L 1 V 26/98

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 13 V 18/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 V 26/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. Mai 1998 abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob beim Kläger eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes und des linken Kniegelenkes als weitere Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) anzuerkennen und Versorgungsleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v. H. zu gewähren sind.

Der im ... geborene Kläger war von Ende Februar 1940 bis April 1945 Soldat der ehemaligen Deutschen Wehrmacht, von April 1945 bis 10. Dezember 1948 befand er sich in Kriegsgefangenschaft. Er ist schwerbehindert im Sinne des Schwerbehindertengesetzes mit einem Grad der Behinderung von 100 (Bescheid des Beklagten vom 08. Februar 1996).

Am 09. Juli 1993 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Beschädigungsversorgung nach dem BVG. Dabei gab er als Körperschäden, für die die Versorgung beantragt werde, an: Verletzung gesamte linke Seite durch Granatsplitter.

In den von dem Beklagten daraufhin von der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht (Deutsche Dienststelle) eingeholten Unterlagen ist unter dem 27. August 1943 eine Granatsplitterverletzung beider Arme und Beine erwähnt. Einem Antrag des Klägers vom 16. Oktober 1953 auf Ausstellung eines Schwerbeschädigtenausweises wurde am 17. Oktober 1953 stattgegeben. Auf der Rückseite des Antragsformulars befindet sich eine Eintragung des Krankenhauses - Poliklinik M ..., Amtsärztliche Untersuchung, vom 16. Oktober 1953 mit der Diagnose: Beschwerden nach Kopfverletzung mit einer EM 50 %. Von Dr. Sch ..., Facharzt für Allgemeinmedizin in G ..., ließ der Beklagte ein hausärztliches Gutachten erstellen. In seinem Gutachten vom 11. Oktober 1994 führte er aus, im Bereich des linken Ellenbogengelenkes lägen multiple Narben auf der Beuge- und Streckseite vor, Muskelatrophien im Bereich des unteren Bizepsabschnittes und im oberen Anteil der Unterarmstrecker, Ellenbogengelenk erscheine dadurch kolbig aufgetrieben, Streckung nur bis 170 Grad möglich, Beugung normal. Es seien mehrere Narben auf der Dorsal- und Volarseite des linken Handgelenkes vorhanden, Beugung und Streckung normal, Radialabduktion etwas eingeschränkt. Supination der linken Hand sei nicht voll möglich, wohl als Folge einer Schädigung des radioulnaren Gelenkes im Ellenbogenbereich. Im linken Hüftbereich seien zwei große, flächenhafte, tief eingezogene Narben am Ansatz des seitlichen Quatriceps-Kopfes sowie zwei tiefe Narben in der Adduktorengruppe links. Die Abduktion sei nur bis 30 Grad möglich, Rotation völlig aufgehoben. Beugung sei nur bis 60 Grad möglich. Es fänden sich multiple oberflächlich liegende Splitter im seitlichen Bereich des linken Kniegelenkes ohne wesentliche Funktionseinschränkungen. Der Kläger habe angegeben, nach der Kriegsverletzung habe für längere Zeit eine Belastungsschwäche des linken Hüftgelenkes bestanden, die dazu geführt habe, dass er den Beruf als Möbeltischler habe aufgeben müssen. Seit 1953 habe er nur noch als technischer Angestellter tätig sein können. Als Dauerdiagnosen lägen vor: muliple Granatsplitterverletzung der linken Körperseite mit Funktionseinschränkung vor allem im linken Ellenbogen-, Hand- und Hüftbereich, ein Harnblasenkarzinom-Tumor nach transvesikaler Tumorabtragung am 04. März 1988; rezidivierendes lumbales Lokalsyndrom bei erheblich degenerativen LWS-Veränderungen, sekundäre Coxarthrose links größer als rechts bei Zustand nach Granatsplitterverletzung im Kriege, Prostatakarzinom Grad II mit rezidivierender Epididymitis; ein Angina pectoris Syndrom bei koronarer Herzkrankheit, eine Hyperhidrosis, ein Lichen ruber exanthematicus, Hyperurikämie, ein Rezidiv des Harnblasen-Karzinoms; eine Osteoporose; erhebliche statische Wirbelsäulenbeschwerden bei teilfixiertem osteoportischen Rundrücken und fischwirbelartiger Deformierung des 10. Brustwirbelkörpers, eine Thoraxprellung links, eine Interkostalneuralgie sowie eine gastritische Reizung. Beim Röntgen des Schädels in zwei Ebenen sei röntgenologisch kein pathologischer Befund festgestellt worden, insbesondere kein Nachweis metalldichter Fremdkörper. Im linken Kniegelenk seien multiple kleinste, metalldichte Fremdkörper in den gelenknahen Weichteilen des Ober- und Unterschenkels zu sehen, im Kniegelenksbereich lediglich eine diskrete Ausziehung der Eminentia intercondyl. im Sinne einer diskreten Gonarthrose. Dr. Michler, Ärztlicher Dienst des Beklagten, führte unter dem 29. November 1994 u.a. aus, Knochenverletzungen lägen nicht vor. Die Granatsplitter lägen nicht in den Gelenken bzw. in Gelenknähe. Bewegungsbehinderungen in den Gelenken der linken Körperhälfte seien nicht durch Granatsplitterverletzungen bedingt. Die Röntgenaufnahmen beschrieben nur degenerative Veränderungen. Die Funktionsbehinderungen seien durch biologische Verschleißerscheinungen bedingt und keine Schädigungsfolge.

Mit Bescheid vom 11. Januar 1995 erkannte der Beklagte als Schädigungsfolgen an: "mehrere Weichteilstecksplitter im Hüftbereich links, im Oberschenkel und Unterschenkel links und linken Ober- und Unterarm" sowie "mehrere Narben im linken Ellenbogenbereich, im linken Handgelenkbereich und linken Hüft-Oberschenkelbereich nach Granatsplitterverletzung". Durch diese Schädigungsfolgen werde eine MdE von 25 v. H. nicht erreicht. Eine Rente nach dem BVG stehe dem Kläger daher nicht zu. Nach Art und Umfang der anerkannten Schädigungsfolgen und dem beruflichen Werdegang liege eine besondere berufliche Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht vor.

Dagegen legte der Kläger am 01. Februar 1995 Widerspruch ein. Er sei im August 1943 verwundet worden. Während seines Aufenthalts im Reservelazarett Neisse sei sein linkes Bein vom Fuß bis zur Hüfte eingegipst worden, ebenso sein linker Arm. Am 19. Oktober 1943 sei er in das Reservelazarett in Lauban verlegt worden. Dort habe er sich vom 21. Oktober 1943 bis 29. November 1944 in Behandlung befunden. Wenn bei ihm nur eine Weichteilverletzung vorgelegen habe, frage er sich, warum diese von August 1943 bis 29. November 1944 habe eingegipst werden müssen. Ein dreimaliger Anlauf, seinen Beruf als Tischler auszuführen, sei gescheitert, da die Arbeit für ihn zu schwer gewesen sei. Er habe gezwungenermaßen eine Arbeit im Büro annehmen müssen, bei der er natürlich viel weniger verdient habe als in seinem Beruf. Während des Widerspruchsverfahrens gab der Kläger am 13. September 1995 an, er habe erfolgreich eine Lehre als Möbeltischler im Jahr 1938 abgeschlossen. Diese Tätigkeit habe er bis Ende 1938 ausgeübt. Von 1939 bis Februar 1940 sei er im Arbeitsdienst gewesen, vom Februar 1940 bis Januar 1945 beim Militär, vom Januar 1945 bis Februar 1949 in Kriegsgefangenschaft, vom März 1949 bis Oktober 1950 sei er als Tischler bei der Firma G ... E ... V ... vom Oktober 1950 bis März 1953 als Tischler bei der Firma H ... W ..., vom März 1953 bis Februar 1954 als Tischler bei der Firma W ... G ... und vom März 1954 bis Juli 1984 als Disponent bei der Firma W ... G ... beschäftigt gewesen. Der Verdienst als Tischler wäre bedeutend höher gewesen als der als Disponent. Aufgrund seiner Kriegsverwundung habe er den Beruf als Tischler nicht mehr ausführen können, da die linke Körperseite am meisten beansprucht worden sei (starke Schmerzen).

Dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11. Januar 1995 wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 02. Januar 1996 insoweit abgeholfen, als folgende Schädigungsfolgen anerkannt wurden: "Bewegungseinschränkung von Ellenbogengelenk links und Unterarmdrehbeweglichkeit links; mehrere Weichteilstecksplitter im Hüftbereich links, im Oberschenkel und Unterschenkel links und linken Ober- und Unterarm; mehrere Narben im linken Ellenbogenbereich, im linken Handgelenkbereich und linken Hüft- und Oberschenkelbereich nach Granatsplitterverletzung". Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die MdE verbleibe bei kleiner als 25 v. H. Die Schädigungsfolgen und die MdE seien in Übereinstimmung mit den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht nach § 30 Abs. 1 und 2 BVG sowie den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften vollständig erfasst und mit einer MdE unter 25 v. H. richtig bewertet worden. Frühere, vor der Vereinigung zum Grad des Körperschadens bzw. zur MdE getroffene Einschätzungen beruhten auf dem damals anzuwendenden Bewertungsmaßstab und seien für das Verfahren nach dem BVG nicht bindend. Der Schwerbeschädigtenausweis der DDR habe sich auf eine Kopfverletzung bezogen, diese sei als Kriegsverletzung nicht geltend gemacht worden und sei auch nicht belegt. Die gesetzlich normierten Anspruchsvoraussetzungen seien nicht erfüllt. Rente nach dem BVG stehe dem Kläger daher nicht zu.

Der Kläger erhob am 29. Januar 1996 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage. Während des Klageverfahrens hat der Kläger eine "Bestätigung an Eides statt" seiner Schwester H ... B ... vom 10. April 1996 vorgelegt. Darin bestätigte diese, dass sie beim Besuch ihres Bruders in Neisse, im Reservelazarett, im Haus der grauen Schwestern, im September 1943 "mit einem Kopfverband angetroffen habe".

Von Dr. J ..., Facharzt für Orthopädie in G ..., hat das SG ein medizinisches Gutachten auf orthopädischem und chirurgischem Fachgebiet erstellen lassen. In seinem Gutachten vom 05. Juni 1997 diagnostizierte er einen 1. Zustand nach Granatsplitterverletzung 1943 mit Weichteilstecksplittern im Bereich der linken oberen und unteren Extremitäten; Teilversteifung des linken Ellenbogen- und Kniegelenkes, 2. posttraumatische Arthrose des linken Handgelenkes mit Bewegungseinschränkung nach distaler Radiusfraktur, 3. Pangonarthrose beidseits und 4. statische Wirbelsäulenbeschwerden bei teilfixiertem, osteoporotischen Rundrücken und fischwirbelartiger Deformierung des 10. Brustwirbelkörpers. Die Verschleißerscheinungen im Bereich des rechten Kniegelenkes und des Achsenskeletts ständen in keinem Zusammenhang mit Schädigungen während des Krieges bzw. der Gefangenschaft. Auch die Veränderungen im linken Kniegelenk seien sicherlich nicht ausschließlich auf die Granatsplitterverletzung zurückzuführen. Die Weichteilstecksplitter im Bereich der oberen und unteren Extremitäten hätten zu narbigen Veränderungen geführt, die auch in den periartikulären Strukturen des linken Ellenbogen- und Kniegelenkes aufgetreten seien. Die dadurch bedingten Bewegungseinschränkungen und Fehlbelastungen der betroffenen Gelenke, in Zusammenhang mit einer Fehlfunktion der narbig veränderten Muskeln, hätten scheinbar eine verstärkte Abnutzung der betroffenen Gelenke provoziert. Die Fraktur des linken Handgelenkes sei ohne wesentliche Fehlstellung ausgeheilt. Trotzdem habe sich auf der Basis eine Arthrose des linken Handgelenkes entwickelt. Durch die genannten Veränderungen sei die Beweglichkeit und Belastbarkeit des linken Armes und Beines deutlich eingeschränkt. Insbesondere während der Berufstätigkeit des Klägers hätten Arbeiten, die mit schwerem Heben und Tragen verbunden gewesen seien, nicht mehr ohne größere Beschwerden verrichet werden können. Bei den Schädigungsfolgen in den Bescheiden vom 11. Januar 1995 und 02. Januar 1996 sei die Bewegungseinschränkung des linken Hand- und Kniegelenkes außer Acht gelassen worden. Die Lokalisation der Weichteilstecksplitter sowie die Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenkes seien ordnungsgemäß angegeben worden. Die weiteren Gesundheitsstörungen seien wie folgt zu bezeichnen: Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes nach distaler Radiusfraktur während der Gefangenschaft sowie Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes. Die MdE sei für sämtliche Schädigungsfolgen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen mit 30 v. H. einzuschätzen. Im Gutachten Dr. Sch ... vom 08. Oktober 1994 sei keine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes beschrieben worden. Offensichtlich habe sich die Beweglichkeit seit diesem Zeitpunkt erheblich verschlechtert. Verletzungsbedingte Bewegungseinschränkungen des linken Handgelenkes seien in diesem Gutachten nicht berücksichtigt worden. Durch die genannten Verletzungen habe der Kläger nach dem Krieg und der Gefangenschaft seinen erlernten Beruf als Tischler nicht mehr ausüben können, insbesondere seien damit finanzielle Einbußen verbunden gewesen.

Daraufhin erwiderte der Beklagte unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. T ... vom 30. Juli 1997. Es bestehe eine leichte Streckbehinderung im linken Ellenbogengelenk, eine Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit links liege allerdings nicht vor. Der Faustschluss beidseits werde als komplett und kräftig beschrieben. Die Anhaltspunkte 1996 sähen hierfür eine MdE-Messbreite zwischen 0 bis 10 vor. Bisher noch nicht beschrieben worden sei eine Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit links bei posttraumatischer Arthrose. Nach den Anhaltspunkten ergebe sich hier ebenfalls eine MdE von 0 bis 10. Der Gutachter stelle eine deutliche Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk fest und sei der Auffassung, dass ursächlich dafür die Granatsplitter im Weichteilbereich verantwortlich zu machen seien, dies werde ausdrücklich bestritten, da eine Pangonarthrose beidseits vorliege, wobei die Granatsplitter ursächlich nicht verantwortlich gemacht werden könnten. Auch die ambulant durchgeführte Röntgentiefenbestrahlung beider Kniegelenke spreche für eine degenerative Genese, auch die vom Gutachter in den letzten beiden Jahren vermutete Verschlechterung sei damit zu erklären, denn es sei nicht einzusehen, dass Granatsplitter, die mehr als 50 Jahre im Gewebe lägen, für eine plötzliche Verschlechterung der Gelenkfunktion verantwortlich zu machen seien, auch in den Unterlagen gäbe es diesbezüglich keine zusätzlichen medizinischen Befunde. Aus versorgungsärztlicher Sicht erreiche die Einstufung der MdE nach wie vor 25 v. H. nicht.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 10. September 1997 führte Dr. J ... aus, die Funktionsstörungen im linken Ellenbogen und Handgelenk seien ausreichend gewürdigt worden. Was die Veränderungen im linken Kniegelenk angehe, müsse zunächst festgestellt werden, dass er in seinem Gutachten nicht behauptet habe, dass die Pangonarthrose links allein durch die Granatsplitterverletzung hervorgerufen worden sei. Er sei jedoch davon ausgegangen, dass durch die Weichteilschäden ein rascheres Fortschreiten der degenerativen Veränderungen begünstigt worden sei. Die Abnutzung sei in beiden Kniegelenken zu finden. Mit welcher sonstigen Begründung sollte gerade das linke Kniegelenk wesentlich stärker betroffen sein. Es sei auch nicht logisch zu begründen, warum die Granatsplitterverletzungen im Bereich des linken Ellenbogens anerkannt würden und im Bereich des linken Kniegelenks zu keinerlei Schäden geführt haben sollten. Die Gelenkfunktion des linken Kniegelenkes habe sich auch nicht plötzlich verschlechtert, sie sei scheinbar nur in den vorausgegangenen Stellungnahmen unzureichend gewürdigt worden. Es sei natürlich richtig, dass nicht die gesamte Abnutzung des linken Kniegelenkes als Folge der Kriegsverletzung anzusehen sei. Eine gewisse Begünstigung sei jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Aus diesem Grunde müsse im Hinblick auf sämtliche Schädigungsfolgen die Abnutzung des linken Kniegelenkes zumindest teilweise angerechnet werden. Deshalb halte er die in seinem Gutachten genannte MdE von 30 v. H. für gerechtfertigt.

Mit Urteil vom 15. Mai 1998 hat das SG den Bescheid vom 11. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 1996 abgeändert und den Beklagten verurteilt, als weitere Schädigungsfolge nach dem BVG eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes und des linken Kniegelenkes festzustellen und dem Kläger eine Beschädigtenversorgung nach dem BVG nach einer MdE von 30 v. H. zu gewähren. Der Kläger gehöre dem Grunde nach zu dem berechtigten Personenkreis nach dem BVG. Ausweislich der Unterlagen der Deutschen Dienststelle habe er durch Granatsplitter im August 1943 eine Schädigung im Sinne des BVG erlitten. Der Beklagte habe daher insoweit zutreffend die in dem Bescheid vom 11. Januar 1995 genannten Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolge nach dem BVG festgestellt. Der Kläger habe darüber hinaus aber auch Anspruch auf Anerkennung von Bewegungseinschränkungen des linken Handgelenkes und des linken Kniegelenkes als weitere Schädigungsfolge nach dem BVG. Dies stehe zur Überzeugung des Gerichts nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme fest. Die Kammer schließe sich den gutachterlichen Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. J ... an. Danach sei die bei dem Kläger vorliegende Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes als weitere Schädigungsfolge nach dem BVG festzustellen. Darüber hinaus stelle aber auch die Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes eine weitere Schädigungsfolge nach dem BVG dar. Nach Ansicht der Kammer stehe die Verletzung des linken Kniegelenkes durch Granatsplitter mindestens gleichwertig zu der weiteren, die Bewegungseinschränkung hervorrufende Mitursache der schädigungsunabhängigen, degenerativen Veränderungen. Insoweit sei es mit den Ausführungen von Dr. J ... gerade nachvollziehbar, dass die wesentlich stärkeren Bewegungseinschränkungen des linken Kniegelenkes im Verhältnis zu den geringeren Bewegungseinschränkungen des rechten Kniegelenkes bei im Übrigen gleicher pathogenetischer, degenerativer Verursachung ihre wesentliche Mitursache in der kriegsbedingten Granatsplitterverletzung fänden. Die Kammer halte es daher mit den Ausführungen von Dr. J ... für zutreffend, die Granatsplitterverletzung als zumindest wesentliche Mitursache für die Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes anzuerkennen. Danach sei auch die Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes als weitere Schädigungsfolge nach dem BVG festzustellen. Unter Berücksichtigung dieser weiter anzuerkennenden Schädigungsfolgen habe der Kläger auch Anspruch auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach einer MdE von 30 v. H. Die Bewegungseinschränkung des Handgelenkes links könne mit einer MdE zwischen 0 bis 10 eingeschätzt werden, hinsichtlich der Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit links sei von einer Teil-MdE von 30 v. H. auszugehen. Demgegenüber führten die bereits in dem Bescheid vom 11. Januar 1995 anerkannten Schädigungsfolgen zu keiner weiteren Erhöhung der MdE. Für alle Schädigungsfolgen zusammen sei ein Gesamt-MdE-Wert von 30 v. H. festzustellen gewesen, welcher auch die Höhe der dem Kläger nach § 31 Abs. 1 BVG zu gewährenden Beschädigtenversorgung bestimme.

Gegen das dem Beklagten am 08. Juli 1998 zugestellte Urteil hat dieser am 28. Juli 1998 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Beiziehung von Unterlagen vom Städtischen Klinikum G ..., von der Stadtverwaltung G ... - Gesundheitsamt -. Er hat die Verwaltungsakte über den Kläger von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin beigezogen und eine Auskunft von der AOK Sachsen eingeholt.

Von Dr. Sch ..., Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie in B ..., hat der Senat ein orthopädisches Fachgutachten erstellen lassen. In seinem Gutachten vom 17. November 1999 hat der Gutachter unter anderem ausgeführt, beim Kläger lägen folgende Gesundheitsstörungen seit 01. Januar 1991 vor: - ausgedehnte flächenhafte Narben in der Umgebung des linken Ellenbogens, Einziehung und Schwund des Gewebes über dem Nervus ulnaris, - Bewegungseinschränkung bei Arthrose linker Ellenbogen, - Narben über Handgelenk und Deformierung des Ulnarköpfchens mit Bewegungseinschränkung im Handgelenk, - multiple Narben linker Oberschenkel (besonders Hüftregion mit Gewebsschwund und Verklebung mit Faszie), Knie und Unterschenkel, vereinzelt auch rechtes Knie, - multiple Metallsplitter in der Region des linken Handgelenkes, linker Unterarm, Ellenbogen, Oberarm, linke Hüfte, Oberschenkel, Knie und Unterschenkel, einzelne Metallsplitter rechte Thorax- wand und rechtes Knie, - röntgenologisch 1988 linksseitge mediale und subpatellare Zeichen einer Arthrose, rechts bei akutem Reizknie, Verdacht auf subchondrale Strukturauflockerung, noch keine Arthrose, - statische Wirbelsäulenbeschwerden bei osteoporotischem fixierten Rundrücken, - Gonarthrose rechts, - Hüftgelenksarthrose rechts stärker als links. Die Schädigungsfolgen, die am 11. Januar 1995 anerkannt worden seien, seien richtig, aber nicht vollständig. Sie seien am 02. Januar 1996 ergänzt worden mit der Anerkennung der Bewegungseinschränkung im linken Ellenbogengelenk einschließlich Drehbewegung. Eine Vollständigkeit sei damit nicht erzielt worden. Weitere Gesundheitsstörungen durch die Schäden der Auswirkungen des Krieges seien bereits vorhanden gewesen: traumatische Deformierung des linken Handgelenkes mit Bewegungseinschränkung sowie Narbenreizung des Nervus ulnaris am linken Ellenbogen mit Paraesthesien. Es lägen Zeichen einer medialen und Retropatellararthrose des linken Knies - rechts 1988 nicht nachweisbar, vor, vermutlich verursacht durch mehrere Splitter im Band und Streckmuskel des Kniegelenkes. Durch die bereits anerkannten Schädigungen und die genannten nicht erfassten Störungen sei es zu einer weiteren Behinderung gekommen. Durch die schmerzhafte Einschränkung in Bewegung und Belastbarkeit des linken Armes im Ellenbogen und Handgelenk sei es zu einer Atrophie der linken Schultermuskulatur und inzwischen zu einer stärkeren Bewegungseinschränkung im Schultergelenk gekommen. Des Weiteren habe sich die Beweglichkeit des linken Ellenbogens weiter verschlechtert. Die im Urteil vom 15. Mai 1998 aufgeführten Diagnosen, die sich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. J ... vom 05. Juni 1997 und seine ergänzenden Erläuterungen vom 10. September 1997 stützten und als Folge der Granatsplitterverletzung anerkannt worden seien, seien unmittelbare Folgen der Schädigungen am Ellebogengelenk, Handgelenk, Narben mit Reizung des Nervus ulnaris links, Narben am linken Oberschenkel mit Beeinträchtigung der Kniestreckmuskulatur und den multiplen Metallsplittern vorwiegend im linken Arm und Bein. Die Bewegungseinschränkung am linken Kniegelenk sei Sekundärfolge der Verletzungen. Bereits 1988 sei die Arthrose im linken Kniegelenk nachweisbar gewesen, rechts seien 1988 Zeichen einer aktuen Erkrankung erkennbar gewesen, weshalb sich der Kläger auch über einen längeren Zeitraum in ärztlicher Behandlung befunden habe einschließlich Punktion eines Ergusses. Die Arthrose des rechten Kniegelenkes habe sich erst nach dieser akuten Erkrankung entwickelt. Damit sei belegt, dass die Arthrose des linken Kniegelenkes früher entstanden sei, bedingt durch die muskuläre Fehlfunktion durch Splitter im Streckmuskel und schmerzhafte Narbenverziehung am Streckmuskel. Die Ursachen der Bewegungseinschränkung seien damit eindeutig als Folge der Schädigung belegt. Am stärker belasteten rechten Schultergelenk bestehe dieses Krankheitsbild nicht und hätte bei einem Altersleiden dort zuerst auftreten müssen. Die Atrophie der Schultermuskulatur sei durch die schmerzhaft verminderte Belastbarkeit des linken Armes durch die Verletzungen entstanden, als deren Folge habe sich die Schultersteife entwickelt. Die kausale Kette sei damit vorhanden und belegt. Die Granatsplitterverletzung von 1943 sei alleinige Ursache für alle Gesundheitsstörungen am linken Arm: Bewegungseinschränkung und Arthrose linker Ellenbogen, Bewegungseinschränkung linkes Handgelenk, Nervus ulnaris-Reizung links durch Narbe am Ellenbogen, multiple weitere Narben und Metallsplitter im linken Ober- und Unterarm sowie Atrophie und Bewegungseinschränkung der linken Schulter. Die Bewegungseinschränkung am linken Kniegelenk sei ebenfalls Folge der Verletzung von 1943. Die Gesundheitsstörung an der Wirbelsäule, an beiden Hüftgelenken und am rechten Knie sei nicht Folge der Verletzung. Die Störungen der Wirbelsäule seien durch Entkalkung und durch Abnutzung durch Fehlbelastung (Rundrücken) entstanden und seien deshalb Altersleiden. Die Arthrose der Hüftgelenke habe sich nach einer Vorschädigung im Kindesalter (Hüftkopfgleiten beidseits) entwickelt. Die Arthrose des rechten Kniegelenkes habe sich nach einer akuten entzündlichen Erkrankung 1988 aufgebaut. Inzwischen müsse durch die Folgeschädigung der linken Schulter der Gesamtschaden auf 40 % erhöht werden.

