Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 15 RJ 231/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 226/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. April 2000 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat.
Die am ...geborene Klägerin hat nach der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zur Frisörin bis zum 30. September 1993 in diesem Beruf gearbeitet. Im Anschluss bezog sie ab Oktober 1993 Arbeitslosengeld. Am 19. April 1994 beantragte sie Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit und begründete dies mit Rückenbeschwerden.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 1996 wies die Beklagte den Antrag ab. Dieser Entscheidung lagen die Gutachten des ärztlichen Dienstes des Arbeitsamts Dresden vom 30. Dezember 1993 und von Dipl.-Med. Müller vom 29. Februar 1996 auf orthopädischem Fachgebiet zugrunde.
Hiergegen hat die Klägerin das Sozialgericht Dresden (SG) angerufen. Dieses hat Auskünfte des Landesarbeitsamtes Sachsen vom 9. Dezember 1996 und vom 19. August 1997, des Frisörbetriebs "RYF" vom 30. April 1998, der ÖTV vom 23. Juli 1999 sowie eine Auskunft des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit vom 2. November 1999 beigezogen. Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte hat es ein am 14. September 1999 erstelltes Gutachten über das Leistungsvermögen auf orthopädischem Fachgebiet von Dr. med. Juschten eingeholt.
Mit Urteil vom 28. April 2000 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01. April 1994 zu gewähren. Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten mit häufigem Wechsel zwischen sitzender, stehender und gehender Position vollschichtig verrichten. Vermieden werden müssten überwiegend stehende, überwiegend sitzende Tätigkeiten bzw. solche, welche mit häufigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 5 kg und äußerlicher Kälteeinwirkung verbunden seien. Die Rezeptionistentätigkeit sei nicht als Verweisungsberuf geeignet, da auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze für Rezeptionistinnen im Frisörsalon nicht in nennenswerter Zahl vorhanden seien.
Hiergegen richtet sich die am 01. September 2000 eingegangene Berufung der Beklagten, welche vorträgt, die Tätigkeit einer Rezeptionistin im Frisörsalon entspreche dem Leistungsvermögen der Klägerin und sei auf dem Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswerter Zahl vorhanden.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28.04.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Weiter beantragt sie, Herrn Dr. P ..., Krankenhaus ..., gemäß § 109 SGG gutachterlich zu hören.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das SG Berufsunfähigkeit der Klägerin bejaht. Den Ausführungen des SG zum Hauptberuf der Klägerin, ihrem verbliebenen Leistungsvermögen und der Einordnung in das vom Bundessozialgericht entwickelte zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.
Der Senat folgt jedoch nicht der Auffassung des SG, wonach die Tätigkeit der Rezeptionistin nicht als Verweisungstätigkeit benannt werden kann, da es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Arbeitsplätze in nennenswerter Zahl gebe. Zwar wird zutreffend erkannt, dass die Auskünfte des Frisörbetriebs "RYF", der ÖTV und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nicht ergiebig sind. Weder zur Anzahl vorhandener Stellen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zur Frage des Schonarbeitsplatzes werden insoweit schlüssige Ausführungen gemacht. Insoweit wird wiederum auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.
Entgegen der Auffassung des SG überzeugen jedoch die Ausführungen von Frau Hochheim in ihrem Gutachten vom 07. Januar 1998 und der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Mai 1999, die zwar in einem anderen Verfahren erstellt, jedoch in das vorliegende Verfahren eingeführt wurden. Danach existieren Arbeitsplätze für Rezeptionistinnen ab einer Beschäftigtenzahl von mehr als fünf Mitarbeitern im Frisörsalon auf dem allgemein Arbeitsmarkt. Die erstinstanzliche Entscheidung stützt sich insbesondere auf die Tabelle des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden zum Stichtag 30. September 1994. Danach entfällt sinngemäß lediglich für 35.761 von 54.085 Frisörbetrieben die Möglichkeit, eine Stelle als Rezeptionistin vorzuhalten. Dies ermöglicht jedoch nicht, davon auszugehen, dass diese Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr in nennenswertem Umfang anzutreffen sei. Denn immerhin ist es in 14.673 Unternehmen wahrscheinlich, dass eine solche Stelle vorhanden ist, wohingegen es bereits in über 3.500 Unternehmen im Bundesgebiet zum Stichtag 30. September 1994 mit Sicherheit Rezeptionistinnenstellen gab. Hierfür spricht auch, dass die Tätigkeit als Rezeptionistin in den einschlägigen Tarifverträgen benannt ist. Dadurch, dass die Tarifvertragsparteien diese Tätigkeit in ihrer Bezahlung regeln, ergibt sich, dass eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden ist. Ansonsten wäre eine Regelung über einen Tarifvertrag nicht erforderlich. Soweit auf dem sächsischen Arbeitsmarkt eine solche Stelle nicht oder nicht in größerem Umfange zur Verfügung steht, ist festzuhalten, dass der sächsische Arbeitsmarkt möglicherweise von Kleinunternehmen bis zu fünf Beschäftigten geprägt wird, was in Ballungsgebieten, wie etwa Hamburg oder dem Ruhrgebiet nicht der Fall ist. Der sächsische Arbeitsmarkt ist jedoch nicht isoliert zu betrachten, vielmehr kommt es auf den gesamten bundesdeutschen Arbeitsmarkt an (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Rdnr. 85 zu § 43 SGB VI).
Mit dem festgestellten vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Arbeiten mit häufigem Wechsel zwischen sitzender, stehender und gehender Position bei Meidung überwiegend stehender, überwiegend sitzender Tätigkeiten sowie solcher, welche mit häufigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sowie äußerlicher Kälteeinwirkung verbunden sind, steht fest, dass die Tätigkeit der Repezptionistin im Frisörsalon dem Leistungsvermögen der Klägerin entspricht. Nach dem Gutachten von Frau S ... vom 07. Januar 1998 ist die Tätigkeit einer Rezptionistin in einem Frisörsalon eine körperlich leichte Tätigkeit, die im Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet wird. Überwiegend einseitige Körperhaltungen oder häufige Überkopfarbeiten fallen nicht an. Nach der ergänzenden Stellungnahme von Frau Hochheim vom 21. Mai 1999 entspricht die Einstufung der Tätigkeit als körperlich leichte Tätigkeit den Refa-Definitionenen, wie sie in der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Mai 1999 zitiert werden. Hierbei handelt es sich nicht um Schonarbeitsplätze. Die Übernahme einer Tätigkeit als Rezeptionistin stellt auch keinen unzumutbaren beruflichen Abstieg im Sinne des Stufenschemas des BSG dar. Hierbei hat die Höhe der Entgeltdifferenz zwischen dem bisherigen Beruf und der Verweisungstätigkeit außer Acht zu bleiben. Die Zumutbarkeit wird durch die Einordnung in das Mehr-Stufen-Schema bestimmt; es kann nur auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des BSG sollen Verweisungstätigkeiten zunächst in der nächstniedrigeren Tarifgruppe des maßgeblichen Tarifvertrages gesucht werden (Niesel in Kasseler Kommentar, Rdnr. 102 zu § 43 SGB VI unter Hinweis auf BSG in SozR 2200, § 1246 Nr. 149). Diese sind somit zumutbar. Die Tätigkeit als Rezeptionistin ist in den einschlägigen Tarifverträgen jeweils in der selben Gruppe wie Friseuse oder aber der nächstniedrigeren Gruppe benannt.
Ein weiteres Gutachten gem. § 106 SGG war nicht verlasst. Nach Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2000 zur Verweisungstätigkeit der Rezeptionistin im Fisörsalon erfolgte kein Hinweis der Klägerin darauf, dass sich etwa ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe. Das bloße Bestreiten, dass die Klägerin eine Tätigkeit als Rezeptionistin aufnehmen könne, reicht nicht aus, um weiteren Ermittlungsbedarf hervorzurufen.
Dem Antrag der Klägerin, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, war nicht zu entsprechen. Der Senat hat insoweit von seinem Ermessen gem. § 109 SGG Gebrauch gemacht, weil der Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher als im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellt wurde. Der Klägerin war angesichts dessen, dass der Senat mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2000 auf die von ihm vertretene Auffassung zur Verweisbarkeit auf die Tätigkeit einer Rezeptionistin in einem Frisörsalon hingewiesen hat, erkennbar, dass der Senat die Beweiserhebung als abgeschlossen angesehen hat und insbesondere die medizinische Seite des Falles nicht mehr als problematisch ansah. In diesem Falle hätte spätestens vier Wochen nach Erhalt dieses Schriftsatzes, also bis spätestens 5. November 2000, ein entsprechender Antrag gestellt werden müssen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, Rdnr. 8a zu § 109 SGG). Obwohl es einer sorgfältigen Prozessführung entsprochen hätte, den Antrag so früh wie möglich zu stellen, erfolgte die Antragstellung erst in der mündlichen Verhandlung. Damit wurde nicht das getan, was jedem einleuchten muss (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdnr. 11 zu § 109 SGG). Die Einholung eines Gutachtens hätte die Erledigung des nach Ansicht des Senates entscheidungsreifen Rechtsstreits verzögert. Gründe dafür, den Antrag dennoch zuzulassen, lagen nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat.
Die am ...geborene Klägerin hat nach der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zur Frisörin bis zum 30. September 1993 in diesem Beruf gearbeitet. Im Anschluss bezog sie ab Oktober 1993 Arbeitslosengeld. Am 19. April 1994 beantragte sie Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit und begründete dies mit Rückenbeschwerden.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 1996 wies die Beklagte den Antrag ab. Dieser Entscheidung lagen die Gutachten des ärztlichen Dienstes des Arbeitsamts Dresden vom 30. Dezember 1993 und von Dipl.-Med. Müller vom 29. Februar 1996 auf orthopädischem Fachgebiet zugrunde.
Hiergegen hat die Klägerin das Sozialgericht Dresden (SG) angerufen. Dieses hat Auskünfte des Landesarbeitsamtes Sachsen vom 9. Dezember 1996 und vom 19. August 1997, des Frisörbetriebs "RYF" vom 30. April 1998, der ÖTV vom 23. Juli 1999 sowie eine Auskunft des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit vom 2. November 1999 beigezogen. Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte hat es ein am 14. September 1999 erstelltes Gutachten über das Leistungsvermögen auf orthopädischem Fachgebiet von Dr. med. Juschten eingeholt.
Mit Urteil vom 28. April 2000 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01. April 1994 zu gewähren. Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten mit häufigem Wechsel zwischen sitzender, stehender und gehender Position vollschichtig verrichten. Vermieden werden müssten überwiegend stehende, überwiegend sitzende Tätigkeiten bzw. solche, welche mit häufigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 5 kg und äußerlicher Kälteeinwirkung verbunden seien. Die Rezeptionistentätigkeit sei nicht als Verweisungsberuf geeignet, da auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze für Rezeptionistinnen im Frisörsalon nicht in nennenswerter Zahl vorhanden seien.
Hiergegen richtet sich die am 01. September 2000 eingegangene Berufung der Beklagten, welche vorträgt, die Tätigkeit einer Rezeptionistin im Frisörsalon entspreche dem Leistungsvermögen der Klägerin und sei auf dem Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswerter Zahl vorhanden.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28.04.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Weiter beantragt sie, Herrn Dr. P ..., Krankenhaus ..., gemäß § 109 SGG gutachterlich zu hören.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das SG Berufsunfähigkeit der Klägerin bejaht. Den Ausführungen des SG zum Hauptberuf der Klägerin, ihrem verbliebenen Leistungsvermögen und der Einordnung in das vom Bundessozialgericht entwickelte zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.
Der Senat folgt jedoch nicht der Auffassung des SG, wonach die Tätigkeit der Rezeptionistin nicht als Verweisungstätigkeit benannt werden kann, da es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Arbeitsplätze in nennenswerter Zahl gebe. Zwar wird zutreffend erkannt, dass die Auskünfte des Frisörbetriebs "RYF", der ÖTV und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nicht ergiebig sind. Weder zur Anzahl vorhandener Stellen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zur Frage des Schonarbeitsplatzes werden insoweit schlüssige Ausführungen gemacht. Insoweit wird wiederum auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.
Entgegen der Auffassung des SG überzeugen jedoch die Ausführungen von Frau Hochheim in ihrem Gutachten vom 07. Januar 1998 und der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Mai 1999, die zwar in einem anderen Verfahren erstellt, jedoch in das vorliegende Verfahren eingeführt wurden. Danach existieren Arbeitsplätze für Rezeptionistinnen ab einer Beschäftigtenzahl von mehr als fünf Mitarbeitern im Frisörsalon auf dem allgemein Arbeitsmarkt. Die erstinstanzliche Entscheidung stützt sich insbesondere auf die Tabelle des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden zum Stichtag 30. September 1994. Danach entfällt sinngemäß lediglich für 35.761 von 54.085 Frisörbetrieben die Möglichkeit, eine Stelle als Rezeptionistin vorzuhalten. Dies ermöglicht jedoch nicht, davon auszugehen, dass diese Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr in nennenswertem Umfang anzutreffen sei. Denn immerhin ist es in 14.673 Unternehmen wahrscheinlich, dass eine solche Stelle vorhanden ist, wohingegen es bereits in über 3.500 Unternehmen im Bundesgebiet zum Stichtag 30. September 1994 mit Sicherheit Rezeptionistinnenstellen gab. Hierfür spricht auch, dass die Tätigkeit als Rezeptionistin in den einschlägigen Tarifverträgen benannt ist. Dadurch, dass die Tarifvertragsparteien diese Tätigkeit in ihrer Bezahlung regeln, ergibt sich, dass eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden ist. Ansonsten wäre eine Regelung über einen Tarifvertrag nicht erforderlich. Soweit auf dem sächsischen Arbeitsmarkt eine solche Stelle nicht oder nicht in größerem Umfange zur Verfügung steht, ist festzuhalten, dass der sächsische Arbeitsmarkt möglicherweise von Kleinunternehmen bis zu fünf Beschäftigten geprägt wird, was in Ballungsgebieten, wie etwa Hamburg oder dem Ruhrgebiet nicht der Fall ist. Der sächsische Arbeitsmarkt ist jedoch nicht isoliert zu betrachten, vielmehr kommt es auf den gesamten bundesdeutschen Arbeitsmarkt an (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Rdnr. 85 zu § 43 SGB VI).
Mit dem festgestellten vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Arbeiten mit häufigem Wechsel zwischen sitzender, stehender und gehender Position bei Meidung überwiegend stehender, überwiegend sitzender Tätigkeiten sowie solcher, welche mit häufigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sowie äußerlicher Kälteeinwirkung verbunden sind, steht fest, dass die Tätigkeit der Repezptionistin im Frisörsalon dem Leistungsvermögen der Klägerin entspricht. Nach dem Gutachten von Frau S ... vom 07. Januar 1998 ist die Tätigkeit einer Rezptionistin in einem Frisörsalon eine körperlich leichte Tätigkeit, die im Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet wird. Überwiegend einseitige Körperhaltungen oder häufige Überkopfarbeiten fallen nicht an. Nach der ergänzenden Stellungnahme von Frau Hochheim vom 21. Mai 1999 entspricht die Einstufung der Tätigkeit als körperlich leichte Tätigkeit den Refa-Definitionenen, wie sie in der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Mai 1999 zitiert werden. Hierbei handelt es sich nicht um Schonarbeitsplätze. Die Übernahme einer Tätigkeit als Rezeptionistin stellt auch keinen unzumutbaren beruflichen Abstieg im Sinne des Stufenschemas des BSG dar. Hierbei hat die Höhe der Entgeltdifferenz zwischen dem bisherigen Beruf und der Verweisungstätigkeit außer Acht zu bleiben. Die Zumutbarkeit wird durch die Einordnung in das Mehr-Stufen-Schema bestimmt; es kann nur auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des BSG sollen Verweisungstätigkeiten zunächst in der nächstniedrigeren Tarifgruppe des maßgeblichen Tarifvertrages gesucht werden (Niesel in Kasseler Kommentar, Rdnr. 102 zu § 43 SGB VI unter Hinweis auf BSG in SozR 2200, § 1246 Nr. 149). Diese sind somit zumutbar. Die Tätigkeit als Rezeptionistin ist in den einschlägigen Tarifverträgen jeweils in der selben Gruppe wie Friseuse oder aber der nächstniedrigeren Gruppe benannt.
Ein weiteres Gutachten gem. § 106 SGG war nicht verlasst. Nach Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2000 zur Verweisungstätigkeit der Rezeptionistin im Fisörsalon erfolgte kein Hinweis der Klägerin darauf, dass sich etwa ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe. Das bloße Bestreiten, dass die Klägerin eine Tätigkeit als Rezeptionistin aufnehmen könne, reicht nicht aus, um weiteren Ermittlungsbedarf hervorzurufen.
Dem Antrag der Klägerin, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, war nicht zu entsprechen. Der Senat hat insoweit von seinem Ermessen gem. § 109 SGG Gebrauch gemacht, weil der Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher als im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellt wurde. Der Klägerin war angesichts dessen, dass der Senat mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2000 auf die von ihm vertretene Auffassung zur Verweisbarkeit auf die Tätigkeit einer Rezeptionistin in einem Frisörsalon hingewiesen hat, erkennbar, dass der Senat die Beweiserhebung als abgeschlossen angesehen hat und insbesondere die medizinische Seite des Falles nicht mehr als problematisch ansah. In diesem Falle hätte spätestens vier Wochen nach Erhalt dieses Schriftsatzes, also bis spätestens 5. November 2000, ein entsprechender Antrag gestellt werden müssen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, Rdnr. 8a zu § 109 SGG). Obwohl es einer sorgfältigen Prozessführung entsprochen hätte, den Antrag so früh wie möglich zu stellen, erfolgte die Antragstellung erst in der mündlichen Verhandlung. Damit wurde nicht das getan, was jedem einleuchten muss (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdnr. 11 zu § 109 SGG). Die Einholung eines Gutachtens hätte die Erledigung des nach Ansicht des Senates entscheidungsreifen Rechtsstreits verzögert. Gründe dafür, den Antrag dennoch zuzulassen, lagen nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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