L 3 AL 51/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 17 AL 79/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 51/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 11. Februar 2000 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 09.09.1998 und vom 05.01.1999 verurteilt, dem Kläger Konkursausfallgeld für den Zeitraum vom 01.11.1997 bis 15.01.1998 unter Anrechnung der bereits bewilligten Leistung zu gewähren. II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Verfahrensinstanzen zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden Anspruchs auf Konkursausfallgeld (Kaug). In diesem Zusammenhang ist insbesondere die zeitliche Lage des Kaug-Zeitraumes sowie die offensichtliche Zahlungsunfähigkeit streitig.

Der am ... geborene Kläger stellte am 19.01.1998 - zunächst formlos - zur Wahrung der Antragsfrist Antrag auf Kaug. (Der formularmäßige Antrag ging erst im Mai 1998 bei der Beklagten ein.) Die Betriebstätigkeit seiner Arbeitgeberin, der Bau- und Handelsgesellschaft mbH, sei am 15.01.1998 eingestellt worden. Er habe bei dieser seit Oktober 1996 als Maurer und Vorarbeiter gearbeitet. Sein letzter tatsächlicher Arbeitstag war der 15.01.1998. Eine Kündigung war zu diesem Zeitpunkt - weder durch den Kläger noch die Arbeitgeberin - erfolgt. Zu seinem Kaug-Antrag teilte der Kläger folgenden ausstehenden Lohn mit:

- November 1997: 3.572,23 DM brutto, 2.181,79 DM netto; - Dezember 1997: 4.378,99 DM brutto, 2.676,39 DM netto; - Januar 1998 (vom 05.01. bis 15.01.98): 1.960,50 DN brutto (Für letzten Betrag konnte keine Lohnabrechnung mehr vorgelegt und daher auch kein Netto-Betrag genannt werden)

Zur Vorlage der Verdienstbescheinigung versuchte die Beklagte den ehemaligen alleinigen Geschäftsführer G. Sch ... mehrfach zu erreichen. Hierauf teilte dieser telefonisch mit, es sei ihm nicht möglich, eine Verdienstbescheinigung zu erstellen. Das Steuerbüro habe für ausstehende Monate keinen Lohn berechnet, da eine Bezahlung nicht möglich sei. Für sechs Arbeitnehmer sei teilweise im Oktober noch Lohn gezahlt worden. Auch im Januar hätten noch Arbeitnehmer gearbeitet.

Wegen des ausstehenden Lohnes erhob der Kläger am 20.01.1998 Klage zum Arbeitsgericht Bautzen. Hierbei machte er zunächst auch noch den Bruttolohn für Oktober 1997 in Höhe von 4.173,69 DM geltend. Auf Grund späterer Erfüllung reduzierte der Kläger insoweit im Verhandlungstermin vom 17.02.1998 den eingeklagten Gesamtbetrag. Durch Versäumnisurteil vom 17.02.1998 wurde hierauf die Bau- und Handelsgesellschaft mbH zur Zahlung von Arbeitsentgelt in Höhe von 7.951,22 DM brutto für die Zeit vom 01.11. bis zum 31.12.1997 verurteilt.

Am 29.01.1998 beantragte die AOK Sachsen beim Amtsgericht Cottbus die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der B ...- und H ... mbH/D ... (ehemals G ... - durch Gesellschafterversammlungsbeschluss vom 05.05.1997 war der Sitz nach D ... verlegt worden). Laut Handelsregisterauszug handelte es sich bei dieser Firma um ein Baugeschäft, welches zudem Handel mit Baustoffen aller Art sowie Handeln mit Konsumgütern betrieb. Im Mai 1997 übernahm G ... Sch ... (G. Sch.) die Geschäftsführung, weil diese dem alleinigen Gesellschafter, U ... B ... (U. B.), krankheitsbedingt nicht mehr möglich gewesen sei. Am 18.02.1998 beantragte G. Sch. ebenfalls die Eröffnung der Gesamtvollstreckung wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gesellschaft. Durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus zum 27.03.1998 wurde der Antrag mangels ausreichender Vermögensmasse abgewiesen. Im Fragebogen zum Gesamtvollstreckungsverfahren gab G. Sch. am 17.02.1998 an, der Geschäftsbetrieb sei seit dem 10.02.1998 eingestellt.

Am 16.01.1998 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Dieses bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 11.03.1998 in Höhe von wöchentlich 334,74 DM. Zum 16.02.1998 meldete sich der Kläger in eine selbstständige Tätigkeit ab. Es handelte sich um eine Maurer- und Putzarbeitenfirma, die M ... und B ... GbR. (Entsprechend seiner Abmeldung stellte die Beklagte die Zahlung des Alg ein.)

Mangels einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses legte die Beklagte die Zeit vom 27.12.1997 bis zum 26.03.1998 als Kaug-Zeitraum zu Grunde. Hieraus errechneten sich folgende Arbeitsentgeltansprüche: - Dezember 1997 5 Tage 516,00 DM brutto/361,53 DM netto; - Januar 1998 3.515,25 DM brutto/2.185,01 DM netto; - Februar 1998 3.225,00 DM brutto/2.048,92 DM netto; - März 1998 2.118,75 DM brutto/1.614,27 DM netto. Hierauf sei das gezahlte Alg in Höhe von 1.482,42 DM sowie das Einkommen aus dem neuen, selbstständigen Beschäftigungsverhältnis ab dem 16.02.1998 i.H.v. 2.730,00 DM anzurechnen. Es verbliebe damit ein Auszahlungsbetrag in Höhe von 2.273,99 DM.

Durch Bescheid vom 09.09.1998 bewilligte die Beklagte schließlich diesen Kaug-Betrag. Für die Zeit vom 01.11. bis zum 26.12.1997 bestehe kein Anspruch auf Kaug, da das Arbeitsverhältnis am Insolvenztag, dem 27.03.1998, nicht beendet gewesen sei.

Dem widersprach der Kläger am 05.10.1998. Die Berechnung des Kaug-Zeitraumes sei nicht zutreffend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.01.1999 wies die Beklagte diesen Widerspruch als unbegründet zurück. Entgegen der Angabe im Antrag des Klägers sei die Betriebstätigkeit nicht bereits zum 15.01.1998 beendet gewesen, denn im Februar 1998 seien noch Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Zudem sei auch das Arbeitsverhältnis des Klägers - weder durch Kündigung des Klägers noch durch Kündigung des Arbeitgebers - nicht 15.01.1998 beendet worden. Maßgeblicher Insolvenztag sei mithin der 27.03.1998, weil an diesem Tag der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei. Denn der diesbezügliche Antrag sei bereits am 29.01.1998, also vor Einstellung der Betriebstätigkeit, gestellt worden.

Hiergegen hat sich der Kläger am 03.02.1999 an das Sozialgericht Dresden gewandt. Da die Arbeitsstelle zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr existiert habe, habe auch das Arbeitsverhältnis geendet. Bereits im Januar 1998 sei der Zutritt zum Büro in G ... nicht mehr möglich gewesen, da die Büroräume mit anderen Schlössern versehen worden seien. Entsprechend habe er seinen rückständigen Lohn für die Zeit vom 01.11. bis zum 31.12.1997 beim Arbeitsgericht eingeklagt.

Demgegenüber hat die Beklagte ausgeführt, bei der Kündigungserklärung handele es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine solche sei dem Arbeitgeber jedoch nicht zugegangen.

In einer schriftlichen Erklärung vom 20.03.1999 vertrat G. Sch. hierzu die Auffassung, die Geschäftstätigkeit sei erst mit seinem Antrag auf Gesamtvollstreckung am 18.02.1998 vollständig beendet worden. Die letzte Lohnzahlung sei am 21.01.1998 – per Scheck - für den Monat Oktober 1997 an die im Dezember 1997 noch nicht gekündigten Arbeitnehmer erfolgt. Auf der Baustelle J ... seien hierzu die Arbeitnehmer B ..., M ..., B ..., T ... und der Kläger anwesend gewesen.

Hierauf hat der Kläger entgegnet, sein letzter Arbeitstag sei der "16.01.1998" gewesen und den letzten Scheck habe er bereits am 22.12.1997 erhalten. Ab Mitte Januar 1998 habe niemand mehr in dem Betrieb gearbeitet.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 15.10.1999 hat der Kläger angegeben, er habe zuletzt - zusammen mit dem Kollegen M ... - auf der Baustelle in J ... gearbeitet. Dieser sei zum Schluss jedoch "krankgeschrieben" gewesen. Am 15.01.1998 sei er in Görlitz zu dem Geschäftsbüro gegangen, da er seit geraumer Zeit keinen Lohn mehr erhalten habe. Dort habe er jedoch niemand angetroffen. Von Herrn N ..., dem Vermieter sei ihm gesagt worden, dass ein Kopierer herausgeholt worden sei und ansonsten niemand mehr da sei. Den Geschäftsführer G. Sch. habe er kurz vor Weihnachten 1997 zum letzten Mal gesehen. In dieser Verhandlung ist ebenfalls der Zeuge F ... T ... (F. T.) vernommen worden. Er hat hierbei angegeben, Anfang 1998 habe er wegen Arbeitsmangels Urlaub gehabt. Am 13. oder 14. Januar sei er auf eine Baustelle gerufen worden, an der allerdings nicht mehr gearbeitet worden sei. Es sei vielmehr um eine Mängelbeseitigung gegangen. Am 14.01.1998 habe dann in den Geschäftsräumen der Bau- und Handelsgesellschaft mbH in G ... eine Sitzung stattgefunden. Dies sei auch die letzte amtliche Handlung gewesen, die er mitbekommen habe. Hierbei seien G. Sch. und noch andere Mitarbeiter anwesend gewesen. Der Geschäftsführer G. Sch. habe in diesem Zusammenhang ungefähr erklärt, dass kein Geld mehr da sei und es keine Arbeit mehr gebe. Nach dem 10.12.1997, seinem letzten Tag auf der Baustelle in J ..., habe er noch vier Tage Resturlaub genommen. Die von G. Sch. angegebene Scheckübergabe am 21.01.1998 auf der Baustelle in J ... entspräche nicht den Tatsachen, da er dort zuletzt im Januar 1998 keinesfalls mehr gewesen sei.

In einem weiteren Verhandlungstag am 11.02.2000 hat das SG den ehemaligen Geschäftsführer, G. Sch., als Zeuge vernommen. Dieser hat hierbei angegeben, ein großer Teil der Beschäftigten sei zum 12.12.1997 entlassen worden. Lediglich mit fünf Leuten "sei er in den Januar 1998 gegangen". Auf der Baustelle in Johnsdorf sei noch am 21. Januar 1998 gearbeitet worden. Es seien die Arbeitnehmer M ..., B ..., B ... sowie der Kläger anwesend gewesen. Am 04. oder 06.02.1998 sei es zu einer Gesellschafterversammlung wegen der Außenstände gekommen. Hierbei habe sich der Hauptgesellschafter geweigert, weitere Finanzmittel nachzuschießen. Von diesem Zeitpunkt an sei klar gewesen, dass die Gesellschaft nicht mehr fortgeführt werden könne. Nach dem 21.01.1998 sei auf den Baustellen nicht mehr gearbeitet worden. Das Büro in Görlitz sei ab Februar 1998 nicht mehr besetzt gewesen. Es sei jedoch vorgesehen gewesen, dieses nach D ... zu verlagern. Hierfür seien bereits Räume angemietet worden. Aber von dort aus sei keine Aquisitions- bzw. Geschäftstätigkeit mehr entwickelt worden. Im Januar 1998 seien noch Aufträge (Bauvorhaben) in G ..., in J ... sowie die "Körnerstraße 1 und 2" vorhanden gewesen.

