Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 4 RJ 290/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 297/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. September 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ... 1945 geborene Klägerin arbeitete von Juli 1960 bis zum 10. März 1962 als Kontrollkraft, bis Februar 1967 als Werkstattschreiberin, von Dezember 1968 bis April 1969 als Reinigungskraft, von Februar 1970 bis März 1977 als Heimarbeiterin, erneut von April 1977 bis Dezember 1983 als Werkstattschreiberin, von Januar 1984 bis August 1985 als Produktionsarbeiterin und von September 1985 bis zum 30. November 1999 wiederum als Sachbearbeiterin für Sozialwesen/Werkstattschreiberin. Am 31. März 1988 erwarb sie nach erfolgreicher Prüfung den Abschluss über die Berufsausbildung als Wirtschaftskaufmann, Spezialisierung Industrie, welcher gemäß der Auskunft der Industrie- und Handelskammer Dresden vom 25. August 2000 der Ausbildung zur Industriekauffrau gleichzustellen ist. Vom 04. Oktober 1994 bis zum 01. November 1994 absolvierte die Klägerin einen Lehrgang "Bedienung von PC" und vom 27. Juli bis zum 31. Juli 1998 einen solchen über die "Grundlagen Windows 95 und Word 97". Seit dem 01. Dezember 1999 ist sie Klägerin arbeitslos und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.
Den am 30. September 1998 gestellten Rentenantrag begründete sie mit einer Depression, Angstzuständen und einer Arthrose im linken Kniegelenk.
Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:
- das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 02. September 1998, wonach die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich am 05. September 1998 beendet werden könne (abklingende depressive Störung, Gonarthrose links), - der Befundbericht der Ärztin I ..., Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie A ..., vom 20. Oktober 1998 (endogene Depression, Gonarthrose links), - der Entlassungsbericht des Sächsischen Krankenhauses für Psychiatrie und Neurologie A ... vom 16. Dezember 1998 über eine stationäre Behandlung vom 15. September bis zum 18. November 1998 und vom 22. November bis zum 27. November 1998 sowie - das Gutachten der Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie Weber, Gutachterärztin des Sozialmedizinischen Dienstes, vom 02. Februar 1999, mit orthopädischem Zusatzgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dipl.-Med. M ... vom 26. Januar 1999, in welchem der Klägerin eine durch Behandlung weiterhin zu bessernde mäßiggradige Depression bei primär prädisponierter Persönlichkeitsstruktur und eine fortgeschrittene Verschleißerscheinung des linken Kniegelenkes bei bestehender therapeutischer Option durch Kunstgelenkersatz mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Arbeiten in vorwiegend sitzender Stellung ohne besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit und Flexibilität und für die ausgeübte Tätigkeit als Werkstattschreiberin bescheinigt wurde.
Mit Bescheid vom 22. Februar 1999 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Den am 15. März 1999 eingegangenen Widerspruch wies sie nach Einholung des Gutachtens des MDK vom 19. Januar 1999 (Arbeitsunfähigkeit auf Zeit) mit Bescheid vom 25. Mai 1999 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne die Klägerin nach den sozialmedizinischen Feststellungen weiterhin vollschichtig als Werkstattschreiberin tätig sein und darüber hinaus vollschichtig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, ohne Knien oder Hocken und ohne besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit und Flexibilität auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten.
Auf die am 21. Juni 1999 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden eine Arbeitgeberauskunft der Karosseriewerke D ... GmbH vom 28. Februar 2000, einen Befundbericht von Sanitätsrat F ..., Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, vom 07. September 1999 und von Dr. B ..., Fachärztin für Physiotherapie/Chirotherapie, vom 28. September 1999 eingeholt sowie die Gutachten des MDK vom 03. August 1999 (Arbeitsunfähigkeit auf Zeit) und des Arbeitsamtes D ... vom 06. Juli 2000 (vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeit überwiegend sitzend, ohne hohe Verantwortung und ohne hohe psychonervale Belastung; normales Gehvermögen) beigezogen. Des Weiteren hat es mit der Erstellung eines Gutachtens Dr. G ... auf neurologisch-psychiatrischem und Prof. Dr. F ... auf orthopädischem Gebiet beauftragt. Dr. G ... erhob nach ambulanter Untersuchung am 03. Januar 2000 in seinem Gutachten vom 10. Januar 2000 die Diagnose einer ängstlich gefärbten Depression leichtgradiger Ausprägung bei selbstunsicherer, zwanghafter und frustrationsintoleranter Persönlichkeit. Er sprach sich für ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Wechselschicht, ohne hohe nervliche Belastung, ohne hohe Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, ohne Stressbelastung und ohne gehobene Verantwortung aus. Prof. Dr. F ... stellte nach ambulanter Untersuchung am 13. April 2000 in seinem Gutachten vom 18. April 2000 eine fortgeschrittene Gonarthrose links mit Streckhemmung und Varusdeformität fest. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten im Sitzen, mit der Möglichkeit vorübergehend aufzustehen und umherzulaufen, ohne wiederholtes Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne häufiges Bücken und Treppensteigen sowie ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, vollschichtig verrichten. Eine Gehstrecke von über 500 Meter könne die Klägerin in nicht mehr als 20 Minuten zurücklegen. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe etwa seit Jahresmitte 1999.
Mit Urteil vom 28. September 2000 hat das Sozialgericht Dresden die Klage nach Einvernahme des Zeugen H ... F ... zur Art der Tätigkeit als Werkstattschreiberin abgewiesen. Ausgehend von der Tätigkeit als Werkstattschreiberin sei die Klägerin der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen und auf Bürohilfstätigkeiten (Mitarbeiter in der Poststelle bzw. in der Materialverwaltung) verweisbar.
Die Klägerin macht mit der am 29. November 2000 bei dem Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung geltend, sie sei berufsunfähig. Es bestehe Berufschutz als Facharbeiter, da die Ausbildung zur Wirtschaftskauffrau der einer Industriekauffrau entspreche und sie als Werkstattschreiberin mit typischen Aufgaben einer ausgebildeten Bürokauffrau beschäftigt gewesen sei. Im Übrigen sei sie auch erwerbsunfähig, da Dr. G ... nur eine schrittweise Wiedereingliederung vorgeschlagen habe.
Der Bevollmächtigte stellt in der mündlichen Verhandlung den Antrag, ein berufskundliches Gutachten zum Belastungsprofil einer Industriekauffrau einzuholen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. September 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 1999 zu verurteilen, der Klägerin ab 01. September 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Der Senat hat einen Befundbericht der Dr. B ... vom 26. Februar 2001 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Sch ... vom 18. April 2001 eingeholt sowie Unterlagen aus der Personalakte der Klägerin von der Karosseriewerke D ... GmbH beigezogen. Des Weiteren wurde den Beteiligten die Berufsinformationskarte BO 781/II der Bundesanstalt für Arbeit zur Tätigkeit von Bürofachkräften in Industrie und privaten Institutionen (Industriekauffrau) zur Kenntnisnahme übermittelt.
Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Dresden (SG) die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht.
Die Klägerin ist weder berufs-, noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]).
Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst sie in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die sie nach ihrem Gesundheitszustand und nach ihrem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO -). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).
Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als Werkstattschreiberin bzw. Sachbearbeiterin für Produktionswirtschaft. Diese hat die Klägerin vollwertig zur dauerhaften Einkommenserzielung bewusst und gewollt vom 01. September 1985 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 11. Februar 1998 ausgeübt.
Ob die Klägerin den Beruf als Werkstattschreiberin, bezogen auf ihren letzten Arbeitplatz, noch vollwertig verrichten kann, musste der Senat nicht entscheiden. Denn sie ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen sie mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.
Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten eine leistungsgeminderte Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Diesem Schema ist eigentümlich, dass jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden kann, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter im oberen Bereich auf angelernte und ein solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des SG kann es dahingestellt bleiben, ob die Klägerin als Werkstattschreiberin der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich oder der Facharbeiter zuzuordnen ist. Denn selbst im Falle der Einstufung als Facharbeiterin ist sie auf eine Tätigkeit als Industriekauffrau/Bürofachkraft verweisbar. Die Tätigkeit einer Industriekauffrau/Bürofachkraft zeichnet sich nach der beigezogenen Berufsinformationskarte BO 781/II der Bundesanstalt für Arbeit durch körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen aus, wird überwiegend im Sitzen verrichtet und erfordert Verantwortungsbewusstsein, Konzentrations- und Kontaktfähigkeit. Zu verrichten sind kaufmännische Arbeiten zur Beschaffung, zur Herstellung und zum Vertrieb industrieller/handwerklicher Erzeugnisse oder zum Verkauf industrieller/handwerklicher oder sonstiger Leistungen einschließlich sachbearbeitender oder bürotechnischer Verwaltungstätigkeit. Die Klägerin verfügt über eine Facharbeiterausbildung zur Wirtschaftskauffrau und hat seit September 1985 als Werkstattschreiberin bzw. Sachbearbeiterin für Produktionswirtschaft gearbeitet. Wie der Zeuge Froböse in der Einvernahme vor dem SG am 28. September 2000 ausführte, handelte es sich dabei um Sachbearbeitertätigkeiten, welche die berufliche Qualifikation einer Bürokauffrau voraussetzen. Auf Grund ihrer Ausbildung und der langjährigen Sachbearbeitertätigkeit sowie der absolvierten Lehrgänge zur Bedienung eines Personalcomputers (PC) und über die Grundlagen Windows 95 und Word 97 besitzt die Klägerin ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten, um sich innerhalb von drei Monaten in eine Tätigkeit als Bürofachkraft/Industriekauffrau einzuarbeiten. Diese Tätigkeit gehört zur Gruppe der Facharbeiter mit einer Regelausbildung von drei Jahren und ist der Klägerin sozial zumutbar.
Für diese körperlich leichte und überwiegend im Sitzen auszuübende Tätigkeit besteht ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Bei der Untersuchung durch Dr. G ... waren die geistig-konzentrative Belastbarkeit, Auffassungsgabe sowie rasche geistige Umstellungsfähigkeit/Wendigkeit und mnestische Funktionen ungestört. Während der dreistündigen Untersuchung konnten weder körperliche noch psychische Ermüdungs- oder Erschöpfungszeichen festgestellt werden. Damit besteht neurologisch-psychiatrisch keine Einschränkung für eine Tätigkeit als Bürofachkraft/Industriekauffrau. Diese Tätigkeit kann auch mit den im Gutachten des Prof. Dr. F ... auf orthopädischem Gebiet zu beachtenden Funktionseinschränkungen vollschichtig verrichtet werden. Bezüglich der Feststellungen zum Leistungsvermögen wird daher auf die entsprechenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils, welchen der Senat vollumfänglich beitritt, Bezug genommen und verwiesen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Eine andere Leistungsbeurteilung ergibt sich im Berufungsverfahren nicht. Weder Dr. B ... noch die Ärztin Sch ... haben in ihren Berichten vom 26. Februar 2001 bzw. vom 18. April 2001 eine wesentliche Verschlechterung bekundet.
Die Behauptung der Klägerin, Erwerbsunfähigkeit ergebe sich bereits nach dem Gutachten des Dr. G ..., greift nicht durch. Der Sachverständige hat eine zwingende schrittweise Wiedereingliederung nicht bekundet. Nach seiner Auffassung "sollte" eine solche wegen der langen Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Im Übrigen stellt dies eine Maßnahme der beruflichen Rehabilitation dar und steht einem vollschichtigen Leistungsvermögen insoweit nicht entgegen.
Ein berufskundliches Gutachten zum Belastungsprofil einer Industriekauffrau musste der Senat nicht einholen. Denn die Arbeitsbedingungen und Anforderungen einer derartigen Tätigkeit sind unter Ziffer 10 der beigezogenen Berufsinformationskarte BO 781/II der Bundesanstalt für Arbeit beschrieben.
Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen in einer sozial zumutbaren Verweisungstätigkeit ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es der Klägerin auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, so genannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137), liegen nicht vor. Insbesondere ist die Klägerin nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von ihrer Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 5a RKn 18/83 SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss sie während der Arbeitszeit nicht einhalten.
Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24 -).
Nachdem die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a.F.) ist, hat sie erst recht keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 Abs. 2 SGB VI (a.F.). Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 BGBl. 2000, Teil I, Seite 1827 -) nicht erfüllt.
Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a.F. resultiert aus der Rentenantragstellung vom 30. September 1998 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ... 1945 geborene Klägerin arbeitete von Juli 1960 bis zum 10. März 1962 als Kontrollkraft, bis Februar 1967 als Werkstattschreiberin, von Dezember 1968 bis April 1969 als Reinigungskraft, von Februar 1970 bis März 1977 als Heimarbeiterin, erneut von April 1977 bis Dezember 1983 als Werkstattschreiberin, von Januar 1984 bis August 1985 als Produktionsarbeiterin und von September 1985 bis zum 30. November 1999 wiederum als Sachbearbeiterin für Sozialwesen/Werkstattschreiberin. Am 31. März 1988 erwarb sie nach erfolgreicher Prüfung den Abschluss über die Berufsausbildung als Wirtschaftskaufmann, Spezialisierung Industrie, welcher gemäß der Auskunft der Industrie- und Handelskammer Dresden vom 25. August 2000 der Ausbildung zur Industriekauffrau gleichzustellen ist. Vom 04. Oktober 1994 bis zum 01. November 1994 absolvierte die Klägerin einen Lehrgang "Bedienung von PC" und vom 27. Juli bis zum 31. Juli 1998 einen solchen über die "Grundlagen Windows 95 und Word 97". Seit dem 01. Dezember 1999 ist sie Klägerin arbeitslos und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.
Den am 30. September 1998 gestellten Rentenantrag begründete sie mit einer Depression, Angstzuständen und einer Arthrose im linken Kniegelenk.
Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:
- das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 02. September 1998, wonach die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich am 05. September 1998 beendet werden könne (abklingende depressive Störung, Gonarthrose links), - der Befundbericht der Ärztin I ..., Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie A ..., vom 20. Oktober 1998 (endogene Depression, Gonarthrose links), - der Entlassungsbericht des Sächsischen Krankenhauses für Psychiatrie und Neurologie A ... vom 16. Dezember 1998 über eine stationäre Behandlung vom 15. September bis zum 18. November 1998 und vom 22. November bis zum 27. November 1998 sowie - das Gutachten der Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie Weber, Gutachterärztin des Sozialmedizinischen Dienstes, vom 02. Februar 1999, mit orthopädischem Zusatzgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dipl.-Med. M ... vom 26. Januar 1999, in welchem der Klägerin eine durch Behandlung weiterhin zu bessernde mäßiggradige Depression bei primär prädisponierter Persönlichkeitsstruktur und eine fortgeschrittene Verschleißerscheinung des linken Kniegelenkes bei bestehender therapeutischer Option durch Kunstgelenkersatz mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Arbeiten in vorwiegend sitzender Stellung ohne besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit und Flexibilität und für die ausgeübte Tätigkeit als Werkstattschreiberin bescheinigt wurde.
Mit Bescheid vom 22. Februar 1999 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Den am 15. März 1999 eingegangenen Widerspruch wies sie nach Einholung des Gutachtens des MDK vom 19. Januar 1999 (Arbeitsunfähigkeit auf Zeit) mit Bescheid vom 25. Mai 1999 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne die Klägerin nach den sozialmedizinischen Feststellungen weiterhin vollschichtig als Werkstattschreiberin tätig sein und darüber hinaus vollschichtig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, ohne Knien oder Hocken und ohne besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit und Flexibilität auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten.
Auf die am 21. Juni 1999 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden eine Arbeitgeberauskunft der Karosseriewerke D ... GmbH vom 28. Februar 2000, einen Befundbericht von Sanitätsrat F ..., Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, vom 07. September 1999 und von Dr. B ..., Fachärztin für Physiotherapie/Chirotherapie, vom 28. September 1999 eingeholt sowie die Gutachten des MDK vom 03. August 1999 (Arbeitsunfähigkeit auf Zeit) und des Arbeitsamtes D ... vom 06. Juli 2000 (vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeit überwiegend sitzend, ohne hohe Verantwortung und ohne hohe psychonervale Belastung; normales Gehvermögen) beigezogen. Des Weiteren hat es mit der Erstellung eines Gutachtens Dr. G ... auf neurologisch-psychiatrischem und Prof. Dr. F ... auf orthopädischem Gebiet beauftragt. Dr. G ... erhob nach ambulanter Untersuchung am 03. Januar 2000 in seinem Gutachten vom 10. Januar 2000 die Diagnose einer ängstlich gefärbten Depression leichtgradiger Ausprägung bei selbstunsicherer, zwanghafter und frustrationsintoleranter Persönlichkeit. Er sprach sich für ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Wechselschicht, ohne hohe nervliche Belastung, ohne hohe Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, ohne Stressbelastung und ohne gehobene Verantwortung aus. Prof. Dr. F ... stellte nach ambulanter Untersuchung am 13. April 2000 in seinem Gutachten vom 18. April 2000 eine fortgeschrittene Gonarthrose links mit Streckhemmung und Varusdeformität fest. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten im Sitzen, mit der Möglichkeit vorübergehend aufzustehen und umherzulaufen, ohne wiederholtes Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne häufiges Bücken und Treppensteigen sowie ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, vollschichtig verrichten. Eine Gehstrecke von über 500 Meter könne die Klägerin in nicht mehr als 20 Minuten zurücklegen. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe etwa seit Jahresmitte 1999.
Mit Urteil vom 28. September 2000 hat das Sozialgericht Dresden die Klage nach Einvernahme des Zeugen H ... F ... zur Art der Tätigkeit als Werkstattschreiberin abgewiesen. Ausgehend von der Tätigkeit als Werkstattschreiberin sei die Klägerin der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen und auf Bürohilfstätigkeiten (Mitarbeiter in der Poststelle bzw. in der Materialverwaltung) verweisbar.
Die Klägerin macht mit der am 29. November 2000 bei dem Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung geltend, sie sei berufsunfähig. Es bestehe Berufschutz als Facharbeiter, da die Ausbildung zur Wirtschaftskauffrau der einer Industriekauffrau entspreche und sie als Werkstattschreiberin mit typischen Aufgaben einer ausgebildeten Bürokauffrau beschäftigt gewesen sei. Im Übrigen sei sie auch erwerbsunfähig, da Dr. G ... nur eine schrittweise Wiedereingliederung vorgeschlagen habe.
Der Bevollmächtigte stellt in der mündlichen Verhandlung den Antrag, ein berufskundliches Gutachten zum Belastungsprofil einer Industriekauffrau einzuholen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. September 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 1999 zu verurteilen, der Klägerin ab 01. September 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Der Senat hat einen Befundbericht der Dr. B ... vom 26. Februar 2001 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Sch ... vom 18. April 2001 eingeholt sowie Unterlagen aus der Personalakte der Klägerin von der Karosseriewerke D ... GmbH beigezogen. Des Weiteren wurde den Beteiligten die Berufsinformationskarte BO 781/II der Bundesanstalt für Arbeit zur Tätigkeit von Bürofachkräften in Industrie und privaten Institutionen (Industriekauffrau) zur Kenntnisnahme übermittelt.
Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Dresden (SG) die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht.
Die Klägerin ist weder berufs-, noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]).
Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst sie in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die sie nach ihrem Gesundheitszustand und nach ihrem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO -). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).
Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als Werkstattschreiberin bzw. Sachbearbeiterin für Produktionswirtschaft. Diese hat die Klägerin vollwertig zur dauerhaften Einkommenserzielung bewusst und gewollt vom 01. September 1985 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 11. Februar 1998 ausgeübt.
Ob die Klägerin den Beruf als Werkstattschreiberin, bezogen auf ihren letzten Arbeitplatz, noch vollwertig verrichten kann, musste der Senat nicht entscheiden. Denn sie ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen sie mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.
Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten eine leistungsgeminderte Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Diesem Schema ist eigentümlich, dass jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden kann, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter im oberen Bereich auf angelernte und ein solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des SG kann es dahingestellt bleiben, ob die Klägerin als Werkstattschreiberin der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich oder der Facharbeiter zuzuordnen ist. Denn selbst im Falle der Einstufung als Facharbeiterin ist sie auf eine Tätigkeit als Industriekauffrau/Bürofachkraft verweisbar. Die Tätigkeit einer Industriekauffrau/Bürofachkraft zeichnet sich nach der beigezogenen Berufsinformationskarte BO 781/II der Bundesanstalt für Arbeit durch körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen aus, wird überwiegend im Sitzen verrichtet und erfordert Verantwortungsbewusstsein, Konzentrations- und Kontaktfähigkeit. Zu verrichten sind kaufmännische Arbeiten zur Beschaffung, zur Herstellung und zum Vertrieb industrieller/handwerklicher Erzeugnisse oder zum Verkauf industrieller/handwerklicher oder sonstiger Leistungen einschließlich sachbearbeitender oder bürotechnischer Verwaltungstätigkeit. Die Klägerin verfügt über eine Facharbeiterausbildung zur Wirtschaftskauffrau und hat seit September 1985 als Werkstattschreiberin bzw. Sachbearbeiterin für Produktionswirtschaft gearbeitet. Wie der Zeuge Froböse in der Einvernahme vor dem SG am 28. September 2000 ausführte, handelte es sich dabei um Sachbearbeitertätigkeiten, welche die berufliche Qualifikation einer Bürokauffrau voraussetzen. Auf Grund ihrer Ausbildung und der langjährigen Sachbearbeitertätigkeit sowie der absolvierten Lehrgänge zur Bedienung eines Personalcomputers (PC) und über die Grundlagen Windows 95 und Word 97 besitzt die Klägerin ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten, um sich innerhalb von drei Monaten in eine Tätigkeit als Bürofachkraft/Industriekauffrau einzuarbeiten. Diese Tätigkeit gehört zur Gruppe der Facharbeiter mit einer Regelausbildung von drei Jahren und ist der Klägerin sozial zumutbar.
Für diese körperlich leichte und überwiegend im Sitzen auszuübende Tätigkeit besteht ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Bei der Untersuchung durch Dr. G ... waren die geistig-konzentrative Belastbarkeit, Auffassungsgabe sowie rasche geistige Umstellungsfähigkeit/Wendigkeit und mnestische Funktionen ungestört. Während der dreistündigen Untersuchung konnten weder körperliche noch psychische Ermüdungs- oder Erschöpfungszeichen festgestellt werden. Damit besteht neurologisch-psychiatrisch keine Einschränkung für eine Tätigkeit als Bürofachkraft/Industriekauffrau. Diese Tätigkeit kann auch mit den im Gutachten des Prof. Dr. F ... auf orthopädischem Gebiet zu beachtenden Funktionseinschränkungen vollschichtig verrichtet werden. Bezüglich der Feststellungen zum Leistungsvermögen wird daher auf die entsprechenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils, welchen der Senat vollumfänglich beitritt, Bezug genommen und verwiesen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Eine andere Leistungsbeurteilung ergibt sich im Berufungsverfahren nicht. Weder Dr. B ... noch die Ärztin Sch ... haben in ihren Berichten vom 26. Februar 2001 bzw. vom 18. April 2001 eine wesentliche Verschlechterung bekundet.
Die Behauptung der Klägerin, Erwerbsunfähigkeit ergebe sich bereits nach dem Gutachten des Dr. G ..., greift nicht durch. Der Sachverständige hat eine zwingende schrittweise Wiedereingliederung nicht bekundet. Nach seiner Auffassung "sollte" eine solche wegen der langen Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Im Übrigen stellt dies eine Maßnahme der beruflichen Rehabilitation dar und steht einem vollschichtigen Leistungsvermögen insoweit nicht entgegen.
Ein berufskundliches Gutachten zum Belastungsprofil einer Industriekauffrau musste der Senat nicht einholen. Denn die Arbeitsbedingungen und Anforderungen einer derartigen Tätigkeit sind unter Ziffer 10 der beigezogenen Berufsinformationskarte BO 781/II der Bundesanstalt für Arbeit beschrieben.
Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen in einer sozial zumutbaren Verweisungstätigkeit ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es der Klägerin auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, so genannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137), liegen nicht vor. Insbesondere ist die Klägerin nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von ihrer Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 5a RKn 18/83 SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss sie während der Arbeitszeit nicht einhalten.
Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24 -).
Nachdem die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a.F.) ist, hat sie erst recht keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 Abs. 2 SGB VI (a.F.). Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 BGBl. 2000, Teil I, Seite 1827 -) nicht erfüllt.
Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a.F. resultiert aus der Rentenantragstellung vom 30. September 1998 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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