L 4 RA 182/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 13 RA 448/95
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 182/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 22. Juli 1999 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 03.01.2000 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Altersrente.

Der am ... geborene Kläger absolvierte ein Lehramtsstudium von Oktober 1947 bis Mai 1952 an der Universität L ... und war bis 1964 als Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik tätig. Durch Urkunde vom 01.08.1959 gewährte ihm die Regierung der DDR eine zusätzliche Altersversorgung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVI; VO vom 12.07.1951 - GBl. I, S. 675). Der Rentensatz wurde in der Urkunde auf 60 Prozent festgelegt. Der Kläger arbeitete von September 1964 bis Dezember 1970 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Leipzig; 1969 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Anschließend war er dort bis 1981 als Hochschuldozent tätig, sodann als ordentlicher Professor an der TU D ... bis Dezember 1993. Am 17.02.1993 hatte er bei der Beklagten die Regelaltersrente beantragt.

Der Zusatzversorgungsträger BfA erließ am 14.01.1994 einen Überführungsbescheid. Nachgewiesen seien Zeiten der Zugehörigkeit zur AVI vom 01.04.1959 bis 30.06.1990. Das Arbeitsentgelt wurde nach der Anlage 3 zum AAÜG begrenzt. Der Zusatzversorgungsträger erläuterte, dass der Wert der Anlage 3 zum AAÜG, vervielfältigt mit dem Umrechnungsfaktor der Anlage 10 zum SGB VI, der Beitragsbemessungsgrenze in den alten Bundesländern entspreche. Dieser Wert sei die Höchstgrenze, die in der Rentenversicherung allgemein gültig sei. Den dagegen vom Kläger am 03.02.1994 eingelegten Widerspruch (Begrenzung nach Anlage 3 zum AAÜG, Arbeitsausfalltage, Zusatzstudium) wies der Zusatzversorgungsträger zurück mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.1994. Der Wert der Anlage 3 zum AAÜG entspreche der Beitragsbemessungsgrenze. Höhere Entgelte könnten nicht festgestellt werden. Mehr als die zugunsten des Klägers berücksichtigten drei Arbeitsausfalltage könnten nicht berücksichtigt werden, weil nur diese im SV-Ausweis bescheinigt seien. Darüber hinaus zählten Stipendien für Zusatzstudien nicht zum versicherungspflichtigen Arbeitsentgelt. Auf den Überprüfungsantrag des Klägers vom 05.09.1994 stellte der Zusatzversorgungsträger zwei weitere Arbeitsausfalltage fest (Bescheid vom 20.09.1994).

Die Beklagte hatte dem Kläger Regelaltersrente bewilligt mit Bescheid vom 23.02.1994 in Höhe von 2.502,25 DM ab 01.11.1993.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein am 05.04.1994. Seine Rente sei zu niedrig. Er begehrte eine Zusatzrente aus der AVI in Höhe von 90 Prozent seines zuletzt (1993) bezogenen Gehalts. Zudem mahnte er eine Vergleichsberechnung an. Darüber hinaus sei der Gleichheitsgrundsatz verletzt, da westdeutsche Professoren höhere Altersbezüge hätten.

Mit Schreiben vom 07.07.1995 kündigte die Beklagte unter Beachtung des Bescheides des Zusatzversorgungsträgers vom 20.09.1994 die Neufeststellung der Rente sowie eine Vergleichsberechnung nach § 4 IV AAÜG an.

Am 12.07.1995 erhob der Kläger eine Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Leipzig (SG) mit dem Ziel, auf seinen Widerspruch vom 05.04.1994 einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid von der Beklagten zu erhalten. Diese erließ einen Rentenbescheid am 08.02.1996. Die Regelaltersrente des Klägers wurde neu festgestellt und betrug ab dem 01.04.1996 insgesamt 2.880,80 DM. Der Kläger erhielt für die Zeit vom 01.11.1993 bis 31.03.1996 eine Nachzahlung von 1.561,53 DM. Mit Bescheid vom 23.10.1996 stellte die Beklagte die Rente des Klägers erneut neu fest, da sie eine Vergleichsberechnung nach § 4 IV AAÜG durchgeführt habe. Da die SGB VI-Rente stets höher gewesen sei als die Rente aus der Sozialversicherung der DDR nebst der aus der Zusatzversorgung auf der Grundlage des am 31.12.1991 im Beitrittsgebiet geltenden Rentenrechts und der leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems zum 01.07.1990, werde nur die SGB VI-Rente gezahlt.

Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.1996. Leistungen aus der AVI könnten nicht erbracht werden, da die Zusatzversorgungssysteme zum 01.07.1990 geschlossen worden und zum 31.12.1991 in die gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) überführt worden seien. Den Besitzschutz aus § 4 IV AAÜG habe die Beklagte durch die durchgeführte Vergleichsberechnung beachtet. Das vom Arbeitgeber des Klägers bescheinigte Arbeitsentgelt sei berücksichtigt worden, allerdings vor der Hochwertung entsprechend der Anlage 10 zum SGB VI auf die Beitragsbemessungsgrenze Ost begrenzt worden.

Der Kläger stellte seine Klage daraufhin am 26.05.1997 um. Er begehrte nunmehr, das SG möge die Beklagte verurteilen, die im Rentenbescheid vom 23.10.1996 ausgewiesenen Beträge der Renten aus der Sozialversicherung der DDR und die Leistungen aus der Zusatzversorgung um 6,84 Prozent zu erhöhen und die Berechnung zu erläutern. Dem Verlangen nach einer Erläuterung der Berechnung kam die Beklagte am 10.09.1997 nach. Die Rente aus der Sozialversicherung hätte demnach am 01.07.1990 monatlich 766 DM betragen, die Leistung aus der Zusatzversorgung 1.514 DM, so dass der besitzgeschützte Betrag bei 2.280 DM (= 80 Prozent des letzten Bruttogehalts, allerdings handelt es sich dabei um die Summe aus SV-Rente und AVI-Leistungen) monatlich liege. Am 25.08.1998 korrigierte die Beklagte den besitzgeschützten Betrag auf 2.227 DM monatlich. Der Kläger habe zuletzt 2.850 Mark monatlich brutto verdient. Laut Urkunde der AVI habe der Kläger 60 Prozent davon aus der Zusatzversorgung beanspruchen können; dies ergebe 1.710 Mark monatlich an Leistungen aus der AVI , wobei eine Begrenzung auf 90 Prozent des Nettoverdienstes nicht vorgenommen worden sei. Im Gegensatz zur Ansicht des Klägers könne kein Anspruch in Höhe von 80 Prozent des letzten Bruttogehaltes zugrunde gelegt werden bei der Berechnung der Leistung aus der AVI, da eine Emeritierung von Professoren ab 1990 nicht mehr auf der Grundlage der Verordnung über die Vergütung der Hochschullehrer sowie der wissenschaftlichen und künstlerischen Assistenten und über die Emeritierung der Professoren vom 12.07.1951 (GBl. Nr. 85, S. 677) erfolgt sei. Deshalb sei die Emeritierung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichgestellt. Dies sei beim Kläger im Dezember 1993 geschehen, ohne dass zuvor eine Erhöhung der Leistungen aus der AVI auf 80 Prozent des letzten Bruttogehalts vereinbart worden sei.

Mit Beschluss vom 27.01.1999 trennte das SG das Verfahren über das Begehren des Klägers, ihm ab dem 01.11.1993 neben der Regelaltersrente eine Zusatzversorgung aus der AVI zu gewähren und die SV-Rente an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen, ab. Es wurde unter dem Aktenzeichen S 13 RA 42/99 fortgeführt und zum Ruhen gebracht. Der Kläger hat im Verfahren S 13 RA 448/95 beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.11.1993 Altersrente in Höhe eines über den nach den Vorschriften des SGB VI berechneten hinausgehenden, besitzgeschützen Zahlbetrages gemäß § 4 IV AAÜG unter Zugrundelegung eines Versorgungssatzes von 80 Prozent des letzten Bruttogehalts zu gewähren.

