L 6 RJ 314/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 12 RJ 38/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 314/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 06. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) gegeben sind.

Der am ... geborene Kläger absolvierte 1966 bis 1968 die Ausbildung zum Säureschutzfacharbeiter. Er war in diesem Beruf bis März 1983 tätig. Seitdem arbeitete er als Betonwerksteinarbeiter. Ab dem 17.09.1998 bezog der Kläger Krankengeld.

Am 11.06.1999 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen einer Knieoperation sowie Beschwerden an der Lendenwirbelsäule (LWS) und Halswirbelsäule (HWS). Die Beklagte zog im Rentenverfahren eine Arbeitgeberauskunft der G ... F ...GmbH bei. Hiernach war der Kläger als Betonwerkstein- und Terrazzohersteller/Natur- und Betonwerksteinverleger tätig. Seine Tätigkeit bestand darin, kleine Betonelemente bzw. Betonwerksteinerzeugnisse herzustellen und bei Natur- und Betonwerksteinverlegearbeiten zu helfen. Nach Auskunft des letzten Arbeitgebers war hierfür eine Anlernzeit von drei bis sechs Monaten erforderlich. Des Weiteren lag der Beklagten ein Befundbericht von Dr. J ... vom 30.12.1998 vor, der im Rahmen eines Rehabilitationsverfahrens beigezogen worden war. Ferner verfügte die Beklagte über den Reha-Entlassungsbericht vom 30.03.1999 über den Aufenthalt des Klägers vom 10.02.1999 bis 03.03.1999 in der Reha-Klinik R ..., A ... Hiernach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers für Heben, Tragen, Bewegen von Lasten über 12,5 kg, häufiges Bücken, Hocken und Knien und Arbeiten unter längeren Zwangshaltungen deutlich vermindert. Der Kläger sei in der Lage, eine leichte bis mittelschwere Arbeit im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen vollschichtig auszuführen. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. Die letzte Tätigkeit könne das Beschwerdebild weiter verschlechtern. Nach Stellungnahme des ärztlichen Prüfdienstes zu diesen medizinischen Unterlagen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.07.1999 die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Zwar sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch folgende Behinderungen beeinträchtigt: - Kniearthrose rechts bei Zustand nach Meniskusentfernung rechts 1998, - Kniearthrose links bei Zustand nach Kniegelenksspiegelung 1995, - Schulterarthrose beidseits, - lokales Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativer Wirbel säule, durch Heilverfahren geringe Schmerzlinderung mit Be fundbesserung, - folgenlos ausgeheilte, operativ versorgte Schlüsselbeinfrak tur links von 1969. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten jedoch vollschichtig ausgeübt werden.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 23.08.1999. Es habe kein neutraler Arzt ein Gutachten erstellt. Sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Er sei weiterhin in medizinischer Behandlung und nicht arbeitsfähig. Der Verweis auf den allgemeinen Arbeitsmarkt klinge wie ein Hohn, da selbst gesunde Menschen auf diesem allgemeinen Arbeitsmarkt kaum eine Chance hätten. Die Beklagte zog daraufhin erneut einen Befundbericht von Dr. J ... vom 23.09.1999 bei. Er beschrieb Bewegungseinschränkungen beim Laufen, Stehen, Beugen und Treppen steigen durch die Erkrankung beider Kniegelenke. Außerdem war dem Befundbericht beigefügt ein Arztbrief der radiologisch-nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis Dr. V ... u.a. vom 20.08.1999. Am 01.11.1999 wurde der Kläger durch Dr. S ... im Auftrag der Beklagten ambulant begutachtet. Dr. S ... stellte folgende Diagnosen: 1. zerviko-lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen beider Wirbelsäulenabschnitte mit beginnendem Bandscheibenschaden im HWS-Bereich, muskuläre Dysbalancen ohne zurzeit Nervenwurzelreizsymptomatik, kein wesentliches Funktionsdefizit, 2. Gonarthrose beidseits leicht bis mäßigen Grades, kein wesentliches Funktionsdefizit, 3. Omarthrose beidseits, kein wesentliches Funktionsdefizit, 4. leichte Restvarikosis rechts nach Venenstripping. Zusammenfassend stellte der Gutachter fest, dass die großen Gelenke beim Kläger frei beweglich sind, kaum behindert, relativ schmerzfrei, so dass der Kläger aus orthopädischer Sicht leichte, bisweilen mittelschwere Arbeiten ohne bzw. in begrenzten Zwangshaltungen am ehesten im Wechselrhythmus zu ebener Erde ausüben könnte. Die knienden und hockenden Positionen sollten gemieden werden, auch Überkopfarbeiten. Die Claviculafraktur und die Mastopathie sowie der Zustand nach Venenstripping rechts tangierten das Leistungsbild nicht. Im erlernten Beruf und der letzten Tätigkeit sei der Versicherte nicht mehr wettbewerbsfähig, d.h. vollschichtig einsetzbar. Im Übrigen könne man sich der sozialmedizinischen Beurteilung der Kureinrichtung vom März 1999 anschließen. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.1999 zurück. Der Kläger sei der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien ihm somit alle ungelernten Tätigkeiten im Bereich des allgemeinen Arbeitsmarktes zuzumuten mit Ausnahme solcher, die nur einen geringen qualitativen Wert haben. Die konkrete Benennung einer zumutbaren Tätigkeit sei damit entbehrlich. Nach seinem Gesundheitszustand sei er nicht daran gehindert, wenigstens die Hälfte des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes seiner Versichertengruppe zu erzielen. Das Risiko der Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes trage die Arbeitslosenversicherung, nicht die Rentenversicherung.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid, welcher am 06.01.2000 zur Post gegeben wurde, richtet sich die am 17.01.2000 beim Sozialgericht Leipzig eingegangene Klage. Es wurde vorgetragen, dass der Kläger bis zuletzt als Facharbeiter beschäftigt war. Demzufolge müsse die Beklagte den Kläger in die Berufsgruppe der Facharbeiter einstufen und einen entsprechenden Verweisungsberuf benennen. Da der Kläger gesundheitlich nicht mehr in der Lage sei, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit vollschichtig auszuüben, sei ihm zumindest eine BU-Rente zuzuerkennen. Das Sozialgericht hat im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung Befundberichte beigezogen von Frau Dr. F ... vom 18.04.2000 und Herrn Dr. J ... vom 24.07.2000. Frau Dr. F ... teilte folgende Diagnosen mit: Gonarthrose mit Zustand nach arthroskopischer Meniskusresektion rechts 1998, Omarthrose beidseits, lokales Lumbalsyndrom, Zustand nach Claviculafraktur links 1969 mit Osteosynthese, Gynäkomastie links und metabolisches Syndrom. Ferner hatte das Sozialgericht den letzten Arbeitgeber des Klägers zu dessen beruflicher Tätigkeit befragt. Hiernach war der Kläger als Betonwerkstein- und Natursteinverlegerhelfer eingesetzt. Er habe beim Verlegen von Betonwerksteinen und Naturwerksteinen geholfen (Mischungen, Zuschnitt, Materialtransport, Fugenarbeiten, Kleben von Sockelleisten). Diese Tätigkeit könne ein Arbeiter ohne Vorbildung innerhalb von drei bis vier Monaten erlernen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.10.2000 nahm der Kläger seinen Antrag auf Gewährung einer EU-Rente zurück. Mit Urteil vom gleichen Tag wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit des Klägers sei die bisher ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit. Dies sei im Fall des Klägers die Tätigkeit als Betonwerksteinverleger. Zwar besitze der Kläger eine Ausbildung zum Säureschutzfacharbeiter. Hiervon habe er sich jedoch frühzeitig getrennt. Eine Facharbeiterqualifikation in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit besitze der Kläger nicht. Nach dem Mehr-Stufen-Schema des BSG sei der Kläger unter Berücksichtigung der Arbeitgeberauskunft in die Gruppe der angelernten Arbeiter einzustufen. Da der Kläger keine entsprechende Ausbildung genossen habe und die Einarbeitungszeit maximal vier Monate gedauert habe, sei auch unter Berücksichtigung des Vortrages des Klägers, er sei als Facharbeiter entlohnt worden, eine Einordnung in die Gruppe der Facharbeiter nicht gerechtfertigt. Die Entlohnung als Facharbeiter sei lediglich ein Indiz.

Diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Betonwerksteinverleger könne der Kläger nicht mehr vollschichtig ausüben. Er sei jedoch zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten und erhobenen Befunde stehe für das Gericht fest, dass der Kläger noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben. Da eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Benennung von Verweisungstätigkeiten zulässig sei, lägen die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht vor. Dabei sei zu berücksichtigen, dass selbst, wenn eine Einordnung des Klägers in die Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich in Betracht käme, die seitens der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten Wachmann und Pförtner dem Kläger unter Berücksichtigung des Restleistungsvermögens vollschichtig zumutbar seien.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.11.2000 zugestellte Urteil legte dieser am 18.12.2000 Berufung ein. Der Kläger sei auch nicht mehr in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten; zumindest verfüge er über kein vollschichtiges Leistungsvermögen mehr. Dies führe der Kläger auf die Gebrauchsminderung seiner Beine und auf eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, insbesondere im LWS-Bereich zurück. Der Kläger könne weder längere Zeit stehen noch sitzen. Die Beschwerden seien so schmerzhaft, dass er sich auch nicht auf die Verrichtung bestimmter Aufgaben konzentrieren könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 06.10.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.07.1999 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 22.12.1999 aufzuheben und dem Kläger ab Juni 1999 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts Leipzig für zutreffend. Auch bei Berücksichtigung der aktuellen Befundberichte könne der Kläger bei im Wechsel auszuübender Tätigkeit vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein.

Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung wurden Befundberichte der aktuell behandelnden Ärzte beigezogen. Dr. W ... verwies in seinem Befundbericht vom 28.05.2001 im Wesentlichen auf seinen Arztbrief vom 05.02.2001 an Frau Dr. F ... Hier diagnostizierte er unklare Beinschmerzen rechts nach Varizenoperation und Perforansveneninsuffizienz. Bei der Duplexsonographie hatte sich kein Nachweis einer wesentlichen Stammveneninsuffizienz ergeben, lediglich eine diskrete Leitveneninsuffizienz beidseits. Der Orthopäde Dipl.-Med. Sch ... teilte im Befundbericht vom 20.06.2001 mit, dass sich der Kläger zuletzt im Juli 2000 vorgestellt habe. Dabei wurden folgende Befunde erhoben: Lendenwirbelsäule: Beckengeradstand, leicht verstärkte Lendenlordose, kein Klopf- oder Stauchungsschmerz, Iliosakralgelenke beidseits frei beweglich, Lasèque beidseits negativ, keine pathologischen Reflexe. Kniegelenk rechts: reizlose Narbe, Druckschmerz am medialen und lateralen Kniegelenkspalt sowie an der medialen Patellafacette, starke Oberschenkelmuskelatonie, gelockerter Bandapparat, kein Schubladenphänomen, vermehrtes Bewegungsreiben und verstärkter Andruckschmerz der Patella retropatellar. Es war beidseits eine Beugung bis 135° möglich. Am Unterschenkel bestanden reizlose Narben nach Varizenoperation bei Druckschmerzhaftigkeit der gesamten Wade.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 143 SGG) und im Übrigen zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Das Gesetz ist in dieser Fassung anzuwenden, da der Kläger sich auf einen Leistungsfall vor dem 31.12.2000 bezieht, § 302 Abs. 2 SGB VI.

Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann. Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an. In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246, Nrn. 130, 164). In diesem Sinne ist beim Kläger die Tätgkeit als Betonwerksteinverleger zugrunde zu legen. Diese Tätigkeit hat der Kläger von 1983 bis 1998 vollwertig bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt. Diesen Beruf kann der Kläger nicht mehr vollwertig verrichten. Dies steht im Ergebnis der Rehabilitationsmaßnahme und des orthopädischen Gutachtens fest. Aufgrund der Gonarthrose sind dem Kläger Tätigkeiten, die in knienden und hockenden Positionen verrichtet werden, nicht mehr zumutbar.

Dennoch ist der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Er ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann. Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das BSG ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten. Später hat das BSG diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion hinzugefügt (vgl. BSG, BSGE 43, 243), zu welcher auch besonders hoch qualifizierte Facharbeiter gehören (BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis 12 Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- und Anlernzeit von über 12 Monaten bis zu 24 Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Diesem Schema ist eigentümlich, dass jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden kann, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht.

In Übereinstimmung mit der sozialgerichtlichen Entscheidung ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf der angelernten Arbeiter im unteren Bereich zuzuordnen. Dies ergibt sich aus den Arbeitgeberauskünften vom 28.06.1999 und 16.08.2000 der G ... F ... GmbH. Hiernach betrug die Anlernzeit des Klägers drei bis vier Monate bzw. drei bis sechs Monate. Er war auch innerbetrieblich der Gruppe der angelernten Arbeiter zugeordnet. Die Ansicht des Klägers, er sei zuletzt als Facharbeiter beschäftigt worden, konnte durch die Arbeitgeberauskunft nicht bestätigt werden und wurde im Berufungsverfahren auch nicht mehr geäußert. Insofern ist der Kläger als angelernter Arbeiter im unteren Bereich sozial zumutbar auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass diese konkret benannt werden müssten.

Zu Recht ist das Sozialgericht auch davon ausgegangen, dass der Kläger hinsichtlich des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig leistungsfähig ist. Nach dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet kann der Kläger vollschichtig leichte Arbeiten und zweistündig bis unter halbschichtig mittelschwere Arbeiten ohne bzw. in begrenzten Zwangshaltungen am ehesten im Wechselrhythmus zu ebener Erde ausüben. Diese Leistungseinschätzung steht im Einklang mit dem Reha-Entlassungsbericht vom 30.03.1999 und wird durch die erhobenen Befunde gedeckt. So war maßgeblich für das Votum des Gutachters, dass beim Kläger zwar röntgenologisch Verschleißerscheinungen leichten bis mittleren Grades im HWS- und LWS-Bereich sowie an beiden Knien gefunden wurden, dass hiermit jedoch keine größeren Funktionseinschränkungen einhergehen. So zeigte die klinische Untersuchung der Wirbelsäule allenfalls teils leichte und erst nach Befragen schmerzhafte Bewegungsdefizite. Auch waren die großen Gelenke frei beweglich und relativ schmerzfrei. Diese Befunde bestehen nach dem Befundbericht von Dipl.-Med. Sch ... im Wesentlichen unverändert fort, so dass die Leistungseinschätzung von Dr. S ... weiterhin zutreffend ist. Auch Dipl.-Med. Sch ... schilderte hinsichtlich der Wirbelsäule keine gravierenden krankhaften Befunde. Insbesondere bestand eine normale Entfaltung der Lendensegmente ohne Hinweise auf Nervenwurzelreizerscheinungen. Hinsichtlich des rechten Kniegelenkes beschrieb auch er eine Druckschmerzhaftigkeit sowie eine Lockerung des Bandapparates, wobei die Beweglichkeit mit 0/0/135° nicht wesentlich eingeschränkt war.

Den orthopädischerseits bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen wird dadurch Rechnung getragen, dass das Leistungsvermögen des Klägers hinsichtlich Zwangshaltungen insbesondere hinsichtlich von Arbeiten im Knien oder Hocken eingeschränkt ist. Der Senat schließt sich jedoch bei Würdigung aller Befunde der Wertung von Dr. S ... an, dass diese Erkrankungen keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens zur Folge haben. Die von Dr. S ... getroffene Leistungseinschätzung harmoniert im Übrigen auch mit den vom Kläger bei der Hausärztin Dr. F ... geschilderten Beschwerden. Hier hatte der Kläger angegeben, Schmerzen im Knie bei längerem Stehen und schnellen Bewegungswechseln zu haben sowie Schmerzen im LWS-Bereich bei Zwangshaltungen. Dementsprechend sind dem Kläger auch nach der Leistungseinschätzung von Dr. S ... nur Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen und ohne Zwangshaltungen zumutbar. Dass die vom Kläger in der Berufungsbegründung angegebenen Schmerzen sich zusätzlich leistungseinschränkend auswirken, kann nicht angenommen werden. Weder wurde von den behandelnden Ärzten bisher ein ausgesprochenes Schmerzsyndrom diagnostiziert noch ist eine entsprechende Therapie ersichtlich. Die Tatsache, dass der Kläger im Zeitraum Juli 2000 bis Juni 2001 seinen behandelnden Orthopäden nicht aufgesucht hat, spricht nicht für eine intensivierte Therapie.

Auch die übrigen beim Kläger bestehenden Krankheitsbilder führen zu keiner zeitlichen Limitierung des Leistungsvermögens. Der nach dem Arztbrief von Dr. W ... vom 05.02.2001 feststehenden geringen Veneninsuffizienz wird dadurch Rechnung getragen, dass dem Kläger nur noch Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung zugemutet werden.

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist der Kläger nicht berufsunfähig. Für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung (Katalogfälle, BSG SozR 220 § 1246 RVO Nr. 137), welche die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nach sich ziehen würden, liegen keine Anhaltspunkte vor.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade feien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, BSGE 80, 24).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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