L 7 AS 145/08

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AS 750/06
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 145/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Grundurteil bei Leistungsklage, Abgrenzung von Eingliederungshilfe zu Mehrbedarf behinderter Hilfebedürftiger

Auch bei Leistungsklagen nach dem SGB 2 und SGB 12 kann gemäß § 130 SGG zur Leistung dem Grunde nach verurteilt werden(vgl. BSG, 16.10.2007,B 8/9b SO 2/06 R;21.12.2009, B 14 AS 61/08 R) Der Anspruch auf Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB 2 setzt die Teilnahme an einer regelförmigen Maßnahme voraus(Anschluss an BSG, 22.03.2010, B 4 AS 59/09 R) Der Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 SGB 12 kann gegenüber den Träger der Grundsicherung nach dem SGB 2 bestehen, wenn dieser den Antrag nicht fristgerecht gemäß § 14 SGB 9 an den zuständigen Träger weitergeleitet hat (vgl. BSG, Urteil vom 20.11.2008, B 3 KN 4/07 KR R).
I. Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 7. März 2008 und die Bescheide vom 12.10.2005 und 06.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2006 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum 01.10.2005 bis 30.09.2006 unter Berücksichtigung von Eingliederungshilfe für den Kläger zu 1 in Höhe von insgesamt 87,00 EUR zu leisten. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen zu einem Zehntel zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern von Oktober 2005 bis September 2006 zustehenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Insbesondere ist streitig, ob hierbei ein Mehrbedarf des Klägers und Berufungsbeklagten zu 1 (im Folgenden: Kläger zu 1) nach § 21 Abs. 4 SGB II zu berücksichtigen ist.

Die 1948 und 1950 geborenen und seit 1972 miteinander verheirateten Kläger und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Kläger) bewohnen eine 57 m² große Mietwohnung mit einer Kaltmiete von 270,84 EUR zuzüglich 44,07 EUR Heizkosten sowie 64,18 EUR sonstige Nebenkosten. Der Kläger zu 1 ist auf Grund eines Gehörschadens schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 und trägt ein Hörgerät. ER arbeitete im streitgegenständlichen Zeitraum als Hausmeister für eine Wohnungsverwaltungsfirma. Die Klägerin und Berufungsbeklagte zu 2 bezog bis 15.10.2005 Arbeitslosengeld in Höhe von 17,07 EUR täglich. Des Weiteren übte sie eine Beschäftigung im Dienstleistungscenter H aus, bei der sie 165,00 EUR monatlich verdiente.

Mit Bescheid vom 12.10.2005 bewilligte der Beklagte und Berufungskläger (im Folgenden: Beklagte) den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 114,51 EUR für Oktober 2005 und 439,16 EUR monatlich für November 2005 bis März 2006. Mit Widerspruch vom 23.10.2005 trugen die Kläger vor, die Berechnung für Oktober 2005 sei nicht korrekt. Des Weiteren sei die Schwerbehinderung des Klägers zu 1 nicht hinreichend berücksichtigt worden. Mit weiterem Bescheid vom 06.03.2006 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 439,16 EUR monatlich für die Monate April bis September 2006. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch vom 17.03.2006 trugen die Kläger erneut vor, die Schwerbehinderung des Klägers zu 1 sei nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2006 wies der Beklagte die Widersprüche vom 23.10.2005 und 17.03.2006 gegen die Bescheide vom 12.10.2005 und 06.03.2006 zurück. Die Berechnung des Einkommens sowie des Leistungsanspruchs für den Monat Oktober 2005 sei unter Berücksichtigung des ganzen Monats vorzunehmen, auch wenn der Bezug von Arbeitslosengeld am 15.10.2005 geendet habe. Die Gewährung eines Mehrbedarfes nach § 21 Abs. 4 SGB II komme nicht in Betracht, weil die Versorgung mit dem Hörgerät durch die Krankenkasse erfolgt sei und dies keine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei. Vielmehr handele es sich um ein Hilfsmittel nach § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), welches nicht speziell zur Erlangung oder Erhaltung des Arbeitsplatzes gewährt worden sei.

Am 15.05.2006 haben die Kläger Klage vor dem Sozialgericht Leipzig erhoben. Mit Urteil vom 07.03.2008 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 12.10.2005 und 06.03.2006, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2006, verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 01.10.2005 bis 30.09.2006 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige nach Maßgabe des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II unter Abzug bereits erbrachter Leistungen zu gewähren. Der Kläger zu 1 erhalte von einem öffentlich-rechtlichen Träger, seinem gesetzlichen Krankenversicherer, ein Hörgerät. Bei dem Hörgerät handele es sich um eine sonstige Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben im Sinne des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Damit errechne sich ein Anspruch von monatlich 104,00 EUR (35 % von 298,00 EUR) für Oktober 2005 bis Juni 2006 sowie monatlich 109,00 EUR (35 % von 311,00 EUR) für Juli 2006 bis September 2006.

Gegen das ihm am 03.04.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 05.05.2008 Berufung eingelegt. Er macht geltend, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 30 SGB IX würden durch die Versorgung mit einem Hörgerät nicht erbracht. Vielmehr handele es sich um ein Hilfsmittel nach § 33 SGB V, welches nicht speziell zur Erlangung oder Erhaltung des Arbeitsplatzes gewährt worden sei. Erst die Bewilligung und der Bezug direkter berufsbezogener, das Arbeitsleben betreffender Leistungen oder sonstiger Hilfen führe zu einem Anspruch auf Zahlung des Mehrbedarfs. Dies ergebe sich aus dem Normzweck der Regelung, mit der nicht jeder berufsbezogene Nachteil ausgeglichen, sondern dem Umstand Rechnung getragen werden solle, dass es für den Personenkreis der behinderten Menschen auf Grund nicht ausreichend behindertengerecht ausgestalteter konkreter Arbeitsbedingungen oftmals schwer sei, einen vorhandenen Arbeitsplatz zu erhalten oder eine Ausbildung durchzustehen. Die Vorschrift erfasse gerade nicht Hilfen zur Erhaltung eines geeigneten Arbeitsplatzes. Bei dem gewährten Hilfsmittel nach § 33 SGB V handele es sich nicht um ein Hilfsmittel zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes. Dies seien beispielsweise Maßnahmen zur Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes, die Übernahme von Kosten für Arbeitsausrüstung, Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen, Ausstattung mit der notwendigen Arbeitsausrüstung, nicht jedoch ein Hörgerät.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 07.03.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 59/09 R, ergebe sich, dass dem Kläger zu 1 der streitige Mehrbedarf zustehe. Der Kläger zu 1 habe an einer regelförmigen Maßnahme im Sinne des § 33 SGB IX teilgenommen. Das ihm gewährte Hörgerät stelle insbesondere eine Maßnahme nach § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX dar, wonach auch Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung, zur Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Wege vom und zum Arbeitsplatz und am Arbeitsplatz erforderlich seien, es sei denn, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers bestehe oder solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden könnten, von Leistungen nach Abs. 3 Nr. 1 und 6 umfasst seien.

Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats am 06.09.2010 sind unter anderem die Urteile des Bundessozialgerichts vom 22.03.2010 - B 4 AS 59/09 R sowie vom 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R erörtert worden. Der Kläger zu 1 hat auf Nachfrage dargelegt, dass er pro Jahr etwa 155,00 EUR für den Betrieb seines Hörgerätes aufwende. Diese setzten sich wie folgt zusammen: Batterien 36,00 EUR, Reinigungsmittel 36,00 EUR, Ohrstöpsel 15,00 EUR, Praxisgebühr HNO-Arzt 40,00 EUR, Fahrkosten zum HNO-Arzt 16,00 EUR, Fahrtkosten zum Hörgeräteakustiker 12,00 EUR.

Die Beigeladene hat keinen eigenen Sachantrag gestellt.

Sie hält die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe grundsätzlich für erfüllt, der Höhe nach seien aber nicht die geltend gemachten 155,00 EUR, sondern nur 87,00 EUR notwendig. Fahrtkosten und Praxisgebühr gehörten nicht zum notwendigen Bedarf im Rahmen der Eingliederungshilfe. Diese 87,00 EUR wolle sie an den Kläger zu 1 leisten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren gemäß §§ 153 Abs. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die insoweit erforderlichen Einverständniserklärungen vorliegen.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2, 151 Abs. 1 SGG.

Die Berufung ist auch im tenorierten Umfang begründet.

Gegenstand der Berufung ist die Höhe des Anspruchs der Kläger auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum 01.10.2005 bis 30.09.2006, auch wenn die Beteiligten allein um den Anspruch des Klägers zu 1 auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II oder Eingliederungshilfe nach § 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) streiten.

Zwar kann der Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft oder auf die übrigen Leistungen beschränkt werden, darüber hinaus lassen sich die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht in rechtlich zulässiger Weise in unterschiedliche Streitgegenstände aufspalten. Insbesondere bei dem Anspruch auf Mehrbedarf handelt es sich nicht um einen abgrenzbaren Teil des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, der eigenständig geltend gemacht werden kann (so aber noch Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.08.2009 - L 3 AS 245/08; Beschluss vom 15.02.2010 - L 3 AS 780/09 NZB; vgl. jetzt BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 28/09 R, RdNr. 11 m.w.N; Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 59/09 R). Die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist deshalb unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

Allerdings kann gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG, wenn eine Leistung in Geld begehrt wird, auf die ein Rechtsanspruch besteht, (§ 54 Abs. 4 SGG), auch zur Leistung dem Grunde nach verurteilt werden, wenn feststeht, dass ein Anspruch auf eine Geldleistung vorhanden oder zumindest wahrscheinlich ist (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 16.10.2007 – B 8/9b SO 2/06 R, RdNr. 22; Urteil vom 21.12.2009 – B 14 AS 61/08 R, RdNrn. 5, 9; Urteil vom 30.09.2010 – B 10 EG 11/09 R, RdNrn. 19, 36). Von diesem eingeräumten Ermessen macht der Senat vorliegend Gebrauch, weil ein Anspruch auf eine Geldleistung - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - vorhanden ist, die übrigen Anspruchsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten geklärt sind und hinsichtlich der Höhe der den Klägern im Übrigen berücksichtigten Leistungen keine Fehler geltend gemacht worden oder ersichtlich sind. Die Rechtsfrage, ob der Kläger zu 1 Anspruch auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II oder Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII hat, kann deshalb durch den Senat im Grundurteil geklärt werden kann. Die Höhe der den Klägern insgesamt zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII hat der Beklagte sodann durch besonderen Verwaltungsakt festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2010 – B 10 EG 11/09 R, RdNr. 36).

Das (Grund-)Urteil des Sozialgerichts vom 07.03.2008, welches den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 12.10.2005 und 06.03.2006, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2006 verurteilt hat, den Klägern für die Zeit vom 01.10.2005 bis 30.09.2006 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige nach Maßgabe des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II unter Abzug bereits erbrachter Leistungen zu gewähren, ist zu ändern, soweit mehr als 87,00 EUR zugesprochen wurden.

Der Kläger zu 1 hat keinen Anspruch auf den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII erbracht werden, einen Mehrbedarf von 35 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen dieser Norm nur insofern, als er zum Kreis der erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen gehört. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 59/09 R) setzt der Anspruch darüber hinaus jedoch die Teilnahme an einer regelförmigen besonderen Maßnahme voraus, die grundsätzlich geeignet ist, einen Bedarf beim Betroffenen auszulösen. Diese einschränkende Auslegung folgt aus dem Wortlaut und dem aus der Entstehungsgeschichte der Norm herzuleitenden spezifischen Sinn und Zweck des Mehrbedarfs.

Das BSG hat dazu insbesondere ausgeführt (Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 59/09 R, RdNrn. 18 ff.): Allerdings ergibt sich noch kein Hinweis auf das Erfordernis einer regelförmigen Maßnahme aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II, denn danach wird darauf abgestellt, dass "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Zwölften Buches erbracht werden". Eine Begrenzung des aufgeführten Leistungsspektrums folgt jedoch aus Satz 2 der Vorschrift, denn danach wird eine weitere Gewährung dieses Mehrbedarfs während einer angemessenen Übergangszeit nach Beendigung der in Satz 1 "genannten Maßnahmen" eröffnet. Die Formulierung des Satzes 2 weist dementsprechend aus, dass sich die Leistungserbringung innerhalb eines organisatorischen Rahmens vollziehen muss, der eine Bezeichnung als "Maßnahme" rechtfertigt.

Dieses Ergebnis wird durch den aus der Entstehungsgeschichte herzuleitenden Zweck der Regelung bestätigt. Vorgängervorschrift für § 21 Abs. 4 SGB II war die in § 23 Abs. 3 BSHG getroffene Regelung (vgl BT-Drucks 15/1516 S 57), nach dessen Satz 1 für Behinderte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und denen Eingliederungshilfe nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BSHG gewährt wird, ein Mehrbedarf von 40 vH des maßgebenden Regelsatzes anerkannt wurde, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf bestand. Durch den Verweis auf § 40 Abs 1 Satz 1 Nr. 3 (idF durch Art 67 des Gesetzes vom 19.6.2001, BGBl I 1046) waren bereits die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben erfasst. § 23 Abs. 3 BSHG geht wiederum zurück auf das Zweite Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 22.12.1981 (2. Haushaltsstrukturgesetz, BGBl I 1523) und schloss eine Lücke, die ansonsten durch die Aufhebung der Mehrbedarfsregelung im Rahmen der Eingliederungshilfe entstanden wäre (vgl Schellhorn/Jirasek/Seipp, Kommentar zum BSHG, 11. Aufl 1984, § 23 RdNr 15). Das zuvor geltende Recht der Eingliederungshilfe hatte in § 41 Abs. 2 Satz 2 BSHG (idF des Bundessozialhilfegesetzes vom 30.6.1961, BGBl I 815) vorgesehen, dass für Behinderte, die nicht mehr im volksschulpflichtigen Alter waren, für den laufenden Lebensunterhalt ein Mehrbedarf von mindestens 50 vH des maßgebenden Regelsatzes anzuerkennen war, wenn der Lebensunterhalt nach Regelsätzen zu bemessen war. Sie lehnte sich an die Regelungen über die Ausbildungsbeihilfe an (vgl BT-Drucks 3/1799 S 46 zu § 39), die in der Parallelregelung des § 33 Abs. 2 Satz 2 BSHG ebenfalls einen entsprechenden Mehrbedarf vorgesehen hatte. Diese enge Anlehnung der Sätze an die Ausbildungsbeihilfe belegt, dass der Mehrbedarf an strukturierte Maßnahmen geknüpft war, die über bloße Kontaktaufnahmen mit Beratung hinausgehen mussten und jedenfalls vom Grundsatz her geeignet waren, einen zusätzlichen Bedarf hervorzurufen.

Der Kläger zu 1 hat an keiner derartigen strukturierten, regelförmigen Maßnahme teilgenommen. Die vom Klägerbevollmächtigten vorgenommene weite Auslegung, jegliche Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX führe zur Anspruchsberechtigung nach § 21 Abs. 4 SGB II, widerspricht der vom BSG im Hinblick auf Satz 2 der Vorschrift vorgenommenen einschränkenden Auslegung des Satzes 1. Die Anspruchsberechtigung kann auch nicht dadurch herbeigeführt werden, dass die Versorgung mit einem Hörgerät durch die Krankenkasse als regelförmige Maßnahme nach § 33 SGB IX angesehen wird. Denn eine regelförmige Maßnahme ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dadurch gekennzeichnet, dass die Leistungserbringung innerhalb eines organisatorischen Rahmens erfolgt, der eine Bezeichnung als Maßnahme rechtfertigt, wobei beispielhaft Fortbildung und Umschulung genannt werden (BSG, Urteil vom 20.03.1986 - 11 B RAr 11/85).

Ein Anspruch des Klägers zu 1 kann sich allerdings aus § 54 SGB XII ergeben, der im Wesentlichen dem früheren § 40 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entspricht. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII enthält neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX, für die ebenfalls eine Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers gegeben sein kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 SGB IX), einen Katalog von Leistungen der Eingliederungshilfe. Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 54 SGB XII scheitert nicht daran, dass der Kläger zu den Anspruchsberechtigten nach dem SGB II zählt. Zur Abgrenzung der Zuständigkeiten von Sozialhilfeträger und den Leistungsträgern im Sinne der §§ 6, 6a SGB II bestimmt § 21 Satz 1 SGB XII, dass Personen, die nach dem SGB II als erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten. Korrespondierend hiermit bestimmt § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II, dass der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II die Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausschließt. Damit bleiben die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII von den Leistungsausschlüssen unberührt. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bezeichnet als Leistungen der Eingliederungshilfe unter anderem die Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 des SGB IX. In Betracht kommen also sowohl Leistungen nach § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX (sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten) i.V.m. § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX (Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung [ ] oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz und am Arbeitsplatz erforderlich sind). Ebenso kommen Leistungen nach § 55 SGB IX in Betracht. Demnach werden Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern.

Das BSG hat dazu insbesondere ausgeführt (Urteil vom 19.05.2009 – B 8 SO 32/07 R RdNrn. 16 ff.): Nach § 55 SGB IX werden als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 des SGB IX nicht erbracht werden. Ziel der Leistungen nach § 55 Abs. 1 SGB IX ist es einerseits, den Menschen, die auf Grund ihrer Behinderung von (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden (Lachwitz in Handkommentar zum Sozialgesetzbuch IX (HK-SGB IX) 2. Aufl 2006, § 55 RdNr 6). Nach § 55 Abs. 2 Nr 1 SGB IX gehört zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft insbesondere die Versorgung mit Hilfsmitteln, die nicht bereits durch die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln nach § 31 SGB IX oder durch die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erfasst sind. Andere Hilfsmittel oder Hilfen sind danach solche, die über eine medizinische Zweckbestimmung hinausreichen und zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel und Einschränkungen beitragen (Fuchs in Fuchs/Bihr/Krauskopf/Ritz, SGB IX, 1. Aufl 2006, § 55 RdNr. 7).

Die Abgrenzung zwischen Hilfsmitteln im Sinne der medizinischen Rehabilitation (§ 31 SGB IX) und der sozialen Rehabilitation (§ 55 Abs. 2 SGB IX) ist nicht am Begriff des Hilfsmittels (etwa im Sinne der Hilfsmittelrichtlinien) selbst vorzunehmen; maßgebend ist vielmehr, welche Bedürfnisse mit dem Hilfsmittel befriedigt werden sollen, also welchen Zwecken und Zielen das Hilfsmittel dienen soll (Löschau in GK-SGB IX, § 55 RdNr 27, Stand August 2004; Mrozynski, SGB IX, 1. Aufl 2002, § 55 RdNr 4 f). Während Hilfsmittel iS von § 31 SGB IX die Aufgabe haben, einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern oder eine Behinderung nur bei den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind (vgl Legaldefinition in § 31 Abs 1 SGB IX, aber auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V), dienen "andere" Hilfsmittel iS von § 55 Abs. 2 Nr 1 SGB IX über die Aufgabenbestimmung nach § 31 SGB IX hinaus der gesamten Alltagsbewältigung; sie haben die Aufgabe, dem Behinderten den Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben (vgl. § 58 SGB IX iVm § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX) zu ermöglichen und hierdurch insgesamt die Begegnung und den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern (Fuchs, aaO, § 55 RdNr. 4). Die Hilfsmittel iS von § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX entfalten insoweit ihre Wirkung immer erst im Bereich der Behebung der Folgen einer Behinderung (Mrozynski, aaO, § 55 RdNr 12; Löschau, aaO). Ihre Zweckbestimmung überschneidet sich dabei zwangsläufig mit der des Hilfsmittels iS von § 31 SGB IX.

Ein Hörgerät ist damit auch ein Hilfsmittel iS von § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX. Wesentlicher Bestandteil der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist nämlich die Kommunikation, für die Hören essentielle Voraussetzung ist. Das Hörgerät dient deshalb nicht ausschließlich der medizinischen Rehabilitation oder der Teilhabe am Arbeitsleben; sein Zweck und die mit einem Hörgerät verfolgten Ziele gehen weit darüber hinaus, weil es in allen Teilbereichen des täglichen Lebens seinen Einsatz findet, nicht allein eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens ausgleicht, sondern als Hilfe gegen die Auswirkungen der Behinderung im Alltag eine uneingeschränkte Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben sichert und hierdurch erst den umfassenden Zugang zur Gesellschaft ermöglicht. In der Aufzählung in § 9 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der die "anderen Hilfsmittel" iS von § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX (Majerski-Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 11. Aufl. 2005, § 55 RdNr. 6; Haines in Lehr- und Praxiskommentar SGB IX (LPK-SGB IX), 2. Aufl. 2009, § 55 RdNr. 10; Löschau in GK-SGB IX, § 55 RdNr. 43, Stand August 2004; aA Lachwitz in HK-SGB IX, 2. Aufl. 2006, § 55 RdNr. 31) beispielhaft – es handelt sich angesichts des Wortlauts "gehören auch" nicht um einen abschließenden Hilfsmittelkatalog (Majerski-Pahlen, aaO) – aufführt, sind deshalb ausdrücklich auch Hörgeräte genannt (§ 9 Abs 2 Nr. 8 Eingliederungshilfe-VO).

Ist das Hörgerät ein Hilfsmittel iS des § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX, sind notwendigerweise auch die Kosten für die Batterien im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Zum Umfang der Versorgung mit Hilfsmitteln gehört nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO auch deren notwendige Instandhaltung oder Änderung. Der Begriff der Instandhaltung ist weit zu fassen. Er umfasst alle Maßnahmen, die erforderlich sind, damit das Hilfsmittel in einem gebrauchsfähigen Zustand bleibt oder in einen solchen versetzt wird (Majerski-Pahlen, aaO, § 55 RdNr. 16 und § 31 RdNr. 11; Löschau, aaO, § 55 RdNr. 49; vgl aber zur Erstausstattung mit Batterien oder Akkus BSGE 46, 183 ff = SozR 2200 § 182b Nr. 7; zu Stromkosten und Akkuladestrom BSGE 80, 93 = SozR 3-2500 § 33 Nr. 24 und SozR 3-3100 § 11 Nr. 6).

Die Übernahme der Kosten für die Hörgerätebatterien ist auch nicht durch § 55 Abs. 1 letzter Halbsatz SGB IX ausgeschlossen. Einen Nachrang der Leistung nach § 55 SGB IX sieht diese Regelung nur vor, wenn entsprechende Leistungen nach den Kap 4 bis 6 des SGB XII tatsächlich "erbracht" werden, wie dies vorliegend nicht der Fall ist. Dass ein Anspruch nach den Kap 4 bis 6 ggf. dem Grunde nach besteht, reicht nach dem Wortlaut allein nicht aus, um den Leistungsberechtigten iS des § 55 SGB IX auf die vorrangigen Leistungen nach den §§ 26 SGB IX, Leistungen der medizinischen Rehabilitation, zu verweisen (in diesem Sinne: Lachwitz in HK-SGB IX, 2. Aufl. 2006, § 55 RdNr. 9; Haines in LPK-SGB IX, 2. Aufl. 2009, § 55 RdNr. 7; aA Löschau in GK-SGB IX, § 55 RdNr. 7, Stand August 2004; Fuchs in SGB IX, 1. Aufl. 2006, aaO, § 55 RdNr. 6 und Mrozynski, SGB IX, 1. Aufl. 2002, § 55 RdNr. 3). Im Ergebnis kann dies dahingestellt bleiben, weil auch nach der Gegenmeinung Leistungen nach § 26 SGB IX nur dann Vorrang vor denen des § 55 SGB IX haben, wenn alle Voraussetzungen für die Leistung nach § 26 SGB IX erfüllt sind. Hieran fehlt es aber, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat.

Die Klägerin hat keinen (vorrangigen) Anspruch auf Versorgung mit Hörgerätebatterien im Rahmen der medizinischen Rehabilitation nach § 54 Abs. 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX, wobei bereits fraglich ist, ob die Hörgeräte- und Hörgerätebatterienversorgung überhaupt medizinische Rehabilitation ist. Denn die Vorschriften des SGB IX gelten nach dessen § 7 für Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entsprechen die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben jeweils den Rehabilitationsleistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung, bei der die Hilfsmittel nicht zu den Rehabilitationsleistungen zählen. Wie bei der Hilfe zur Gesundheit (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) werden die Leistungen der medizinischen Rehabilitation mit den Leistungen der Krankenversicherung so verknüpft, dass sie nach Art und Umfang nicht über die Leistungen des SGB V hinausgehen (Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 54 SGB XII RdNr. 6). Nach der Verordnung über Hilfsmittel von geringem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis in der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 13. Dezember 1989 (BGBl I 2237) ist die Energieversorgung (Akkus oder Batterien) bei Hörgeräten für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, als sächliches Mittel mit geringem Abgabepreis von der Versorgung durch die Gesetzliche Krankenversicherung ausgeschlossen (§ 2 Nr. 11 der Verordnung; zur Verfassungsmäßigkeit vgl. BSGE 74, 232 ff = SozR 3-2500 § 33 Nr. 9).

Zudem kann die Regelung des § 54 SGB XII iVm § 26 SGB IX im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) nur dann zur Anwendung gelangen, wenn nicht ohnehin die gegenüber der Eingliederungshilfe vorrangig zu gewährenden Leistungen nach § 264 Abs. 2 SGB V zum Tragen kommen. Danach wird die Kassenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII von der Krankenkasse übernommen, deren Aufwendungen durch den zuständigen Sozialhilfeträger erstattet werden (§ 264 Abs 7 SGB V). Neben den von der Krankenkasse zu erbringenden Leistungen der medizinischen Rehabilitation ist dann aber kein Raum für Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Rahmen der Eingliederungshilfe, die ohnehin nach Art und Umfang an die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung angebunden sind. Anderenfalls wäre sinnwidrigerweise in jedem Einzelfall zunächst zu prüfen, ob ggf vorrangig Leistungen der Eingliederungshilfe zum Tragen kommen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 23/07 R).

Sind die Leistungen der Krankenkasse nach § 264 Abs. 2 SGB V nur vorrangig zu gewähren und sehen diese nach oben Gesagtem eine Versorgung mit Hörgerätebatterien nicht vor, steht der gegenüber § 264 Abs. 2 SGB V nachrangigen Eingliederungshilfe in Form der sozialen Rehabilitation durch Übernahme der Kosten für die Hörgerätebatterien nichts entgegen. Insbesondere ist die Leistung nicht in der Weise teilbar, dass ggf. nur ein Teil der Kosten für Hörgerätebatterien im Rahmen der sozialen Rehabilitation zu erstatten wäre. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Aufgaben der Hilfsmittel in der Gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der medizinischen Rehabilitation und der sozialen Rehabilitation überschneiden, die soziale Rehabilitation nach oben Gesagtem aber über die medizinische Rehabilitation hinausgehen kann. Leistungen der sozialen Rehabilitation sind dann nicht identisch mit Leistungen der medizinischen Rehabilitation und können auch nur als Ganzes, als unteilbare Leistung, erbracht werden.

Im Ergebnis entspricht dies den Zielen des SGB XII, dessen Leistungen das Existenzminimum sichern sollen. Während § 34 Abs. 4 SGB V iVm der Verordnung über Hilfsmittel von geringem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis in der Gesetzlichen Krankenversicherung davon ausgeht, dass sächliche Mittel, deren Erwerb nur mit geringfügigen Kosten verbunden ist, von dem Versicherten getragen werden können, ohne dass das Existenzminimum hierdurch gefährdet wäre, gilt dies nicht für den Bezieher von Leistungen nach dem SGB XII. Dies hat auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 (BSGE 74, 232 ff. = SozR 3-2500 § 33 Nr. 9), wonach der Ausschluss von Hörgerätebatterien von der Verfassung gedeckt ist, gesehen und hierzu ausgeführt, dass der Versicherte an einen Sozialhilfeträger zu verweisen ist, wenn er die Kosten hierfür nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann.

Die hier vertretene Auffassung steht schließlich im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BSHG (Beschluss vom 6. Oktober 2003 – 5 B 88/03, 5 PKH 75/03), wonach der Gesetzgeber in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BSHG an einer eigenständigen sozialhilferechtlichen Sonderregelung für die Versorgung mit Hilfsmitteln festgehalten und für diese Regelung von einer Bindung an den Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung abgesehen hat. Zwar wurde die Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BSHG nicht in das SGB XII übernommen; dies beruhte allerdings allein auf der Auffassung des Gesetzgebers, dass die Regelung entbehrlich sei, weil die dort angesprochenen Leistungen bereits in der Leistung nach den im Gesetz genannten Regelungen des SGB IX enthalten seien (BT-Drucks 15/1514 S 62).

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 54 Abs. 1 SGB XII i. V. m. § 33 SGB IX werden vermögensunabhängig gewährt, § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII.

Der Beklagte ist auch als erstangegangener Rehabilitationsträger im Sinne von § 14 SGB IX für diese Eingliederungshilfe zuständig, weil er den im Antrag auf Leistungen nach dem SGB II enthaltenen Antrag auf Eingliederungshilfeleistungen nicht bzw. nicht fristgerecht an den zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich eigentlich zuständige Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Leistungszuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger eine im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegen zu wirken. Dazu ist der zuerst angegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs. 4 SGB V (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IX). Andernfalls bestimmt bereits § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erst angegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind. Denn dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des zuerst angegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX und §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verweist.

Zuerst angegangener Rehabilitationsträger im Sinne von § 14 SGB IX ist der Träger, der erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des zuerst angegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 20.11.2008, – B 3 KN 4/07 KR R – RdNr. 23 ff. m.w.N.).

Der Beklagte ist deshalb als erstangegangener Rehabilitationsträger im Sinne von § 14 SGB IX zuständig, weil er den im Antrag auf Leistungen nach dem SGB II enthaltenen Antrag auf Eingliederungshilfeleistungen nicht bzw. nicht fristgerecht an den zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat. Allerdings ist im gerichtlichen Verfahren betreffend die Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen der nach § 14 SGB IX möglicherweise endgültig zuständige Leistungsträger notwendig beizuladen (BSG, Urteil vom 25.06.2008 - B 11b AS 19/07 R).

Die Höhe der Eingliederungshilfe ergibt sich aus den notwendigen mit dem Betrieb des Hörgerätes verbundenen Ausgaben, die der Kläger nachvollziehbar mit 87,00 EUR dargelegt hat (Batterien 36,00 EUR, Reinigungsmittel 36,00 EUR, Ohrstöpsel 15,00 EUR). Soweit der Kläger darüber hinaus Fahrtkosten und die Praxisgebühr zum Besuch des HNO-Arztes und des Hörgeräteakustikers geltend macht, handelt es sich hierbei um keine unmittelbar, sondern allenfalls mittelbar mit dem Betrieb des Hörgerätes verbundenen Ausgaben. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R) Empfängern von Leistungen der Grundsicherung zumutbar, die Praxisgebühr sowie Zuzahlungen zu Arzneimitteln aus der Regelleistung aufzubringen, weil diese Kosten von der Regelleistung umfasst werden. Sozial abgefedert werden diese Belastungen durch die jährliche Belastungsgrenze nach § 62 SGB V, wonach Versicherte höchstens Zuzahlungen in Höhe von ein bzw. zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen für den Lebensunterhalt zu leisten haben. Auch hinsichtlich der geltend gemachten Fahrtkosten ist darauf zu verweisen, dass in der Regelleistung Fahrtkosten pauschal mit enthalten sind.

Soweit die Beigeladene angeboten hat, die Eingliederungshilfe direkt an den Kläger zu leisten, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB XI und §§ 102 ff. SGB X im Verhältnis zum Leistungsempfänger der Beklagte zuständig ist und die Leistungsträger den Ausgleich nachträglich untereinander vorzunehmen haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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