998 fand vor dem SG Leipzig eine mündliche Verhandlung statt, welche vertagt wurde, um erneut Befunde der behandelnden Internistin beizuziehen. Am 26.03.1998 erstellte Frau Dr. E ... erneut einen Befundbericht. Sie übersandte das Ergebnis der Fahrrad-Ergometrie vom 12.03.1998. Hier wurde ein klassisches Hyperventilationssyndrom beschrieben. Die Hypertonie erschien psychisch induziert zu sein. Am 01.06.1998 erstellte Frau Dr. Sch ... ein internistisches Gutachten nach Aktenlage. Sie diagnostizierte einen Diabetes mellitus mit inkomplettem metabolischem Syndrom, diabetischer Retinopathie und peripherer Polyneuropathie. Die weiteren Erkrankungen der Klägerin (hypertone Kreislaufdysregulation, Struma, Gallensteine, Sehbehinderung, ausgeheilte Rippenfellentzündung, Skoliose der Brustwirbelsäule) spielten für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin keine maßgebliche Rolle. Trotz des schwer einstellbaren insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ I bestünde bei der Klägerin eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten und geistige Tätigkeiten ohne Leistungsdruck, ohne Wechsel- und Nachtschicht mit kleineren festgesetzten Pausen zur Essensaufnahme, Blutzuckerselbstkontrolle und Insulininjektion. Ungeeignet seien Tätigkeiten mit Absturzgefahr oder erhöhter Unfallgefahr. Durch die im Mai 1997 vorgenommene Einstellung auf Humalog könne der praktikable PEN verwendet werden. Außerdem könnte Humalog unmittelbar vor den Mahlzeiten subcutan injiziert werden. Berücksichtige man zusätzlich, dass die Blutzuckerbestimmungen mit den auf dem Markt befindlichen BZ-Testgeräten innerhalb von ein bis fünf Minuten durchführbar seien, so sei im Ergebnis festzustellen, dass die gegebenen persönlichen Verteilzeiten für die Vornahme der Blutzuckerbestimmungen, Essenseinnahmen und Injektionen ohne zusätzliche Pausen im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ausreichend seien. Hinsichtlich der im MDK-Gutachten vom 16.04.1997 diskutierten neurotischen Fehlentwicklung fehle eine Diagnosebestätigung durch einen entsprechenden Facharzt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 03.09.1998 teilte die Klägerin ergänzend mit, dass die seinerzeitige Umstellung auf Humaninsulin zwischenzeitlich wieder zurückgenommen worden sei. Mittlerweile erfolge wieder eine Behandlung mit L-SNC.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 03.09.1998 abgewiesen. Die Klägerin sei nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Als Hauptberuf der Klägerin sei die Tätigkeit als Schreibkraft anzusehen. Im Hinblick auf diesen Beruf sei sie nicht berufsunfähig. Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung läge bei der Klägerin keine Gesundheitsstörung vor, die einer körperlich leichten bis zeitweise mittelschweren vollschichtigen Erwerbstätigkeit entgegenstünde. Entsprechend der Würdigung der medizinischen Sachverständigen könne bei Einhaltung einer Diät und optimaler Insulinverabreichung bei der Klägerin ein gleichbleibender Gesundheitszustand hinsichtlich der Blutzuckerregulation erreicht werden. Auch wenn die Klägerin alle zwei Stunden Blut nehmen, spritzen und essen müsse, bestünden keine Zweifel daran, dass die unter anderem im öffentlichen Dienst gegebene persönliche Verteilzeit hierfür ausreichend sei, so dass keine zusätzlichen Pausen notwendig wären. Wie bereits im MDK-Gutachten von Dr. K ... ausgeführt, habe die Klägerin im Sinne ihrer sozialrechtlichen Mitwirkungspflicht an einer optimaleren Blutzuckereinstellung mitzuwirken. Da es sich bei der Tätigkeit als Schreibkraft regelmäßig um körperlich leichte Arbeiten handele, sei die Klägerin in ihrem bisherigen Beruf vollschichtig leistungsfähig. Soweit Dr. St ... in dem internistischen Gutachten vom Juli 1996 zu einem unter halbschichtigen Leistungsvermögen der Klägerin als Schreibkraft gekommen sei, sei diese Einschätzung durch neuere Befunde überholt. Eine vollschichtige Leistungsfähigkeit als Schreibkraft ergebe sich auch aus dem Entlassungsbericht vom 13.02.1997. Die weiteren bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen hätten nach den überzeugenden Angaben der Sachverständigen keinen wesentlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Dies gelte auch für die Einschränkung des Sehvermögens, da das Sehvermögen für die Ausführung von Schreibarbeiten auch bei Berücksichtigung vorübergehender Visusverschlechterungen ausreichend sei. Auch habe keinerlei Veranlassung bestanden, weitere Ermittlungen hinsichtlich einer möglichen neurotischen Fehlhaltung einzuleiten, da die Klägerin sich insofern in keinerlei Behandlung befinde und dies auch nicht von der behandelnden Internistin befürwortet werde. Da die Klägerin nicht berufsunfähig sei, lägen erst recht nicht die strengeren Voraussetzungen für die Gewährung einer EU-Rente im Sinne des § 44 SGB VI vor.
Gegen das der Klägerin mit Einschreiben vom 14.10.1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.11.1998 eingelegte Berufung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das SG Leipzig zwar umfangreich ermittelt habe, aber die eingeholten medizinischen Befunde falsch ausgewerte habe. Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin stünde ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit stetiger Verschlechterung und einer Sehminderung. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Sachbearbeiterin in einer Bank habe die Klägerin auf Drängen des Arbeitgebers aufgeben müssen. Da bei der Klägerin schwerwiegende Ausfälle vorlägen, wäre es dem Arbeitgeber nicht zumutbar gewesen, die Beschäftigung fortzuführen. Die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin sei mit nervlichem Stress verbunden gewesen, welcher eher die Blutzuckerschwankungen noch verschlimmert habe. Sie sei auf einen gleichmäßigen Tagesablauf angewiesen, welcher im Berufsleben nicht realisierbar sei. Trotz der Insulinbehandlung käme es häufig zu Zuckerschocks. Die Feststellung des Blutzuckers, die Essenseinnahme und Injektion setze im Arbeitsprozess viele zusätzliche Pausen voraus, welche auf dem Arbeitsmarkt nicht üblich seien. Die Klägerin benötige mindestens 20 Minuten zu ihrer Eigenbehandlung und dies bei einem Arbeitstag von acht Stunden viermal. Daneben bestünde bei der Klägerin ein Augenleiden, welches ihr auch Schwierigkeiten bereite, auf einen Computerbildschirm zu schauen. Auf Grund dieser Sehstörungen dürfe die Klägerin keine Fahrerlaubnis ablegen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Leipzig vom 03.09.1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.03.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen EU, hilfsweise BU zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte führt aus, dass das SG den festgestellten Sachverhalt zutreffend gewürdigt habe. Zusätzliche, betriebsunübliche Pausen zur Einstellung der Stoffwechsellage seien bei der Klägerin nicht notwendig. Insoweit werde auf die Studie des Max-Planck-Institutes für Arbeitsphysiologie verwiesen. Dieses habe festgestellt, dass die vom Arbeitgeber zugestandene persönliche Verteilzeit oder so genannte "stumme Pause" bei vollschichtiger Tätigkeit bis zu einer Stunde betrage; hinzu kämen noch die tariflich festgelegten Pausen. Unter den heutigen technischen Möglichkeiten sei eine Blutzuckerbestimmung auch mehrmals täglich in diesen Zeiten möglich. Auch könnten die Sehbeeinträchtigungen eine Erwerbsminderung nicht begründen, da die festgestellten Seheinschränkungen nicht mit organischen Befunden belegt werden könnten. Auch neurologisch-psychiatrischerseits lägen keine gravierenden Störungen bei der Klägerin vor.
Der Senat hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes Befundberichte der Augenärzte Dr. L ... vom 01.09.1999 und Frau Dr. H ... vom 22.04.1999 und 07.10.1999 beigezogen. Des Weiteren liegt ein Befundbericht der behandelnden Internistin Frau Dr. E ... vom 06.05.1999 vor, welchem die MDK-Gutachten vom 16.04.1997, 16.10.1996 und 30.07.1996 sowie der Entlassungsbericht vom 13.02.1997 und der Bericht über die Ergometrie vom 12.03.1998 beigefügt waren. Frau Dr. C ... erstellte am 26.06.2000 im Auftrag des Gerichts ein augenärztliches Gutachten über die Klägerin. Hiernach seien der Klägerin leichte körperliche Arbeiten, auch im Wechsel zwischen PC, Schreibtisch und Diktat, insbesondere im Hinblick auf die sehr gute Nahsehschärfe rechts möglich. Möglich sei auch eine Tätigkeit als Schreibkraft, im Fernsprechdienst, Fernschreiber, Diktataufnahme mit Stenogerät, Phonotypistin, Stenografin und eine Auskunftstätigkeit nach erfolgter Umschulung. Zwar erfülle die Klägerin nicht die allgemeinen Bedingungen nach G 37, eine Arbeit am PC sei jedoch bei besonderer Gestaltung des PC-Arbeitsplatzes möglich (Erhöhung des Kontrastes zwischen Zeichen und Bildschirmhintergrund; Vergrößerung der Schrift durch größeren Monitor und entsprechend angepasster Software; Anpassen einer entsprechenden Arbeitsbrille für 20 bis 55 cm). Verboten seien nach Unfallverhütungsvorschriften Arbeiten auf Leitern, an Maschinen und im Freien und unter Einwirkung von Gasen, Dämpfen und Nässe. Der Klägerin sei eine halbschichtige Arbeitszeit seitens der Augen möglich, darin solle die PC-Arbeit auf drei Stunden begrenzt werden. Bei fortlaufender PC-Arbeit sollten stündlich Pausen von 10 Minuten eingelegt werden. Nach der zweiten Stunde 15 Minuten, um spritzen zu können. Günstiger sei eine wechselnde Arbeit, z. B. Post sortieren, Eingangs-/Ausgangsbestätigungen erstellen, andere Schreibtischarbeiten mit PC-Arbeit. Bei derartigen Tätigkeiten sei eine Pause nach zwei Stunden für ca. 15 bis 20 Minuten ausreichend. In dieser Zeit könne die Klägerin Insulin spritzen. Die Gutachterin wies darauf hin, dass es bei der Klägerin zu einer sehr starken psychischen Überlagerungsreaktion während der Begutachtung kam und regte eine neurologisch-psychiatrische Abklärung dieses Verhaltensmusters an. Am 11.07.2000 äußerte sich Frau Dr. C ... nochmals zum zeitlichen Rahmen der der Klägerin möglichen Tätigkeit. Sie begründete die Begrenzung auf vier Stunden damit, dass ausgehend von einem Visus rechts von 0,3 mit Schwankungen nach unten auf Grund ihrer langjährigen Erfahrung als Augenarzt voraussehbar sei, dass die Leistungsfähigkeit bei längerer Arbeitszeit uneffektiv und für den Arbeitgeber unproduktiv werde. Die Möglichkeit der Fehlerquote nehme zu. Auf Grund dieser Tatsache und dass die Klägerin nie vollschichtig gearbeitet habe, sei eine halbschichtige Arbeitszeit zu vertreten und erfüllbar.
Des Weiteren wurde im Auftrag des Gerichts ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten durch Herrn Dr. Sch ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, erstellt. Der medizinische Sachverständige kam in dem Gutachten vom 25.09.2000 zu dem Ergebnis, dass auf neuropsychiatrischem Fachgebiet keine krankheitsrelevanten Störungen nachweisbar seien. Aus nervenärzlicher Sicht wäre formal zu urteilen, dass sich auf neurologischem Fachgebiet keine erkennbaren Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ergäben. Allerdings sei die psychische Belastbarkeit der Begutachteten durch Begleitumstände, die zu stärkeren Schwankungen des Blutzuckerspiegels führen bzw. durch deren Auswirkungen, durchaus auch sekundär psychovegetativ bzw. psychomental beeinträchtigt. Die Begutachtete sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vorrangig im Sitzen, jedoch auch zeitweilig im Stehen bzw. Gehen durchzuführen. Publikumsverkehr dürfte prinzipiell möglich, auf Grund von Stresssituationen und der notwendigen planbaren, aber auch unplanbaren Pausen im Zusammenhang mit den notwendigen Insulininjektionen problematisch sein. Problematisch könnten Tätigkeiten unter erhöhtem Zeitdruck werden, die bei wenig stabiler Blutzuckerregulation dann auch größere Schwankungen auslösen dürften mit den entsprechenden negativen Auswirkungen insbesondere auf die geistige Leistungsfähigkeit. Wichtig sei auch die Arbeitsatmosphäre, das heißt eine entsprechende Akzeptanz für notwendige Unterbrechungen der Tätigkeit. Unter diesen Voraussetzungen könnte durchaus eine normale wöchentliche Arbeitszeit, das heißt vollschichtig, sieben bis acht Stunden täglich verrichtet werden. Diese Aussage müsse allerdings durch ein internistisch-diabetologisches Votum gestützt werden.
Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.10.2000 mitteilte, dass derzeit erneut eine Umstellung bei der Insulinbehandlung erfolge, wurde am 11.01.2001 ein weiterer Befundbericht von Frau Dr. E ... beigezogen. Diese teilte mit, dass die Klägerin weiterhin an schlecht einstellbaren Blutzuckerwerten mit häufigen Hypoglykämien leide. Die Patientin müsse ihre Blutzuckerwerte mindestens dreimal täglich messen. Dies dauere ca. zwei bis drei Minuten.
Zur mündlichen Verhandlung vom 20.03.2001 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein Attest von Frau Dr. E ... vom 07.03.2001 vor, wonach die Klägerin sieben Mal täglich Insulin injiziert und den Blutzucker bestimmt. Wegen der Diskrepanz zum Befundbericht vom 11.01.2001 wurde die Sache vertagt und die behandelnde Internistin in der Sitzung vom 25.04.2001 als Zeugin vernommen. Sie stellte hierbei klar, dass die Aussage in dem Attest vom 07.03.2001 die zutreffende ist und beschrieb die Zuckererkrankung der Klägerin als besonders schlecht einstellbar mit häufig auftretenden Unterzuckerungen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Zeugenaussage sowie der Angaben der Klägerin wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 25.04.2001.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG), zulässig und erweist sich auch als begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung ab 01.07.2000 nach § 44 des Sechsten Buches des Sozialgerichtsgesetzes (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung des Gesetzes. Es ist das Gesetz in der Fassung bis zum 31.12.2000 anzuwenden, da der Leistungsfall für den 21.06.2000 angenommen wird. Insofern sind die angefochtenen Bescheide sowie das Urteil des Sozialgerichts Leipzig aufzuheben.
Nach § 44 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie 1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be schäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer 1. eine selbständige Tätigkeit ausübt oder 2. eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die je weilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Maßgeblich für das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit ist, ob mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden können. Nach der Rechtsprechung (BSGE 56, 64) kann trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit Erwerbsunfähigkeit vorliegen, weil der Arbeitsmarkt verschlossen ist, wenn durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung die Arbeitsfähigkeit gemindert ist oder Verweisungstätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen ausgeübt werden können. In diesen Fällen ist eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, weil fraglich ist, ob es Tätigkeiten gibt, deren Anforderungen der Versicherte gewachsen ist. Unter dem Begriff "schwere spezifische Leistungsbehinderung" werden vom BSG diejenigen Fälle erfasst, in denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hingegen trägt das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" dem Umstand Rechnung, dass auch eine Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammen genommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. Mit jeder zusätzlichen Einengung steigt die Unsicherheit, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne Weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können, (BSG, Urteil vom 19.08.1997, Az. 13 RJ 91/96). Nach Auffassung des Senats stellen die höchst unzureichend einstellbare Zuckererkrankung und die damit einhergehenden Leistungseinschränkungen bei der Klägerin eine schwere spezifische Leistungsbehinderung in diesem Sinne dar. Es wurde von der Beklagten keine Tätigkeit benannt, deren Anforderungen die Klägerin konkret gewachsen ist. Die Klägerin ist erwerbsunfähig im Sinne der genannten Vorschrift.
Es ist keine Erwerbstätigkeit ersichtlich, die die Klägerin in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben vermag oder mit welcher sie Arbeitsentgelt erzielen kann, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.
Hierbei stützt sich der Senat vorallem auf die glaubwürdige Aussage der die Klägerin seit Jahren behandelnden Internistin Frau Dr. E ... Diese hat für den Senat in der Zeugenbefragung vom 25.04.2001 nachvollziehbar die erheblichen gesundheitlichen Probleme der Klägerin und die damit einhergehenden Leistungseinschränkungen geschildert. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Klägerin auf absehbare Zeit außer Stande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Ausschlaggebend hierbei sind nicht die durch die Insulininjizierung erforderlichen Pausen, sondern die allgemein mit dem schwer einstellbaren Diabetes mellitus einhergehenden Einschränkungen. Daher kann dahinstehen, ob die notwendigen Arbeitsunterbrechungen für Blutzuckerbestimmungen, Insulininjektion und Essensaufnahme innerhalb der sogenannten "persönlichen Verteilzeit" möglich sind oder betriebsunübliche Pausen erfordern. Entscheidend ist vielmehr, dass das Leistungsvermögen der Klägerin durch die Zuckererkrankung mit häufigen Unterzuckerungen und bereits aufgetretenen Folgeerkrankungen so eingeschränkt ist, dass keine Erwerbstätigkeit mehr ersichtlich ist, die die Klägerin in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben vermag. Die Aussage von Frau Dr. E ... ist in sich schlüssig und stimmt im Wesentlichen mit den von ihr bereits im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erstatteten Befundberichten überein. Sie behandelt die Klägerin schon seit Beginn der Erkrankung im Jahre 1989 und verfügt als niedergelassene Internistin über erhebliche Erfahrungen bei der Beurteilung von Diabetes mellitus. Unter Vergleich der von ihr behandelnden Zuckererkrankten führte sie aus, dass das Leistungsvermögen der Klägerin durch die schlecht einstellbare Stoffwechsellage besonders stark herabgesetzt ist. Nach ihrer Einschätzung ginge jede Erwerbstätigkeit zu Lasten der Gesundheit. Frau Dr. E ... widerlegte insbesondere die Ausführungen von Dr. K ... im Gutachten für den MDK vom 16.04.1997, wonach eine optimale Führung des Blutzuckerstoffwechsels bei Ausnutzung der vorhandenen therapeutischen Möglichkeiten möglich sei. Wie die behandelnde Internistin mitteilte, konnte trotz mehrfachen Insulinwechsels eine optimale Zuckereinstellung nicht gefunden werden. Indiz für die schlechte Stoffwechsellage sei auch, dass noch nicht einmal während der Kur eine brauchbare Einstellung gefunden werden konnte. Auch beschrieb sie die Klägerin als eine sehr sorgfältige Patientin, die alle Blutzuckerbestimmungen notiere. Dies deckt sich mit dem von der Klägerin gewonnenen Eindruck des Senats. Diese legte zum Termin den von ihr geführten Kalender hinsichtlich der Blutzuckerbestimmungen, Injektionen und Auftreten von Zuckerschocks vor. Hiernach muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht im Hinblick auf eine Optimierung ihres Leistungsvermögens durchaus nachkommt.
Die die Klägerin besonders belastenden Unterzuckerungen treten nach Auskunft der behandelnden Internistin ohne Gesetzmäßigkeit auf. Sie sind unabhängig von der Tageszeit. Die Klägerin schilderte für den Senat überzeugend, dass die Folgen eines Zuckerschocks sie längere Zeit beeinträchtigen würden. So benötige sie mindestens eine Erholungsphase von 1 1/2 Stunden; bis die volle körperliche Leistungsfähigkeit wieder hergestellt sei, vergehe sogar ein ganzer Tag. Diese Schockzustände treten bei der Klägerin etwa alle zwei Wochen auf. Auf Grund dieser Schockzustände ist mit der behandelnden Internistin davon auszugehen, dass die Klägerin nicht zumutbar auf einen Einzelarbeitsplatz, etwa in der Registratur verwiesen werden kann. Vielmehr muss bei Auftreten von Unterzuckerungen jemand in der Nähe sein, der Hilfsmaßnahmen einleiten kann.
Darüber hinaus ist das Leistungsvermögen der Klägerin weiter eingeschränkt durch die augenärztlicherseits festgestellten Beschwerden. Die Zuckererkrankung der Klägerin hatte nämlich bereits zu Folgeschäden an den Augen geführt. Nach dem Gutachten von Frau Dr. C ... vom 26.06.2000 besteht bei der Klägerin eine Visusminderung, wobei die Sehschärfe auch je nach Höhe des Zuckerspiegels erheblich schwanken kann. Augenärztlicherseits wurden leichte körperliche Arbeiten halbschichtig für möglich gehalten. Hinsichtlich fortlaufender Arbeit am PC wurden jedoch zusätzliche Einschränkungen gemacht. Außerdem ergaben sich Einschränkungen hinsichtlich Arbeiten unter Zeitdruck, Kälte, Wind und Staubexposition, Arbeiten mit speziellen Anforderungen an das Sehvermögen, Publikumsverkehr und besondere hohe geistige Beanspruchung und Verantwortung. Eine Tätigkeit als Pförtner sei vollschichtig nicht zumutbar.
