L 2 AL 153/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AL 1080/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AL 153/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. April 2003 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten für Zeiträume vor dem Jahr 2000 höheres Arbeitslosengeld (Alg) wegen der unterbliebenen Berücksichtigung von Einmalzahlungen.

Der Kläger bezog vom 02.12.1996 bis 30.07.1999 Alg und ab 01.08.1999 Altersrente.

Am 21.06.2000 wurde der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 24.05.2000 (1 BVL 1, 4/98, 15/99 - BVerfGE 102, 127) veröffentlicht. Am 23.09.2000 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag und beantragte wegen dieser Entscheidung des BVerfG die Neuberechnung des Alg auf der Grundlage eines um 10 % pauschal erhöhten Bemessungsentgeltes. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.10.2000 ab, weil der Anspruch des Klägers auf Alg bereits vor der Veröffentlichung des Beschlusses des BVerfG geendet habe. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug sinngemäß vor, bei der vom BVerfG im Beschluss vom 24.05.2000 beanstandeten leistungsrechtlichen Vorschrift des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und der Nachfolgevorschrift des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) handele es sich um eine verfassungswidrige Normwiederholung. Schon durch den Beschluss des BVerfG vom 11.01.1995 (1 BvR 892/88 - BVerfGE 92, 53) sei dem Gesetzgeber aufgegeben worden, zum 01.01.1997 eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen. Er habe daher nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Anspruch auf Abänderung der Alg-Bescheide ab 1997. Der Widerspruch wurde durch Bescheid vom 27.10.2000 zurückgewiesen. Nach § 330 Abs. 1 SGB III seien Verwaltungsakte, die auf für verfassungswidrig erklärten Vorschriften beruhten, erst mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des BVerfG zu korrigieren.

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren mit derselben, vertiefend ausgeführten Begründung weiterverfolgt. Das SG hat mit Urteil vom 17.04.2003 die Klage abgewiesen. Das SG hat dort § 330 Abs. 1 und § 434c SGB III näher dargelegt und hieraus abgeleitet, dass dem Kläger kein Anspruch auf höheres Alg zustehe. Für Ansprüche, über die am 21.06.2000 bereits unanfechtbar entschieden gewesen sei, gelte die Erhöhung ab 22.06.2000. Die den Kläger betreffenden Alg-Bescheide seien allesamt vor dem 22.06.2000 bereits bestandskräftig gewesen. Am 22.06.2000 habe der Kläger nicht mehr im Alg-Bezug gestanden.

Der Kläger hat dagegen Berufung eingelegt. Wegen seines weiteren Vorbringens, das mit seinem bisherigen weitgehend inhaltsgleich ist, wird auf seinen Schriftsatz vom 21.06.2003 verwiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.04.2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung ihrer den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 30.07.1999 betreffenden Arbeitslosengeldbescheide dem Kläger ein nach einem um 10 % pauschal erhöhten Bemessungsentgelt berechnetes Arbeitslosengeld für diesen Zeitraum zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 14.10.2003 und 28.10.2003).

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 44 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 1 SGB III auf Abänderung der bestandskräftigen Alg-Bescheide.

Bereits das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 24.05.2000 (1 BvL 1/98 u.a. - BVerfGE 102, 127) im Tenor unter Punkt 3. den Gesetzgeber nur verpflichtet, noch nicht bestandskräftig entschiedene Verfahren für die Zeit ab 01.01.1997 zu berücksichtigen.

Schon deswegen geht die Hauptargumentation des Klägers fehl, dass bereits durch die erste Einmalzahlungsentscheidung mit Fristsetzung bis Ende 1996 ein Anspruch auf höhere Alg- Leistungen entstanden sei. Das BVerfG wollte seiner zweiten Entscheidung nur eine begrenzte Rückwirkung beimessen. Insbesondere hat das BVerfG zu der im Vorfeld seiner Entscheidung kontrovers diskutierten Frage der bloßen Normwiederholung ausdrücklich ausgeführt, der Gesetzgeber habe nicht lediglich die bereits beanstandeten Normen wiederholt (BVerfGE 102, 127, 141 f.). Durch das Gesetz zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 12.12.1996 (BGBl. I S. 1859) war die unmittelbare Rechtswirkung des ersten Einmalzahlungsbeschlusses (1 BvR 892/88 - BVerfGE 92, 53) im Hinblick auf die beanstandeten Normen "verbraucht".

Der Gesetzgeber hat die neuerliche Entscheidung des BVerfG in § 434c Abs. 1 SGB III dahingehend umgesetzt, dass Ansprüche, über die am 21.06.2000 bereits unanfechtbar entschieden worden war, erst ab 22.06.2000 zu erhöhen waren. Das BSG hat diese Regelung bestätigt und ausgeführt, dass § 434c Abs. 1 SGB III vor § 44 SGB X Vorrang habe (Urteile vom 25.03.2003 - B 7 AL 106/01 R - SozR 4-4300 § 434c Nr. 1 und - B 7 AL 114/01 R -). Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des BSG zu § 434c Abs. 1 SGB III an.

Der Kläger, über dessen Alg-Ansprüche am 21.06.2000 unanfechtbar entschieden worden war, hat hiernach keinen Anspruch auf höhere Leistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. -
Rechtskraft
Aus
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