Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 7 RJ 405/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 274/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 30. August 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ... 1964 geborene Kläger absolvierte in der Zeit von September 1980 bis Juli 1982 eine Ausbildung als Facharbeiter für Drucktechnik. Anschließend arbeitete er bis August 1989 als Offsetdrucker. Seitdem geht er keiner Beschäftigung mehr nach.
Am 13. November 1995 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Nach Einsichtnahme in ein für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen im Freistaat Sachsen erstelltes Gutachten vom 16. August 1995 (Diagnose: Alkoholkrankheit nach Angaben vom Deltatyp) ließ die Beklagte ein Gutachten vom 29. April 1996 nach einer Untersuchung des Klägers am 24. April 1996 bei Herrn Dr. Z ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, anfertigen. Er diagnostizierte eine hypochondrische Störung (hypochondrische Neurose), eine generalisierte Angststörung, eine Zwangsstörung und eine somatoforme autonome Funktionsstörung. Es fänden sich weder körperlich relevante Störungen noch neurologische Defizite oder psychopathologisch relevante Veränderungen. Vielmehr habe sich auf der Basis einer primären Persönlichkeitsstörung eine massive hypochondrische Neurose entwickelt. Daneben ergäben sich ganz deutliche Hinweise für Aggravation und für eine artifizielle Störung mit begleitendem Rentenwunsch. Anhaltspunkte für einen gegenwärtig bedeutsamen chronischen Alkoholismus hätten nicht gefunden werden können. Es bestehe keine verminderte Leistungsfähigkeit.
In der Stellungnahme des Ärztlichen Prüfdienstes vom 14. Mai 1996 votierte Herr Dr. H ..., Prüfarzt, ebenfalls für ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers im bisher hauptsächlich ausgeübten Beruf als Offsetdrucker, aber auch in sonstigen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Mit Bescheid vom 02. Juli 1996 wies die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zurück.
Auf den hiergegen mit Schreiben vom 27. Juli 1996 erhobenen Widerspruch des Klägers bestätigte die Beklagte ihren Bescheid vom 02. Juli 1996 durch Widerspruchsbescheid vom 24. März 1997, nachdem sie zwischenzeitlich einen Befundbericht vom 05. Dezember 1996 bei der den Kläger behandelnden Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie, Frau Prof. Dr. G ..., eingeholt hatte (Diagnosen: abnorme Persönlichkeit, neurotische Fehlentwicklung; Hinweis, dass Besserung der Leistungsfähigkeit durch Arbeitseinsatz möglich).
Die gegen die Bescheide der Beklagten am 10. April 1997 beim Sozialgericht Leipzig eingegangene Klage ist durch Gerichtsbescheid vom 30. August 1999 abgewiesen worden. Seine Entscheidung hat das Sozialgericht nach Einholung von ärztlichen Befundberichten vor allem auf ein Gutachten vom 22. März 1999 nach einer Untersuchung des Klägers am 25. Februar 1999 gestützt. Der Gutachter, Herr Dozent Dr. habil. Sch ..., hat beim Kläger eine ausgeprägte Persönlichkeitsfehlentwicklung mit deutlicher histrionischer Akzentuierung sowie begleitendem ausgeprägtem hypochondrischem Syndrom mit Somatisierungstendenzen diagnostiziert. Es fänden sich ausgeprägte aggravative Tendenzen im Zusammenhang mit einem nicht zu übersehenden Versorgungsbegehren ("Moliere-Syndrom"). Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger vollschichtig einer leichten bis mittelschweren Arbeit in wechselnder Körperhaltung ohne besondere Lärmbelastungen nachgehen. Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen, in der Hocke, im Knien oder im Bücken sowie Überkopfarbeiten und Steigen auf Treppen, Leitern und Gerüsten sollten nicht erfolgen. Auszuschließen seien auch Arbeiten am Fließband in Zwangshaltungen. Die Handgeschicklichkeit sei nicht beeinträchtigt. Die Funktionstüchtigkeit der Sinnesorgane sei gegeben. Die Stresstoleranz dürfte beeinträchtigt sein. Konzentrative Daueranforderungen sollten nicht erforderlich sein. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden keine Einschränkungen. Wegen des weiteren Inhalts dieses Gutachtens wird auf Bl. 72 bis 92 der Akte des Sozialgerichts Leipzig verwiesen.
Der ebenfalls mit einer Begutachtung vom Sozialgericht beauftragte Facharzt für Allgemeinmedizin, Herr Dr. P ..., hat dem Gericht die Akten mit der Bemerkung zurückgesandt, aus der Aktenlage lasse sich keine sinnvolle Begründung dafür finden, weshalb der Kläger nicht die Tätigkeit eines Offsetdruckers sollte ausführen können. Dem nervenärztlichen Gutachten sei in jeder Hinsicht zuzustimmen.
Das Sozialgericht hat argumentiert, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Er sei vielmehr nach den Ausführungen von Herrn Dozent Dr. habil. Sch ... nach wie vor dazu in der Lage, seine letzte Tätigkeit als Offsetdrucker vollschichtig zu verrichten.
Gegen den am 20. September 1999 als Einschreiben versandten Gerichtsbescheid vom 30. August 1999 hat der Kläger durch am 21. Oktober 1999 eingegangenes Schreiben vom 18. Oktober 1999 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt.
Er trägt vor, die angeforderten medizinischen Unterlagen seien unvollständig. Das Berufsbild eines Offsetdruckers sei im bisherigen Verfahren ungeklärt.
Der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene und nicht vertretene Kläger beantragt,
das Verfahren "bis zur Möglichkeit der Beibringung aller relevanten medizinischen Unterlagen" ruhend zu stellen, hilfsweise sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 30. August 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 1997 aufzuheben und ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung für zutreffend.
Der Kläger ist vom Senat durch Schreiben vom 01. November 2000, Schreiben vom 13. Dezember 2000, Schreiben vom 27. Dezember 2000 und unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht durch Schreiben vom 29. Januar 2001 darum gebeten worden, seinen behandelnden Orthopäden und Internisten mitzuteilen. Eine Antwort ist nicht erfolgt.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte auch in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Klägers verhandeln und entscheiden (§§ 153 Absatz 1, 110 SGG).
Entgegen dem Antrag des Klägers wurde das vorliegende Verfahrens nicht zum Ruhen gebracht; § 202 SGG in Verbindung mit § 251 Absatz 1 Satz 1 ZPO kam schon deshalb nicht in Betracht, da die Beklagte dies nicht beantragt hat.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Gerichtsbescheids vom 30. August 1999 kann deshalb in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden (§ 153 Absatz 2 SGG).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das beim Kläger bestehende Beschwerdebild einer Tätigkeit als Offsetdrucker nicht entgegensteht. Dabei handelt es sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen, die überwiegend im Sitzen oder Stehen, zum Teil auch in Zwangshaltung auszuführen ist. Arbeit unter Zeitdruck gehört ebenso zum Anforderungsprofil dieser Tätigkeit wie teilweise Schichtarbeit. Ferner sind insbesondere Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit erforderlich (siehe Berufsinformationskarte BO 172/II "Druckformhersteller/Druckformherstellerinnen"). Nervenkrankheiten sprechen eher gegen die Einsatzfähigkeit in diesem Beruf (vgl. Scholz, Josef Franz/ Wittgens, Heinrich [Herausgeber], Arbeitsmedizinische Berufskunde, 2. Auflage, 1992, Seite 275).
Diesem Anforderungsprofil entspricht das Leistungsvermögen des Klägers: Herr Dr. Sch ... hat ausdrücklich darauf hingewiesen, der Kläger sei aus psychischer Sicht bewusstseinsklar und voll orientiert gewesen. Es habe sogar eine leichte Antriebssteigerung beobachtet werden können. Die vielfältigen Beschwerden ließen sich kaum objektivieren. Es liege weder eine gesicherte generalisierte Angststörung noch eine gesicherte Zwangsstörung vor. Auch die neurologische Untersuchung habe insgesamt keinen eindeutig krankhaften Befund ergeben. Aus nervenärztlicher Sicht bestünden keine spezifischen Einschränkungen am Arbeitsplatz. Leichte und mittelschwere Tätigkeiten seien vollschichtig zumutbar. Deutliche Hinweise für Merk- und Konzentrationsstörungen ergäben sich nicht. Der Gutachter unterstreicht damit nochmals alle im Verfahren eingeholten medizinischen Stellungnahmen, insbesondere das Gutachten von Dr. Z ...