Hinzukommen die internistischerseits festgestellten Einschränkungen. Hiernach ist der Klägerin weder eine Tätigkeit in einem Großraumbüro zumutbar, da es hier regelmäßig an der notwendigen Toleranz für die Erkrankung fehlt. Andererseits kann die Klägerin auch nicht allein in einem Büro arbeiten, da bei Unterzuckerungen Hilfspersonen bereit stehen müssen. Ausgeschlossen sind auch alle Arbeiten unter Stress und Zeitdruck sowie mit Publikumsverkehr wegen der besonders labilen Stoffwechsellage. Unter Berücksichtigung all dieser Einschränkungen ist nicht ersichtlich, welche Tätigkeit, die Klägerin in gewisser Regelmäßigkeit ausführen sollte. Selbst eine Tätigkeit als Bürohilfskraft, die nach berufskundlicher Sicht als leichte Tätigkeit gilt, ist der Klägerin nicht zumutbar. Hierbei fallen regelmäßig Botengänge sowie Aufenthalte im Archiv oder Lager an, bei welchen Hilfsmaßnahmen bei Zuckerschocks nicht gewährleistet sind. Einer reinen Schreibtätigkeit, wie von der Klägerin bis zur Arbeitslosigkeit 1996 ausgeübt, steht wiederum die augenärztlicherseits erkannte Beschränkung von Schreibarbeiten auf bis zu drei Stunden entgegen. Da bei der Begutachtung auf augenärztlichen Fachgebiet auch erstmals das Ausmaß der Leistungseinschränkung durch die Augenerkrankung dokumentiert wurde, hat der Senat für diesen Zeitpunkt den Leistungsfall als erwiesen angesehen.
Soweit andere Leistungsbeurteilungen vorliegen, stehen diese dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Der begutachtende Neurologe und Psychiater Dr. Sch ... fand zwar Seitens seines Fachgebietes keine Leistungseinschränkung. Jedoch führte auch er aus, dass unter Berücksichtigung der negativen Beeinflußbarkeit des Blutzuckerniveaus psychischer Stress nicht möglich sei. Er stellte ausdrücklich klar, dass die von ihm angenommene Vollschichtigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten durch ein internistisch-diabetologisches Votum gestützt werden müsste. Unter Berücksichtigung der durch die Internistin beschriebenen Einschränkungen findet sich jedoch gerade keinerlei Verweisungstätigkeit.
Ebenso wenig steht das von Frau Dr. Sch ... im sozialgerichtlichen Verfahren erstellte Gutachten nach Aktenlage dem gefundenen Ergebnis entgegen. Frau Dr. Sch ... konnte ihr Votum lediglich nach Aktenlage erstellen. Persönlich hatte sie die Klägerin nie untersucht. Umfang und Ausmaß der bei der Klägerin auftretenden Unterzuckerungen waren der Gutachterin nicht bekannt. Sie ging vielmehr bei ihrer Stellungnahme davon aus, dass eine Insulinumstellung eine befriedigende Stoffwechsellage bringen würde. Dies hat sich jedoch gerade nicht bewahrheitet. Wie Frau Dr. E ..., die die Klägerin seit Jahren internistisch-diabetologisch begleitet, mitgeteilt hat, konnte trotz mehrfacher Insulinumstellungen keine befriedigende Stoffwechsellage erzielt werden.
Die Votierungen im Reha-Entlassungsbericht vom 13.02.1997 wurden durch die neueren Stellungnahmen von Frau Dr. C ... und Frau Dr. E ... widerlegt. Im Ergebnis des Reha-Entlassungsberichtes wurde von einer ausreichenden Stoffwechseleinstellung ausgegangen. Eine derartige Stoffwechseleinstellung konnte bei der Klägerin jedoch gerade nicht erreicht werden. Dass auch bei der Beklagten Zweifel an der damaligen Votierung aufkamen, wird aus der Stellungnahme vom 16.02.2001 deutlich, wonach auf Grund der im Befundbericht beschriebenen schlecht einstellbaren Blutzuckerwerte mit häufigen Hypoglykämien eine internistisch-diabetologische Begutachtung angeraten wurde. Eine aktuelle internistische-diabetologische Einschätzung liegt jedoch mit der ausführlichen Stellungnahme der als Zeugin vernommenen behandelnden Internistin vor. Deren Ausführungen wurden seitens der Beklagten im Termin nicht angezweifelt. Die Beklagte wurde mit der Ladung darauf hingewiesen, dass Frau Dr. E ... als Zeugin vernommen wird. Daher hatte auch die Beklagte die Möglichkeit medizinisch entsprechend unterrichtetes Personal zum Sitzungstermin zu entsenden. Eine Verweisungstätigkeit, die der Kläger nach den festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar ist, konnte nicht benannt werden. Der Verweis auf die bisherige Tätigkeit als Schreibkraft scheitert bereits an den augenärztlicherseits festgestellten Einschränkungen. Die bei der Klägerin vorgefundenen Visusschwankungen sind nach Ansicht des Senats kein Anzeichen für Aggravation, sondern Ausdruck der stark wechselhaften Stoffwechsellage.
Die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente sind bei der Klägerin ebenso erfüllt. Im Anschluss an das letzte Arbeitsverhältnis bei der Volksbank L ... von 1990 bis Oktober 1996 erhielt die Klägerin Leistungen der Krankenkasse bzw. seit dem 15.05.1997 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1, § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) hat die Klägerin zweifellos erfüllt. Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen gem. § 44 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 38 Satz 2 SGB VI vor.
Der Rentenbeginn bestimmt sich nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Da der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit nach Überzeugung des Senats mit dem Gutachten von Frau Dr. C ... auf Grund ambulanter Untersuchungen vom 21.06.2000 festgestellt wurde, beginnt die Rente zum 01.07.2000. Für die davor liegende Zeit ab Rentenantragstellung war die Klage abzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht ersichtlich.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu ersetzen
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) oder Berufsunfähigkeit (BU).
Die am ...1952 geborene Klägerin absolvierte 1974/75 die Ausbildung zur Facharbeiterin für Schreibtechnik und arbeitete bis 31.10.1990 als Sekretärin. Danach war sie bis zum 30.09.1996 als Schreibkraft tätig. Dieses Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag. Ab dem 15.05.1997 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld.