Durch Urteil vom 11.02.2000 hat das Sozialgericht Dresden (SG) die Klage abgewiesen. Maßgebendes Insolvenzereignis sei vorliegend die Ablehnung der Eröffnung der Gesamtvollstreckung mangels Masse gemäß § 141b Abs. 3 Nr. 1 AFG durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 27.03.1998. Die Einstellung der Betriebstätigkeit könne demgegenüber nicht als Insolvenzzeitpunkt angesehen werden, denn diese sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erst am 06.02.1998 erfolgt. Eine Einstellung der Betriebstätigkeit liege dann vor, wenn alle dem Betriebszweck dienlichen Tätigkeiten, ausgenommen Erhaltungs- und Abwicklungsarbeiten eingestellt worden sind. Insbesondere die Hereinnahme von Neuaufträgen und die Verhandlungen mit den AOKen ließen Rückschlüsse auf eine Erhaltung und Weiterführung des Unternehmens zu. Eine Einstellung der Betriebstätigkeit könne erst zum 06.02.1998 angenommen werden, da erst zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass der Gesellschafter keine weiteren Finanzmittel aufbringen werde. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch bereits ein Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung gestellt gewesen. Der danach maßgebende Insolvenzzeitpunkt (Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 27.03.1998) führe zu einer Sperrwirkung, die ab der Antragstellung beginne. Maßgebend seien daher die der Ablehnung der Eröffnung des Gesamtvollstrek-kungsverfahrens vorausgegangenen, letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Hierbei komme es auf das rechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses an. Auch wenn das Beschäftigungsverhältnis beendet sei, könne das Arbeitsverhältnis fortbestehen. Ein Beendigungstatbestand - insbesondere durch Kündigung - sei vorliegend nicht ersichtlich. Die Kündigung sei eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die gegenüber dem Vertragspartner auszusprechen sei. Allein die Arbeitslosmeldung gegenüber dem Arbeitsamt stelle keine Kündigung dar. Auch die arbeitsrechtliche Klage, die eine reine Lohnklage darstellte, habe keine Kündigungerklärung enthalten. Der von der Beklagten berechnete Kaug- Zeitraum sei daher zutreffend.

Gegen dieses am 29.02.2000 zugegangene Urteil hat der Kläger am 09.03.2000 Berufung eingelegt. Insbesondere die von dem Zeugen G. Sch. genannten Bauvorhaben seien nicht von der Bau- und Handelsgesellschaft mbH ausgeführt worden, sondern von anderen Firmen. Der Zeuge G. Sch. habe damals schon eine eigene Firma gehabt, die Firma Sch ... und Partner. Diese sei in D ... ansässig gewesen, teilweise seien die Objekte auch schon früher von ihr oder von der Firma A ... ausgeführt worden. Bereits am Mitte Januar 1998 seien von der Firma Bau- und Handelsgesellschaft mbH keinerlei Aktivitäten ausgegangen. Sowohl das Schloss des Büros in Görlitz, als auch das Firmenschild sei ausgetauscht worden. Schließlich habe der Kläger seinen letzten Scheck von der Bürokraft, Frau B ..., erhalten.

In einem Erörterungstermin zur Beweisaufnahme am 26.04.2001 sind u.a. folgende Angaben gemacht worden: Der Kläger hat erklärt, er sei am 21.01.1998 nicht mehr auf der Baustelle gewesen. Einen Scheck für den Monat Oktober 1997 habe er auch nicht auf der Baustelle, sondern am 26.01.1998 von Frau B ..., der Sekretärin, erhalten. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich in den Räumlichkeiten in der G ... Straße nurmehr ein Schreibtisch und ein Stuhl befunden. Computer und Kopierer seien bereits nicht mehr vorhanden gewesen. Am 15.01.1998 sei Zahltag gewesen. Nachdem es auch zu diesem Termin kein Geld gegeben habe, wäre jedes Weiterarbeiten sinnlos gewesen. Zu diesem Zeitpunkt seien nur noch Herr B ... und er beschäftigt gewesen (Hierzu hat der Kläger die Stundenzettel für die Arbeitnehmer der Firma Bau- und Handelsgesellschaft mbH vorgelegt. Diese sind als Anlage 2 zur Akte genommen worden.). Am 29.01.1998 sei er nochmals bei Frau B ... gewesen. Dabei habe er zwei Schlüssel, eine Tankkarte und eine Schlüsselkarte zurückgegeben (Hierzu hat der Kläger einen handschriftlichen Vermerk von Frau B ... vorgelegt (siehe Bl. 130 LSG-Akte).). Der Zeuge Uwe R ...r (U. R.), Beschäftigter der Firma B ..., hat angegeben, seine Firma habe Baumaterial an die Bau- und Handelsgesellschaft mbH verkauft (Hierzu hat der Zeuge später Verkaufsberichte nachgereicht; s. Bl. 168 - 180 LSG-Akte.). Der Zeuge D ... W ... (D. W.) hat angegeben, er habe als Putzer für G. Sch. bzw. dessen Firma in D ... gearbeitet. Eingestellt worden sei er im Mai 1998 und habe an verschiedenen Bauprojekten gearbeitet. Der Zeuge R ... N ... (R. N.), Vermieter der Büroräume der Bau- und Handelsgesellschaft mbH/G ..., hat erklärt, im Januar 1998 habe noch eine Sekretärin dort gearbeitet, die Zeugin B ... Seiner Erinnerung nach, sei das Schloss im Frühjahr 1998 ausgewechselt worden. An eine Schlossauswechselung bereits im Januar 1998 könne er sich nicht erinnern. Für Januar sei die Miete noch bezahlt worden. Seiner Erinnerung nach sei die Telefonanlage im März 1998 abgeschaltet worden. Die Zeugin M ... B ... (M. B.) hat angegeben, sie sei am 13.10.1997 für das Büro in G ... von G. Sch. eingestellt worden. Dort habe sie bis zum 20.02.1998 gearbeitet. Die Arbeitszeit habe täglich ca. 2,0 Stunden - manchmal auch weniger - betragen. Allerdings habe sie im Januar/Februar 1998 immer mehr "Däumchen gedreht". Bereits im Dezember seien Computer und Kopierer entfernt worden. Weitere Arbeit habe sie nicht mehr gehabt. Lediglich die Post habe sie noch durchgesehen. Im Februar 1998 sei jedoch kaum noch Post gekommen. Es habe sich meist um Mahnungen und dgl. gehandelt. Diese habe sie im Postbuch eintragen müssen. Im Übrigen habe sie noch Telefondienst machen müssen, auch im Februar 1998 seien noch Anrufe gekommen. Es habe sich manchmal um Anrufe für die Firma A ... gehandelt von Personen die nichts von deren Umzug wussten. Nach ihrer Erkrankung - also nach dem 19. Januar 1998 - sei der Kläger auch einmal gemeinsam mit Herrn B ... in das Büro gekommen. Beide hätten zum damaligen Zeitpunkt bereits nicht mehr gearbeitet. Sie vermute, dass es im Januar 1998 - während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit - zu einer Schlossauswechselung gekommen sei. Von einer Verlegung des Büros nach D ..., habe sie nichts gewusst, dort sei ihr auch keine Anschrift bekannt gewesen. Der Zeuge U. B., alleiniger Gesellschafter der Firma Bau- und Handelsgesellschaft mbH, hat ergänzend zu seinen Angaben im Erörterungstermin - nach Durchsicht seiner Unterlagen - mit Schreiben vom 04.05.2001 mitgeteilt, dass - entgegen den Angaben des Zeugen G. Sch. - im Februar 1998 keine Gesellschafterversammlung der Bau- und Handelsgesellschaft statt gefunden habe. Der Zeuge Ch ... M ... (Chr. M.), der ebenfalls bei der Firma Bau- und Handelsgesellschaft mbH beschäftigt war, hat erklärt, er sei im Januar 1998 krank geschrieben gewesen. Eine Kündigung habe er gegenüber dem Arbeitgeber nicht mehr erklären können, da die Firma nicht mehr vorhanden gewesen sei. Als er seine zweite "Krankmeldung" eingeworfen habe, sei das Briefkastenschild nicht mehr vorhanden gewesen; auch telefonisch habe sich niemand gemeldet. Zum Schluss hätten auf der Baustelle J ... nur noch die Arbeitnehmer B ... und B ... sowie der Kläger gearbeitet. Ob ab Mitte Januar noch gearbeitet worden sei, und wie lange noch, könne er nicht sagen.

Der Zeuge P ... B ... (P. B.) hat angegeben, kurz vor Weihnachten 1997 habe der Geschäftsführer G. Sch. noch auf der Baustelle J ... Schecks für den Oktoberlohn ausgegeben. Damals seien außer ihm noch die Zeugen B ... und T ... dort gewesen. Gearbeitet habe er nur noch bis zum 15. Januar 1998. Am 16. Januar hätten sie sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und seien anschließend gemeinsam zum Arbeitsgericht gegangen. Dabei gewesen seien die Zeugen T ... und B ... sowie der Kläger. Anschließend habe er seine Kündigung abgeben wollen. In der G ... Straße habe er jedoch niemanden angetroffen, zudem sei kein Briefkasten mit der Aufschrift der Firma mehr da gewesen. Später sei er noch zweimal mit dem Kläger bei Frau B ... im Büro gewesen. Der Kläger habe in diesem Zusammenhang den ausstehenden Lohnscheck erhalten. Dann hätten sie beide auch die Schlüssel für die Firmenfahrzeuge abgegeben (Später hat der Zeuge noch Unterlagen zu dem erhaltenen Scheck eingereicht, s. LSG-Akte Bl. 188/189 und 192: Aus diesen ergibt sich, dass der Scheck das Datum des 21.01.1998 trägt und am 22.01.1998 bei der Volks- und Raiffeisenbank Görlitz e.G. eingereicht wurde.).

Aus den Telefonrechnungen für die Firma Bau- und Handelsgesellschaft mbH/Görlitz in der Girbisdorfer Straße 17 betreffend die Monate Januar und Februar 1998 ergeben sich folgende Beträge: - Januar 1998: 90,41 DM - Februar 1998: 103,70 DM.

Auf gerichtliche Anfrage hat der Zeuge F. T. u.a. schriftlich mitgeteilt, der Scheck mit dem Oktoberlohn sei ihm nach mehrmaliger telefonischer und schriftlicher Mahnung (28.01.1998) per Post zugesandt worden.

Auf weitere Anfrage des Gerichts hat der Zeuge B ... zunächst schriftlich mitgeteilt, er könne die dargestellte Scheckübergabe nicht bestätigen. Im Übrigen könne er sich an den Vorgang nicht mehr erinnern.