Der Beklagte hat daraufhin versorgungsärztliche Stellungnahmen von SR Brümmer vom 05. Januar 2000 und 06. März 2000 vorgelegt. In seinen versorgungsärztlichen Stellungnahmen hat sich SR B ... dahingehend geäußert, betrachte man die Angaben zum Jahr 1988 hätten damals bereits röntgenologisch Zeichen einer Arthrose bestanden, wobei bei einem akuten Reizknie, und das sei relativ häufig bei degenerativen Leiden, ebenfalls der Verdacht auf subchondrale Strukturauflockerung geäußert worden sei. Ein akuter Gelenkerguss verursache zu diesem Zeitpunkt keine röntgenologischen Veränderungen an der Knochensubstanz, dazu bedürfe es eines gewissen Zeitfaktors. Insofern sei die Aussage des Sachverständigen, damals sei der Befund für das rechte Knie fehlgedeutet worden, nicht korrekt. Bezüglich der Aussage der Funktion des linken Schultergelenkes sei angemerkt, dass es zwar dem orthopädischen Sprachgebrauch entspreche, dass eine Schultersteife vorläge, dieser Begriff sei allerdings nicht mit Versteifung im Begutachtungswesen zu verwechseln, immerhin seien die Beweglichkeitsausschläge für das linke Schultergelenk vom Sachverständigen deutlich genannt und entsprächen nicht einer Versteifung. In der doch umfangreichen orthopädischen Literatur gäbe es keinerlei Hinweise dafür, dass degenerative Gelenkleiden generell in gleicher Ausprägung links bzw. rechts vorliegen müssten. Im Umkehrschluss bedeutete dies, dass bei endoprothetischem Ersatz die Befunde gleichseitig vorliegen und demzufolge auch in kürzesten Abständen diese Operationen durchgeführt würden. Der beidseitige Gelenkersatz bei degenerativen Gelenkleiden sei eine Seltenheit. Keinesfalls sei widerlegt, dass keine altersbedingte Arthrose in den Kniegelenken vorgelegen habe. Hier liege ein allgemeines degeneratives Gelenkleiden vor, wofür auch die röntgenologischen Veränderungen an den Hüftgelenken spreche. Das linksseitige Kniegelenksleiden sei nicht auf die Weichteilverletzung im linken Oberschenkel zurückzuführen. Betrachte man die Funktionsangaben bezüglich der Kniegelenke, könne man davon ausgehen, dass eine relativ gute Beweglichkeit bei doch fortgeschrittenem Lebensalter bestehe. Erstaunlich sei, dass in diesem Lebensalter der Bandapparat intakt sei und dass, obwohl eine X-Bein-Stellung bestehe, die allerdings nicht im Entferntesten durch Metallsplitter in den Weichteilen verursacht worden sein könne. Bei einer Weichteilverletzung habe es sich dann um eine so schwerwiegende Stellung handeln müssen, dass der Bandapparat verletzt würde und dadurch die Valgus-Stellung einträte. Bei einem festen Bandapparat sei das nicht denkbar. Mit Verwunderung werde zur Kenntnis genommen, dass Muskeleigenreflexe der oberen und unteren Extremitäten positiv und seitengleich gewesen seien, kein Sensibilitätsausfall der oberen und unteren Extremitäten vorgelegen habe. Eine messbare Seitendifferenz in der Muskelkraft habe ebenfalls nicht festgestellt werden können, denn immerhin werde im Befund im Gutachten darauf verwiesen, in Bezug auf beide Hände: grobe Kraft deutlich vermindert. Warum solle gerade eine geschädigte Extremität kraftgemindert sein und gleichermaßen die nichtgeschädigte.

In ergänzenden Stellungnahmen vom 29. März 2000 und 03. Mai 2000 führte Dr. Sch ... aus, der deutliche Unterschied in der Beweglichkeit zwischen der Begutachtung am 05. Juni 1997 und 17. November 1999 entstehe durch den unterschiedlichen Reizzustand der Kniestreckmuskulatur. Entscheidend für die wechselnde Beugehemmung im linken Knie sei bei dem Kläger der Reizzustand der Muskulatur durch die Beeinträchtigung der Narben und die Metallsplitter in der Muskulatur. Dieser sei wiederum stark von der Belastung des linken Beines abhängig. Die X-Bein-Stellung sei nicht Folge der Arthrose, sondern des Schienenbeinkopfbruches. Entscheidend sei, dass durch die Beeinträchtigung der linksseitigen Kniemuskulatur und die Arthrose im Knie das linke Knie in der Belastbarkeit stark eingeschränkt sei. Hinsichtlich des rechten Knies liege beim Kläger kein allgemeines degeneratives Gelenkleiden vor. Die Arthrosen der Hüftgelenke seien keine Altersarthrosen. Im Laufe des Lebens bis zum 76. Lebensjahr habe sich rechtsseitig eine leichte Arthrose entwickelt mit Kragenwulst am Hüftkopf und leichter Gelenkspaltverschmälerung. Diese Beweglichkeit sei kaum eingeschränkt. Links sei es bei der "praearthrotischen Deformität" des Jugendalters geblieben. Dass das Bewegungsausmaß der linken Hüfte geringer als rechts sei, sei Folge der Störung des linken Kniegelenkes einschließlich der geschädigten Muskulatur, die Hüft- und Kniegelenk bewege. Die Bewegungseinschränkung der linken Hüfte sei mit der Beweis, dass die Muskelschädigung am linken Oberschenkel für den Gesamtschaden am linken Bein von großer Bedeutung sei, nicht nur die Arthrose des linken Kniegelenkes. Die starke Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes bei der Begutachtung am 05. Juni 1997 sei als Ausdruck der Schädigung bzw. Reizung der Muskulatur gewürdigt worden, nicht als Folge der Arthrose. Die gewünschte Teil-MdE für die "Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes am 12. November 1999" dürfte für die Gesamtbeurteilung kaum von Bedeutung sein. Die Beeinträchtigung des Musk. quadrizeps, der die Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks und der linken Hüfte wesentlich beeinflusse, würde bei der isolierten Betrachtungsweise der momentanen Beweglichkeit des Kniegelenks keine Würdigung finden. Die Teil-MdE des linken Kniegelenks mit Schädigung des Kniestreckmuskels betrage 10 %.

Der Beklagte ist unter Vorlage verschiedener versorgungsärztlicher Stellungnahmen der Ansicht, die festgestellte Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk sei nicht ursächlich auf die Granatsplitter im Weichteilbereich des linken Beines zurückzuführen. Es sei von einem allgemeinen degenerativen Gelenkleiden auszugehen, welches hinsichtlich des Hüftgelenkes links und der Kniegelenke beidseits sowie des Schultergelenkes links und röntgenologisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen neben einer allgemeinen Osteoporose der Wirbelsäule vorliege. Eine Leidensverschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen bzw. weitere Schädigungsfolgen könnten nicht anerkannt werden. Nach dem Gutachten Prof. Dr. D ... habe sich als rechtswidrig begünstigend die "Bewegungseinschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit links" erwiesen, da diese nachweislich nicht vorliege. Eine Rücknahme komme aber schon aus zeitlichen Gründen nicht in Betracht.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. Mai 1998 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der im Termin nicht anwesende und nicht vertretene Kläger beantragt (sinngemäß),

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, es sei ihm unerklärlich, dass er zu DDR-Zeiten 50 % schwerbeschädigt gewesen sei und jetzt nur noch unter 25 % liegen solle. Er habe 15 Monate im Lazarett gelegen. Dies könne nicht nur wegen einer angeblich "Weichteilverletzung" gewesen sein. Außerdem sei sein linker Arm und sein linkes Bein eingegipst gewesen. Von einem Unfallchirurgen sei ihm bestätigt worden, dass Knochenbrüche oder Knochenverletzungen nach 50 Jahren nicht mehr erkennbar seien. Auch sein linkes Ellenbogengelenk und Handgelenk sei durch Granatsplitter beschädigt worden.

Der Senat hat ferner einen Befundbericht von Dr. Sch ... eingeholt (Befundbericht vom September 2000). Ein weiteres orthopädisches Fachgutachten hat es von Prof. Dr. D ..., Klinik und Poliklinik für Orthopädie des Universitätsklinikums C ... G ... C ... an der Technischen Universität D ..., erstellen lassen. In seinem Gutachten nach Aktenlage vom 26. Februar 2001 stellte er unter anderem fest, die Schädigungsfolgen im Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 1995 seien seines Erachtens richtig und vollständig bezeichnet worden, wobei die Frage offen bleibe, ob nicht auch am rechten Arm oder rechten Bein diskrete Narbenbildungen nachweisbar seien, da entsprechend den Verletzungsunterlagen die oberen und unteren Extremitäten beiderseits betroffen gewesen seien. Durch in die Extremitäten eindringende Splitter wären zunächst einmal möglicherweise direkt knöcherne oder knorpelige Verletzungen an den Gelenken möglich gewesen. Dies hätte jedoch bei verletzenden Geschossanteilen in jedem Fall zu eitrigen Arthritiden geführt und eine eitrige Arthritis hätte entsprechend den damaligen Behandlungsmöglichkeiten ohne Antibiotika zu einer schweren frühen postinflammatorischen Arthrose geführt. Das sei nicht der Fall gewesen, denn 1953 werde bei der Antragstellung auf einen Schwerbeschädigtenausweis ausschließlich auf die Kopfverletzung hingewiesen, zu der von ihm keine Aussage gemacht werden könne. Auch in den Folgejahren werde nie eine Bewegungseinschränkung der Gelenke dokumentiert. Vielmehr sei es erstmals 1988 zu nennenswerten Kniegelenksbeschwerden rechts gekommen, jenem Gelenk also, wo nur ganz diskrete metalldichte Schatten in den Weichteilen nachweisbar seien. Erst durch Dr. J ... sei nunmehr die linksseitige Gonarthrose eindeutig dokumentiert worden. Ohne Zweifel habe 1988 entsprechend den vorliegenden Röntgenaufnahmen beiderseits eine Retropatellaarthrose etwa gleicher Ausprägung bestanden. Es entspreche damit durchaus dem typischen Krankheitsverlauf einer Arthrose, dass trotz gleichseitiger annähernd analoger gradueller Ausprägung zunächst rechts, auf einer Seite also, die klinisch relevante Aktivierung eingetreten sei. Mit der gleichen Begründung sei es auch heute nachvollziehbar, dass nunmehr links stärkere Beschwerden vorlägen, wobei er allerdings ausdrücklich hervorheben möchte, dass die hochgradig eingeschränkte Bewegung des linken Kniegelenkes entsprechend den Röntgenbefunden nicht zwanglos akzeptiert werden könne. Ein sich röntgenologisch im Tibiofemoralbereich unauffällig projezierendes Kniegelenk könne an sich kein derartiges Bewegungsdefizit nach sich ziehen. Eine zweite Möglichkeit einer Bewegungseinschränkung eines Gelenkes durch die im parartikulären Bereich befindlichen Splitter wäre durch Narbenbildung möglich, ebenso durch Adhäsionen zwischen den Muskelschichten oder im kapsulären Bereich. Auch diese Art der Pathogenese sei auszuschließen, da die Narbenbildung nach einigen Wochen bis Monaten, in diesem Fall auf Grund der verzögerten Wundheilung evtl. nach über einem Jahr abgeschlossen sei und dann die Bewegungseinschränkung bereits hätte nachweisbar sein müssen. Es sei auszuschließen, dass die multiplen in den Weichteilen liegenden Splitter für die Pathogenese der Bewegungseinschränkungen und auch für die Pathogenese der Arthrose Bedeutung hätten. Eine analoge Aussage sei zur Bewegungseinschränkung am linken Ellenbogengelenk zu machen. Auch diese sei nie dokumentiert worden. Es sei bemerkenswert, dass die Armgelenke links allesamt von einer Arthrose betroffen seien. Ein derartiges Verteilungsmuster spreche entweder für eine berufliche Induktion, die aber entsprechend der Berufsanamnese des Klägers ausgeschlossen werden könne, oder aber für eine genuine schicksalhafte Entstehungsweise. Keinesfalls seien auch hier die in den Weichteilen liegenden Metallsplitter verantwortlich zu machen. Inwieweit die distale Radiusfraktur, die in französischer Kriegsgefangenschaft erlitten worden sei, eine Bedeutung für die Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes gewonnen habe, könne nicht mit Sicherheit ausgesagt werden. In jedem Fall stehe fest, dass keine bedeutsame Achsabweichung aus der Fraktur resultiere. Im Bereiche des Handgelenkes sei als Normvariante aber schadensfolgenunabhängig eine Minusvariante der Ulna festzustellen. Dies führe zu einer relativen Überbelastung des Radiocarpalbereiches des Handgelenkes und sei möglicherweise eine Erklärung für die Handgelenksbewegungseinschränkung links. Bemerkenswert auch für die Bewegungseinschränkung an den linken oberen Extremitäten sei jedoch, dass jahrezehntelang trotz Untersuchungen durch Chirurgen, Orthopäden und Ärzten, Bewegungseinschränkung an den Armgelenken festgestellt worden sei, so dass jede zeitliche Brückensymptomatik negiert werden könne. Der Argumentation im Gutachten Dr. J ... könne nicht gefolgt werden. Ein Beleg dafür sei u.a. auch, wie zuerst 1988 chirurgisch dokumentiert worden sei, die am rechten Kniegelenk aufgetretene Schmerzsymptomatik. Er bezweifele außerdem entsprechend den vorliegenden Röntgenbildern von 1987 aus der Praxis Dr. J ..., dass am linken Kniegelenk tatsächlich eine derartig gravierende Bewegungseinschränkung vorliege. Die Granatsplitterverletzung habe zu multiplen Narben im Ellenbogen-, Hand-, Hüft-, Oberschenkel- und Kniebereich geführt, wobei multiple punktuelle bis ovaläre Splitter noch in den Weichteilen lägen. Weitere Gesundheitsstörungen resultierten jedoch daraus nicht. Bei den beschriebenen Bewegungseinschränkungen bzw. Arthrosen handele es sich um schicksalhafte Erkrankungsprozesse, die, wie am Kniegelenk, auch im Laufe der Erkrankung sich eindeutig als doppelseitig erwiesen hätten bzw. im Bereich der Ellenbogen- und Handgelenke sich auf mutiple Gelenke erstreckten. Es handele sich eindeutig um altersbedingte und degenerative Veränderungen, die erstmals am rechten Kniegelenk 1988 klinische Relevanz gewonnen hätten. Zu jenem Zeitpunkt sei der Kläger bereits 69 Jahre alt gewesen. Eine besondere berufliche Betroffenheit sei nicht feststellbar, da auch anlässlich des Antrags auf den Schwerbeschädigtenausweis vom 17. Oktober 1953 bei der Beurteilung von Kriegsverletzungen ausschließlich ein Hinweis auf eine Kopfverletzung zu finden sei und auch in den Folgejahrzehnten keine Störungen an den Extremitäten durch Orthopäden und Chirurgen festgestellt worden seien. Die MdE durch die Schädigungsfolgen liege unter 10 v. H. Mit seinen Feststellungen entspreche er im Wesentlichen den versorgungsärztlichen Diagnosen und Bewertungen. Es bestehe jedoch entgegen dem Änderungsbescheid vom 02. Januar 1996 keine Einschränkung der Unterarmdrehung links trotz der im proximalen und distalen Radioulnargelenk bestehenden Arthrose. Völlig unverständlich sei die Argumentation von Dr. Sch ... in seinem Gutachten. Eindeutig gehe aus den chirurgischen Unterlagen hervor, dass der Kläger 1988 wegen der Arthrose des rechten Kniegelenkes in Behandlung gewesen sei und nicht wegen einer Arthrose des linken Kniegelenkes, wenngleich 1988 röntgenologisch beide Kniegelenke identische Patellofemoralarthrosen aufwiesen, was gerade belege, dass die in den parartikulären Weichteilen liegenden Splitter keine Bedeutung für die Pathogenese der Arthrose gehabt hätten. Ebenso könne Dr. Sch ... nicht zugestimmt werden, dass die Schultergelenkserkrankung rechts hätte auftreten müssen, da dort die Belastung am größten gewesen sei. Aus der Ambulanzdokumentation des Krankenhauses G ... gehe hervor, dass der Kläger dort bereits im März 1985 wegen einer Periarthritis der rechten Schulter in Behandlung gewesen sei, was letztendlich Beleg dafür sei, dass eben ein genuines schicksalhaftes Leiden vorliege, welches sowohl von Splitterverletzungen betroffene Extremitäten wie auch von diesen nicht betroffene Anteile befalle. Die von Dr. Sch ... festgestellte Hüftgelenksarthrose rechts stärker als links sei ein weiterer Hinweis für den idiopathischen Charakter des Leidens, denn hier sei nun die Arthrose wiederum auf der Seite stärker, auf der keinerlei Metallsplitter vorlägen. Von einer Narbenreizung des Nervus ulnaris am linken Ellenbogengelenk könne nicht ausgegangen werden, da noch anlässlich der Begutachtung durch Dr. J ... 1997 keine neurologischen Störungen bestanden hätten. Der von Dr. Sch ... beschriebene unterschiedliche Reizzustand der Kniestreckmuskukatur sei zu negieren. Es handele sich vielmehr um einen unterschiedlichen Reizzustand bei variabel jeweils aktivierter Gonarthrose, was sich schon 1988 eindrucksvoll dargestellt habe, indem seinerzeit bei seitengleicher Retropatellararthrose rechts die Aktivierung manifestiert worden sei. Bei der Gesamtbeurteilung sei unbedingt von den zeitlichen Zusammenhängen auszugehen und insbesondere auch davon, dass Gelenke, völlig unabhängig davon, ob parartikuläre Metallsplitter vorlägen oder nicht, von Arthroseprozessen betroffen seien. Bei dem Kläger liege ein polyarthrotisches Krankheitsbild vor, welches sich mit fortschreitendem Alter schicksalhaft entwickelt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakten der Beklagten (B-Akte und Schwerbehindertenakte), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Klägers verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1; § 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG den Bescheid vom 11. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 1996 abgeändert und den Beklagten verurteilt, als weitere Schädigungsfolgen nach dem BVG eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes und des linken Kniegelenkes festzustellen und dem Kläger eine Beschädigtenversorgung nach dem BVG nach einer MdE von 30 v. H. zu gewähren. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer "Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes und des linken Kniegelenkes" als weitere Schädigungsfolge nach dem BVG und auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach einer MdE von 30 v. H. Der Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 1996 ist rechtmäßig.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein, ob bei dem Kläger als Schädigungsfolgen "eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes und des linken Kniegelenkes" festzustellen sind und ob dem Kläger auf Grund der anerkannten Schädigungsfolgen eine Beschädigtenversorgung nach dem BVG nach einer MdE von 30 v. H. zu gewähren ist, nicht jedoch, ob die MdE wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG höher zu bewerten ist, da allein der Beklagte Berufung eingelegt hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 BVG erhält derjenige, der durch militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, auf Antrag wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung Versorgung. Während die wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse (1. Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette), die gesundheitliche Schädigung (2. Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette) und die anzuerkennde Gesundheitsstörung (3. Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette) jeweils mindestens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Strengbeweis) feststehen müssen, genügt für die ursächliche Verknüpfung zwischen der gesundheitlichen Schädigung und der Gesundheitsstörung (vgl. 2. und 3. Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette) gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG die bloße Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wahrscheinlich ist ein Ursachenzusammenhang dann, wenn mehr für als gegen ihn spricht. Der ursächliche Zusammenhang ist nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Ist eine Schädigung nicht erwiesen bzw. glaubhaft gemacht oder ein ursächlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast - danach sind die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache von demjenigen zu tragen, dem diese Tatsache günstig wäre - zu Lasten des Klägers.

Die beim Kläger diagnostizierten Bewegungseinschränkungen des linken Handgelenkes und des linken Kniegelenkes sind nicht durch den Wehrdienst verursacht worden. Vielmehr sind diese wehrdienstunabhängig entstanden. Der vom Gericht bestellte Gutachter Prof. Dr. D ... hat in seinem Gutachten vom 26. Februar 2001 ausgeführt, es sei festzustellen, dass Arthrosen in sämtlichen dargestellten Gelenkanteilen vorhanden seien, also im linken Ellenbogengelenk einschließlich des proximalen Radioulnargelenkes, im distalen Radioulnargelenk und möglicherweise angedeutet im Radiocarpalgelenk links. Bemerkenswert sei, dass die Umfangsmaße für die oberen Extremitäten fast seitengleich seien. Lediglich der linke Ellenbogen sei 1 cm und das linke Handgelenk 0,5 cm umfangsvermehrt. Dies sei ggf. Ausdruck der aktivierten Arthrose. Für die Kniegelenke werde eine bemerkenswerte Seitendifferenz der Beweglichkeit festgestellt mit Beugung/Streckung rechts 120/5/0° und links 40/5/0°. Rechts und links werde eine leichte Lockerung des medialen Kapselbandapparates dokumentiert. Festzustellen sei, dass die Retropatellaarthrose gegenüber den Röntgenaufnahmen von 1988 nicht zugenommen habe. Es besteht lediglich eine etwas wellige Rückfläche der Patella mit leichten Ausziehungen der Gelenkumschlagkanten. Der Retropallaraum lasse sich auf der etwas verdrillten Aufnahme gar nicht exakt beurteilen. Der tibiofemorale Gelenkspalt erscheine völlig regelrecht weit. Es fänden sich keine Ausziehungen an den Gelenkumschlagkanten von Femur und Tibiakondylen, so dass die erheblich beschriebene Bewegungseinschränkung an Hand des Röntgenbildes nicht nachvollziehbar sei. Die dargestellten metalldichten Schatten könnten durch die Darstellung in zwei Ebenen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit extraartikulär lokalisiert werden. Durch in die Extremitäten eindringende Splitter wären zunächst möglicherweise direkte knöcherne oder knorpelige Verletzungen an den Gelenken möglich gewesen. Dies hätte jedoch bei verletzenden Geschossanteilen in jedem Falle zu eitrigen Arthritiden geführt und eine eitrige Arthritis hätte entsprechend den damaligen Behandlungsmöglichkeiten ohne Antibiotika zu einer schweren frühen postinflammatorischen Arthrose geführt. Dies sei nicht der Fall gewesen, denn noch 1953 sei bei der Antragstellung auf einen Schwerbeschädigtenausweis ausschließlich auf die Kopfverletzung hingewiesen worden, zu der von ihm keine Aussage gemacht werden könne. Auch in den Folgejahren werde nie eine Bewegungseinschränkung der Gelenke dokumentiert. Vielmehr sei es erstmals 1988 zu nennenswerten Kniegelenksbeschwerden rechts gekommen, jenem Gelenk also, wo nur ganz diskrete metalldichte Schatten in den Weichteilen nachweisbar seien. Ohne Zweifel habe 1988 entsprechend den vorliegenden Röntgenaufnahmen beiderseits eine Retropatellararthrose etwa gleicher Ausprägung bestanden. Es entspreche damit durchaus dem typischen Krankheitsverlauf einer Arthrose, dass trotz gleichseitiger, annähernd analoger gradueller Ausprägung zunächst rechts, auf einer Seite also, die klinisch relevante Aktivierung eingetreten sei. Mit der gleichen Begründung sei auch heute nachvollziehbar, dass nunmehr links stärkere Beschwerden vorlägen. Dabei sei jedoch ausdrücklich hervorzuheben, dass die hochgradige eingeschränkte Beweglichkeit des linken Kniegelenkes, wie im Gutachten von Dr. J ... dokumentiert, entsprechend den Röntgenbefunden nicht zwanglos akzeptiert werden könne. Ein sich röntgenologisch im Tibiofemoralbereich unauffällig projezierendes Kniegelenk könne an sich kein derartiges Bewegungsdefizit nach sich ziehen. Eine zweite Möglichkeit einer Bewegungseinschränkung eines Gelenkes durch im parartikulären Bereich befindliche Splitter wäre durch Narbenbildung möglich gewesen, ebenso durch Adhäsionen zwischen den Muskelschichten oder im kapsulären Bereich. Auch diese Art der Pathogenese sei auszuschließen, da die Narbenbildung nach einigen Wochen bis Monaten, in diesem Falle auf Grund der verzögerten Wundheilung eventuell nach über einem Jahr abgeschlossen sei und dann die Bewegungseinschränkung bereits hätte nachweisbar sein müssen. Es sei auszuschließen, dass die multiplen in den Weichteilen liegenden Splitter für die Pathogenese der Bewegungseinschränkungen und auch für die Pathogenese der Arthrose Bedeutung hätten. Eine analoge Aussage sei zur Bewegungseinschränkung am linken Ellenbogengelenk zu machen. Auch diese sei nie dokumentiert worden. Es sei bemerkenswert, das die Armgelenke links allesamt von einer Arthrose betroffen seien. Ein derartiges Verteilungsmuster spreche entweder für eine berufliche Induktion, die aber entsprechend der Berufsanamnese des Klägers ausgeschlossen werden könne, oder aber für eine genuine schicksalhafte Entstehungsweise. Keinesfalls seien auch hier die in den Weichteilen liegenden Metallsplitter verantwortlich zu machen. Inwieweit die distale Radiusfraktur, die in französischer Gefangenschaft erlitten worden sei, eine Bedeutung für die Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes gewonnen habe, könne nicht mit Sicherheit ausgesagt werden. In jedem Fall stehe fest, dass keine bedeutsame Achsabweichung aus der Fraktur resultiere. Im Bereich des Handgelenkes sei als Normvariante aber schadensfolgenunabhängig eine Minusvariante der Ulna festzustellen. Dies führe zu einer relativen Überbelastung des Radiocarpalbereiches des Handgelenkes und sei möglicherweise eine Erklärung für die Handgelenksbewegungseinschränkung links. Bemerkenswert auch für die Bewegungseinschränkung an den linken oberen Extremitäten sei jedoch, dass jahrzehntelang trotz Untersuchungen durch Chirurgen, Orthopäden und Ärzte, die im Behinderungssozialrecht tätig seien, keine Bewegungseinschränkungen an den Armgelenken festgestellt worden sei, so dass jede zeitliche Brückensymptomatik negiert werden könne.

Der Senat schließt sich den gutachterlichen Ausführungen an. Das Gutachten ist in der Erhebung der Befunde, in der würdigenden Bewertung der Vorgeschichte und der bereits erhobenen Befunde, sowie in der Beantwortung der Beweisfragen sachkundig erstellt, nachvollziehbar und im Ganzen schlüssig.

Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die beim Kläger vorliegenden Bewegungseinschränkungen des linken Handgelenkes und des linken Kniegelenkes nicht auf die in den Weichteilen lokalisierten Splitter zurückzuführen sind. Nicht gefolgt ist der Senat den Ausführungen im Gutachten Dr. J ... vom 05. Juni 1997 sowie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. September 1997. Dieser misst in seinem Gutachten den in den Weichteilen lokalisierten Splittern die Bedeutung eines negativen richtungsgebenden Faktors bei und folgert daraus, dass deswegen am linken Knie verstärkt Beschwerden eingetreten seien. Aus den vom Gesundheitsamt der Stadtverwaltung G ... übersandten Krankenunterlagen lässt sich unter dem 16. Februar 1988 eine Vorstellung des Klägers bei Chefarzt Dr. Sch ... entnehmen. Dabei wurde ein Kniegelenkserguss bei Praearthrose diagnostiziert. Der Gutachter Prof. Dr. D ... hat nachvollziehbar dargestellt, dass aus den am 16. Februar 1988 gemachten Röntgenaufnahmen beider Kniegelenke eindeutig zu jener Zeit eine seitengleiche Patellofemoralarthrose festgestellt werden könne, wobei links multiple Splitter, rechts dagegen ganz diskrete punktuelle Splitter im medialen Gelenkanteil zu belegen seien. Dem Krankenblatt der Chirurgischen Abteilung werde zwar ausdrücklich auf eine nur rechtsseitige Arthrose hingewiesen, dem könne jedoch nicht zugestimmt werden. Röntgenologisch sei 1988 die Retropatellararthrose seitengleich gewesen; offenbar sei aber das klinische Krankheitsbild nur rechtsseitig relevant gewesen. Hinsichtlich der möglichen Pathogenese von Bewegungseinschränkungen nach Splitterverletzung wird auf o.a. Ausführungen verwiesen. Ebenso wenig ist der Senat den Ausführungen im hausärztlichen Gutachten Dr. Sch ... vom 11. Oktober 1994 gefolgt. Eine Begründung, aus welchen Gründen die von ihm diagnostizierte sekundäre Coxarthrose links größer als rechts als "bei Zustand nach Granatsplitterverletzung im Kriege" und die Funktionseinschränkung vor allem im linken Ellenbogen-, Hand- und Hüftbereich auf multiple Granatsplitterverletzungen der linken Körperseite zurückführt, wird nicht angegeben.

Ebenso wenig gefolgt ist der Senat den Ausführungen im Gutachten Dr. Sch ... vom 17. November 1999 sowie seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 29. März und 03. Mai 2000. Dieser hat ausgeführt, die Arthrose im linken Kniegelenk sei bereits 1988 nachweisbar gewesen, rechts noch nicht. Rechts habe 1988 eine akute Kniegelenksentzündung bestanden, die später zur Arthrose geführt habe. Die Arthrose des linken Kniegelenkes sei wiederum 1997 röntgenologisch nicht so ausgeprägt gewesen, dass sie allein für die starke Bewegungseinschränkung verantwortlich sei. Die Arthrose des rechten Kniegelenkes habe sich erst nach dieser akuten Erkrankung 1988 entwickelt. Damit sei belegt, dass die Arthrose des linken Kniegelenkes früher entstanden sei, bedingt durch die muskuläre Fehlfunktion durch Splitter im Streckmuskel und schmerzhafte Narbenverziehung am Streckmuskel. Die Ursachen der Bewegungseinschränkungen seien damit eindeutig als Folge der Schädigung belegt.

Diesen Angaben kann der Senat nicht folgen, da der Kläger 1988 wegen der Arthrose des rechten Kniegelenkes in Behandlung war und nicht wegen einer Arthrose des linken Kniegelenkes, zumal 1988 röntgenologisch beide Kniegelenke identische Patellofemoralarthrosen aufwiesen. Das belegt, dass die in den parartikulären Weichteilen liegenden Splitter keine Bedeutung für die Pathogenese der Arthrose gehabt haben. Zu berücksichtigen war auch, dass der Kläger bereits im März 1985 wegen einer Periarthritis der rechten Schulter im Krankenhaus G ... in Behandlung war. Dies spricht ebenfalls dafür, dass die sowohl von den Splitterverletzungen betroffenen Extremitäten als auch von diesen nicht betroffene Anteile auf Grund eines schicksalhaften Leidens befallen sind. Auch die von Dr. Sch ... festgestellte Hüftgelenksarthrose rechts stärker als links ist ein weiterer Hinweis für den schicksalhaften Charakter des Leidens. Auch hier ist die Arthrose auf der Seite stärker, auf die keinerlei Splittereinwirkung stattgefunden hat. Insgesamt liegt bei dem Kläger ein polyarthrotisches Krankheitsbild vor, das sich mit fortschreitendem Alter schicksalshaft entwickelt hat. Aus den vorliegenden Akten ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das polyarthrotische Krankheitsbild bereits vor der Granatsplittereinwirkung bestanden hat, insoweit ist auch eine Verschlimmerung nicht feststellbar. Die Gründe für die lange Verweildauer des Klägers im Lazarett lassen sich heute nicht mehr nachvollziehen. Dies ist möglicherweise der Dauer des Heilungsprozesses auf Grund der multiplen Splitterverletzungen zu schulden oder auch dem vom Kläger anlässlich einer Behandlung in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses G ... am 24. Oktober 1952 angegebenen Oberschenkelschussbruch links 1943.

Die von dem Beklagten im Bescheid vom 11. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 1995 festgestellten Schädigungsfolgen: "Bewegungseinschränkung von Ellenbogengelenk links und Unterarmdrehbeweglichkeit links; mehrere Weichteilstecksplitter im Hüftbereich links, im Oberschenkel und Unterschenkel links und linken Ober- und Unterarm; mehrere Narben im linken Ellenbogenbereich, im linken Handgelenkbereich und linken Hüft- und Oberschenkelbereich nach Granatsplitterverletzung" bedingen keine MdE in rentenberechtigendem Umfang von wenigstens 25 bzw. 30 v. H.

Gemäß § 31 Abs. 1 und 2 BVG erhalten Beschädigte eine monatliche Grundrente, wenn sie in ihrer Erwerbsfähigkeit durch die Schädigungsfolgen mindestens um 25 v. H. gemindert sind; im Übrigen bestimmt sich die Höhe der Beschädigtenversorgung nach der festgestellten MdE. Die MdE ist nach der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Dabei sind seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen. Es kommt im Ganzen darauf an, um wie viel die Befähigung zu einer üblichen, auf Erwerb gerichteten Arbeit und deren Ausnutzung im wirtschaftlichen Leben durch die als Folge einer Schädigung anerkannten Gesundheitsstörungen beeinträchtigt ist.

Grundlage für die Feststellung, in welcher Höhe eine MdE für eine Schädigungsfolge vorliegt, bilden die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996" (Anhaltspunkte - AHP) (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1996, Az.: 9 RV 70/95). Die Rechtsprechung der Sozialgerichte erkennt die Anhaltspunkte umfassend in Form der antizipierten Sachverständigengutachten als eine der Entscheidungsfindung dienende Grundlage der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Bemessung sowohl des Umfangs als auch der Schwere einer Gesundheitsstörung an. In den Anhaltspunkten ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen jeweils aktualisiert wiedergegeben und ermöglicht auf diese Weise eine nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Rechtsprechung sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigung, die dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz genügt.

Dabei umschreibt der Begriff der MdE nicht einen medizinischen, sondern einen rechtlichen Begriff; seine Festlegung ist daher nicht Aufgabe von Sachverständigen. Sie beruht auch nicht auf medizinischen Erfahrungen, sondern auf einer rechtlichen Wertung von Tatsachen, die allerdings mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Bei der danach der Feststellung der medizinischen Tatsachen nachfolgenden rechtlichen Schlussfolgerung bilden zwar die Auffassungen der Sachverständigen wertvolle Fingerzeige; doch ist stets zu beachten, dass es sich dabei nicht um die Erörterung medizinischer, sondern um eine solche rechtlicher Begriffe handelt, welche im Streitfall den Gerichten obliegt (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 1990, Az.: 9a/9 RVs 7/89 = SozR 3-3870 § 4 Nr. 1 zur vergleichbaren Situation bei der Feststellung des GdB nach dem SchwbG).

Für die festgestellte Schädigungsfolge "mehrere Weichteilstecksplitter im Hüftbereich links, Oberschenkel und Unterschenkel links und linken Ober- und Unterarm" ergibt sich keine MdE. Fremdkörper beeinträchtigen die Funktion nicht, wenn sie im Muskel oder Knochen reaktionslos eingeheilt sind und durch ihre Lage keinen ungünstigen Einfluss auf Gelenke, Nerven oder Gefäße ausüben (AHP Nr. 26.18, S. 135). Ebenso wenig ergibt sich ein MdE-Grad für die Schädigungsfolge "mehrere Narben im linken Ellenbogenbereich, im linken Handgelenkbereich und im linken Hüft- und Oberschenkelbereich nach Granatsplitterverletzung". Narben können nach Ausdehnung, Beschaffenheit (z.B. Verhärtung, Verdünnung, Narbenzüge), Sitz oder Einwirkung auf ihre Umgebung zu Störungen führen. Bei flächenhaften Narben nach Verbrennung, Verätzung u.ä. muss außerdem die Beeinträchtigung der Haut als Schutz-, Ausscheidungs- und Sinnesorgan berücksichtigt werden. Diese Störungen bestimmen die Höhe des MdE-Grades (AHP Nr. 26.17, S. 128). Zutreffend hat das SG dazu ausgeführt, die festgestellten Narben beinhalteten im Übrigen keine weiteren Störungen, die mit einem MdE-Grad zu versorgen wären.

Für die anerkannte Schädigungsfolge "Bewegungseinschränkung von Ellenbogengelenk links und Unterarmdrehbeweglichkeit links" ist allenfalls eine MdE von 10 festzustellen. In seinem Gutachten vom 17. November 1999 hat Dr. Sch ... folgende Werte festgestellt: Beweglichkeit 0/50/110 (normal: 0 bzw. 10/0/150), Pro-Supination 80/0/70 (normal: 80 bis 90/0/80 bis 90). Bei einer Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk geringen Grades (Streckung/Beugung bis 0-30-120 bei freier Unterarmdrehbeweglichkeit) sehen die AHP einen MdE-Grad von 0 bis 10 vor, für eine Bewegungseinschränkung stärkeren Grades (insbesondere der Beugung einschließlich Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit) einen MdE-Grad von 20 bis 30. Hier handelt es sich jedoch noch um eine Bewegungseinschränkung geringen Grades, wobei die Unterarmdrehbeweglichkeit nur ganz dezent endgradig eingeschränkt ist.

Die beim Kläger anerkannten Schädigungsfolgen sind daher insgesamt mit einer MdE von 10 zu bemessen. Die für die Gewährung einer Grundrente nach dem BVG erforderliche MdE von 25 v. H. wird nicht erreicht. Wie o.a. ausgeführt, war nicht streitgegenständlich, ob die MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG höher zu bewerten war, wobei der Grad der MdE dabei allgemein um 10 v. H., nur in Ausnahmefällen um 20 v. H. zu erhöhen ist (Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer, Soziales Entschädigungsrecht - Kommentar, 7. Aufl., § 30 BVG Rn. 33) und die Erhöhung der MdE um mehr als 10 v. H. nur gerechtfertigt ist, wenn die berufliche Schädigung außergewöhnlich groß ist (vgl. Wilke a. a. O.).

Nach alledem hatte die Berufung Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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