L 6 KN 54/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 7 KN 341/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 KN 54/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 11.07.2003 und der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2002 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, den Zahlbetrag der Regelaltersrente ab 01.08.2001 unter Berücksichtigung des einheitlichen geltenden Grundrentenbetrages nach § 31 BVG neu festzusetzen und die Rückforderung für den Zeitraum vom 01.08. bis 31.10.2001 unter Berücksichtigung des neu festgesetzten Zahlbetrages neu zu berechnen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Regelaltersrente wegen Anrechnung geänderter Verletztenrenten ab 01.08.2001 sowie die Rückforderung überzahlter Rentenzahlbeträge für den Zeitraum vom 01.08.2001 bis 31.10.2001.

Der am ...1934 geborene Kläger bezieht seit dem 01.06.1999 Regelaltersrente (RAR), bewilligt mit Bescheid der Beklagten vom 27.04.1999, neu festgestellt mit Bescheid vom 27.01.2000.

Der Kläger bezieht zudem eine Verletztenrente, die ihm von der Textil- und Bekleidungsberufsgenossenschaft (TBBG) wegen eines am 12.10.1973 eingetretenen Versicherungsfalles auf der Grundlage einer MdE von 45 % gezahlt wird. Diese Rente war zuletzt ab 01.08.2001 in Höhe eines monatlichen Zahlbetrages von 898.83 DM unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes von 36.481,98 DM gewährt worden.

Der Kläger bezieht eine weitere Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit nach der Listennr. 2402 BKV, bewilligt von der Bergbau-Berufsgenossenschaft. Diese Rente war zunächst auf der Grundlage einer MdE von 100 v.H. und ab 01.08.2001 nach einer MdE von nur noch 70 v.H. gewährt worden. Der Rentenzahlbetrag betrug ab 01.08.2001 1.999,26 DM unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes von 52.165,63 DM. Die Rentenherabsetzung war mit Bescheid der Bergbau-Berufsgenossenschaft vom 09.07.2001 mit Wirkung zum 01.08.2001 erfolgt.

Nachdem die Beklagte im Juli 2001 von der Bergbau-Berufsgenossenschaft und im September 2001 von der TBBG von den geänderten Verletztenrentenzahlbeträgen Kenntnis erlangt hatte, hörte sie den Kläger mit Schreiben vom 17.10.2001 zu ihrer Absicht an, ab 01.12.2001 den Bescheid über die Gewährung der Regelaltersrente vom 19.07.2000 mit Wirkung vom 01.12.2001 nach § 48 SGB X zu korrigieren und dazu, dass sie für den Zeitraum vom 01.08.2001 bis 30.11.2001 einen Erstattungsanspruch geltend machen werde.

Mit Bescheid vom 09.11.2001 hob die Beklagte den Bescheid vom 19.07.2000 über die Leistung der Regelaltersrente und die dazu ergangenen Änderungsbescheide hinsichtlich der Rentenhöhe nach § 48 Abs. 1 SGB X mit Wirkung zum 01.08.2001 auf. Der Rentenzahlbetrag betrage ab 01.11.2001 monatlich 1.670,54 DM. Die in der Zeit vom 01.08.2001 bis 31.10.2001 entstandene Überzahlung in Höhe von 960,99 DM sei nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Die wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestehe darin, dass der Kläger zwei Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung beziehe und sich die Verletztenrente der TBBG ab 01.08.2001 erhöht habe. Nach § 93 Abs. 1 SGB VI sei die Rente der Unfallversicherung auf die Rente der Rentenversicherung anzurechnen. Für die Zeit vom 01.08.2001 bis 31.10.2001 bestehe ein Erstattungsanspruch. Die fortlaufende Zahlung der erhöhten Unfallrente ab dem 01.08.2001 sei Einkommen, das zur Minderung der Rente der Rentenversicherung führe. Im Bescheid wurde auf die als Anlage beigefügte Rentenberechnung vom 16.10.2001 Bezug genommen.

In der als Bescheid bezeichneten Rentenberechnung vom 16.10.2001 (ohne Rechtsmittelbelehrung) hatte die Beklagte den monatlichen Zahlbetrag der Regelaltersrente ab 01.08.2001 auf 1.670,54 DM festgesetzt. In Anlage 7 wurde ausgehend von der Rente aus der Rentenversicherung von 3.216,85 DM nach Abzug des Leistungszuschlages von 266,09 DM sowie 15 v.H. des Leistungsanteils der knappschaftlichen Rentenversicherung ohne Leistungszuschlag von 2.120,25 DM in Höhe von 318,04 DM eine zu berücksichtigende Rente von 2.632,72 DM festgestellt. Die zu berücksichtigende Leistung aus der Unfallversicherung wurde auf insgesamt 1.823,09 DM festgesetzt. Dieser Betrag errechnete sich aus der Leistung aus der Unfallversicherung in Höhe von 898,83 DM abzüglich der Grundrente nach dem BVG i.H.v. 398,00 DM (MdE 45 v.H.); daraus errechnet sich eine anzurechnende Leistung von 500,83 DM; hinzugerechnet wurde die weitere Leistung aus der Unfallversicherung abzüglich des Freibetrages in Höhe der Grundrente nach dem BVG (MdE 70 v.H.) von 677,00 DM. Daraus errechnet sich eine zu berücksichtigende Leistung aus der Unfallversicherung von 1.322,26 DM und insgesamt eine zu berücksichtigende Leistung aus der Unfallversicherung von 1.823,09 DM. Die Summe der Rentenbeträge wurde auf 4.455,81 DM festgesetzt. Der zu berücksichtigende Grenzbetrag wurde auf 3.042,99 DM festgesetzt (1/12 von 70 v.H. des Jahresarbeitsverdienstes von 52.165,63 DM vervielfältigt mit dem Faktor 1). Da die Summe der Rentenbeträge den Grenzbetrag um 1.412,82 DM überstieg, wurde die Rente der Rentenversicherung von 3.216,85 DM um den Betrag von 1.412,82 DM gemindert. Nach Abzug des Krankenversicherungsbeitrages (118,16 DM) und des Pflegeversicherungsbeitrages (15,33 DM) errechnete sich ein monatlicher Zahlbetrag von 1.670,54 DM.

Die Beklagte hatte zuvor mit Bescheid vom 19.07.2000 die Rente aus der Rentenversicherung für die Zeit ab 01.07.2000 auf 3.150,00 DM festgesetzt. Daraus errechnete sie einen monatlichen Zahlbetrag von 2.001,37 DM. Vor Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurde ein Betrag der Rente aus der Rentenversicherung von 2.165,00 DM festgesetzt. Dieser Betrag errechnete sich ausgehend von dem Betrag der Rente aus der Rentenversicherung in Anlage 7 unter Berücksichtigung der anzurechnenden Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Anlage 7 des Bescheides verwiesen.

Der Kläger legte mit seinem am 19.11.2001 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben Widerspruch ein gegen den Bescheid vom 09.11.2001. Er habe am 13.11.2001 die Bescheidaufhebung erhalten. Der neue Rentenbescheid weise eine Rentenkürzung von 335,26 DM aus. Die zwei Renten der Unfallversicherung hätten sich jedoch insgesamt nur um 45,55 DM erhöht. Ihm sei bei dieser geringen Erhöhung der Abzug von seiner Altersrente in Höhe des Siebenfachen unverständlich, zumal in der Anhörung darauf hingewiesen werde, dass der verbleibende Bruttorentenbetrag und das zu berücksichtigende Einkommen zusammen nicht niedriger sei als der bisher zustehende Bruttorentenbetrag. Die Anhörung sei unvollständig gewesen. Bereits am 29.10.2001 sei ihm die gekürzte Altersrente für November 2001 in Höhe von 1.670,54 DM netto überwiesen worden, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht über die Veränderung informiert worden sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2002 zurück. Durch Bescheid der Bergbau-Berufsgenossenschaft vom 09.07.2001 sei die bisherige MdE von 100 v.H. auf 70 v.H. herabgesetzt worden mit Wirkung vom 01.08.2001. Durch die TBBG sei mit Wirkung ab 01.08.2001 der Rentenzahlbetrag von bisher 693,73 DM auf 898,83 DM erhöht worden. Die Regelaltersrente sei unter Beachtung dieser geänderten Rentenzahlbeträge der Verletztenrenten nach § 93 SGB VI neu festzustellen gewesen. Mit Anhörungsschreiben vom 17.10.2001 sei darauf hingewiesen worden, dass aufgrund der veränderten Unfallrentenzahlbeträge eine Minderung der Rente der Rentenversicherung eintreten werde. Aus maschinell-technischen Gründen sei die Kürzung der Rentenleistungen erst für den Monat November 2001 veranlasst worden. Deswegen habe sich nur für den Zeitraum vom 01.08.2001 bis 31.10.2001 eine Überzahlung der Rente in Höhe von 960,99 DM (491,35 Euro) ergeben. Dieser Betrag sei gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.

Der Kläger hat dagegen am 04.06.2002 beim zuständigen Sozialgericht Chemnitz Klage erhoben. Die Klage wurde nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.07.2003 abgewiesen. Es hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 3 SGB X als erfüllt angesehen. Die monatliche Rente aus der Rentenversicherung habe am 01.08.2001 3.216,85 DM betragen und habe sich durch die Anrechnung der Unfallrentenleistungen auf 1.804,03 DM vermindert. Die Unfallrentenleistungen und die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hätten insgesamt 4.702,12 DM betragen. Dieser Betrag übersteige den Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach § 93 Abs. 1 SGB VI werde eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund eigener Versicherung insoweit nicht geleistet, wenn für denselben Zeitraum ein Anspruch auf eine Rente aus eigener Versicherung und auf eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe und die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteige.

Der Kläger hat dagegen mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten am 14.12.2003 Berufung eingelegt. Die Berufung wurde trotz mehrfacher Erinnerung nicht begründet. Anträge wurden nicht gestellt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 11.07.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihr Vorbringen in erster Instanz.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die beigezogene Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung weder zugegen noch vertreten war (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 SGG). Der Kläger war ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigt worden und war in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz (SG) vom 01.07.2003 sowie der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2002 sind rechtswidrig und waren aufzuheben.

Das Begehren des Klägers, der zwar Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt hatte, jedoch im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt hatte und diese trotz mehrfacher Erinnerung nicht begründet hatte, war dahingehend auszulegen, dass jedenfalls eine Entscheidung in der Sache gewollt ist. Zudem ist davon auszugehen, dass der Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm auf Grund des Sachverhaltes zusteht. Bei der Feststellung des Gewollten ist das gesamte Vorbringen zu berücksichtigen (BSG 21, 167). Der Kläger hatte zur Begründung seines Widerspruchs vom 19.11.2001 sinngemäß vorgetragen, dass er mit der festgesetzten Höhe seiner Altersrente ab 01.08.2001 und somit auch mit der Höhe der von der Beklagten geltend gemachten Rückforderung nicht einverstanden ist.

Entgegen der Auffassung des SG ist der Kläger durch die im Bescheid der Beklagten vom 09.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2002 geregelte Aufhebung der Bewilligung, ausgehend von dem in der Anlage zum Bescheid vom 09.11.2001 festgesetzten Zahlbetrag der Regelaltersrente des Klägers ab 01.08.2001, und die Festsetzung des vom Kläger zu erstattenden Betrages in seinen Rechten verletzt.

Zwar ist ab 01.08.2001 durch die Erhöhung der dem Kläger von der TBBG gewährten Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung von bisher 679,39 DM auf nunmehr 693,00 DM und durch die geänderte Unfallrente der BBG von bisher 2204,36 DM (MdE von 100 v.H.) auf nunmehr 1999,26 DM (MdE von 70 v.H.) eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten, die grundsätzlich zu einer Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X führt.

Wie sich aus der Anlage zum Bescheid vom 09.11.2001 ergibt, hat die Beklagte bei der Berechnung des Zahlbetrages der Regelaltersrente des Klägers das Recht insofern unrichtig angewandt, als im Rahmen des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI bei der Ermittlung der zusammentreffenden Rentenbeträge nur ein Beschädigten-Grundrentenbetrag unberücksichtigt geblieben ist, wie er sich in Anwendung des § 84a BVG in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung i.V.m. dem Einigungsvertrag - EV - (Anlage I Kap. VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr. 1a) ergab. Danach galten für den in § 84a SGB VI genannten Personenkreis, für Berechtigte, die am 18.05.1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Art. 3 des EV genannten Gebiet hatten, Absetzungsbeträge nur in Höhe der Grundrente nach dem BVG bei gleichem Grad der MdE nur unter Berücksichtigung der Maßgaberegelung des Abschnitt III Ziff. 1 Buchst. a der Anlage I zum Einigungsvertragsgesetz. Für die in § 31 Abs. 1 BVG bestimmten DM-Beträge galt, dass diese mit dem Vomhundertsatz zu vervielfältigen waren, der sich aus dem jeweiligen Verhältnis der verfügbaren Standardrente im Beitrittsgebiet zur verfügbaren Standardrente im alten Bundesgebiet ergibt (Absenkungsfaktor).

Die Beklagte hätte jedoch richtigerweise allein den Beschädigten-Grundrentenbetrag als sog. Freibetrag bei der Anrechnung der Verletztenrenten berücksichtigen müssen, der sich aus der Anwendung des § 31 Abs. 1 BVG ergibt. Sie hätte also bei der Verletztenrente der TBBG (MdE von 45 v.H.) als maßgeblichen Absetzungsbetrag, den Grundrentenbetrag nach § 31 Abs. 1 BVG in Höhe von 412,00 DM berücksichtigen müssen (= MdE von 50 v.H., denn nach § 31 Abs. 2 BVG stellen die Vomhundertsätze Durchschnittssätze dar, eine um 5 v.H. geringere MdE wird von ihnen mit umfasst). Die Beklagte hat als Absetzungsbetrag lediglich 398,00 DM zu Grunde gelegt. Für die von der Bergbau-BG geleistete Verletztenrente wäre der Grundrentenbetrag nach dem BVG bei einer MdE von 70 v.H. nach § 31 Abs. 1 BVG in Höhe von 721,00 DM zu berücksichtigen gewesen. Die Beklagte hat jedoch in der Anlage zum angefochtenen Bescheid lediglich 677,00 DM vom Zahlbetrag der Verletztenrente abgesetzt.

Ausgehend von den zutreffenden Freibeträgen errechnet sich bei überschlägiger Berechnung ein monatlicher Zahlbetrag der Regelaltersrente des Klägers von 1.724,24 DM ab 01.08.2001 und nicht wie von der Beklagten im Bescheid vom 16.10.2001 festgesetzt von 1.670,54 DM.

Bereits der Wortlaut des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI verbietet eine Differenzierung zwischen verschiedenen Grundrenten bei gleichem MdE-Grad. Nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI bleibt bei der Verletztenrente aus der Unfallrentenversicherung der Betrag unberücksichtigt, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente nach dem BVG geleistet würde. Die Bestimmung enthält keinen Hinweis darauf, dass zu unterscheiden ist zwischen den Berechtigten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in den neuen oder alten Bundesländern hatten bzw. haben (BSG, Urteil vom 20.11.2003, Az: B 13 RJ 5/03 R; Urteil vom 10.04.2003, Az: B 4 RA 32/02 R).

Im Rahmen einer Anrechnung nach § 93 SGB VI können nur die Rentenanteile aus der Unfallversicherung einbezogen werden, die Lohnersatzfunktion (in einem weiteren Sinn) haben. Der Gesetzgeber hat mit Blick darauf, dass das (gesamte) Renteneinkommen nicht höher als das Nettoerwerbseinkommen bei voller Arbeitsleistung sein soll, das Renteneinkommen in Höhe des Grenzbetrages anrechungsfrei belassen (70 v.H.). Dies bewirkt die Freibetragsregelung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI.

Sinn und Zweck der Freibetragsregelung ist es, im Rahmen einer Gleichbehandlung unfallverletzter Rentenberechtigter diejenigen Rentenanteile von der Anrechnung auszunehmen, die dem Ausgleich immaterieller Schäden dienen. Da sich aus den Unfallrenten selbst der Anteil des immateriellen Schadens nicht ermitteln lässt, knüpft § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI an die Beschädigten-Grundrente des BVG an, um so die Gleichbehandlung der unfallverletzten Rentenberechtigten zu sichern. Die Grundrente nach dem BVG deckt praktisch nur noch den immateriellen Schaden ab. Die "Genugtuungsfunktion" der Beschädigtengrundrente zeigt sich unter anderem auch darin, dass sie bei der Bemessung anderer staatlicher Leistungen, wie beispielsweise bei der Arbeitslosen- und Sozialhilfe unberücksichtigt bleibt (BSG - B 4 RA 32/02 R).

Die Festsetzung eines niedrigeren Freibetrages für unfallverletzte Rentenberechtigte im Beitrittsgebiet wäre zudem verfassungswidrig. Sie würde den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen. Die damit letztlich verbundene Zuerkennung eines niedrigeren monatlichen Zahlungsanspruchs trotz gleichhohen immateriellen Schadens ließe sich allenfalls mit einer geringeren Wirtschaftkraft und niedrigeren Löhnen und Gehältern im Beitrittsgebiet rechtfertigen. Diese tatsächlichen Unterschiede zu den alten Bundesländern werden jedoch bereits bei der Festsetzung des Wertes des Rentenrechts berücksichtigt und führen zu einem niedrigerer aktuellen Rentenwert (§ 255a SGB VI). Ein nochmaliger "Abschlag" beim Freibetrag würde Versicherte im Beitrittsgebiet im Vergleich zu den im alten Bundesgebiet unverhältnismäßig belasten (BSG a.a.O.).

Auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet bei der Anwendung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI eine Differenzierung zwischen unfallverletzten Rentenberechtigten mit gleichhoher MdE in den alten und neuen Bundesländern.

Nach alledem war die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und unter Aufhebung des Bescheides vom 09.11.20001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides zu verurteilen, die Aufhebung der Bewilligung gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 sowie die Festsetzung des nach § 50 Abs. 1 SGB X vom Kläger zu erstattenden Betrages unter Berücksichtigung des neu ab 01.08.2001 festzusetzenden Zahlbetrages der Regelaltersrente neu zu berechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat neben dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen auch berücksichtigt, dass der Kläger trotz mehrfacher Erinnerung die Berufung nicht begründet hatte und zum Fortgang des Verfahrens keinen Beitrag geleistet hat.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen. -
Rechtskraft
Aus
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