Im Rahmen des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Firma ... GmbH wurde von Rechtsanwalt Dr. M ... am 26.03.1998 ein Gutachten zur Prüfung der Zahlungsunfähigkeit erstellt. Hieraus ergab sich u.a. Folgendes: Der Geschäftsführer G. Sch. habe angegeben, dass die ... GmbH bereits am 01.05.1997, also als er die Geschäftsführung übernommen habe, mit geschätzten 500.000,00 DM überschuldet gewesen sei. Da er selbst praktisch über keinerlei kaufmännische Kenntnisse verfügt habe, sei ihm die finanzielle "Schieflage" des Unternehmens erstmals im November 1997 aufgefallen. Unter Zuhilfenahme des Unternehmensberaters B ... sei sodann Anfang 1998 festgestellt worden, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig und überschuldet sei. Herr B ... habe festgestellt, dass dies bereits am 01.05.1997 so gewesen sei. Es sei ihm von diesem eine handschriftliche, vorläufige betriebswirtschaftliche Auswertung für den Zeitraum vom 01.10.1996 bis zum 31.03.1997 vorgelegt worden, nach der die GmbH zum fraglichen Zeitpunkt zweifelsohne überschuldet gewesen sei. Im Oktober 1997 habe die GmbH noch 24 Arbeitnehmer beschäftigt. Mit Ausnahme des Arbeitsverhältnisses des Geschäftsführers seien sämtliche Arbeitsverhältnisse beendet worden. Soweit die Arbeitnehmer nicht bereits selbst gekündigt hätten, sei diesen zum 31.12.1997 gekündigt worden. Letztmals seien Löhne für den Monat Oktober 1997 gezahlt worden. Anfang Dezember 1997 sei die letzte noch nicht beendete Baustelle der GmbH eingestellt worden. Spätestens seit dem 10.02.1998 habe die GmbH keinerlei Geschäftstätigkeit mehr entfaltet. Die beiden gemieteten Lager - in G ... und in Gi ... - seien zum 31.12.1997 aufgegeben worden. Seit Anfang Dezember 1997 und verstärkt seit Januar 1998 hätten die Lieferanten unter Eigentumsvorbehalt geliefert und noch in geringem Umfang vorhandene Materialien von den Baustellen und aus den Lagern geholt. Hierzu stellte der Gutachter fest: Die GmbH sei dauerhaft nicht in der Lage, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu regulieren. Die fälligen Verbindlichkeiten beliefen sich auf mindestens 475.000,00 DM. Es sei praktisch kein verwertbares Anlagevermögen mehr vorhanden, so dass aus einer Veräußerung des Anlagevermögens ausreichende Mittel zur vollständigen Deckung der fälligen und ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten nicht erwartet werden könnten. Mit der Gewährung von Darlehen oder Kontokorrentkrediten sei - auch mangels Sicherheiten - nicht zu rechnen. Folglich sei die Schuldnerin zahlungsunfähig. Da die Passiven mit mindestens 475.000,00 DM bei weitem die Aktiven in Höhe von rund 10.000,00 DM überstiegen, sei die Schuldnerin zudem überschuldet. Die GmbH verfüge über kein unbewegliches Anlagevermögen. Das bewegliche Anlagevermögen bestehe aus einer fälligen Forderung aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von knapp 10.000,00 DM sowie aus praktisch wertlosen Materialrestbeständen und Kleinwerkzeug. Die erwähnte Forderung sei am 31.01.1998 in Höhe von 11.500,00 DM an den Unternehmensberater B ... abgetreten worden, um sich dessen Unterstützung im Gesamtvollstreckungsantragsverfahren zu sichern. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf die Akte des Amtsgerichts Cottbus, Az: 64 N 55/98 verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.11.2001 hat der Senat ergänzend die Zeugen M. B., P. B. und F. T. sowie den Zeugen Norbert B ... (N. B.) vernommen. Die Zeugin B. erklärte hierbei u.a., ihr selber sei von einer Entfernung des Briefkastenschildes nichts bekannt, zumal die Post immer angekommen sei und sie den Briefkasten täglich geleert habe. Demgegenüber hat der Zeuge P. B. erklärt, zu dem Zeitpunkt, als er gemeinsam mit dem Kläger die Kündigung habe abgeben wollen, sei das Briefkastenschild der Firma nicht mehr dagewesen. Daher hätten sie auch die Kündigungen dort nicht einwerfen können. Auf nochmaligen Vorhalt des Scheckdatums ist der Zeuge bei seiner Aussage, er sei der Auffassung, dass er diesen letzten Scheck bereits vor Weihnachten 1997 erhalten habe, geblieben. Im Januar habe er Herrn G. Sch. nicht mehr gesehen. Der Zeuge N. B. erklärte, er glaube, dass er selber im Januar 1998 nicht mehr gearbeitet habe. Daher könne er auch nichts zu der Frage sagen, wie lange die Firma noch bestanden habe. An einen gemeinsamen Termin beim Arbeitsamt und Arbeitsgericht könne er sich noch erinnern, wer jedoch dabei gewesen sei, wisse er nicht mehr. Schließlich hat der Zeuge F. T. erklärt, zu einer Scheckübergabe an ihn könne es im Dezember 1997 nicht gekommen sein, zumal er den Oktoberlohn noch im Januar 1998 angemahnt habe.

Auf ergänzende Anfrage des Gerichts teilte der ehemalige Geschäftsführer B ... durch Schreiben vom 19.01.2002 mit, eine Betriebstätigkeit durch Handel sei nie erfolgt. Bereits nach der Geschäftsübernahme durch Herrn G. Sch. sei die Firma nach D ... "umgemeldet" worden. Damit sei die geänderte Eintragung im Handelsregister gemeint. Zudem sei es nicht möglich, dass Herr G. Sch. Anfang Februar 1998 noch davon ausgegangen sein könne, der Hauptgesellschafter werde noch Geld nachschießen, um die Firma zu retten, weil er auf Grund seiner Gesundheit den Betrieb übergeben habe und zu diesem Zeitpunkt bereits einen Rentenantrag gestellt habe.

In einem weiteren Verhandlungstermin vom 20.02.2002 hat der Kläger ergänzend mitgeteilt, Herr B ... habe zunächst eine eigene Firma "St ..." betrieben. Diese habe er wohl in die B ... GmbH eingebracht. Mitarbeiter der Strumpfhandelsfirma des Herrn B ... habe er nicht gekannt. Er wisse auch nicht, wie lange dieser Handel betrieben worden sei.

Auf dem vom Kläger für den Oktoberlohn in Ablichtung vorgelegten Scheck ist ebenfalls das Datum des 21.01.1998 vermerkt. Die Scheckeinreichung erfolgte am 26.01.1998. Am letzten Verhandlungstag, dem 13.08.2002, hat der Zeuge U. B. ergänzende Angaben zu seiner Einzelfirma sowie der Immobilienfirma B ... & A ... GbR gemacht. Zunächst habe er für Anfang 1998 eine Gesellschafterversammlung einberufen worden, weil er Herrn G. Sch. bereits zum wiederholten Mal aufgefordert habe, Unterlagen über die Situation der Gesellschaft - insbesondere finanzielle - vorzulegen, dies jedoch bis dahin nicht geschehen sei. Hierzu sei es dann jedoch auf Grund des zwischenzeitlich gestellten Konkursantrages nicht mehr gekommen. Um die tatsächliche Geschäftstätigkeit habe er sich ab Mai 1997 krankheitsbedingt nicht mehr kümmern können; daher habe er hierfür auch Herrn G. Sch. zum Geschäftsführer bestellt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 11. Februar 2000 aufzuheben sowie den Bescheid vom 09.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Konkursausfallgeld für den Zeitraum vom 01.11.1997 bis zum 15.01.1998 unter Anrechnung der ihm für die Zeit ab dem 27.12.1997 bewilligten Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Durch weitere Schreiben vom 09.04.2002 und 14.05.2002 teilte die AOK Sachsen, die den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt hatte, mit, dass ein solcher, in der Regel dann gestellt werde, wenn für zwei Monate rückständige Beiträge bestünden. Die AOK - als Gläubiger - sei hierbei nicht in der Lage zu prüfen, ob die Aussicht bestehe, tatsächlich eine Quote, bzw. teilweise Befriedigung der Forderungen zu erreichen oder ob der Antrag mangels Masse abgewiesen werde.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, Kaug-Akte des Klägers, die Kaug-Betriebsakte, die Alg-Akte des Klägers, die Akten des Amtsgerichts Cottbus (Az: 66 N 55/98 u. 66 N 80/98), die Alg-Akte des Zeugen B., die als Anlage zum Verfahren genommenen Ablichtungen der Taglohnzettel sowie das Abrechnungsheft der Zeugin B ... (im Original) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

Auch in der Sache ist sie begründet. Das mit der Berufung angegriffene Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 11. Februar 2000 hat zu Unrecht eine Kaug-Zahlung, auch für die Zeit vom 01.11.1997 bis zum 26.12.1997 abgelehnt.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist bezüglich des vorliegenden Insolvenzfalles § 141b Abs. 1 bis 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), der hier gemäß § 340 Abs. 5 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) noch anwendbar ist. Nach § 141b Abs. 1 Satz 1 AFG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Kaug, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Neben der Eröffnung des Konkursverfahrens gemäß § 141b Abs. 1 Satz 1 kann sowohl die Abweisung des Antrages mangels Masse (§ 141b Abs. 3 Nr. 1) als auch die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG), als Insolvenzfall in Betracht kommen. Die drei genannten Insolvenzfälle dienen gleichrangig zur Abgrenzung der drei Monate, für die § 141b Abs. 1 Satz 1 AFG den Ersatz des Netto-Arbeitsentgeltes durch Kaug vorsieht, wobei dasjenige Insolvenzereignis, das erstmals die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers hervortreten lässt, maßgebend ist und somit eine so genannten Sperrwirkung auslöst (BSGE 41, 121, 123; BSGE 52, 40, 41; BSGE 70, 9, 10; BSG SGb 2001, 381/382).

Zutreffend hat das SG hierzu dargelegt, dass dem Begehren nur dann zu entsprechen ist, wenn die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit das maßgebende Insolvenzereignis wäre. Dies hat das SG jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu Unrecht verneint. Demgegenüber ergab die weitere Beweisaufnahme durch das LSG, dass von einer Beendigung der Betriebstätigkeit bereits ca. Mitte Januar 1998 auszugehen ist.

Zutreffend hat allerdings das SG hierzu zunächst dargelegt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Bau- und Handelsgesellschaft mbH bis zum Beschluss zur Ablehnung der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens mangels Masse durch das Amtsgericht Cottbus am 27.03.1998 nicht durch Kündigung beendet worden war, da weder vom Kläger noch vom Arbeitgeber eine entsprechende Erklärung, die insbesondere auch dem Vertragspartner zuging, festzustellen ist. Auch eine konkludente Kündigungserklärung eines der beiden Vertragspartner wurde nicht deutlich. Insbesondere liegt eine solche - wie das SG zu Recht ausgeführt hat - nicht in der arbeitsgerichtlichen Klage auf rückständigen Lohn. Da es somit Mitte Januar 1998 zwar zu einer Beendigung der Beschäftigung aber nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kam, war für den Erfolg des Begehrens des Klägers das maßgebende Insolvenzereignis entscheidungserheblich.

Die Beendigung der Betriebstätigkeit gemäß § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG kann eine Sperre gegenüber anderen Insolvenzfällen nur dann auslösen, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens/Gesamtvollstreckungsverfahrens (noch) nicht gestellt worden ist. Soweit ein Konkursantrag und die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit auf denselben Tag fallen, ist letzterer als Insolvenzereignis nach § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG ausgeschlossen (BSGE 48, 277, 281; BSGE 70, 9, 11; Gagel, AFG, § 141b Rdnr. 25). Entscheidend war daher, ob es bereits vor dem 29.01.1998 zu einer vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit kam. Eine solche wäre dann gegeben, wenn eine betriebsleitende Tätigkeit des insolventen Arbeitgebers nicht mehr erfolgt. Nicht erforderlich ist demgegenüber - im Gegensatz zur "Stilllegung des Betriebes" gemäß § 111 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz - eine vollständige Aufgabe des Betriebszweckes unter gleichzeitiger Aufgabe der Betriebsorganisation, bzw. dass der Betrieb nicht mehr in Funktion ist (BSGE 51, 296, 297; BSG USK 8363). Eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit bzw. der betriebsleitenden Tätigkeit des insolventen Arbeitgebers liegt jedoch vor, wenn keine dem Betriebszweck dienenden Tätigkeiten/Arbeiten mehr durchgeführt werden. Daher stehen Arbeiten innerhalb des Betriebes, die aber seinem Zweck nicht dienen, insbesondere Abwicklungs-, Liquidations- oder erhaltende Arbeiten einer Betriebsstilllegung im Sinne von § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG nicht entgegen (BSGE 52, 40, 41; BSG SGb 2001, 381/382).

Der Betriebszweck bestand aus der Fertigstellung von Bauvorhaben unter Einsatz verschiedener Gewerke, verbunden mit dem Handel und Einbau von Baustoffen. Darüber hinausgehende Betriebszwecke, insbesondere der Handel mit Textilien und sonstigen Konsumgüter, wie das im Handelsregister vermerkt war, wurden tatsächlich nicht verfolgt. Bereits den als Zeugen vernommenen Arbeitnehmern der B ... GmbH war durchweg kein solcher Handel bekannt. Genaueren Aufschluss ergab hierzu dann noch die nachvollziehbare und glaubhafte Aussage des Zeugen U. B., des alleinigen Gesellschafters. Neben der B ... GmbH gab es u.a. auch noch eine Einzelhandelsfirma "U ... B ...", deren Gegenstand der Handel mit Textilien war. Für diesen Betrieb wurde - was auch dem Kläger bekannt war - die Benennung "St ..." gebraucht. Bei der Errichtung der Gesellschaft im Jahre 1996 wollte U. B. zunächst auch dieses Textilgeschäft mit einbringen. Hierzu kam es dann jedoch nicht. Somit verblieb es bei der Fertigstellung von Bauvorhaben aus dem alleinigen Betriebszweck.

Nach den gesamten Umständen, den Zeugenaussagen sowie den zu Beweiszwecken herangezogenen Unterlagen, gelangte der Senat auch zu der Überzeugung, dass zumindest ab Mitte Januar 1998 keine diesem Betriebszweck dienende Tätigkeit mehr erfolgte, mithin eine Beendigung der Betriebstätigkeit i. S. von § 141b Abs. 3 AFG vorlag.

Maßgebend hierfür waren die folgenden Umstände: Zumindest ab Mitte Januar 1998 waren, bis auf die Zeugin M. B., keine Arbeitnehmer mehr für Bauvorhaben der B ... GmbH tätig. Ein erster Hinweis hierauf ergab sich bereits aus einer Notiz, die am 22.06.1998 von einem Mitarbeiter des Arbeitsamtes Cottbus über ein Telefongespräch mit G. Sch. angefertigt wurde. Danach teilte dieser u.a. mit, dass Arbeitnehmer noch im Januar gearbeitet hätten. Das bedeutet zumindest soviel, dass es jedenfalls im Februar 1998 keine Arbeitstätigkeit von Arbeitnehmern mehr gab. Im Übrigen wurde von fast allen vernommenen Arbeitnehmern bestätigt, dass es zumindest ab Mitte Januar 1998 keine Arbeitstätigkeit für Bauvorhaben der B ... GmbH gab. Ausdrücklich bestätigt haben dies die Zeugen P. B. und F. T. sowie die Zeugin M. B. Aber auch die Zeugen N. P. und Ch. M., die selber jedenfalls im Januar 1998 nicht mehr für die B & H GmbH gearbeitet hatten, konnten zumindest keinerlei Arbeitstätigkeit von anderen Arbeitnehmern bestätigen. Die Zeugin M. B. war zwar selber noch bis zum 20. Februar 1998 mit einer Arbeitszeit von ca. 2 Stunden täglich (manchmal auch weniger) im Büro in G .../Gi ... Straße beschäftigt. Insbesondere im Rahmen des Erörterungstermins vom 26.04.2001 hat sie jedoch äußerst anschaulich geschildert, dass sie zuletzt eigentlich keine weitere auf dem Betriebszweck bezogene Arbeit mehr gehabt habe. Nachdem sie am 19. Januar 1998 nach einem Krankenhausaufenthalt wieder zu arbeiten begonnen habe, habe sie eigentlich nur "Däumchen gedreht". Die Post habe sie noch durchgesehen, es habe sich meist um Mahnungen und dgl. gehandelt, welche sie in ein Postbuch eingeschrieben habe. Auch Telefondienst habe sie noch gemacht. Hierbei handelte es sich aber auch um Anrufe für die Immobilienfirma A ... & B ..., die ehemals ebenfalls dort ansässig, aber nunmehr bereits umgezogen war. Bereits Anfang Dezember 1997 seien die Computer verschwunden und der Kopierer "weggewesen". Sie habe dann nur nur noch eine Schreibmaschine gehabt. Manchmal habe sie sich gefragt, wozu sie überhaupt eingestellt worden sei. Ein - weiterer - Betriebssitz in D ... ist ihr nicht bekannt gewesen. Bestätigt wird diese betriebliche Situation auch durch die vorhandenen schriftlichen Unterlagen. Der Kläger, der in dem Betrieb die Funktion eines Vorarbeiters hatte, hatte die Aufgabe, für jeden Tag und jeden Arbeitnehmer die Beschäftigungszeiten und den Einsatzort zu notieren. Hieraus ergab sich, dass Mitte Januar 1998 nur noch ein Bauvorhaben, nämlich jenes in J ..., existierte. (Dieses wurde als letztes Bauvorhaben durchweg auch von den Zeugen bestätigt.) Weiter ergab sich aus diesen "Stundenzetteln", dass an dem Bauvorhaben zuletzt - bis Mitte Januar 1998 - nur noch der Arbeitnehmer B. sowie der Kläger tatsächlich beschäftigt waren. Dementsprechend meldeten sich der Zeuge P. B. sowie der Kläger auch am 16.01.1998 jeweils arbeitslos (ob noch andere ehemalige Arbeitnehmer der B & GmbH zeitlich mit diesen zum Arbeitsamt gingen, um sich arbeitslos zu melden, konnte nicht abschließend geklärt werden). Bestätigt wurde allerdings die Aussage des Klägers, dass er am 29.01.1998 nochmals die Zeugin M. B. im Büro angetroffen und ihr zu diesem Zeitpunkt zwei Schlüssel, eine Tankkarte und eine Schlüsselkarte zurückgegeben hat. Bestätigt wurde dies durch einen handschriftlichen Vermerk der Zeugin M. B., welchen diese als von ihr stammend identifizieren konnte. Weiterhin war im Jahre 1998 auch keine dem Betriebszweck dienende Tätigkeit des alleinigen Gesellschafters U. B. mehr ersichtlich, zumal dieser bereits im Mai 1997 krankheitsbedingt jegliche Geschäftstätigkeit aufgegeben hatte. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Gesellschafter U. B. für 1998 zunächst noch eine Gesellschafterversammlung vorgesehen hatte, denn diese war deshalb geplant, weil der Zeuge - so seine Angaben - den Geschäftsführer G. Sch. bereits wiederholt zur Vorlage von Unterlagen des Steuerberaters aufgefordert hatte, dies jedoch nie geschehen war. Auf Grund des von der Krankenkasse gestellten Konkursantrages sei diese jedoch dann hinfällig geworden. Zwar war durch einen Gesellschafterbeschluss vom Mai 1997 auf Wunsch des Geschäftsführers G. Sch. durch Gesellschafterbeschluss der Sitz der Gesellschaft nach D ... verlegt worden, tatsächlich ausgeführt wurde dies jedoch nicht mehr. Fast allen als Zeugen vernommenen Arbeitnehmern, war eine Verlegung des Betriebssitzes nicht bekannt. Es ist auch nicht bekannt, dass dort irgendein Arbeitnehmer für die B ... GmbH gearbeitet hatte. Der Geschäftsführer G. Sch. selber hat vor dem SG Dresden ausgeführt, es sei von D ... aus keine Aquisitions- oder sonstige Geschäftstätigkeit mehr entwickelt worden. Auch etwaige umfangreiche Verhandlungen mit den AOK en im Januar 1998 bezüglich Zahlungsvereinbarungen betreffend ausstehende Sozialversicherungsbeiträge konnten nicht bestätigt werden. Auch eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der AOK Sachsen ist nicht ersichtlich. Die B ... GmbH habe sich im Verwaltungszwangverfahren als zahlungsunfähig erwiesen, damit sei für die AOK die Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrages auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gegeben gewesen. Im August 1997 sei der Entschluss gefasst worden, die bereits seit April 1997 entstandenen Forderungen zu vollstrecken. Verhandlungen mit dem Geschäftsführer in diesem Zusammenhang mit den maßgebenden Personen der AOK sind nicht erfolgt. Auch aus dem von Rechtsanwalt Dr. M ... im Auftrag des Amtsgerichts Cottbus erstatteten Gutachten vom 26.03.1998 zur Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit der B ... GmbH ist ersichtlich, dass diese zumindest seit Mitte Januar 1998 keine dem Betriebszweck dienliche Geschäftstätigkeit mehr entwickelte. Darin heißt es sogar u.a.: "Soweit die Arbeitnehmer nicht bereits selbst gekündigt hatten, wurden diese zum 31.12.1997 gekündigt." Weiter sei Anfang Dezember 1997 die letzte, noch nicht beendete Baustelle eingestellt worden und die beiden Lager in G ... und Gi ... seien zum 31.12.1997 aufgegeben worden. In dem Gutachten ist zwar darüberhinaus ausgeführt, spätestens seit dem 10.02.1998 sei keinerlei Geschäftstätigkeit mehr entfaltet worden. Hierzu ist jedoch nicht ersichtlich, welche Art von Geschäftstätigkeit, bis auf bloße Abwicklungstätigkeit, ab Mitte Januar noch erfolgt sein könnte. Es sprechen daher alle Umstände dafür, dass es sich bei den sonstigen, von dem Geschäftsführer G. Sch. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG genannten Bauvorhaben um Verwechslungen gehandelt hat. Denn dieser hatte bereits zuvor - als Einzelfirma - einen Fliesenlegerbetrieb und nach der Einstellung der Betriebstätigkeit der B ... GmbH nahm er erneut die Führung einer Einzelfirma auf, die ebenfalls mit Bauvorhaben beschäftigt war und bei der u.a. der Zeuge D ... W ... (D. W.) sowie noch weitere Arbeitnehmer beschäftigt waren. Sitz dieser Einzelfirmen war jeweils D ..., zugleich Wohnort des Geschäftsführers G. Sch., gewesen. Auch wenn daher die genauen Zeiten und Gründe der von mehreren Zeugen behaupteten Schlossauswechslung sowie die Entfernung des Briefkastenschildes im Büro G .../Gi ... Straße nicht abschließend geklärt werden konnten, sprachen alle tatsächlich feststellbaren Umstände für eine Einstellung der Betriebstätigkeit. Darüberhinausgehende Überlegungen zu der Frage, ob der Geschäftsführer dennoch irgendwelche Tätigkeiten zur Fortführung des Betriebes entwickelt habe, blieben im Bereich der Vermutungen und sind durch nichts belegt.

Schließlich war zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung auch bereits von einer offensichtlichen Masselosigkeit auszugehen. Es muss nicht letzte Klarheit bestehen und auch nicht exakt ermittelt werden, ob eine den Kosten des Konkursverfahrens entsprechende Masse nicht vorhanden ist. Vielmehr genügt es - im Sinne einer Beweiserleichterung - wenn alle äußeren Tatsachen und insofern der Anschein für die Masselosigkeit sprechen. Dem stand hier nicht entgegen, dass offenbar noch Ende Januar 1998 - mittels Schecks - an einige der Arbeitnehmer der Oktober Lohn sowie - jedenfalls nach Aussage des Zeugen N ... - auch noch die Miete für Januar 1998 gezahlt worden war. Maßgebend hierfür war zunächst das von Rechtsanwalt Dr. M ... erstellte Gutachten, betreffend die finanzielle Situation der GmbH. Auch wenn dessen Beurteilung auf der Zeit nach dem Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollsteckungsverfahrens vom 21.01.1998 beruht, ist für Mitte Januar 1998 keine andere Bewertung möglich, denn in der Folgezeit ist keinerlei Geschäftstätigkeit mehr ersichtlich, die erst danach zu den entscheidenen Verlusten geführt haben könnte. Der Gutachter, Rechtsanwalt Dr. M ..., hatte mit dem Geschäftsführer G. Sch. Kontakt aufgenommen. Dieser habe angegeben, dass die GmbH bereits am 01.05.1997, also als er die Geschäftsführung übernommen habe, mit geschätzten 500.000,00 DM überschuldet gewesen sei. Später habe der Unternehmensberater B ... die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung bestätigt. Aus einer handschriftlich erstellten, vorläufigen betriebswirtschaftlichen Auswertung dieses Unternehmensberaters sei diese Überschuldung auch ersichtlich. Nach der abschließenden Bewertung des Gutachters beliefen sich die fälligen Verbindlichkeiten auf mindestens 475.000,00 DM. Als verwertbares Anlagevermögen sei praktisch nichts vorhanden. Mit der Gewährung von Darlehen oder Krediten sei "auch mangels Sicherheiten" nicht mehr zu rechnen. Das bewegliche Anlagevermögen bestehe aus einer fälligen Forderung von Lieferungen und Leistungen in Höhe von knapp 10.000,00 DM sowie aus praktisch wertlosen Materialbeständen und Kleinwerkzeug. Diese Forderung sei am 30.01.1998 in Höhe von 11.500,00 DM an den Unternehmensberater B ... abgetreten worden. Es bestehe ein Bankguthaben in Höhe von 127,92 DM. Die Verbindlichkeiten in Höhe von 477.257,00 DM bestünden aus folgenden Einzelposten: - Lohn- und Gehaltsrückstände 41.334,98 DM, - Sozialabgaben (geschätzt) 185.000,00 DM, - Steuerverbindlichkeiten (geschätzt) 70.000,00 DM, - Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, mindestens 179.099,00 DM und - Bankverbindlichkeiten 1.823,02 DM. Angesichts des Umstandes, dass die Passiven bei Weitem die Aktiven in Höhe von 10.000,00 DM überstiegen, sei die GmbH zudem überschuldet. Im abschließenden Ergebnis schlug daher der Gutachter vor, die Eröffnung der Gesamtvollstreckung mangels Masse abzulehnen. Dem ist das Amtsgericht Cottbus durch Beschluss vom 27.03.1998 gefolgt. Unterstrichen wird dies durch die Auskunft der AOK, wonach bereits seit April 1997 Rückstände bezüglich Sozialversicherungsbeiträge bestanden und die Aussage des Zeugen F. T. der vor dem Sozialgericht erklärt hat, der Geschäftsführer G. Sch. habe im Rahmen einer Sitzung am 14.01.1998 in den Geschäftsräumen selbst erklärt, es sei kein Geld und keine Arbeit mehr da.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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