Das SG hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 22.07.1999. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine höhere als die nach dem SGB VI berechnete Rente. Ebensowenig könne er aufgrund des § 4 IV AAÜG einen höheren besitzgeschützen Zahlbetrag geltend machen. Nach dieser Vorschrift setze sich der besitzgeschützte Betrag zusammen aus der um 6,84 Prozent erhöhten Summe aus der SV-Rente und den Leistungen der AVI auf der Grundlage des am 31.12.1991 geltenden Rentenrechts im Beitrittsgebiet sowie der leistungsrechtlichen Regelungen der Zusatzversorgung bezogen auf den 01.07.1990. Der besitzgeschützte Betrag sei so lange zu zahlen, bis ihn die SGB VI-Rente erreiche. Zwar seien Professoren bei ihrer Emeritierung zum Bezug von Leistungen aus der AVI in Höhe von 80 Prozent ihres letzten Bruttogehaltes neben der Rente aus der Sozialversicherung berechtigt gewesen. Aufgrund von § 25 I Nr. 3 des Rentenangleichungsgesetzes der DDR vom 28.06.1990, das nach Art. 9 II des Einigungsvertrages in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 fortgegolten habe und aufgrund der Art. 41, 42 des Rentenüberleitungsgesetzes erst zum 31.12.1991 außer Kraft getreten sei, sei das Ergebnis der erwähnten Berechnung für die Zeit ab dem 01.07.1990 auf 90 Prozent des im letzten Jahr vor Eintritt des Versorgungsfalles bzw. vor Schließung der Zusatzversorgungssysteme durchschnittlich erzielten Nettoarbeitsentgeltes zu begrenzen gewesen. Laut Bescheinigung der TU Dresden habe der Kläger im Juni 1990 monatlich 2.314 Mark netto erzielt. Unter Berücksichtigung der Begrenzung auf 90 Prozent des Nettoentgelts ergebe sich ein besitzgeschützter Gesamtzahlbetrag von 2.082,60 DM monatlich; erhöht um 6,84 Prozent wären dies nach der Berechnung des SG 2.225,05 DM. Damit werde die nach dem SGB VI berechnete Rente nicht erreicht, die für November 1993 bei 2.443,97 DM gelegen habe. Deshalb könne dahinstehen, ob man fiktiv von einer Emeritierung des Klägers zum 01.07.1990 ausgehen müsse.

Gegen das ihm am 31.07.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt am 27.08.1999.

Er ist weiterhin der Ansicht, ihm stehe ein höherer besitzgeschützter Betrag nach § 4 IV AAÜG zu, so dass die Altersrente zu niedrig berechnet worden sei. Insbesondere dürfe dieser nicht auf 90 Prozent des zuletzt verdienten Bruttoeinkommens begrenzt werden. Da zum 01.07.1990 nach Meinung des Klägers der Betrag heranzuziehen sei, der zu zahlen gewesen wäre, wäre seinerzeit der Versorgungsfall eingetreten, müssten bei ihm zur Ermittlung des besitzgeschützten Zahlbetrages 80 Prozent des letzten Bruttogehalts als Leistung aus der AVI zugrunde gelegt werden, denn darauf hätte er - so der Kläger - bei Emeritierung einen Anspruch gehabt. Darüber hinaus müsse der geltend gemachte, um 6,84 Prozent erhöhte besitzgeschützte Zahlbetrag dynamisiert werden ab dem 01.01.1992 aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.04.1999 nach § 255a SGB VI. Das LSG für das Land Brandenburg, das SG Stralsund und das SG Dresden hätten als besitzgeschützten Betrag ebenfalls die Summe aus SV-Rente und Leistungen aus der AVI in Höhe von 80 Prozent des letzten Bruttogehaltes angesehen, ohne eine Begrenzung auf 90 Prozent des letzten Nettogehalts vorzunehmen (Urteil vom 25.07.2000 - L 5 RA 123/96, U.v. 29.06.1995 - S 1 An 47/92 bzw. U.v. 19.09.2000 - S 9 RA 823/95).

