L 5 RJ 180/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 14 RJ 108/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 180/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 27. April 1999 aufgehoben. Die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Der am ... geborene Kläger erlernte in der Zeit von September 1957 bis August 1960 den Beruf eines Maurers, erwarb am 31. August 1960 das entsprechende Facharbeiterzeugnis und war als solcher bis Oktober 1960 beschäftigt. Anschließend leistete er seinen Wehrdienst und wurde am 10. Juli 1962 - nach einem Sportunfall im Mai 1961 - mit einem Körperschaden von 20 Prozent entlassen. Von August 1962 bis September 1962 arbeitete der Kläger als FDJ-Instrukteur, bis November 1963 als Transport-/Chemiearbeiter, bis 1964 als Aushilfskellner, bis 1965 als Maurer, bis Dezember 1989 als Kellner und bis zur betrieblichen Kündigung zum Februar 1991 als Gaststättenleiter. Nach einer Qualifizierung vom 06. März 1970 bis zum 09. April 1970 erlangte er das Abschlusszeugnis "Teilfacharbeiter Koch/Kellner". Zuletzt war der Kläger von März 1992 bis Dezember 1993 als Lagerarbeiter/Hausmeister beschäftigt. Seitdem ist er arbeitslos und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.

Den am 29. April 1994 gestellten Rentenantrag begründete er mit einer Prellung und einem Nervenschaden am linken Arm seit dem 30. Juni 1993.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:

- der Befundbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. B ... vom 09. August 1994, - das Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dipl.-Med. M ... - Sozialmedizinischer Dienst - vom 17. November 1994, in welchem ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen und ohne häufiges Klettern oder Steigen attestiert wurde, - der Bericht der Klinik B ... vom 24. August 1995 über eine stationäre Rehabilitation vom 04. Juli bis zum 01. August 1995, aus welcher der Kläger mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Hocken und Knien, ohne häufiges Ersteigen von Leitern und Gerüsten sowie ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes mit einer bescheinigten Arbeitsunfähigkeit für vier bis sechs Wochen entlassen wurde sowie - das weitere Gutachten der Dipl.-Med. M ... vom 03. Januar 1996, in welchem ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, ohne häufiges Bücken und Klettern oder Steigen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten und ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes attestiert wurde.

Mit Bescheid vom 03. April 1994 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Auf den am 16. April 1996 erhobenen Widerspruch holte sie einen Befundbericht des Dr. B ... vom 12. September 1996 und ein Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. G ... vom 04. November 1996 ein, in welchem bei Verschleißerkrankung rechtes Kniegelenk infolge Unfall, chronischer Knochenhautentzündung des rechten Ellenbogen und Zustand nach Unterarmprellung links ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten unter Beachtung weiterer Funktionseinschränkungen bescheinigt wurde. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 1997 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger nach den sozialmedizinischen Feststellungen zwar nicht mehr als Lagerarbeiter/Hausmeister tätig sein. Er sei jedoch in der Lage, vollschichtig leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten sowie ohne häufiges Bücken, Klettern oder Steigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Ausgehend von der Tätigkeit als Lagerarbeiter sei der Kläger der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Auf die am 13. Februar 1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden die Gutachten des Arbeitsamtes D ... vom 31. März 1995 und vom 13. Februar 1997, Befundberichte der Fachärztin für Orthopädie Dr. G ... vom 01. September 1997, des Dr. B ... vom 22. September 1997 und vom 10. Dezember 1997, des Facharztes für Chirurgie Dr. L ... vom 04. Mai 1998, des Facharztes für Orthopädie Dr. S ... vom 30. April 1998 und der Fachärzte für Radiologische Diagnostik Dres. T .../ D .../K ... vom 29. Juli 1998 eingeholt. Des Weiteren hat das Gericht das fachchirurgische Gutachten des Dr. P ... vom 17. Februar 1997 - erstellt für das Sozialgericht Dresden in dem Verfahren des Klägers zum Az.: S 5 U 164/95 - beigezogen und ein fachorthopädisches Gutachten von Dr. P ... erstellen lassen. Dieser gelangte in dem Gutachten vom 29. Januar 1999, nach Untersuchung des Klägers am 28. Januar 1999, zu folgenden Feststellungen/Diagnosen:

- chronisch-rezidivierendes lumbales vertebragenes Pseudoradikulkärsyndrom beiderseits bei Pseudospondylosisthesis L 4/5 und Ostechondrose sowie Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule, - posttraumatische Arthrose mit Retropatellararthrose des rechten Kniegelenkes, - chronische Epicondylitis humeri radialis rechts mehr als links bei Zustand nach Operation Hohmann und Wilhelm rechts.

