Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 7 U 55/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 158/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gesetzliche Unfallversicherung - Beitragsrecht - Veranlagung eines Wach- und Sicherheitsunternehmens zu den Gefahrtarifen 2001, 2007 und 2009 der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft - rückwirkende Veranlagungsänderung
1. Die Veranlagung eines im Wach-und Sicherheitsgewerbe tätigen Dienstleistungsunternehmens zum Gewerbezweig "Bewachungsunternehmen" bzw. "Wach- und Sicherheitsunternehmen" erfasst auch von dem Unternehmen angebotene sicherheitsrelevante Serviceaufgaben (z. B. Empfangsdienste).
2. Die abweichende Veranlagung eines Betriebsteils eines Gesamtunternehmens setzt voraus, dass es sich bei dem Betriebsteil um ein Nebenunternehmen im Sinne von § 131 Abs. 2 Satz 3 SGB VII handelt.
1. Die Veranlagung eines im Wach-und Sicherheitsgewerbe tätigen Dienstleistungsunternehmens zum Gewerbezweig "Bewachungsunternehmen" bzw. "Wach- und Sicherheitsunternehmen" erfasst auch von dem Unternehmen angebotene sicherheitsrelevante Serviceaufgaben (z. B. Empfangsdienste).
2. Die abweichende Veranlagung eines Betriebsteils eines Gesamtunternehmens setzt voraus, dass es sich bei dem Betriebsteil um ein Nebenunternehmen im Sinne von § 131 Abs. 2 Satz 3 SGB VII handelt.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27. April 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 15.388,06 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das klägerische Unternehmen seit 2002 zu Recht zum Gewerbezweig "Bewachungsunternehmen" bzw. "Wach- und Sicherheitsunternehmen" veranlagt worden ist, soweit es das Betreiben von "Auskunfts- und Informationsstellen und Telefonzentralen" angeht, und die auf der bisherigen Veranlagung beruhenden Beitragsbescheide für die Jahre 2002 bis 2009 rechtmäßig sind.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte (nachfolgend Klägerin) ist ein zur W F Service Holding (seit 2010, vormals W Service Holding) gehörendes Unternehmen, das bis 2010 unter dem Namen "W Sicherheitsdienste M GmbH & Co. KG" firmierte. Das Unternehmen bietet ausweislich seiner Website (http://www.facility.wisag.de/facility/leistungen/sicherheit-service.html (Abruf im November 2015)) Sicherheitsdienstleistungen in den Sparten Werk- und Objektschutz, Revierbewachung, Flughafensicherheit, Alarmservice, Notrufzentrale und Bewachung militärischer Einrichtungen sowie als ergänzende Servicedienstleistungen Empfangs-, Messe- und Veranstaltungsdienste, Fahrgastbetreuung sowie Inhouse-Logistik & Service an.
Die Beklagte und Berufungsklägerin (nachfolgend Beklagte) veranlagte die Klägerin nach dem vom 01.01.2001 bis 31.12.2006 geltenden Gefahrtarif (GT 2001) zur Unternehmensart "Bewachungsunternehmen", Gefahrtarifstelle 14 mit der Gefahrklasse 3,84 (Bescheid vom 27.06.2001), und nach dem vom 01.01.2007 bis 31.12.2008 geltenden Gefahrtarif (GT 2007) zur Unternehmensart "Wach- und Sicherheitsunternehmen", Gefahrtarifstelle 10 mit der Gefahrklasse 3,57 (Bescheid vom 27.06.2007) sowie im Hinblick auf die 2007 aufgenommene gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ab 28.11.2007 zusätzlich zur Unternehmensart "Zeitarbeit" in den Gefahrtarifstellen 31.1 (Gefahrklasse 0,86) sowie 31.2 (Gefahrklasse 8,54, Bescheid vom 14.05.2008).
Für das Jahr 2003 erhob die Beklagte mit Bescheid vom 21.04.2004 einen Gesamtbeitrag in Höhe von 32.493,61 EUR, für das Jahr 2004 in Höhe von 29.195,71 EUR (Bescheide vom 18.04.2005 und 20.05.2005), für das Jahr 2005 in Höhe von 24.734,83 EUR (Bescheid vom 19.04.2006) und für das Jahr 2006 mit Bescheid vom 19.04.2007 in Höhe von 25.278,00 EUR. Rechtsbehelfe wurden nicht eingelegt.
Mit Schreiben vom 21.12.2007 machte die Klägerin die "zu hoch abgerechneten Beiträge ... ab 01.01.2002 geltend" und beantragte "Neuprüfung" für den Zeitraum bis 31.12.2006.
Mit Bescheid vom 21.04.2008 erhob die Beklagte Gesamtbeiträge für 2007 in Höhe von 23.718,79 EUR. Hiergegen legte die Klägerin am 09.05.2008 Widerspruch ein. Mit weiterem Schreiben vom 11.07.2008 beantragte die Klägerin im Zuge einer Analyse ihrer Kostenstrukturen durch eine Consultingfirma die Änderung ihrer Veranlagung, da sie ab 2002 ihren Geschäftsbereich um den Betriebsteil Servicedienstleistungen für auftraggebende Drittunternehmen (Telefonzentralen bzw. Empfang im Unternehmen der Auftraggeber) und ab 2005 um den weiteren Betriebsteil Personen- und Gepäckabfertigung an Flughäfen erweitert habe.
Mit Bescheiden vom 18.07.2008 änderte die Beklagte die Gesamtbeiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für 2003 auf 32.543,12 EUR, für 2004 auf 29.410,09 EUR, für 2005 auf 24.789,84 EUR und für 2006 auf 25.434,53 EUR. Hiergegen legte die Klägerin am 13.08.2008 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 04.08.2008 änderte die Beklagte den Gesamtbeitrag für 2007 auf 23.803,24 EUR.
Mit Bescheiden vom 22.08.2008 ergänzte die Beklagte die Veranlagung um den Betriebsteil Personen- und Gepäckabfertigung an Flughäfen und veranlagte den Betriebsteil im GT 2001 ab 01.01.2005 zur Gefahrtarifstelle 56 ("Sonstige Dienstleistungsunternehmen") mit der Gefahrklasse 0,90 und im GT 2007 ab 01.01.2007 zur Gefahrtarifstelle 33 ("Sonstige Dienstleistungsunternehmen") mit der Gefahrklasse 1,00. Für die weiteren Servicedienstleistungen (Telefonzentralen bzw. Empfang im Unternehmen) lehnte die Beklagte eine Änderung der Veranlagung ab. Aufgrund der Änderung des Strukturbildes des Bewachungsgewerbes umfasse das Aufgabenspektrum nunmehr auch diese Leistungen. Hiergegen legte die Klägerin am 01.09.2008 Widerspruch ein.
Nachdem die Klägerin geänderte Lohnnachweise vorgelegt hatte, änderte die Beklagte mit Bescheiden vom 16.09.2008 die Gesamtbeiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für 2005 auf 24.666,81 EUR, für 2006 auf 23.217,42 EUR und für 2007 auf 21.953,16 EUR. Hiergegen legte die Klägerin am 10.10.2008 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 21.04.2008 erhob die Beklagte für das Jahr 2009 einen Gesamtbeitrag in Höhe von 26.278,51 EUR. Aufgrund des Inkrafttretens eines neuen Gefahrtarifs ab dem 01.01.2009 (GT 2009) veranlagte die Beklagte die Klägerin ab dem 01.01.2009 mit Bescheid vom 24.06.2009 neu. Inhaltlich blieb die Veranlagung im Vergleich zur letzten Gefahrtarifperiode (2007/2008) unverändert. Hiergegen legte die Klägerin am 09.07.2009 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 22.08.2008 (Ablehnung der Änderung der Veranlagung von 2002 – 2008), den Veranlagungsbescheid vom 24.06.2009 (GT 2009) sowie die Beitragsbescheide vom 21.04.2008 (2007), vom 18.07.2008 (2003 – 2006), vom 16.09.2008 (2005 – 2007) sowie vom 21.04.2009 (2008) zurück. Im Hinblick auf die Servicedienstleistungen am Empfang bzw. in den Telefonzentralen der Auftraggeber sei keine Änderung der Veranlagung in der Unternehmensart "Bewachungsunternehmen" bzw. "Wach- und Sicherheitsunternehmen" angezeigt. Das Strukturbild im Bereich der Wach- und Sicherheitsunternehmen sei sehr viel umfangreicher geworden. Während früher nur die klassische Bewachung zum Aufgabenspektrum gehört habe, seien heute weitere Tätigkeitsfelder hinzugekommen. Die Unternehmen sähen sich mehr und mehr als Dienstleister, die ihren Kunden ein komplettes, individuell auf den Bedarf der Kunden abgestimmtes Sicherheitsdienstleistungspaket inklusive umfassender Beratung zusammenstellten. Zu den heutigen Tätigkeitsfeldern gehörten daher z. B. die Besetzung von Telefonzentralen, Empfangs- und Rezeptionsdienste sowie Pförtnerdienste in den Unternehmen der Auftraggeber. Lediglich reine Informations- und Auskunftsstellen (Info-Points oder Service-Points) seien der Unternehmensart "Sonstiges Dienstleistungsunternehmen" zuzuordnen. Bei diesen Stellen erschöpfe sich die Tätigkeit darin, Auskünfte über das Gebäude oder Wegbeschreibungen, insbesondere in Kauf- oder Hochhäusern zu geben. Die von der Klägerin erbrachten Dienstleistungen gingen jedoch hierüber hinaus. Es würden auch allgemeine Auskünfte erteilt, Besucher und Gäste würden an- und abgemeldet, registriert und erhielten Besucherausweise. Elektronisch gesicherte Zugänge würden entriegelt, Schlüssel an berechtigte Personen herausgegeben sowie bei Notfällen Polizei und Feuerwehr unterstützt und Alarmmeldungen entsprechend der jeweiligen Pläne vorgenommen. Damit werde die Sicherheit für das Unternehmen gewährleistet. Es bestehe daher ein einheitlicher Unternehmenszweck mit der Folge, dass kein eigenständiger Betriebsteil angenommen werden könne.
Hiergegen hat die Kläger am 16.04.2010 Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben und weiterhin die Veranlagung in der Unternehmensart "Sonstige Dienstleistungsunternehmen", soweit es um die Besetzung von Informations- und Auskunftsstellen geht, einschließlich der Korrektur der Beitragsbescheide ab 2002 beantragt. Die entsprechenden Leistungen stünden in keinem Zusammenhang mit Bewachung oder Sicherheit von Eigentum oder Personen. Die Klägerin legte eine teilgeschwärzte Beauftragung und einen teilgeschwärzten Vertrag vor.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 27.04.2012 stattgegeben. Die Beschäftigten der Klägerin, die in den Informations- und Auskunftsstellen bzw. Telefonzentralen tätig sind, seien ab 01.01.2002 in der Unternehmensart "Sonstige Dienstleistungen" zu veranlagen. Es handele sich nicht um Personen, die der Unternehmensart "Wach- und Sicherheitsunternehmen" zugeordnet werden können. Sie würden keine Wach- und Sicherheitsfunktionen ausführen. Hierfür erfüllten sie bereits die rechtlichen Voraussetzungen nicht, da es am gesetzlich vorgeschriebenen speziellen Unterrichtungsverfahren fehle. Der Personenstamm, der im Servicebereich tätig sei, sei von dem übrigen Personalstamm getrennt. Ein Austausch finde nicht statt. Es seien also zwei Betriebsteile erkennbar. Diese seien zwar nicht aufgrund der Art der Tätigkeit räumlich getrennt. Die Unternehmensteile ließen sich jedoch dadurch abgrenzen, dass es sich um zwei vollkommen getrennte Beschäftigtengruppen handele, die eine jeweils besondere Qualifikation aufwiesen und in getrennten Bereichen zum Einsatz kämen.
Gegen das ihr am 24.05.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.06.2012 Berufung eingelegt. Sie hält das Urteil des SG für unzutreffend. Wach- und Sicherheitsunternehmen böten Dienstleistungen an, die auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit oder des Eigentums, Besitzes und sonstiger Vermögenswerte fremder Personen gerichtet sind. Vorausgesetzt werde grundsätzlich eine aktive Obhutstätigkeit durch den Menschen, die auch unter Nutzung technischer Hilfseinrichtungen erfolgen könne. Dabei habe die Branche ihr Aufgabenspektrum erweitert und ihr Erscheinungsbild angepasst. So beinhalte das Leistungsangebot der Klägerin nach deren eigenen Angaben den Schutz der Immobilie von A wie Alarmverfolgung bis Z wie Zugangskontrolle, die Beratung und Planung, Installation und Überprüfung der Sicherheitstechnik, Alarmaufschaltung, Videoüberwachung, Notruf-Service-Leitstelle, Interventionsstelle, Empfangs- und Postdienste sowie den Service und die Sicherheit auf Messen und Veranstaltungen. Insoweit stelle sie ein branchentypisches Unternehmen dar. Empfangs- und Pförtnerdienste zählten zu den klassischen Bewachungsaufgaben. Dem am Empfang oder der Pforte sitzenden Mitarbeiter obliege die Zugangskontrolle. Lediglich Unternehmen, deren Mitarbeiter am Empfang ausschließlich Informationen und Auskünfte erteilten (z. B. Auskünfte über Gebäude, Wegbeschreibungen innerhalb des Gebäudes, wie etwa in Einkaufszentren) könnten der Unternehmensart "Sonstige Dienstleistungen" zugeordnet werden. Wie aus den vorgelegten Dienstanweisungen hervorgehe, bestehe die Hauptaufgabe der am Empfang oder an den Rezeptionen eingesetzten Mitarbeiter jedoch in der Zugangskontrolle, ggf. der Registrierung und Weiterleitung der Besucher. Insofern bestehe ein einheitlicher Unternehmenszweck und bestünden keine verschiedenartigen Betriebsbestandteile. Der Gefahrtarif sehe eine gesonderte Veranlagung nur bei Haupt- und Nebenunternehmen vor, wie sie in Form der "Zeitarbeit" und "Personen- und Gepäckabfertigung" bestehe. Im Übrigen richte sich die Veranlagung ausschließlich nach dem Schwerpunkt des Unternehmens (Gewerbezweigtarif), ohne dass es auf die konkrete Tätigkeit einzelner Beschäftigter ankomme.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG vom 27.04.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zutreffend habe das SG entschieden, dass ein Nebenunternehmen bestehe, das in der Unternehmensart "Sonstige Dienstleistungen" zu veranlagen sei. Es bestünden gesonderte Personalstämme, die nicht wechselseitig eingesetzt würden, da die Mitarbeiter in den Informations- und Auskunftsstellen bereits keine Sicherheitsüberprüfung nach § 34a Gewerbeordnung ablegen müssten. Überwiegend bestehe auch ein eigener Kundenstamm. Aus den exemplarisch vorgelegten Arbeitsverträgen sei ersichtlich, dass jeweils eigenständige Arbeitsverträge für die Bereiche Wach- und Sicherheitsdienst, Luftsicherheitskontrolle, Zeitarbeit sowie Informations- und Auskunftsstellen, Telefonzentralen existierten. Die im Wege des Marketings erfolgende Außendarstellung des Unternehmens durch seinen Internetauftritt lasse keine Rückschlüsse auf die beitragsrechtlich gebotene Differenzierung zu.
Der Senat hat mit Schreiben vom 01.04.2015 bei der Klägerin weitere Unterlagen angefordert und insbesondere um Mitteilung gebeten, mit welchen Unternehmen (aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren) Verträge über "Informations- und Auskunftstellen, Telefonzentralen" bestanden, sowie erbeten, die entsprechenden Verträge einschließlich aussagekräftiger Leistungsbeschreibungen vorzulegen. Auf das Antwortschreiben vom 30.06.2015 einschließlich der Anlagen wird verwiesen. Verträge mit der TU I , der TU D (CRTD), dem M -P -Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik, D , sowie der L Gewerbehofgesellschaft wurden vorgelegt. Leistungsbeschreibungen liegen lediglich zu den Verträgen mit der TU D sowie der L Gewerbehofgesellschaft vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat Erfolg. Das SG hat die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 22.08.2008, des Veranlagungsbescheides vom 24.06.2009 und der Beitragsbescheide für 2002 bis 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheide vom 18.03.2010, zu Unrecht verurteilt, "die Mitarbeiter in den Informations- und Auskunftsstelen bzw. Telefonzentralen in der Unternehmensart ‚Sonstige Dienstleistungen‘ mit der Gefahrklasse 0,90 bzw. 1 zu veranlagen für die Zeit ab 01.01.2002". Die von der Beklagten von 2002 bis 2009 vorgenommene Veranlagung (unten I.) ist ebenso wenig wie die Beitragsbescheide für die Jahre 2002 – 2008 zu beanstanden (II.).
I.
1. Streitgegenständlich sind allein die Veranlagungsbescheide für die Gefahrtarifperioden vom 01.01.2002 – 31.12.2009. Am 01.01.2010 ist dagegen ein neuer Gefahrtarif der Beklagten in Kraft getreten, dessen Veranlagungsbescheid nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 05.07.2005 – B 2 U 32/03 R – juris RdNr. 20 = BSGE 95, 47).
2. Die von der Beklagten für die Beitragsjahre 2002 - 2008 vorgenommene Veranlagung der Klägerin zur gesetzlichen Unfallversicherung ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage der Beitragsveranlagung ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach veranlagt der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Regelungen zur rückwirkenden Aufhebung von Veranlagungsbescheiden zu Gunsten des Unternehmens trifft Absatz 2 des § 160 SGB VII: Ein Veranlagungsbescheid wird mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben, soweit die Veranlagung zu einer zu hohen Gefahrklasse von den Unternehmen nicht zu vertreten ist. Als speziellere Vorschrift verdrängt § 160 Abs. 2 SGB VI insoweit die allgemeinen Aufhebungsvorschriften der §§ 44 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X; vgl. Brandenburg/K. Palsherm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 160 SGB VII, RdNr.15; Höller in: Hauck/Noftz, SGB, 02/15, § 160 SGB VII, RdNr. 5; zum Verhältnis § 160 SGB VII zu §§ 44 ff. SGB X ferner BSG, Urteil vom 09.12.2003 – B 2 U 54/02 R – juris = BSGE 91, 287). Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGB VII vor, ist auch ein für vergangene Tarifperioden erlassener Veranlagungsbescheid zurückzunehmen; die Verjährungsregelungen der §§ 25 ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch sind zu beachten (Brandenburg/K. Palsherm, a.a.O., RdNr. 17).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe besteht kein Anspruch auf rückwirkende (Teil-)Aufhebung der Beitragsveranlagungen für den Zeitraum 01.01.2002 bis 31.12.2009. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Klägerin nach der Gefahrtarifstelle 56 (GT 2001) oder 33 (GT 2007 und 2009) zu veranlagen, soweit es das Betreiben von "Informations- und Auskunftstellen, Telefonzentralen" angeht. Weder sind die hier zugrunde zu legenden Gefahrtarife der Beklagten, die im Rahmen der Anfechtung der Veranlagungsbescheide inzident zu prüfen sind, zu beanstanden (unten a) noch ist die Klägerin (ergänzend) in den Tarifstellen 56 bzw. 33 als "sonstiges Dienstleistungsunternehmen" zu veranlagen (unten b).
a) Die hier streitigen Gefahrtarife, die im Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2009 galten, sind nicht zu beanstanden.
aa) Die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers (§ 33 Abs. 1 SGB IV) setzt gemäß § 157 Abs. 1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VII). Die Gefahrtarifsatzung ist durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit – unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. § 158 Abs. 1 SGB VII) – überprüfbar, allerdings nur daraufhin, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar ist. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist daher nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 21/02 R – juris = BSGE 91, 128). Die Bildung des Gefahrtarifs muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris).
Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Durch gefahrtarifliche Bestimmungen hervorgerufene Härten im Einzelfall sind als Folge der zulässigen generalisierenden versicherungsrechtlichen Regelungen hinzunehmen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.03.1982 – 1 BvR 34/82 – juris). Unter den Gefahrtarifstellen sind nach unterschiedlichen Zuordnungsmerkmalen Risikogemeinschaften zu bilden. Nach der Natur der Sache kommen die Tarifarten des Gewerbezweigtarifs oder des Tätigkeitstarifs in Betracht. Die unter diesen Gesichtspunkten gebildete Anzahl und die Arten der Gefahrtarifstellen stehen im Ermessen der Vertreterversammlung. Alle Tarifarten sind grundsätzlich zulässig, jedoch gebührt dem Gewerbezweigtarif der Vorrang, weil er am besten die gewerbetypischen Gefahren und damit das gemeinschaftliche Risiko erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 29.10.1981 – 8/8a RU 34/80 – juris). Aber auch gemischte Tarife in diesem Sinne sind grundsätzlich zulässig. Ferner besteht keine Verpflichtung, für abgrenzbare Unternehmensteile eines zugehörigen Unternehmens nach den dort jeweils verrichteten Tätigkeiten (z.B. Büro/Verwaltung) verschiedene Gefahrtarifstellen einzurichten; diese Ausnahme vom Gewerbezweigtarif ist zwar möglich, nicht aber verbindlich (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 21/02 R – juris).
bb) Nach diesen Grundsätzen sind die angefochtenen Veranlagungsbescheide der Beklagten, die die Veranlagung der Klägerin zu den Unternehmensarten "Bewachungsgewerbe" bzw. "Wach- und Sicherheitsgewerbe" bestätigt haben, nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil nach der inzident vorzunehmenden Prüfung die den Bescheiden zu Grunde liegenden Gefahrtarife rechtlich unwirksam wären.
Die hier in Rede stehenden Gefahrtarife der Beklagten sind jeweils formell rechtmäßig. Die Gewerbezweigtarife basieren auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen, was voraussetzt, dass eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige vorgenommen worden ist. So liegt es hier: Sie verstoßen in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht gegen höherrangige gesetzliche Regelungen und Rechtsgrundsätze und berücksichtigten zudem hinreichend versicherungsrelevante Tatsachengrundlagen sowie versicherungsmathematische Grundsätze. Die Beklagte hat mit den hier streitigen Tarifstellen Gefahrtarifstellen nach dem Gewerbezweigprinzip gebildet, die in dem vom erkennenden Gericht überprüfbaren Umfang nicht rechtsfehlerhaft sind. Auch die Klägerin hat insoweit keine substanziellen Einwände erhoben.
b) Eine abweichende Veranlagung der Klägerin kommt auch im Hinblick auf das Betreiben von "Informations- und Auskunftsstellen/Telefondiensten" nicht in Betracht.
aa) Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen. Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleistungsgesellschaft verlieren zwar klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 31.08.2012 – L 8 U 1970/10 – juris RdNr. 31).
Bei nicht vollständig homogen zusammengesetzten Gewerbezweigen eines Unternehmens – wie dem der Klägerin – muss jedoch geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, sachgerechteren Gewerbezweig folgen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris).
Letztlich kann eine Unternehmensart aber nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (vgl. § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif ausgewiesenen Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden können. Steht dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu dem Gewerbezweig nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation in Frage gestellt werden. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat zwangsläufig zur Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris).
bb) Nach diesen Maßstäben ist die einheitliche Zuordnung des klägerischen Unternehmens zu den Unternehmensarten "Bewachungsgewerbe" bzw. "Wach- und Sicherheitsgewerbe" nach seinem technologischen Gesamtgepräge – bis auf die hier von vornherein nicht streitigen Betriebsteile "Arbeitnehmerüberlassung" und "Boden- und Gepäckabfertigung" – gerechtfertigt. Das Betreiben von "Informations- und Auskunftstellen/Telefondiensten" führt nicht zu einem Anspruch auf Veranlagung als "Sonstiges Dienstleistungsunternehmen".
(1) Die W Unternehmensgruppe bietet ausweislich des Vortrags im Verfahren und bestätigt durch ihren Internetauftritt die Geschäftsfelder Aviation, Facility und Industrie an. Das Unternehmen der Klägerin ist hierbei dem Bereich Facility zugeordnet mit dem Leistungsspektrum Sicherheit & Service. Darunter fallen Leistungen wie Schutz und Prävention, Sicherheitsberatung und –technik, Notruf und Service Center, Empfangs- und Postdienste sowie Messe- und Veranstaltungsdienste. Damit stellt sich das Unternehmen als klassisches Wach- und Sicherheitsunternehmen im Sinne der Gefahrtarife der Beklagten dar.
Wie die Beklagte im Verfahren zutreffend ausgeführt hat, bieten Wach- und Sicherheitsunternehmen Dienstleistungen an, die auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums, Besitzes oder sonstiger Vermögenswerte fremder Personen gerichtet sind. Dabei wird grundsätzlich eine aktive Obhutstätigkeit durch den Menschen vorausgesetzt, die auch unter Nutzung technischer Hilfseinrichtungen erfolgen kann. Insgesamt hat die Branche hierbei ihr Angebot hin zu einem einheitlichen Dienstleister erweitert, der den Kunden ein komplettes, individuell abgestimmtes Sicherheitsdienstleistungspaket einschließlich Beratung anbietet, und ihr Erscheinungsbild entsprechend angepasst. Wach- und Sicherheitsunternehmen bedienen seit geraumer Zeit nicht mehr allein Bewachungsaufgaben im engeren Sinn, wie Objektschutz, Personenschutz und Werttransporte, sondern übernehmen sämtliche sonstigen sicherheitsrelevanten Serviceaufgaben, zu denen auch Empfangs-, Veranstaltungs- und Ordnungsdienste gehören.
Diese Strukturen werden bestätigt durch das Leistungsangebot der Klägerin, das den Schutz der Immobilie von A wie Alarmverfolgung bis Z wie Zugangskontrolle, die Beratung und Planung, Installation und Überwachung der Sicherheitstechnik, Alarmaufschaltung, Videoüberwachung, Notruf-Service-Leitstellen, Interventionstellen, Empfangs- und Postdienste sowie den Service und die Sicherheit auf Messen und Veranstaltungen beinhaltet (http://www.facility.wisag.de/facility/leistungen/sicherheit-service/schutz-praevention.html).
Dieses umfassende Dienstleistungsangebot im Sicherheitsgewerbe ist prägend für die gesamte Branche in Deutschland, wobei vom Angebot jeweils auch Empfangsdienste umfasst sind. Dies hat nicht nur die Beklagte überzeugend vorgetragen, sondern wird zur Überzeugung des Senats belegt durch einen Vergleich des Dienstleistungsangebots der in Deutschland führenden Sicherheitsdienstleister (vgl. hierzu die Aufstellung der Lünendonk GmbH unter: http://luenendonk-shop.de/Luenendonk-Listen/ (alle Websites wurden im November 2015 abgerufen)). So bietet die Securitas Holding GmbH Berlin Empfangs-/Besucherservice als integrierte Bestandteile des Sicherheitskonzeptes des betreuten Unternehmens an. Je nach Kundenbedürfnis stehen sowohl die Service- als auch die Sicherheitsaufgaben im Vordergrund (http://www.securitas.com/de/de/leistungen/spezialisierte-sicherheitsdienstleistungen/empfangsdienste/). Die Kötter Unternehmensgruppe, Essen, bietet Empfangsdienste, die alle Tätigkeiten umfassen, die für einen professionellen Empfang von Bedeutung sind. Hierzu zählen u.a. ein aufmerksamer Empfangsdienst/Pförtnerdienst, routinierte Besuchersteuerung, konsequente Einlass- und Zutrittskontrolle (https://www.koetter.de/services/security/personelle-sicherheit/empfangsdienst). Die Niedersächsische Wach- und Schließgesellschaft Eggeling & Schorling KG bietet unter "Objektschutz und Betreibermodelle ebenfalls Empfangs- und Pfortendienst an (http://www.nwsg.de/leistungen/leistungsuebersicht/objektschutz-und-betreibermodelle/ einzelnachricht/article/empfangs-und-pfortendienst.html). Gleiches gilt für die Pond Security Werkschutz GmbH (http://www.pond-security.com/private-offentliche-einrichtungen/dienstleistungen/empfangs-und-telefondienste), die Dussmann Service Deutschland GmbH, die unter Werk- und Objektschutz u.a. Empfangs- und Telefondienste anbietet (http://www.dussmann.com/leistungen/sicherheitsdienste/werk-und-objektschutz/), die Klüh Security GmbH, die unter Sicherheitsdienste Pforten-, Eingangs- und Telefondienste anbietet (https://www.klueh.de/de/Security.htm), die KWS Kieler Wach- und Sicherheitsgesellschaft GmbH & Co. KG, die unter Personeller Sicherheit Tor- und Empfangsdienste anbietet (http://www.kws-kiel.de/sicherheitsdienstleistungen/personelle-sicherheit/tor-und-empfangsdienst/), die b.i.g.-Gruppe, Karsruhe, die als Sicherheitsdienst Empfangsdienst/Telefonzentrale anbietet (http://www.big-gruppe.com/de/sicher/empfangs-dienst), die WAKO Nord GmbH, Stade, die "als kompetenter Sicherheitspartner" die Besetzung von Empfangs-/Servicebereichen bzw. Personalpforten anbietet (http://www.wako-nord.de/branchen/verwaltungen/), die Deutsche Notrufzentralen und Sicherheitsdienste Holding GmbH, die als Sicherheits- und Servicedienstleistung u.a. Rezeptions- und Empfangsdienste anbietet (http://www.dnz-holding.com/sicherheitsdienstleistungen.html), die Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH, Berlin, die als zum Leistungsspektrum des Werkschutzes gehörend u.a. Empfangsdienste und Telefondienste anbietet (http://www.gegenbauer.de/leistungen/sicherheitsdienste/), die Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft, die als Sicherheitsservice u.a. Empfangs- und Telefondienst anbietet (http://www.nwsgmbh.de/sicherheit/sicherheitsservice/empfangs-und-telefondienst/), die Power Personen-Objekt-Werkschutz GmbH, Hamburg, deren Service zum Objektschutz u.a. Empfangsdienst und Telefon- und Botendienst umfasst (http://www.power-gmbh.de/), die Piepenbrock Sicherheit GmbH & Co. KG, Berlin, die als Sicherheitsdienstleistung u.a. Empfangs- und Botendienste anbietet (http://www.piepenbrock.de/de/leistungen/sicher-heit/leistungsspektrum-sicherheit/sicherheitsdienstleistungen.html), die Götz-Management-Holding GmbH, die ebenfalls Pforten- und Empfangsdienste unter Objektsicherung anbietet (http://www.goetz-fm.com/facility-management/sicherheitsdienstleistungen/objekt-sicherung.html) oder die IWS Industrie-Werkschutz GmbH, die im Rahmen des Werkschutzes u.a. Empfangsdienste mit Abwicklung des Besucherverkehrs anbietet (http://iws-ab.de/kompetenzen/objekt-und-werkschutz/). Hieraus wird überaus deutlich, dass die Annahme der Beklagten, wonach Empfangsdienste zum regelmäßigen Portfolio der Sicherheitsfirmen gehören, technologisch zutreffend ist. Wie die obige Darstellung, die das Dienstleistungsgewerbe hinreichend repräsentativ abbildet, zeigt, handelt es sich insoweit auch um ein realistisches Bild der Struktur des Gewerbes und keine von der Realität abweichende reine Marketingdarstellung.
(2) Nicht davon überzeugen konnte sich der Senat dagegen, dass die Klägerin – abweichend vom soeben dargestellten Erscheinungsbild der Branche insgesamt – mit dem von ihr als "Informations- und Auskunftsstellen/Telefondienste" bezeichneten Angebot, allein reine Auskunftsstellen anbietet, die keinen sachlichen Bezug zur Sparte des Sicherheitsgewerbes aufweisen. Diese Annahme konnte anhand der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht belegt werden.
Bereits die im Verwaltungsverfahren vorgelegte "Leistungsbeschreibung für den Bereich Informations- und Auskunftsdienstleistungen, Besetzung von ‚Info-Points‘ für die Betriebsstätte " (Bl. 248 ff. der Verwaltungsakte (VwA)) benennt unter "Aufgaben" neben dem Erteilen von Informationen/Auskunftsstelle für Kunden u.a. auch "Besucher auf Verstöße gegen die Hausordnung hinzuweisen", was zugleich eine Obhutsfunktion des Empfangsdienstes indiziert. Unter 8.3. heißt es zudem: "Da nicht alle im Dienst anzutreffenden Sachverhalte voraussehbar sind, handeln Mitarbeiter der W selbständig und entscheidungsbewusst. Dabei ist umfassende und schnelle Information des Auftraggebers, des Dienstvorgesetzten oder der zuständigen Rettungskräfte oberstes Gebot." Auch dem ist zu entnehmen, dass sich die Tätigkeiten regelmäßig nicht in der bloßen Auskunftserteilung erschöpfen. In der (teilgeschwärzt vorgelegten) "Besonderen Dienstanweisung für Rezeptionsdienste" (Bl. 261 ff. VwA) ist als Aufgabe an der Rezeption u.a. – wiederum über eine reine Auskunftsstelle hinausgehend – aufgeführt " die zu besuchende Person informieren und Empfangsbereitschaft erfragen ". Als zusätzliche Aufgaben zum Besucherempfang sind z. B. aufgeführt: "Information der Ansprechpartner bei Problemen aller Art im Empfangsbereich" oder "Durchsetzung von Ordnung und Sauberkeit im Empfangsbereich".
In der weiter vorgelegten "Einzeldienstanweisung für die Infotheke in " des Tochterunternehmen der W -Gruppe (W Sicherheitsdienste B /B GmbH & Co. KG) sind als Aufgaben u.a. benannt: "Information über regelabweichende Vorgänge, insbesondere bei Verstößen gegen die Hausordnung im Center, an die Leitwarte" und "Besucher auf Verstöße gegen die Hausordnung hinzuweisen und die Einhaltung der Hausordnung einzufordern" (Bl. 277 Rückseite VwA). In der "Dienstanweisung für Empfangspersonal Verwaltungsgebäude " heißt es (Bl. 280 VwA): "Alle Besucher des Hauses werden bei den zu besuchenden Personen telefonisch angemeldet und von diesen am Empfang abgeholt und wieder zurückgebracht." Auch insofern werden Funktionen wahrgenommen, die deutlich über eine bloße Infostelle hinausgehen. Entsprechend ist in dem beim SG als beispielhafte Vertragsunterlagen (Anlage 3 und 4 zum Schriftsatz vom 14.04.2010) beigebrachten Muster einer "Beauftragung" oder eines "Vertrags" auch jeweils von "Bewachungspersonal" die Rede.
Schließlich hat die Klägerin auf die Aufforderung des Senats vom 01.04.2015, eine Aufstellung beizubringen, mit welchen Unternehmen (aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren) Verträge über "Informations- und Auskunftsstellen, Telefonzentralen" bestanden sowie die entsprechenden Verträge und insbesondere aussagekräftige Leistungsbeschreibungen vorzulegen und mitzuteilen, ob mit Unternehmen (ggf. welchen) Verträge (einheitlich oder getrennt) sowohl über "Informations- und Auskunftsstellen" als auch "Wach- und Sicherheitsdienste" bestanden sowie ggf. die entsprechenden Verträge nebst aussagekräftigen Leistungsbeschreibungen vorzulegen, einen Vertrag über Post- und Botendienstleistungen mit der TU I , einen Vertrag zur Erbringung von infrastrukturellen Dienstleistungen mit dem M -P -Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik, einen Vertrag über Empfangsdienstleistungen für das CRTD mit der TU D sowie eine Vereinbarung mit der L Gewerbehofgesellschaft L sowie zwei Leistungsbeschreibungen vorgelegt (Anlagen 2 – 5 zum Schriftsatz vom 30.06.2015), denen in der Gesamtschau – ohne dass es letztlich darauf ankommt, ob die vorgelegten Verträge den betroffenen Zeitraum vollständig abdecken – ebenfalls sicherheitsrelevante Aufgaben zu entnehmen sind, die deutlich über eine bloße Auskunftserteilung hinausgehen.
So ist als Ziel des Vertrages mit dem M -P -Institut festgehalten: "Werterhaltung und Sicherung der Gebäude und Anlagen und deren Funktionen". In der Leistungsbeschreibung Empfangsdienstleistungen zu dem Vertrag mit der TU D heißt es zu den allgemeinen Aufgaben u.a.: "Die Mitarbeiter sind verpflichtet, alles zumutbare zu veranlassen, um Personen sowie Eigentum und Besitz des AG zu schützen.", ferner haben die Mitarbeiter an der Gentechnischen Sicherheitsunterweisung des AG teilzunehmen und der Auftragnehmer sicherzustellen, "dass seine Mitarbeiter während der Einarbeitungsphase in alle sicherheitsrelevanten und technisch notwendigen Einrichtungen sowie das institutseigene Raumbelegungsprogramm eingewiesen" werden. Korrespondierend mit diesen sicherheitsbezogenen Aspekten gehört zu den Aufgaben des Empfangspersonals u.a. "Empfang der Besucher, Eintragung ins Besucherdienstbuch, Information an Empfänger/Gastgeber, Unterstützung hauseigener Veranstaltungen bzgl. Orientierung im Gebäude und Einhaltung der Sicherheitsvorschriften, Überwachung jeglicher Gebäudezutritte durch Externe , Eintragung ins Besucherdienstbuch, ggf. Transponderausgabe und Unterschrifteneinholung Belehrungszettel, Überwachung Parkplatznutzung, Vorlage der Belehrungszettel an Externe, die im Institut tätig werden, inkl. Einholung der Unterschrift, Transponder- und Schlüsselausgabe und -rücknahme an berechtigte Personen, inkl. Eintragung in die verschiedenen Transponder- und Schlüsselbücher, Bedienung der Wechselsprechanlage sowie Schrankenbaumöffnung für 3 Zufahrtsschranken, Kontrolle Zugangs- und Zufahrtsberechtigungen, Umsetzung der Vorgaben des betrieblichen Notfallmanagements, Vorbereitung der Abschaltung der BMA, Kontroll- und Schließrundgang ab 17:40 Uhr". Auch dem Vertrag mit der L Gewerbehofgesellschaft mbH sind als Aufgaben der Rezeption Tätigkeiten zu entnehmen, die wiederum über eine bloße Informationsstelle hinausgehen. So sind u.a. aufgeführt: "Wahrnehmung des Hausrechts im Auftrag des Auftraggebers, Durchsetzung von Ordnungsregeln im Interesse der Gewährleistung der Sicherheit im Eingangs-/Foyerbereich". Der Abschluss eines "Mischvertrages" über Empfangsdienstleistungen und Bewachung im Fall der L Gewerbehofgesellschaft mbH bestätigt zudem die oben dargestellte Struktur des Sicherheitsgewerbes als umfassender Dienstleister. Nicht zuletzt wird aus den wenigen vorgelegten Verträgen und Leistungsbeschreibungen deutlich, dass es – jedenfalls nach dem Leistungsangebot der Klägerin – kein hinreichend einheitliches Erscheinungsbild der reinen Empfangsdienstleistungen gibt, das für die Notwendigkeit eine gesonderte Veranlagung sprechen könnte. Alle Verträge unterscheiden sich nach dem Anteil der enthaltenen sicherheitsrelevanten Tätigkeiten erheblich. Sinn und Zweck des Gefahrzweigtarifs ist es aber gerade nicht, einzelne Tätigkeiten oder – so der Vergleichsvorschlag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – einen prozentualen Teil der Lohnsummen des Unternehmens nach einer niedrigeren Gefahrklasse zu veranlagen. Wie oben unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris) bereits ausgeführt, ist es als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen, dass innerhalb eines Gewerbezweigs Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gefährdungslagen nach einer einheitlichen Gefahrklasse veranlagt werden.
(3) Da das Unternehmen der Klägerin nach dem Ausgeführten bereits technologisch der Unternehmensart "Bewachungsgewerbe" (GT 2001) bzw. "Wach- und Sicherheitsgewerbe" (GT 2007 und 2009) zuzuordnen ist, kommt es auf die Eigenschaft als Nebenunternehmen im Sinne des § 131 Abs. 2 Satz 3 SGB VII zwar nicht mehr entscheidungserheblich an. Der Senat weist in diesem Zusammenhang dennoch hilfsweise darauf hin, dass die "Sparte" des klägerischen Unternehmens, die "Informations- und Auskunftsstellen/Telefonzentralen" anbietet, rechtlich kein Nebenunternehmen ist.
Diese rechtliche Qualifizierung wäre allerdings (weitere) Voraussetzung der gewünschten ergänzenden Veranlagung zur Unternehmensart "Sonstiges Dienstleistungsunternehmen". Denn nach der Regelung in Teil II Nr. 3 Abs. 1 der hier betroffenen Gefahrtarife der Beklagten sind mehrere Unternehmensbestandteile (Haupt-, Nebenunternehmen), die verschiedenen in Teil I genannten Unternehmensarten angehören, gesondert zu veranlagen. Eine Sonderveranlagung zur Tarifstelle 33 "Sonstiges Dienstleistungsunternehmen, sofern es nicht einer namentlich genannten Unternehmensart zuzuordnen ist" erfordert also neben der entsprechenden technologischen Zuordnung zwingend auch die rechtliche Qualifizierung als Nebenunternehmen.
Ein Nebenunternehmen liegt vor, wenn ein eigenständiger und abgrenzbarer Unternehmensteil im Unternehmen überwiegend eigene vom Hauptunternehmen unabhängige Zwecke verfolgt und damit letztlich eigenständig am Markt existieren könnte (vgl. Quabach in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 131 RdNr. 33). Hierfür ist es jedenfalls nicht ausreichend, dass vorgetragen wird, dass für einen bestimmten Tätigkeitsbereich ein getrennter oder eigenständiger Personalstamm existiert. Erforderlich sind vielmehr weitere Anhaltspunkte, z. B. ob ein überwiegend eigener Kundenstamm existiert, gesondert akquiriert wird oder eigenständige betriebswirtschaftliche Auswertungen geführt werden.
Hierzu liegen dem Senat – trotz der Aufforderung vom 01.04.2015 – im Ergebnis keine zureichenden Anhaltspunkte vor. Im Gegenteil: Das Unternehmen tritt im Wirtschaftsleben nach außen als Dienstleister auf, der alle sicherheitsrelevanten Tätigkeiten aus einer Hand erbringt. Dies belegen letztlich auch der vorgelegte "Mischvertrag", der – anders als die Klägerin meint – gerade entschieden gegen eine Eigenständigkeit der "Sparte" Empfangsdienstleistungen spricht. Auch sonst konnte die Klägerin nicht überzeugend belegen, dass die "Sparte" eigenständig am Markt existieren könnte. Auf dien Ermittlungsverfügung des Senats konnten für den hier streitigen Zeitraum ab 2002 gerade einmal vier Verträge vorgelegt werden, von denen wenigstens einer zudem mit Bewachungsaufgaben im engeren Sinne verknüpft ist.
II.
Die angefochtene Beitragserhebung für die Jahre 2002 bis 2008 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Veranlagung ist dem Grunde nach – wie ausgeführt – rechtmäßig. Der Höhe nach sind weder konkrete Einwendungen erhoben noch sonst Fehler ersichtlich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Der Streitwert war nach § 197a SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung richtet sich bei einem Streit über die Veranlagung eines Unternehmens nach dem Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft der Streitwert nach der Höhe der mit der Klage erstrebten Beitragsersparnis. Anzusetzen ist das Zweifache des Differenzbetrags zwischen dem nach der bisherigen Veranlagung zu zahlenden und dem bei einem Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber der dreifache Auffangstreitwert (vgl. BSG, Beschluss vom 03.05.2006 – B 2 U 415/05 B – juris). Hier steht ein mittlerweile abgeschlossener Zeitraum im Streit, so dass die Beitragsersparnis konkret bestimmt werden kann. Für 2002 bis 2007 waren dies 11.442,52 EUR und für 2008 und 2009 nach der Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG in etwa die gleichen Beträge wie für 2007 (1.972,77 EUR); insgesamt also 15.388,06 EUR.
Schmidt Korneli Salomo
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 15.388,06 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das klägerische Unternehmen seit 2002 zu Recht zum Gewerbezweig "Bewachungsunternehmen" bzw. "Wach- und Sicherheitsunternehmen" veranlagt worden ist, soweit es das Betreiben von "Auskunfts- und Informationsstellen und Telefonzentralen" angeht, und die auf der bisherigen Veranlagung beruhenden Beitragsbescheide für die Jahre 2002 bis 2009 rechtmäßig sind.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte (nachfolgend Klägerin) ist ein zur W F Service Holding (seit 2010, vormals W Service Holding) gehörendes Unternehmen, das bis 2010 unter dem Namen "W Sicherheitsdienste M GmbH & Co. KG" firmierte. Das Unternehmen bietet ausweislich seiner Website (http://www.facility.wisag.de/facility/leistungen/sicherheit-service.html (Abruf im November 2015)) Sicherheitsdienstleistungen in den Sparten Werk- und Objektschutz, Revierbewachung, Flughafensicherheit, Alarmservice, Notrufzentrale und Bewachung militärischer Einrichtungen sowie als ergänzende Servicedienstleistungen Empfangs-, Messe- und Veranstaltungsdienste, Fahrgastbetreuung sowie Inhouse-Logistik & Service an.
Die Beklagte und Berufungsklägerin (nachfolgend Beklagte) veranlagte die Klägerin nach dem vom 01.01.2001 bis 31.12.2006 geltenden Gefahrtarif (GT 2001) zur Unternehmensart "Bewachungsunternehmen", Gefahrtarifstelle 14 mit der Gefahrklasse 3,84 (Bescheid vom 27.06.2001), und nach dem vom 01.01.2007 bis 31.12.2008 geltenden Gefahrtarif (GT 2007) zur Unternehmensart "Wach- und Sicherheitsunternehmen", Gefahrtarifstelle 10 mit der Gefahrklasse 3,57 (Bescheid vom 27.06.2007) sowie im Hinblick auf die 2007 aufgenommene gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ab 28.11.2007 zusätzlich zur Unternehmensart "Zeitarbeit" in den Gefahrtarifstellen 31.1 (Gefahrklasse 0,86) sowie 31.2 (Gefahrklasse 8,54, Bescheid vom 14.05.2008).
Für das Jahr 2003 erhob die Beklagte mit Bescheid vom 21.04.2004 einen Gesamtbeitrag in Höhe von 32.493,61 EUR, für das Jahr 2004 in Höhe von 29.195,71 EUR (Bescheide vom 18.04.2005 und 20.05.2005), für das Jahr 2005 in Höhe von 24.734,83 EUR (Bescheid vom 19.04.2006) und für das Jahr 2006 mit Bescheid vom 19.04.2007 in Höhe von 25.278,00 EUR. Rechtsbehelfe wurden nicht eingelegt.
Mit Schreiben vom 21.12.2007 machte die Klägerin die "zu hoch abgerechneten Beiträge ... ab 01.01.2002 geltend" und beantragte "Neuprüfung" für den Zeitraum bis 31.12.2006.
Mit Bescheid vom 21.04.2008 erhob die Beklagte Gesamtbeiträge für 2007 in Höhe von 23.718,79 EUR. Hiergegen legte die Klägerin am 09.05.2008 Widerspruch ein. Mit weiterem Schreiben vom 11.07.2008 beantragte die Klägerin im Zuge einer Analyse ihrer Kostenstrukturen durch eine Consultingfirma die Änderung ihrer Veranlagung, da sie ab 2002 ihren Geschäftsbereich um den Betriebsteil Servicedienstleistungen für auftraggebende Drittunternehmen (Telefonzentralen bzw. Empfang im Unternehmen der Auftraggeber) und ab 2005 um den weiteren Betriebsteil Personen- und Gepäckabfertigung an Flughäfen erweitert habe.
Mit Bescheiden vom 18.07.2008 änderte die Beklagte die Gesamtbeiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für 2003 auf 32.543,12 EUR, für 2004 auf 29.410,09 EUR, für 2005 auf 24.789,84 EUR und für 2006 auf 25.434,53 EUR. Hiergegen legte die Klägerin am 13.08.2008 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 04.08.2008 änderte die Beklagte den Gesamtbeitrag für 2007 auf 23.803,24 EUR.
Mit Bescheiden vom 22.08.2008 ergänzte die Beklagte die Veranlagung um den Betriebsteil Personen- und Gepäckabfertigung an Flughäfen und veranlagte den Betriebsteil im GT 2001 ab 01.01.2005 zur Gefahrtarifstelle 56 ("Sonstige Dienstleistungsunternehmen") mit der Gefahrklasse 0,90 und im GT 2007 ab 01.01.2007 zur Gefahrtarifstelle 33 ("Sonstige Dienstleistungsunternehmen") mit der Gefahrklasse 1,00. Für die weiteren Servicedienstleistungen (Telefonzentralen bzw. Empfang im Unternehmen) lehnte die Beklagte eine Änderung der Veranlagung ab. Aufgrund der Änderung des Strukturbildes des Bewachungsgewerbes umfasse das Aufgabenspektrum nunmehr auch diese Leistungen. Hiergegen legte die Klägerin am 01.09.2008 Widerspruch ein.
Nachdem die Klägerin geänderte Lohnnachweise vorgelegt hatte, änderte die Beklagte mit Bescheiden vom 16.09.2008 die Gesamtbeiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für 2005 auf 24.666,81 EUR, für 2006 auf 23.217,42 EUR und für 2007 auf 21.953,16 EUR. Hiergegen legte die Klägerin am 10.10.2008 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 21.04.2008 erhob die Beklagte für das Jahr 2009 einen Gesamtbeitrag in Höhe von 26.278,51 EUR. Aufgrund des Inkrafttretens eines neuen Gefahrtarifs ab dem 01.01.2009 (GT 2009) veranlagte die Beklagte die Klägerin ab dem 01.01.2009 mit Bescheid vom 24.06.2009 neu. Inhaltlich blieb die Veranlagung im Vergleich zur letzten Gefahrtarifperiode (2007/2008) unverändert. Hiergegen legte die Klägerin am 09.07.2009 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 22.08.2008 (Ablehnung der Änderung der Veranlagung von 2002 – 2008), den Veranlagungsbescheid vom 24.06.2009 (GT 2009) sowie die Beitragsbescheide vom 21.04.2008 (2007), vom 18.07.2008 (2003 – 2006), vom 16.09.2008 (2005 – 2007) sowie vom 21.04.2009 (2008) zurück. Im Hinblick auf die Servicedienstleistungen am Empfang bzw. in den Telefonzentralen der Auftraggeber sei keine Änderung der Veranlagung in der Unternehmensart "Bewachungsunternehmen" bzw. "Wach- und Sicherheitsunternehmen" angezeigt. Das Strukturbild im Bereich der Wach- und Sicherheitsunternehmen sei sehr viel umfangreicher geworden. Während früher nur die klassische Bewachung zum Aufgabenspektrum gehört habe, seien heute weitere Tätigkeitsfelder hinzugekommen. Die Unternehmen sähen sich mehr und mehr als Dienstleister, die ihren Kunden ein komplettes, individuell auf den Bedarf der Kunden abgestimmtes Sicherheitsdienstleistungspaket inklusive umfassender Beratung zusammenstellten. Zu den heutigen Tätigkeitsfeldern gehörten daher z. B. die Besetzung von Telefonzentralen, Empfangs- und Rezeptionsdienste sowie Pförtnerdienste in den Unternehmen der Auftraggeber. Lediglich reine Informations- und Auskunftsstellen (Info-Points oder Service-Points) seien der Unternehmensart "Sonstiges Dienstleistungsunternehmen" zuzuordnen. Bei diesen Stellen erschöpfe sich die Tätigkeit darin, Auskünfte über das Gebäude oder Wegbeschreibungen, insbesondere in Kauf- oder Hochhäusern zu geben. Die von der Klägerin erbrachten Dienstleistungen gingen jedoch hierüber hinaus. Es würden auch allgemeine Auskünfte erteilt, Besucher und Gäste würden an- und abgemeldet, registriert und erhielten Besucherausweise. Elektronisch gesicherte Zugänge würden entriegelt, Schlüssel an berechtigte Personen herausgegeben sowie bei Notfällen Polizei und Feuerwehr unterstützt und Alarmmeldungen entsprechend der jeweiligen Pläne vorgenommen. Damit werde die Sicherheit für das Unternehmen gewährleistet. Es bestehe daher ein einheitlicher Unternehmenszweck mit der Folge, dass kein eigenständiger Betriebsteil angenommen werden könne.
Hiergegen hat die Kläger am 16.04.2010 Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben und weiterhin die Veranlagung in der Unternehmensart "Sonstige Dienstleistungsunternehmen", soweit es um die Besetzung von Informations- und Auskunftsstellen geht, einschließlich der Korrektur der Beitragsbescheide ab 2002 beantragt. Die entsprechenden Leistungen stünden in keinem Zusammenhang mit Bewachung oder Sicherheit von Eigentum oder Personen. Die Klägerin legte eine teilgeschwärzte Beauftragung und einen teilgeschwärzten Vertrag vor.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 27.04.2012 stattgegeben. Die Beschäftigten der Klägerin, die in den Informations- und Auskunftsstellen bzw. Telefonzentralen tätig sind, seien ab 01.01.2002 in der Unternehmensart "Sonstige Dienstleistungen" zu veranlagen. Es handele sich nicht um Personen, die der Unternehmensart "Wach- und Sicherheitsunternehmen" zugeordnet werden können. Sie würden keine Wach- und Sicherheitsfunktionen ausführen. Hierfür erfüllten sie bereits die rechtlichen Voraussetzungen nicht, da es am gesetzlich vorgeschriebenen speziellen Unterrichtungsverfahren fehle. Der Personenstamm, der im Servicebereich tätig sei, sei von dem übrigen Personalstamm getrennt. Ein Austausch finde nicht statt. Es seien also zwei Betriebsteile erkennbar. Diese seien zwar nicht aufgrund der Art der Tätigkeit räumlich getrennt. Die Unternehmensteile ließen sich jedoch dadurch abgrenzen, dass es sich um zwei vollkommen getrennte Beschäftigtengruppen handele, die eine jeweils besondere Qualifikation aufwiesen und in getrennten Bereichen zum Einsatz kämen.
Gegen das ihr am 24.05.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.06.2012 Berufung eingelegt. Sie hält das Urteil des SG für unzutreffend. Wach- und Sicherheitsunternehmen böten Dienstleistungen an, die auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit oder des Eigentums, Besitzes und sonstiger Vermögenswerte fremder Personen gerichtet sind. Vorausgesetzt werde grundsätzlich eine aktive Obhutstätigkeit durch den Menschen, die auch unter Nutzung technischer Hilfseinrichtungen erfolgen könne. Dabei habe die Branche ihr Aufgabenspektrum erweitert und ihr Erscheinungsbild angepasst. So beinhalte das Leistungsangebot der Klägerin nach deren eigenen Angaben den Schutz der Immobilie von A wie Alarmverfolgung bis Z wie Zugangskontrolle, die Beratung und Planung, Installation und Überprüfung der Sicherheitstechnik, Alarmaufschaltung, Videoüberwachung, Notruf-Service-Leitstelle, Interventionsstelle, Empfangs- und Postdienste sowie den Service und die Sicherheit auf Messen und Veranstaltungen. Insoweit stelle sie ein branchentypisches Unternehmen dar. Empfangs- und Pförtnerdienste zählten zu den klassischen Bewachungsaufgaben. Dem am Empfang oder der Pforte sitzenden Mitarbeiter obliege die Zugangskontrolle. Lediglich Unternehmen, deren Mitarbeiter am Empfang ausschließlich Informationen und Auskünfte erteilten (z. B. Auskünfte über Gebäude, Wegbeschreibungen innerhalb des Gebäudes, wie etwa in Einkaufszentren) könnten der Unternehmensart "Sonstige Dienstleistungen" zugeordnet werden. Wie aus den vorgelegten Dienstanweisungen hervorgehe, bestehe die Hauptaufgabe der am Empfang oder an den Rezeptionen eingesetzten Mitarbeiter jedoch in der Zugangskontrolle, ggf. der Registrierung und Weiterleitung der Besucher. Insofern bestehe ein einheitlicher Unternehmenszweck und bestünden keine verschiedenartigen Betriebsbestandteile. Der Gefahrtarif sehe eine gesonderte Veranlagung nur bei Haupt- und Nebenunternehmen vor, wie sie in Form der "Zeitarbeit" und "Personen- und Gepäckabfertigung" bestehe. Im Übrigen richte sich die Veranlagung ausschließlich nach dem Schwerpunkt des Unternehmens (Gewerbezweigtarif), ohne dass es auf die konkrete Tätigkeit einzelner Beschäftigter ankomme.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG vom 27.04.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zutreffend habe das SG entschieden, dass ein Nebenunternehmen bestehe, das in der Unternehmensart "Sonstige Dienstleistungen" zu veranlagen sei. Es bestünden gesonderte Personalstämme, die nicht wechselseitig eingesetzt würden, da die Mitarbeiter in den Informations- und Auskunftsstellen bereits keine Sicherheitsüberprüfung nach § 34a Gewerbeordnung ablegen müssten. Überwiegend bestehe auch ein eigener Kundenstamm. Aus den exemplarisch vorgelegten Arbeitsverträgen sei ersichtlich, dass jeweils eigenständige Arbeitsverträge für die Bereiche Wach- und Sicherheitsdienst, Luftsicherheitskontrolle, Zeitarbeit sowie Informations- und Auskunftsstellen, Telefonzentralen existierten. Die im Wege des Marketings erfolgende Außendarstellung des Unternehmens durch seinen Internetauftritt lasse keine Rückschlüsse auf die beitragsrechtlich gebotene Differenzierung zu.
Der Senat hat mit Schreiben vom 01.04.2015 bei der Klägerin weitere Unterlagen angefordert und insbesondere um Mitteilung gebeten, mit welchen Unternehmen (aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren) Verträge über "Informations- und Auskunftstellen, Telefonzentralen" bestanden, sowie erbeten, die entsprechenden Verträge einschließlich aussagekräftiger Leistungsbeschreibungen vorzulegen. Auf das Antwortschreiben vom 30.06.2015 einschließlich der Anlagen wird verwiesen. Verträge mit der TU I , der TU D (CRTD), dem M -P -Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik, D , sowie der L Gewerbehofgesellschaft wurden vorgelegt. Leistungsbeschreibungen liegen lediglich zu den Verträgen mit der TU D sowie der L Gewerbehofgesellschaft vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat Erfolg. Das SG hat die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 22.08.2008, des Veranlagungsbescheides vom 24.06.2009 und der Beitragsbescheide für 2002 bis 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheide vom 18.03.2010, zu Unrecht verurteilt, "die Mitarbeiter in den Informations- und Auskunftsstelen bzw. Telefonzentralen in der Unternehmensart ‚Sonstige Dienstleistungen‘ mit der Gefahrklasse 0,90 bzw. 1 zu veranlagen für die Zeit ab 01.01.2002". Die von der Beklagten von 2002 bis 2009 vorgenommene Veranlagung (unten I.) ist ebenso wenig wie die Beitragsbescheide für die Jahre 2002 – 2008 zu beanstanden (II.).
I.
1. Streitgegenständlich sind allein die Veranlagungsbescheide für die Gefahrtarifperioden vom 01.01.2002 – 31.12.2009. Am 01.01.2010 ist dagegen ein neuer Gefahrtarif der Beklagten in Kraft getreten, dessen Veranlagungsbescheid nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 05.07.2005 – B 2 U 32/03 R – juris RdNr. 20 = BSGE 95, 47).
2. Die von der Beklagten für die Beitragsjahre 2002 - 2008 vorgenommene Veranlagung der Klägerin zur gesetzlichen Unfallversicherung ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage der Beitragsveranlagung ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach veranlagt der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Regelungen zur rückwirkenden Aufhebung von Veranlagungsbescheiden zu Gunsten des Unternehmens trifft Absatz 2 des § 160 SGB VII: Ein Veranlagungsbescheid wird mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben, soweit die Veranlagung zu einer zu hohen Gefahrklasse von den Unternehmen nicht zu vertreten ist. Als speziellere Vorschrift verdrängt § 160 Abs. 2 SGB VI insoweit die allgemeinen Aufhebungsvorschriften der §§ 44 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X; vgl. Brandenburg/K. Palsherm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 160 SGB VII, RdNr.15; Höller in: Hauck/Noftz, SGB, 02/15, § 160 SGB VII, RdNr. 5; zum Verhältnis § 160 SGB VII zu §§ 44 ff. SGB X ferner BSG, Urteil vom 09.12.2003 – B 2 U 54/02 R – juris = BSGE 91, 287). Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGB VII vor, ist auch ein für vergangene Tarifperioden erlassener Veranlagungsbescheid zurückzunehmen; die Verjährungsregelungen der §§ 25 ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch sind zu beachten (Brandenburg/K. Palsherm, a.a.O., RdNr. 17).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe besteht kein Anspruch auf rückwirkende (Teil-)Aufhebung der Beitragsveranlagungen für den Zeitraum 01.01.2002 bis 31.12.2009. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Klägerin nach der Gefahrtarifstelle 56 (GT 2001) oder 33 (GT 2007 und 2009) zu veranlagen, soweit es das Betreiben von "Informations- und Auskunftstellen, Telefonzentralen" angeht. Weder sind die hier zugrunde zu legenden Gefahrtarife der Beklagten, die im Rahmen der Anfechtung der Veranlagungsbescheide inzident zu prüfen sind, zu beanstanden (unten a) noch ist die Klägerin (ergänzend) in den Tarifstellen 56 bzw. 33 als "sonstiges Dienstleistungsunternehmen" zu veranlagen (unten b).
a) Die hier streitigen Gefahrtarife, die im Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2009 galten, sind nicht zu beanstanden.
aa) Die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers (§ 33 Abs. 1 SGB IV) setzt gemäß § 157 Abs. 1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VII). Die Gefahrtarifsatzung ist durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit – unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. § 158 Abs. 1 SGB VII) – überprüfbar, allerdings nur daraufhin, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar ist. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist daher nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 21/02 R – juris = BSGE 91, 128). Die Bildung des Gefahrtarifs muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris).
Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Durch gefahrtarifliche Bestimmungen hervorgerufene Härten im Einzelfall sind als Folge der zulässigen generalisierenden versicherungsrechtlichen Regelungen hinzunehmen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.03.1982 – 1 BvR 34/82 – juris). Unter den Gefahrtarifstellen sind nach unterschiedlichen Zuordnungsmerkmalen Risikogemeinschaften zu bilden. Nach der Natur der Sache kommen die Tarifarten des Gewerbezweigtarifs oder des Tätigkeitstarifs in Betracht. Die unter diesen Gesichtspunkten gebildete Anzahl und die Arten der Gefahrtarifstellen stehen im Ermessen der Vertreterversammlung. Alle Tarifarten sind grundsätzlich zulässig, jedoch gebührt dem Gewerbezweigtarif der Vorrang, weil er am besten die gewerbetypischen Gefahren und damit das gemeinschaftliche Risiko erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 29.10.1981 – 8/8a RU 34/80 – juris). Aber auch gemischte Tarife in diesem Sinne sind grundsätzlich zulässig. Ferner besteht keine Verpflichtung, für abgrenzbare Unternehmensteile eines zugehörigen Unternehmens nach den dort jeweils verrichteten Tätigkeiten (z.B. Büro/Verwaltung) verschiedene Gefahrtarifstellen einzurichten; diese Ausnahme vom Gewerbezweigtarif ist zwar möglich, nicht aber verbindlich (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 21/02 R – juris).
bb) Nach diesen Grundsätzen sind die angefochtenen Veranlagungsbescheide der Beklagten, die die Veranlagung der Klägerin zu den Unternehmensarten "Bewachungsgewerbe" bzw. "Wach- und Sicherheitsgewerbe" bestätigt haben, nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil nach der inzident vorzunehmenden Prüfung die den Bescheiden zu Grunde liegenden Gefahrtarife rechtlich unwirksam wären.
Die hier in Rede stehenden Gefahrtarife der Beklagten sind jeweils formell rechtmäßig. Die Gewerbezweigtarife basieren auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen, was voraussetzt, dass eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige vorgenommen worden ist. So liegt es hier: Sie verstoßen in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht gegen höherrangige gesetzliche Regelungen und Rechtsgrundsätze und berücksichtigten zudem hinreichend versicherungsrelevante Tatsachengrundlagen sowie versicherungsmathematische Grundsätze. Die Beklagte hat mit den hier streitigen Tarifstellen Gefahrtarifstellen nach dem Gewerbezweigprinzip gebildet, die in dem vom erkennenden Gericht überprüfbaren Umfang nicht rechtsfehlerhaft sind. Auch die Klägerin hat insoweit keine substanziellen Einwände erhoben.
b) Eine abweichende Veranlagung der Klägerin kommt auch im Hinblick auf das Betreiben von "Informations- und Auskunftsstellen/Telefondiensten" nicht in Betracht.
aa) Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen. Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleistungsgesellschaft verlieren zwar klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 31.08.2012 – L 8 U 1970/10 – juris RdNr. 31).
Bei nicht vollständig homogen zusammengesetzten Gewerbezweigen eines Unternehmens – wie dem der Klägerin – muss jedoch geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, sachgerechteren Gewerbezweig folgen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris).
Letztlich kann eine Unternehmensart aber nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (vgl. § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif ausgewiesenen Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden können. Steht dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu dem Gewerbezweig nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation in Frage gestellt werden. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat zwangsläufig zur Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris).
bb) Nach diesen Maßstäben ist die einheitliche Zuordnung des klägerischen Unternehmens zu den Unternehmensarten "Bewachungsgewerbe" bzw. "Wach- und Sicherheitsgewerbe" nach seinem technologischen Gesamtgepräge – bis auf die hier von vornherein nicht streitigen Betriebsteile "Arbeitnehmerüberlassung" und "Boden- und Gepäckabfertigung" – gerechtfertigt. Das Betreiben von "Informations- und Auskunftstellen/Telefondiensten" führt nicht zu einem Anspruch auf Veranlagung als "Sonstiges Dienstleistungsunternehmen".
(1) Die W Unternehmensgruppe bietet ausweislich des Vortrags im Verfahren und bestätigt durch ihren Internetauftritt die Geschäftsfelder Aviation, Facility und Industrie an. Das Unternehmen der Klägerin ist hierbei dem Bereich Facility zugeordnet mit dem Leistungsspektrum Sicherheit & Service. Darunter fallen Leistungen wie Schutz und Prävention, Sicherheitsberatung und –technik, Notruf und Service Center, Empfangs- und Postdienste sowie Messe- und Veranstaltungsdienste. Damit stellt sich das Unternehmen als klassisches Wach- und Sicherheitsunternehmen im Sinne der Gefahrtarife der Beklagten dar.
Wie die Beklagte im Verfahren zutreffend ausgeführt hat, bieten Wach- und Sicherheitsunternehmen Dienstleistungen an, die auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums, Besitzes oder sonstiger Vermögenswerte fremder Personen gerichtet sind. Dabei wird grundsätzlich eine aktive Obhutstätigkeit durch den Menschen vorausgesetzt, die auch unter Nutzung technischer Hilfseinrichtungen erfolgen kann. Insgesamt hat die Branche hierbei ihr Angebot hin zu einem einheitlichen Dienstleister erweitert, der den Kunden ein komplettes, individuell abgestimmtes Sicherheitsdienstleistungspaket einschließlich Beratung anbietet, und ihr Erscheinungsbild entsprechend angepasst. Wach- und Sicherheitsunternehmen bedienen seit geraumer Zeit nicht mehr allein Bewachungsaufgaben im engeren Sinn, wie Objektschutz, Personenschutz und Werttransporte, sondern übernehmen sämtliche sonstigen sicherheitsrelevanten Serviceaufgaben, zu denen auch Empfangs-, Veranstaltungs- und Ordnungsdienste gehören.
Diese Strukturen werden bestätigt durch das Leistungsangebot der Klägerin, das den Schutz der Immobilie von A wie Alarmverfolgung bis Z wie Zugangskontrolle, die Beratung und Planung, Installation und Überwachung der Sicherheitstechnik, Alarmaufschaltung, Videoüberwachung, Notruf-Service-Leitstellen, Interventionstellen, Empfangs- und Postdienste sowie den Service und die Sicherheit auf Messen und Veranstaltungen beinhaltet (http://www.facility.wisag.de/facility/leistungen/sicherheit-service/schutz-praevention.html).
Dieses umfassende Dienstleistungsangebot im Sicherheitsgewerbe ist prägend für die gesamte Branche in Deutschland, wobei vom Angebot jeweils auch Empfangsdienste umfasst sind. Dies hat nicht nur die Beklagte überzeugend vorgetragen, sondern wird zur Überzeugung des Senats belegt durch einen Vergleich des Dienstleistungsangebots der in Deutschland führenden Sicherheitsdienstleister (vgl. hierzu die Aufstellung der Lünendonk GmbH unter: http://luenendonk-shop.de/Luenendonk-Listen/ (alle Websites wurden im November 2015 abgerufen)). So bietet die Securitas Holding GmbH Berlin Empfangs-/Besucherservice als integrierte Bestandteile des Sicherheitskonzeptes des betreuten Unternehmens an. Je nach Kundenbedürfnis stehen sowohl die Service- als auch die Sicherheitsaufgaben im Vordergrund (http://www.securitas.com/de/de/leistungen/spezialisierte-sicherheitsdienstleistungen/empfangsdienste/). Die Kötter Unternehmensgruppe, Essen, bietet Empfangsdienste, die alle Tätigkeiten umfassen, die für einen professionellen Empfang von Bedeutung sind. Hierzu zählen u.a. ein aufmerksamer Empfangsdienst/Pförtnerdienst, routinierte Besuchersteuerung, konsequente Einlass- und Zutrittskontrolle (https://www.koetter.de/services/security/personelle-sicherheit/empfangsdienst). Die Niedersächsische Wach- und Schließgesellschaft Eggeling & Schorling KG bietet unter "Objektschutz und Betreibermodelle ebenfalls Empfangs- und Pfortendienst an (http://www.nwsg.de/leistungen/leistungsuebersicht/objektschutz-und-betreibermodelle/ einzelnachricht/article/empfangs-und-pfortendienst.html). Gleiches gilt für die Pond Security Werkschutz GmbH (http://www.pond-security.com/private-offentliche-einrichtungen/dienstleistungen/empfangs-und-telefondienste), die Dussmann Service Deutschland GmbH, die unter Werk- und Objektschutz u.a. Empfangs- und Telefondienste anbietet (http://www.dussmann.com/leistungen/sicherheitsdienste/werk-und-objektschutz/), die Klüh Security GmbH, die unter Sicherheitsdienste Pforten-, Eingangs- und Telefondienste anbietet (https://www.klueh.de/de/Security.htm), die KWS Kieler Wach- und Sicherheitsgesellschaft GmbH & Co. KG, die unter Personeller Sicherheit Tor- und Empfangsdienste anbietet (http://www.kws-kiel.de/sicherheitsdienstleistungen/personelle-sicherheit/tor-und-empfangsdienst/), die b.i.g.-Gruppe, Karsruhe, die als Sicherheitsdienst Empfangsdienst/Telefonzentrale anbietet (http://www.big-gruppe.com/de/sicher/empfangs-dienst), die WAKO Nord GmbH, Stade, die "als kompetenter Sicherheitspartner" die Besetzung von Empfangs-/Servicebereichen bzw. Personalpforten anbietet (http://www.wako-nord.de/branchen/verwaltungen/), die Deutsche Notrufzentralen und Sicherheitsdienste Holding GmbH, die als Sicherheits- und Servicedienstleistung u.a. Rezeptions- und Empfangsdienste anbietet (http://www.dnz-holding.com/sicherheitsdienstleistungen.html), die Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH, Berlin, die als zum Leistungsspektrum des Werkschutzes gehörend u.a. Empfangsdienste und Telefondienste anbietet (http://www.gegenbauer.de/leistungen/sicherheitsdienste/), die Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft, die als Sicherheitsservice u.a. Empfangs- und Telefondienst anbietet (http://www.nwsgmbh.de/sicherheit/sicherheitsservice/empfangs-und-telefondienst/), die Power Personen-Objekt-Werkschutz GmbH, Hamburg, deren Service zum Objektschutz u.a. Empfangsdienst und Telefon- und Botendienst umfasst (http://www.power-gmbh.de/), die Piepenbrock Sicherheit GmbH & Co. KG, Berlin, die als Sicherheitsdienstleistung u.a. Empfangs- und Botendienste anbietet (http://www.piepenbrock.de/de/leistungen/sicher-heit/leistungsspektrum-sicherheit/sicherheitsdienstleistungen.html), die Götz-Management-Holding GmbH, die ebenfalls Pforten- und Empfangsdienste unter Objektsicherung anbietet (http://www.goetz-fm.com/facility-management/sicherheitsdienstleistungen/objekt-sicherung.html) oder die IWS Industrie-Werkschutz GmbH, die im Rahmen des Werkschutzes u.a. Empfangsdienste mit Abwicklung des Besucherverkehrs anbietet (http://iws-ab.de/kompetenzen/objekt-und-werkschutz/). Hieraus wird überaus deutlich, dass die Annahme der Beklagten, wonach Empfangsdienste zum regelmäßigen Portfolio der Sicherheitsfirmen gehören, technologisch zutreffend ist. Wie die obige Darstellung, die das Dienstleistungsgewerbe hinreichend repräsentativ abbildet, zeigt, handelt es sich insoweit auch um ein realistisches Bild der Struktur des Gewerbes und keine von der Realität abweichende reine Marketingdarstellung.
(2) Nicht davon überzeugen konnte sich der Senat dagegen, dass die Klägerin – abweichend vom soeben dargestellten Erscheinungsbild der Branche insgesamt – mit dem von ihr als "Informations- und Auskunftsstellen/Telefondienste" bezeichneten Angebot, allein reine Auskunftsstellen anbietet, die keinen sachlichen Bezug zur Sparte des Sicherheitsgewerbes aufweisen. Diese Annahme konnte anhand der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht belegt werden.
Bereits die im Verwaltungsverfahren vorgelegte "Leistungsbeschreibung für den Bereich Informations- und Auskunftsdienstleistungen, Besetzung von ‚Info-Points‘ für die Betriebsstätte " (Bl. 248 ff. der Verwaltungsakte (VwA)) benennt unter "Aufgaben" neben dem Erteilen von Informationen/Auskunftsstelle für Kunden u.a. auch "Besucher auf Verstöße gegen die Hausordnung hinzuweisen", was zugleich eine Obhutsfunktion des Empfangsdienstes indiziert. Unter 8.3. heißt es zudem: "Da nicht alle im Dienst anzutreffenden Sachverhalte voraussehbar sind, handeln Mitarbeiter der W selbständig und entscheidungsbewusst. Dabei ist umfassende und schnelle Information des Auftraggebers, des Dienstvorgesetzten oder der zuständigen Rettungskräfte oberstes Gebot." Auch dem ist zu entnehmen, dass sich die Tätigkeiten regelmäßig nicht in der bloßen Auskunftserteilung erschöpfen. In der (teilgeschwärzt vorgelegten) "Besonderen Dienstanweisung für Rezeptionsdienste" (Bl. 261 ff. VwA) ist als Aufgabe an der Rezeption u.a. – wiederum über eine reine Auskunftsstelle hinausgehend – aufgeführt " die zu besuchende Person informieren und Empfangsbereitschaft erfragen ". Als zusätzliche Aufgaben zum Besucherempfang sind z. B. aufgeführt: "Information der Ansprechpartner bei Problemen aller Art im Empfangsbereich" oder "Durchsetzung von Ordnung und Sauberkeit im Empfangsbereich".
In der weiter vorgelegten "Einzeldienstanweisung für die Infotheke in " des Tochterunternehmen der W -Gruppe (W Sicherheitsdienste B /B GmbH & Co. KG) sind als Aufgaben u.a. benannt: "Information über regelabweichende Vorgänge, insbesondere bei Verstößen gegen die Hausordnung im Center, an die Leitwarte" und "Besucher auf Verstöße gegen die Hausordnung hinzuweisen und die Einhaltung der Hausordnung einzufordern" (Bl. 277 Rückseite VwA). In der "Dienstanweisung für Empfangspersonal Verwaltungsgebäude " heißt es (Bl. 280 VwA): "Alle Besucher des Hauses werden bei den zu besuchenden Personen telefonisch angemeldet und von diesen am Empfang abgeholt und wieder zurückgebracht." Auch insofern werden Funktionen wahrgenommen, die deutlich über eine bloße Infostelle hinausgehen. Entsprechend ist in dem beim SG als beispielhafte Vertragsunterlagen (Anlage 3 und 4 zum Schriftsatz vom 14.04.2010) beigebrachten Muster einer "Beauftragung" oder eines "Vertrags" auch jeweils von "Bewachungspersonal" die Rede.
Schließlich hat die Klägerin auf die Aufforderung des Senats vom 01.04.2015, eine Aufstellung beizubringen, mit welchen Unternehmen (aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren) Verträge über "Informations- und Auskunftsstellen, Telefonzentralen" bestanden sowie die entsprechenden Verträge und insbesondere aussagekräftige Leistungsbeschreibungen vorzulegen und mitzuteilen, ob mit Unternehmen (ggf. welchen) Verträge (einheitlich oder getrennt) sowohl über "Informations- und Auskunftsstellen" als auch "Wach- und Sicherheitsdienste" bestanden sowie ggf. die entsprechenden Verträge nebst aussagekräftigen Leistungsbeschreibungen vorzulegen, einen Vertrag über Post- und Botendienstleistungen mit der TU I , einen Vertrag zur Erbringung von infrastrukturellen Dienstleistungen mit dem M -P -Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik, einen Vertrag über Empfangsdienstleistungen für das CRTD mit der TU D sowie eine Vereinbarung mit der L Gewerbehofgesellschaft L sowie zwei Leistungsbeschreibungen vorgelegt (Anlagen 2 – 5 zum Schriftsatz vom 30.06.2015), denen in der Gesamtschau – ohne dass es letztlich darauf ankommt, ob die vorgelegten Verträge den betroffenen Zeitraum vollständig abdecken – ebenfalls sicherheitsrelevante Aufgaben zu entnehmen sind, die deutlich über eine bloße Auskunftserteilung hinausgehen.
So ist als Ziel des Vertrages mit dem M -P -Institut festgehalten: "Werterhaltung und Sicherung der Gebäude und Anlagen und deren Funktionen". In der Leistungsbeschreibung Empfangsdienstleistungen zu dem Vertrag mit der TU D heißt es zu den allgemeinen Aufgaben u.a.: "Die Mitarbeiter sind verpflichtet, alles zumutbare zu veranlassen, um Personen sowie Eigentum und Besitz des AG zu schützen.", ferner haben die Mitarbeiter an der Gentechnischen Sicherheitsunterweisung des AG teilzunehmen und der Auftragnehmer sicherzustellen, "dass seine Mitarbeiter während der Einarbeitungsphase in alle sicherheitsrelevanten und technisch notwendigen Einrichtungen sowie das institutseigene Raumbelegungsprogramm eingewiesen" werden. Korrespondierend mit diesen sicherheitsbezogenen Aspekten gehört zu den Aufgaben des Empfangspersonals u.a. "Empfang der Besucher, Eintragung ins Besucherdienstbuch, Information an Empfänger/Gastgeber, Unterstützung hauseigener Veranstaltungen bzgl. Orientierung im Gebäude und Einhaltung der Sicherheitsvorschriften, Überwachung jeglicher Gebäudezutritte durch Externe , Eintragung ins Besucherdienstbuch, ggf. Transponderausgabe und Unterschrifteneinholung Belehrungszettel, Überwachung Parkplatznutzung, Vorlage der Belehrungszettel an Externe, die im Institut tätig werden, inkl. Einholung der Unterschrift, Transponder- und Schlüsselausgabe und -rücknahme an berechtigte Personen, inkl. Eintragung in die verschiedenen Transponder- und Schlüsselbücher, Bedienung der Wechselsprechanlage sowie Schrankenbaumöffnung für 3 Zufahrtsschranken, Kontrolle Zugangs- und Zufahrtsberechtigungen, Umsetzung der Vorgaben des betrieblichen Notfallmanagements, Vorbereitung der Abschaltung der BMA, Kontroll- und Schließrundgang ab 17:40 Uhr". Auch dem Vertrag mit der L Gewerbehofgesellschaft mbH sind als Aufgaben der Rezeption Tätigkeiten zu entnehmen, die wiederum über eine bloße Informationsstelle hinausgehen. So sind u.a. aufgeführt: "Wahrnehmung des Hausrechts im Auftrag des Auftraggebers, Durchsetzung von Ordnungsregeln im Interesse der Gewährleistung der Sicherheit im Eingangs-/Foyerbereich". Der Abschluss eines "Mischvertrages" über Empfangsdienstleistungen und Bewachung im Fall der L Gewerbehofgesellschaft mbH bestätigt zudem die oben dargestellte Struktur des Sicherheitsgewerbes als umfassender Dienstleister. Nicht zuletzt wird aus den wenigen vorgelegten Verträgen und Leistungsbeschreibungen deutlich, dass es – jedenfalls nach dem Leistungsangebot der Klägerin – kein hinreichend einheitliches Erscheinungsbild der reinen Empfangsdienstleistungen gibt, das für die Notwendigkeit eine gesonderte Veranlagung sprechen könnte. Alle Verträge unterscheiden sich nach dem Anteil der enthaltenen sicherheitsrelevanten Tätigkeiten erheblich. Sinn und Zweck des Gefahrzweigtarifs ist es aber gerade nicht, einzelne Tätigkeiten oder – so der Vergleichsvorschlag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – einen prozentualen Teil der Lohnsummen des Unternehmens nach einer niedrigeren Gefahrklasse zu veranlagen. Wie oben unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 10/05 R – juris) bereits ausgeführt, ist es als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen, dass innerhalb eines Gewerbezweigs Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gefährdungslagen nach einer einheitlichen Gefahrklasse veranlagt werden.
(3) Da das Unternehmen der Klägerin nach dem Ausgeführten bereits technologisch der Unternehmensart "Bewachungsgewerbe" (GT 2001) bzw. "Wach- und Sicherheitsgewerbe" (GT 2007 und 2009) zuzuordnen ist, kommt es auf die Eigenschaft als Nebenunternehmen im Sinne des § 131 Abs. 2 Satz 3 SGB VII zwar nicht mehr entscheidungserheblich an. Der Senat weist in diesem Zusammenhang dennoch hilfsweise darauf hin, dass die "Sparte" des klägerischen Unternehmens, die "Informations- und Auskunftsstellen/Telefonzentralen" anbietet, rechtlich kein Nebenunternehmen ist.
Diese rechtliche Qualifizierung wäre allerdings (weitere) Voraussetzung der gewünschten ergänzenden Veranlagung zur Unternehmensart "Sonstiges Dienstleistungsunternehmen". Denn nach der Regelung in Teil II Nr. 3 Abs. 1 der hier betroffenen Gefahrtarife der Beklagten sind mehrere Unternehmensbestandteile (Haupt-, Nebenunternehmen), die verschiedenen in Teil I genannten Unternehmensarten angehören, gesondert zu veranlagen. Eine Sonderveranlagung zur Tarifstelle 33 "Sonstiges Dienstleistungsunternehmen, sofern es nicht einer namentlich genannten Unternehmensart zuzuordnen ist" erfordert also neben der entsprechenden technologischen Zuordnung zwingend auch die rechtliche Qualifizierung als Nebenunternehmen.
Ein Nebenunternehmen liegt vor, wenn ein eigenständiger und abgrenzbarer Unternehmensteil im Unternehmen überwiegend eigene vom Hauptunternehmen unabhängige Zwecke verfolgt und damit letztlich eigenständig am Markt existieren könnte (vgl. Quabach in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 131 RdNr. 33). Hierfür ist es jedenfalls nicht ausreichend, dass vorgetragen wird, dass für einen bestimmten Tätigkeitsbereich ein getrennter oder eigenständiger Personalstamm existiert. Erforderlich sind vielmehr weitere Anhaltspunkte, z. B. ob ein überwiegend eigener Kundenstamm existiert, gesondert akquiriert wird oder eigenständige betriebswirtschaftliche Auswertungen geführt werden.
Hierzu liegen dem Senat – trotz der Aufforderung vom 01.04.2015 – im Ergebnis keine zureichenden Anhaltspunkte vor. Im Gegenteil: Das Unternehmen tritt im Wirtschaftsleben nach außen als Dienstleister auf, der alle sicherheitsrelevanten Tätigkeiten aus einer Hand erbringt. Dies belegen letztlich auch der vorgelegte "Mischvertrag", der – anders als die Klägerin meint – gerade entschieden gegen eine Eigenständigkeit der "Sparte" Empfangsdienstleistungen spricht. Auch sonst konnte die Klägerin nicht überzeugend belegen, dass die "Sparte" eigenständig am Markt existieren könnte. Auf dien Ermittlungsverfügung des Senats konnten für den hier streitigen Zeitraum ab 2002 gerade einmal vier Verträge vorgelegt werden, von denen wenigstens einer zudem mit Bewachungsaufgaben im engeren Sinne verknüpft ist.
II.
Die angefochtene Beitragserhebung für die Jahre 2002 bis 2008 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Veranlagung ist dem Grunde nach – wie ausgeführt – rechtmäßig. Der Höhe nach sind weder konkrete Einwendungen erhoben noch sonst Fehler ersichtlich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Der Streitwert war nach § 197a SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung richtet sich bei einem Streit über die Veranlagung eines Unternehmens nach dem Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft der Streitwert nach der Höhe der mit der Klage erstrebten Beitragsersparnis. Anzusetzen ist das Zweifache des Differenzbetrags zwischen dem nach der bisherigen Veranlagung zu zahlenden und dem bei einem Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber der dreifache Auffangstreitwert (vgl. BSG, Beschluss vom 03.05.2006 – B 2 U 415/05 B – juris). Hier steht ein mittlerweile abgeschlossener Zeitraum im Streit, so dass die Beitragsersparnis konkret bestimmt werden kann. Für 2002 bis 2007 waren dies 11.442,52 EUR und für 2008 und 2009 nach der Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG in etwa die gleichen Beträge wie für 2007 (1.972,77 EUR); insgesamt also 15.388,06 EUR.
Schmidt Korneli Salomo
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved