Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 7 U 70/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 68/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 04. Mai 1999 wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit und Leistungen zur beruflichen Rehabilitation.
Der am ... geborene Kläger war Maurer. Sein beruflicher Werdegang gestaltete sich wie folgt:
01.09.1978-15.07.1981: Maurerlehre (Zwischenbetriebliche Bauorganisation des Kreises L ...). Aufgrund eines fehlgeschlagenen Versuchs, aus der DDR über die Ostsee zu fliehen, wurde er am 23.07.1979 vom Kreisgericht Leipzig -Stadtbezirk Südost - wegen versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Der Kläger befand sich vom 15.05.1979 - 11.10.1979 zur Verbüßung dieser Strafe in verschiedenen Haftanstalten, wo er nach seinen Angaben gegen Prof. S ...-S ... etwa 1 Monat lang schwere Schwellen zu tragen gehabt habe (Sächs. LSG, L 2 VU 7/97 Bl. 204, 128).
16.07.1981-27.07.1981: Maurer (Zwischenbetriebliche Bauorganisation des Kreises L ...), 03.08.1981-28.10.1981: Maurer (VEB B ...-L ...-Land), 14.12.1981-17.12.1981: Umroller an Folieschneidemaschinen (VEB P ... und D ...), 19.01.1982-12.05.1986: Betriebsmaurer (VEB R ... A ...), 01.08.1986-15.08.1986: Wachmann (Komb. GH WfB L ...), 03.10.1986-10.10.1986: Platzmeister (Rat des Stadtbezirkes Südost der Stadt L ...), 06.01.1987-31.01.1987: Kraftfahrer (Deutsches Rotes Kreuz), 13.02.1987-11.05.1987: Wachmann (SHB Möbel L ...), 13.07.1987-17.08.1988: Hausmeister (Rat des Stadtbezirkes Südost der Stadt L ...; Kindergarten), 21.11.1988-31.12.1990: Beifahrer-, Botentätigkeit, kleinere handwerkliche Reparaturen (B ... Institut L ... ), 01.01.1991-10.02.1991: arbeitslos, 11.02.1991-15.03.1991: Bauwerker (D ... GmbH; insgesamt nur sechs Tage tatsächlich beschäftigt ), 18.03.1991-30.06.1991: arbeitslos, 01.07.1991-02.07.1991: Bauwerker (Baugeschäft R ... F ...), 04.07.1991-31.08.1991: arbeitslos, 02.09.1991-30.11.1991: Bauwerker (U ...-GmbH), 02.12.1991-07.04.1992: Maurer (Kompakt B ... u. S ... GmbH L ...), 09.04.1992-16.05.1992: arbeitslos, 18.05.1992-31.07.1992: Maurer (Dipl.-Ing. G. P ..., B ... und T ... GmbH), 01.08.1992-17.10.1992: Krankengeldbezug, 19.10.1992-05.07.1993: arbeitslos 04.10.1993-21.01.1994: M ... Waren 22.01.1994-06.03.1994: Krankengeldbezug 08.03.1994-11.03.1994: K ... W ... Komplettbau, B ... 02.05.1994-06.12.1994: R ... I ...- und F ... GmbH 07.12.1994-04.08.1995: Krankengeldbezug 08.08.1995-30.06.1996: arbeitslos 01.07.1996-08.08.1997: berufliche Reha-Maßnahme 09.08.1997-06.01.1998: arbeitslos 07.01.1998-14.02.1999: Kommunaler E ..., E ... 15.02.1999-26.03.1999: Krankengeldbezug ab 27.03.1999: arbeitslos (Stand: 11.05.2001)
Daneben gab der Kläger im Rahmen von Anamnesen gegenüber Prof. Dr. S ...-S ...und Prof. Dr. F ... an, er sei bis 1994 als Maurer tätig gewesen (Bl. 128 LSG L 2 VU 7/97, Bl. 26 SG), danach sei er für ein ¾ Jahr arbeitsunfähig gewesen. Anschließend sei er von der LVA zum Lagerfacharbeiter umgeschult worden. Ab Januar 1998 habe er eine ABM-Stelle als Einkäufer gehabt.
Von den von der Beklagten angeschriebenen Betrieben antworteten nur zwei frühere Arbeitgeber bzw. deren Rechtsnachfolger, der Kläger habe wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt. Dies betraf die Zeit vom 03.08.1981 bis 28.10.1981 und die Zeit vom 19.01.1982 bis 12.05.1986. Ausdrücklich verneint wurde dies für die Zeit vom 01.09.1978 bis 27.07.1981, vom 11.02.1991 bis 18.03.1992, vom 02.09.1991 bis 30.11.1991 und für die Zeit vom 02.12.1991 bis 07.04.1992. In der Stellungnahme des Technischen Aufsichtdienstes (TAD) der Beklagten wurde von 22 Monaten wirbelsäulenbelastender Tätigkeit ausgegangen. Die Zeit des Klägers als Betriebsmaurer bei R ... (19.01.1982 bis 12.05.1986) wurde nicht berücksichtigt, weil von Betriebshandwerkern bekannt sei, dass die Belastungen weit unter dem normalen Berufsbild lägen. Hingegen wurde vom TAD entgegen der Angaben des früheren Arbeitgebers die Zeit vom 01.09.1978 bis 27.07.1981 berücksichtigt, die Lehrzeit allerdings nur zu 50 %, weil die übrige Zeit durch theoretischen Unterricht ausgefüllt gewesen sei.
In seinem an die Bau-Berufsgenossenschaft Hannover gerichteten Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente, dort eingegangen am 06.08.1992, gab er an, er übe seit 15 Jahren eine Tätigkeit als Maurer aus, wobei sich anfangs schon Schmerzen im Bereich der LWS (Lendenwirbelsäule) herausgestellt hätten (Bl. 1 BG; Bl. 5 BG). Im Rahmen des entschädigungsrechtlichen Streitverfahrens (L 2 VU 7/97) gab er gegenüber Prof. Dr. S ...-S ... ebenfalls an, die ersten Wirbelsäulenbeschwerden seien schon in der Lehrzeit aufgetreten und hätten sich erstmals während der Haftzeit durch schweres Heben und Tragen verstärkt (Bl. 129 LSG VU). 1979 seien sogar erstmals für einige Stunden leichte Lähmungserscheinungen aufgetreten; 1985 sei es erneut vorübergehend zu Lähmungserscheinungen und im Anschluss daran wiederholt zu Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen rezidivierender Wirbelsäulenbeschwerden gekommen (Bl. 129 LSG VU). Im Sozialversicherungsausweis des Klägers tritt erstmals im Januar 1988 eine wirbelsäulenbezogene Diagnosenummer auf (Nr. 724: Sonstige und n. n. bez. Affektionen des Rückens). Der Kläger war vom 06.01.1988 bis 13.01.1988 und vom 25.02.1988 bis 04.03.1988 arbeitsunfähig erkrankt.
Im Verwaltungsverfahren holte die Beklagte verschiedene Befundberichte bei den Ärzten Dr. B .../Dipl.-Med. H ... (Bl. 32, 62 BG), Hahn (Bl. 35 BG), Dr. M .../Pf ... (Bl. 41 BG) und Dr. B ... (Bl. 48 f. BG) ein. In einem Arztbrief vom 25.11.1991 an Dr. B ... (Bl. 32 und Bl. 62 BG) wird folgender Röntgenbefund mitgeteilt: LWS in 2 Eb: "WK normal geformt und strukturiert. Diskrete spondylotische Randzacken ventral an den Deckplatten von L3 und L4. ZWR sind nicht verschmälert, die Foramina intervertebralia erscheinen nicht eingeengt. NB: Bogenschlussstörung bei S 1."
In einem für die Krankenkasse zur Frage der Arbeitsfähigkeit erstellten Kurzgutachten (Bl. 43 BG) stellte der MDK Sachsen durch den Orthopäden Dr. B ... fest, der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitsfähig, nicht jedoch für körperliche Schwerarbeit geeignet. Hiergegen sprächen die Steilstellung der Wirbelsäule und eine beginnende Iliosakralgelenks-Arthrose rechts. Diese Bewertung beruhte auf einem Röntgenbefund vom 22.07.1992. Ergänzend dazu wurden folgende klinische Befunde am 14.10.1992 erhoben: leichter Paralumbalklopfschmerz links in Höhe von etwa L1, Schober: 10/14, Fingerspitzen-Boden-Abstand (FBA): 31; Stibor: 49/56; keine Lasègue-Zeichen (d. h. kein Hinweis auf eine Nervenwurzelreizung), kein Bragard- Zeichen (d. h. kein Hinweis auf eine Nervenwurzelkompression zwischen L4 und S1), keine motorischen Ausfälle. Der Orthopäde P ... bezeichnete in seinem Befundbericht über die Untersuchung des Klägers am 27.07.1992 den Untersuchungsbefund (Lumbalgie) als relativ gering. Deswegen seien keine weiteren medizinisch-technischen Untersuchungen durchgeführt worden (Bl. 41 BG).
Mit Bescheid vom 26.11.1996 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach § 551 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) in Verbindung mit der BKV und die Gewährung von Entschädigungsleistungen im Zusammenhang mit der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers ab, weil der Kläger nicht langjährig schwere Lasten gehoben und getragen habe und auch nicht langjährig Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung ausgeübt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 06.03.1997 wurde ergänzend ausgeführt, beim Kläger sei kein in der Ausprägung kontinuierlich von unten nach oben abnehmendes Degenerationsmuster der Bandscheiben und Zwischenwirbelräume zu erkennen. Radiologisch seien keine degenerativen, das altersentsprechende Maß überschreitenden Bandscheibenschäden nachweisbar. Insgesamt müsse hier von schicksalhaften Veränderungen der Lendenwirbelsäule ausgegangen werden. Insoweit gab der Widerspruchsbescheid die Ausführungen des die Beklagte beratenden Arztes H ..., Facharzt für Arbeitsmedizin (Bl. 82 BG), wieder.
Aufgrund seiner dagegen vor dem Sozialgericht mit dem Ziel der Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit und der Gewährung von Entschädigungsleistungen erhobenen Klage hat das Sozialgericht ein Gutachten bei Prof. Dr. F ... eingeholt, der beim Kläger aufgrund der Untersuchung am 15.10.1998 ein chronisches lokales Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule diagnostiziert hat. Klinisch hat er einen interspinalen Druckschmerz bei L4/5 und L5/S1 festgestellt. Das Lasègue- und das Bragard-Zeichen sind wiederum negativ gewesen. Das Schober-Zeichen ist mit 10/13, das Ott sche Zeichen mit 30/33 und der FBA mit 20 cm gemessen worden. Neurologische Ausfälle haben nicht bestanden. Insgesamt hat der Sachverständige die Funktionseinschränkungen auch unter Berücksichtigung der Werte für Rumpfextension, Rumpflateralflexion und Rumpfrotation als gering bezeichnet. Die Röntgenaufnahme vom 19.5.1998 hat einen leicht verschmälerten Zwischenwirbelraum bei L4/5 und einen stark verschmälerten Zwischenwirbelraum bei L5/S1, eine Sklerosierung einiger Abschlussplatten und der Facetten bei L4/5 und L 5/S1 (Osteochondrose L5/S1 und L4/5, Spondylarthrose der unteren LWS) ergeben. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine endogene Disposition ausschlaggebend sei. Die Tätigkeit als Maurer habe nur zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt. Eine Berufskrankheit liege nicht vor, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht gegeben seien.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.05.1999 abgewiesen. Seine Entscheidung hat es auf Nr. 2108 der Anlage zur BKV und auf die Ausführungen von Prof. Dr. F ... gestützt.
Mit seiner dagegen eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, sein Begehren gehe nicht dahin, eine Rente zu erlangen, sondern die Beklagte zur Gewährung einer Umschulungsmaßnahme zu bewegen. Er habe mehr als 10 Jahre wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt.
Im Laufe des Berufungsverfahrens hat sich der Kläger sowohl geweigert, auf Fragen des Technischen Aufsichtsdienstes einzugehen, als auch Schreiben des Gerichts zu beantworten. Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 04. Mai 1999 mit dem Bescheid vom 26.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.03.1997 zu ändern und dem Kläger unter Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation (Umschulung) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurück- und die Klage abzuweisen.
Der Senat hat durch Beschluss vom 28.02.2001 die Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen zum Verfahren nach § 75 Abs. 2 SGG beigeladen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Dem Senat liegen neben den Prozessakten beider Rechtszüge die Verwaltungsakten vor, ferner die Verfahrensakte L 2 VU 7/97 und eine Mappe mit persönlichen Unterlagen des Klägers.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist auch die mit dem Ziel der Gewährung von Rehabilitationsleistungen in der Berufung enthaltene Klageänderung zulässig, weil sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 16.07.1999 auf die Klageänderung rügelos eingelassen hat (§ 99 Abs. 1 und Abs. 2 SGG).
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Weder erfüllt der Kläger die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nr. 70 der Anlage zur 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten - Liste der Berufskrankheiten -, nachfolgend zitiert BK Nr. 70, (1.) noch die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV (2.).
1. a) Nach § 1150 Abs. 2 RVO, der gem. §§ 212, 215 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) weiterhin anzuwenden ist, sind Unfälle und Krankheiten, die vor dem 01.01.1992 eingetreten sind, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten i. S. des Dritten Buches der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu entschädigen, wenn sie nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren. Die Fortgeltung des DDR-Rechts ist damit einheitlich auf die Zeit bis zum 31.12.1991 beschränkt (vgl. Anlage II, Kapitel VIII, Sachgebiet F, Abschnitt III Nr. 6 EV i. V. m. § 23 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung [Rentenverordnung] vom 23. November 1979 [GBl. I S. 401], zuletzt geändert durch das Rentenüberleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 [BGBl. I, 1606] sowie Anlage II Kap. VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 4 und 5 EV i. V. m. § 221 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juli 1977 [GBl. I S. 185], zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Mai 1990 [GBl. I S. 1014] sowie der DDR-Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten vom 26. Februar 1981 [GBl. DDR I, 137] mit der 1. Durchführungsbestimmung zu dieser Verordnung - Liste der Berufskrankheiten - vom 21.04.1981 [GBl. I S. 139]).
b) Bis zum 31.12.1991 ist kein Versicherungsfall nach BK Nr. 70 beim Kläger eingetreten.
Die BK Nr. 70 erfasst Verschleißerkrankungen der Wirbelsäule (Bandscheiben, Wirbelkörperabschlussplatten, Wirbelfortsätze, Bänder, kleine Wirbelgelenke) durch langjährige mechanische Überbelastungen. Sie müssen zu erheblichen Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates mit Aufgabe der schädigenden Tätigkeit führen.
aa) Der Kläger gab seine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit spätestens am 12.05.1986 auf. Die Zeit zwischen dem Beginn der Maurerlehre am 01.09.1978 und dem 12.05.1986 - unterbrochen durch eine fünfmonatige Haft - erfüllt schon deswegen nicht die Voraussetzung der langjährigen mechanischen Überbelastungen, weil dieser Zeitraum weit von dem Zeitraum von zehn Jahren entfernt ist, der nach der Verwaltungspraxis der DDR regelmäßig mindestens zurückgelegt worden sein musste, um den Begriff langjährig auszufüllen. Einheitlich wurde für BK Nr. 70 eine Mindestexpositionsdauer von 10 Jahren zu Grunde gelegt (Konetzke/Rebohle/Heuchert, Berufskrankheiten, gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begutachtung und Entschädigung, 3. Auflage 1988, S. 110; Empfehlungen zur Einhaltung und Durchführung der Begutachtung bei Verdacht auf berufsbedingte Verschleißkrankheiten der Wirbelsäule [BK Nr. 70], Konetzke, Arbeitsmedizinformation 14 [1987 Nr. 7, S. 14 bis 20] in: Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Sonderschrift 4, S. 284). Es steht schon nicht fest, ob es während der Tätigkeit des Klägers beim VEB Robotron als Betriebsmaurer überhaupt zu mechanischen Überbelastungen gekommen ist. Aufgrund der Weigerung des Klägers, am Verfahren mitzuwirken, und des von der Beklagten gegebenen Hinweises, die Belastung als Betriebsmaurer sei deutlich geringer als die durchschnittliche Belastung innerhalb der Berufsgruppe der Maurer, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Zeit vom 19.01.1982 - 12.05.1986 durch eine berufsbedingt mechanische Überbelastung der Wirbelsäule des Klägers geprägt war. Auch die Arbeitgeberangaben erlauben keine abschließende Bildung einer positiven Überzeugung, dass der Kläger während seiner Tätigkeit als Betriebsmaurer in relevantem Umfang mechanischen Überbelastungen ausgesetzt war. Aber selbst wenn man diese Zeiten zugunsten des Klägers berücksichtigt, gelangt man im Rahmen vom 01.09.1978 bis zum 12.05.1986, d. h. rund 7 Jahre und 9 Monate nur auf rund sechseinhalb Jahre, die durch wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten geprägt waren. Denn die fünf Monate dauernde Freiheitsstrafe war überhaupt nicht und die Lehrzeit von 2 Jahren und 11 Monaten (insgesamt 35 Monate) war allenfalls zu 2/3 durch wirbelsäulenbelastende Tätigkeit geprägt. Es sind deshalb die genannten 7 Jahre und 9 monate um (4 + 11 = 15 Monate =) 1 Jahr und 3 Monate auf 6 Jahre und 6 Monate zu reduzieren. Diese Zeit aber lässt sich unter keinem Gesichtspunkt als "langjährig" verstehen, zumal es an jedem Anhalt dafür fehlt, dass die Belastung des Klägers in dieser Zeit außergewöhnlich hoch gewesen wäre.
bb) Ferner steht zur Überzeugung des Senats auch nicht fest, dass beim Kläger bis Ende 1991 eine erhebliche Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates eingetreten war. In der Begutachtungspraxis der DDR wurden als "erheblich" solche Funktionseinschränkungen bewertet, die auf einem chronischen Beschwerdebild mit einem rentenberechtigendem Grad des Körperschadens (GdK) von regelmäßig mindestens 20 v. H. beruhten (Konetzke/Rebohle/Heuchert, Berufskrankheiten, gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begutachtung und Entschädigung, 3. Auflage 1988, S. 111; Empfehlungen zur Einhaltung und Durchführung der Begutachtung bei Verdacht auf berufsbedingte Verschleißkrankheiten der Wirbelsäule [BK Nr. 70], Konetzke, Arbeitsmedizinformation 14 [1987 Nr. 7, S. 14 bis 20] in: Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Sonderschrift 4, S. 285). Ausgehend von dem in dem Arztbrief vom 25.11.1991 an Dr. B ... mitgeteilten Röntgenbefund und von der Bewertung des Untersuchungsbefundes vom 27.07.1992 durch den Orthopäden P ... als relativ gering, erreichten die Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule des Klägers keinesfalls einen Grad des Körperschadens von 20 %. Dies deckt sich mit den Ausführungen von Prof. Dr. S ...-S ..., der im Verfahren L 2 VU 7/97 zum Sachverständigen bestellt worden war. Er hat bei der Aufnahme der Lendenwirbelsäule vom 25.11.1991 zwar schon eine Verschmälerung bei L5/S1 festgestellt, jedoch die spondylotischen Reaktionen als nicht so stark ausgeprägt bezeichnet. Wesentlich degenerative Veränderungen anderer Segmente hat er ebenfalls nicht erkennen können.
c) Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die Wiederaufnahme der Tätigkeit als Bauwerker bzw. als Maurer im Jahre 1991 nicht ohnehin einen eventuell bereits entstandenen Anspruch nach Nr. 70 BK-DDR wieder hat entfallen lassen.
2. Nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV sind die Voraussetzungen der dort aufgeführten Berufskrankheit erfüllt, wenn eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung verursacht worden ist, und die bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Der Kläger hat nach dem 31.12.1990 nur noch rund zehn Monate wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt. Auf diesen Zeitraum entfielen wiederum 37 Kalendertage, an denen er arbeitsunfähig war. Zusammen mit den Zeiten vor dem 01.01.1991 ergibt dies allenfalls eine Expositionszeit von rund sieben Jahren und drei Monaten. Die insoweit entgegenstehenden Behauptungen des Klägers, er habe bis 1994 als Maurer gearbeitet sieht der Senat durch die Angaben der AOK vom 11.05.2001 als widerlegt an.
Dies genügt - jedenfalls unter den feststellbaren Arbeitsbedingungen - nicht, um die von der Nr. 2108 der Anlage zur BKV geforderte berufliche Exposition in zeitlicher Hinsicht zu erfüllen. Denn es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, die es rechtfertigen könnten, von der zehnjährigen Regelbelastung um fast 3 Jahre nach unten abzuweichen.
3. Da bereits beim Kläger kein Versicherungsfall nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV vorliegt, steht zugleich fest - ohne dass es dazu weiterer Ausführungen bedurfte -, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Reha-Maßnahmen hat, weil auch deren Voraussetzungen durch die Folgen des Versicherungsfalles verursacht sein müssen (s. dazu Kaler/Lenke, SGB VII, Rn. 5 zu § 35). Die Klage ist daher abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit und Leistungen zur beruflichen Rehabilitation.
Der am ... geborene Kläger war Maurer. Sein beruflicher Werdegang gestaltete sich wie folgt:
01.09.1978-15.07.1981: Maurerlehre (Zwischenbetriebliche Bauorganisation des Kreises L ...). Aufgrund eines fehlgeschlagenen Versuchs, aus der DDR über die Ostsee zu fliehen, wurde er am 23.07.1979 vom Kreisgericht Leipzig -Stadtbezirk Südost - wegen versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Der Kläger befand sich vom 15.05.1979 - 11.10.1979 zur Verbüßung dieser Strafe in verschiedenen Haftanstalten, wo er nach seinen Angaben gegen Prof. S ...-S ... etwa 1 Monat lang schwere Schwellen zu tragen gehabt habe (Sächs. LSG, L 2 VU 7/97 Bl. 204, 128).
16.07.1981-27.07.1981: Maurer (Zwischenbetriebliche Bauorganisation des Kreises L ...), 03.08.1981-28.10.1981: Maurer (VEB B ...-L ...-Land), 14.12.1981-17.12.1981: Umroller an Folieschneidemaschinen (VEB P ... und D ...), 19.01.1982-12.05.1986: Betriebsmaurer (VEB R ... A ...), 01.08.1986-15.08.1986: Wachmann (Komb. GH WfB L ...), 03.10.1986-10.10.1986: Platzmeister (Rat des Stadtbezirkes Südost der Stadt L ...), 06.01.1987-31.01.1987: Kraftfahrer (Deutsches Rotes Kreuz), 13.02.1987-11.05.1987: Wachmann (SHB Möbel L ...), 13.07.1987-17.08.1988: Hausmeister (Rat des Stadtbezirkes Südost der Stadt L ...; Kindergarten), 21.11.1988-31.12.1990: Beifahrer-, Botentätigkeit, kleinere handwerkliche Reparaturen (B ... Institut L ... ), 01.01.1991-10.02.1991: arbeitslos, 11.02.1991-15.03.1991: Bauwerker (D ... GmbH; insgesamt nur sechs Tage tatsächlich beschäftigt ), 18.03.1991-30.06.1991: arbeitslos, 01.07.1991-02.07.1991: Bauwerker (Baugeschäft R ... F ...), 04.07.1991-31.08.1991: arbeitslos, 02.09.1991-30.11.1991: Bauwerker (U ...-GmbH), 02.12.1991-07.04.1992: Maurer (Kompakt B ... u. S ... GmbH L ...), 09.04.1992-16.05.1992: arbeitslos, 18.05.1992-31.07.1992: Maurer (Dipl.-Ing. G. P ..., B ... und T ... GmbH), 01.08.1992-17.10.1992: Krankengeldbezug, 19.10.1992-05.07.1993: arbeitslos 04.10.1993-21.01.1994: M ... Waren 22.01.1994-06.03.1994: Krankengeldbezug 08.03.1994-11.03.1994: K ... W ... Komplettbau, B ... 02.05.1994-06.12.1994: R ... I ...- und F ... GmbH 07.12.1994-04.08.1995: Krankengeldbezug 08.08.1995-30.06.1996: arbeitslos 01.07.1996-08.08.1997: berufliche Reha-Maßnahme 09.08.1997-06.01.1998: arbeitslos 07.01.1998-14.02.1999: Kommunaler E ..., E ... 15.02.1999-26.03.1999: Krankengeldbezug ab 27.03.1999: arbeitslos (Stand: 11.05.2001)
Daneben gab der Kläger im Rahmen von Anamnesen gegenüber Prof. Dr. S ...-S ...und Prof. Dr. F ... an, er sei bis 1994 als Maurer tätig gewesen (Bl. 128 LSG L 2 VU 7/97, Bl. 26 SG), danach sei er für ein ¾ Jahr arbeitsunfähig gewesen. Anschließend sei er von der LVA zum Lagerfacharbeiter umgeschult worden. Ab Januar 1998 habe er eine ABM-Stelle als Einkäufer gehabt.
Von den von der Beklagten angeschriebenen Betrieben antworteten nur zwei frühere Arbeitgeber bzw. deren Rechtsnachfolger, der Kläger habe wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt. Dies betraf die Zeit vom 03.08.1981 bis 28.10.1981 und die Zeit vom 19.01.1982 bis 12.05.1986. Ausdrücklich verneint wurde dies für die Zeit vom 01.09.1978 bis 27.07.1981, vom 11.02.1991 bis 18.03.1992, vom 02.09.1991 bis 30.11.1991 und für die Zeit vom 02.12.1991 bis 07.04.1992. In der Stellungnahme des Technischen Aufsichtdienstes (TAD) der Beklagten wurde von 22 Monaten wirbelsäulenbelastender Tätigkeit ausgegangen. Die Zeit des Klägers als Betriebsmaurer bei R ... (19.01.1982 bis 12.05.1986) wurde nicht berücksichtigt, weil von Betriebshandwerkern bekannt sei, dass die Belastungen weit unter dem normalen Berufsbild lägen. Hingegen wurde vom TAD entgegen der Angaben des früheren Arbeitgebers die Zeit vom 01.09.1978 bis 27.07.1981 berücksichtigt, die Lehrzeit allerdings nur zu 50 %, weil die übrige Zeit durch theoretischen Unterricht ausgefüllt gewesen sei.
In seinem an die Bau-Berufsgenossenschaft Hannover gerichteten Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente, dort eingegangen am 06.08.1992, gab er an, er übe seit 15 Jahren eine Tätigkeit als Maurer aus, wobei sich anfangs schon Schmerzen im Bereich der LWS (Lendenwirbelsäule) herausgestellt hätten (Bl. 1 BG; Bl. 5 BG). Im Rahmen des entschädigungsrechtlichen Streitverfahrens (L 2 VU 7/97) gab er gegenüber Prof. Dr. S ...-S ... ebenfalls an, die ersten Wirbelsäulenbeschwerden seien schon in der Lehrzeit aufgetreten und hätten sich erstmals während der Haftzeit durch schweres Heben und Tragen verstärkt (Bl. 129 LSG VU). 1979 seien sogar erstmals für einige Stunden leichte Lähmungserscheinungen aufgetreten; 1985 sei es erneut vorübergehend zu Lähmungserscheinungen und im Anschluss daran wiederholt zu Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen rezidivierender Wirbelsäulenbeschwerden gekommen (Bl. 129 LSG VU). Im Sozialversicherungsausweis des Klägers tritt erstmals im Januar 1988 eine wirbelsäulenbezogene Diagnosenummer auf (Nr. 724: Sonstige und n. n. bez. Affektionen des Rückens). Der Kläger war vom 06.01.1988 bis 13.01.1988 und vom 25.02.1988 bis 04.03.1988 arbeitsunfähig erkrankt.
Im Verwaltungsverfahren holte die Beklagte verschiedene Befundberichte bei den Ärzten Dr. B .../Dipl.-Med. H ... (Bl. 32, 62 BG), Hahn (Bl. 35 BG), Dr. M .../Pf ... (Bl. 41 BG) und Dr. B ... (Bl. 48 f. BG) ein. In einem Arztbrief vom 25.11.1991 an Dr. B ... (Bl. 32 und Bl. 62 BG) wird folgender Röntgenbefund mitgeteilt: LWS in 2 Eb: "WK normal geformt und strukturiert. Diskrete spondylotische Randzacken ventral an den Deckplatten von L3 und L4. ZWR sind nicht verschmälert, die Foramina intervertebralia erscheinen nicht eingeengt. NB: Bogenschlussstörung bei S 1."
In einem für die Krankenkasse zur Frage der Arbeitsfähigkeit erstellten Kurzgutachten (Bl. 43 BG) stellte der MDK Sachsen durch den Orthopäden Dr. B ... fest, der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitsfähig, nicht jedoch für körperliche Schwerarbeit geeignet. Hiergegen sprächen die Steilstellung der Wirbelsäule und eine beginnende Iliosakralgelenks-Arthrose rechts. Diese Bewertung beruhte auf einem Röntgenbefund vom 22.07.1992. Ergänzend dazu wurden folgende klinische Befunde am 14.10.1992 erhoben: leichter Paralumbalklopfschmerz links in Höhe von etwa L1, Schober: 10/14, Fingerspitzen-Boden-Abstand (FBA): 31; Stibor: 49/56; keine Lasègue-Zeichen (d. h. kein Hinweis auf eine Nervenwurzelreizung), kein Bragard- Zeichen (d. h. kein Hinweis auf eine Nervenwurzelkompression zwischen L4 und S1), keine motorischen Ausfälle. Der Orthopäde P ... bezeichnete in seinem Befundbericht über die Untersuchung des Klägers am 27.07.1992 den Untersuchungsbefund (Lumbalgie) als relativ gering. Deswegen seien keine weiteren medizinisch-technischen Untersuchungen durchgeführt worden (Bl. 41 BG).
Mit Bescheid vom 26.11.1996 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach § 551 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) in Verbindung mit der BKV und die Gewährung von Entschädigungsleistungen im Zusammenhang mit der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers ab, weil der Kläger nicht langjährig schwere Lasten gehoben und getragen habe und auch nicht langjährig Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung ausgeübt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 06.03.1997 wurde ergänzend ausgeführt, beim Kläger sei kein in der Ausprägung kontinuierlich von unten nach oben abnehmendes Degenerationsmuster der Bandscheiben und Zwischenwirbelräume zu erkennen. Radiologisch seien keine degenerativen, das altersentsprechende Maß überschreitenden Bandscheibenschäden nachweisbar. Insgesamt müsse hier von schicksalhaften Veränderungen der Lendenwirbelsäule ausgegangen werden. Insoweit gab der Widerspruchsbescheid die Ausführungen des die Beklagte beratenden Arztes H ..., Facharzt für Arbeitsmedizin (Bl. 82 BG), wieder.
Aufgrund seiner dagegen vor dem Sozialgericht mit dem Ziel der Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit und der Gewährung von Entschädigungsleistungen erhobenen Klage hat das Sozialgericht ein Gutachten bei Prof. Dr. F ... eingeholt, der beim Kläger aufgrund der Untersuchung am 15.10.1998 ein chronisches lokales Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule diagnostiziert hat. Klinisch hat er einen interspinalen Druckschmerz bei L4/5 und L5/S1 festgestellt. Das Lasègue- und das Bragard-Zeichen sind wiederum negativ gewesen. Das Schober-Zeichen ist mit 10/13, das Ott sche Zeichen mit 30/33 und der FBA mit 20 cm gemessen worden. Neurologische Ausfälle haben nicht bestanden. Insgesamt hat der Sachverständige die Funktionseinschränkungen auch unter Berücksichtigung der Werte für Rumpfextension, Rumpflateralflexion und Rumpfrotation als gering bezeichnet. Die Röntgenaufnahme vom 19.5.1998 hat einen leicht verschmälerten Zwischenwirbelraum bei L4/5 und einen stark verschmälerten Zwischenwirbelraum bei L5/S1, eine Sklerosierung einiger Abschlussplatten und der Facetten bei L4/5 und L 5/S1 (Osteochondrose L5/S1 und L4/5, Spondylarthrose der unteren LWS) ergeben. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine endogene Disposition ausschlaggebend sei. Die Tätigkeit als Maurer habe nur zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt. Eine Berufskrankheit liege nicht vor, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht gegeben seien.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.05.1999 abgewiesen. Seine Entscheidung hat es auf Nr. 2108 der Anlage zur BKV und auf die Ausführungen von Prof. Dr. F ... gestützt.
Mit seiner dagegen eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, sein Begehren gehe nicht dahin, eine Rente zu erlangen, sondern die Beklagte zur Gewährung einer Umschulungsmaßnahme zu bewegen. Er habe mehr als 10 Jahre wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt.
Im Laufe des Berufungsverfahrens hat sich der Kläger sowohl geweigert, auf Fragen des Technischen Aufsichtsdienstes einzugehen, als auch Schreiben des Gerichts zu beantworten. Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 04. Mai 1999 mit dem Bescheid vom 26.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.03.1997 zu ändern und dem Kläger unter Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation (Umschulung) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurück- und die Klage abzuweisen.
Der Senat hat durch Beschluss vom 28.02.2001 die Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen zum Verfahren nach § 75 Abs. 2 SGG beigeladen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Dem Senat liegen neben den Prozessakten beider Rechtszüge die Verwaltungsakten vor, ferner die Verfahrensakte L 2 VU 7/97 und eine Mappe mit persönlichen Unterlagen des Klägers.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist auch die mit dem Ziel der Gewährung von Rehabilitationsleistungen in der Berufung enthaltene Klageänderung zulässig, weil sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 16.07.1999 auf die Klageänderung rügelos eingelassen hat (§ 99 Abs. 1 und Abs. 2 SGG).
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Weder erfüllt der Kläger die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nr. 70 der Anlage zur 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten - Liste der Berufskrankheiten -, nachfolgend zitiert BK Nr. 70, (1.) noch die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV (2.).
1. a) Nach § 1150 Abs. 2 RVO, der gem. §§ 212, 215 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) weiterhin anzuwenden ist, sind Unfälle und Krankheiten, die vor dem 01.01.1992 eingetreten sind, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten i. S. des Dritten Buches der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu entschädigen, wenn sie nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren. Die Fortgeltung des DDR-Rechts ist damit einheitlich auf die Zeit bis zum 31.12.1991 beschränkt (vgl. Anlage II, Kapitel VIII, Sachgebiet F, Abschnitt III Nr. 6 EV i. V. m. § 23 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung [Rentenverordnung] vom 23. November 1979 [GBl. I S. 401], zuletzt geändert durch das Rentenüberleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 [BGBl. I, 1606] sowie Anlage II Kap. VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 4 und 5 EV i. V. m. § 221 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juli 1977 [GBl. I S. 185], zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Mai 1990 [GBl. I S. 1014] sowie der DDR-Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten vom 26. Februar 1981 [GBl. DDR I, 137] mit der 1. Durchführungsbestimmung zu dieser Verordnung - Liste der Berufskrankheiten - vom 21.04.1981 [GBl. I S. 139]).
b) Bis zum 31.12.1991 ist kein Versicherungsfall nach BK Nr. 70 beim Kläger eingetreten.
Die BK Nr. 70 erfasst Verschleißerkrankungen der Wirbelsäule (Bandscheiben, Wirbelkörperabschlussplatten, Wirbelfortsätze, Bänder, kleine Wirbelgelenke) durch langjährige mechanische Überbelastungen. Sie müssen zu erheblichen Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates mit Aufgabe der schädigenden Tätigkeit führen.
aa) Der Kläger gab seine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit spätestens am 12.05.1986 auf. Die Zeit zwischen dem Beginn der Maurerlehre am 01.09.1978 und dem 12.05.1986 - unterbrochen durch eine fünfmonatige Haft - erfüllt schon deswegen nicht die Voraussetzung der langjährigen mechanischen Überbelastungen, weil dieser Zeitraum weit von dem Zeitraum von zehn Jahren entfernt ist, der nach der Verwaltungspraxis der DDR regelmäßig mindestens zurückgelegt worden sein musste, um den Begriff langjährig auszufüllen. Einheitlich wurde für BK Nr. 70 eine Mindestexpositionsdauer von 10 Jahren zu Grunde gelegt (Konetzke/Rebohle/Heuchert, Berufskrankheiten, gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begutachtung und Entschädigung, 3. Auflage 1988, S. 110; Empfehlungen zur Einhaltung und Durchführung der Begutachtung bei Verdacht auf berufsbedingte Verschleißkrankheiten der Wirbelsäule [BK Nr. 70], Konetzke, Arbeitsmedizinformation 14 [1987 Nr. 7, S. 14 bis 20] in: Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Sonderschrift 4, S. 284). Es steht schon nicht fest, ob es während der Tätigkeit des Klägers beim VEB Robotron als Betriebsmaurer überhaupt zu mechanischen Überbelastungen gekommen ist. Aufgrund der Weigerung des Klägers, am Verfahren mitzuwirken, und des von der Beklagten gegebenen Hinweises, die Belastung als Betriebsmaurer sei deutlich geringer als die durchschnittliche Belastung innerhalb der Berufsgruppe der Maurer, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Zeit vom 19.01.1982 - 12.05.1986 durch eine berufsbedingt mechanische Überbelastung der Wirbelsäule des Klägers geprägt war. Auch die Arbeitgeberangaben erlauben keine abschließende Bildung einer positiven Überzeugung, dass der Kläger während seiner Tätigkeit als Betriebsmaurer in relevantem Umfang mechanischen Überbelastungen ausgesetzt war. Aber selbst wenn man diese Zeiten zugunsten des Klägers berücksichtigt, gelangt man im Rahmen vom 01.09.1978 bis zum 12.05.1986, d. h. rund 7 Jahre und 9 Monate nur auf rund sechseinhalb Jahre, die durch wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten geprägt waren. Denn die fünf Monate dauernde Freiheitsstrafe war überhaupt nicht und die Lehrzeit von 2 Jahren und 11 Monaten (insgesamt 35 Monate) war allenfalls zu 2/3 durch wirbelsäulenbelastende Tätigkeit geprägt. Es sind deshalb die genannten 7 Jahre und 9 monate um (4 + 11 = 15 Monate =) 1 Jahr und 3 Monate auf 6 Jahre und 6 Monate zu reduzieren. Diese Zeit aber lässt sich unter keinem Gesichtspunkt als "langjährig" verstehen, zumal es an jedem Anhalt dafür fehlt, dass die Belastung des Klägers in dieser Zeit außergewöhnlich hoch gewesen wäre.
bb) Ferner steht zur Überzeugung des Senats auch nicht fest, dass beim Kläger bis Ende 1991 eine erhebliche Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates eingetreten war. In der Begutachtungspraxis der DDR wurden als "erheblich" solche Funktionseinschränkungen bewertet, die auf einem chronischen Beschwerdebild mit einem rentenberechtigendem Grad des Körperschadens (GdK) von regelmäßig mindestens 20 v. H. beruhten (Konetzke/Rebohle/Heuchert, Berufskrankheiten, gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begutachtung und Entschädigung, 3. Auflage 1988, S. 111; Empfehlungen zur Einhaltung und Durchführung der Begutachtung bei Verdacht auf berufsbedingte Verschleißkrankheiten der Wirbelsäule [BK Nr. 70], Konetzke, Arbeitsmedizinformation 14 [1987 Nr. 7, S. 14 bis 20] in: Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Sonderschrift 4, S. 285). Ausgehend von dem in dem Arztbrief vom 25.11.1991 an Dr. B ... mitgeteilten Röntgenbefund und von der Bewertung des Untersuchungsbefundes vom 27.07.1992 durch den Orthopäden P ... als relativ gering, erreichten die Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule des Klägers keinesfalls einen Grad des Körperschadens von 20 %. Dies deckt sich mit den Ausführungen von Prof. Dr. S ...-S ..., der im Verfahren L 2 VU 7/97 zum Sachverständigen bestellt worden war. Er hat bei der Aufnahme der Lendenwirbelsäule vom 25.11.1991 zwar schon eine Verschmälerung bei L5/S1 festgestellt, jedoch die spondylotischen Reaktionen als nicht so stark ausgeprägt bezeichnet. Wesentlich degenerative Veränderungen anderer Segmente hat er ebenfalls nicht erkennen können.
c) Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die Wiederaufnahme der Tätigkeit als Bauwerker bzw. als Maurer im Jahre 1991 nicht ohnehin einen eventuell bereits entstandenen Anspruch nach Nr. 70 BK-DDR wieder hat entfallen lassen.
2. Nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV sind die Voraussetzungen der dort aufgeführten Berufskrankheit erfüllt, wenn eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung verursacht worden ist, und die bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Der Kläger hat nach dem 31.12.1990 nur noch rund zehn Monate wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt. Auf diesen Zeitraum entfielen wiederum 37 Kalendertage, an denen er arbeitsunfähig war. Zusammen mit den Zeiten vor dem 01.01.1991 ergibt dies allenfalls eine Expositionszeit von rund sieben Jahren und drei Monaten. Die insoweit entgegenstehenden Behauptungen des Klägers, er habe bis 1994 als Maurer gearbeitet sieht der Senat durch die Angaben der AOK vom 11.05.2001 als widerlegt an.
Dies genügt - jedenfalls unter den feststellbaren Arbeitsbedingungen - nicht, um die von der Nr. 2108 der Anlage zur BKV geforderte berufliche Exposition in zeitlicher Hinsicht zu erfüllen. Denn es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, die es rechtfertigen könnten, von der zehnjährigen Regelbelastung um fast 3 Jahre nach unten abzuweichen.
3. Da bereits beim Kläger kein Versicherungsfall nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV vorliegt, steht zugleich fest - ohne dass es dazu weiterer Ausführungen bedurfte -, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Reha-Maßnahmen hat, weil auch deren Voraussetzungen durch die Folgen des Versicherungsfalles verursacht sein müssen (s. dazu Kaler/Lenke, SGB VII, Rn. 5 zu § 35). Die Klage ist daher abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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