Die körperliche Leistungsfähigkeit sei durch die vorhandenen Gesundheitsstörungen eingeschränkt, wobei ein gewisses Missverhältnis zwischen dem Ausmaß des Schmerzempfindens bzw. der Intensität der angegebenen Beschwerden und den vorhandenen Befunden unübersehbar sei. Gravierende Unterschiede zu früheren Untersuchungsbefunde bestünden nicht. Der Kläger könne nur noch körperlich leichte Tätigkeiten mit vorwiegendem Sitzen, mit Stehen und Umhergehen bis 20 Prozent der täglichen Arbeitszeit, ohne Heben und Tragen von Lasten über fünf Kilogramm, ohne Zwangshaltungen des Rumpfes bzw. mit häufigen rhythmischen Rumpfbewegungen, ohne Hocken, Knien und häufiges Treppensteigen, ohne Ganzkörpererschütterungen, ohne Zwangshaltungen der Arme, insbesondere mit Überkopfarbeit aber auch langzeitiges Bedienen einer Tastatur oder andere einförmige Tätigkeiten der oberen Extremitäten, vollschichtig verrichten. Er könne viermal täglich eine Gehstrecke von 500 Metern in jeweils nicht mehr als 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen, sofern in der Regel ein Sitzplatz zur Verfügung stehe und die Fahrzeit 30 bis 45 Minuten pro Wegstrecke nicht überschreitet.

Mit Urteil vom 27. April 1999 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03. April 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 1997 verurteilt, dem Kläger vom 01. Mai 1994 bis zum 01. August 1995 Übergangsgeld mindestens in Höhe einer Berufsunfähigkeitsrente und ab dem 02. August 1995 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat als maßgeblichen Beruf die Tätigkeit als Kellner/ Gaststättenleiter angenommen und diese - auf Grund der langjährigen Ausübung - dem Leitberuf des Facharbeiters zugeordnet. Der Berufsschutz sei durch die Aufnahme der letzten Tätigkeit als Lagerarbeiter nicht entfallen, da diese nur zur Überbrückung der Arbeitslosigkeit aufgenommen worden sei und der Kläger immer die Rückkehr in den ursprünglichen Beruf (Wunsch zur Eröffnung eines eigenen Café) geplant habe. Die Frage, ob eine Wehrdienstbeschädigung nach § 81 Soldatenversorgungsgesetz mit der Folge einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI in Betracht komme, sei deshalb nicht mehr entscheidungserheblich. Nach den medizinischen Feststellungen bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten, vorwiegend im Sitzen und ohne volle Belastbarkeit beider Arme. Eine Tätigkeit als Kellner oder Gaststättenleiter könne nicht mehr ausgeübt werden.

Die Beklagte macht mit der am 09. Juli 1999 fristgemäß bei dem Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung geltend, als maßgeblicher Beruf sei die von März 1992 bis Dezember 1993 verrichtete Tätigkeit als Hausmeister zugrunde zu legen. Als angelernter Arbeitnehmer des oberen Bereichs sei der Kläger zumutbar auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle, der Registratur oder in der Materialverwaltung eines Gewerbebetriebes oder einer Behörde verweisbar. Ernsthafte Bemühungen zur Rückkehr in seinen früheren Beruf als Kellner und Gaststättenleiter seien nicht ersichtlich. Allein das Vorhaben, später ein Café eröffnen zu wollen, reiche nicht aus. Zudem sei unter Annahme der Tätigkeit als Kellner und Gaststättenleiter ein Facharbeiterstatus sehr fraglich. Ein Berufsschutz als Maurer infolge einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung gemäß § 53 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VI wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz komme nicht in Betracht. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Schädigungstatbestand "Unfall bei der Armee" und einem behaupteten rentenrechtlichen Leistungsfall, also ein ursächlicher (innerer) nicht unbedingt zeitlicher Zusammenhang bestehe nicht. In der Bescheinigung vom 18. Juni 1962 werde ausgeführt, dass der Unfall bei der NVA im Mai 1961 für das Ausmaß der Schädigung nicht von großer Bedeutung sei. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten medizinischen Unterlagen sei eine gravierende Verschlechterung nicht eingetreten. Da die Fähigkeit für Handarbeiten durch das Taubheitsgefühl und die vom Kläger jetzt geschilderte leichte Kraftminderung eingeschränkt seien könnten, werde von der Verweisungstätigkeit des Mitarbeiters in einer Poststelle Abstand genommen. Für die Tätigkeit eines Pförtners bestehe jedoch ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 27. April 1999 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, sein Gesundheitszustand habe sich bezüglich seiner Beine und Hände verschlechtert und für Februar 2002 sei eine Operation wegen des Karpaltunnelsyndroms geplant.

Der Senat hat einen Befundbericht des Prof. Dr. Z ..., Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikum C ... D ..., vom 09. Januar 1999, des Facharztes für Orthopädie Dr. S ... vom 22. September 2000 und des Facharztes für Neurologie-Psychiatrie Dr. P ... vom 17. September 2000 sowie zum Vermittlungsbegehren des Klägers eine Auskunft des Arbeitsamtes D ... vom 21. Juni 2001 eingeholt. Des Weiteren hat der Senat die Personalakte des Klägers vom Konsum D ... beigezogen und zur Tätigkeit als Gaststättenleiter eine Auskunft der Zeugin A ... W ... vom 24. Juli 2001 eingeholt.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen, die Akte des Sozialgerichts Dresden zum Verfahren S 5 U 164/95 und die Leistungsakte des Arbeitsamtes D ... (Band I) zur Stamm-Nr. 36409. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Zu Unrecht hat das Sozialgericht Dresden (SG) die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03. April 1996 in der Gestalt Kläger vom 01. Mai 1994 bis zum 01. August 1995 Übergangsgeld mindestens in Höhe einer Berufsunfähigkeitsrente und ab dem 02. August 1995 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, weil dem Kläger ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zusteht.

Der Kläger ist nicht berufsunfähig (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte desjenigen eines körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und nach seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).

Entgegen der Auffassung des SG ist als bisheriger Beruf nicht die Tätigkeit als Kellner/Gaststättenleiter, sondern die des Transportarbeiters (Lagerarbeiter/Hausmeister) festzustellen, welche der Kläger vollwertig, bewusst und gewollt von März 1992 bis zum Arbeitsunfall am 30. Juni 1993 zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt hat. Auf die vom SG angenommene und bis Februar 1991 verrichtete Tätigkeit als Kellner und Gaststättenleiter kann nicht abgestellt werden, denn eine rentenrelevante gesundheitsbedingte Lösung liegt nicht vor. Sofern ein Versicherter eine neue Tätigkeit nur aufnimmt, um Zeiten der Arbeitslosigkeit zu überbrücken, handelt es sich lediglich um eine vorläufige, nicht auf Dauer ausgerichtete Berufsausübung, die versicherungsrechtlich unerheblich ist und einen bisherigen Berufsschutz grundsätzlich nicht entfallen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1988, Az.: 8/5a RKn 9/96). Dennoch kann auch eine zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit aufgenommene Tätigkeit insbesondere dann auf Dauer ausgerichtet sein, wenn sich der Versicherte damit abgefunden hat, dass eine Rückkehr zum früheren Beruf nicht möglich ist und die Ausübung des neuen Berufes zwangsläufig auf Dauer gerichtet sein muss, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Zwangsläufigkeit dem Willen des Versicherten entspricht. Der Rückkehrwille ist nur insoweit bedeutsam, als er auch realisierbar ist, das heisst, solange der Versicherte eine reelle Chance hat und sie zu nutzen versucht (vgl. BSG a.a.O.). Der Kläger hat nicht dargelegt, sich seit März 1991 dauerhaft um eine erneute Anstellung als (abhängiger) Gaststättenleiter auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt beworben zu haben. Die diesbezüglich eingeholte Auskunft des Arbeitsamtes D ... vom 21. Juni 2001 kann ein entsprechendes Vermittlungsersuchen nicht bestätigen, da der Datenbestand erst ab 1995 gespeichert ist. Vielmehr hat sich der Kläger das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma L ... als Transportarbeiter (Lagerarbeiter/Hausmeister) unter dem Druck des gegenwärtigen Arbeitsmarktes selbst gesucht. Sofern der Kläger vorträgt, er habe immer die Eröffnung eines eigenen Café geplant, ist dies zur Manifestierung eines Rückkehrwillens nicht ausreichend. Denn die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Gastwirt unterfällt nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht (§ 2 SGB VI). Die Tätigkeit als Transportarbeiter hat der Kläger von März 1992 bis zum Eintritt des Arbeitsunfalls am 30. Juni 1993 über 18 Monate, also über einen mehr als nur vorübergehenden Zeitraum, ausgeübt. Im Wege der vorzunehmenden ex post - Betrachtung ergibt sich hieraus die Resignation zur Rückkehr in den früheren (abhängigen) und das Abfinden mit dem gegenwärtigen Beruf unter dem Druck des Arbeitsmarktes. Es kann mangels entsprechender medizinischer Unterlagen bzw. Atteste auch nicht festgestellt werden, dass das Leistungsvermögen des Klägers zum Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme als Transportarbeiter bei der Firma L ... für die Tätigkeit als Gaststättenleiter auf ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen abgesunken gewesen war. Des Weiteren kann auch nicht auf die den Beginn seiner beruflichen Tätigkeit darstellende Maurertätigkeit abgestellt werden. Diese hat er nur von September 1957 bis Oktober 1960 und damit vor Erfüllung der zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 50 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VI erforderlichen Wartezeit von fünf Jahren ausgeübt. Aus dieser, unstreitig als Facharbeitertätigkeit zu qualifizierenden Tätigkeit, resultiert auch kein entsprechender Berufsschutz im Wege der vorzeitigen Wartezeiterfüllung gemäß § 53 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VI. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, wird in dem medizinischen Attest der Orthopädischen Klinik, Dienstelle Bad S ..., Nationale Volksarmee, vom 18. Juni 1962 bestätigt, dass der Unfall bei der NVA im Mai 1961 für das Ausmaß der Schädigung nicht von großer Bedeutung gewesen ist und sich auch bei alltäglicher Belastung im zivilen Sektor der sich bei der Operation vorliegende Befund ergeben hätte. Der insoweit nach § 81 Soldatenversorgungsgesetz zur Annahme einer Wehrdienstbeschädigung kausale, innere Zusammenhang besteht nicht.