Aufgrund der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts am 28.04.1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95) sowie dem dazu ergangenen Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 03.08.1999 (B 4 RA 24/98 R) hat die Beklagte den besitzgeschützten Betrag des Klägers dynamisiert, eine Vergleichsberechnung durchgeführt und die Rente des Klägers neu berechnet (Bescheid vom 03.01.2000). Für die Zeit vom 01.11.1993 bis 31.12.1994 zahlte sie die Rente aus der Summe der SV- Rente und der dynamisierten Leistung aus der AVI, da diese höher ausfiele als die nach dem SGB VI berechnete Rente. Vom 01.01.1995 an zahlt die Beklagte die SGB VI-Rente, da diese seither vergleichsweise höher sei. Der Kläger erhielt eine Nachzahlung von 363,36 DM. Bei der Vergleichsberechnung legte die Beklagte wiederum lediglich 60 Prozent des letzten Bruttogehalts des Klägers als Leistung aus der AVI zugrunde. Sie ermittelte einschließlich der Erhöhung um 6,84 Prozent einen besitzgeschützten Betrag von 2.528,90 DM.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 22.07.1999 sowie die Bescheide der Beklagten vom 23.02.1995, 08.02.1996 und 23.10.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.12.1996 sowie den Bescheid vom 03.01.2000 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, bei der Berechnung der Rentenhöhe einen besitzgeschützen Betrag gemäß § 4 IV AAÜG zugrundezulegen, der sich aus der ab dem 01.01.1992 nach § 255a SGB VI dynamisierten Summe der Rente aus der Sozialversicherung der DDR und der Leistung aus der AVI in Höhe von 80 Prozent des letzten Bruttogehaltes mit einer anschließenden Erhöhung um 6,84 Prozent ergibt; hilfsweise, das Verfahren bezüglich der Dynamisierung des besitzgeschützten Betrages abzutrennen und das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, da Verfassungsbeschwerden gegen das Urteil des BSG vom 03.08.1999 - B 4 RA 28/98 R beim Bundesverfassungsgericht anhängig seien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 144, 151, 153 I SGG) erweist sich als unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren besitzgeschützten Betrages bei der Berechnung seiner Rente. Deshalb war auch seine Klage gegen den Bescheid vom 03.01.2000 abzuweisen. Denn dieser ist gemäß §§ 153 I, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden; der Antrag des Klägers war demgemäß als Klage gegen diesen Bescheid anzusehen, da er nach Abschluss der ersten Instanz ergangen ist (Sächsisches LSG, U.v. 10.10.2000 - L 4 RA 95/00). Auch die Klage ist unbegründet, da die SGB VI-Rente des Klägers die zu vergleichenden Beträge nach § 4 IV AAÜG und der Vorschrift des EV Nr. 9 b Satz 5 übersteigt.

Nach dem Einigungsvertrag (EV) Nr. 9 Buchstabe b Satz 4 darf bei Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten, die am 03.10.1990 leistungsberechtigt sind, bei der Anpassung nach Satz 3 Nr. 1 der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen war. Nach Satz 5 dieser Vorschrift darf bei Personen, die in der Zeit vom 04.10.1990 bis 30.06.1995 leistungsberechtigt werden, der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen gewesen wäre, wenn der Versorgungsfall im Juli 1990 eingetreten wäre.

An diese Regelung knüpft § 4 IV AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes vom 02.08.2001 (BGBl. I, 1939) an: Er setzt voraus, dass die nach den Vorschriften des SGB VI berechnete Rente in der Zeit vom 01.01.1992 bis zum 30.06.1995 beginnt, der Berechtigte einem Zusatzversorgungssystem angehörte und am 18.05.1990 seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatte. Dann ist wenigstens der Monatsbetrag, der sich als Summe aus Rente und Versorgung ergibt (auf der Grundlage des am 31.12.1991 im Beitrittsgebiet geltenden Rentenrechts und der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems zum 01.07.1990), höchstens jedoch der jeweilige Höchstbetrag nach § 10 I, II AAÜG, um 6,84 Prozent zu erhöhen. Dieser Betrag ist so lange zu zahlen, bis die SGB VI-Rente diesen Betrag erreicht, § 4 IV 1 Nr. 1 AAÜG.

