Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 4 U 14/98 LW
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 28/00 LW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15.12.1999 wird mit der Maßgabe zurückgeweisen, dass Nr. II des Tenors wie folgt gefasst wird: II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zuständiger Unfallversicherungsträger für den Kläger ist, soweit dieser Landschaftspflege betreibt.
Der Kläger ist eingetragener Verein mit Sitz in L ... Gemäß § 2 Abs. 1 seiner Satzung in der Fassung vom 15.03.1997 und 27. Februar 1999 ist Zweck des Vereins die Förderung des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Tierschutzes unter besonderer Berücksichtigung der freilebenden Tier- und Pflanzenwelt einschließlich der Bildungs- und Grundlagenforschung in diesen Bereichen. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 betreibt der Kläger seine Aufgaben auf wissenschaftlicher Grundlage. § 2 Abs. 2 Satz 2 regelt, in welcher Form diese Aufgaben insbesondere verwirklicht werden; dort sind u. a. Landschafts-, Biotop- und Artenschutz in und außerhalb von Schutzgebieten mit dem Ziel der Erhaltung, Schaffung und Verbesserung von Lebensgrundlagen für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt aufgeführt, ferner die Durchführung notwendiger Maßnahmen zum Schutz von Vorkommensstätten und Lebensräumen wildlebender Tiere und Pflanzen u. a. durch naturschutzkonforme Landwirtschaft auch im Auftrag der Grundeigentümer, die Erforschung und Dokumentation der Flora und Fauna sowie die Durchführung von Biotop- und Ökosystemanalysen, insbesondere im Rahmen der Ermittlung der Schutzwürdigkeit von Landschaften und Landschaftsteilen, die Zusammenarbeit mit Naturschutzbehörden, Verbänden, Organisationen und Gruppen, die Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz betreiben sowie mit Forschungs- und Bildungseinrichtungen mit natur- und landschaftskundlichem Profil; öffentliches Vertreten und Verbreitung der Ziele des Naturschutzes, z. B. durch Aufbau und Unterhaltung von Naturschutz und Besucherzentren, durch Publikationen und Veranstaltungen, Aufbau und Betreiben von Naturschutzinstituten als Zentren der Erfassung und Aufarbeitung naturschutzrelevanter Daten.
In der ab 11.03.1995 gültigen Fassung wird in § 2 Abs. 1 im Wesentlichen erklärt, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge und überparteilich und überkonfessionell sei. § 2 Abs. 2 dieser Fassung der Satzung formuliert die Aufgaben, denen sich der Kläger stellt; insoweit werden Landschafts-, Biotop- und Artenschutz genannt, ferner u. a. der Aufbau von Naturschutzstationen und der Aufbau und das Betreiben von Naturschutzinstituten als Zentren der Aufarbeitung naturschutzrelevanter Daten. Hinsichtlich der in § 2 Abs. 2 genannten Aufgaben im Einzelnen wird auf die Satzungen in ihrer jeweils geltenden Form verwiesen.
Der Kläger wurde von der Beigeladenen ausweislich des Mitgliedscheines vom 05.05.1993 mit Wirkung vom 01.01.1991 in ihr Unternehmerverzeichnis eingetragen. Im Bescheid über die Veranlagung zu den Gefahrklassen der Beigeladenen vom 31.03.1998 ist als Unternehmensart "Institut für Wissenschaft und Forschung" eingetragen.
Mit Schreiben vom 30.09.1996 übersandte der Kläger der Beklagten eine Liste der Eigentümer der Flächen im Naturschutzgebiet "Torfwiesen Wölpern". Er teilte mit, dass die Wiesen von ihm gepflegt würden, insbesondere um sie gegen Verbuschung zu erhalten. Die Eigentümer seien bisher von Beitragszahlungen freigestellt worden, da Naturschutzflächen unbearbeitet blieben. Um sicherzustellen, dass sie nicht beitragspflichtig würden infolge der Pflegearbeiten durch den Kläger, werde um einen entsprechenden Bescheid gebeten. Er - der Kläger - zahle seit Jahren Beiträge an die Beigeladene.
Die Beklagte bat die Beigeladene mit Schreiben vom 04.07.1997 (Bl. 7 VwAkte) um Mitteilung, ob die Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen in einer Größenordnung von ca. 50 ha in Mitversicherung gehalten werde. Mit Schreiben vom 05.05.1997 (Bl. 9 VwAkte) erklärte die Beigeladene hierzu, dass eine Bewirtschaftung von Flächen mit einer Größe von mehr als 5 ha in die Zuständigkeit der Beklagten falle.
Am 18.06.1997 erbat die Beklagte vom Kläger eine Aufstellung aller von ihm bewirtschafteten Flächen; eine solche wurde nicht übersandt. Mit Bescheid vom 03.09.1997 (Bl. 30 VwAkte) stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit seit 01.07.1992 für das vom Kläger betriebene Unternehmen fest, soweit dieses den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege betreibe. Der Kläger sei seit 01.07.1992 bei ihr versicherungspflichtig. Der Umfang der Flächen werde, soweit er für die Berechnung der Beiträge von Bedeutung sei, auf 60 ha Landwirtschaftspflege festgelegt.
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 26.09.1997 gegen den Bescheid. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, er betreibe kein Unternehmen, sondern sei gemeinnützig und überwiegend ehrenamtlich im Biotop- und Artenschutz tätig. Hierbei handele es sich um ein öffentlich rechtliches Interesse und keine unternehmerische Tätigkeit.
Am 06.11.1997 erließ die Beklagte einen Beitragsbescheid betreffend die Geschäftsjahre 1992 bis 1996 über insgesamt 749,85 DM (Bl. 35 VwAkte), den der Kläger mit Schreiben vom 14.11.1997 mit der Begründung zurückreichte, dass er "für ihn unzutreffend" sei.
Mit Bescheid vom 11.12.1997, abgesandt am 16.12.1997, wies die Beklagte den Widerspruch vom 26.09.1997 zurück. Ihr Zuständigkeitsbereich umfasse auch Unternehmen der Landwirtschaft bzw. Unternehmen der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege. Nicht maßgeblich sei, mit welcher Motivation das Unternehmen betrieben werde. Auch die Gewinnerzielung sei kein wesentliches Merkmal. Ausschlaggebend sei allein die tatsächliche Durchführung von Pflegearbeiten. Die geltend gemachten Beitragsforderungen bestünden auch der Höhe nach zu Recht.
Am 15.01.1998 ist Klage vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben worden. Zur Begründung der Klage ist im Wesentlichen ausgeführt worden, dass der Kläger keinerlei pflegerische Maßnahmen ausführe, die der Gewinnung organischer Erzeugnisse dienten. Vielmehr würden die vorgenommenen Pflegearbeiten in untypischer Weise dadurch bestimmt, dass der Prozessnaturschutz übernommen werde. Hierfür würden die Flächen überwiegend sich selbst überlassen (Bl. 17 ff. SG-Akte). Zudem könnten landwirtschaftliche Nebenunternehmen nur dann abweichend von der Berufsgenossenschaft des Hauptunternehmens selbständig bei der Beklagten versichert sein, wenn sie nicht Hilfsunternehmen seien. Der Kläger führe die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen jedoch im Rahmen eines Hilfsunternehmens durch, das nicht allein existieren könne. Somit verbleibe es bei der Zuständigkeit der Beigeladenen (Bl. 54 SG-Akte). Zudem liege der Schwerpunkt der Arbeit des Klägers in der Bildungs- und Grundlagenforschung. Die Pflegearbeiten würden lediglich zum Zwecke der Ermöglichung dieser Forschungsarbeiten auf wissenschaftlicher Grundlage durchgeführt, nähmen im Vergleich zur wissenschaftlichen Grundlagenarbeit lediglich einen geringen Bruchteil ein und dienten somit dem Hauptunternehmen (Bl. 83 SG-Akte).
Das SG hat mit Urteil vom 15.12.1999 den Bescheid vom 03.09.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.1997 aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene der allein zuständige Unfallversicherungsträger für den Kläger sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger zwar ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe, soweit er den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Pflegearbeiten vornehme. Jedoch liege der Schwerpunkt des Unternehmens in der wissenschaftlichen Tätigkeit. Da die Pflegearbeiten im Natur- und Landschaftsschutz demgegenüber einen kleineren Ausschnitt der hauptsächlichen Arbeit darstellten, könne es sich insoweit nur um einen Hilfs- oder Nebenbetrieb handeln. Sofern ein wesentlicher Bestandteil allein oder überwiegend unmittelbar den Zwecken des Hauptunternehmens diene, liege ein Hilfsunternehmen vor. Hiernach seien die Pflegearbeiten als Hilfsunternehmen anzusehen, da sie dem Hauptunternehmen unmittelbar dienten und nicht ersichtlich sei, dass mit dem Hilfsunternehmen ein vom Hauptunternehmen abgesonderter Zweck verfolgt werde.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.01.2000 zugestellte Urteil am 11.02.2000 Berufung eingelegt.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass dem SG dann zu folgen wäre, wenn es sich bei der bewirtschafteten Fläche von ca. 981 ha um ein Hilfsunternehmen handelte. Jedoch stelle die Pflege der Flächen praktischen Naturschutz dar. Für diese Form des Naturschutzes habe jedoch der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Argrarstrukturen und des Küstenschutzes" vom 21.07.1988 (BGBl I S. 1053), eine berufsgenossenschaftliche Zuordnung getroffen, indem § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO dahingehend erweitert worden sei, dass von der landwirtschaftlichen Unfallversicheung auch Unternehmen der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege umfasst würden. Ursache für diese auch in § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII übernommene Erweiterung der sachlichen Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sei der Wille des Gesetzgebers gewesen, Vorsorge zu treffen, dass bisher nicht genutzte landwirtschaftliche Flächen durch Neuausrichtung der Tätigkeitsformen, durch Umwidmung oder vorübergehende Stillegung dem argrarsozialen Bereich entzogen würden und damit eine Schwächung der Solidargemeinschaft herbeiführten. Da es sich bei den vom Kläger bewirtschafteten Flächen zumindest um Pflegeflächen i.S. § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO bzw. § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII handele, stelle die hierauf stattfindende, den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege ein eigenständiges landwirtschaftliches Unternehmen dar. Gerade die vom Gesetzgeber verfolgten agrarsozialen Ziele verböten es, derartige Unternehmen (Landschaftspflege) als Hilfsunternehmen zu qualifizieren, da es sich um eine eigenständige existenzfähige Unternehmensform handele, die nie den Charakter eines Hilfsunternehmens besitze. Deshalb komme es für die Feststellung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit weder auf die Motivation zur Pflege noch auf einen bestehenden Vereinszweck an. Maßgebend sei demzufolge § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB VII bzw. § 644 Abs. 2 RVO, wonach sich bei einer bewirtschafteten Fläche von 981 ha die unfallversicherungsrechtiche Zuständigkeit der Beklagten ergebe (Bl. 22 ff., 32 ff. LSG-Akte).
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15.12.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bekräftigt, dass eine Bodenbewirtschaftung nicht stattfinde, vielmehr von ihm naturschützerisch und kontrollierend die überlassenen Flächen einzig und allein mit dem Ziel bewirtschaftet würden, dem Naturschutzgedanken gemäß dem Sächsischen Naturschutzgesetz zu entsprechen. Das Brachliegenlassen erfolge hier ganz entgegengesetzt zu landwirtschaftlichen Brachen. Zweck der Tätigkeit sei die Fläche selbst und ihre natürliche Sukzession. Mangels eigener Existenzfähigkeit könne nur ein Hilfsunternehmen vorliegen. Im Übrigen habe der Kläger im Jahr 1992 keinerlei eigene Flächen zu Eigentum besessen, die Flächen seien auf vertraglicher Grundlage gepflegt worden. Ab Mitte der neunziger Jahre seien auch eigene Flächen erworben worden. Im Eigentum des Klägers stünden derzeit ca. 160 ha Fläche.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist von Seiten des Klägers darüber hinaus u. a. vorgetragen worden, dass seine durchgängigen Ziele der Arten- und Biotopschutz, die Landschaftspflege in Form von Beratung und Vor-Ort-Tätigkeit und Umweltbildung in Form von kulturellen und schulischen Veranstaltungen seien.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach ihrer Ansicht ist auch eine den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege, die verschiedenartiger Bestandteil eines Gesamtunternehmens ist, unfallversicherungsrechtlich nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen, die auch für alle anderen Unternehmen unabhängig vom betroffenen Zweig der Unfallversicherung gelten. Die fragliche Flächenbewirtschaftung sei lediglich ein Hilfsunternehmen zu dem den Unternehmensschwerpunkt bildenden Betrieb der wissenschaftlichen und verwaltenden Arbeitens auf dem Gebiet des Naturschutzes (Bl. 61 LSG-Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 03.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.12.1997 aufgehoben und die Beigeladene als allein zuständige Unfallversicherungsträgerin für den Kläger festgestellt. Zwar betreibt der Kläger ein Unternehmen, soweit er sich mit Landschaftspflege befasst; bei diesem Unternehmen handelt es sich jedoch um ein Hilfsunternehmen mit der Folge, dass es bei der alleinigen Zuständigkeit der Beigeladenen verbleibt.
Eine Zuständigkeit der Beklagten für den Kläger, soweit dieser Landschaftspflege betreibt, könnte sich für die Zeit bis zum 31.12.1996 allenfalls aus § 776 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a. E. Reichsversicherungsordnung (RVO) und für die Zeit ab 01.01.1997 aus § 123 Abs. 1 Nr. 1 a. E. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ergeben (§ 212 SGB VII).
§ 776 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO und § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII regeln übereinstimmend, dass die landwirtschaftliche Unfallversicherung u. a. für landwirtschaftliche Unternehmen zuständig ist, die den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege betreiben. Der Beklagten ist somit darin zu folgen, dass, sofern es nur auf diese Vorschriftes ankäme, das Unternehmen des Klägers, soweit dieser Landschaftspflege betreibt, in ihre Zuständigkeit fiele.
Jedoch betreibt der Kläger, wie sich aus § § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO bzw. der genauer gefassten Vorschrift des § 131 Abs. 1 und 2 SGB VII ergibt, insoweit ein Hilfsunternehmen. § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO regelt, dass dann, wenn ein Unternehmen verschiedenartige Bestandteile umfasst, die Berufsgenossenschaft zuständig ist, der das Hauptunternehmen angehört. § 131 Abs. 1 SGB VII formuliert, dass dann, wenn ein Unternehmen verschiedenartige Bestandteile (Hauptunternehmen, Nebenunternehmen, Hilfsunternehmen) umfasst, der Unfallversicherungsträger zuständig ist, dem das Hauptunternehmen angehört. Nach Abs. 2 der Vorschrift bildet das Hauptunternehmen den Schwerpunkt des Unternehmens, Hilfsunternehmen dienen überwiegend den Zwecken anderer Unternehmensbestandteile und Nebenunternehmen verfolgen überwiegend eigene Zwecke.
Bei dem Landschaftspflege betreibenden Betriebsteil des Klägers handelt es sich um ein Unternehmen i.S. der genannten Vorschriften. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Unternehmen jede planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, gerichtet auf einen einheitlichen Zweck und ausgeübt mit einer gewissen Regelmäßigkeit (Bundessozialgerichtsentscheidungen - BSGE - 36, 111, 115). Auch die später vom Bundessozialgericht (BSG) verwendete Definition des Unternehmens als einer organisatorischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, finanziellen und auch sozialen Einheit zur regelmäßigen Erledigung bestimmter Aufgaben (BSGE 41, 214) hat einen im Wesentlichen gleichen Inhalt. Hiernach ist der Unternehmensbegriff weit gefasst und betrifft vor allem Tätigkeiten jeder Art, seien diese gewerblich, gemeinnützig, sozial oder karitativ (Kasseler Kommentar, Bearb. Ricke, § 658 RVO, Rdnr. 6).
Jedoch betreibt der Kläger, soweit er sich mit Landschaftspflege befasst, kein eigenständiges Unternehmen, auch kein Nebenunternehmen. Vielmehr erfüllt dieses Unternehmen den Begriff des Hilfsunternehmens, so wie er in § 131 Abs. 2 SGB VII definiert ist und im Geltungszeitraum des § 647 Abs. 1 RVO von der Rechtsprechung definiert wurde (BSGE 39, 112, 116).
So ergibt sich schon aus § 2 der Satzung des Klägers, dass die von ihm betriebene Landschaftspflege in Form praktischer Tätigkeit nicht den Schwerpunkt seines Unternehmens bildet, somit nicht das Hauptunternehmen darstellt. Dies ist schon der 1995 geltenden Fassung der Satzung zu entnehmen; in den ab 1997 geltenden Fassungen der Satzung ist ausdrücklich niedergelegt worden, dass der Schwerpunkt der Aufgaben des Klägers im Bereich der wissenschaftlichen Tätigkeit und der Umweltbildung liegt. In Übereinstimmung hiermit hat der Vertreter des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung die von ihm verfolgten Ziele formuliert.
Da mit der vom Kläger betriebenen Landschaftspflege keine vom Hauptunternehmen unabhängigen eigenen wirtschaftlichen Zwecke verfolgt werden, handelt es sich auch nicht um ein Nebenunternehmen (§ 647 Abs. 2 Satz 3 RVO, BSGE, aaO.), so dass die Vorschrift des § 644 RVO bzw. § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB VII nicht eingreift. Erstgenannte Vorschrift regelt nämlich lediglich, dass die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung dann gegeben ist, wenn ein Betriebsteil ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen eines gewerblichen Hauptunternehmens ist und die in Abs. 2 der Vorschrift bestimmte Mindestgröße überschreitet; in § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB VII ist ausdrücklich bestimmt, dass sie lediglich landwirtschaftliche Nebenunternehmen betrifft.
Darüber hinaus folgt auch aus § 647 Abs. 1 RVO, dass ein der landwirtschaftlichen Unfallversicherung an sich zugehöriges Hilfsunternehmen, das allein oder überwiegend unmittelbar den Zwecken des Hauptunternehmens dient, bei dem für das Hauptunternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger versichert ist. § 647 Abs. 1 RVO gilt kraft der ausdrücklichen Verweisungsvorschrift des § 791 RVO u. a. auf § 647 Abs. 1 RVO auch im Verhältnis zwischen landwirtschaftlicher und allgemeiner Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 30.04.1991 - 2 RU 36/90 -).
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Landschaftspflege überwiegend seiner wissenschaftlichen Tätigkeit im Bereich des Naturschutzes und der Umweltbildung dient. Wie bereits dargelegt, ergibt sich dies schon aus § 2 seiner Satzung und ist durch sein Vorbringen im Klage- und Berufungsverfahren gestützt worden.
Soweit seitens der Beklagten eingewandt wird, Unternehmen der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege könnten nie Hilfsunternehmen sein, wie sich aus ihrer Aufnahme in § 776 RVO bzw. § 123 SGB VII ergebe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Vielmehr ist insoweit nur geregelt worden, dass derartige Unternehmen der Zuständigkeit der Beklagten unterfallen können. Es verbleibt jedoch bei der Anwendbarkeit der §§ 647 RVO bzw. 131 SGB VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Wegen der Regelung des § 193 Abs. 4 SGG wurde Nr. II des Tenors des Urteils des Sozialgerichts neu gefasst. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zuständiger Unfallversicherungsträger für den Kläger ist, soweit dieser Landschaftspflege betreibt.
Der Kläger ist eingetragener Verein mit Sitz in L ... Gemäß § 2 Abs. 1 seiner Satzung in der Fassung vom 15.03.1997 und 27. Februar 1999 ist Zweck des Vereins die Förderung des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Tierschutzes unter besonderer Berücksichtigung der freilebenden Tier- und Pflanzenwelt einschließlich der Bildungs- und Grundlagenforschung in diesen Bereichen. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 betreibt der Kläger seine Aufgaben auf wissenschaftlicher Grundlage. § 2 Abs. 2 Satz 2 regelt, in welcher Form diese Aufgaben insbesondere verwirklicht werden; dort sind u. a. Landschafts-, Biotop- und Artenschutz in und außerhalb von Schutzgebieten mit dem Ziel der Erhaltung, Schaffung und Verbesserung von Lebensgrundlagen für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt aufgeführt, ferner die Durchführung notwendiger Maßnahmen zum Schutz von Vorkommensstätten und Lebensräumen wildlebender Tiere und Pflanzen u. a. durch naturschutzkonforme Landwirtschaft auch im Auftrag der Grundeigentümer, die Erforschung und Dokumentation der Flora und Fauna sowie die Durchführung von Biotop- und Ökosystemanalysen, insbesondere im Rahmen der Ermittlung der Schutzwürdigkeit von Landschaften und Landschaftsteilen, die Zusammenarbeit mit Naturschutzbehörden, Verbänden, Organisationen und Gruppen, die Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz betreiben sowie mit Forschungs- und Bildungseinrichtungen mit natur- und landschaftskundlichem Profil; öffentliches Vertreten und Verbreitung der Ziele des Naturschutzes, z. B. durch Aufbau und Unterhaltung von Naturschutz und Besucherzentren, durch Publikationen und Veranstaltungen, Aufbau und Betreiben von Naturschutzinstituten als Zentren der Erfassung und Aufarbeitung naturschutzrelevanter Daten.
In der ab 11.03.1995 gültigen Fassung wird in § 2 Abs. 1 im Wesentlichen erklärt, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge und überparteilich und überkonfessionell sei. § 2 Abs. 2 dieser Fassung der Satzung formuliert die Aufgaben, denen sich der Kläger stellt; insoweit werden Landschafts-, Biotop- und Artenschutz genannt, ferner u. a. der Aufbau von Naturschutzstationen und der Aufbau und das Betreiben von Naturschutzinstituten als Zentren der Aufarbeitung naturschutzrelevanter Daten. Hinsichtlich der in § 2 Abs. 2 genannten Aufgaben im Einzelnen wird auf die Satzungen in ihrer jeweils geltenden Form verwiesen.
Der Kläger wurde von der Beigeladenen ausweislich des Mitgliedscheines vom 05.05.1993 mit Wirkung vom 01.01.1991 in ihr Unternehmerverzeichnis eingetragen. Im Bescheid über die Veranlagung zu den Gefahrklassen der Beigeladenen vom 31.03.1998 ist als Unternehmensart "Institut für Wissenschaft und Forschung" eingetragen.
Mit Schreiben vom 30.09.1996 übersandte der Kläger der Beklagten eine Liste der Eigentümer der Flächen im Naturschutzgebiet "Torfwiesen Wölpern". Er teilte mit, dass die Wiesen von ihm gepflegt würden, insbesondere um sie gegen Verbuschung zu erhalten. Die Eigentümer seien bisher von Beitragszahlungen freigestellt worden, da Naturschutzflächen unbearbeitet blieben. Um sicherzustellen, dass sie nicht beitragspflichtig würden infolge der Pflegearbeiten durch den Kläger, werde um einen entsprechenden Bescheid gebeten. Er - der Kläger - zahle seit Jahren Beiträge an die Beigeladene.
Die Beklagte bat die Beigeladene mit Schreiben vom 04.07.1997 (Bl. 7 VwAkte) um Mitteilung, ob die Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen in einer Größenordnung von ca. 50 ha in Mitversicherung gehalten werde. Mit Schreiben vom 05.05.1997 (Bl. 9 VwAkte) erklärte die Beigeladene hierzu, dass eine Bewirtschaftung von Flächen mit einer Größe von mehr als 5 ha in die Zuständigkeit der Beklagten falle.
Am 18.06.1997 erbat die Beklagte vom Kläger eine Aufstellung aller von ihm bewirtschafteten Flächen; eine solche wurde nicht übersandt. Mit Bescheid vom 03.09.1997 (Bl. 30 VwAkte) stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit seit 01.07.1992 für das vom Kläger betriebene Unternehmen fest, soweit dieses den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege betreibe. Der Kläger sei seit 01.07.1992 bei ihr versicherungspflichtig. Der Umfang der Flächen werde, soweit er für die Berechnung der Beiträge von Bedeutung sei, auf 60 ha Landwirtschaftspflege festgelegt.
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 26.09.1997 gegen den Bescheid. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, er betreibe kein Unternehmen, sondern sei gemeinnützig und überwiegend ehrenamtlich im Biotop- und Artenschutz tätig. Hierbei handele es sich um ein öffentlich rechtliches Interesse und keine unternehmerische Tätigkeit.
Am 06.11.1997 erließ die Beklagte einen Beitragsbescheid betreffend die Geschäftsjahre 1992 bis 1996 über insgesamt 749,85 DM (Bl. 35 VwAkte), den der Kläger mit Schreiben vom 14.11.1997 mit der Begründung zurückreichte, dass er "für ihn unzutreffend" sei.
Mit Bescheid vom 11.12.1997, abgesandt am 16.12.1997, wies die Beklagte den Widerspruch vom 26.09.1997 zurück. Ihr Zuständigkeitsbereich umfasse auch Unternehmen der Landwirtschaft bzw. Unternehmen der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege. Nicht maßgeblich sei, mit welcher Motivation das Unternehmen betrieben werde. Auch die Gewinnerzielung sei kein wesentliches Merkmal. Ausschlaggebend sei allein die tatsächliche Durchführung von Pflegearbeiten. Die geltend gemachten Beitragsforderungen bestünden auch der Höhe nach zu Recht.
Am 15.01.1998 ist Klage vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben worden. Zur Begründung der Klage ist im Wesentlichen ausgeführt worden, dass der Kläger keinerlei pflegerische Maßnahmen ausführe, die der Gewinnung organischer Erzeugnisse dienten. Vielmehr würden die vorgenommenen Pflegearbeiten in untypischer Weise dadurch bestimmt, dass der Prozessnaturschutz übernommen werde. Hierfür würden die Flächen überwiegend sich selbst überlassen (Bl. 17 ff. SG-Akte). Zudem könnten landwirtschaftliche Nebenunternehmen nur dann abweichend von der Berufsgenossenschaft des Hauptunternehmens selbständig bei der Beklagten versichert sein, wenn sie nicht Hilfsunternehmen seien. Der Kläger führe die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen jedoch im Rahmen eines Hilfsunternehmens durch, das nicht allein existieren könne. Somit verbleibe es bei der Zuständigkeit der Beigeladenen (Bl. 54 SG-Akte). Zudem liege der Schwerpunkt der Arbeit des Klägers in der Bildungs- und Grundlagenforschung. Die Pflegearbeiten würden lediglich zum Zwecke der Ermöglichung dieser Forschungsarbeiten auf wissenschaftlicher Grundlage durchgeführt, nähmen im Vergleich zur wissenschaftlichen Grundlagenarbeit lediglich einen geringen Bruchteil ein und dienten somit dem Hauptunternehmen (Bl. 83 SG-Akte).
Das SG hat mit Urteil vom 15.12.1999 den Bescheid vom 03.09.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.1997 aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene der allein zuständige Unfallversicherungsträger für den Kläger sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger zwar ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe, soweit er den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Pflegearbeiten vornehme. Jedoch liege der Schwerpunkt des Unternehmens in der wissenschaftlichen Tätigkeit. Da die Pflegearbeiten im Natur- und Landschaftsschutz demgegenüber einen kleineren Ausschnitt der hauptsächlichen Arbeit darstellten, könne es sich insoweit nur um einen Hilfs- oder Nebenbetrieb handeln. Sofern ein wesentlicher Bestandteil allein oder überwiegend unmittelbar den Zwecken des Hauptunternehmens diene, liege ein Hilfsunternehmen vor. Hiernach seien die Pflegearbeiten als Hilfsunternehmen anzusehen, da sie dem Hauptunternehmen unmittelbar dienten und nicht ersichtlich sei, dass mit dem Hilfsunternehmen ein vom Hauptunternehmen abgesonderter Zweck verfolgt werde.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.01.2000 zugestellte Urteil am 11.02.2000 Berufung eingelegt.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass dem SG dann zu folgen wäre, wenn es sich bei der bewirtschafteten Fläche von ca. 981 ha um ein Hilfsunternehmen handelte. Jedoch stelle die Pflege der Flächen praktischen Naturschutz dar. Für diese Form des Naturschutzes habe jedoch der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Argrarstrukturen und des Küstenschutzes" vom 21.07.1988 (BGBl I S. 1053), eine berufsgenossenschaftliche Zuordnung getroffen, indem § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO dahingehend erweitert worden sei, dass von der landwirtschaftlichen Unfallversicheung auch Unternehmen der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege umfasst würden. Ursache für diese auch in § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII übernommene Erweiterung der sachlichen Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sei der Wille des Gesetzgebers gewesen, Vorsorge zu treffen, dass bisher nicht genutzte landwirtschaftliche Flächen durch Neuausrichtung der Tätigkeitsformen, durch Umwidmung oder vorübergehende Stillegung dem argrarsozialen Bereich entzogen würden und damit eine Schwächung der Solidargemeinschaft herbeiführten. Da es sich bei den vom Kläger bewirtschafteten Flächen zumindest um Pflegeflächen i.S. § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO bzw. § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII handele, stelle die hierauf stattfindende, den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege ein eigenständiges landwirtschaftliches Unternehmen dar. Gerade die vom Gesetzgeber verfolgten agrarsozialen Ziele verböten es, derartige Unternehmen (Landschaftspflege) als Hilfsunternehmen zu qualifizieren, da es sich um eine eigenständige existenzfähige Unternehmensform handele, die nie den Charakter eines Hilfsunternehmens besitze. Deshalb komme es für die Feststellung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit weder auf die Motivation zur Pflege noch auf einen bestehenden Vereinszweck an. Maßgebend sei demzufolge § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB VII bzw. § 644 Abs. 2 RVO, wonach sich bei einer bewirtschafteten Fläche von 981 ha die unfallversicherungsrechtiche Zuständigkeit der Beklagten ergebe (Bl. 22 ff., 32 ff. LSG-Akte).
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15.12.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bekräftigt, dass eine Bodenbewirtschaftung nicht stattfinde, vielmehr von ihm naturschützerisch und kontrollierend die überlassenen Flächen einzig und allein mit dem Ziel bewirtschaftet würden, dem Naturschutzgedanken gemäß dem Sächsischen Naturschutzgesetz zu entsprechen. Das Brachliegenlassen erfolge hier ganz entgegengesetzt zu landwirtschaftlichen Brachen. Zweck der Tätigkeit sei die Fläche selbst und ihre natürliche Sukzession. Mangels eigener Existenzfähigkeit könne nur ein Hilfsunternehmen vorliegen. Im Übrigen habe der Kläger im Jahr 1992 keinerlei eigene Flächen zu Eigentum besessen, die Flächen seien auf vertraglicher Grundlage gepflegt worden. Ab Mitte der neunziger Jahre seien auch eigene Flächen erworben worden. Im Eigentum des Klägers stünden derzeit ca. 160 ha Fläche.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist von Seiten des Klägers darüber hinaus u. a. vorgetragen worden, dass seine durchgängigen Ziele der Arten- und Biotopschutz, die Landschaftspflege in Form von Beratung und Vor-Ort-Tätigkeit und Umweltbildung in Form von kulturellen und schulischen Veranstaltungen seien.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach ihrer Ansicht ist auch eine den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege, die verschiedenartiger Bestandteil eines Gesamtunternehmens ist, unfallversicherungsrechtlich nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen, die auch für alle anderen Unternehmen unabhängig vom betroffenen Zweig der Unfallversicherung gelten. Die fragliche Flächenbewirtschaftung sei lediglich ein Hilfsunternehmen zu dem den Unternehmensschwerpunkt bildenden Betrieb der wissenschaftlichen und verwaltenden Arbeitens auf dem Gebiet des Naturschutzes (Bl. 61 LSG-Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 03.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.12.1997 aufgehoben und die Beigeladene als allein zuständige Unfallversicherungsträgerin für den Kläger festgestellt. Zwar betreibt der Kläger ein Unternehmen, soweit er sich mit Landschaftspflege befasst; bei diesem Unternehmen handelt es sich jedoch um ein Hilfsunternehmen mit der Folge, dass es bei der alleinigen Zuständigkeit der Beigeladenen verbleibt.
Eine Zuständigkeit der Beklagten für den Kläger, soweit dieser Landschaftspflege betreibt, könnte sich für die Zeit bis zum 31.12.1996 allenfalls aus § 776 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a. E. Reichsversicherungsordnung (RVO) und für die Zeit ab 01.01.1997 aus § 123 Abs. 1 Nr. 1 a. E. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ergeben (§ 212 SGB VII).
§ 776 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO und § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII regeln übereinstimmend, dass die landwirtschaftliche Unfallversicherung u. a. für landwirtschaftliche Unternehmen zuständig ist, die den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege betreiben. Der Beklagten ist somit darin zu folgen, dass, sofern es nur auf diese Vorschriftes ankäme, das Unternehmen des Klägers, soweit dieser Landschaftspflege betreibt, in ihre Zuständigkeit fiele.
Jedoch betreibt der Kläger, wie sich aus § § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO bzw. der genauer gefassten Vorschrift des § 131 Abs. 1 und 2 SGB VII ergibt, insoweit ein Hilfsunternehmen. § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO regelt, dass dann, wenn ein Unternehmen verschiedenartige Bestandteile umfasst, die Berufsgenossenschaft zuständig ist, der das Hauptunternehmen angehört. § 131 Abs. 1 SGB VII formuliert, dass dann, wenn ein Unternehmen verschiedenartige Bestandteile (Hauptunternehmen, Nebenunternehmen, Hilfsunternehmen) umfasst, der Unfallversicherungsträger zuständig ist, dem das Hauptunternehmen angehört. Nach Abs. 2 der Vorschrift bildet das Hauptunternehmen den Schwerpunkt des Unternehmens, Hilfsunternehmen dienen überwiegend den Zwecken anderer Unternehmensbestandteile und Nebenunternehmen verfolgen überwiegend eigene Zwecke.
Bei dem Landschaftspflege betreibenden Betriebsteil des Klägers handelt es sich um ein Unternehmen i.S. der genannten Vorschriften. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Unternehmen jede planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, gerichtet auf einen einheitlichen Zweck und ausgeübt mit einer gewissen Regelmäßigkeit (Bundessozialgerichtsentscheidungen - BSGE - 36, 111, 115). Auch die später vom Bundessozialgericht (BSG) verwendete Definition des Unternehmens als einer organisatorischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, finanziellen und auch sozialen Einheit zur regelmäßigen Erledigung bestimmter Aufgaben (BSGE 41, 214) hat einen im Wesentlichen gleichen Inhalt. Hiernach ist der Unternehmensbegriff weit gefasst und betrifft vor allem Tätigkeiten jeder Art, seien diese gewerblich, gemeinnützig, sozial oder karitativ (Kasseler Kommentar, Bearb. Ricke, § 658 RVO, Rdnr. 6).
Jedoch betreibt der Kläger, soweit er sich mit Landschaftspflege befasst, kein eigenständiges Unternehmen, auch kein Nebenunternehmen. Vielmehr erfüllt dieses Unternehmen den Begriff des Hilfsunternehmens, so wie er in § 131 Abs. 2 SGB VII definiert ist und im Geltungszeitraum des § 647 Abs. 1 RVO von der Rechtsprechung definiert wurde (BSGE 39, 112, 116).
So ergibt sich schon aus § 2 der Satzung des Klägers, dass die von ihm betriebene Landschaftspflege in Form praktischer Tätigkeit nicht den Schwerpunkt seines Unternehmens bildet, somit nicht das Hauptunternehmen darstellt. Dies ist schon der 1995 geltenden Fassung der Satzung zu entnehmen; in den ab 1997 geltenden Fassungen der Satzung ist ausdrücklich niedergelegt worden, dass der Schwerpunkt der Aufgaben des Klägers im Bereich der wissenschaftlichen Tätigkeit und der Umweltbildung liegt. In Übereinstimmung hiermit hat der Vertreter des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung die von ihm verfolgten Ziele formuliert.
Da mit der vom Kläger betriebenen Landschaftspflege keine vom Hauptunternehmen unabhängigen eigenen wirtschaftlichen Zwecke verfolgt werden, handelt es sich auch nicht um ein Nebenunternehmen (§ 647 Abs. 2 Satz 3 RVO, BSGE, aaO.), so dass die Vorschrift des § 644 RVO bzw. § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB VII nicht eingreift. Erstgenannte Vorschrift regelt nämlich lediglich, dass die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung dann gegeben ist, wenn ein Betriebsteil ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen eines gewerblichen Hauptunternehmens ist und die in Abs. 2 der Vorschrift bestimmte Mindestgröße überschreitet; in § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB VII ist ausdrücklich bestimmt, dass sie lediglich landwirtschaftliche Nebenunternehmen betrifft.
Darüber hinaus folgt auch aus § 647 Abs. 1 RVO, dass ein der landwirtschaftlichen Unfallversicherung an sich zugehöriges Hilfsunternehmen, das allein oder überwiegend unmittelbar den Zwecken des Hauptunternehmens dient, bei dem für das Hauptunternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger versichert ist. § 647 Abs. 1 RVO gilt kraft der ausdrücklichen Verweisungsvorschrift des § 791 RVO u. a. auf § 647 Abs. 1 RVO auch im Verhältnis zwischen landwirtschaftlicher und allgemeiner Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 30.04.1991 - 2 RU 36/90 -).
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Landschaftspflege überwiegend seiner wissenschaftlichen Tätigkeit im Bereich des Naturschutzes und der Umweltbildung dient. Wie bereits dargelegt, ergibt sich dies schon aus § 2 seiner Satzung und ist durch sein Vorbringen im Klage- und Berufungsverfahren gestützt worden.
Soweit seitens der Beklagten eingewandt wird, Unternehmen der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege könnten nie Hilfsunternehmen sein, wie sich aus ihrer Aufnahme in § 776 RVO bzw. § 123 SGB VII ergebe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Vielmehr ist insoweit nur geregelt worden, dass derartige Unternehmen der Zuständigkeit der Beklagten unterfallen können. Es verbleibt jedoch bei der Anwendbarkeit der §§ 647 RVO bzw. 131 SGB VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Wegen der Regelung des § 193 Abs. 4 SGG wurde Nr. II des Tenors des Urteils des Sozialgerichts neu gefasst. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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