Auf Grund einer Diabetes mellitus-Erkrankung und einer Sehminderung beantragte die Klägerin am 21.05.1996 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin Befundberichte der behandelnden Augenärztin Dr. H ... und der Internistin Dr. E ... bei. Ferner erstellte Dr. St ... im Auftrag der Beklagten ein internistisches Gutachten. Vom 07.01. bis 04.02.1997 absolvierte die Klägerin eine stationäre Reha-Maßnahme, deren Entlassungsbericht von der Beklagten beigezogen wurde. Mit Bescheid vom 14.03.1997 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin trotz Diabetes mellitus bei ausreichender Stoffwechseleinstellung in der Lage sei, in ihrem bisherigen Beruf bzw. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.04.1997 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf ein 1960 erlittenes schweres septisches Fieber. Zudem bestünde eine Totalskoliose mit Flachrücken, Haltungsschwäche des Rückens und Knick-Senk-Füße. Des Weiteren sei seit September 1989 ein schwer einstellbarer insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ I bekannt. 1990 sei sie außerdem an der Schilddrüse operiert worden und seit 1993 bestehe eine erhebliche Sehminderung des linken Auges. Auf Grund gesteigerter Infektanfälligkeit und damit einhergehenden Krankheitszeiten sowie auf Grund des insulinpflichtigen Diabetes mellitus habe ihr der Arbeitgeber die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nahe gelegt. Wegen stark schwankender Blutzuckerwerte würden häufig Beschwerden auftreten. Die Injektionen müsse sie mit Einmalspritzen durchführen, da das von ihr vertragene Insulin für das unauffällige Gerät "PEN" nicht anwendbar sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.1997 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Klägerin sei nach den getroffenen medizinischen Feststellungen noch in der Lage, in dem bisherigen Beruf als Schreibkraft und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Die Tätigkeiten sollten nach Möglichkeit in wechselnder Haltung ohne Nacht- bzw. Wechselschicht und Publikumsverkehr ausgeübt werden.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der am 30.06.1997 zum Sozialgericht (SG) Leipzig erhobenen Klage. Zur Begründung verwies die Klägerin im Wesentlichen auf ihr Widerspruchsschreiben vom 08.04.1997. Sie fühle sich auf Grund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das SG hat sodann im Rahmen der Sachverhaltsermittlung eine Auskunft des letzten Arbeitgebers und der Kaufmännischen Krankenkasse H ... eingeholt sowie die Akte des Arbeitsamtes L ... beigezogen. Ferner erstattete Frau Dr. E ... am 01.10.1997 einen Befundbericht über die Klägerin, welchem die aktuellen Laborwerte sowie ein MDK-Gutachten vom 28.04.1997 und der Reha-Bericht vom 13.02.1997 beigefügt waren. Außerdem lagen dem SG die Unterlagen des Diakonissen-Krankenhauses L ... von 1989 und 1990 vor. Am 29.01.1998 fand vor dem SG Leipzig eine mündliche Verhandlung statt, welche vertagt wurde, um erneut Befunde der behandelnden Internistin beizuziehen. Am 26.03.1998 erstellte Frau Dr. E ... erneut einen Befundbericht. Sie übersandte das Ergebnis der Fahrrad-Ergometrie vom 12.03.1998. Hier wurde ein klassisches Hyperventilationssyndrom beschrieben. Die Hypertonie erschien psychisch induziert zu sein. Am 01.06.1998 erstellte Frau Dr. Sch ... ein internistisches Gutachten nach Aktenlage. Sie diagnostizierte einen Diabetes mellitus mit inkomplettem metabolischem Syndrom, diabetischer Retinopathie und peripherer Polyneuropathie. Die weiteren Erkrankungen der Klägerin (hypertone Kreislaufdysregulation, Struma, Gallensteine, Sehbehinderung, ausgeheilte Rippenfellentzündung, Skoliose der Brustwirbelsäule) spielten für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin keine maßgebliche Rolle. Trotz des schwer einstellbaren insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ I bestünde bei der Klägerin eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten und geistige Tätigkeiten ohne Leistungsdruck, ohne Wechsel- und Nachtschicht mit kleineren festgesetzten Pausen zur Essensaufnahme, Blutzuckerselbstkontrolle und Insulininjektion. Ungeeignet seien Tätigkeiten mit Absturzgefahr oder erhöhter Unfallgefahr. Durch die im Mai 1997 vorgenommene Einstellung auf Humalog könne der praktikable PEN verwendet werden. Außerdem könnte Humalog unmittelbar vor den Mahlzeiten subcutan injiziert werden. Berücksichtige man zusätzlich, dass die Blutzuckerbestimmungen mit den auf dem Markt befindlichen BZ-Testgeräten innerhalb von ein bis fünf Minuten durchführbar seien, so sei im Ergebnis festzustellen, dass die gegebenen persönlichen Verteilzeiten für die Vornahme der Blutzuckerbestimmungen, Essenseinnahmen und Injektionen ohne zusätzliche Pausen im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ausreichend seien. Hinsichtlich der im MDK-Gutachten vom 16.04.1997 diskutierten neurotischen Fehlentwicklung fehle eine Diagnosebestätigung durch einen entsprechenden Facharzt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 03.09.1998 teilte die Klägerin ergänzend mit, dass die seinerzeitige Umstellung auf Humaninsulin zwischenzeitlich wieder zurückgenommen worden sei. Mittlerweile erfolge wieder eine Behandlung mit L-SNC.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 03.09.1998 abgewiesen. Die Klägerin sei nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Als Hauptberuf der Klägerin sei die Tätigkeit als Schreibkraft anzusehen. Im Hinblick auf diesen Beruf sei sie nicht berufsunfähig. Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung läge bei der Klägerin keine Gesundheitsstörung vor, die einer körperlich leichten bis zeitweise mittelschweren vollschichtigen Erwerbstätigkeit entgegenstünde. Entsprechend der Würdigung der medizinischen Sachverständigen könne bei Einhaltung einer Diät und optimaler Insulinverabreichung bei der Klägerin ein gleichbleibender Gesundheitszustand hinsichtlich der Blutzuckerregulation erreicht werden. Auch wenn die Klägerin alle zwei Stunden Blut nehmen, spritzen und essen müsse, bestünden keine Zweifel daran, dass die unter anderem im öffentlichen Dienst gegebene persönliche Verteilzeit hierfür ausreichend sei, so dass keine zusätzlichen Pausen notwendig wären. Wie bereits im MDK-Gutachten von Dr. K ... ausgeführt, habe die Klägerin im Sinne ihrer sozialrechtlichen Mitwirkungspflicht an einer optimaleren Blutzuckereinstellung mitzuwirken. Da es sich bei der Tätigkeit als Schreibkraft regelmäßig um körperlich leichte Arbeiten handele, sei die Klägerin in ihrem bisherigen Beruf vollschichtig leistungsfähig. Soweit Dr. St ... in dem internistischen Gutachten vom Juli 1996 zu einem unter halbschichtigen Leistungsvermögen der Klägerin als Schreibkraft gekommen sei, sei diese Einschätzung durch neuere Befunde überholt. Eine vollschichtige Leistungsfähigkeit als Schreibkraft ergebe sich auch aus dem Entlassungsbericht vom 13.02.1997. Die weiteren bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen hätten nach den überzeugenden Angaben der Sachverständigen keinen wesentlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Dies gelte auch für die Einschränkung des Sehvermögens, da das Sehvermögen für die Ausführung von Schreibarbeiten auch bei Berücksichtigung vorübergehender Visusverschlechterungen ausreichend sei. Auch habe keinerlei Veranlassung bestanden, weitere Ermittlungen hinsichtlich einer möglichen neurotischen Fehlhaltung einzuleiten, da die Klägerin sich insofern in keinerlei Behandlung befinde und dies auch nicht von der behandelnden Internistin befürwortet werde. Da die Klägerin nicht berufsunfähig sei, lägen erst recht nicht die strengeren Voraussetzungen für die Gewährung einer EU-Rente im Sinne des § 44 SGB VI vor.
Gegen das der Klägerin mit Einschreiben vom 14.10.1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.11.1998 eingelegte Berufung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das SG Leipzig zwar umfangreich ermittelt habe, aber die eingeholten medizinischen Befunde falsch ausgewerte habe. Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin stünde ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit stetiger Verschlechterung und einer Sehminderung. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Sachbearbeiterin in einer Bank habe die Klägerin auf Drängen des Arbeitgebers aufgeben müssen. Da bei der Klägerin schwerwiegende Ausfälle vorlägen, wäre es dem Arbeitgeber nicht zumutbar gewesen, die Beschäftigung fortzuführen. Die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin sei mit nervlichem Stress verbunden gewesen, welcher eher die Blutzuckerschwankungen noch verschlimmert habe. Sie sei auf einen gleichmäßigen Tagesablauf angewiesen, welcher im Berufsleben nicht realisierbar sei. Trotz der Insulinbehandlung käme es häufig zu Zuckerschocks. Die Feststellung des Blutzuckers, die Essenseinnahme und Injektion setze im Arbeitsprozess viele zusätzliche Pausen voraus, welche auf dem Arbeitsmarkt nicht üblich seien. Die Klägerin benötige mindestens 20 Minuten zu ihrer Eigenbehandlung und dies bei einem Arbeitstag von acht Stunden viermal. Daneben bestünde bei der Klägerin ein Augenleiden, welches ihr auch Schwierigkeiten bereite, auf einen Computerbildschirm zu schauen. Auf Grund dieser Sehstörungen dürfe die Klägerin keine Fahrerlaubnis ablegen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Leipzig vom 03.09.1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.03.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen EU, hilfsweise BU zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte führt aus, dass das SG den festgestellten Sachverhalt zutreffend gewürdigt habe. Zusätzliche, betriebsunübliche Pausen zur Einstellung der Stoffwechsellage seien bei der Klägerin nicht notwendig. Insoweit werde auf die Studie des Max-Planck-Institutes für Arbeitsphysiologie verwiesen. Dieses habe festgestellt, dass die vom Arbeitgeber zugestandene persönliche Verteilzeit oder so genannte "stumme Pause" bei vollschichtiger Tätigkeit bis zu einer Stunde betrage; hinzu kämen noch die tariflich festgelegten Pausen. Unter den heutigen technischen Möglichkeiten sei eine Blutzuckerbestimmung auch mehrmals täglich in diesen Zeiten möglich. Auch könnten die Sehbeeinträchtigungen eine Erwerbsminderung nicht begründen, da die festgestellten Seheinschränkungen nicht mit organischen Befunden belegt werden könnten. Auch neurologisch-psychiatrischerseits lägen keine gravierenden Störungen bei der Klägerin vor.
Der Senat hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes Befundberichte der Augenärzte Dr. L ... vom 01.09.1999 und Frau Dr. H ... vom 22.04.1999 und 07.10.1999 beigezogen. Des Weiteren liegt ein Befundbericht der behandelnden Internistin Frau Dr. E ... vom 06.05.1999 vor, welchem die MDK-Gutachten vom 16.04.1997, 16.10.1996 und 30.07.1996 sowie der Entlassungsbericht vom 13.02.1997 und der Bericht über die Ergometrie vom 12.03.1998 beigefügt waren. Frau Dr. C ... erstellte am 26.06.2000 im Auftrag des Gerichts ein augenärztliches Gutachten über die Klägerin. Hiernach seien der Klägerin leichte körperliche Arbeiten, auch im Wechsel zwischen PC, Schreibtisch und Diktat, insbesondere im Hinblick auf die sehr gute Nahsehschärfe rechts möglich. Möglich sei auch eine Tätigkeit als Schreibkraft, im Fernsprechdienst, Fernschreiber, Diktataufnahme mit Stenogerät, Phonotypistin, Stenografin und eine Auskunftstätigkeit nach erfolgter Umschulung. Zwar erfülle die Klägerin nicht die allgemeinen Bedingungen nach G 37, eine Arbeit am PC sei jedoch bei besonderer Gestaltung des PC-Arbeitsplatzes möglich (Erhöhung des Kontrastes zwischen Zeichen und Bildschirmhintergrund; Vergrößerung der Schrift durch größeren Monitor und entsprechend angepasster Software; Anpassen einer entsprechenden Arbeitsbrille für 20 bis 55 cm). Verboten seien nach Unfallverhütungsvorschriften Arbeiten auf Leitern, an Maschinen und im Freien und unter Einwirkung von Gasen, Dämpfen und Nässe. Der Klägerin sei eine halbschichtige Arbeitszeit seitens der Augen möglich, darin solle die PC-Arbeit auf drei Stunden begrenzt werden. Bei fortlaufender PC-Arbeit sollten stündlich Pausen von 10 Minuten eingelegt werden. Nach der zweiten Stunde 15 Minuten, um spritzen zu können. Günstiger sei eine wechselnde Arbeit, z. B. Post sortieren, Eingangs-/Ausgangsbestätigungen erstellen, andere Schreibtischarbeiten mit PC-Arbeit. Bei derartigen Tätigkeiten sei eine Pause nach zwei Stunden für ca. 15 bis 20 Minuten ausreichend. In dieser Zeit könne die Klägerin Insulin spritzen. Die Gutachterin wies darauf hin, dass es bei der Klägerin zu einer sehr starken psychischen Überlagerungsreaktion während der Begutachtung kam und regte eine neurologisch-psychiatrische Abklärung dieses Verhaltensmusters an. Am 11.07.2000 äußerte sich Frau Dr. C ... nochmals zum zeitlichen Rahmen der der Klägerin möglichen Tätigkeit. Sie begründete die Begrenzung auf vier Stunden damit, dass ausgehend von einem Visus rechts von 0,3 mit Schwankungen nach unten auf Grund ihrer langjährigen Erfahrung als Augenarzt voraussehbar sei, dass die Leistungsfähigkeit bei längerer Arbeitszeit uneffektiv und für den Arbeitgeber unproduktiv werde. Die Möglichkeit der Fehlerquote nehme zu. Auf Grund dieser Tatsache und dass die Klägerin nie vollschichtig gearbeitet habe, sei eine halbschichtige Arbeitszeit zu vertreten und erfüllbar.
Des Weiteren wurde im Auftrag des Gerichts ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten durch Herrn Dr. Sch ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, erstellt. Der medizinische Sachverständige kam in dem Gutachten vom 25.09.2000 zu dem Ergebnis, dass auf neuropsychiatrischem Fachgebiet keine krankheitsrelevanten Störungen nachweisbar seien. Aus nervenärzlicher Sicht wäre formal zu urteilen, dass sich auf neurologischem Fachgebiet keine erkennbaren Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ergäben. Allerdings sei die psychische Belastbarkeit der Begutachteten durch Begleitumstände, die zu stärkeren Schwankungen des Blutzuckerspiegels führen bzw. durch deren Auswirkungen, durchaus auch sekundär psychovegetativ bzw. psychomental beeinträchtigt. Die Begutachtete sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vorrangig im Sitzen, jedoch auch zeitweilig im Stehen bzw. Gehen durchzuführen. Publikumsverkehr dürfte prinzipiell möglich, auf Grund von Stresssituationen und der notwendigen planbaren, aber auch unplanbaren Pausen im Zusammenhang mit den notwendigen Insulininjektionen problematisch sein. Problematisch könnten Tätigkeiten unter erhöhtem Zeitdruck werden, die bei wenig stabiler Blutzuckerregulation dann auch größere Schwankungen auslösen dürften mit den entsprechenden negativen Auswirkungen insbesondere auf die geistige Leistungsfähigkeit. Wichtig sei auch die Arbeitsatmosphäre, das heißt eine entsprechende Akzeptanz für notwendige Unterbrechungen der Tätigkeit. Unter diesen Voraussetzungen könnte durchaus eine normale wöchentliche Arbeitszeit, das heißt vollschichtig, sieben bis acht Stunden täglich verrichtet werden. Diese Aussage müsse allerdings durch ein internistisch-diabetologisches Votum gestützt werden.
Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.10.2000 mitteilte, dass derzeit erneut eine Umstellung bei der Insulinbehandlung erfolge, wurde am 11.01.2001 ein weiterer Befundbericht von Frau Dr. E ... beigezogen. Diese teilte mit, dass die Klägerin weiterhin an schlecht einstellbaren Blutzuckerwerten mit häufigen Hypoglykämien leide. Die Patientin müsse ihre Blutzuckerwerte mindestens dreimal täglich messen. Dies dauere ca. zwei bis drei Minuten.
Zur mündlichen Verhandlung vom 20.03.2001 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein Attest von Frau Dr. E ... vom 07.03.2001 vor, wonach die Klägerin sieben Mal täglich Insulin injiziert und den Blutzucker bestimmt. Wegen der Diskrepanz zum Befundbericht vom 11.01.2001 wurde die Sache vertagt und die behandelnde Internistin in der Sitzung vom 25.04.2001 als Zeugin vernommen. Sie stellte hierbei klar, dass die Aussage in dem Attest vom 07.03.2001 die zutreffende ist und beschrieb die Zuckererkrankung der Klägerin als besonders schlecht einstellbar mit häufig auftretenden Unterzuckerungen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Zeugenaussage sowie der Angaben der Klägerin wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 25.04.2001.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG), zulässig und erweist sich auch als begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung ab 01.07.2000 nach § 44 des Sechsten Buches des Sozialgerichtsgesetzes (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung des Gesetzes. Es ist das Gesetz in der Fassung bis zum 31.12.2000 anzuwenden, da der Leistungsfall für den 21.06.2000 angenommen wird. Insofern sind die angefochtenen Bescheide sowie das Urteil des Sozialgerichts Leipzig aufzuheben.
Nach § 44 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie 1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be schäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer 1. eine selbständige Tätigkeit ausübt oder 2. eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die je weilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Maßgeblich für das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit ist, ob mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden können. Nach der Rechtsprechung (BSGE 56, 64) kann trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit Erwerbsunfähigkeit vorliegen, weil der Arbeitsmarkt verschlossen ist, wenn durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung die Arbeitsfähigkeit gemindert ist oder Verweisungstätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen ausgeübt werden können. In diesen Fällen ist eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, weil fraglich ist, ob es Tätigkeiten gibt, deren Anforderungen der Versicherte gewachsen ist. Unter dem Begriff "schwere spezifische Leistungsbehinderung" werden vom BSG diejenigen Fälle erfasst, in denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hingegen trägt das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" dem Umstand Rechnung, dass auch eine Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammen genommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. Mit jeder zusätzlichen Einengung steigt die Unsicherheit, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne Weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können, (BSG, Urteil vom 19.08.1997, Az. 13 RJ 91/96). Nach Auffassung des Senats stellen die höchst unzureichend einstellbare Zuckererkrankung und die damit einhergehenden Leistungseinschränkungen bei der Klägerin eine schwere spezifische Leistungsbehinderung in diesem Sinne dar. Es wurde von der Beklagten keine Tätigkeit benannt, deren Anforderungen die Klägerin konkret gewachsen ist. Die Klägerin ist erwerbsunfähig im Sinne der genannten Vorschrift.
Es ist keine Erwerbstätigkeit ersichtlich, die die Klägerin in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben vermag oder mit welcher sie Arbeitsentgelt erzielen kann, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.
Hierbei stützt sich der Senat vorallem auf die glaubwürdige Aussage der die Klägerin seit Jahren behandelnden Internistin Frau Dr. E ... Diese hat für den Senat in der Zeugenbefragung vom 25.04.2001 nachvollziehbar die erheblichen gesundheitlichen Probleme der Klägerin und die damit einhergehenden Leistungseinschränkungen geschildert. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Klägerin auf absehbare Zeit außer Stande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Ausschlaggebend hierbei sind nicht die durch die Insulininjizierung erforderlichen Pausen, sondern die allgemein mit dem schwer einstellbaren Diabetes mellitus einhergehenden Einschränkungen. Daher kann dahinstehen, ob die notwendigen Arbeitsunterbrechungen für Blutzuckerbestimmungen, Insulininjektion und Essensaufnahme innerhalb der sogenannten "persönlichen Verteilzeit" möglich sind oder betriebsunübliche Pausen erfordern. Entscheidend ist vielmehr, dass das Leistungsvermögen der Klägerin durch die Zuckererkrankung mit häufigen Unterzuckerungen und bereits aufgetretenen Folgeerkrankungen so eingeschränkt ist, dass keine Erwerbstätigkeit mehr ersichtlich ist, die die Klägerin in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben vermag. Die Aussage von Frau Dr. E ... ist in sich schlüssig und stimmt im Wesentlichen mit den von ihr bereits im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erstatteten Befundberichten überein. Sie behandelt die Klägerin schon seit Beginn der Erkrankung im Jahre 1989 und verfügt als niedergelassene Internistin über erhebliche Erfahrungen bei der Beurteilung von Diabetes mellitus. Unter Vergleich der von ihr behandelnden Zuckererkrankten führte sie aus, dass das Leistungsvermögen der Klägerin durch die schlecht einstellbare Stoffwechsellage besonders stark herabgesetzt ist. Nach ihrer Einschätzung ginge jede Erwerbstätigkeit zu Lasten der Gesundheit. Frau Dr. E ... widerlegte insbesondere die Ausführungen von Dr. K ... im Gutachten für den MDK vom 16.04.1997, wonach eine optimale Führung des Blutzuckerstoffwechsels bei Ausnutzung der vorhandenen therapeutischen Möglichkeiten möglich sei. Wie die behandelnde Internistin mitteilte, konnte trotz mehrfachen Insulinwechsels eine optimale Zuckereinstellung nicht gefunden werden. Indiz für die schlechte Stoffwechsellage sei auch, dass noch nicht einmal während der Kur eine brauchbare Einstellung gefunden werden konnte. Auch beschrieb sie die Klägerin als eine sehr sorgfältige Patientin, die alle Blutzuckerbestimmungen notiere. Dies deckt sich mit dem von der Klägerin gewonnenen Eindruck des Senats. Diese legte zum Termin den von ihr geführten Kalender hinsichtlich der Blutzuckerbestimmungen, Injektionen und Auftreten von Zuckerschocks vor. Hiernach muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht im Hinblick auf eine Optimierung ihres Leistungsvermögens durchaus nachkommt.
Die die Klägerin besonders belastenden Unterzuckerungen treten nach Auskunft der behandelnden Internistin ohne Gesetzmäßigkeit auf. Sie sind unabhängig von der Tageszeit. Die Klägerin schilderte für den Senat überzeugend, dass die Folgen eines Zuckerschocks sie längere Zeit beeinträchtigen würden. So benötige sie mindestens eine Erholungsphase von 1 1/2 Stunden; bis die volle körperliche Leistungsfähigkeit wieder hergestellt sei, vergehe sogar ein ganzer Tag. Diese Schockzustände treten bei der Klägerin etwa alle zwei Wochen auf. Auf Grund dieser Schockzustände ist mit der behandelnden Internistin davon auszugehen, dass die Klägerin nicht zumutbar auf einen Einzelarbeitsplatz, etwa in der Registratur verwiesen werden kann. Vielmehr muss bei Auftreten von Unterzuckerungen jemand in der Nähe sein, der Hilfsmaßnahmen einleiten kann.
Darüber hinaus ist das Leistungsvermögen der Klägerin weiter eingeschränkt durch die augenärztlicherseits festgestellten Beschwerden. Die Zuckererkrankung der Klägerin hatte nämlich bereits zu Folgeschäden an den Augen geführt. Nach dem Gutachten von Frau Dr. C ... vom 26.06.2000 besteht bei der Klägerin eine Visusminderung, wobei die Sehschärfe auch je nach Höhe des Zuckerspiegels erheblich schwanken kann. Augenärztlicherseits wurden leichte körperliche Arbeiten halbschichtig für möglich gehalten. Hinsichtlich fortlaufender Arbeit am PC wurden jedoch zusätzliche Einschränkungen gemacht. Außerdem ergaben sich Einschränkungen hinsichtlich Arbeiten unter Zeitdruck, Kälte, Wind und Staubexposition, Arbeiten mit speziellen Anforderungen an das Sehvermögen, Publikumsverkehr und besondere hohe geistige Beanspruchung und Verantwortung. Eine Tätigkeit als Pförtner sei vollschichtig nicht zumutbar.
Hinzukommen die internistischerseits festgestellten Einschränkungen. Hiernach ist der Klägerin weder eine Tätigkeit in einem Großraumbüro zumutbar, da es hier regelmäßig an der notwendigen Toleranz für die Erkrankung fehlt. Andererseits kann die Klägerin auch nicht allein in einem Büro arbeiten, da bei Unterzuckerungen Hilfspersonen bereit stehen müssen. Ausgeschlossen sind auch alle Arbeiten unter Stress und Zeitdruck sowie mit Publikumsverkehr wegen der besonders labilen Stoffwechsellage. Unter Berücksichtigung all dieser Einschränkungen ist nicht ersichtlich, welche Tätigkeit, die Klägerin in gewisser Regelmäßigkeit ausführen sollte. Selbst eine Tätigkeit als Bürohilfskraft, die nach berufskundlicher Sicht als leichte Tätigkeit gilt, ist der Klägerin nicht zumutbar. Hierbei fallen regelmäßig Botengänge sowie Aufenthalte im Archiv oder Lager an, bei welchen Hilfsmaßnahmen bei Zuckerschocks nicht gewährleistet sind. Einer reinen Schreibtätigkeit, wie von der Klägerin bis zur Arbeitslosigkeit 1996 ausgeübt, steht wiederum die augenärztlicherseits erkannte Beschränkung von Schreibarbeiten auf bis zu drei Stunden entgegen. Da bei der Begutachtung auf augenärztlichen Fachgebiet auch erstmals das Ausmaß der Leistungseinschränkung durch die Augenerkrankung dokumentiert wurde, hat der Senat für diesen Zeitpunkt den Leistungsfall als erwiesen angesehen.
Soweit andere Leistungsbeurteilungen vorliegen, stehen diese dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Der begutachtende Neurologe und Psychiater Dr. Sch ... fand zwar Seitens seines Fachgebietes keine Leistungseinschränkung. Jedoch führte auch er aus, dass unter Berücksichtigung der negativen Beeinflußbarkeit des Blutzuckerniveaus psychischer Stress nicht möglich sei. Er stellte ausdrücklich klar, dass die von ihm angenommene Vollschichtigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten durch ein internistisch-diabetologisches Votum gestützt werden müsste. Unter Berücksichtigung der durch die Internistin beschriebenen Einschränkungen findet sich jedoch gerade keinerlei Verweisungstätigkeit.
Ebenso wenig steht das von Frau Dr. Sch ... im sozialgerichtlichen Verfahren erstellte Gutachten nach Aktenlage dem gefundenen Ergebnis entgegen. Frau Dr. Sch ... konnte ihr Votum lediglich nach Aktenlage erstellen. Persönlich hatte sie die Klägerin nie untersucht. Umfang und Ausmaß der bei der Klägerin auftretenden Unterzuckerungen waren der Gutachterin nicht bekannt. Sie ging vielmehr bei ihrer Stellungnahme davon aus, dass eine Insulinumstellung eine befriedigende Stoffwechsellage bringen würde. Dies hat sich jedoch gerade nicht bewahrheitet. Wie Frau Dr. E ..., die die Klägerin seit Jahren internistisch-diabetologisch begleitet, mitgeteilt hat, konnte trotz mehrfacher Insulinumstellungen keine befriedigende Stoffwechsellage erzielt werden.
Die Votierungen im Reha-Entlassungsbericht vom 13.02.1997 wurden durch die neueren Stellungnahmen von Frau Dr. C ... und Frau Dr. E ... widerlegt. Im Ergebnis des Reha-Entlassungsberichtes wurde von einer ausreichenden Stoffwechseleinstellung ausgegangen. Eine derartige Stoffwechseleinstellung konnte bei der Klägerin jedoch gerade nicht erreicht werden. Dass auch bei der Beklagten Zweifel an der damaligen Votierung aufkamen, wird aus der Stellungnahme vom 16.02.2001 deutlich, wonach auf Grund der im Befundbericht beschriebenen schlecht einstellbaren Blutzuckerwerte mit häufigen Hypoglykämien eine internistisch-diabetologische Begutachtung angeraten wurde. Eine aktuelle internistische-diabetologische Einschätzung liegt jedoch mit der ausführlichen Stellungnahme der als Zeugin vernommenen behandelnden Internistin vor. Deren Ausführungen wurden seitens der Beklagten im Termin nicht angezweifelt. Die Beklagte wurde mit der Ladung darauf hingewiesen, dass Frau Dr. E ... als Zeugin vernommen wird. Daher hatte auch die Beklagte die Möglichkeit medizinisch entsprechend unterrichtetes Personal zum Sitzungstermin zu entsenden. Eine Verweisungstätigkeit, die der Kläger nach den festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar ist, konnte nicht benannt werden. Der Verweis auf die bisherige Tätigkeit als Schreibkraft scheitert bereits an den augenärztlicherseits festgestellten Einschränkungen. Die bei der Klägerin vorgefundenen Visusschwankungen sind nach Ansicht des Senats kein Anzeichen für Aggravation, sondern Ausdruck der stark wechselhaften Stoffwechsellage.
Die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente sind bei der Klägerin ebenso erfüllt. Im Anschluss an das letzte Arbeitsverhältnis bei der Volksbank L ... von 1990 bis Oktober 1996 erhielt die Klägerin Leistungen der Krankenkasse bzw. seit dem 15.05.1997 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1, § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) hat die Klägerin zweifellos erfüllt. Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen gem. § 44 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 38 Satz 2 SGB VI vor.
Der Rentenbeginn bestimmt sich nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Da der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit nach Überzeugung des Senats mit dem Gutachten von Frau Dr. C ... auf Grund ambulanter Untersuchungen vom 21.06.2000 festgestellt wurde, beginnt die Rente zum 01.07.2000. Für die davor liegende Zeit ab Rentenantragstellung war die Klage abzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved