L 5 RJ 54/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 11 RJ 299/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 54/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 12. Januar 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Unter den Beteiligten ist streitig, ob die Lehrzeit des Klägers in Polen vom 01. September 1955 bis zum 11. Januar 1957 als Beitragszeit zu berücksichtigen ist.

Der am ... in Lipiny (heute Polen) geborene Kläger besuchte vom 01. September 1955 bis 11. Januar 1957 die Berufs-Grundschule, Abteilung für Elektromonteure, bis zur II. Klasse. Er schied auf eigenen Wunsch aus und siedelte am 17. Januar 1957 ins Beitrittsgebiet (Sachsen) um. Der Kläger ist als Vertriebener im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG anerkannt.

Mit Bescheid vom 07. August 1997 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf des Klägers für die Zeit bis zum 31. Dezember 1990 fest und lehnte u.a. die Anerkennung der streitgegenständlichen Zeit als Anrechnungszeit ab. Auf den Widerspruch des Klägers änderte die Beklagte den Bescheid vom 07. August 1997 mit (nicht streitgegenständlichem) Bescheid vom 11. August 1997 und mit Bescheid vom 19. März 1998, welcher gemäß § 86 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchverfahrens geworden ist, dahingehend ab, als die Zeit vom 23. Mai 1956 bis zum 11. Januar 1957 als Anrechnungszeit (Schulausbildung) ab der Vollendung des 17. Lebensjahres berücksichtigt wurde. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Bescheid vom 15. Mai 1998 zurück. Die Anerkennung der Zeit vom 01. September 1955 bis zum 11. Januar 1957 als Beitragszeit gemäß § 55 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Verbindung mit §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) sei nicht möglich, da der Kläger in dieser Zeit eine Berufsgrundschule besucht habe. Der Nachweis eines Lehrverhältnisses mit Beitragsentrichtung zum Rentenversicherungsträger sei nicht erbracht.

Die am 15. Juni 1998 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig mit Gerichtsbescheid vom 12. Januar 1999 aus den Gründen des Widerspruchsbescheides abgewiesen.

Der Kläger macht mit der fristgemäß am 23. Februar 1999 bei dem Sozialgericht Leipzig eingelegten Berufung geltend, in der Zeit vom 01. September 1955 bis zum 11. Januar 1957 habe er eine Lehrzeit als Elektriker absolviert. Er habe kein Lehrlingsentgelt, aber als Beihilfe für die Internatskosten ein Stipendium erhalten. Auf den Abschluss eines Lehrvertrages habe er keinen Einfluss gehabt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Leipzig vom 12. Januar 1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07. August 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 1998, soweit nicht durch Teilabhilfebescheid vom 19. März 1998 abgeholfen, zu verurteilen, die Zeit vom 01. September 1955 bis zum 11. Januar 1957 als Beitragszeit festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger u.a. eine Bescheinung der Direktion der Schulen für Chemie und Elektrotechnik in ... vom 01. Juni 1999, über den Besuch der Berufsgrundschule für den Zeitraum vom 01. September 1955 bis zum 21. Juni 1956, und ein Schreiben der Chemische Werke ... vom 25. Juli 2000 eingereicht.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch, dass die Zeit vom 01. September 1955 bis zum 11. Januar 1957 als Beitragszeit gemäß § 55 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Verbindung mit §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) in seinem Versicherungskonto festgestellt wird.

Gemäß § 149 Abs. 1 und 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) speichert der Versicherungsträger im Versicherungskonto die Daten, die für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und Erbringung von Leistungen einschließlich der Rentenauskunft erforderlich sind und stellt diese durch Bescheid fest. Die Voraussetzungen zur Vormerkung der streitgegenständlichen Zeit als Beitragszeit liegen jedoch nicht vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vollumfänglich auf die Gründe des Gerichtsbescheides, welchen der Senat nach Überprüfung beitritt, Bezug genommen und verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Insbesondere ergibt sich durch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinungen keine andere Rechtslage. Weder aus der Bescheinung der Direktion der Schulen für Chemie und Elektrotechnik in ... vom 01. Juni 1999, noch aus dem Schreiben der Chemische Werke ... vom 25. Juli 2000 geht hervor, dass der Kläger während seines Besuches der vorbezeichneten Schule in einem Lehr- oder Ausbildungsverhältnis mit einem Betrieb gestanden hat, aus welchem auch Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden sind. Auf Grund der Bescheinigung der Chemischen Grund-Schule des Ministerium für Chemische Industrie in ... vom 11. Januar 1957 ist die Entrichtung von Beiträgen aus einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 FRG nicht nachgewiesen, desgleichen nicht das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des § 16 Satz 1 FRG. Ob eine Beschäftigung vorliegt, bestimmt sich nach § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), wonach eine solche bei nichtselbständiger Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis oder im Rahmen einer betrieblichen Ausbildung, anzunehmen ist (vgl. SGB/RVO- Gesamtkommentar, Sozialversicherung, Stand 1993, Band 6, Bauermeister, Anm. 7 zu § 16 FRG). Eine nichtselbständige Arbeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wird durch die vorbezeichneten Bescheinigungen nicht bestätigt. Die streitgegenständliche Zeit kann auch nicht als betriebliche Ausbildung gewertet werden. Als solche hat das Bundessozialgericht die Beschäftigung in einer Lehrwerkstatt anerkannt, wenn u.a. dort zu einem anerkannten Ausbildungsberuf ausgebildet wird, die Ausbildung hauptsächlich in der Lehrwerkstatt stattfindet und für die Ausbildung ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 1976, Az.: 12/7 RAr 69/74). Der Kläger hat zwar an einer schulischen Ausbildung zum Elektromonteur teilgenommen, jedoch weder nachgewiesen, dass er überwiegend in einer Lehrwerkstatt ausgebildet, noch dass mit einer solchen ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2001 hat der Kläger angegeben, im ersten "Lehrjahr" drei Tage die Berufsgrundschule besucht zu haben und ungefähr drei Tage in eine an den Betrieb angeschlossene Lehrwerkstatt gegangen zu sein. Im zweiten "Lehrjahr" sei es genau dasselbe gewesen, mit der Ausnahme, dass er ungefähr drei Tage in der Woche unter Anleitung von Gesellen im Betrieb selbst mitgearbeitet habe. Ein Überwiegen der praktischen Ausbildung in einem Lehrbetrieb gegenüber der schulischen Ausbildung kann daher nicht festgestellt werden. Diese Bekundung des Klägers wird belegt durch das o.g. Schreiben der Chemischen Werke INO-WROCLAW vom 25. Juli 2000, wonach der Zeitraum des Praktikums im Rahmenprogramm der Ausbildung der Schule erfasst worden ist. Da eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht nachgewiesen worden ist, kommt auch die Berücksichtigung der Zeit vom 01. September 1955 bis zum 11. Januar 1957 als Beitragszeit nach § 247 Abs. 2a SGB VI (Zeit einer beruflichen Ausbildung) nicht in Betracht. Zeiten an einer Berufsgrundschule für die nichtselbständige Jugend, welche keinen Lehr- bzw. Arbeitsvertrag mit einem Lehrherrn oder bestimmten Betrieb geschlossen haben, werden nach den polnischen Rechtsvorschriften nicht als Beitragszeiten berücksichtigt (siehe Wolf-Rüdiger Poletzky in Mitteilungen der LVA Berlin 1991, Seite 70, 81). Sie können somit nach Art. 4 Abs. 2 des deutsch-polnischen-Sozialversicherungsabkommens vom 09. Oktober 1975 (DPSVA) in Verbindung mit Art. 2 des Zustimmungsgesetzes (ZustG) vom 12. März 1976, in der Fassung vom 18. Dezember 1989, nicht vom deutschen Rentenversicherungsträger übernommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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