L 5 RJ 5/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 16 RJ 287/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 5/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am ... geborene Kläger erlernte von 1956 bis 1959 den Beruf eines Kraftfahrzeugschlossers, erwarb am 31. August 1959 das entsprechende Facharbeiterzeugnis und war bis März 1961 in dem erlernten Beruf tätig. Von April 1961 bis Dezember 1990 arbeitete der Kläger in der Forstwirtschaft zunächst als Forstarbeiter, später als Kraftfahrer; am 29. März 1966 erwarb er den Lehrabschluss als Forstfacharbeiter und am 07. November 1970 das Facharbeiterzeugnis als Berufskraftfahrer. Nach einer zwischenzeitlichen Tätigkeit als Forstarbeiter im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme war der Kläger von Mai 1992 bis März 1998 als Baugehilfe und Kraftfahrer beschäftigt. Seitdem ist der Kläger krank bzw. arbeitslos und bezieht Krankengeld bzw. Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit.

Den am 07. Oktober 1998 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründete der Kläger mit sehr starken Rücken- und Hüftgelenksschmerzen.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor: - ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 18. Mai 1998 (Empfehlung der Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme), - ein Befundbericht des Praktischen Arztes Dipl.-Med. O ... vom 07. Juni 1998, - ein Rehabilitations-Entlassungsbericht der K ...-Klinik B ... (Dipl.-Med. G ...) vom 14. September 1998 (bei einem lokalen lumbalen Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen wurde ein unter zweistündiges Leistungsvermögen als Bauhilfsarbeiter und ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten bescheinigt), - ein MDK-Gutachten vom 19. Oktober 1998, wonach der Kläger für Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen, ohne schweres Heben, Tragen, ohne Bücken, ohne Steigen auf Leitern und Gerüste, ohne Überkopfarbeiten einsetzbar sei.

Mit Bescheid vom 17. November 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Den am 17. Dezember 1998 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 1999 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger nach den sozialmedizinischen Feststellungen zwar nicht mehr als Bauhelfer tätig sein; er sei jedoch in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten mit wechselnder Arbeitshaltung, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne Gefährdung durch Ganzkörperschwingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten, und somit, da er seinen beruflichen Werdegang nach der Gruppe der ungelernten Arbeiter zuzuordnen sei, weder berufs- noch erwerbsunfähig.

Auf die am 15. April 1999 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobene Klage, hat das SG Befundberichte des Facharztes für Orthopädie Dr. F ... vom 20. September 1999 und des Praktischen Arztes Dipl.-Med. O ... vom 02. Oktober 1999 eingeholt sowie eine Epikrise der Orthopädischen Klinik an den Kliniken E ... vom 05. Mai 1999 und medizinische Unterlagen aus der Schwerbehinderten-Akte des Klägers beigezogen. Ferner hat das SG den (behandelnden) Orthopäden Dr. F ... mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dr. F ... hat in seinem Gutachten vom 14. Juni 2000 folgende Diagnosen gestellt: - Zervikobrachialsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule ohne neurologische Ausfallserscheinungen mit deutlicher Einschränkung der Beweglichkeit, - Thoracalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule ohne klinische Erscheinungen, - Segmentlockerung der Lendenwirbelsäule mit deutlicher Aufrichteinsuffizienz bei degenerativen Veränderungen im LWS-Bereich im Röntgenbild ohne neurologische Ausfallserscheinungen, - Kompensierte Chondropathia patellae bei Zustand nach Meniskektomie rechts und Arthroskopie links. Der Kläger leide seit ca. 20 Jahren unter anfangs leichten, in den letzten Jahren stärkeren Kreuzschmerzen. Wegen dieser Kreuzschmerzen sei ca. 1989/90 eine Umsetzung vom Holzkraftfahrer zum Heizer erfolgt. Trotz dieser Umsetzung und auch unter der körperlichen Belastung als Bauhilfsarbeiter hätten die Kreuzbeschwerden trotz der durchgeführten Behandlungen immer mehr zugenommen. Sie bestünden zurzeit vor allem bei längerem Sitzen, beim Stehen, beim Gehen, aber auch nachts mit nächtlichem Aufwachschmerz und morgendlicher Schmerzsteife, linderten sich etwas bei leichter Bewegung und verstärkten sich unter Belastung. Gelegentlich entstehe bei einer Gehstrecke von einer 3/4 bis 1 Stunde ein plötzlicher Schmerz im linken Bein mehr als rechts mit Einschlafgefühl und Kraftlosigkeit in beiden Beinen; der Kläger müsse dann stehenbleiben und sich festhalten. Im Kniegelenk seien die Beschwerden gebessert. In den letzten Monaten seien ziehende Schmerzen im Nacken bis in den Hinterkopf hinein aufgetreten. Mit den bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei der Kläger in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, möglichst mit der Wahl des eigenen Arbeitsrhythmus und ohne Sitzen von über einer halben Stunde, ohne Arbeiten in vorgebeugter Haltung, ohne häufiges Bücken oder Heben und Tragen von Lasten, ohne Ganzkörpervibrationen vollschichtig zu verrichten. Als Kraftfahrer in der Forstwirtschaft sei der Kläger nicht mehr einsetzbar; andere Tätigkeiten seien unter Vermeidung der genannten Negativkriterien auch unter Berücksichtigung des passageren radikulären Lumbalsyndroms und des lumbalen Segmentlockerungssyndroms möglich. Eine Einschränkung der Geh- und Stehfähigkeit vom Weg zur und von der Arbeit gäbe es nicht; ein öffentliches Verkehrsmittel könne benutzt und ein Kraftfahrzeug ohne Zusatzeinrichtungen gefahren werden. Schließlich hat das SG eine Auskunft des letzten Arbeitgebers des Klägers, des Baugeschäfts M. E ..., vom 15. Oktober 1999 eingeholt.

Mit Urteil vom 20. Oktober 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Ausgehend von der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kraftfahrer/Bauhelfer hat es den Kläger im Hinblick auf die in der Arbeitgeberauskunft vom 15. Oktober 1999 genannte Einarbeitungszeit von zwei Wochen der Gruppe der angelernten Arbeiter zugeordnet und im Anschluss an das Gutachten von Dr. F ... vom 14. Juni 2000 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, aber ohne längeres Sitzen, ohne Arbeiten in vorgebeugter Haltung, ohne häufiges Bücken oder Heben und Tragen von Lasten, ohne Ganzkörpervibrationen festgestellt. Aufgrund seines vollschichtigen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger, dem als angelernten Arbeiter eine Verweisungstätigkeit nicht benannt werden müsse, weder berufs- noch erwerbsunfähig.

Zur Begründung der am 08. Januar 2001 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger vorgebracht, entgegen der Einschätzung des SG sei er als Berufskraftfahrer nicht der Gruppe der angelernten Arbeiter, sondern der der Facharbeiter zuzuordnen. Bei seinem letzten Arbeitgeber sei er hauptsächlich als Berufskraftfahrer tätig gewesen; die Bauhelfertätigkeiten seien nahezu ausschließlich im Zusammenhang mit der Berufskraftfahrertätigkeit erfolgt. Eine Verweisung auf die Tätigkeit "Mitarbeiter Poststelle" lasse schon sein Gesundheitszustand nicht zu, wie aus einer Beurteilung des Orthopäden Dr. B ... vom 09. Februar 2001 hervorgehe. Darüber hinaus habe sich sein Gesundheitszustand derart verschlechtert, dass eine Schmerztherapie durchgeführt werden solle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. Oktober 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 17. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 1999 zu verurteilen, dem Kläger ab November 1998 Erwerbsunfähigkeitsrente, hilfsweise Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, da er weder berufsunfähig i. S. des § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (alte Fassung - a.F.), noch erwerbsunfähig i. S. des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. und auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert i. S. des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (neue Fassung - n.F.) ist.

Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die (Rest-)Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 107, 169). In der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 130, 164). Hat sich der Versicherte von einer (höherwertigen) Beschäftigung oder Tätigkeit gelöst, ist diese nicht mehr als bisheriger Beruf zugrunde zu legen. Musste ein Beruf jedoch aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden, so liegt grundsätzlich keine Lösung i. S. des Rentenrechts vor, weil dann gerade solche Gründe zur Berufsaufgabe geführt haben, für die die gesetzliche Rentenversicherung einzustehen hat (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 158; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 38). Ob beim Kläger nach diesen Grundsätzen als bisheriger Beruf die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung als Bauhelfer und Kraftfahrer oder die 1988/89 aufgegebene Tätigkeit als Kraftfahrer in der Forstwirtschaft zugrunde zu legen ist, wie von Klägerseite im erstinstanzlichen Verfahren behauptet wurde und es das orthopädische Gutachten von Dr. F ... vom 14. Juni 2000 nahelegt, kann dahinstehen. Denn der Kläger kann nach den Feststellungen im Verwaltungs- und im erstinstanzlichen Verfahren weder als Bauhelfer und Kraftfahrer noch als Kraftfahrer in der Forstwirtschaft vollwertig arbeiten (vgl. Rehabilitations-Entlassungsbericht vom 14. September 1998, Stellungnahme des Ärztlichen Prüfdienstes der Beklagten vom 22. September 1998, Gutachten des gerichtlich bestellten ärztlichen Sachverständigen Dr. F ... vom 14. Juni 2000). Dass der Kläger weder als Bauhelfer und Kraftfahrer noch als Kraftfahrer in der Forstwirschaft vollwertig arbeiten kann, bedeutet jedoch noch nicht, dass er berufsunfähig ist. Berufsunfähig ist ein Versicherter vielmehr erst dann, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 132, 138, 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27, 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 143; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).

Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger der dritten Gruppe im Mehrstufenschema des BSG mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen. Denn selbst wenn man beim Kläger als bisherigen Beruf den des Berufskraftfahrers zugrunde legt - weil man entweder unterstellt, dass er 1988/1989 die Tätigkeit als Kraftfahrer in der Forstwirtschaft gesundheitsbedingt aufgegeben hat, oder, dass er in seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung als Bauhelfer und Kraftfahrer überwiegend Kraftfahrertätigkeiten verrichtet hat -, so kann er dennoch nicht einer höheren Gruppe im Mehrstufenschema des BSG zugeordnet werden. Zwar hat der Kläger im Jahr 1970 das Facharbeiterzeugnis als Berufskraftfahrer erworben. Doch ist die bloße Bezeichnung einer Tätigkeit als "Facharbeiter"-Tätigkeit für deren Einstufung in das Mehrstufenschema nicht entscheidend. Vielmehr ist für die Zuordnung zu der zweiten Gruppe im Mehrstufenschema des BSG mit dem Leitberuf des Facharbeiters grundsätzlich eine Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig von drei Jahren, erforderlich. Dabei gilt, dass bei in der ehemaligen DDR erlernten Berufen die Zuordnung zur Gruppe der Facharbeiter im Sinne des Mehrstufenschemas darüber hinaus auch dann in Betracht kommt, wenn die vergleichbare Tätigkeit im (alten) Bundesgebiet als Facharbeiterberuf im Sinne dieses Mehrstufenschemas anerkannt ist oder war, selbst wenn zu DDR-Zeiten für diese Tätigkeit nur eine zweijährige Ausbildung vorgeschrieben war (vgl. Niesel, in: KassKomm, § 43 SGB VI Rn. 41). Für die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers war zu DDR-Zeiten eine Ausbildungsdauer von zwei Jahren vorgeschrieben. Auch für den vergleichbaren Beruf des Berufskraftfahrers im (alten) Bundesgebiet ist eine höchstens zweijährige Ausbildung erforderlich (vgl. DDR-Ausbildungsberufe Bd. 3, herausgegeben von der Bundesanstalt für Arbeit, 1990, S. 81 f.). Von ihrer Ausbildungsdauer her sind Berufskraftfahrer daher grundsätzlich als angelernte Arbeiter einzustufen (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 18, 28, 29, 32; SozR 3-2600 § 43 Nr. 15). Da beim Kläger weder hinsichtlich seiner Tätigkeit als Kraftfahrer in der Forstwirtschaft noch hinsichtlich seiner Tätigkeit als Bauhelfer und Kraftfahrer besondere Umstände vorliegen, aus denen sich eine abweichende Einstufung ergibt, ist er nur der dritten Gruppe im Mehrstufenschema des BSG mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen.

Angehörige der Gruppe der angelernten Arbeiter können grundsätzlich pauschal auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, wenn sie nach den medizinischen Feststellungen noch in der Lage sind, körperlich leichte Arbeiten vollschichtig auszuüben (vgl. BSG, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist bei ihnen angesichts der Vielzahl der auf dem Arbeitsmarkt vorhandenen angelernten und ungelernten Tätigkeiten körperlich leichter Art entbehrlich. Anders verhält es sich jedoch bei dem oberen Bereich der angelernten Arbeiter. Dabei handelt es sich um Versicherte, deren bisheriger Beruf berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, die ohne einschlägige Vorkenntnisse erst durch eine betriebliche Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten erworben werden können. Diese Versicherten können nicht schlechthin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Vielmehr ist in diesen Fällen eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Soweit dabei ungelernte Tätigkeiten in Betracht gezogen werden, dürfen diese nicht von nur ganz geringem qualitativem Wert sein, sondern müssen sich durch Qualitätsmerkmale, wie z. B. das Erfordernis einer nicht ganz geringfügigen Einweisung oder Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse, auszeichnen (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Wird zugunsten des Klägers als bisheriger Beruf der eines Berufskraftfahrers zugrunde gelegt, so ist, da dieser Beruf eine Ausbildung von regelmäßig zwei Jahren erfordert, eine Einstufung in den oberen Bereich der Gruppe der angelernten Arbeiter gerechtfertigt. Ausgehend von einer solchen Einstufung kann der Kläger jedoch sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle verwiesen werden, da es sich dabei um eine Tätigkeit handelt, die sich aus dem Kreis völlig unqualifizierter Arbeiten durch Qualitätsmerkmale, wie das Erfordernis einer Einarbeitung, heraushebt.

Diese Verweisungstätigkeit ist dem Kläger auch gesundheitlich zumutbar. Denn nach den medizinischen Feststellungen des SG, auf die Bezug genommen und verwiesen wird und denen sich der Senat nach Überprüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG), besitzt der Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, aber ohne längeres Sitzen, ohne vorgebeugte Haltung, ohne häufiges Bücken oder Heben und Tragen von Lasten, ohne Ganzkörpervibrationen. Aus der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Orthopäden Dr. B ... vom 09. Februar 2001 folgt nichts anderes. Auch nach dieser Bescheinigung resultieren aus den degenerativen Veränderungen am Achsskelett und rechten Kniegelenk des Klägers Einschränkungen der Belastbarkeit hinsichtlich Hebe- und Trageleistungen und Tätigkeiten in Zwangshaltungen. Derartige (qualitative) Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers sind aber bereits von Dr. F ... in dessen Gutachten vom 14. Juni 2000 festgestellt worden. Genauso wenig wie aus der Bescheinigung von Dr. B ... ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 04. September 2001 Anhaltspunkte dafür, dass sich sein Gesundheitszustand seit der Untersuchung durch Dr. F ... wesentlich verschlechtert hat und weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich wären. Dies lässt sich weder daraus entnehmen, dass beim Kläger festgestellt worden sein soll, dass er irgendwann einmal einen Bandscheibenvorfall erlitten hat, noch daraus, dass bei ihm eine Schmerzbehandlung beabsichtigt ist. Mit dem nach den weiterhin zutreffenden medizinischen Feststellungen des SG zugrundezulegenden Leistungsvermögen ist der Kläger in der Lage, die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle vollschichtig auszuüben. Nach dem beigezogenen berufskundlichen Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin H ... vom 13. April 2000 mit ergänzender Stellungnahme vom 16. Juni 2000 gehört zum Aufgabengebiet eines Mitarbeiters in der Poststelle das Öffnen der täglichen Eingangspost, die Entnahme des Inhalts von Postsendungen, das Anbringen des Eingangsstempels, das Verteilen an die zuständigen Sachbearbeiter/Fachabteilungen, die Mitnahme der zu versendenden Poststücke, das Kuvertieren und Frankieren der Ausgangspost sowie das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen. Es handelt sich hierbei um körperlich leichte Arbeiten, die in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeführt werden. Zwangshaltungen fallen selten an, das Heben und Tragen von schweren Lasten wird dadurch vermieden, dass die Post mittels fahrbarer Rollwagen transportiert wird. In psychischer Hinsicht erforderlich sind genaue, systematische und zuverlässige Arbeitsweise, Ordnungssinn, Konzentrationsfähigkeit, Anpassungs- und Kooperationsfähigkeit. Eine Tätigkeit mit diesem Anforderungsprofil entspricht entgegen der von Seiten des Klägers vertretenen Auffassung seinem Leistungsvermögen. Dass die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle generell körperlich leicht und daher gerade nicht mit Heben und Tragen von Lasten verbunden ist, wird von der Diplom-Verwaltungswirtin H ... in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 16. Juni 2000 überzeugend herausgearbeitet. Dass der Kläger nicht einmal mehr zu leichten körperlichen Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten in der Lage sein soll, lässt sich weder dem Gutachten von Dr. F ... vom 14. Juni 2000 noch der Bescheinigung von Dr. B ... vom 09. Februar 2001 entnehmen. Es widerspräche auch den allgemein anerkannten Maßstäben sozial-medizinischer Begutachtung, nach denen allein durch Wirbelsäulen- und Kniebefunde leichte körperliche Tätigkeiten nicht ausgeschlossen sind (vgl. Rohe/Rompe, Krankheiten des Stütz- und Bewegungssystems, in: Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 4. Auflage 1995, S. 135, 151, 162). Ähnliches gilt für den Ausschluss von Zwangshaltungen: Diese fallen nach dem berufskundlichen Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin H ... vom 13. April 2000 bei der Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle nur selten an und sind daher nicht tätigkeitsprägend. Die vom Kläger zu vermeidenden Zwangshaltungen sprechen folglich nicht gegen einen vollwertigen Einsatz als Mitarbeiter in der Poststelle.

Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle sind auf dem Arbeitsmarkt in ausreichender Zahl Arbeitsplätze vorhanden (vgl. diesbezüglich das beigezogene berufskundliche Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin H ...).

Der Kläger ist aber nicht nur nicht berufsunfähig. Aufgrund seiner vollschichtigen Einsatzfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten und mangels Vorliegens von Leistungseinschränkungen, die es ihm trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich machten, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen (vgl. zu diesen Fällen BSG, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8), liegen bei ihm auch - und erst recht - die erheblich strengeren Voraussetzungen von Erwerbsunfähigkeit i. S. des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. nicht vor (s. nur § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F.). Da der Kläger auch über den 31. Dezember 2000 hinaus vollschichtig, d. h. acht Stunden täglich, einsatzfähig für körperlich leichte Arbeiten ist, sind bei ihm auch die Voraussetzungen voller oder teilweiser Erwerbsminderung i. S. des § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI n.F. nicht erfüllt.

Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a.F. resultieren aus der Rentenantragstellung im Oktober 1998 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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