Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 24 AL 642/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 113/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch bleibt bei der Ermittlung des Bemessungsentgeltes unberücksichtigt.
2. Zur Umwandlung eines Anspruches auf Abgeltung von Überstunden durch Freizeitausgleich in einen Anspruch auf Vergütung oder Abgeltung des Freizeitausgleiches.
3. Ein Anspruch auf Vergütung oder Abgeltung des Freizeitausgleiches bleibt bei der Ermittlung des Bemessungsentgeltes unberücksichtig, wenn sich ein Anspruch auf Abgeltung der Überstunden durch Freizeitausgleich nur "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" in einen solchen Vergütungsanspruch gewandelt hat.
2. Zur Umwandlung eines Anspruches auf Abgeltung von Überstunden durch Freizeitausgleich in einen Anspruch auf Vergütung oder Abgeltung des Freizeitausgleiches.
3. Ein Anspruch auf Vergütung oder Abgeltung des Freizeitausgleiches bleibt bei der Ermittlung des Bemessungsentgeltes unberücksichtig, wenn sich ein Anspruch auf Abgeltung der Überstunden durch Freizeitausgleich nur "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" in einen solchen Vergütungsanspruch gewandelt hat.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichtes Chemnitz vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld ab 25. November 2010 unter Berücksichtigung von Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung.
Die 1960 geborene Klägerin war vom 1. Oktober 2009 bis zum 25. November 2010 bei der K ... Bau GmbH als Bürokauffrau beschäftigt. Nach dem "Probearbeitsvertrag" und dem Arbeitsvertrag, jeweils vom 1. Oktober 2010, waren eine regelmäßige Arbeitszeit von "mindestens 40 Stunden/Woche" und ein Bruttogehalt von 2.200,00 EUR vereinbart.
Mit Schreiben vom 25. November 2010 kündigte die Klägerin mit sofortiger Wirkung, weil sie seit über drei Monaten ihr Gehalt beziehungsweise Forderungen gemäß der [arbeitsgerichtlichen] Klage vom 28. Oktober 2010 nicht erhalten habe.
Ebenfalls am 25. November 2010 beantragte die Klägerin Arbeitslosengeld. Zugleich meldete sie sich zum 11. Dezember 2010 arbeitslos und arbeitsuchend. Sie gab unter anderem an, dass sie Anspruch auf Gehalt für August bis November 2010 sowie wegen Überstunden, Urlaub und Auslagen habe.
Das beitragspflichtige monatliche Bruttoarbeitsentgelt belief sich nach der Arbeitsbescheinigung der bisherigen Arbeitgeberin vom 29. November 2010 für die Monate Dezember 2009 bis Oktober 2010 auf 2.200,00 EUR und für November 2010 auf 1.833,33 EUR. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt betrug insgesamt 26.033,33 EUR.
Ausweislich der Bescheinigung vom 21. Januar 2011 bezog die Klägerin vom 26. November 2010 bis zum 10. Dezember 2010 Krankengeld.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 vorläufig ab 12. Dezember 2010 Arbeitslosengeld für 342 Tage nach einem täglichen Arbeitsentgelt von 72,31 EUR. Die Vorläufigkeit bezog sich wegen der benötigten Krankengeldbescheinigung auf Beginn und Dauer der Leistungsbewilligung.
Mit Änderungsbescheid vom 17. Dezember 2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 12. Dezember 2010 bis zum 22. November 2011 vorläufig einen täglichen Leistungs- und einen täglichen Zahlbetrag von 23,61 EUR. Hierbei legte die Beklagte ein tägliches Bemessungsentgelt von 72,31 EUR, die Lohnsteuerklasse V und die Lohnsteuertabelle 2010 zugrunde (ohne berücksichtigungsfähiges Kind). Abzüglich 15,19 EUR für die Sozialversicherungspauschale von 21 %‚ 16,85 EUR für die Lohnsteuer, die im Jahr des Anspruches entstanden sei, und 0,92 EUR für den Solidaritätszuschlag sowie ohne Berücksichtigung von individuellen Freibeträgen und Pauschalen betrage das tägliche Leistungsentgelt 39,35 EUR.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 10. Januar 2011 Widerspruch ein. Die Steuerfreistellung auf der Lohnsteuerkarte sei nicht berücksichtigt worden. Auch habe sie durch ihre auswärtige Tätigkeit noch Unkosten, die durch die Kündigungsfrist für die Zweitwohnung entstanden seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2011 zurück. Freibeträge und Pauschalen, die nicht jedem Arbeitnehmer zustünden, seien bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 23. Februar 2011 zur Post gegeben.
Bereits am 28. Oktober 2010 hatte die Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht Z ... (Az. 2 Ca 599/10) erhoben. Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 machte sie zuletzt unter anderem eine Urlaubsabgeltung für 30 Tage in Höhe von insgesamt 3.090,90 EUR und eine Überstundevergütung für 221,50 Stunden mit einem Stundesatz von 12,80 EUR, insgesamt 2.835,20 EUR brutto, geltend. Die Mehrarbeit sei von der Arbeitgeberin angeordnet gewesen beziehungsweise sei vereinbart gewesen, dass Mehrarbeit geleistet werden sollte, die dann in Freizeit ausgeglichen werden sollte. Das Arbeitsgericht Z ... erließ am 19. April 2011 ein Versäumnisurteil.
Das Amtsgericht Z ... eröffnete mit Beschluss vom 26. April 2011 (Az. 272 IN 13/11 a) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K ... Bau GmbH. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 19. Mai 2011 unter Bezugnahme auf das Versäumnisurteil, die Leistungsbewilligung zu ändern. Die Verdienstbescheinigung sei falsch ausgestellt worden. Nach einer von ihr erstellten Auflistung belief sich das Arbeitsentgelt unter Berücksichtigung von Überstunden- und Urlaubsvergütung auf insgesamt 31.940,53 EUR.
Die Beklagten forderte den Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 8. Juni 2011 auf, wegen des rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen Urteils eine neue Arbeitsbescheinigung auszustellen. Nachdem keine Antwort eingegangen war, lehnte sie den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 20. Juni 2011 ab. Zwar sei nachträglich festgestellt worden, dass durch die Arbeitgeberin Überstunden zu vergüten seien. Diese seien jedoch vor dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Betrieb ihrer Arbeitgeberin weder abgerechnet noch zugeflossen gewesen.
Der Insolvenzverwalter teilte mit Schreiben vom 20. Juni 2011, bei der Beklagten am 22. Juni 2011 eingegangen, mit, dass die Versäumnisurteile in den arbeitsgerichtlichen Verfahren der Klägerin und ihres Ehemannes nicht rechtskräftig seien. Die Arbeitsbescheinigung werde deshalb nicht geändert. Dem Schreiben war eine Kopie des "Probearbeitsvertrages" und des Arbeitsvertrages, jeweils vom 1. Oktober 2010, beigefügt.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 22. Juni 2011 Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Juni 2011 ein. Ein Bescheid vom 8. Dezember 2010 liege ihr nicht vor, nur der vom 7. Dezember 2010. In der Sache trug sie unter anderem vor, dass sie von vier Mitarbeitern der Beklagten falsch beraten worden sei; nun solle sie ihre Nachzahlung einbüßen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2011 zurück. Die angefochtenen Bescheide könnten weder nach § 44 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) noch nach § 48 SGB X zurückgenommen noch aufgehoben werden. Arbeitsentgelte würden als erzielt gelten, wenn der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch auf das Arbeitsentgelt gehabt habe und wenn sie zugeflossen seien oder nur wegen der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen seien. Maßgebender Stichtag sei vorliegend das Ausscheiden der Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis am 25. November 2010. Im Falle der Klägerin könnten die geleisteten Überstunden keine Berücksichtigung finden, weil es sich nicht um den Fall einer nachträglichen Vertragserfüllung handle. Die Klägerin habe ein sogenanntes verstetigtes Gehalt erzielt. Wenn ein solches gezahlt werde, habe der Arbeitgeber mit der Zahlung des Gehaltes den Anspruch auf den Monatslohn erfüllt. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob die Mehrarbeit von der Arbeitgeberin angeordnet gewesen sei. Denn die Klägerin habe die Möglichkeit gehabt, die Überstunden in Freizeit auszugleichen. Dies sei, wie sich aus der Übersicht im arbeitsgerichtlichen Verfahren ergebe, auch mehrmals erfolgt. Es habe keine zwingende Verpflichtung der Arbeitgeberin bestanden, die Mehrarbeit zusätzlich zu entlohnen. Im Übrigen seien die von der Klägerin geltend gemachten Überstunden weder im Einzelnen noch im Gesamten nachgewiesen. Das Versäumnisurteil das Arbeitsgerichtes Z ... sei nicht rechtskräftig.
Die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin hat am 30. September 2011 Klage erhoben. Sie trägt vor, sie habe über das in der Arbeitsbescheinigung hinaus bestätigte Arbeitsentgelt weiteres Arbeitsentgelt erzielt, das bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes zu berücksichtigen sei. Die Beklagte wende das Recht falsch an. Es komme nicht darauf an, ob einem Arbeitnehmer die Bezüge tatsächlich ausgezahlt worden (zugeflossen) seien, sondern ob der Arbeitnehmer bei Fälligkeit einen Anspruch auf Zahlung eines Restanspruches habe. Es sei ihr, der Klägerin, nicht zuzurechnen, wenn ihre vormalige Arbeitgeberin insolvent werde. Im Arbeitsgerichtsprozess habe sie ihre Ansprüche schlüssig dargelegt. Dies sei für den Erlass eines Versäumnisurteils ausreichend. Im Schriftsatz vom 14. Januar 2014 hat der Klägerbevollmächtigte weiter vorgetragen, dass es eine Vereinbarung über die Vergütung von Überstunden zum Stundensatz von 12,80 EUR nicht gebe. Eine akzeptierte Überstundeabrechnung liege ebenfalls nicht vor. Dies sei jedoch unerheblich, da das arbeitsgerichtliche Urteil diesbezüglich rechtskräftig sei.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin zunächst mit den Bescheiden vom 9. März 2011 und 8. Juni 2011 einen Vorschuss und sodann mit abschließendem Bescheid vom 27. September 2011 Insolvenzgeld für die Zeit vom 26. August 2010 bis zum 25. November 2010 in Höhe von Insgesamt 5.168,86 EUR.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. Januar 2014 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Das streitige Entgelt für noch nicht abgegoltene Überstunden, die von der Klägerin in der Zeit vom 26. November 2009 bis 25. November 2010 erbracht worden sein sollen, sei nicht im Bemessungszeitraum im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 8. Juli 2009, Az.: B 11 AL 14/08 R) erzielt worden. Denn nach den Angaben der Klägerin und des Arbeitgebers beziehungsweise Insolvenzverwalters seien die von der Klägerin geltend gemachten Überstunden vom Arbeitgeber bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht als zahlungspflichtiges Entgelt anerkannt gewesen. Aus dem Arbeitsvertrag ergebe sich keine Regelung über die Abgeltung von Überstunden. Nachweisbare Absprachen zwischen den Arbeitsvertragsparteien über Entgeltzahlungen für Überstunden seien ebenfalls nicht ersichtlich. Auch aus dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Z ... seien abgerechnete Überstunden der Klägerin nicht zu entnehmen. § 131 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) (in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung) sei nicht einschlägig. Denn dort werde nur die Frage geregelt, welches Arbeitsentgelt als erzielt gelte. Der Zufluss des Entgeltes für Überstunden sei jedoch nicht streitig. Die Nichtberücksichtigung eines der Klägerin erst nach ihrem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten und zugeflossenen Arbeitsentgeltes für Überstunden entspreche dem Ziel des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes aus Vereinfachungsgründen nur noch Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu erfassen, die abgerechnet wurden.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 1. Juli 2014 zugestellte Urteil am 25. Juli 2014 Berufung eingelegt. Ergänzend trägt sie unter anderem vor, dass der Insolvenzverwalter offensichtlich davon ausgegangen sei, dass das Versäumnisurteil inhaltlich korrekt sei. Denn er habe im Nachgang für den Zeitraum November 2009 bis Juli 2010 eine Neuberechnung der Vergütung der Klägerin vorgenommen.
Der Kläger beantragt:
Das Urteil des Sozialgerichtes Chemnitz vom 27. Juni 2014 wird aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2011 wird aufgehoben sowie die Beklagte verpflichtet, bei der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 8. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 bei der Klägerin ein Neuberechnung des Arbeitslosengeldes ab 12. Dezember 2010 unter Berücksichtigung eines täglichen Bemessungsentgeltes von 84,98 EUR vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, dass die Bruttobezüge in den Abrechnungen vom 14. April 2014 mit denen in der von der Klägerin erstellten Liste unter Blatt 310 der Verwaltungsakte identisch seien. Unabhängig von der Insolvenz ihres vormaligen Arbeitgebers habe die Klägerin offensichtlich zu keiner Zeit eine Überstundenvergütung oder eine Urlaubsvergütung erhalten, die im Bemessungszeitraum zu berücksichtigen wären. Auch aus dem nicht rechtskräftigen Versäumnisurteil könne die Klägerin kein höheres Bemessungsentgelt für den Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen.
Auf gerichtliche Anfrage zu der vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Neuberechnung der Vergütung der Klägerin hat der Insolvenzverwalter der K ... Bau GmbH mit Schriftsatz vom 17. August 2016 unter anderem mitgeteilt, dass er bei Übernahme seines Amtes keine Buchhaltung und kaum Geschäftsunterlagen vorgefunden habe. Eine geordnete Lohnbuchhaltung habe nicht existiert. Seine Bescheinigungen und sonstigen Erklärungen gründeten auf Angaben der jeweils betroffenen Mitarbeiter oder der Sekretärin der Schuldnerin. Nach dem Erlass des Versäumnisurteils sei zwischen der Klägerin und ihm eine außergerichtliche Auseinandersetzung über Verdienstbescheinigungen, Insolvenzgeldbescheinigungen und die Prüfung der angemeldeten Forderungen entbrannt. Die Lohn- und Gehaltsabrechnungen mit Datum "14.04.2014" habe er auf Drängen der Klägerin erstellen lassen. Die Gehaltsabrechnungen gründeten auf den Angaben der Klägerin in der Klageschrift beim Arbeitsgericht Z ...
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 6. Juni 2014 einen Antrag auf Nachberechnung der Arbeitslosengeldbewilligung gestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil das Sozialgericht zu Recht die Klage abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August ist rechtmäßig, weil die Klägerin keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld hat.
1. Streitig ist allein die Höhe, nicht hingegen Beginn und Dauer des Arbeitslosengeldanspruches. Deshalb ist lediglich informatorisch anzumerken, dass der Beginn des Arbeitslosengeldanspruches erst zum 12. Dezember 2010 trotz der Arbeitslosigkeit der Klägerin ab 26. November 2010 nicht zu beanstanden ist. Denn sie bezog in der Zwischenzeit Krankengeld. Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) ruhte der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch unter anderem auf Krankengeld zuerkannt war.
2. Fraglich ist, auf welcher Rechtsgrundlage der Antrag der Klägerin im Schreiben vom 19. Mai 2011, die Leistungsbewilligung zu ändern, zu prüfen ist.
a) Voranzustellen ist, dass sich dieser Antrag auf den Bescheid vom 8. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 bezieht. Zwar gab die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung an, dass es wohl einen endgültigen Bescheid gegeben habe. Sie verwies diesbezüglich auf die Differenzenanzeige unter Blatt 293 der Verwaltungsakte. Danach sei wohl am Tag nach dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 die Meldung an die Leistungsabteilung gegangen, dass Leistungen endgültig zu gewähren seien. Dies sei nach den dort angegebenen Daten am 23. Februar 2011 geschehen. Jedoch konnte weder sie noch der Klägerbevollmächtigte einen entsprechenden endgültigen Bescheid zum Arbeitslosengeldantrag vom 25. November 2010 vorlegen. Der Erlass eines endgültigen Bescheides war damit nicht zu belegen.
b) Die Beklagte hatte der Klägerin mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 vorläufig Arbeitslosengeld bewilligt. Diese Bewilligungsentscheidung wurde bestandskräftig. Denn gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist eine Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Wenn – wie vorliegend – ein Vorverfahren stattgefunden hat, beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (vgl. § 87 Abs. 2 SGG). Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 wurde ausweislich des Postaufgabevermerkes in der Verwaltungsakte am 23. Februar 2011 zur Post gegeben. Nach Maßgabe der Regelungen in § 64 Abs. 1 und 2 SGG endete die einmonatige Klagefrist am 23. März 2011. Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin keine Klage erhoben.
Hiervon ausgehend gibt es für die von der Klägerin gewünschte Änderung vier Ansatzpunkte: ein Antrag auf Gewährung höherer vorläufiger Leistungen oder, wenn der Vorläufigkeitsgrund entfallen sein sollte, ein Antrag auf Erlass einer endgültigen Entscheidung mit höheren als den vorläufig bewilligten Leistungen (§ 328 Abs. 2 SGB III), ein Antrag auf Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 44 SGB X) oder schließlich ein Antrag auf Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse (§ 44 SGB X). Hingegen kommt § 45 SGB X nicht in Betracht, weil dort die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes geregelt ist. Die Klägerin macht aber geltend, dass ihr in dem von ihr geltend gemachten Umfang Leistungen vorenthalten würden, der Leistungsbewilligung mithin in diesem Umfang rechtswidrig nicht begünstigend sei.
Nach § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III in der hier maßgebenden, bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung konnte über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich war, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorlagen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstanden, nicht zu vertreten hatte. Vorliegend erließ die Beklagte eine vorläufige Leistungsbewilligung, weil eine Krankengeldbescheinigung benötigt wurde, um über den Beginn und die Dauer des Anspruches auf Arbeitslosengeld entscheiden zu können. Wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Berufung entschieden wird, der Grund für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens noch immer vorliegt, ist das Rechtsschutzbegehren auf höhere vorläufige Leistungen zu richten (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 13/14 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 86 = juris Rdnr. 15; vgl. auch BSG, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 119/10 R – BSGE 108, 86 ff. = SozR 4-1500 § 54 Nr. 21 = juris Rdnr. 30). Wenn hingegen der Grund für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens entfallen ist – was vorliegend für die die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung rechtfertigenden Frage des Krankengeldbezuges der Fall sein dürfte –, darf keine Entscheidung über eine höherere vorläufige Leistungsbewilligung ergehen, sondern muss eine Entscheidung über eine endgültige Leistungsbewilligung (vgl. hierzu § 328 Abs. 2 SGB III) erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, a. a. O.). Ein endgültiger Bescheid wird gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens über den Bescheid wegen der vorläufigen Leistungen wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, a. a. O., Rdnr. 16, m. w. N.).
Die Frage, ob Rechtsschutz im Rahmen eines Antrages auf Gewährung von höheren oder endgültigen Leistungen zu gewähren ist, setzt aber voraus, dass die zuständige Behörde, hier die Beklagte, noch nicht abschließend über den ursprünglichen Leistungsantrag entschieden hat. Da sich der nach § 328 Abs. 1 Satz 2 SGB III anzugebende Grund der Vorläufigkeit regelmäßig nur auf eine Anspruchsvoraussetzung oder einzelne Anspruchsvoraussetzungen beschränkt, wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Bewilligungsentscheidung in den übrigen Punkten abschließend sei. Eine solche partielle Bindungswirkung einer vorläufigen Leistungsbewilligung hat der erkennende Senat allerdings mit Hinweis darauf, dass sich die unter anderem in § 77 SGG geregelte Bindungswirkung von Verwaltungsakten nur auf den Verfügungssatz, nicht aber auf die Begründung des Verwaltungsaktes bezieht, verneint (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. Februar 2010 – L 3 AL 28/09 – juris Rdnr. 33 ff.; vgl. auch Sächs. LSG, Beschluss vom 10. Dezember 2013 – L 3 AS 1314/13 B PKH – juris Rdnr. 19)
Zur Frage des Streitgegenstandes hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 19. August 2015 zum Arbeitslosengeld II ausgeführt, dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einer vorläufigen Bewilligung grundsätzlich zulässig ist, weil für eine vorläufige Bewilligung hinsichtlich der Art und Höhe der Leistungen keine anderen Regeln als für eine endgültige gelten und die Vorläufigkeit sich nicht auf alle Verwaltungsakte in dem angefochtenen Bescheid beziehen muss (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – SozR 4-4200 § 22 Nr. 86 = juris, jeweils Rdnr. 11).
Wenn es somit sowohl nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes als auch der Senatsrechtsprechung maßgebend ist, ob in einem Bescheid mehrere Verwaltungsakte oder Verfügungssätze enthalten sind, kann erwogen werden, ob die Bewilligungsentscheidung für Arbeitslosengeld aus zwei Teilen besteht: der Anspruchsdauer einschließlich des Anspruchsbeginns einerseits und der Anspruchshöhe andererseits. Dann wäre im Fall der Klägerin abschließend über die Höhe des bewilligten Arbeitslosengeldes entschieden worden. Dies hätte zur Folge, dass § 44 SGB X oder § 48 SGB X zu prüfen wären.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt.
3. Im Ergebnis kann jedoch dahingestellt bleiben, auf welcher Rechtsgrundlage der Antrag der Klägerin im Schreiben vom 19. Mai 2011, die Leistungsbewilligung zu ändern, zu prüfen ist. Denn sie hat jedenfalls materiell-rechtlich keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Maßgebend sind diesbezüglich die nachfolgend zitierten Regelungen des SGB III jeweils in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (im Folgende: a. F.), soweit nichts anderes angegeben ist.
a) Nach dem für die Klägerin, bei der kein Kind nach Maßgabe von § 129 Nr. 1 SGB III a. F. zu berücksichtigen war, maßgebenden § 129 Nr. 2 SGB III a. F. betrug das Arbeitslosengeld 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergab, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hatte (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasste nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasste ein Jahr (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III a. F.). Er endete mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III a. F.). Danach endete bei der Klägerin der Bemessungsrahmen am 25. November 2010 und begann – ein Jahr zurückgerechnet – am 26. November 2009. Der Bemessungszeitraum umfasste die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Dezember 2009 bis zum 25. November 2010.
Das Bemessungsentgelt war nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hatte.
Leistungsentgelt war nach § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der hier maßgebenden, vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (vgl. Artikel 4 Nr. 1 des Gesetzes vom 16. Juli 2009 [BGBl. I S. 1959]) das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt. Abzüge waren nach § 133 Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F. 1. eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 Prozent des Bemessungsentgelts, 2. die Lohnsteuer, die sich nach dem vom Bundesministerium der Finanzen auf Grund des § 51 Abs. 4 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) bekannt gegebenen Programmablaufplan bei Berücksichtigung der Vorsorgepauschale nach § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. a bis c EStG in dem Jahr, in dem der Anspruch entstanden war, ergab und 3. der Solidaritätszuschlag. Bei der Berechnung der Abzüge nach § 133 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB III a. F. war der Faktor nach § 39f EStG zu berücksichtigen (vgl. § 133 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB III a. F.). Freibeträge und Pauschalen, die nicht jedem Arbeitnehmer zustanden, waren nicht zu berücksichtigen (vgl. § 133 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB III a. F.). Für die Feststellung der Lohnsteuer wurde die Vorsorgepauschale mit den in § 133 Abs. 1 Satz 4 SGB III a. F. festgelegten Maßgaben berücksichtigt.
Ausgehend von einem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt in Höhe von 26.033,33 EUR errechnet sich ein Bemessungsentgelt in Höhe von 72,31 EUR, ein Leistungsentgelt in Höhe von 39,35 EUR und ein täglicher Leistungsbetrag in Höhe von 23,61 EUR. Arbeitslosengeld in dieser Höhe bewilligte die Beklagte der Klägerin.
b) Der Anspruch der Klägerin, bei der Leistungsberechnung auch die Urlaubsabgeltung und eine Vergütung für die Überstunden zu berücksichtigen, wurde sowohl von der Beklagten als auch vom Sozialgericht mit der Begründung verneint, dass diese Teile des Arbeitsentgeltes ab 25. November 2010, als die Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der K ... Bau GmbH ausschied, noch nicht abgerechnet gewesen seien.
Diese Rechtsauffassung kann sich auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 8. Juli 2009 (Az. B 11 AL 14/08 R) zu § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. und § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F. stützen. Danach blieben beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis noch nicht abgerechnete Sonderzahlungen (dort: Weihnachtsgeld) bei der Bemessung von Arbeitslosengeld außer Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2009 – B 11 AL 14/08 R – SozR 4-4300 § 130 Nr. 6 = juris [jeweils Leitsatz]; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 3. Juli 2013 – L 3 AL 7/12 – juris Rdnr. 17). Insoweit fehle es sowohl an einer Entgeltabrechnung zur Zeit des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis als auch am Vorliegen eines Entgeltabrechnungszeitraums einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F ... (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2009, a. a. O., jeweils Rdnr. 23). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F., wonach Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt galten, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen waren. Denn § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. modifiziere nicht § 130 SGB III a. F., sondern regele lediglich die Frage, welches Arbeitsentgelt im Sinne von § 129 SGB III a. F. i. V. m. § 131 Abs. 1 SGB III a. F. als erzielt gelte (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2009, a. a. O., jeweils Rdnr. 26).
Diese Entscheidung ist allerdings zum Teil auf Kritik gestoßen (vgl. z. B ... Pohl, SGb 2010, 535 ff.).
c) Hierauf muss aber nicht weiter eingegangen werden, weil in Bezug sowohl auf den Urlaubsabgeltungsanspruch als auch den Anspruch auf Vergütung von Überstunden jedenfalls die Sonderregelung aus § 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F. einer Berücksichtigung als Arbeitsentgelt im Zusammenhang mit der Ermittlung des Bemessungsentgeltes entgegensteht. Danach blieben Arbeitsentgelte, die der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden waren, außer Betracht.
(1) Die Klägerin hat gegenüber ihrer ehemaligen Arbeitgeberin einen Urlaubsabgeltungsanspruch für 30 Tage in Höhe von 3.069,90 EUR geltend gemacht. Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist § 7 Abs. 4 des Mindesturlaubsgesetzes für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz). Danach ist der Urlaub, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten. Bereits aus der übereinstimmenden Verwendung der Worte "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" sowohl in § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes als auch in § 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F. ergibt sich, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch bei der Ermittlung des Bemessungsentgeltes unberücksichtigt bleiben muss (vgl. z. B. Bay. LSG, Urteil vom 26. März 2009 – L 8 AL 200/08 –; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 31. März 2014 – L 11 AL 129/10 – Breithaupt 2014, 880 ff.; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 9/15], § 151 Rdnr. 63).
(2) In Bezug auf den behaupteten Anspruch auf Vergütung von Überstunden ist bereits fraglich, ob die Klägerin einen solchen Anspruch überhaupt hatte.
Die im arbeitsgerichtlichen Verfahren mandatierte Klägerbevollmächtigte trug im Schriftsatz vom 20. Januar 2011 vor, dass die Mehrarbeit "von der Beklagten jeweils angeordnet [gewesen sei] beziehungsweise war mit ihr vereinbart, dass Mehrarbeit geleistet werden soll, die dann wiederum in Freizeit ausgeglichen werden sollte" (S. 3 des Schriftsatzes). Im Folgenden führte sie aus, an welchen Tagen die Klägerin in welchem Umfang aus welchen Gründen Überstunden geleitet habe. Insgesamt habe sie 306,05 Überstunden geleistet, von denen sie im Zeitraum vom 5. bis zum 9. Juli 2010 und vom 6. bis zum 13. August 2010 einen Freizeitausgleich im Umfang von 85 Stunden genommen habe. In diesem Schriftsatz wird aber nicht ausgeführt, auf welcher Rechtsgrundlage ein Anspruch auf Vergütung der Überstunden, für die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Freizeitausgleich mehr genommen werden konnte, bestehen sollte. Der im sozialgerichtlichen Verfahren mandatierte Klägerbevollmächtigte erklärte im Klageverfahren im Schriftsatz vom 14. Januar 2014 ausdrücklich, dass es eine Vereinbarung über die Vergütung von Überstunden zum Stundensatz von 12,80 EUR nicht gebe. Danach wurde zwischen der Klägerin und ihrer früheren Arbeitgeberin allenfalls eine Abrede mit dem Inhalt getroffen, dass Überstunden durch einen Freizeitausgleich abgegolten werden.
Der behauptete Vergütungsanspruch kann auch weder unmittelbar noch mittelbar aus dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichtes Z ... vom 19. April 2011 hergeleitet werden. Denn unbeschadet des Umstandes, dass das Versäumnisurteil noch nicht rechtskräftig ist, erfasst die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung nur die Entscheidungsformel. Tatsächliche Feststellungen und rechtliche Erwägungen nehmen nicht an der Rechtskraft teil (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], § 141 Rdnr. 7, m. w. N.). Sonderregelungen, aus denen sich für den vorliegenden Fall etwas anderes ergeben würde, gibt es nicht. Auch mittelbar kann der behauptete Vergütungsanspruch nicht aus dem Umstand, dass das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil erlassen hat, hergeleitet werden. Zwar weist der Klägerbevollmächtigte zutreffend darauf hin, dass der Erlass eines Versäumnisurteils voraussetzt, dass die Klage schlüssig ist (vgl. Herget, in: Zöller, ZPO [31. Aufl., 2016], § 331 Rdnr. 4). Jedoch ist auch ein Versäumnisurteil, in dem diese Voraussetzung nicht beachtet worden ist, wirksam. Aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergibt sich lediglich, dass möglicherweise die behaupteten geleisteten Überstunden schlüssig dargetan wurden. Eine in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist jedoch nicht dargelegt.
Für den von ihr behaupteten Vergütungsanspruch kann sich die Klägerin unter Umständen auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 26. Juni 2013 berufen, wo das Gericht von einer möglichen Umwandlung eines Anspruches auf Freizeitausgleich in einen auf Vergütung ausgegangen ist. Ausgangspunkt war die Funktion eines Arbeitszeitkontos. Dieses hält nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste (vgl. BAG, Beschluss vom 18. März 2014 – 1 ABR 75/12 – BAGE 147, 313 ff. = NZA 2014, 984 ff. = juris Rdnr. 20, m. w. N.; BAG, Urteil vom 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 – BAGE 152, 315 ff. = NZA 2016, 295 ff. = juris Rdnr. 20, m. w. N.). Ein nicht ausgeglichenes Konto weist bei einer verstetigten Arbeitsvergütung – je nach Stand – Vorleistungen der einen oder der anderen Seite aus (vgl. BAG, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 10 AZR 325/12 – NZA-RR 2014, 519 ff. = juris Rdnr. 38; BAG, Beschluss vom 18. März 2014, a. a. O.). Das Gleitzeitkonto dokumentiere, sofern es im Plus ist, in welchem Umfang der Arbeitnehmer zukünftig noch Freizeitausgleich nehmen könne. Ein Freizeitausgleich sei aber nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht mehr möglich. Soweit der Arbeitnehmer für auf dem Arbeitszeitkonto nicht (mehr) dokumentierte Stunden wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses "Abgeltung" beanspruche, könne er einen entsprechenden Zahlungsanspruch unmittelbar verfolgen (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 2013 – 5 AZR 428/12 – NJW 2013, 3806 ff. = NZA 2013, 1262 ff. = juris Rdnr. 23). Das Urteil vom 26. Juni 2013 ist im Zusammenhang mit dem vom 4. Mai 1994 zu sehen. Darin hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, es bestehe kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass Überstunden stets zu vergüten seien, wenn die Möglichkeit des Abfeierns bestehe (vgl. BAG, Urteil vom 4. Mai 1994 – 4 AZR 445/93 – NZA 1994, 1035 ff. = juris [Leitsatz 3]).
Das Bundesarbeitsgericht hat im Urteil vom 26. Juni 2013 allerdings nicht ausgeführt, aus welcher Rechtsgrundlage sich die Umwandlung eines Anspruches auf Freizeitausgleich in einen Anspruch auf Vergütung oder Abgeltung des Freizeitausgleiches ergeben soll. Es kann eine analoge Anwendung von Abgeltungs- oder Vergütungssonderregelungen in Betracht gezogen werden, zum Beispiel von § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes, § 37 Abs. 2 Satz 3 des Betriebsverfassungsgesetzes (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 25. August 1999 – 7 AZR 713/97 – BAGE 92, 241 ff. = NZA 2000, 554 ff. = juris [Leitsatz]) oder dem seit 16. August 2014 geltenden § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG) vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348).
Eine vertiefte Betrachtung des behaupteten arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruches kann im vorliegenden arbeitsförderungsrechtlichen Verfahren unterbleiben. Denn auch wenn der Klägerin der behauptete Vergütungsanspruch zustehen sollte, wäre er nicht bei der Bestimmung des Bemessungsentgeltes zu berücksichtigen. Denn der Anspruch auf Abgeltung der Überstunden durch Freizeitausgleich hätte sich nur "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" in einen Vergütungsanspruch gewandelt, sodass auch hier – wie bereits beim Urlaubsabgeltungsanspruch – § 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F ... zur Anwendung käme.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld ab 25. November 2010 unter Berücksichtigung von Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung.
Die 1960 geborene Klägerin war vom 1. Oktober 2009 bis zum 25. November 2010 bei der K ... Bau GmbH als Bürokauffrau beschäftigt. Nach dem "Probearbeitsvertrag" und dem Arbeitsvertrag, jeweils vom 1. Oktober 2010, waren eine regelmäßige Arbeitszeit von "mindestens 40 Stunden/Woche" und ein Bruttogehalt von 2.200,00 EUR vereinbart.
Mit Schreiben vom 25. November 2010 kündigte die Klägerin mit sofortiger Wirkung, weil sie seit über drei Monaten ihr Gehalt beziehungsweise Forderungen gemäß der [arbeitsgerichtlichen] Klage vom 28. Oktober 2010 nicht erhalten habe.
Ebenfalls am 25. November 2010 beantragte die Klägerin Arbeitslosengeld. Zugleich meldete sie sich zum 11. Dezember 2010 arbeitslos und arbeitsuchend. Sie gab unter anderem an, dass sie Anspruch auf Gehalt für August bis November 2010 sowie wegen Überstunden, Urlaub und Auslagen habe.
Das beitragspflichtige monatliche Bruttoarbeitsentgelt belief sich nach der Arbeitsbescheinigung der bisherigen Arbeitgeberin vom 29. November 2010 für die Monate Dezember 2009 bis Oktober 2010 auf 2.200,00 EUR und für November 2010 auf 1.833,33 EUR. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt betrug insgesamt 26.033,33 EUR.
Ausweislich der Bescheinigung vom 21. Januar 2011 bezog die Klägerin vom 26. November 2010 bis zum 10. Dezember 2010 Krankengeld.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 vorläufig ab 12. Dezember 2010 Arbeitslosengeld für 342 Tage nach einem täglichen Arbeitsentgelt von 72,31 EUR. Die Vorläufigkeit bezog sich wegen der benötigten Krankengeldbescheinigung auf Beginn und Dauer der Leistungsbewilligung.
Mit Änderungsbescheid vom 17. Dezember 2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 12. Dezember 2010 bis zum 22. November 2011 vorläufig einen täglichen Leistungs- und einen täglichen Zahlbetrag von 23,61 EUR. Hierbei legte die Beklagte ein tägliches Bemessungsentgelt von 72,31 EUR, die Lohnsteuerklasse V und die Lohnsteuertabelle 2010 zugrunde (ohne berücksichtigungsfähiges Kind). Abzüglich 15,19 EUR für die Sozialversicherungspauschale von 21 %‚ 16,85 EUR für die Lohnsteuer, die im Jahr des Anspruches entstanden sei, und 0,92 EUR für den Solidaritätszuschlag sowie ohne Berücksichtigung von individuellen Freibeträgen und Pauschalen betrage das tägliche Leistungsentgelt 39,35 EUR.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 10. Januar 2011 Widerspruch ein. Die Steuerfreistellung auf der Lohnsteuerkarte sei nicht berücksichtigt worden. Auch habe sie durch ihre auswärtige Tätigkeit noch Unkosten, die durch die Kündigungsfrist für die Zweitwohnung entstanden seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2011 zurück. Freibeträge und Pauschalen, die nicht jedem Arbeitnehmer zustünden, seien bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 23. Februar 2011 zur Post gegeben.
Bereits am 28. Oktober 2010 hatte die Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht Z ... (Az. 2 Ca 599/10) erhoben. Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 machte sie zuletzt unter anderem eine Urlaubsabgeltung für 30 Tage in Höhe von insgesamt 3.090,90 EUR und eine Überstundevergütung für 221,50 Stunden mit einem Stundesatz von 12,80 EUR, insgesamt 2.835,20 EUR brutto, geltend. Die Mehrarbeit sei von der Arbeitgeberin angeordnet gewesen beziehungsweise sei vereinbart gewesen, dass Mehrarbeit geleistet werden sollte, die dann in Freizeit ausgeglichen werden sollte. Das Arbeitsgericht Z ... erließ am 19. April 2011 ein Versäumnisurteil.
Das Amtsgericht Z ... eröffnete mit Beschluss vom 26. April 2011 (Az. 272 IN 13/11 a) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K ... Bau GmbH. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 19. Mai 2011 unter Bezugnahme auf das Versäumnisurteil, die Leistungsbewilligung zu ändern. Die Verdienstbescheinigung sei falsch ausgestellt worden. Nach einer von ihr erstellten Auflistung belief sich das Arbeitsentgelt unter Berücksichtigung von Überstunden- und Urlaubsvergütung auf insgesamt 31.940,53 EUR.
Die Beklagten forderte den Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 8. Juni 2011 auf, wegen des rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen Urteils eine neue Arbeitsbescheinigung auszustellen. Nachdem keine Antwort eingegangen war, lehnte sie den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 20. Juni 2011 ab. Zwar sei nachträglich festgestellt worden, dass durch die Arbeitgeberin Überstunden zu vergüten seien. Diese seien jedoch vor dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Betrieb ihrer Arbeitgeberin weder abgerechnet noch zugeflossen gewesen.
Der Insolvenzverwalter teilte mit Schreiben vom 20. Juni 2011, bei der Beklagten am 22. Juni 2011 eingegangen, mit, dass die Versäumnisurteile in den arbeitsgerichtlichen Verfahren der Klägerin und ihres Ehemannes nicht rechtskräftig seien. Die Arbeitsbescheinigung werde deshalb nicht geändert. Dem Schreiben war eine Kopie des "Probearbeitsvertrages" und des Arbeitsvertrages, jeweils vom 1. Oktober 2010, beigefügt.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 22. Juni 2011 Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Juni 2011 ein. Ein Bescheid vom 8. Dezember 2010 liege ihr nicht vor, nur der vom 7. Dezember 2010. In der Sache trug sie unter anderem vor, dass sie von vier Mitarbeitern der Beklagten falsch beraten worden sei; nun solle sie ihre Nachzahlung einbüßen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2011 zurück. Die angefochtenen Bescheide könnten weder nach § 44 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) noch nach § 48 SGB X zurückgenommen noch aufgehoben werden. Arbeitsentgelte würden als erzielt gelten, wenn der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch auf das Arbeitsentgelt gehabt habe und wenn sie zugeflossen seien oder nur wegen der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen seien. Maßgebender Stichtag sei vorliegend das Ausscheiden der Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis am 25. November 2010. Im Falle der Klägerin könnten die geleisteten Überstunden keine Berücksichtigung finden, weil es sich nicht um den Fall einer nachträglichen Vertragserfüllung handle. Die Klägerin habe ein sogenanntes verstetigtes Gehalt erzielt. Wenn ein solches gezahlt werde, habe der Arbeitgeber mit der Zahlung des Gehaltes den Anspruch auf den Monatslohn erfüllt. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob die Mehrarbeit von der Arbeitgeberin angeordnet gewesen sei. Denn die Klägerin habe die Möglichkeit gehabt, die Überstunden in Freizeit auszugleichen. Dies sei, wie sich aus der Übersicht im arbeitsgerichtlichen Verfahren ergebe, auch mehrmals erfolgt. Es habe keine zwingende Verpflichtung der Arbeitgeberin bestanden, die Mehrarbeit zusätzlich zu entlohnen. Im Übrigen seien die von der Klägerin geltend gemachten Überstunden weder im Einzelnen noch im Gesamten nachgewiesen. Das Versäumnisurteil das Arbeitsgerichtes Z ... sei nicht rechtskräftig.
Die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin hat am 30. September 2011 Klage erhoben. Sie trägt vor, sie habe über das in der Arbeitsbescheinigung hinaus bestätigte Arbeitsentgelt weiteres Arbeitsentgelt erzielt, das bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes zu berücksichtigen sei. Die Beklagte wende das Recht falsch an. Es komme nicht darauf an, ob einem Arbeitnehmer die Bezüge tatsächlich ausgezahlt worden (zugeflossen) seien, sondern ob der Arbeitnehmer bei Fälligkeit einen Anspruch auf Zahlung eines Restanspruches habe. Es sei ihr, der Klägerin, nicht zuzurechnen, wenn ihre vormalige Arbeitgeberin insolvent werde. Im Arbeitsgerichtsprozess habe sie ihre Ansprüche schlüssig dargelegt. Dies sei für den Erlass eines Versäumnisurteils ausreichend. Im Schriftsatz vom 14. Januar 2014 hat der Klägerbevollmächtigte weiter vorgetragen, dass es eine Vereinbarung über die Vergütung von Überstunden zum Stundensatz von 12,80 EUR nicht gebe. Eine akzeptierte Überstundeabrechnung liege ebenfalls nicht vor. Dies sei jedoch unerheblich, da das arbeitsgerichtliche Urteil diesbezüglich rechtskräftig sei.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin zunächst mit den Bescheiden vom 9. März 2011 und 8. Juni 2011 einen Vorschuss und sodann mit abschließendem Bescheid vom 27. September 2011 Insolvenzgeld für die Zeit vom 26. August 2010 bis zum 25. November 2010 in Höhe von Insgesamt 5.168,86 EUR.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. Januar 2014 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Das streitige Entgelt für noch nicht abgegoltene Überstunden, die von der Klägerin in der Zeit vom 26. November 2009 bis 25. November 2010 erbracht worden sein sollen, sei nicht im Bemessungszeitraum im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 8. Juli 2009, Az.: B 11 AL 14/08 R) erzielt worden. Denn nach den Angaben der Klägerin und des Arbeitgebers beziehungsweise Insolvenzverwalters seien die von der Klägerin geltend gemachten Überstunden vom Arbeitgeber bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht als zahlungspflichtiges Entgelt anerkannt gewesen. Aus dem Arbeitsvertrag ergebe sich keine Regelung über die Abgeltung von Überstunden. Nachweisbare Absprachen zwischen den Arbeitsvertragsparteien über Entgeltzahlungen für Überstunden seien ebenfalls nicht ersichtlich. Auch aus dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Z ... seien abgerechnete Überstunden der Klägerin nicht zu entnehmen. § 131 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) (in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung) sei nicht einschlägig. Denn dort werde nur die Frage geregelt, welches Arbeitsentgelt als erzielt gelte. Der Zufluss des Entgeltes für Überstunden sei jedoch nicht streitig. Die Nichtberücksichtigung eines der Klägerin erst nach ihrem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten und zugeflossenen Arbeitsentgeltes für Überstunden entspreche dem Ziel des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes aus Vereinfachungsgründen nur noch Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu erfassen, die abgerechnet wurden.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 1. Juli 2014 zugestellte Urteil am 25. Juli 2014 Berufung eingelegt. Ergänzend trägt sie unter anderem vor, dass der Insolvenzverwalter offensichtlich davon ausgegangen sei, dass das Versäumnisurteil inhaltlich korrekt sei. Denn er habe im Nachgang für den Zeitraum November 2009 bis Juli 2010 eine Neuberechnung der Vergütung der Klägerin vorgenommen.
Der Kläger beantragt:
Das Urteil des Sozialgerichtes Chemnitz vom 27. Juni 2014 wird aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2011 wird aufgehoben sowie die Beklagte verpflichtet, bei der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 8. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 bei der Klägerin ein Neuberechnung des Arbeitslosengeldes ab 12. Dezember 2010 unter Berücksichtigung eines täglichen Bemessungsentgeltes von 84,98 EUR vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, dass die Bruttobezüge in den Abrechnungen vom 14. April 2014 mit denen in der von der Klägerin erstellten Liste unter Blatt 310 der Verwaltungsakte identisch seien. Unabhängig von der Insolvenz ihres vormaligen Arbeitgebers habe die Klägerin offensichtlich zu keiner Zeit eine Überstundenvergütung oder eine Urlaubsvergütung erhalten, die im Bemessungszeitraum zu berücksichtigen wären. Auch aus dem nicht rechtskräftigen Versäumnisurteil könne die Klägerin kein höheres Bemessungsentgelt für den Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen.
Auf gerichtliche Anfrage zu der vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Neuberechnung der Vergütung der Klägerin hat der Insolvenzverwalter der K ... Bau GmbH mit Schriftsatz vom 17. August 2016 unter anderem mitgeteilt, dass er bei Übernahme seines Amtes keine Buchhaltung und kaum Geschäftsunterlagen vorgefunden habe. Eine geordnete Lohnbuchhaltung habe nicht existiert. Seine Bescheinigungen und sonstigen Erklärungen gründeten auf Angaben der jeweils betroffenen Mitarbeiter oder der Sekretärin der Schuldnerin. Nach dem Erlass des Versäumnisurteils sei zwischen der Klägerin und ihm eine außergerichtliche Auseinandersetzung über Verdienstbescheinigungen, Insolvenzgeldbescheinigungen und die Prüfung der angemeldeten Forderungen entbrannt. Die Lohn- und Gehaltsabrechnungen mit Datum "14.04.2014" habe er auf Drängen der Klägerin erstellen lassen. Die Gehaltsabrechnungen gründeten auf den Angaben der Klägerin in der Klageschrift beim Arbeitsgericht Z ...
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 6. Juni 2014 einen Antrag auf Nachberechnung der Arbeitslosengeldbewilligung gestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil das Sozialgericht zu Recht die Klage abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August ist rechtmäßig, weil die Klägerin keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld hat.
1. Streitig ist allein die Höhe, nicht hingegen Beginn und Dauer des Arbeitslosengeldanspruches. Deshalb ist lediglich informatorisch anzumerken, dass der Beginn des Arbeitslosengeldanspruches erst zum 12. Dezember 2010 trotz der Arbeitslosigkeit der Klägerin ab 26. November 2010 nicht zu beanstanden ist. Denn sie bezog in der Zwischenzeit Krankengeld. Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) ruhte der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch unter anderem auf Krankengeld zuerkannt war.
2. Fraglich ist, auf welcher Rechtsgrundlage der Antrag der Klägerin im Schreiben vom 19. Mai 2011, die Leistungsbewilligung zu ändern, zu prüfen ist.
a) Voranzustellen ist, dass sich dieser Antrag auf den Bescheid vom 8. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 bezieht. Zwar gab die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung an, dass es wohl einen endgültigen Bescheid gegeben habe. Sie verwies diesbezüglich auf die Differenzenanzeige unter Blatt 293 der Verwaltungsakte. Danach sei wohl am Tag nach dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 die Meldung an die Leistungsabteilung gegangen, dass Leistungen endgültig zu gewähren seien. Dies sei nach den dort angegebenen Daten am 23. Februar 2011 geschehen. Jedoch konnte weder sie noch der Klägerbevollmächtigte einen entsprechenden endgültigen Bescheid zum Arbeitslosengeldantrag vom 25. November 2010 vorlegen. Der Erlass eines endgültigen Bescheides war damit nicht zu belegen.
b) Die Beklagte hatte der Klägerin mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 vorläufig Arbeitslosengeld bewilligt. Diese Bewilligungsentscheidung wurde bestandskräftig. Denn gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist eine Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Wenn – wie vorliegend – ein Vorverfahren stattgefunden hat, beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (vgl. § 87 Abs. 2 SGG). Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2011 wurde ausweislich des Postaufgabevermerkes in der Verwaltungsakte am 23. Februar 2011 zur Post gegeben. Nach Maßgabe der Regelungen in § 64 Abs. 1 und 2 SGG endete die einmonatige Klagefrist am 23. März 2011. Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin keine Klage erhoben.
Hiervon ausgehend gibt es für die von der Klägerin gewünschte Änderung vier Ansatzpunkte: ein Antrag auf Gewährung höherer vorläufiger Leistungen oder, wenn der Vorläufigkeitsgrund entfallen sein sollte, ein Antrag auf Erlass einer endgültigen Entscheidung mit höheren als den vorläufig bewilligten Leistungen (§ 328 Abs. 2 SGB III), ein Antrag auf Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 44 SGB X) oder schließlich ein Antrag auf Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse (§ 44 SGB X). Hingegen kommt § 45 SGB X nicht in Betracht, weil dort die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes geregelt ist. Die Klägerin macht aber geltend, dass ihr in dem von ihr geltend gemachten Umfang Leistungen vorenthalten würden, der Leistungsbewilligung mithin in diesem Umfang rechtswidrig nicht begünstigend sei.
Nach § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III in der hier maßgebenden, bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung konnte über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich war, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorlagen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstanden, nicht zu vertreten hatte. Vorliegend erließ die Beklagte eine vorläufige Leistungsbewilligung, weil eine Krankengeldbescheinigung benötigt wurde, um über den Beginn und die Dauer des Anspruches auf Arbeitslosengeld entscheiden zu können. Wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Berufung entschieden wird, der Grund für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens noch immer vorliegt, ist das Rechtsschutzbegehren auf höhere vorläufige Leistungen zu richten (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 13/14 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 86 = juris Rdnr. 15; vgl. auch BSG, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 119/10 R – BSGE 108, 86 ff. = SozR 4-1500 § 54 Nr. 21 = juris Rdnr. 30). Wenn hingegen der Grund für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens entfallen ist – was vorliegend für die die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung rechtfertigenden Frage des Krankengeldbezuges der Fall sein dürfte –, darf keine Entscheidung über eine höherere vorläufige Leistungsbewilligung ergehen, sondern muss eine Entscheidung über eine endgültige Leistungsbewilligung (vgl. hierzu § 328 Abs. 2 SGB III) erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, a. a. O.). Ein endgültiger Bescheid wird gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens über den Bescheid wegen der vorläufigen Leistungen wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, a. a. O., Rdnr. 16, m. w. N.).
Die Frage, ob Rechtsschutz im Rahmen eines Antrages auf Gewährung von höheren oder endgültigen Leistungen zu gewähren ist, setzt aber voraus, dass die zuständige Behörde, hier die Beklagte, noch nicht abschließend über den ursprünglichen Leistungsantrag entschieden hat. Da sich der nach § 328 Abs. 1 Satz 2 SGB III anzugebende Grund der Vorläufigkeit regelmäßig nur auf eine Anspruchsvoraussetzung oder einzelne Anspruchsvoraussetzungen beschränkt, wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Bewilligungsentscheidung in den übrigen Punkten abschließend sei. Eine solche partielle Bindungswirkung einer vorläufigen Leistungsbewilligung hat der erkennende Senat allerdings mit Hinweis darauf, dass sich die unter anderem in § 77 SGG geregelte Bindungswirkung von Verwaltungsakten nur auf den Verfügungssatz, nicht aber auf die Begründung des Verwaltungsaktes bezieht, verneint (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. Februar 2010 – L 3 AL 28/09 – juris Rdnr. 33 ff.; vgl. auch Sächs. LSG, Beschluss vom 10. Dezember 2013 – L 3 AS 1314/13 B PKH – juris Rdnr. 19)
Zur Frage des Streitgegenstandes hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 19. August 2015 zum Arbeitslosengeld II ausgeführt, dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einer vorläufigen Bewilligung grundsätzlich zulässig ist, weil für eine vorläufige Bewilligung hinsichtlich der Art und Höhe der Leistungen keine anderen Regeln als für eine endgültige gelten und die Vorläufigkeit sich nicht auf alle Verwaltungsakte in dem angefochtenen Bescheid beziehen muss (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – SozR 4-4200 § 22 Nr. 86 = juris, jeweils Rdnr. 11).
Wenn es somit sowohl nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes als auch der Senatsrechtsprechung maßgebend ist, ob in einem Bescheid mehrere Verwaltungsakte oder Verfügungssätze enthalten sind, kann erwogen werden, ob die Bewilligungsentscheidung für Arbeitslosengeld aus zwei Teilen besteht: der Anspruchsdauer einschließlich des Anspruchsbeginns einerseits und der Anspruchshöhe andererseits. Dann wäre im Fall der Klägerin abschließend über die Höhe des bewilligten Arbeitslosengeldes entschieden worden. Dies hätte zur Folge, dass § 44 SGB X oder § 48 SGB X zu prüfen wären.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt.
3. Im Ergebnis kann jedoch dahingestellt bleiben, auf welcher Rechtsgrundlage der Antrag der Klägerin im Schreiben vom 19. Mai 2011, die Leistungsbewilligung zu ändern, zu prüfen ist. Denn sie hat jedenfalls materiell-rechtlich keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Maßgebend sind diesbezüglich die nachfolgend zitierten Regelungen des SGB III jeweils in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (im Folgende: a. F.), soweit nichts anderes angegeben ist.
a) Nach dem für die Klägerin, bei der kein Kind nach Maßgabe von § 129 Nr. 1 SGB III a. F. zu berücksichtigen war, maßgebenden § 129 Nr. 2 SGB III a. F. betrug das Arbeitslosengeld 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergab, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hatte (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasste nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasste ein Jahr (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III a. F.). Er endete mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III a. F.). Danach endete bei der Klägerin der Bemessungsrahmen am 25. November 2010 und begann – ein Jahr zurückgerechnet – am 26. November 2009. Der Bemessungszeitraum umfasste die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Dezember 2009 bis zum 25. November 2010.
Das Bemessungsentgelt war nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hatte.
Leistungsentgelt war nach § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der hier maßgebenden, vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (vgl. Artikel 4 Nr. 1 des Gesetzes vom 16. Juli 2009 [BGBl. I S. 1959]) das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt. Abzüge waren nach § 133 Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F. 1. eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 Prozent des Bemessungsentgelts, 2. die Lohnsteuer, die sich nach dem vom Bundesministerium der Finanzen auf Grund des § 51 Abs. 4 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) bekannt gegebenen Programmablaufplan bei Berücksichtigung der Vorsorgepauschale nach § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. a bis c EStG in dem Jahr, in dem der Anspruch entstanden war, ergab und 3. der Solidaritätszuschlag. Bei der Berechnung der Abzüge nach § 133 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB III a. F. war der Faktor nach § 39f EStG zu berücksichtigen (vgl. § 133 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB III a. F.). Freibeträge und Pauschalen, die nicht jedem Arbeitnehmer zustanden, waren nicht zu berücksichtigen (vgl. § 133 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB III a. F.). Für die Feststellung der Lohnsteuer wurde die Vorsorgepauschale mit den in § 133 Abs. 1 Satz 4 SGB III a. F. festgelegten Maßgaben berücksichtigt.
Ausgehend von einem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt in Höhe von 26.033,33 EUR errechnet sich ein Bemessungsentgelt in Höhe von 72,31 EUR, ein Leistungsentgelt in Höhe von 39,35 EUR und ein täglicher Leistungsbetrag in Höhe von 23,61 EUR. Arbeitslosengeld in dieser Höhe bewilligte die Beklagte der Klägerin.
b) Der Anspruch der Klägerin, bei der Leistungsberechnung auch die Urlaubsabgeltung und eine Vergütung für die Überstunden zu berücksichtigen, wurde sowohl von der Beklagten als auch vom Sozialgericht mit der Begründung verneint, dass diese Teile des Arbeitsentgeltes ab 25. November 2010, als die Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der K ... Bau GmbH ausschied, noch nicht abgerechnet gewesen seien.
Diese Rechtsauffassung kann sich auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 8. Juli 2009 (Az. B 11 AL 14/08 R) zu § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. und § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F. stützen. Danach blieben beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis noch nicht abgerechnete Sonderzahlungen (dort: Weihnachtsgeld) bei der Bemessung von Arbeitslosengeld außer Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2009 – B 11 AL 14/08 R – SozR 4-4300 § 130 Nr. 6 = juris [jeweils Leitsatz]; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 3. Juli 2013 – L 3 AL 7/12 – juris Rdnr. 17). Insoweit fehle es sowohl an einer Entgeltabrechnung zur Zeit des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis als auch am Vorliegen eines Entgeltabrechnungszeitraums einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F ... (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2009, a. a. O., jeweils Rdnr. 23). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F., wonach Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt galten, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen waren. Denn § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. modifiziere nicht § 130 SGB III a. F., sondern regele lediglich die Frage, welches Arbeitsentgelt im Sinne von § 129 SGB III a. F. i. V. m. § 131 Abs. 1 SGB III a. F. als erzielt gelte (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2009, a. a. O., jeweils Rdnr. 26).
Diese Entscheidung ist allerdings zum Teil auf Kritik gestoßen (vgl. z. B ... Pohl, SGb 2010, 535 ff.).
c) Hierauf muss aber nicht weiter eingegangen werden, weil in Bezug sowohl auf den Urlaubsabgeltungsanspruch als auch den Anspruch auf Vergütung von Überstunden jedenfalls die Sonderregelung aus § 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F. einer Berücksichtigung als Arbeitsentgelt im Zusammenhang mit der Ermittlung des Bemessungsentgeltes entgegensteht. Danach blieben Arbeitsentgelte, die der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden waren, außer Betracht.
(1) Die Klägerin hat gegenüber ihrer ehemaligen Arbeitgeberin einen Urlaubsabgeltungsanspruch für 30 Tage in Höhe von 3.069,90 EUR geltend gemacht. Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist § 7 Abs. 4 des Mindesturlaubsgesetzes für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz). Danach ist der Urlaub, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten. Bereits aus der übereinstimmenden Verwendung der Worte "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" sowohl in § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes als auch in § 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F. ergibt sich, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch bei der Ermittlung des Bemessungsentgeltes unberücksichtigt bleiben muss (vgl. z. B. Bay. LSG, Urteil vom 26. März 2009 – L 8 AL 200/08 –; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 31. März 2014 – L 11 AL 129/10 – Breithaupt 2014, 880 ff.; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 9/15], § 151 Rdnr. 63).
(2) In Bezug auf den behaupteten Anspruch auf Vergütung von Überstunden ist bereits fraglich, ob die Klägerin einen solchen Anspruch überhaupt hatte.
Die im arbeitsgerichtlichen Verfahren mandatierte Klägerbevollmächtigte trug im Schriftsatz vom 20. Januar 2011 vor, dass die Mehrarbeit "von der Beklagten jeweils angeordnet [gewesen sei] beziehungsweise war mit ihr vereinbart, dass Mehrarbeit geleistet werden soll, die dann wiederum in Freizeit ausgeglichen werden sollte" (S. 3 des Schriftsatzes). Im Folgenden führte sie aus, an welchen Tagen die Klägerin in welchem Umfang aus welchen Gründen Überstunden geleitet habe. Insgesamt habe sie 306,05 Überstunden geleistet, von denen sie im Zeitraum vom 5. bis zum 9. Juli 2010 und vom 6. bis zum 13. August 2010 einen Freizeitausgleich im Umfang von 85 Stunden genommen habe. In diesem Schriftsatz wird aber nicht ausgeführt, auf welcher Rechtsgrundlage ein Anspruch auf Vergütung der Überstunden, für die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Freizeitausgleich mehr genommen werden konnte, bestehen sollte. Der im sozialgerichtlichen Verfahren mandatierte Klägerbevollmächtigte erklärte im Klageverfahren im Schriftsatz vom 14. Januar 2014 ausdrücklich, dass es eine Vereinbarung über die Vergütung von Überstunden zum Stundensatz von 12,80 EUR nicht gebe. Danach wurde zwischen der Klägerin und ihrer früheren Arbeitgeberin allenfalls eine Abrede mit dem Inhalt getroffen, dass Überstunden durch einen Freizeitausgleich abgegolten werden.
Der behauptete Vergütungsanspruch kann auch weder unmittelbar noch mittelbar aus dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichtes Z ... vom 19. April 2011 hergeleitet werden. Denn unbeschadet des Umstandes, dass das Versäumnisurteil noch nicht rechtskräftig ist, erfasst die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung nur die Entscheidungsformel. Tatsächliche Feststellungen und rechtliche Erwägungen nehmen nicht an der Rechtskraft teil (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], § 141 Rdnr. 7, m. w. N.). Sonderregelungen, aus denen sich für den vorliegenden Fall etwas anderes ergeben würde, gibt es nicht. Auch mittelbar kann der behauptete Vergütungsanspruch nicht aus dem Umstand, dass das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil erlassen hat, hergeleitet werden. Zwar weist der Klägerbevollmächtigte zutreffend darauf hin, dass der Erlass eines Versäumnisurteils voraussetzt, dass die Klage schlüssig ist (vgl. Herget, in: Zöller, ZPO [31. Aufl., 2016], § 331 Rdnr. 4). Jedoch ist auch ein Versäumnisurteil, in dem diese Voraussetzung nicht beachtet worden ist, wirksam. Aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergibt sich lediglich, dass möglicherweise die behaupteten geleisteten Überstunden schlüssig dargetan wurden. Eine in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist jedoch nicht dargelegt.
Für den von ihr behaupteten Vergütungsanspruch kann sich die Klägerin unter Umständen auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 26. Juni 2013 berufen, wo das Gericht von einer möglichen Umwandlung eines Anspruches auf Freizeitausgleich in einen auf Vergütung ausgegangen ist. Ausgangspunkt war die Funktion eines Arbeitszeitkontos. Dieses hält nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste (vgl. BAG, Beschluss vom 18. März 2014 – 1 ABR 75/12 – BAGE 147, 313 ff. = NZA 2014, 984 ff. = juris Rdnr. 20, m. w. N.; BAG, Urteil vom 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 – BAGE 152, 315 ff. = NZA 2016, 295 ff. = juris Rdnr. 20, m. w. N.). Ein nicht ausgeglichenes Konto weist bei einer verstetigten Arbeitsvergütung – je nach Stand – Vorleistungen der einen oder der anderen Seite aus (vgl. BAG, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 10 AZR 325/12 – NZA-RR 2014, 519 ff. = juris Rdnr. 38; BAG, Beschluss vom 18. März 2014, a. a. O.). Das Gleitzeitkonto dokumentiere, sofern es im Plus ist, in welchem Umfang der Arbeitnehmer zukünftig noch Freizeitausgleich nehmen könne. Ein Freizeitausgleich sei aber nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht mehr möglich. Soweit der Arbeitnehmer für auf dem Arbeitszeitkonto nicht (mehr) dokumentierte Stunden wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses "Abgeltung" beanspruche, könne er einen entsprechenden Zahlungsanspruch unmittelbar verfolgen (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 2013 – 5 AZR 428/12 – NJW 2013, 3806 ff. = NZA 2013, 1262 ff. = juris Rdnr. 23). Das Urteil vom 26. Juni 2013 ist im Zusammenhang mit dem vom 4. Mai 1994 zu sehen. Darin hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, es bestehe kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass Überstunden stets zu vergüten seien, wenn die Möglichkeit des Abfeierns bestehe (vgl. BAG, Urteil vom 4. Mai 1994 – 4 AZR 445/93 – NZA 1994, 1035 ff. = juris [Leitsatz 3]).
Das Bundesarbeitsgericht hat im Urteil vom 26. Juni 2013 allerdings nicht ausgeführt, aus welcher Rechtsgrundlage sich die Umwandlung eines Anspruches auf Freizeitausgleich in einen Anspruch auf Vergütung oder Abgeltung des Freizeitausgleiches ergeben soll. Es kann eine analoge Anwendung von Abgeltungs- oder Vergütungssonderregelungen in Betracht gezogen werden, zum Beispiel von § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes, § 37 Abs. 2 Satz 3 des Betriebsverfassungsgesetzes (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 25. August 1999 – 7 AZR 713/97 – BAGE 92, 241 ff. = NZA 2000, 554 ff. = juris [Leitsatz]) oder dem seit 16. August 2014 geltenden § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG) vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348).
Eine vertiefte Betrachtung des behaupteten arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruches kann im vorliegenden arbeitsförderungsrechtlichen Verfahren unterbleiben. Denn auch wenn der Klägerin der behauptete Vergütungsanspruch zustehen sollte, wäre er nicht bei der Bestimmung des Bemessungsentgeltes zu berücksichtigen. Denn der Anspruch auf Abgeltung der Überstunden durch Freizeitausgleich hätte sich nur "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" in einen Vergütungsanspruch gewandelt, sodass auch hier – wie bereits beim Urlaubsabgeltungsanspruch – § 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F ... zur Anwendung käme.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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