Den Beruf als Lagerarbeiter/Hausmeister kann der Kläger nicht mehr vollwertig verrichten. Die mit dieser Tätigkeit verbundenen mittel- und teilweise schweren Arbeiten sind mit seinem Gesundheitszustand nicht mehr vereinbar. Hiervon geht auch die Beklagte aus.

Dennoch liegt Berufsunfähigkeit bei dem Kläger nicht vor. Er ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht (BSG) ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Jeder Versicherte kann auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter im oberen Bereich auf angelernte und ein solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.).

Als Transportarbeiter ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Dies ergibt sich aus seinen eigenen Darstellungen im Verwaltungsverfahren, da er für die Tätigkeit als Transportarbeiter (Lagerarbeiter/Hausmeister) eine Berufsausbildung nicht absolviert hat. Hierfür spricht auch die Auskunft seines Arbeitgebers vom 12. Februar 1996, wonach es sich um eine ungelernte Arbeit, welche innerhalb von drei Monaten erlernt werden kann, gehandelt hat. Insofern ist der Kläger sozial zumutbar grundsätzlich auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass diese konkret benannt werden müssten.

Für körperlich leichte Arbeiten, vorwiegend im Sitzen und ohne volle Belastbarkeit beider Arme, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne häufiges Bücken, Klettern oder Steigen, besteht seit der Rentenantragstellung ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Den entsprechenden Feststellungen des SG schließt sich der Senat nach Überprüfung vollumfänglich an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz). Gravierende Gesundheitsverschlechterungen konnten im Berufungsverfahren nicht festgestellt werden. Die vom Kläger behauptete Instabilität im rechten Sprunggelenk hat Prof. Dr. Z ... bei eigener ambulanter Untersuchung in Übereinstimmung mit den vorhandenen Röntgenbefunden in seinem Bericht vom 09. Januar 1999 nicht bestätigt. Der behandelnde Orthopäde Dr. S ... gelangte in seinem Bericht vom 22. September 2000 zu der Auffassung, dass der Kläger mit Mühe viermal täglich jeweils 500 Meter in weniger als 20 Minuten gehen kann. Objektive Befunde für eine Zervicobrachialsyndrom liegen bei neurologisch negativen Befunden hinsichtlich eines Radikulärsyndroms und unaufälligem EMG nicht vor. Eine Gesundheitsverschlechterung mag insoweit vorliegen, als nach den Angaben des Klägers die Fähigkeit für Handarbeiten durch das Taubheitsgefühl und die leichte Kraftminderung in den Händen eingeschränkt ist, wobei objektiv von den behandelnden Ärzten weder eine Handmuskelatrophie, noch eine Handmuskelschwäche mitgeteilt worden ist. Dr. P ... hat in seinem Bericht vom 17. September 2000 für die vom Kläger angegebenen Beschwerden ein Karpaltunnelsyndrom als möglich erachtet und eine operative Behandelbarkeit bekundet.

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist der Kläger nicht berufsunfähig. Bei einem auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbaren Versicherten bedarf (4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 117) nur dann der konkreten Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit, wenn selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch mit vielfältigen und/oder erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen ausgeführt werden können. Es kann dahinstehen, ob wegen der vom Kläger behaupteten Einschränkung für Handarbeiten durch das Taubheitsgefühl und die leichte Kraftminderung in den Händen sein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt soweit eingeschränkt ist, als dass selbst leichte, andauernde manuelle Tätigkeit mit den Händen (gegenwärtig ohne mögliche Karpaltunneloperation) nicht mehr möglich sind und wegen des Erfordernisses der überwiegenden sitzenden Körperhaltung eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist. Denn mit dem vorbezeichneten Leistungsvermögen ist der Kläger seit der Rentenantragstellung in der Lage, die Tätigkeit eines Pförtners vollschichtig zu verrichten. Nach den Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 17. November 2000 zur Tätigkeit eines Pförtners, welche dem berufskundlichen Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin S ... H ... vom 07. Januar 2000 (erstellt für das Sächsische Landessozialgericht zum Az.: L 5 RJ 167/98) entsprechen, gehört zum Aufgabengebiet im Wesentlichen das Empfangen und Weiterleiten von Besuchern, Betriebsangehörigen u.ä., gegebenenfalls das Prüfen von Legitimationen, Anmelden und Weiterleiten der Besucher, Ausstellen der Besucherscheine sowie das Erteilen von Auskünften. Je nach Arbeitsplatzgestaltung fallen auch das Bedienen der Telefonanlage, Postverteilung, Durchführung von Kontrollgängen an. Die Arbeit ist generell körperlich leicht und wird in der Pförtnerloge überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet. Die volle Belastbarkeit beider Arme, häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten sowie häufiges Bücken, Klettern oder Steigen fallen hierbei nicht an. Auf Grund des Publikumsverkehrs kommt es zum Teil durch stoßweise Arbeitsbelastung (z.B. Schichtwechsel, Arbeitsende) zu Zeitdruck. In psychischer Hinsicht sind Reaktionsvermögen, Entschlusskraft, Handlungsbereitschaft, Besonnenheit und Umsichtigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Unbestechlichkeit erforderlich. Einschränkungen in diesem Bereich sind in den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht festgestellt worden. Im Gegensatz zum gehobenen Pförtner (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1991, Az. 13/5 RJ 29/89) handelt sich hierbei nicht ausschließlich um Schonarbeitsplätze. Arbeitsplätze für einfache Pförtner stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in genügender Anzahl zur Verfügung. "Einfache" Pförtner, deren Aufgabenbereich in der Überwachung und Abwicklung des Besucherverkehrs einer Dienststelle oder Einrichtung derselben besteht, werden z.B. im öffentlichen Dienst nach der Lohngruppe 2 Nr. 1.9 des "Manteltarifvertrages für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes und der Länder" (MTArb) bezahlt. Bei in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten besteht die Vermutung, dass es Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gibt (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102 m.w.N.)

Eine weitere Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es dem Kläger auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit (hier als Pförtner) aufzunehmen, sogenannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137) liegen nicht vor. Insbesondere ist er nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von seiner Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Dem steht auch nicht entgegen, dass er die Wegstrecke nur eventuell unter Zuhilfenahme einer Gehhilfe zurücklegen kann. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 - 5a RKn 18/83 - SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss er während der Arbeitszeit nicht einhalten.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24).

Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 - BGBl. 2000, Teil I, Seite 1827) nicht erfüllt.

Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a.F. resultiert aus der Rentenantragstellung vom 29. April 1994 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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