L 4 RA 160/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 16 RA 86/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 160/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. Februar 2003 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, den Zeitraum vom 01.09.1975 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen.

Der am ... geborene Kläger studierte von September 1971 bis August 1975 erfolgreich an der Technischen Universität D ... und erlangte mit Urkunde vom 29.08.1975 die Berechtigung, den akademischen Grad eines Diplom-Ingenieurs zu führen. Von September 1975 bis Dezember 1981 arbeitete er als Architekt bei der Landbaugemeinschaft Z ...und im Anschluss hieran von Januar 1982 bis Dezember 1986 ebenfalls als Architekt bei der Z ... Landbauprojektierung Z ... Von Januar 1987 bis 31.05.1990 war der Kläger als Chefingenieur ebenfalls bei der Z ... Landbauprojektierung Z ... tätig. Zum 01.06.1990 wurde der Kläger ausweislich der Berufungsurkunde zum Oberbürgermeister der Stadt Z ... gewählt; das auf der Grundlage des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise der DDR (Kommunalverfassung) vom 17.05.1990 insoweit begründete Arbeitsverhältnis begann am 30.05.1990. Mit Wirkung zum 08.07.1993 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Oberbürgermeister ernannt. Der Kläger ist zum 01.04.1978 der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten und hat auf einen monatlichen Verdienst von maximal 1.200,00 Mark entsprechende Beiträge gezahlt. Eine Versorgungszusage ist ihm nicht erteilt worden.

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens beantragte der Kläger am 06.06.2001 bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Der Beklagten lagen unter anderem das Diplomzeugnis, schulische Zeugnisse des Klägers sowie die Ernennungsurkunde zum Oberbürgermeister vor. Mit Bescheid vom 07.09.2001 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Ohne erteilte Versorgungszusage lägen Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung im Sinne des § 5 Abs. 1 AAÜG vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst gewesen sei, also in einem der in Anlage 1 zum AAÜG genannten Texte aufgelistet sei. Als Angehöriger der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung vom 17.08.1950 und der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben hätten Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker gegolten. Zu dem Kreis hätten ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer in den Fach- und Hochschulen gehört. Die Beschäftigung habe zudem in einem Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sein müssen. Die in der Landbaugenossenschaft Z ... und in der Z ... Landbauprojektierung ausgeübte Beschäftigung entspreche zwar der technischen Qualifikation, sei jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 27.09.2001 bei der Beklagten Widerspruch ein. Nach Ansicht des Klägers habe er mit seiner Tätigkeit als Konstrukteur in einem Konstruktionsbüro die für eine Zusatzversorgung erforderliche Voraussetzung erfüllt. Bei der Landbaugemeinschaft Z ... und der späteren Z ... Landbauprojektierung Z ... habe es sich um ein Konstruktionsbüro gehandelt, welches als einem volkseigener Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb zählte. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 31.01.2002 Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben. Die Anstellungskörperschaft des Klägers, bei der er beschäftigt gewesen sei, sei in jedem Fall gleich zu behandeln wie die volkseigenen und gleichgestellten Betriebe. Bei der Anstellungskörperschaft des Klägers habe es sich nicht um eine typische Genossenschaft gehandelt. Es habe sich um eine zwischengenossenschaftliche Einrichtung gehandelt, eine in der ehemaligen DDR übliche, aber nirgendwo gesetzlich geregelte Körperschaft des privaten Rechts. Bei der hier vorliegenden Körperschaft sprächen alle tatsächlichen Verhaltensweisen zu Zeiten der DDR dafür, dass es sich um eine Art Gesellschaft mit beschränkter Haftung gehandelt habe. Damit sei diese Körperschaft einem volkseigenen Betrieb gleichzustellen. Der Kläger sei in jedem Fall Angehöriger der technischen Intelligenz gewesen. Er sei immer in die Gehaltsgruppen der technischen Intelligenz eingestuft gewesen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang seine Sozialversicherungsausweise vorgelegt.

Das Sozialgericht hat auf mündliche Verhandlung mit Urteil vom 19.02.2003 die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Einschlägig sei das AAÜG nur, wenn aus bundesrechtlicher Sicht zum 01.08.1991 Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften bestanden hätten oder wenn einmal vor dem 30.06.1990 nach den Gegebenheiten in der DDR in deren Systemen eine Versorgungsanwartschaft erlangt worden sei, die nach den Regelungen der Versorgungssysteme bei einem Ausscheiden entfiele. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Rechtsgehalt des § 5 AAÜG sei ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts unter Beachtung des Gleichheitssatzes zu ermitteln. Der Kläger erfülle bereits nicht die Voraussetzungen des § 1 AAÜG und unterfalle daher nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes. Denn er habe am 30.06.1990 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 AAÜG erworben. Durch seine berufliche Ausbildung zum Architekten habe der Kläger zwar den Titel eines Diplom-Ingenieurs nach der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12.04.1962 erlangt. Im Hinblick auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit in der Z ... gehöre er jedoch nicht zum Kreis der obligatorisch in die Versorgungsordnung Einzubeziehenden. Denn der Kläger habe während seiner Tätigkeit vom 01.09.1975 bis 30.06.1990 weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb noch in einem diesem gleichgestellten Betrieb gearbeitet. Bei der Z ... handele es sich ersichtlich nicht um einen volkseigenen Betrieb. Die Z ... sei auch einem volkseigenen Produktionsbetrieb nicht gleichgestellt gewesen. Aus § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz ergebe sich hierfür keinerlei Anhaltspunkte. In dem Katalog der dort aufgeführten Einrichtungen werde eine Z ... nicht genannt.

Gegen das am 12.05.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.06.2003 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Der Kläger habe am 30.06.1990 eine Beschäftigung ausgeübt, aufgrund welcher ihm nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen wäre. Die Anstellungskörperschaft - die zwischengenossenschaftliche Einrichtung (Z ...) Landbauprojektierung, sei einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.02.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2002 zu verpflichten, den Zeitraum vom 01.09.1975 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Senat vorlagen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Mit Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 07.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch, den streitigen Zeitraum als Zeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz festgestellt zu erhalten. In dem Feststellungsverfahren des Versorgungsträgers nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich und außerhalb des Rentenfeststellungsverfahrens des Rentenversicherungsträgers durchzuführen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.07.1996 - 4 RA 7/95 - in: SozR 3 - 8570 § 8 Nr. 7) konnte der Kläger schon deshalb keinen

Erfolg haben, weil er vom (persönlichen) Anwendungsbereich des AAÜG nicht erfasst wird.

Im Hinblick auf das Begehren des Klägers, den streitigen Zeitraum gem. der §§ 5 ff. des "Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz" (AAÜG) als Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen, ist vorrangig zu prüfen, ob die Vorschriften des AAÜG überhaupt auf den Kläger Anwendung finden (§ 1 AAÜG). Dies ist vorliegend zu verneinen.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für "Ansprüche und Anwartschaften", die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. "Erworben worden sind" in diesem Sinne aus der Perspektive des am 01.08.1991 in Kraft getretenen AAÜG (Art. 3 RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) Versorgungsanwartschaften auch, wenn Nichteinbezogene rückschauend nach den Regeln der Versorgungssysteme, soweit sie auf Grund des Einigungsvertrages vom 31.08.1990 (BGBl. II S. 889) Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 am 03.10.1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden waren, praktisch und rechtsgrundsätzlich im Regelfall am 30.06.1990 (vgl. Anl. II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt II Nr. 8, § 22 Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.1990, GBl. I S. 495) hätten einbezogen werden müssen. Dies wäre der Fall, wenn sie - ohne erfolgte Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag) - auf Grund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage nach der am 31.07.1991 gebotenen bundesrechtlichen Sicht einen Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage nach den Regelungen der Versorgungssysteme unter Beachtung des Gleichheitsgebotes gehabt hätten (BSG, Urteil vom 31.07.2002 - B 4 RA 21/02 R -; Urteil vom 10.04.2002 - B 4 RA 56/01 R -; Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 31/01 R). Schließlich wird nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG eine Versorgungsanwartschaft fingiert, wenn in der DDR zu irgend einem Zeitpunkt einmal eine durch Einzelfallregelung konkrete Aussicht bestand, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten, diese Aussicht (Anwartschaft) aber auf Grund der Regelungen

der Versorgungssysteme vor dem 01.07.1990 wieder entfallen war (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10.04.2002 - B 4 RA 34/01 R - m.w.N).

Da der Kläger zu keinem Zeitpunkt in der DDR eine Versorgungszusage (Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag) und auch keinen Einzelvertrag mit der konkreten Aussicht hatte, bei Eintritt des Versorgungsfalls Leistungen zu erhalten und auch insoweit keine Rehabilitierungsentscheidung vorliegt, und schließlich auch nicht der Leistungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten ist und bereits deshalb kein Anspruch "erworben" worden ist, können die Vorschriften des AAÜG mithin auf ihn nur Anwendung finden, wenn er aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, d.h. nach den insoweit vom Einigungsvertrag noch partiell übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, wären diese unter Beachtung des Gleichheitsgebotes umgesetzt worden, eine Anwartschaft auf eine Versorgung am 30.06.1990 hätte eingeräumt werden müssen, er also, wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten, zum 01.07.1990 im (jetzt) rechtstaatlichen Umfeld ("Kraft Gesetzes") Leistungen aus dem Versorgungssystem hätte beanspruchen können. Dies wäre der Fall gewesen, wenn der Kläger nach den Regelungen des Versorgungssystems "obligatorisch" im Sinne einer "gebundenen Verwaltung" - ohne Ermessensspielraum des Versorgungsträgers - in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätten einbezogen werden müssen, weil die abstrakt-generellen Voraussetzungen hierfür insoweit am 30.06.1990 erfüllt waren (vgl. BSG, Urteil vom 31.7.2002 - B 4 RA 21/02 R -). Demgegenüber waren auch aus bundesrechtlicher Sicht diejenigen nicht einbezogen, die nach den einschlägigen Versorgungsordnungen oder Durchführungsbestimmungen oder sonstigen Regelungen der ehemaligen DDR lediglich durch Einzelvertrag oder Einzelentscheid oder Ermessensentscheidung hätten einbezogen werden können; denn eine derartige (Ermessens-) Entscheidung, die auch der Erzeugung politischen und gesellschaftlichen Wohlverhaltens diente, könnte allein aus der Sicht der DDR und nach deren Maßstäben getroffen werden. Mangels sachlich objektivierbarer, bundesrechtlich nachvollziehbarer Grundlage

kann eine solche Ermessensentscheidung nicht rückschauend ersetzt werden (vgl. BSG, a.a.O.; Urteil vom 10.04.2002 - B 4 RA 10/02 R -).

Gemessen an diesen Vorgaben steht dem Kläger der streitbefangene Anspruch nicht zu. Im Hinblick auf den streitigen Zeitraum kommt eine Anspruchsberechtigung nur nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG in Betracht. Aus bundesrechtlicher Sicht hatte der Kläger indes am 30.06.1990 keine Versorgungsanwartschaften im oben genannten Sinn "erworben", sodass er auch nicht unter den Anwendungsbereich des AAÜG fällt. Der Kläger hätte am 30.06.1990 aus bundesrechtlicher Sicht keinen "fiktiven" Anspruch auf die Erteilung einer Versorgungszusage zum einen nach den insoweit maßgeblichen Vorschriften der AVItech gehabt. Die relevanten Vorschriften der AVItech ergeben sich aus den Texten der "Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben" vom 17.08.1950 (GBl. Nr. 93 S. 844 - VO-AVItech -) und aus der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben" vom 24.05.1951 (GBl. Nr. 62 S. 487 - 2. DB); demgegenüber hat die 1. DB nur historisch-heuristische Bedeutung für die Auslegung (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 31/01 R), zumal sie zum 01.05.1951 durch die 2. DB außer Kraft gesetzt worden ist (§ 10 Abs. 2 der 2. DB). Gem. § 1 VO-AVItech in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB hängt ein Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech in persönlicher, sachlicher und betrieblicher Hinsicht im Wesentlichen von drei Voraussetzungen ab: die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz war generell eingerichtet für Personen, die (1) berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, (2) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar (3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 41/01 R -; Urteil vom 18.06.2003 - B 4 RA 1/03 R -).

Der streitige Beschäftigungszeitraum vom 01.09.1975 bis 30.06.1990 könnte jedoch nur dann als Zugehörigkeitszeit im Sinne des § 5 Abs. 1 AAÜG nach der hier in Betracht kommenden AVItech sein, wenn am Stichtag 30.06.1990 eine ingenieurtechnische Tätigkeit bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder bei einem der nach § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betriebe verrichtet worden wäre. Dies ist vorliegend zu verneinen. Die vom Kläger am 30.06.1990 ausgeübte Tätigkeit als Oberbürgermeister beim Rat der Stadt Z ... war zum einen bereits keine ingenieurtechnische Tätigkeit im Sinne der Versorgungsordnung; entscheidend kommt weiterhin hinzu, dass der Kläger am Stichtag 30.06.1990 auch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne des § 1 der VO-AVItech in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB beschäftigt gewesen ist.

Der Ausdruck "Betrieb" lässt erkennen, dass es sich um eine Organisationsform handeln musste, die im Wirtschaftsrecht der DDR unter den Oberbegriff "Wirtschaftseinheit" fiel. Als Wirtschaftseinheiten verstand man in der DDR solche "Organisationsformen der sozialistischen Volkswirtschaften, die geschaffen wurden, um als warenproduzierende Glieder der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und Kollektive sozialistischer Werktätiger wirtschaftliche Leistungen zu erbringen, und die zu diesem Zweck auch über entsprechende Leitungsbefugnisse verfügen" (vgl. Autorenkollektiv unter Leitung von Heuer, Wirtschaftsrecht, Staatsverlag der DDR, Berlin 1985, S. 65 und 75; BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 41/01 R -). Soweit von "warenproduzierenden" Gliedern gesprochen wird, kann davon ausgegangen werden, dass der Ausdruck "Ware" nicht nur im Sinne von Sachgütern zu verstehen ist, sondern sowohl materielle als auch immaterielle Güter umschreibt, da ansonsten Dienstleistungsbetriebe keine Betriebe im Sinne des DDR-Rechts gewesen wären. Bezogen auf den Betrieb erfasste der Ausdruck "Warenproduktion" in der DDR letztlich jede Form von wirtschaftlicher Tätigkeit (BSG, a. a. O.). Trotz systembedingter Abweichungen entspricht diese Bedeutung des Ausdrucks "Betrieb" weitgehend dem marktwirtschaftlichen Verständnis; danach ist der Betrieb die organisatorische Einheit von persönlichen, sächlichen und materiellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines "technischen" Zwecks. Ausgehend vom staatlichen Sprachgebrauch der DDR hat der Ausdruck "Betrieb" im Rahmen des Versorgungsrechts nur die Bedeutung, dass er wirtschaftsleitende Organe ausschließt (deswegen deren Gleichstellung in § 1 Abs. 2 der 2. DB; vgl. BSG, a.a.O.).

Eine weitere Eingrenzung erfolgt durch das Merkmal "volkseigen". Dadurch beschränkt sich der Anwendungsbereich der AVItech auf Betriebe, die auf der Basis des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums gearbeitet haben, der wichtigsten Erscheinungsform des sozialistischen Eigentums (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 3/02 R -). Ausgeschlossen waren damit nicht nur Betriebe, die auf der Grundlage von Privateigentum wirtschafteten, sondern auch solche, für die die beiden anderen Formen des sozialistischen Eigentums kennzeichnend waren, nämlich das genossenschaftliche Gemeineigentum und das Eigentum gesellschaftlicher Organisationen der Bürger (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 41/01 R -).

Schließlich erfolgte eine weitere Begrenzung auf (volkseigene) "Produktionsbetriebe" (der Industrie und des Bauwesens). Die Maßgeblichkeit des Merkmals "Produktionsbetrieb" folgt unmittelbar aus § 1 Abs. 2 der 2. DB. Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur der "Industrie" und des "Bauwesens" ankommt, ergibt sich mit Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie u.a. schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 der VO-AVItech und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von "Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens" einerseits und allen anderen "volkseigenen Betrieben" andererseits, welche die DDR spätestens ab den 60er-Jahren und jedenfalls am 30.06.1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hatte (vgl. BSG, a.a.O.).

Aus § 5 der VO-AVItech wie auch aus § 1 der 1. DB ergeben sich zwei Forderungen für die Bedeutung des Wortes "volkseigener

Produktionsbetrieb" in § 1 Abs. 2 der 2. DB: es muss sich bei dem betroffenen Betrieb erstens um einen VEB handeln, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war; ferner muss zweitens der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein. Dem betrieblichen Anwendungsbereich der AVItech unterlagen als "Produktionsbetriebe" somit nur VEB der Industrie, d.h. solche VEB, die als Hauptzweck industrielle Fertigung von Sachgütern betrieben (vgl. BSG, a.a.O.). Gleiches gilt für einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bauwesen. Industrie und Bauwesen waren in der DDR die "führenden" Produktionsbereiche (vgl. BSG, a.a.O. m.w.N.). Auf ihre Unterscheidung von den "anderen Bereichen der Volkswirtschaft" wurde auch in den Regelungen zu den VEB, Kombinaten und VVB Wert gelegt (z.B. § 16 der "Verordnung über die Bildung und Rechtsstellung von Kombinaten" vom 18.10.1968, GBl. II Nr. 121 S. 963; § 2 der Kombinatsverordnung 1973 und § 41 Abs. 1 der Kombinatsverordnung 1979). Dort werden ausdrücklich die VEB in den Sektoren Industrie und Bauwesen den Sektoren Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft sowie allen anderen Bereichen der Volkswirtschaft gegenübergestellt. Auch nach dem Sprachgebrauch der DDR waren daher volkseigene Produktionsbetriebe nur solche dieser beiden Wirtschaftsbranchen Industrie und Bauwesen. Hieraus folgt somit, dass es auch für die Bejahung eines volkseigenen Produktionsbetriebes des Bauwesens im Sinne der 2. DB erforderlich ist, dass der Betrieb als Hauptzweck Bautätigkeiten ausführte.

Dies zu Grunde gelegt, erfolgte die Tätigkeit des Klägers als Oberbürgermeister bei der Stadt Z ... gerade nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im vorgenannten Sinne. Es handelt sich vielmehr um eine verwaltungsleitende Tätigkeit bei einer Einrichtung der kommunalen Selbstverwaltung. Da ihm bis zur Schließung des Zusatzversorgungssystems zum 30.06.1990 eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in die AVItech nicht erteilt worden ist, und er zum genannten Stichtag auch nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem vom Wortlaut der VO-AVItech in Verbindung mit der 2. DB geforderten volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens stand, konnte ein fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech auch nicht mehr entstehen.

Für den Kläger streitet auch nicht § 2 Abs. 4 der 2. DB. Danach erlosch zwar der Anspruch auf Rente (d.h. der Leistung aus dem Zusatzversorgungssystem) für die Dauer von Berufungen in "öffentliche Ämter" oder in "demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.)" nicht. Da der Kläger jedoch vor dem 01.07.1990 keinen Versicherungsschein erhalten hat und damit nicht in das Zusatzversorgungssystem einbezogen war, hatte er auch zuvor keinen "Anspruch" auf Rente, der wegen seiner Tätigkeit und Berufung als Oberbürgermeister hätte erlöschen können (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 31/01 R -).

Unabhängig von der Frage der konkreten Tätigkeit des Klägers am Stichtag 30.06.1990 hat er auch entgegen seiner Ansicht im streitigen Zeitraum zuvor nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im oben dargestellten Sinn gearbeitet; weder die Landbaugemeinschaft Z ... noch die Zwischengenossenschaftliche Einrichtung (Z ...) Landbauprojektierung Z ... waren in diesem Sinn volkseigene Betriebe mit entsprechender Eintragung in das Register der volkseigenen Betriebe. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Mit der Aufnahme seiner Tätigkeit als Oberbürgermeister der Stadt Z ... am 01.06.1990 hätte der Kläger möglicherweise der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates (Anlage 1 Nr. 19 zum AAÜG) beitreten können.

Die insoweit relevanten Vorschriften ergeben sich aus der "Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates" gem. dem Beschluss des Ministerrates vom 29.01.1971. Nach § 1 der vorgenannten Ordnung wurde danach für Leiter und Mitarbeiter des Staatsapparates eine freiwillige zusätzliche Altersversorgung eingeführt. Gem. § 2 Abs. 1 der Ordnung konnten der Versorgung alle Mitarbeiter des Staatsapparates beitreten, die (a) ab Aufnahme der Tätigkeit im Staatsapparat bis zum Rentenalter mindestens 15 Jahre ununterbrochen im Staatsapparat tätig sein konnten, (b) ab Aufnahme der Tätigkeit im Staatsapparat bis zum Rentenalter mindestens fünf Jahre ununterbrochen im Staatsapparat tätig sein konnten, wenn sie bei Einführung der Versorgung bereits im Staatsapparat tätig waren. Gem. § 2 Abs. 2 der Ordnung erfolgte der Beitritt zur Versorgung durch Abgabe einer schriftlichen Beitrittserklärung des Mitarbeiters gegenüber dem Staatsorgan. Der Mitarbeiter erhielt vom Staatsorgan einen Nachweis über den Beitritt. Wie sich somit bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Ordnung ergibt, erfolge der Beitritt zur Versorgung durch Abgabe einer schriftlichen Beitrittserklärung. Ohne schriftliche Beitrittserklärung konnte daher eine Versorgungsberechtigung bereits nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung der ehemaligen DDR nicht eintreten, sodass eine einer Versorgungsanwartschaft gleichstehende Rechtsposition ohne Beitrittserklärung auch nicht entstanden ist, vgl. BSG, Urteil vom 30.06.1998 - B 4 RA 11/98 R -; Sächsisches LSG, Urteil vom 21.05.2001 - L 4 RA 182/00 -). Da eine entsprechende Beitrittserklärung durch den Kläger nicht erfolgt ist, scheidet bereits aus diesem Grund auch die Anerkennung von Zurechnungszeiten zur zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates aus.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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