Diese Ausführungen sind überzeugend, denn im Vordergrund der vom Kläger beschriebenen Beschwerden stehen im Wesentlichen solche, die keiner Objektivierung zugänglich sind. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die beim Kläger bestehenden aggravativen Tendenzen ihre Ursache in einem Versorgungsbegehren haben, welches aber kein solches Ausmaß erreicht, dass ihm keine vollschichtige Beschäftigung mehr möglich wäre. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gutachten von Herrn Dr. Sch ...
Hinsichtlich der etwaigen Beeinträchtigung der Stresstoleranz des Klägers handelt es sich lediglich um eine Verdachtsdiagnose. Dr. Sch ... konnte lediglich Vermutungen hierüber anstellen. Darauf aber kann keine Einschränkung im Tätigkeitsfeld eines Offsetdruckers hergeleitet werden, zumal der Kläger diese Tätigkeit für längere Zeit in seinem Berufsleben ausgeübt hat, so dass ihm insofern keine "besonderen" Stressanforderungen abverlangt würden. Gleiches gilt für die Forderung von Herrn Dr. Sch ..., der Kläger solle nur noch ohne konzentrative Daueranforderungen tätig sein. Denn nach eigenen Erhebungen des Gutachters liegen keine eindeutigen Hinweise für Merk- und Konzentrationsstörungen vor.
Die Forderung schließlich, der Kläger solle nur noch einer Tätigkeit ohne besondere Lärmbelastungen nachgehen, beruht allein auf den anamnestischen Angaben des Klägers. Auch sie entbehrt der notwendigen Objektivierung.
Für die Zeit nach Erlass des Gerichtsbescheids vom 30. August 1999 ergibt sich nichts anderes. Dem Senat war es nicht möglich, das beim Kläger bestehende Beschwerdebild aus medizinischer Sicht weiter aufzuklären. Auf mehrfache Anschreiben hat der Kläger weder seinen behandelnden Internisten noch seinen behandelnden Orthopäden mitgeteilt. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt aber der Grundsatz der objektiven Beweislast, wenn das Gericht trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung den Sachverhalt nicht aufklären kann. Danach trägt jeder die objektive Beweislast für diejenigen Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (siehe Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 118, Rdnr. 6). Mangels Kenntnis der behandelnden Ärzte konnte der Senat nicht weiter ermitteln. Die daraus resultierende Nichtbeweisbarkeit der verminderten Erwerbsfähigkeit geht zu Lasten des Klägers.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ... 1964 geborene Kläger absolvierte in der Zeit von September 1980 bis Juli 1982 eine Ausbildung als Facharbeiter für Drucktechnik. Anschließend arbeitete er bis August 1989 als Offsetdrucker. Seitdem geht er keiner Beschäftigung mehr nach.
Am 13. November 1995 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Nach Einsichtnahme in ein für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen im Freistaat Sachsen erstelltes Gutachten vom 16. August 1995 (Diagnose: Alkoholkrankheit nach Angaben vom Deltatyp) ließ die Beklagte ein Gutachten vom 29. April 1996 nach einer Untersuchung des Klägers am 24. April 1996 bei Herrn Dr. Z ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, anfertigen. Er diagnostizierte eine hypochondrische Störung (hypochondrische Neurose), eine generalisierte Angststörung, eine Zwangsstörung und eine somatoforme autonome Funktionsstörung. Es fänden sich weder körperlich relevante Störungen noch neurologische Defizite oder psychopathologisch relevante Veränderungen. Vielmehr habe sich auf der Basis einer primären Persönlichkeitsstörung eine massive hypochondrische Neurose entwickelt. Daneben ergäben sich ganz deutliche Hinweise für Aggravation und für eine artifizielle Störung mit begleitendem Rentenwunsch. Anhaltspunkte für einen gegenwärtig bedeutsamen chronischen Alkoholismus hätten nicht gefunden werden können. Es bestehe keine verminderte Leistungsfähigkeit.
In der Stellungnahme des Ärztlichen Prüfdienstes vom 14. Mai 1996 votierte Herr Dr. H ..., Prüfarzt, ebenfalls für ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers im bisher hauptsächlich ausgeübten Beruf als Offsetdrucker, aber auch in sonstigen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Mit Bescheid vom 02. Juli 1996 wies die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zurück.
Auf den hiergegen mit Schreiben vom 27. Juli 1996 erhobenen Widerspruch des Klägers bestätigte die Beklagte ihren Bescheid vom 02. Juli 1996 durch Widerspruchsbescheid vom 24. März 1997, nachdem sie zwischenzeitlich einen Befundbericht vom 05. Dezember 1996 bei der den Kläger behandelnden Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie, Frau Prof. Dr. G ..., eingeholt hatte (Diagnosen: abnorme Persönlichkeit, neurotische Fehlentwicklung; Hinweis, dass Besserung der Leistungsfähigkeit durch Arbeitseinsatz möglich).
Die gegen die Bescheide der Beklagten am 10. April 1997 beim Sozialgericht Leipzig eingegangene Klage ist durch Gerichtsbescheid vom 30. August 1999 abgewiesen worden. Seine Entscheidung hat das Sozialgericht nach Einholung von ärztlichen Befundberichten vor allem auf ein Gutachten vom 22. März 1999 nach einer Untersuchung des Klägers am 25. Februar 1999 gestützt. Der Gutachter, Herr Dozent Dr. habil. Sch ..., hat beim Kläger eine ausgeprägte Persönlichkeitsfehlentwicklung mit deutlicher histrionischer Akzentuierung sowie begleitendem ausgeprägtem hypochondrischem Syndrom mit Somatisierungstendenzen diagnostiziert. Es fänden sich ausgeprägte aggravative Tendenzen im Zusammenhang mit einem nicht zu übersehenden Versorgungsbegehren ("Moliere-Syndrom"). Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger vollschichtig einer leichten bis mittelschweren Arbeit in wechselnder Körperhaltung ohne besondere Lärmbelastungen nachgehen. Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen, in der Hocke, im Knien oder im Bücken sowie Überkopfarbeiten und Steigen auf Treppen, Leitern und Gerüsten sollten nicht erfolgen. Auszuschließen seien auch Arbeiten am Fließband in Zwangshaltungen. Die Handgeschicklichkeit sei nicht beeinträchtigt. Die Funktionstüchtigkeit der Sinnesorgane sei gegeben. Die Stresstoleranz dürfte beeinträchtigt sein. Konzentrative Daueranforderungen sollten nicht erforderlich sein. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden keine Einschränkungen. Wegen des weiteren Inhalts dieses Gutachtens wird auf Bl. 72 bis 92 der Akte des Sozialgerichts Leipzig verwiesen.
Der ebenfalls mit einer Begutachtung vom Sozialgericht beauftragte Facharzt für Allgemeinmedizin, Herr Dr. P ..., hat dem Gericht die Akten mit der Bemerkung zurückgesandt, aus der Aktenlage lasse sich keine sinnvolle Begründung dafür finden, weshalb der Kläger nicht die Tätigkeit eines Offsetdruckers sollte ausführen können. Dem nervenärztlichen Gutachten sei in jeder Hinsicht zuzustimmen.
Das Sozialgericht hat argumentiert, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Er sei vielmehr nach den Ausführungen von Herrn Dozent Dr. habil. Sch ... nach wie vor dazu in der Lage, seine letzte Tätigkeit als Offsetdrucker vollschichtig zu verrichten.
Gegen den am 20. September 1999 als Einschreiben versandten Gerichtsbescheid vom 30. August 1999 hat der Kläger durch am 21. Oktober 1999 eingegangenes Schreiben vom 18. Oktober 1999 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt.
Er trägt vor, die angeforderten medizinischen Unterlagen seien unvollständig. Das Berufsbild eines Offsetdruckers sei im bisherigen Verfahren ungeklärt.
Der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene und nicht vertretene Kläger beantragt,
das Verfahren "bis zur Möglichkeit der Beibringung aller relevanten medizinischen Unterlagen" ruhend zu stellen, hilfsweise sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 30. August 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 1997 aufzuheben und ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung für zutreffend.
Der Kläger ist vom Senat durch Schreiben vom 01. November 2000, Schreiben vom 13. Dezember 2000, Schreiben vom 27. Dezember 2000 und unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht durch Schreiben vom 29. Januar 2001 darum gebeten worden, seinen behandelnden Orthopäden und Internisten mitzuteilen. Eine Antwort ist nicht erfolgt.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte auch in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Klägers verhandeln und entscheiden (§§ 153 Absatz 1, 110 SGG).
Entgegen dem Antrag des Klägers wurde das vorliegende Verfahrens nicht zum Ruhen gebracht; § 202 SGG in Verbindung mit § 251 Absatz 1 Satz 1 ZPO kam schon deshalb nicht in Betracht, da die Beklagte dies nicht beantragt hat.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Gerichtsbescheids vom 30. August 1999 kann deshalb in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden (§ 153 Absatz 2 SGG).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das beim Kläger bestehende Beschwerdebild einer Tätigkeit als Offsetdrucker nicht entgegensteht. Dabei handelt es sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen, die überwiegend im Sitzen oder Stehen, zum Teil auch in Zwangshaltung auszuführen ist. Arbeit unter Zeitdruck gehört ebenso zum Anforderungsprofil dieser Tätigkeit wie teilweise Schichtarbeit. Ferner sind insbesondere Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit erforderlich (siehe Berufsinformationskarte BO 172/II "Druckformhersteller/Druckformherstellerinnen"). Nervenkrankheiten sprechen eher gegen die Einsatzfähigkeit in diesem Beruf (vgl. Scholz, Josef Franz/ Wittgens, Heinrich [Herausgeber], Arbeitsmedizinische Berufskunde, 2. Auflage, 1992, Seite 275).
Diesem Anforderungsprofil entspricht das Leistungsvermögen des Klägers: Herr Dr. Sch ... hat ausdrücklich darauf hingewiesen, der Kläger sei aus psychischer Sicht bewusstseinsklar und voll orientiert gewesen. Es habe sogar eine leichte Antriebssteigerung beobachtet werden können. Die vielfältigen Beschwerden ließen sich kaum objektivieren. Es liege weder eine gesicherte generalisierte Angststörung noch eine gesicherte Zwangsstörung vor. Auch die neurologische Untersuchung habe insgesamt keinen eindeutig krankhaften Befund ergeben. Aus nervenärztlicher Sicht bestünden keine spezifischen Einschränkungen am Arbeitsplatz. Leichte und mittelschwere Tätigkeiten seien vollschichtig zumutbar. Deutliche Hinweise für Merk- und Konzentrationsstörungen ergäben sich nicht. Der Gutachter unterstreicht damit nochmals alle im Verfahren eingeholten medizinischen Stellungnahmen, insbesondere das Gutachten von Dr. Z ...
Diese Ausführungen sind überzeugend, denn im Vordergrund der vom Kläger beschriebenen Beschwerden stehen im Wesentlichen solche, die keiner Objektivierung zugänglich sind. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die beim Kläger bestehenden aggravativen Tendenzen ihre Ursache in einem Versorgungsbegehren haben, welches aber kein solches Ausmaß erreicht, dass ihm keine vollschichtige Beschäftigung mehr möglich wäre. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gutachten von Herrn Dr. Sch ...
Hinsichtlich der etwaigen Beeinträchtigung der Stresstoleranz des Klägers handelt es sich lediglich um eine Verdachtsdiagnose. Dr. Sch ... konnte lediglich Vermutungen hierüber anstellen. Darauf aber kann keine Einschränkung im Tätigkeitsfeld eines Offsetdruckers hergeleitet werden, zumal der Kläger diese Tätigkeit für längere Zeit in seinem Berufsleben ausgeübt hat, so dass ihm insofern keine "besonderen" Stressanforderungen abverlangt würden. Gleiches gilt für die Forderung von Herrn Dr. Sch ..., der Kläger solle nur noch ohne konzentrative Daueranforderungen tätig sein. Denn nach eigenen Erhebungen des Gutachters liegen keine eindeutigen Hinweise für Merk- und Konzentrationsstörungen vor.
Die Forderung schließlich, der Kläger solle nur noch einer Tätigkeit ohne besondere Lärmbelastungen nachgehen, beruht allein auf den anamnestischen Angaben des Klägers. Auch sie entbehrt der notwendigen Objektivierung.
Für die Zeit nach Erlass des Gerichtsbescheids vom 30. August 1999 ergibt sich nichts anderes. Dem Senat war es nicht möglich, das beim Kläger bestehende Beschwerdebild aus medizinischer Sicht weiter aufzuklären. Auf mehrfache Anschreiben hat der Kläger weder seinen behandelnden Internisten noch seinen behandelnden Orthopäden mitgeteilt. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt aber der Grundsatz der objektiven Beweislast, wenn das Gericht trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung den Sachverhalt nicht aufklären kann. Danach trägt jeder die objektive Beweislast für diejenigen Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (siehe Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 118, Rdnr. 6). Mangels Kenntnis der behandelnden Ärzte konnte der Senat nicht weiter ermitteln. Die daraus resultierende Nichtbeweisbarkeit der verminderten Erwerbsfähigkeit geht zu Lasten des Klägers.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht ersichtlich.
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