Die Besitzschutzregelungen in § 4 IV 1 AAÜG und EV Nr. 9 b Satz 4, 5 schließen einander nicht aus. Folgt man dem Wortlaut, handelt es sich zwar bei dem besitzgeschützten Betrag in beiden Vorschriften um einen statischen Wert; es wird jeweils ein bestimmter Zahlbetrag garantiert, bis der Monatsbetrag der (dynamischen) SGB VI-Rente diesen erreicht.

Beide Regelungen beziehen sich dabei auf den Betrag, der als Gesamtzahlbetrag aus der Sozialpflichtversicherung und der Zusatzversorgung der DDR bei Eintritt des Versorgungsfalls im Juli 1990 zustand (Betrag der Gesamtversorgung). Ebenfalls vom Wortlaut ausgehend trifft § 4 IV AAÜG auch die günstigere Regelung, als danach der durch den EV geschützte Betrag der Gesamtversorgung nach Maßgabe des am 01.12.1991 geltenden Rechts gegebenenfals angehoben und jedenfalls um 6,84 Prozent erhöht wird (BSG, U.v. 30.08.2000 - B 5/4 RA 87/97 R).

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist aber die Interpretation der Bestandsschutzregelung des EV im Sinne einer bloßen Zahlbetragsgarantie nicht mit dem GG vereinbar. Nach seinem Urteil vom 28.04.1999 (1 BvL 32/95; 1 BvR 2105/95) ist aus Gründen des Eigentumsschutzes und der Gleichbehandlung die Zahlbetragsgarantie des EV Nr. 9 b Satz 4 dahin zu verstehen, dass der garantierte Zahlbetrag an die Lohn- und Gehaltsentwicklung anzupassen ist, wenn er für die davon betroffenen Bestandsrentner nach dem 31.12.1991 weiter bedeutsam ist, weil der Monatsbetrag der neu berechneten Rente diesen Betrag zum 01.01.1992 nicht erreicht. Diese Auslegung muss entsprechend für die Zahlbetragsgarantie des EV Nr. 9 b Satz 5 gelten, wenn die nach dem SGB VI zu gewährende Rente den garantierten Zahlbetrag nicht oder nur dann nicht erreicht, wenn der Zahlbetrag auch über den 01.01.1992 hinaus eingefroren bleibt (BSG, U.v. 30.8.2000 - B 5/4 RA 87/97 R).

Bei dieser Auslegung verdrängt § 4 IV AAÜG als spätere Rechtsvorschrift die frühere (gleichrangige) Vorschrift in EV Nr. 9 b Satz 4 und 5 für denselben Anwendungsbereich nicht; die beiden Vorschriften stehen vielmehr ergänzend nebeneinander (BSG, U.v. 30.08.2000 - B 5/4 RA 87/97 R; U.v. 03.08.1999 - B 4 RA 24/98 R zur Vergleichsberechnung nach EV Nr. 9 und § 307 b III 2 SGB VI bei Bestandsrenten aus überführten Renten).

Zur Feststellung, welcher Betrag einem ehemaligen zusatzversorgten Berechtigten, der auch zum Personenkreis des § 4 IV AAÜG gehört, als Monatsbetrag der Rente zusteht, ist daher zunächst der (fiktive) Betrag der Gesamtversorgung mit dem (ebenfalls fiktiven) Betrag der SGB VI-Rente zum 01.01.1992 gegenüberzustellen. Ergibt sich dabei, dass der Betrag der Gesamtversorgung über der SGB VI-Rente liegt, mithin die Überführung der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung zum 01.01.1992 den besitzgeschützten Zahlbetrag aus den in der DDR erworbenen Versorgungsanwartschaften noch nicht erreicht, ist der Betrag der Gesamtversorgung zu dynamisieren.

