Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 42/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 103/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Maßgebend für die Frage, welche Hauptdiagnose zu kodieren ist, ist, wegen welcher Diagnose überwiegend die Leistungen des Krankenhauses in Anspruch genommen worden sind. Weitere Diagnosen können als Nebendiagnose kodiert werden, soweit das Krankenhaus Leistungen erbracht hat, die in Bezug auf die Haupterkrankung nicht gebotene Leistungen des Krankenhauses ausgelöst haben (Anschluss an BSG, Urteil vom 25. November 2010 - B 3 KR 4/10 R - juris Rn. 17).
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 31. März 2009 aufgehoben, soweit die Beklagte zur Zahlung eines den Betrag von 282,45 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 19. Oktober 2005 übersteigenden Betrags verurteilt worden ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 761,51 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der für eine Krankenhausbehandlung zu zahlenden Vergütung.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Klägerin) nahm am 3. März 2005 die am 1924 geborene und bei der Beklagten und Berufungsklägerin (im Folgenden: Beklagte) versicherte M K (im Folgenden: Versicherte) im Wege der Notaufnahme bei retrosternalem Brennen, Dyspnoe und Tachyarrhythmie auf. Die Einweisung durch den Notarzt erfolgte aufgrund des Verdachts einer Koronarischämie. Am 12. März 2005 wurde die Versicherte aus dem Krankenhaus entlassen.
Mit Rechnung vom 29. März 2005 forderte die Klägerin von der Beklagten insgesamt 2.170,26 EUR für die Krankenhausbehandlung der Versicherten; unter der Diagnosis Related Group (DRG) F71B - Nicht schwere kardiale Arrhythmie und Erregungsleitungsstörungen mit schweren CC - berechnete sie den Betrag von 2.107,32 EUR. Der Rechnungsendbetrag von 2.170,26 EUR ergab sich aufgrund diverser Zuschläge (DRG-Systemzuschlag, Investitionszuschlag. Systemzuschlag Gemeinsamer Bundesausschuss, Zuschlag Qualitätssicherung, Zuschlag Vorhaltekosten strikte Isolierung). Als Entlassungsdiagose ist die ICD I48.10 vermerkt.
Die Rechnung wurde von der Beklagten zunächst vollständig beglichen; zeitgleich – mit Schreiben vom 6. April 2005 teilte sie der Klägerin mit, entsprechend den Deutschen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren sei eine Krankheit oder Beschwerde nur dann als Nebendiagnose zu kodieren, wenn sie im vorliegenden stationären Krankenhausaufenthalt Bedeutung habe. Die übermittelten Daten ließen eine zweifelsfreie Beurteilung der angegebenen Nebendiagnosen nicht zu. Der in Rechnung gestellte Betrag sei unter Vorbehalt zur Zahlung angewiesen worden; er werde überprüft werden. Sofern die medizinische Prüfung die Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch in der angegebenen Höhe nicht bestätige, werde der überzahlte Betrag von einer der nächsten Rechnungen einbehalten.
Ausweislich der daraufhin von der Klägerin vorgelegten Epikrise vom 7. April 2005 wurde die Versicherte unter der Hauptdiagnose I48.10 - Paroxysmale Tachyarrhythmie mit Vorhofflimmern - und den Nebendiagnosen E87.6 - Hypokaliämie, I10.00 Arterielle Hypertonie und I50.01 - I50.14 - Sekundäre Rechtsherzinsuffizienz bei Linksherzinsuffizienz vom 3. März 2005 bis 12. März 2005 stationär ohne Prozeduren behandelt. Die stationäre Aufnahme sei bei nachgewiesener Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern zur weiteren diagnostischen Klärung und Therapie erfolgt. Ein EKG vom 3. März 2005 habe ebenso wie ein EKG vom 4. März 2005 folgendes Ergebnis gezeigt: "Sinusrhythmus. Linkstyp. Keine ERST". Ein Langzeit-EKG vom 9. März 2005 habe einen durchgehenden Sinusrhythmus ohne relevante Pausen, ohne Brady- und Tachykardien und ohne paroxysmales Vorhofflimmern unter Metopololmedikation gezeigt. Die Röntgendiagnostik ergab ein normal großes Cor und keine frischen pulmonalen Infiltrationen oder Ergüsse ohne Anhalt für Lungenstauung. Bei ambulant beklagtem retrosternalem Brennen, Dyspnoe und Tachy-arrhythmie sei vom Notarzt die Gabe von Heparin, Acetylsalicylsäure und Verapamil bei Verdacht auf Koronarischämie erfolgt. Bei Eintreffen in die Notfallambulanz seien die Kreislaufverhältnisse stabil gewesen, und es habe im EKG ein Sinusrhythmus bestanden. Zur weiteren Nachbeobachtung sei die Versicherte stationär aufgenommen worden und ein paroxysmales Vorhofflimmern habe in einem Langzeit-EKG ausgeschlossen werden können. Im EKG und laborchemisch habe ein Myokardinfarkt ausgeschlossen werden können, so dass die Versicherte mit stabilen Herz-Kreislauf-Verhältnissen habe entlassen werden können. Hinsichtlich der Laborbefunde wird auf die in der Epikrise enthaltenen Daten verwiesen.
Der Sozialmedizinische Dienst der Bundesknappschaft führte in einer Stellungnahme vom 26. September 2005 aus, als Hauptdiagnose sei der Thoraxschmerz zu kodieren (R07.3). Bei der Aufnahme sei ein Sinusrhythmus festgestellt worden. Elektrokardiographisch und laborchemisch sei ein Myokardinfarkt ausgeschlossen worden und für eine ischämische Herzkrankheit habe weder ein Anhalt bestanden noch sei eine entsprechende Diagnostik erfolgt. Für eine Herzinsuffizienz entsprechend der CCL-relevanten Nebendiagnose I50.14 und I50.01 finde sich kein Anhalt. Diese Diagnosen seien somit nicht zu kodieren. Nach den vorliegenden Laborbefunden habe eine Hypokaliämie nicht vorgelegen. Diese Diagnose sei somit ebenfalls nicht zu kodieren. Es ergebe sich somit die DRG F74Z bei der Hauptdiagnose R07.3.
Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 11. Oktober 2005 mit, da sich auf Grundlage der sozialmedizinischen Stellungnahme ein neuer Zahlbetrag in Höhe von 1.408,75 EUR ergebe, jedoch am 6. April 2005 2.170,26 EUR zur Zahlung angewiesen worden seien, werde der überzahlte Betrag in einer der nächsten Rechnungen einbehalten. Am 19. Oktober 2005 wurde der Betrag von 2.170,26 EUR von einer Sammelrechnung abgesetzt und der Betrag 1.408,75 EUR gezahlt.
Mit mit "Widerspruch" überschriebenem Schreiben vom 30. November 2005 wandte sich die Klägerin durch den Stationsarzt T an die Beklagte und führte aus, die stationäre Aufnahme der Versicherten sei über die ZNA bei Tachyarrhythmia absoluta erfolgt. Das vom Notarzt initiierte 12-Kanal EKG habe eine TAA mit einer durchschnittlichen HF von 150 Schlägen/min gezeigt. Bereits in der Notaufnahme sei Isoptin (5 mg) appliziert worden, wodurch eine Frequenznormalisierung erreicht worden sei. Im weiteren Verlauf sei Beloc zok zur Frequenznormalisierung gegeben worden. Bei Aufnahme habe eine Hypokaliämie bestanden, die mit Kaliumsubstitution limitiert worden sei. Aufgrund der Faktenlage sei somit weiterhin die I48.10 als Hauptdiagnose zu kodieren.
Am 21. Februar 2007 ist Klage vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) mit dem Begehren der Zahlung von weiteren 761,51 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz erhoben worden. Nach den im Jahr 2005 gültigen Kodierrichtlinien liege die Auflistung der Diagnosen bzw. Prozeduren in der Verantwortung des behandelnden Arztes. Auch bezüglich der Kodierung liege die Einschätzungsprärogative bei den behandelnden Krankenhausärzten.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 17. September 2007 an das SG ein Schreiben ihres sozialmedizinischen Dienstes vom 20. August 2007 vorgelegt, in welchem ausgeführt wird, bereits bei Aufnahme der Versicherten in der Notaufnahme sei nach Gabe von Isoptin die paroxysmale Tachyarrhythmie nicht mehr vorhanden gewesen. Weder klinisch noch medizinisch sei ein Nachweis für das Vorliegen einer Herzinsuffizienz erbracht worden, so dass nach nochmaliger Prüfung die I50 nicht zu kodieren sei. Der nachgewiesene Kaliumwert von 3,63 liege im Normbereich, so dass die Kodierung einer Hypokaliämie ebenfalls nicht aufrechterhalten werden könne. Damit sei als Hauptdiagnose R07.3 zu akzeptieren, die CCL-relevanten Nebendiagnosen I50.14 sowie E87.6 seien nicht zu kodieren. Es resultiere die DRG F74Z. Nebenbei sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb erst nach einer Woche, am 9. März 2005, bei Festhalten an der I48.1 durch das Klinikum ein Langzeit-EKG erfolgt sei. Normalerweise wäre diese Untersuchung gleich bei Aufnahme, spätestens jedoch am nächsten Tag, falls die I48.1 berechtigt gewesen wäre, angezeigt gewesen.
In der diesem Schreiben zugrunde liegenden sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. August 2006 wird ausgeführt, laut vorliegender Epikrise sei bereits bei Aufnahme in der Notfallaufnahme ein Sinusrhythmus vorhanden gewesen. Die Notwendigkeit einer stationären Aufnahme wegen einer absoluten Arrhythmie habe somit nicht bestanden. Aufgrund des retrosternalen Brennens zum Ausschluss eines Myokardinfarktes sei die Notwendigkeit einer stationären Behandlung erkannt worden. Im Aufnahme-EKG werde ebenfalls ein Sinusrhythmus beschrieben. Als Hauptdiagnose seien die retrosternalen Beschwerden zu bewerten. Für eine koronare Herzerkrankung habe sich durch die durchgeführten Untersuchungen kein Anhalt ergeben.
In einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme, diese vom 20. November 2007 und nach Vorlage der Krankenakte der Versicherten, wird noch ausgeführt, die Einweisung sei laut Einweisungsprotokoll wegen Angina pectoris und paroxysmalen Vorhofflimmerns erfolgt. Bereits in der Notaufnahme habe ein Sinusrhythmus vorgelegen. Die stationäre Aufnahme sei zum Ausschluss eines Myocardinfarktes als berechtigt anerkannt worden. Ein paroxysmales Vorhofflimmern erfordere keine stationäre Aufnahme bei normofrequentem Sinusrhythmus nach Isoptingabe. Ein Myokardinfarkt habe ausgeschlossen werden können. Als Hauptdiagnose sei somit die R07.3 zu kodieren. Bezüglich der CCL-relevanten Nebendiagnosen I50.14 sowie I50.01 fänden sich auch in der Akte keine Hinweise. Entsprechende klinische bzw. technische Untersuchungsbefunde seien auch der Krankenakte nicht zu entnehmen. Bezüglich der Hypokaliämie sei anzumerken, dass in der Epikrise lediglich der Normwert mitgeteilt worden sei, in der Krankenakte sei mit Laborbefund vom 4. März 2005 eine Hypokaliämie belegt. Vom 8. März bis 10. März 2005 sei die Kaliumgabe erfolgt. Die Hypokaliämie sei als Nebendiagnose zu akzeptieren. Laut Kodierrichtlinien sei die Hauptdiagnose als die Diagnose definiert, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich sei. Die Aufnahme sei medizinisch begründet zum Infarktausschluss. Eine Aufnahme wegen paroxysalen Vorhofflimmerns bei vorhandenem normofrequentem Sinsusrhythmus er-fordere keine stationäre Behandlung und stelle somit nicht die Hauptdiagnose dar. Zusammenfassend sei einzuschätzen, dass die CCL-relevante Nebendiagnose E87.6 auf Grund eines Ressourcenverbrauches zu akzeptieren sei, als Hauptdiagnose jedoch die R07.3, die in die DRG F74Z führe. Dies bestätige auch die vorliegende Krankenakte.
Hierzu ist seitens der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2008 vorgetragen worden, die Aufnahme sei aufgrund einer erheblichen Tachyarrhythmie erfolgt. Auch wenn in der Zentralen Notaufnahme bereits ein Sinusrhythmus nachweisbar gewesen sei, habe eine stationäre Aufnahme erfolgen müssen, da mit einem Rezidiv der Tachyarrhythmie habe gerechnet werden müssen. Die Kodierung der Hauptdiagnose I48.10 entspreche der gültigen Definition nach den Deutschen Kodierrichtlinien, weil aufgrund dieser Diagnose die Krankenhausaufnahme initiiert worden sei. Bei der Versicherten habe initial eine Tachy-arrhythmie bestanden, aufgrund derer ein erhöhter Sauerstoffbedarf bestanden habe, der zu pectaginösen Beschwerden geführt habe. Die Beendigung der Tachyarrhythmie habe auch die Schmerzsymptomatik limitiert. Die geforderte R07.3 als Krankenhaus-Hauptdiagnose sei nicht korrekt, da diese Diagnose nur verwendet werden könne, wenn keine Ursache der thorakalen Schmerzsymptomatik vorliege. Im Streitfall sei der Auslöser der Beschwerden klar definiert. Gemäß der Kodierrichtlinie D002d sei die Hauptdiagnose definiert als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt worden sei, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich sei.
In der sozialmedizinischen Stellungnahme hierzu hat der sozialmedizinische Dienst der Beklagten insbesondere ausgeführt, es sei nicht nachvollziehbar, dass die stationäre Aufnahme habe erfolgen müssen, weil mit einem Rezidiv habe gerechnet werden müssen. Die Aufnahme sei zum Myokardinfarktausschluss bei thorakaler Beschwerdesymptomatik erfolgt. Die Tachyarrhythmie könne nicht die Hauptdiagnose darstellen.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 31. März 2009 verurteilt, der Klägerin für die stationäre Behandlung der Versicherten weitere 761,51 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 19. Oktober 2005 zu zahlen. Die Klägerin habe zu Recht ein paroxsysmales Vorhofflimmern (ICD I47.10) nach der DRG F71B abgerechnet. Als Nebendiagnosen habe sie zudem zu Recht ICD-10 I50.15 (Linksherzinsuffizienz), I50.01 (sekundäre Rechtsherzinsuffizienz) und E87.6 festgestellt. Das Krankenhaus habe eigenverantwortlich zu prüfen, ob eine Krankenhausbehandlung notwendig sei. Dies gehe insbesondere aus § 39 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hervor. Es dürfe sich insoweit ggf. auch nicht auf die Beurteilung des Vertragsarztes verlassen, weil die Therapiefreiheit des Krankenhausarztes, auch nicht durch Verordnung des Vertragsarztes, eingeschränkt sei. Das bedeute, dass sich die erforderliche Behandlung nach der Art der Erkrankung mit Aussicht auf Erfolg nur in einem Krankenhaus mit dessen besonderen Mitten durchführen lasse, die Behandlung müsse sich demzufolge mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses als erforderlich erweisen. ob die Krankenhausbehandlung tatsächlich erforderlich sei, entscheide zunächst der verantwortliche Krankenhausarzt. Trotz dieser so genannten Einschätzungsprärogative des Krankenhausarztes sei die Krankenkasse berechtigt, nach der Krankenhausaufnahme die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu überprüfen und davon eine Kostenübernahmeerklärung abhängig zu machen. Andernfalls hätte es der gesetzlichen Einschränkung, wonach eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur bei medizinischer Erforderlichkeit gerechtfertigt sei und der Krankenkasse in Zweifelsfällen über den Medizinischen Dienst das Recht der Überprüfung zustehe nicht bedurft. Im Übrigen sei dem Krankenhausarzt nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) insoweit keine Einschätzungsprärogative (mehr) eingeräumt, die die Krankenkasse binden könne. Vorliegend habe die gerichtliche Überprüfung ergeben, dass der Klägerin die Vergütung in der geltend gemachten Höhe zustehe. Nach den vorliegend anwendbaren Deutschen Kodierrichtlinien, Version 2005 (DRK 2005) müsse vom behandelnden Arzt entschieden werden, welche Diagnose am besten der Hauptdiagnosedefinition entspreche, wenn zwei oder mehrere Diagnosen in Bezug zu Aufnahme, Untersuchungsbefunden und/oder der durchgeführten Therapie gleichermaßen die Kriterien für die Hauptdiagnose erfüllten und ICD-10-Verzeichnisse und Kodierrichtlinien keine Verschlüsselungsanweisungen gäben. Nur in diesem Fall sei vom behandelnden Arzt diejenige Diagnose auszuwählen, die für Untersuchung und/oder Behandlung die meisten Ressourcen verbraucht habe, wobei es unerheblich sei, ob Krankheiten verwandt seien oder nicht. Die Auflistung der Diagnosen bzw. Prozeduren liege in der Verantwortung des behandelnden Arztes (D001a). Hauptdiagnose sei die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt worden sei, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes gewesen sei. Der Begriff "nach Analyse" bezeichne die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes gewesen sei. Damit sei vom Krankenhausarzt in einer ex-post-Betrachtung die Krankheit festzustellen, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes verantwortlich gewesen sei und von diesem die entsprechende Kodierung vorzunehmen. Aufnahmediagnose und Hauptdiagnose müssten nicht identisch sein. Damit komme es vorliegend nicht darauf an, dass die Versicherte zunächst wegen Verdachts auf Herzinfarkt als Notfall aufgenommen worden sei. Wenngleich in der zentralen Notfallaufnahme ein Sinusrhythmus nachweisbar gewesen sei, habe eine stationäre Aufnahme erfolgen müssen, da anderenfalls mit einem Rezidiv der Tachyarrhythmie habe gerechnet werden müssen. Der Assistenzarzt Dr. T habe am 30. November 2005 ausdrücklich dokumentiert, dass bei der Notaufnahme Isoptin appliziert worden sei, was eine Frequenznormalisierung zur Folge gehabt habe. Wenn die Beklagte hiergegen einwende, dass die Herzschmerzen den stationären Krankenhausaufenthalt verursacht hätten, sei dies zwar vordergründig für die stationäre Aufnahme der Versicherten entscheidend gewesen, trage jedoch dem Umstand, dass erst nach Abschluss der Behandlung die entsprechende Festlegung habe erfolgen können, nicht Rechnung. Selbst wenn zunächst der Verdacht auf Koronarischämie für den stationären Krankenhausaufenthalt verantwortlich gewesen sei, sei diese Erkrankung nicht die Ursache der kardialen Schmerzsymptomatik gewesen. Vielmehr hätten die eingeleiteten Maßnahmen zur Beseitigung der initial bestehenden Tachyarrhythmie den erhöhten Sauerstoffbedarf, der die pectaginösen Beschwerden veranlasst habe, beseitigt. Hauptdiagnose sei daher I48.10 und nicht R07.3 gewesen. Letztere gebe angesichts der Nebendiagnose E87.6 den im Krankenhaus betriebenen Aufwand nicht ausreichend wieder.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 28. Mai 2009 zugestellte Urteil am 25. Juni 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, das SG hätte den Einwendungen, die der Sozialmedizinische Dienst in seinen zahlreichen Stellungnahmen gegen die vom Krankenhausarzt vorgenommenen Kodierungen erhoben habe, nachgehen müssen. Dies habe das SG nicht getan und auch kein externes medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 31. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich im Wesentlichen auf die Gründe der Entscheidung des SG bezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden, und teilweise begründet.
Die vor dem SG erhobene Klage war gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig, da es sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris Rn. 9 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Sie war des Weiteren insoweit begründet, als der Klägerin von dem von ihr geltend gemachten Vergütungsanspruch von 761,51 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 19. Oktober 2005 der Teilbetrag von 282,45 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 19. Oktober 2005 zusteht. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend einen Vergütungsanspruch von weiteren 479,06 EUR geltend macht, war die Klage unbegründet. Insoweit ist die Berufung der Beklagten begründet; hinsichtlich des Betrages von 282,45 EUR ist die Berufung zurückzuweisen.
Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten. Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht. Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein (vgl. zu alledem z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013, a.a.O, juris Rn. 13 m.w.N.).
Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für im Jahr 2005 erbrachte stationäre Krankenhausleistungen ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der vom 30. April 2002 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung i.V.m § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in der vom 21. Dezember 2004 bis 24. März 2009 geltenden Fassung und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1KHEntgG in der vom 22. Juli 2003 bis zum 30. Juli 2008 geltenden Fassung sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der vom 21. Dezember 2004 bis 7. November 2011 geltenden Fassung.
Gemäß § 7 Satz 1 KHEntgG werden die Leistungen der Krankenhäuser (u.a.) durch die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog abgerechnet. Diese Entgelte vergüten nach § 7 Satz 2 KHEntgG alle allgemeinen Krankenhausleistungen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen (bzw. seit dem 1. Januar 2008 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen) haben dazu nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b Abs. 2 KHG Fallpauschalen und ein Vergütungssystem zu vereinbaren, dass sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert und jährlich weiterzuentwickeln und anzupassen ist. Das Vergütungssystem der allgemeinen Krankenhausleistungen soll nach § 17 b Abs. 1 Satz 1 KHG durchgängig, leistungsorientiert und pauschalierend sein. Dieses auf Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft beruhende Vergütungssystem wurde nach § 17b Abs. 6 Satz 1 KHG verbindlich für alle Krankenhäuser zum 1. Januar 2004 eingeführt.
Der in Ausführung dieser gesetzlichen Verpflichtung vereinbarte Fallpauschalenkatalog sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zwei Schritte vor: Zunächst ist die durchgeführte Behandlung nach Gegenstand und prägenden Merkmalen nach einem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Der sich ergebende Kode ist in zu diesen Zwecken entwickelte Computerprogramme (sog. Grouper) einzugeben, die dann nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien die Zuordnung zu einer bestimmten DRG vornehmen. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von dem Krankenhaus zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – juris Rn. 17 ff.).
Vorliegend ist unstreitig, dass der Klägerin gegen die Beklagte laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 761,51 EUR Euro erwachsen sind; die Klageforderung selbst steht außer Streit. Die Aufrechnungsvoraussetzungen sind jedoch nur hinsichtlich eines Betrages i.H.v. 479,06 EUR erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nur in dieser Höhe bestand. Die Beklagte schuldet für die in der Zeit vom 3. März 2005 bis 12. März 2005 zugunsten der Versicherten erbrachten stationären Krankenhausleistungen weder die von der Klägerin abgerechnete DRG F71B noch die von der Beklagten zugrunde gelegte DRG F74.Z. Vielmehr müssen die Krankenhausleistungen richtigerweise mit der DRG F71C – nicht schwere kardiale Arrhythmie und Erregungsleitungsstörungen ohne äußerst schwere oder schwere CC abgerechnet werden.
Die Klägerin ist zu Recht von der Hauptdiagnose I48.10 und der Nebendiagnose E87.6 ausgegangen. Sie hat der Kodierung jedoch zu Unrecht die Nebendiagnosen I50.14 und I50.0 zugrunde gelegt.
Nach den Kodierrichtlinien in der für das Jahr 2005 geltenden Fassung ist Hauptdiagnose die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Die Evaluation der Befunde erfolgt am Ende des stationären Aufenthalts und kann auch erst im Verlauf des Aufenthalts gewonnene Erkenntnisse berücksichtigen. Die festgestellte Hauptdiagnose muss deswegen nicht notwendig der Aufnahme- oder Einweisungsdiagnose entsprechen (D002d der Kodierrichtlinien in der für das Jahr 2005 geltenden Fassung – S. 4). Maßgebend für die Frage, welche Hauptdiagnose zu kodieren ist, ist demnach, wegen welcher Diagnose überwiegend die Leistungen des Krankenhauses in Anspruch genommen worden sind. Nicht die Einweisungs- oder Aufnahmediagnose, sondern die tatsächlich erbrachten Behandlungsleistungen bestimmen also über die nach den Kodierrichtlinien zugrunde zu legende Hauptdiagnose. Dabei können weitere Diagnosen als Nebendiagnose kodiert werden, soweit das Krankenhaus Leistungen erbracht hat, die in Bezug auf die Haupterkrankung nicht gebotene Leistungen des Krankenhauses ausgelöst haben (BSG, Urteil vom 25. November 2010 – B 3 KR 4/10 R - juris Rn 17).
Hiernach hat die Klägerin bei Rechnungstellung zu Recht als Hauptdiagnose die ICDI48.10 und nicht die R07.3 zugrunde gelegt. Die Versicherte wurde wegen zwar wegen ambulant geklagten retrosternalen Brennens und Atemnot notärztlich behandelt, diese Symptomatik beruhte jedoch auf der bereits vom Notarzt festgestellten Tachyarrhythmia absoluta (s. "Widerspruch" der Klägerin vom 30. November 2005). Damit führte letztere zur stationären Aufnahme und war auch Veranlassung für die während des Krankenhausaufenthaltes veranlassten Maßnahmen. Dass bereits bei der notärztlichen Aufnahme ein Sinusrhythmus zu verzeichnen war, steht dem nicht entgegen, da die Frequenznormalisierung aufgrund der Gabe von Isoptin erreicht worden war. Auch während des Krankenhausaufenthaltes wurde die Versicherte - erfolgreich - medikamentös zur Frequenznormalisierung behandelt. Der Einschätzung der Beklagte, dass als Hauptdiagnose R07.3 zu kodieren sei, ist somit nicht zu folgen.
Auch soweit die Klägerin als Nebendiagnosen E87.6 und I10.00 der Kodierung zugrunde gelegt hat, begegnet dies keinen Bedenken. Insoweit ist auch von Seiten des Medizinischen Dienstes der Beklagten in der Stellungnahme vom 20. November 2007 festgestellt worden, dass der Laborbefund vom 4. März 2005 eine Hypokaliämie belegt; diese war behandlungsbedürftig und wurde mittels Kaliumsubstitution behandelt. Die Nebendiagnose I10.00 wirkt sich auf die DRG und damit auch die auf die von der Beklagten zu zahlende Vergütung ohnehin nicht aus.
Jedoch ist der Beklagten darin zu folgen, dass die Nebendiagnosen I50.01 und I50.14 nicht zu kodieren waren. Dabei kann dahinstehen, ob bei der Versicherten eine sekundäre Rechtsherzinsuffizenz bei Linksherzinsuffizienz tatsächlich vorlag, da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin wegen der Diagnosen I50.01 und I50.14 zusätzliche Leistungen erbracht hat und Krankheiten nur dann als Nebendiagnosen kodiert werden dürfen, wenn sie therapeutische oder diagnostische Maßnahmen zur Folge haben oder aus ihnen ein erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand resultiert (D003d der Kodierrichtlinien in der für das Jahr 2005 geltenden Fassung, S. 11). Insoweit hat die Klägerin im Verlauf des Klage- und des Berufungsverfahrens auch keine Leistungen genannt, die sie aufgrund einer Herzinsuffizienz der Versicherten (zusätzlich) erbracht hat, obwohl in den Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Beklagten mehrfach darauf hingewiesen worden ist, dass aus seiner Sicht weder das Vorliegen einer dieser Diagnosenummern zugrunde liegenden Krankheit nachgewiesen sei noch nach Aktenlage insoweit Behandlungsmaßnahmen erbracht worden seien.
Aus alledem folgt, dass der Kodierung als Hauptdiagnose die ICD-10 I48.10 und die Nebendiagnosen E87.6 und I10.0 zugrundezulegen waren; hieraus resultiert die DRG F71C. Somit hätte die Klägerin in ihrer Rechnung vom 29. März 2005 statt des Betrages von 2.107,32 EUR einen Betrag von 1.628,26 EUR ausweisen müssen und die Beklagte hätte lediglich in Höhe von 479,06 EUR aufrechnen dürfen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem Betrag von 282,45 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R –, juris Rn. 50 mit Hinweis auf BSG Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 8/09 R – juris Rn. 16 ff.)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGG i.V.m § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 sowie § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Dr. Wietek Voigt Klotzbücher
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 761,51 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der für eine Krankenhausbehandlung zu zahlenden Vergütung.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Klägerin) nahm am 3. März 2005 die am 1924 geborene und bei der Beklagten und Berufungsklägerin (im Folgenden: Beklagte) versicherte M K (im Folgenden: Versicherte) im Wege der Notaufnahme bei retrosternalem Brennen, Dyspnoe und Tachyarrhythmie auf. Die Einweisung durch den Notarzt erfolgte aufgrund des Verdachts einer Koronarischämie. Am 12. März 2005 wurde die Versicherte aus dem Krankenhaus entlassen.
Mit Rechnung vom 29. März 2005 forderte die Klägerin von der Beklagten insgesamt 2.170,26 EUR für die Krankenhausbehandlung der Versicherten; unter der Diagnosis Related Group (DRG) F71B - Nicht schwere kardiale Arrhythmie und Erregungsleitungsstörungen mit schweren CC - berechnete sie den Betrag von 2.107,32 EUR. Der Rechnungsendbetrag von 2.170,26 EUR ergab sich aufgrund diverser Zuschläge (DRG-Systemzuschlag, Investitionszuschlag. Systemzuschlag Gemeinsamer Bundesausschuss, Zuschlag Qualitätssicherung, Zuschlag Vorhaltekosten strikte Isolierung). Als Entlassungsdiagose ist die ICD I48.10 vermerkt.
Die Rechnung wurde von der Beklagten zunächst vollständig beglichen; zeitgleich – mit Schreiben vom 6. April 2005 teilte sie der Klägerin mit, entsprechend den Deutschen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren sei eine Krankheit oder Beschwerde nur dann als Nebendiagnose zu kodieren, wenn sie im vorliegenden stationären Krankenhausaufenthalt Bedeutung habe. Die übermittelten Daten ließen eine zweifelsfreie Beurteilung der angegebenen Nebendiagnosen nicht zu. Der in Rechnung gestellte Betrag sei unter Vorbehalt zur Zahlung angewiesen worden; er werde überprüft werden. Sofern die medizinische Prüfung die Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch in der angegebenen Höhe nicht bestätige, werde der überzahlte Betrag von einer der nächsten Rechnungen einbehalten.
Ausweislich der daraufhin von der Klägerin vorgelegten Epikrise vom 7. April 2005 wurde die Versicherte unter der Hauptdiagnose I48.10 - Paroxysmale Tachyarrhythmie mit Vorhofflimmern - und den Nebendiagnosen E87.6 - Hypokaliämie, I10.00 Arterielle Hypertonie und I50.01 - I50.14 - Sekundäre Rechtsherzinsuffizienz bei Linksherzinsuffizienz vom 3. März 2005 bis 12. März 2005 stationär ohne Prozeduren behandelt. Die stationäre Aufnahme sei bei nachgewiesener Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern zur weiteren diagnostischen Klärung und Therapie erfolgt. Ein EKG vom 3. März 2005 habe ebenso wie ein EKG vom 4. März 2005 folgendes Ergebnis gezeigt: "Sinusrhythmus. Linkstyp. Keine ERST". Ein Langzeit-EKG vom 9. März 2005 habe einen durchgehenden Sinusrhythmus ohne relevante Pausen, ohne Brady- und Tachykardien und ohne paroxysmales Vorhofflimmern unter Metopololmedikation gezeigt. Die Röntgendiagnostik ergab ein normal großes Cor und keine frischen pulmonalen Infiltrationen oder Ergüsse ohne Anhalt für Lungenstauung. Bei ambulant beklagtem retrosternalem Brennen, Dyspnoe und Tachy-arrhythmie sei vom Notarzt die Gabe von Heparin, Acetylsalicylsäure und Verapamil bei Verdacht auf Koronarischämie erfolgt. Bei Eintreffen in die Notfallambulanz seien die Kreislaufverhältnisse stabil gewesen, und es habe im EKG ein Sinusrhythmus bestanden. Zur weiteren Nachbeobachtung sei die Versicherte stationär aufgenommen worden und ein paroxysmales Vorhofflimmern habe in einem Langzeit-EKG ausgeschlossen werden können. Im EKG und laborchemisch habe ein Myokardinfarkt ausgeschlossen werden können, so dass die Versicherte mit stabilen Herz-Kreislauf-Verhältnissen habe entlassen werden können. Hinsichtlich der Laborbefunde wird auf die in der Epikrise enthaltenen Daten verwiesen.
Der Sozialmedizinische Dienst der Bundesknappschaft führte in einer Stellungnahme vom 26. September 2005 aus, als Hauptdiagnose sei der Thoraxschmerz zu kodieren (R07.3). Bei der Aufnahme sei ein Sinusrhythmus festgestellt worden. Elektrokardiographisch und laborchemisch sei ein Myokardinfarkt ausgeschlossen worden und für eine ischämische Herzkrankheit habe weder ein Anhalt bestanden noch sei eine entsprechende Diagnostik erfolgt. Für eine Herzinsuffizienz entsprechend der CCL-relevanten Nebendiagnose I50.14 und I50.01 finde sich kein Anhalt. Diese Diagnosen seien somit nicht zu kodieren. Nach den vorliegenden Laborbefunden habe eine Hypokaliämie nicht vorgelegen. Diese Diagnose sei somit ebenfalls nicht zu kodieren. Es ergebe sich somit die DRG F74Z bei der Hauptdiagnose R07.3.
Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 11. Oktober 2005 mit, da sich auf Grundlage der sozialmedizinischen Stellungnahme ein neuer Zahlbetrag in Höhe von 1.408,75 EUR ergebe, jedoch am 6. April 2005 2.170,26 EUR zur Zahlung angewiesen worden seien, werde der überzahlte Betrag in einer der nächsten Rechnungen einbehalten. Am 19. Oktober 2005 wurde der Betrag von 2.170,26 EUR von einer Sammelrechnung abgesetzt und der Betrag 1.408,75 EUR gezahlt.
Mit mit "Widerspruch" überschriebenem Schreiben vom 30. November 2005 wandte sich die Klägerin durch den Stationsarzt T an die Beklagte und führte aus, die stationäre Aufnahme der Versicherten sei über die ZNA bei Tachyarrhythmia absoluta erfolgt. Das vom Notarzt initiierte 12-Kanal EKG habe eine TAA mit einer durchschnittlichen HF von 150 Schlägen/min gezeigt. Bereits in der Notaufnahme sei Isoptin (5 mg) appliziert worden, wodurch eine Frequenznormalisierung erreicht worden sei. Im weiteren Verlauf sei Beloc zok zur Frequenznormalisierung gegeben worden. Bei Aufnahme habe eine Hypokaliämie bestanden, die mit Kaliumsubstitution limitiert worden sei. Aufgrund der Faktenlage sei somit weiterhin die I48.10 als Hauptdiagnose zu kodieren.
Am 21. Februar 2007 ist Klage vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) mit dem Begehren der Zahlung von weiteren 761,51 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz erhoben worden. Nach den im Jahr 2005 gültigen Kodierrichtlinien liege die Auflistung der Diagnosen bzw. Prozeduren in der Verantwortung des behandelnden Arztes. Auch bezüglich der Kodierung liege die Einschätzungsprärogative bei den behandelnden Krankenhausärzten.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 17. September 2007 an das SG ein Schreiben ihres sozialmedizinischen Dienstes vom 20. August 2007 vorgelegt, in welchem ausgeführt wird, bereits bei Aufnahme der Versicherten in der Notaufnahme sei nach Gabe von Isoptin die paroxysmale Tachyarrhythmie nicht mehr vorhanden gewesen. Weder klinisch noch medizinisch sei ein Nachweis für das Vorliegen einer Herzinsuffizienz erbracht worden, so dass nach nochmaliger Prüfung die I50 nicht zu kodieren sei. Der nachgewiesene Kaliumwert von 3,63 liege im Normbereich, so dass die Kodierung einer Hypokaliämie ebenfalls nicht aufrechterhalten werden könne. Damit sei als Hauptdiagnose R07.3 zu akzeptieren, die CCL-relevanten Nebendiagnosen I50.14 sowie E87.6 seien nicht zu kodieren. Es resultiere die DRG F74Z. Nebenbei sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb erst nach einer Woche, am 9. März 2005, bei Festhalten an der I48.1 durch das Klinikum ein Langzeit-EKG erfolgt sei. Normalerweise wäre diese Untersuchung gleich bei Aufnahme, spätestens jedoch am nächsten Tag, falls die I48.1 berechtigt gewesen wäre, angezeigt gewesen.
In der diesem Schreiben zugrunde liegenden sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. August 2006 wird ausgeführt, laut vorliegender Epikrise sei bereits bei Aufnahme in der Notfallaufnahme ein Sinusrhythmus vorhanden gewesen. Die Notwendigkeit einer stationären Aufnahme wegen einer absoluten Arrhythmie habe somit nicht bestanden. Aufgrund des retrosternalen Brennens zum Ausschluss eines Myokardinfarktes sei die Notwendigkeit einer stationären Behandlung erkannt worden. Im Aufnahme-EKG werde ebenfalls ein Sinusrhythmus beschrieben. Als Hauptdiagnose seien die retrosternalen Beschwerden zu bewerten. Für eine koronare Herzerkrankung habe sich durch die durchgeführten Untersuchungen kein Anhalt ergeben.
In einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme, diese vom 20. November 2007 und nach Vorlage der Krankenakte der Versicherten, wird noch ausgeführt, die Einweisung sei laut Einweisungsprotokoll wegen Angina pectoris und paroxysmalen Vorhofflimmerns erfolgt. Bereits in der Notaufnahme habe ein Sinusrhythmus vorgelegen. Die stationäre Aufnahme sei zum Ausschluss eines Myocardinfarktes als berechtigt anerkannt worden. Ein paroxysmales Vorhofflimmern erfordere keine stationäre Aufnahme bei normofrequentem Sinusrhythmus nach Isoptingabe. Ein Myokardinfarkt habe ausgeschlossen werden können. Als Hauptdiagnose sei somit die R07.3 zu kodieren. Bezüglich der CCL-relevanten Nebendiagnosen I50.14 sowie I50.01 fänden sich auch in der Akte keine Hinweise. Entsprechende klinische bzw. technische Untersuchungsbefunde seien auch der Krankenakte nicht zu entnehmen. Bezüglich der Hypokaliämie sei anzumerken, dass in der Epikrise lediglich der Normwert mitgeteilt worden sei, in der Krankenakte sei mit Laborbefund vom 4. März 2005 eine Hypokaliämie belegt. Vom 8. März bis 10. März 2005 sei die Kaliumgabe erfolgt. Die Hypokaliämie sei als Nebendiagnose zu akzeptieren. Laut Kodierrichtlinien sei die Hauptdiagnose als die Diagnose definiert, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich sei. Die Aufnahme sei medizinisch begründet zum Infarktausschluss. Eine Aufnahme wegen paroxysalen Vorhofflimmerns bei vorhandenem normofrequentem Sinsusrhythmus er-fordere keine stationäre Behandlung und stelle somit nicht die Hauptdiagnose dar. Zusammenfassend sei einzuschätzen, dass die CCL-relevante Nebendiagnose E87.6 auf Grund eines Ressourcenverbrauches zu akzeptieren sei, als Hauptdiagnose jedoch die R07.3, die in die DRG F74Z führe. Dies bestätige auch die vorliegende Krankenakte.
Hierzu ist seitens der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2008 vorgetragen worden, die Aufnahme sei aufgrund einer erheblichen Tachyarrhythmie erfolgt. Auch wenn in der Zentralen Notaufnahme bereits ein Sinusrhythmus nachweisbar gewesen sei, habe eine stationäre Aufnahme erfolgen müssen, da mit einem Rezidiv der Tachyarrhythmie habe gerechnet werden müssen. Die Kodierung der Hauptdiagnose I48.10 entspreche der gültigen Definition nach den Deutschen Kodierrichtlinien, weil aufgrund dieser Diagnose die Krankenhausaufnahme initiiert worden sei. Bei der Versicherten habe initial eine Tachy-arrhythmie bestanden, aufgrund derer ein erhöhter Sauerstoffbedarf bestanden habe, der zu pectaginösen Beschwerden geführt habe. Die Beendigung der Tachyarrhythmie habe auch die Schmerzsymptomatik limitiert. Die geforderte R07.3 als Krankenhaus-Hauptdiagnose sei nicht korrekt, da diese Diagnose nur verwendet werden könne, wenn keine Ursache der thorakalen Schmerzsymptomatik vorliege. Im Streitfall sei der Auslöser der Beschwerden klar definiert. Gemäß der Kodierrichtlinie D002d sei die Hauptdiagnose definiert als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt worden sei, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich sei.
In der sozialmedizinischen Stellungnahme hierzu hat der sozialmedizinische Dienst der Beklagten insbesondere ausgeführt, es sei nicht nachvollziehbar, dass die stationäre Aufnahme habe erfolgen müssen, weil mit einem Rezidiv habe gerechnet werden müssen. Die Aufnahme sei zum Myokardinfarktausschluss bei thorakaler Beschwerdesymptomatik erfolgt. Die Tachyarrhythmie könne nicht die Hauptdiagnose darstellen.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 31. März 2009 verurteilt, der Klägerin für die stationäre Behandlung der Versicherten weitere 761,51 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 19. Oktober 2005 zu zahlen. Die Klägerin habe zu Recht ein paroxsysmales Vorhofflimmern (ICD I47.10) nach der DRG F71B abgerechnet. Als Nebendiagnosen habe sie zudem zu Recht ICD-10 I50.15 (Linksherzinsuffizienz), I50.01 (sekundäre Rechtsherzinsuffizienz) und E87.6 festgestellt. Das Krankenhaus habe eigenverantwortlich zu prüfen, ob eine Krankenhausbehandlung notwendig sei. Dies gehe insbesondere aus § 39 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hervor. Es dürfe sich insoweit ggf. auch nicht auf die Beurteilung des Vertragsarztes verlassen, weil die Therapiefreiheit des Krankenhausarztes, auch nicht durch Verordnung des Vertragsarztes, eingeschränkt sei. Das bedeute, dass sich die erforderliche Behandlung nach der Art der Erkrankung mit Aussicht auf Erfolg nur in einem Krankenhaus mit dessen besonderen Mitten durchführen lasse, die Behandlung müsse sich demzufolge mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses als erforderlich erweisen. ob die Krankenhausbehandlung tatsächlich erforderlich sei, entscheide zunächst der verantwortliche Krankenhausarzt. Trotz dieser so genannten Einschätzungsprärogative des Krankenhausarztes sei die Krankenkasse berechtigt, nach der Krankenhausaufnahme die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu überprüfen und davon eine Kostenübernahmeerklärung abhängig zu machen. Andernfalls hätte es der gesetzlichen Einschränkung, wonach eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur bei medizinischer Erforderlichkeit gerechtfertigt sei und der Krankenkasse in Zweifelsfällen über den Medizinischen Dienst das Recht der Überprüfung zustehe nicht bedurft. Im Übrigen sei dem Krankenhausarzt nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) insoweit keine Einschätzungsprärogative (mehr) eingeräumt, die die Krankenkasse binden könne. Vorliegend habe die gerichtliche Überprüfung ergeben, dass der Klägerin die Vergütung in der geltend gemachten Höhe zustehe. Nach den vorliegend anwendbaren Deutschen Kodierrichtlinien, Version 2005 (DRK 2005) müsse vom behandelnden Arzt entschieden werden, welche Diagnose am besten der Hauptdiagnosedefinition entspreche, wenn zwei oder mehrere Diagnosen in Bezug zu Aufnahme, Untersuchungsbefunden und/oder der durchgeführten Therapie gleichermaßen die Kriterien für die Hauptdiagnose erfüllten und ICD-10-Verzeichnisse und Kodierrichtlinien keine Verschlüsselungsanweisungen gäben. Nur in diesem Fall sei vom behandelnden Arzt diejenige Diagnose auszuwählen, die für Untersuchung und/oder Behandlung die meisten Ressourcen verbraucht habe, wobei es unerheblich sei, ob Krankheiten verwandt seien oder nicht. Die Auflistung der Diagnosen bzw. Prozeduren liege in der Verantwortung des behandelnden Arztes (D001a). Hauptdiagnose sei die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt worden sei, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes gewesen sei. Der Begriff "nach Analyse" bezeichne die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes gewesen sei. Damit sei vom Krankenhausarzt in einer ex-post-Betrachtung die Krankheit festzustellen, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes verantwortlich gewesen sei und von diesem die entsprechende Kodierung vorzunehmen. Aufnahmediagnose und Hauptdiagnose müssten nicht identisch sein. Damit komme es vorliegend nicht darauf an, dass die Versicherte zunächst wegen Verdachts auf Herzinfarkt als Notfall aufgenommen worden sei. Wenngleich in der zentralen Notfallaufnahme ein Sinusrhythmus nachweisbar gewesen sei, habe eine stationäre Aufnahme erfolgen müssen, da anderenfalls mit einem Rezidiv der Tachyarrhythmie habe gerechnet werden müssen. Der Assistenzarzt Dr. T habe am 30. November 2005 ausdrücklich dokumentiert, dass bei der Notaufnahme Isoptin appliziert worden sei, was eine Frequenznormalisierung zur Folge gehabt habe. Wenn die Beklagte hiergegen einwende, dass die Herzschmerzen den stationären Krankenhausaufenthalt verursacht hätten, sei dies zwar vordergründig für die stationäre Aufnahme der Versicherten entscheidend gewesen, trage jedoch dem Umstand, dass erst nach Abschluss der Behandlung die entsprechende Festlegung habe erfolgen können, nicht Rechnung. Selbst wenn zunächst der Verdacht auf Koronarischämie für den stationären Krankenhausaufenthalt verantwortlich gewesen sei, sei diese Erkrankung nicht die Ursache der kardialen Schmerzsymptomatik gewesen. Vielmehr hätten die eingeleiteten Maßnahmen zur Beseitigung der initial bestehenden Tachyarrhythmie den erhöhten Sauerstoffbedarf, der die pectaginösen Beschwerden veranlasst habe, beseitigt. Hauptdiagnose sei daher I48.10 und nicht R07.3 gewesen. Letztere gebe angesichts der Nebendiagnose E87.6 den im Krankenhaus betriebenen Aufwand nicht ausreichend wieder.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 28. Mai 2009 zugestellte Urteil am 25. Juni 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, das SG hätte den Einwendungen, die der Sozialmedizinische Dienst in seinen zahlreichen Stellungnahmen gegen die vom Krankenhausarzt vorgenommenen Kodierungen erhoben habe, nachgehen müssen. Dies habe das SG nicht getan und auch kein externes medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 31. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich im Wesentlichen auf die Gründe der Entscheidung des SG bezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden, und teilweise begründet.
Die vor dem SG erhobene Klage war gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig, da es sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris Rn. 9 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Sie war des Weiteren insoweit begründet, als der Klägerin von dem von ihr geltend gemachten Vergütungsanspruch von 761,51 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 19. Oktober 2005 der Teilbetrag von 282,45 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 19. Oktober 2005 zusteht. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend einen Vergütungsanspruch von weiteren 479,06 EUR geltend macht, war die Klage unbegründet. Insoweit ist die Berufung der Beklagten begründet; hinsichtlich des Betrages von 282,45 EUR ist die Berufung zurückzuweisen.
Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten. Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht. Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein (vgl. zu alledem z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013, a.a.O, juris Rn. 13 m.w.N.).
Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für im Jahr 2005 erbrachte stationäre Krankenhausleistungen ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der vom 30. April 2002 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung i.V.m § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in der vom 21. Dezember 2004 bis 24. März 2009 geltenden Fassung und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1KHEntgG in der vom 22. Juli 2003 bis zum 30. Juli 2008 geltenden Fassung sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der vom 21. Dezember 2004 bis 7. November 2011 geltenden Fassung.
Gemäß § 7 Satz 1 KHEntgG werden die Leistungen der Krankenhäuser (u.a.) durch die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog abgerechnet. Diese Entgelte vergüten nach § 7 Satz 2 KHEntgG alle allgemeinen Krankenhausleistungen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen (bzw. seit dem 1. Januar 2008 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen) haben dazu nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b Abs. 2 KHG Fallpauschalen und ein Vergütungssystem zu vereinbaren, dass sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert und jährlich weiterzuentwickeln und anzupassen ist. Das Vergütungssystem der allgemeinen Krankenhausleistungen soll nach § 17 b Abs. 1 Satz 1 KHG durchgängig, leistungsorientiert und pauschalierend sein. Dieses auf Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft beruhende Vergütungssystem wurde nach § 17b Abs. 6 Satz 1 KHG verbindlich für alle Krankenhäuser zum 1. Januar 2004 eingeführt.
Der in Ausführung dieser gesetzlichen Verpflichtung vereinbarte Fallpauschalenkatalog sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zwei Schritte vor: Zunächst ist die durchgeführte Behandlung nach Gegenstand und prägenden Merkmalen nach einem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Der sich ergebende Kode ist in zu diesen Zwecken entwickelte Computerprogramme (sog. Grouper) einzugeben, die dann nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien die Zuordnung zu einer bestimmten DRG vornehmen. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von dem Krankenhaus zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – juris Rn. 17 ff.).
Vorliegend ist unstreitig, dass der Klägerin gegen die Beklagte laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 761,51 EUR Euro erwachsen sind; die Klageforderung selbst steht außer Streit. Die Aufrechnungsvoraussetzungen sind jedoch nur hinsichtlich eines Betrages i.H.v. 479,06 EUR erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nur in dieser Höhe bestand. Die Beklagte schuldet für die in der Zeit vom 3. März 2005 bis 12. März 2005 zugunsten der Versicherten erbrachten stationären Krankenhausleistungen weder die von der Klägerin abgerechnete DRG F71B noch die von der Beklagten zugrunde gelegte DRG F74.Z. Vielmehr müssen die Krankenhausleistungen richtigerweise mit der DRG F71C – nicht schwere kardiale Arrhythmie und Erregungsleitungsstörungen ohne äußerst schwere oder schwere CC abgerechnet werden.
Die Klägerin ist zu Recht von der Hauptdiagnose I48.10 und der Nebendiagnose E87.6 ausgegangen. Sie hat der Kodierung jedoch zu Unrecht die Nebendiagnosen I50.14 und I50.0 zugrunde gelegt.
Nach den Kodierrichtlinien in der für das Jahr 2005 geltenden Fassung ist Hauptdiagnose die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Die Evaluation der Befunde erfolgt am Ende des stationären Aufenthalts und kann auch erst im Verlauf des Aufenthalts gewonnene Erkenntnisse berücksichtigen. Die festgestellte Hauptdiagnose muss deswegen nicht notwendig der Aufnahme- oder Einweisungsdiagnose entsprechen (D002d der Kodierrichtlinien in der für das Jahr 2005 geltenden Fassung – S. 4). Maßgebend für die Frage, welche Hauptdiagnose zu kodieren ist, ist demnach, wegen welcher Diagnose überwiegend die Leistungen des Krankenhauses in Anspruch genommen worden sind. Nicht die Einweisungs- oder Aufnahmediagnose, sondern die tatsächlich erbrachten Behandlungsleistungen bestimmen also über die nach den Kodierrichtlinien zugrunde zu legende Hauptdiagnose. Dabei können weitere Diagnosen als Nebendiagnose kodiert werden, soweit das Krankenhaus Leistungen erbracht hat, die in Bezug auf die Haupterkrankung nicht gebotene Leistungen des Krankenhauses ausgelöst haben (BSG, Urteil vom 25. November 2010 – B 3 KR 4/10 R - juris Rn 17).
Hiernach hat die Klägerin bei Rechnungstellung zu Recht als Hauptdiagnose die ICDI48.10 und nicht die R07.3 zugrunde gelegt. Die Versicherte wurde wegen zwar wegen ambulant geklagten retrosternalen Brennens und Atemnot notärztlich behandelt, diese Symptomatik beruhte jedoch auf der bereits vom Notarzt festgestellten Tachyarrhythmia absoluta (s. "Widerspruch" der Klägerin vom 30. November 2005). Damit führte letztere zur stationären Aufnahme und war auch Veranlassung für die während des Krankenhausaufenthaltes veranlassten Maßnahmen. Dass bereits bei der notärztlichen Aufnahme ein Sinusrhythmus zu verzeichnen war, steht dem nicht entgegen, da die Frequenznormalisierung aufgrund der Gabe von Isoptin erreicht worden war. Auch während des Krankenhausaufenthaltes wurde die Versicherte - erfolgreich - medikamentös zur Frequenznormalisierung behandelt. Der Einschätzung der Beklagte, dass als Hauptdiagnose R07.3 zu kodieren sei, ist somit nicht zu folgen.
Auch soweit die Klägerin als Nebendiagnosen E87.6 und I10.00 der Kodierung zugrunde gelegt hat, begegnet dies keinen Bedenken. Insoweit ist auch von Seiten des Medizinischen Dienstes der Beklagten in der Stellungnahme vom 20. November 2007 festgestellt worden, dass der Laborbefund vom 4. März 2005 eine Hypokaliämie belegt; diese war behandlungsbedürftig und wurde mittels Kaliumsubstitution behandelt. Die Nebendiagnose I10.00 wirkt sich auf die DRG und damit auch die auf die von der Beklagten zu zahlende Vergütung ohnehin nicht aus.
Jedoch ist der Beklagten darin zu folgen, dass die Nebendiagnosen I50.01 und I50.14 nicht zu kodieren waren. Dabei kann dahinstehen, ob bei der Versicherten eine sekundäre Rechtsherzinsuffizenz bei Linksherzinsuffizienz tatsächlich vorlag, da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin wegen der Diagnosen I50.01 und I50.14 zusätzliche Leistungen erbracht hat und Krankheiten nur dann als Nebendiagnosen kodiert werden dürfen, wenn sie therapeutische oder diagnostische Maßnahmen zur Folge haben oder aus ihnen ein erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand resultiert (D003d der Kodierrichtlinien in der für das Jahr 2005 geltenden Fassung, S. 11). Insoweit hat die Klägerin im Verlauf des Klage- und des Berufungsverfahrens auch keine Leistungen genannt, die sie aufgrund einer Herzinsuffizienz der Versicherten (zusätzlich) erbracht hat, obwohl in den Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Beklagten mehrfach darauf hingewiesen worden ist, dass aus seiner Sicht weder das Vorliegen einer dieser Diagnosenummern zugrunde liegenden Krankheit nachgewiesen sei noch nach Aktenlage insoweit Behandlungsmaßnahmen erbracht worden seien.
Aus alledem folgt, dass der Kodierung als Hauptdiagnose die ICD-10 I48.10 und die Nebendiagnosen E87.6 und I10.0 zugrundezulegen waren; hieraus resultiert die DRG F71C. Somit hätte die Klägerin in ihrer Rechnung vom 29. März 2005 statt des Betrages von 2.107,32 EUR einen Betrag von 1.628,26 EUR ausweisen müssen und die Beklagte hätte lediglich in Höhe von 479,06 EUR aufrechnen dürfen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem Betrag von 282,45 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R –, juris Rn. 50 mit Hinweis auf BSG Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 8/09 R – juris Rn. 16 ff.)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGG i.V.m § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 sowie § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Dr. Wietek Voigt Klotzbücher
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved