S 6 KN 347/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KN 347/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau hat.

Der am 00.00.1970 geborene Kläger wurde im September 1986 im deutschen Steinkohlenbergbau angelegt und war dort zunächst als Jungbergmann tätig. Danach folgten u. a. Tätigkeiten als Maschinist 1, Lagerarbeiter 1, Magazin- und Schrottplatzarbeiter, bevor er in der Zeit vom 01.08.1998 bis zum 01.02.2000 als Maschinist 2 (Lohngruppe 08) tätig wurde. Seit dem 00.02.2000 ist der Kläger arbeitsunfähig krank und kehrte zum 00.06.2000 aus dem Steinkohlenbergbau ab.

Am 03.08.2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Untersuchung durch den Sozialmedizinischen Dienst (SMD). In einem aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers erstatteten Gutachten vom 15.02.2000 erhob die Ärztin für Sozialmedizin Frau A die folgenden - vorläufigen - Diagnosen:

Neigung zu abszedierenden Hautentzündungen. Dringender Verdacht auf Somatisierungsstörung bei depressiver Entwicklung. Sporadisch auftretende per anale Blutabgänge, abklärungsbedürftig. Zusammenfassend hielt Frau A vor abschließender Leistungsbeurteilung die Einholung eines nervenärztlichen Zusatzgutachtens für erforderlich.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N am 22.03.2001 ein nervenärztliches Zusatzgutachten. Dr. N erhob im Rahmen seiner Untersuchung des Klägers die folgenden Diagnosen:

Hypochondrisches, hysteriformes Verhaltensmuster mit Versagenshaltung, bei einfach strukturierter Primärpersönlichkeit. Rentenbegehren. Kein Hinweis auf eine Polyneuropathie. In seiner Leistungsbeurteilung vertrat er die Auffassung, dass der Kläger noch in der Lage sei, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit einfacher geistiger Anstrengung vollschichtig und regelmäßig zu verrichten.

In einer abschließenden Stellungnahme vom 03.04.2001 äußerte Frau A die Ansicht, dass sich keine nennenswerte Beeinträchtigung habe feststellen lassen und der Kläger vor diesem Hintergrund seine zuletzt verrichtete Tätigkeit wieder ausüben könne.

Gestützt auf die vorbeschriebenen medizinischen Feststellungen lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 08.05.2001 ab und vertrat dort die Auffassung, dass er seinen knappschaftlichen Hauptberuf als Maschinist 2 noch ausüben könne. Hiergegen erhob der Kläger am 31.05.2001 Widerspruch, den er mit einer Bescheinigung des Arztes für Orthopädie Dr. X vom 03.09.2001 begründete. Mit Bescheid vom 26.11.2001 wurde der Widerspruch des Klägers vom Widerspruchsausschuss der Beklagten zurückgewiesen.

Mit seiner am 14.12.2001 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er vertritt die Auffassung, aufgrund der bei ihm vorliegenden Erkrankungen weder seinen knappschaftlichen Hauptberuf als Maschinist 2 noch irgendwelche zumutbaren Verweisungstätigkeiten vollschichtig und regelmäßig ausüben zu können.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 zu verurteilen, bei ihm für die Zeit ab dem 03.08.2000 einen Zustand der Berufsunfähigkeit, hilfsweise verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau anzunehmen und entsprechende Leistungen nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, weiter hilfsweise, den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L und den Arzt für Orthopädie Dr. Q nach § 109 SGG gutachtlich zu hören.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.

Das Gericht hat von dem Arzt für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin Herrn Dr. X1, von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Herrn Dr. T und von dem Arzt für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin Herr Prof. Dr. Q1 Befundberichte über den Gesundheitszustand des Klägers eingeholt. Auf den Inhalt der Berichte vom 22.03.2002, 28.03.2002 und vom 30.04.2002 wird Bezug genommen.

Das Gericht hat sodann Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Herrn Dr. P. Der Sachverständige Dr. P hat in seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers erstatteten Gutachten vom 21.01.2003 die folgenden Diagnosen erhoben:

Somatoforme Schmerzstörung. Depressive Persönlichkeitsstruktur. Sekundärer Alkoholabusus. In seiner Leistungsbeurteilung ist der Sachverständige Dr. P zu der Ansicht gelangt, dass der Kläger noch in der Lage sei, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 25 kg im Gehen, Stehen und/oder Sitzen in geschlossenen Räumen wie auch im Freien unter Witterungsschutz unter Meidung von dauernden Zwangshaltungen, ständigen Einwirkungen durch Hitze, Nässe, Zugluft, Arbeiten in Nachtschicht sowie unter weiterer Meidung von besonderem Zeitdruck (Akkord- und Fließbandarbeiten) vollschichtig und regelmäßig zu verrichten. Der Kläger sei darüber hinaus in der Lage, durchschnittlichen Anforderungen an Verantwortungsbewusstsein, Übersicht, Konzentrationsvermögen und Aufmerksamkeit gerecht zu werden, müsse jedoch darauf achten, im Rahmen einer Kfz-Nutzung auf Alkoholkonsum zu verzichten.

Am 06.03.2003 hat der Kläger schriftsätzlich einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt und als Sachverständige den Arzt für Orthopädie Dr. Q und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L benannt. Mit Verfügung vom 07.03.2003 hat das Gericht einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.700,00 EUR angefordert und dem Kläger eine Frist bis zum 16.04.2003 zur Erfüllung dieser Auflage gesetzt. Am 15.04.2003 hat der Kläger einen Betrag von 1.700,00 EUR bei der OJK Hamm eingezahlt. Dabei hat er jedoch Angaben zum Verwendungszweck nicht gemacht, so dass sich die OJK Hamm außerstande gesehen hat, den Kostenvorschuss zu verbuchen. Mit Schreiben vom 16.04.2003 hat die OJK Hamm den Kläger auf den vorbeschriebenen Sachverhalt hingewiesen. Unter dem 24.04.2003 hat der Kläger die entsprechenden Angaben nachgeholt, so dass der Kostenvorschuss von der OJK Hamm am 28.04.2003 verbucht worden ist.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird im übrigen auf den Inhalt der Prozessakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die vorgelegen haben und ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist weder nach den Haupt- noch nach den Hilfsanträgen begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte nämlich keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit. Darüber hinaus ist der Versicherungsfall der verminderten Berufsfähigkeit im Bergbau ebenfalls nicht eingetreten. Vor diesem Hintergrund ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 08.05.20001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 nicht rechtswidrig, und der Kläger wird durch ihn nicht beschwert, § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.

Der erhobene Anspruch bestimmt sich nach den Vorschriften des 6. Buches des Sozialgesetzbuchs vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) in der Fassung vom 27.06.2000 (BGBl. I S. 910) (= SGB VI a. F.), weil der geltend gemachte Anspruch - unterstellt, er bestünde - vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) (=SGB VI n. F.) zum 01.01.2001 entstanden wäre (vgl. hierzu § 300 Abs. 2 SGB VI n. F.). Denn der Kläger begehrt die Zahlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalls vom 00.08.2000.

Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst sämtliche Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Ausgangspunkt ist dementsprechend bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist im allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn sie die qualitativ Höchste darstellt (vgl. BSG, Urteile vom 22.03.1988 - Az.: 8/5a RKN 9/86, SozR 2200 § 1246 Nr. 158, vom 22.10.1996 - Az.: 13 RJ 35/96, SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 55 und vom 18.02.1998 - Az.: B 5 RJ 34/97 R, SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 61 m.w.N.).

Kann der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden, hängt der Rentenanspruch davon ab, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und gesundheitlich wie fachlich noch bewältigt werden kann. Dabei richtet sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von 3 Monaten bis zu 2 Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. hierzu BSG, a.a.O.).

Die nach diesem Schema vorzunehmende Einordnung sowohl des bisherigen Berufs als auch der zumutbaren Verweisungstätigkeiten erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten oder der förmlichen Ausbildung. Entscheidend ist die Qualität der verrichteten oder zu verrichtenden Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI a. F. genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG, Urteile vom 08.10.1992 - Az.: 13 RJ 49/91, SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 27 und vom 24.04.1996 - Az.: 5 RJ 24/94). Davon ausgehend darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf grundsätzlich (nur) auf die nächst niedrigere Stufe verwiesen werden (vgl. hierzu nur BSG, Urteil vom 25.07.2001 - Az.: B 8 KN 14/00 R m.w.N.).

Gemessen an den vorbeschriebenen Kriterien dürfte der zuletzt als Maschinist 2 und in Lohngruppe 08 eingestufte Kläger als Facharbeiter anzusehen sein. Zweifelhaft ist jedoch, ob der Kläger, der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Lage ist, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinist 2 nach wie vor auszuüben, tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Steinkohlenbergbau abgekehrt ist und sich angesichts dieses Tatbestandes noch auf einen entsprechenden Facharbeiterschutz berufen kann. Die Kammer musste diese Frage jedoch nicht weiter verfolgen. Selbst wenn nämlich der Kläger nach wie vor Berufsschutz als Facharbeiter in Anspruch nehmen könnte, müsste er sich unter Zugrundelegung des bereits oben beschriebenen Mehrstufenschemas auf Facharbeiterberufe wie auch auf Tätigkeiten, die vom Leitbild des Angelernten geprägt sind, verweisen lassen. Für den Kläger bedeutet dies, dass er sich vorliegend auf die Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers im Arzneimittelhandel verweisen lassen müsste. Denn die Entlohnung des Auslieferungsfahrers erfolgt regelmäßig nach Lohngruppen, die durch den Leitberuf des Angelernten gekennzeichnet sind (vgl. u. a. Lohngruppe V des Lohnrahmenabkommens vom 25.05.2000 zwischen den in der Tarifgemeinschaft des Großhandels, Außenhandels und der Dienstleistungen in Nordrhein-Westfalen zusammengeschlossenen Verbänden einerseits und der deutschen Angestelltengewerkschaft, Landesverband Nordrhein-Westfalen sowie der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im deutschen Gewerkschaftsbund, Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen andererseits; vgl. ferner Lohngruppe 5 des Lohngruppenplanes für die gewerblichen Arbeitnehmer des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg vom 01.04.1995). Vor dem Hintergrund, dass der vorgenannte Vollzeitberuf eines Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel von Tarifverträgen erfasst wird, kann von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes trotz eines möglicherweise ungünstigen Verhältnisses zwischen offenen Stellen und Stellenbewerbern nicht ausgegangen werden (vergleiche hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 22, 30, 139).

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen in der Lage ist, die Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel vollschichtig und regelmäßig zu verrichten. Die Tätigkeit besteht darin, dass der Auslieferungsfahrer die von ihm anzuliefernde Ware tourengerecht verlädt, im Stadtbereich je Arbeitstag etwa 35 bis 40, auf Landtouren etwa 30 bis 35 Apotheken anfährt, die bestellten Arzneimittel ausliefert, ggfls. Retouren, Leergut und Cartonagen zurücknimmt, nach der Belieferung des letzten Kunden zu seinem Betrieb zurückfährt, die Rückgüter an die richtigen Stellen weiterleitet und die nächste Tour vorbereitet. Die Versandeinheiten wiegen in der Regel bis zu 7 kg, gelegentlich bis 15 kg und allenfalls in seltenen Ausnahmefällen auch mehr als 15 kg (vgl. hierzu die Auskünfte mehrerer pharmazeutischer Großhandlungen, insbesondere des pharmazeutischen Großhandels (Q2) vom 31.10.1997, 12.06.1998 und 19.06.1998 sowie der Bundesverbände verschiedener Branchen des Groß- und Außenhandels, eingeholt in dem Verfahren LSG NRW L 18 KN 20/94 sowie die dortige Vernehmung des Geschäftsführers der B-Expressdienst und Pharmatransporte GmbH, S X2, als sachverständigen Zeugen).

Dass der Kläger zur Ausübung dieser Tätigkeit in der Lage ist, ergibt sich aus den Feststellungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren wie auch aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P in seinem Gutachten vom 21.01.2003. Danach ist der Kläger noch in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 25 kg im Gehen, Stehen und/oder Sitzen vollschichtig und regelmäßig unter weiterer Berücksichtigung der bereits im Tatbestand skizzierten Leistungseinschränkungen zu verrichten. Auch der Umstand, dass der Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen darauf achten sollte, dass es zu keinem Alkoholkonsum im Zusammenhang mit der Nutzung eines Fahrzeugs kommt, hindert die Kammer nicht daran, den Kläger auf eine Fahr- und Steuertätigkeit zu verweisen. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger nämlich noch in der Lage ist, seinen Alkoholkonsum bewusst zu steuern, kann es ihm - wie jedem anderen Arbeitnehmer auch - zugemutet werden, auf den Genuss alkoholischer Getränke im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung zu verzichten.

Schließlich spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger keine Akkord- und Fließbandarbeiten mehr ausüben sollte, gegen die Verrichtung einer Tätigkeit als Auslieferungsfahrer. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass es gelegentlich bei außergewöhnlichen Verkehrs- oder Witterungsverhältnissen zu einem gewissen Zeitdruck kommen kann. In der Regel ist der Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel einem solchen Zeitdruck jedoch nicht ausgesetzt. Denn die Touren werden von den jeweiligen Arbeitgebern getestet und so geplant, dass die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung eingehalten werden können (vgl. hierzu LSG NRW, Urteil vom 02.03.1999 - Az.: L 18 KN 20/94).

Nachdem der Kläger unter Berücksichtigung des von Frau A und dem Sachverständigen Dr. P attestierten Restleistungsvermögens in der Lage ist, seinen knappschaftlichen Hauptberuf als Maschinist 2 auszuüben, kam im übrigen die Gewährung einer Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau (§ 45 Abs. 2 SGB VI) nicht in Betracht.

Der vom Kläger gestellte Hilfsbeweisantrag auf Anhörung der Ärzte Dres. Q und L war abzulehnen. Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Im SGG ist nicht bestimmt, welche Folgen die verspätete Einzahlung eines verlangten Kostenvorschusses nach Ablauf der hierfür gesetzten Frist hat. Vor diesem Hintergrund sind sachlich ähnliche Regelungen im zivilprozessualen Verfahren heranzuziehen, wie beispielsweise § 379 ZPO, der zumindest seinem Rechtsgedanken nach auch im sozialgerichtlichen Verfahren über die Vorschrift des § 202 SGG anzuwenden ist (hierzu BSG, Urteil vom 23.07.1965 - Az.: 1 RA 243/63). Gleichwohl macht die verspätete Einzahlung eines Kostenvorschusses die Beweisanordnung nicht per se hinfällig. Vielmehr sind die angeordneten Beweise zu erheben, wenn dies ohne eine weitere Verzögerung des Verfahrens möglich ist. Daraus folgt, dass ein Kläger nicht schon durch eine verspätete Vorschusszahlung und die Unmöglichkeit, das Gutachten bis zum Termin beizubringen, seiner Rechte aus § 109 Abs. 1 S. 1 SGG verlustig geht. Er kann - wie hier geschehen - seinen Antrag auf Anhörung des Arztes in der mündlichen Verhandlung wiederholen; dieser Antrag ist dann am Maßstab des § 109 Abs. 2 SGG zu überprüfen (BSG a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabes ergibt sich, dass eine Verzögerung durch Einholung der Gutachten der Dres. Q und L bereits deshalb eingetreten wäre, weil der Rechtsstreit entscheidungsreif war und das Gericht nach Eingang des Gutachtens des Sachverständigen Dr. P dem Kläger gegenüber zu erkennen gegeben hat, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien.

Darüber hinaus ist die vom Gericht gesetzte Frist (16.04.2003) zur Einzahlung des angeforderten Kostenvorschusses in Höhe von 1.7000,00 EUR auch aus grober Nachlässigkeit nicht eingehalten worden. Denn der Kläger hat es verabsäumt, für die OJK Hamm notwendige Angaben zum Verwendungszweck zu unterbreiten. Damit konnte jedoch der Kostenvorschuss nicht fristgerecht verbucht werden und ist nicht derart in den Machtbereich der Landeskasse gelangt, dass eine - nach Maßgabe gesetzlicher Vorschriften - uneingeschränkte Verfügungsmöglichkeit bestanden hat. Eine Entschädigung der von ihm benannten Ärzte hätte nämlich ohne einen zuordnungsfähigen Kostenvorschuss nicht erfolgen können. Diesen Anforderungen musste sich der Kläger - bzw. der von ihm beauftragte Prozessbevollmächtigte - bewusst sein, zumal Angaben zum Verwendungszweck im Zahlungsverkehr zu den üblichen Gepflogenheiten gehören. Hinzu kommt, dass die notwendigen Angaben erst am 24.04.2003 nachgeholt worden sind, so dass der Kostenvorschuss schließlich unter dem 28.04.2003 hat verbucht werden können. Auch der Umstand, dass es sich hierbei um ein sogenanntes "Büroversehen" im Bereich des Prozessbevollmächtigten gehandelt haben mag, kann den Kläger nicht entlasten, weil dieser sich insoweit ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten bzw. der für ihn tätigen Mitarbeiter wird zurechnen lassen müssen (§ 202 SGG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved