L 2 U 122/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 7 U 139/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 122/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15.06.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob bzw. in welcher Höhe dem Kläger Verletztengeld für die Zeit vom 10.09.1997 bis 24.09.1997 zusteht.

Der am 15.02.1971 geborene Kläger erlitt am 20.03.1996 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer einen Arbeitsunfall, aufgrund dessen er bis 23.12.1996 arbeitsunfähig erkrankt war. Bis zu diesem Zeitpunkt bezog er Verletztengeld (in Höhe von zuletzt 69,27 DM kalendertäglich); danach bezog er eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zunächst 35 v. H. und ab 01.03.1997 von 30 v. H.

Sein Arbeitsverhältnis endete zum 31.01.1997. Seine Einkünfte im Jahr 1996 aus diesem Arbeitsverhältnis beliefen sich auf brutto 16.670,05 DM. Zudem war er seit September 1997 nebenberuflich und ab 10.03.1997 hauptberuflich im Bereich Haus- und Grundstücksverwaltung selbständig tätig. In dieser Tätigkeit erzielte er, wie er in einem Schreiben an die Beklagte vom 09.04.1997 ausdrücklich versicherte, 1995 und 1996 keine positiven Einkünfte und ausweislich einer Bescheinigung seines Steuerberaters vom 25.09.1998 im Jahr 1997 Umsatzerlöse von 15.870,02 DM. Arbeitslosengeld bezog er vom 01.02.1997 bis 08.03.1997 in Höhe von insgesamt 1.441,50 DM.

Aufgrund der Folgen des Unfalles vom 20.03.1996 war der Kläger vom 10.09.1997 bis 24.09.1997 erneut arbeitsunfähig erkrankt. Am 15.09.1997 bzw. 25.09.1997 beantragte er die Zahlung von Verletztengeld für diesen Zeitraum.

Mit Bescheid vom 24.11.1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass gem. § 48 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V.m. § 47 SGB VII das im Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitseinkommen zugrunde zu legen sei. Da der Kläger mit Schreiben vom 09.04.1997 angegeben habe, bei Ausübung der selbständigen Tätigkeit 1996 kein Arbeitseinkommen erzielt zu haben, könne auch kein Verletztengeld gezahlt werden.

In seinem Widerspruchsschreiben vom 03.12.1997 verwies der Kläger darauf, dass er im Jahr 1996 Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit erzielt habe und führte aus, dass dieses seiner Meinung nach der Verletztengeldberechnung zugrunde gelegt werden müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.1998, zur Post gegeben am 02.06.1998 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Gemäß §§ 48, 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sei bei der Ermittlung des Regelentgeltes von dem im Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielten Arbeitseinkommen auszugehen. Arbeitseinkommen sei entsprechend der Regelung des § 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Deshalb müsse der im Kalenderjahr 1996 erzielte Verdienst aus unselbständiger Tätigkeit außer Betracht bleiben.

Am 29.06.1998 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben. Das SG hat mit Urteil vom 15.06.2000, dem Kläger zugestellt am 27.07.2000, die Klage abgewiesen. Am 25.08.2000 ist Berufung eingelegt worden.

Nach Ansicht steht des Klägers steht ihm Verletztengeld für den streitgegenständlichen Zeitraum zu. Gemäß § 48 SGB VII seien die §§ 45 bis 47 SGB VII und somit auch § 47 Abs. 5 SGB VII entsprechend anzuwenden. Sofern das Einkommen nach § 47 Abs. 1 SGB VII zu bestimmen sei, müssten die vorgelegten Einkommensnachweise Berücksichtigung finden. Ferner gehe der Kläger davon aus, dass durch den zeitweisen Bezug von Arbeitsentgelt die Voraussetzungen für das Auffüllen des Einkommens von Aufallszeiten mit fiktivem Arbeitsentgelt gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vorlägen.

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15.06.2000 und den Bescheid vom 24.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbscheides vom 29.05.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld für die Zeit vom 10.09.1997 bis 24.09.1997 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dass unstreitig sei, dass dem Kläger dem Grunde nach Verletztengeld zustehe. Jedoch sei zum einen das während der letzten vier Wochen vor der Wiedererkrankung erzielte Arbeitsentgelt gemäß § 47 Abs. 1 SGB VII i. V. m. § 47 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu berücksichtigen; solches habe der Kläger nicht bezogen. Für Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (Arbeitseinkommen) sei gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VII der 360. Teil des im Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielten Einkommens zugrunde zu legen. Der Kläger habe jedoch ausdrücklich versichert, im Jahr 1996 kein Einkommen aus selbständier Tätigkeit erzielt zu haben.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 27.09.2001 bzw. 08.10.2001 mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da das hierfür gemäß § 155 Abs. 4, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Einverständnis vorliegt.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtmäßig, der Kläger ist durch sie nicht beschwert. Er hat für die Zeit vom 10.09.1997 bis 24.09.1997, in der er wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 20.03.1996 erneut erkrankt war, keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld.

Gemäß § 48 SGB VII gelten im Falle der Wiedererkrankung an den Folgen eines Versicherungsfalles die §§ 45 bis 47 SGB VII mit der Maßgabe entsprechend, dass anstelle des Zeitpunkts der ersten Arbeitsunfähigkeit auf den der Wiedererkrankung abgestellt wird. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII ist Voraussetzung für die Gewährung von Verletztengeld, dass unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung Anspruch auf u. a. Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bestand.

Hinsichtlich des Höhe des zu gewährenden Verletztengeldes bestimmt § 47 Abs. 1 Satz 1 1. Hlbs. SGB VII, dass Verletztengeld entsprechend § 47 Abs. 1 und 2 SGB V zu gewähren ist. Gemäß § 47 Abs. 1 SGB V ist insoweit das sog. Regelentgelt maßgeblich; für dessen Berechnung ist gemäß § 47 Abs. 2 SGB V das vom Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum (in der Regel vier Wochen) bezogene Arbeitsentgelt zugrundezulegen.

Arbeitseinkommen (der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit, vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bei der Ermittlung des Regelentgelts mit dem 360. Teil des im Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielten Einkommens zugrunde zu legen.

Ob der Kläger Anspruch auf Verletztengeld dem Grunde nach hat, ist vorliegend fraglich, da für 1997 lediglich Umsatzerlöse i. H. v 15.870,- DM bescheinigt sind und nicht geklärt ist, ob der Kläger im Jahr 1997 auch einen Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit erzielt hat. Insoweit sind grundsätzlich die Einkommensverhältnisse unmittelbar vor der Wiedererkrankung maßgeblich (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Stand 31.01.2002, § 48, Rn. 4).

Jedoch kann dies i. E. dahinstehen, da jedenfalls kein Anspruch auf Auszahlung von Verletztengeld besteht.

Auszugehen ist von § 48 SGB VII, wonach im Falle der Wiedererkrankung die §§ 45 bis 47 SGB VII entsprechend anzuwenden sind. Innerhalb von § 47 SGB VII ist dessen Abs. 5 - abweichend von Abs. 1 - nur auf solche Versicherte anzuwenden, die den Versicherungsfall infolge einer Tätigkeit als Unternehmer erlitten haben. Dies ist hier jedoch nicht der Fall: der Kläger hat den Unfall als Arbeitnehmer erlitten, so dass auf § 47 Abs. 1 SGB VII zurückzugreifen und dieser entsprechend anzuwenden ist, wobei es nunmehr auf den Zeitpunkt der Wiedererkrankung, also auf den 10.09.1997 ankommt. Da § 47 Abs. 5 SGB VII nicht anwendbar ist, kommt für den Kläger eine Berechnung nach dem Jahresarbeitsverdient gemäß § 81 ff. SGB VII nicht in Betracht.

Für die Berechnung von Verletztengeld kommt es nach § 47 Abs. 1 und 2 SGB V auf das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen des Klägers an. Unmittelbar vor der Wiedererkrankung hat der Kläger kein Arbeitsentgelt bezogen, weil er nicht abhängig beschäftigt war. Arbeitsentgelt ist daher für die Berechnung des Verletztengeldes nicht heranzuziehen. Für den maßgebenden "Gesamtbetrag" (aus Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen) bleibt nur das Arbeitseinkommen. Hier kommt es nach Satz 2 auf das im Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitseinkommen an. Ein derartiges Einkommen aber hat der Kläger nicht erzielt.

Da kein Einkommen vorhanden ist, aus dem das Verletztengeld berechnet werden könnte, kommt die Gewährung von Verletztengeld für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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