Bei Leistungsbeginn sind somit drei Beträge zu vergleichen: der Monatsbetrag der SGB VI-Rente, der statische, nicht dynamisierte, jedoch nach § 4 IV 1 AAÜG erhöhte Gesamtversorgungsbetrag (Garantiebetrag nach § 4 IV 1 AAÜG) und der vom 01.01.1992 gegebenenfalls bis zum Leistungsbeginn dynamisierte Betrag der Gesamtversorgung (Garantiebetrag nach EV Nr. 9).

Die SGB VI-Rente des Klägers betrug zu ihrem Beginn am 01.11.1993 insgesamt 2.443,97 DM. Der besitzgeschützte Betrag belief sich auf 2.367 DM, wie die Beklagte in ihrem Bescheid vom 03.01.2000 zutreffend ermittelt hat. Um 6,84 Prozent erhöht ergibt sich ein Gesamtversorgungsbetrag von 2.528 DM monatlich. Dabei war der Gesamtversorgungsbetrag allerdings auf 2.082,60 DM und damit auf 90 Prozent des im letzten Jahr vor Eintritt des Versorgungsfalls (bzw. wie hier: vor Schließung des Versorgungssystems) durchschnittlich erreichten Nettogehalts zu begrenzen (vgl. BSG, U.v. 30.08.2000 - B 5/4 RA 87/97 R; U.v. 16.11.1995 - 4 RA 33/93; U.v. 14.08.1996 - 13/4 RA 40/93). Denn maßgebend für Renten- und Versorgungszahlungen im Juli 1990 war das Rentenangleichungsgesetz der DDR (RAG) vom 28.06.1990, das am 01.07.1990 in Kraft getreten ist und die Schließung der Zusatzversorgungssysteme zum 30.06.1990 (§ 22 I RAG) sowie die Überführung der bis dahin erworbenen Anwartschaften aus zusätzlichen Versorgungssystemen in die Rentenversicherung (§ 22 III RAG) verfügte. Nach § 25 I Nr. 3 RAG war, wenn die nach der Überführung festgesetzten Renten unter dem Gesamtanspruch auf Rente der Sozialversicherung und zusätzlichen Versorgung, der als Empfänger einer zusätzlichen Versorgung am 01.07.1990 bestanden hätte, jedoch maximal 90 Prozent des Nettoverdienstes lagen, der Differenzbetrag als zusätzliche Versorgung zu zahlen.

Damit kann es, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, dahinstehen, ob der Kläger fiktiv zum 01.07.1990 emeritiert worden ist und ob ihm 60 Prozent oder 80 Prozent des letzten Bruttogehalts aus der AVI zugestanden hätten. Da sich die vom Kläger erwähnten Urteile - insbesondere die des LSG für das Land Brandenburg, des SG Stralsund und des SG Dresden - mit der Entscheidung des BSG vom 30.08.2000 nicht auseinandergesetzt haben, hat der Senat keinen Anlass, von der Rechtsprechung des BSG abzuweichen.

Erhöht man den Betrag von 2.082,60 DM um 6,84 Prozent gemäß § 4 IV AAÜG, ergibt sich ein Betrag von 2.225,04 DM, wie bereits das SG zutreffend berechnet hat. Dieser liegt unter der SGB VI-Rente. Gleiches gilt, wenn man den Gesamtanspruch von 2.082,60 DM aufgrund der für Westdeutschland geltenden Rentenanpassungen dynamisiert: Zum 01.07.1992 hätte der dynamisierte Betrag der Gesamtversorgung bei 2.142,37 DM gelegen (Erhöhung um 2,87 Prozent), zum 01.07.1993 wären es 2.235,77 DM gewesen (Erhöhung um 4,36 Prozent). Damit ist von Beginn an allein die SGB VI-Rente zu zahlen, da ihr Zahlbetrag der höchste ist.

Die Dynamisierung nach den Rentenanpassungen für Ostdeutschland kam im Gegensatz zur Ansicht des Klägers nicht in Betracht. Der Senat folgt in ständiger Rechtsprechung den Erwägungen des BSG in seinem Urteil vom 03.08.1999 - B 4 RA 24/98 R (vgl. z.B. Sächsisches LSG, U.v. 10.10.2000 - L 4 RA 95/00), zumal sich auch der Gesetzgeber diesem Konzept mit Art. 1 Nr. 1b des Zweiten AAÜG-Änderungsgesetzes vom 27.7.2001 (BGBl. I, 1939) angeschlossen hat (vgl. dazu Heller, DAngVers 2001, 66, 68). Danach wird der Zweck der Zahlbetragsgarantie am weitgehendsten erreicht, wenn die Dynamisierung des zahlbetragsgeschützten Wertes jährlich zum 01.07. nach Maßgabe der allgemeinen Anpassungsfaktoren für den aktuellen Rentenwert im Sinne des § 63 VII SGB VI erfolgt. Die Anwendung der allgemeinen Dynamisierungsvorschriften (§§ 63 VII, 68 SGB VI) auf den bestandsgeschützten Wert sichert die Aufrechterhaltung des an ihre berufliche Stellung anknüpfenden Lebensstandards zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung.

Eine wie vom Kläger geforderte Dynamisierung des bestandsgeschützten Wertes nach den Anpassungsfaktoren für den aktuellen Rentenwert/Ost (§§ 255 a, 255 b SGB VI) würde demgegenüber dazu führen, dass sich der Abstand zwischen dem zum 01.07.1990 geschützten Zahlbetrag und der SGB VI-Rente, die mit dem gleichen Wert dynamisiert wird, nicht verringern würde, wie es die Parteien des Einigungsvertrages mit der sogenannten Systementscheidung" beabsichtigt hatten, die das BVerfG in seiner erwähnten Entscheidung ausdrücklich als verfassungsgemäß angesehen hat: Mittelfristig soll danach nur noch die SGB VI- Rente gezahlt werden (vgl. dazu BSG, U.v. 29.06.2000 - B 13 RJ 29/98 R; Sächsisches LSG, U.v. 10.10.2000 - L 4 RA 95/00). Erfolgte aber die Dynamisierung des zahlbetragsgeschützten Wertes oder auch nur seines über dem Wert der SGB VI- Rente liegenden Wertes nach den Anpassungsfaktoren/Ost, liefe dies auf die dauerhafte Zuerkennung einer eigenständigen dynamisierbaren Zusatzleistung für eine kleine Gruppe der früher Zusatz- oder Sonderversorgungsberechtigten hinaus (BSG, U.v. 03.08.1999 - B 4 RA 24/98 R). Aus diesem Grund kann der Kläger von der Beklagten auch nicht die Dynamisierung des besitzgeschützten Betrages bereits ab dem 01.01.1992 verlangen.

Der Hilfsantrag war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 114 SGG nicht vorliegen (vgl. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl. 1997, Teil III Rdnr. 183). Des Weiteren kann auch das Ruhen des Verfahrens nicht angeordnet werden. Nach § 251 I 1 ZPO, der entsprechend heranzuziehen ist, hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen wäre, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Vergleichsverhandlungen führen Kläger und Beklagte nicht. Sonstige wichtige Gründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere wären Verfassungsbeschwerden gegen das erwähnte Urteil des BSG vom 03.08.1999 kein wichtiger Grund. Musterprozesse sind kein Anlass dafür, Verfahren auszusetzen (Krasney/Udsching, a.a.O.).Damit besteht auch keine Notwendigkeit, aufgrund solcher Prozesse ein entscheidungsreifes Verfahren zum Ruhen zu bringen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 20. Aufl. 1997, § 251 Rdnr. 3).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 I SGG, die Zulassung der Revision auf § 160 II Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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