Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
9
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 39 VE 25/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 9 VE 7/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.Bei Vorliegen eines Anspruchs auf Berufsschadensausgleich im Rahmen eines Opferentschädigungsanspruchs erfolgt keine Anrechnung einer privaten Unfallrente nach § 8 Abs. 2 BSchaAV.
2.Eine private Unfallrente fällt unter keines der Regelbeispiele des § 8 Abs. 2 BSchAV .
3. Hätte der Gesetzgeber die private Unfallrente mit in die anzurechnenden Einnahmen nach § 8 Abs. 2 BSchAv einbeziehen wollen, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen.
2.Eine private Unfallrente fällt unter keines der Regelbeispiele des § 8 Abs. 2 BSchAV .
3. Hätte der Gesetzgeber die private Unfallrente mit in die anzurechnenden Einnahmen nach § 8 Abs. 2 BSchAv einbeziehen wollen, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. März 2017 und der Bescheid des Beklagten vom 13.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.09.2014 insoweit aufgehoben, als darin die private Unfallversicherung der Klägerin als Einkommen auf den Berufsschadensausgleich angerechnet wurde.
II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen der Neufeststellung der Beschädigtenrente der Klägerin die Anrechnung einer privaten Unfallrente beim Berufsschadensausgleich streitig.
Die 1950 geborene Klägerin ist am Neujahrsmorgen des Jahres 2010 Opfer einer Gewalttat geworden, als ein ihr bis dahin unbekannter Täter sie tätlich angriff und sie mit dem Hinterkopf auf Asphalt stürzte.
Die Klägerin beantragte am 18.03.2010 beim Beklagten die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nach einer Wiedereingliederung war die Klägerin zunächst wieder vollschichtig in ihrem bisherigen Beruf tätig.
Mit Erstanerkennungsbescheid vom 15.12.2011 erkannte der Beklagte bei der Klägerin eine Knochennarbe re. okzipital und im Felsenbein rechts, eine Hörminderung re./Gleichgewichtsstörung/Tinnitus, einen Verlust des Riechvermögens sowie kognitive Leistungseinschränkungen nach Schädelhirntrauma mit einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30 als Folge des Ereignisses vom 01.01.2010 an und lehnte eine besondere berufliche Betroffenheit sowie die Gewährung von Berufsschadensausgleich ab.
Am 29.06.2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Entscheidung vom 12.12.2011 und begehrte rückwirkend ab dem 01.02.2010 bei ihr einen GdS von 40 anzuerkennen. Sie verwies auf einen durch den Landkreis Z ... mit Bescheid vom 11.06.2012 rückwirkend ab dem 01.02.2010 auf 40 erhöhten Grad der Behinderung (GdB). Sie sei seit dem 01.05.2012 nur noch fünf Stunden täglich in ihrem Beruf tätig und erleide erhebliche Einkommenseinbußen.
Am 23.08.2012 beantragte die Klägerin beim Beklagten, bei ihr besondere berufliche Betroffenheit und Berufsschadensausgleich anzuerkennen. Sie schilderte ihren beruflichen Werdegang und begründete den Antrag.
Der Beklagte ermittelte daraufhin hinsichtlich der besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG und der Voraussetzungen für die Gewährung eines Berufsschadensausgleiches nach § 30 Abs. 3 BVG. Die Klägerin erteilte zunächst am 01.08.2012 Auskünfte zu ihrer Ausbildung und ihrem Lebenslauf sowie zu den Folgen der Schädigung in Beruf und Fortkommen, außerdem informierte sie über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Jahr 2012. Danach betrug der monatliche Lohn bis April 2012 brutto 2.602,94 EUR und ab Mai 2012 monatlich brutto 1.690,22 EUR.
Dr. Y ... nahm für den Beklagten am 12.12.2012 versorgungsärztlich Stellung.
Der Beklagte nahm mit Bescheid vom 14.03.2013 den Bescheid vom 15.12.2011 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab dem 01.01.2010 hinsichtlich des GdS von 30 zurück und erkannte ab diesem Zeitpunkt bei gleichbleibenden Gesundheitsstörungen einen GdS von 40 an. Wegen geänderter Verhältnisse (§ 48 SGB X) setzte der Beklagte den Versorgungsanspruch ab dem 01.05.2012 neu fest. Danach erkannte er bei der Klägerin nach § 30 Abs. 1, 2 BVG einen Gesamt-GdS von 50, in welchem eine besondere berufliche Betroffenheit in Höhe von 10 v.H. mitenthalten war. Außerdem erkannte der Beklagte einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich sowie dem Grunde nach auf Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag an. Wegen der Berechnung und Abrechnung der Versorgungsbezüge verwies der Beklagte auf die Anlage. Daraus ergab sich ein Anspruch ab Januar 2010 von 149 EUR, ab Juli 2011 von 170 EUR, ab Mai 2012 von 503 EUR (Grundrente 228 EUR, Ehegattenzuschlag 33 EUR, Berufsschadensausgleich 242 EUR) und ab Juli 2012 von 708 EUR (Grundrente 233 EUR, Ehegattenzuschlag 51 EUR, Berufsschadensausgleich 424 EUR). Die Berechnung des Berufsschadensausgleichs erfolgte auf der Grundlage eines Vergleichseinkommens abgeschlossener Berufsausbildung (Beamtenbesoldung A7).
Der Beklagte erließ am 04.04.2013 einen Bescheid über die Berücksichtigung von Ersatzansprüchen anderer Stellen und die Rentennachzahlung laut Bescheid vom 14.03.2013. Hieraus ergebe sich für die Klägerin einen mögliche Nachzahlung über 7.167 EUR.
Mit Erklärung vom 20.07.2013 über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für den Erhebungszeitraum ab 2013 legte die Klägerin den Rentenbescheid vom 21.06.2013 der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vor. Danach sollte sie ab dem 01.10.2013 Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von 1.007 EUR monatlich ab dem 01.10.2013 beziehen. Ebenfalls mit der Erklärung teilte die Klägerin die Bewilligung einer privaten Unfallrente aus einer Unfallversicherung bei der X ...-Versicherungs-Aktiengesellschaft i.H.v. 990 EUR monatlich mit. Für die Zeit vom 01.01.2010 bis zum 30.04.2013 habe sie eine Nachzahlung des Versicherers in Höhe von 39.600 EUR erhalten (vgl. Schreiben der X ...-Versicherung vom 09.04.2013).
Am 14.11.2013 informierte der Ehemann der Klägerin fernmündlich den Beklagten über eine geringfügige Beschäftigung der Klägerin bei ihrem früheren Arbeitgeber.
Am 13.03.2014 erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Neufeststellungsbescheid unter Aufhebung der bisherigen Entscheidung für die Zeit ab Mai 2012 wegen gesetzlicher Änderungen im Bundesversorgungsgesetz (BVG) und Änderungen bei den zu berücksichtigenden Einkünften. Daraus ergebe sich ein Anspruch ab Mai 2012 auf 228 EUR (Grundrente, kein Ehegattenzuschlag, kein Berufsschadensausgleich) ab Juli 2012 auf 233 EUR (Grundrente, kein Ehegattenzuschlag, kein Berufsschadensausgleich), ab Juli 2013 auf 271 EUR (Grundrente 234 EUR, kein Ehegattenzuschlag und 37 EUR Berufsschadensausgleich) und ab Oktober 2013 auf 469 EUR (Grundrente 234 EUR, kein Ehegattenzuschlag, Berufsschadensausgleich 235 EUR). Für die Zeit von Mai 2012 bis März 2014 stellte der Beklagte eine Überzahlung in Höhe von 8.995 EUR fest. Bei der Einkommensberechnung berücksichtigte der Beklagte die Zahlung aus der privaten Unfallversicherung mit einem monatlichen Betrag von 590 EUR, 581 EUR bzw. 580 EUR als Ruhegehalt bzw. ähnliche Leistungen und eine Stufenzahl nach der Anrechnungs-Verordnung von zusätzlich 78, 74 bzw. 72. Bei dieser Berechnung ergab sich kein Ehegattenzuschlag mehr.
Den hiergegen am 16.04.2014 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass es unzulässig sei, nachträglich die private Unfallrente anzurechnen. Diese sei kein Ruhegehalt und keine diesem ähnliche Leistung.
Mit Schreiben vom 17.04.2014 forderte der Beklagte die Klägerin zur Durchführung des Bescheids vom 13.03.2014 und zur Erstattung eingetretener Überzahlungen in Höhe von 8.995 EUR gem. § 50 Abs. 1 SGB X auf, soweit der Verwaltungsakt aufgehoben worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Berufsschadensausgleich bestimme sich nach § 30 Abs. 3 BVG. Für die Feststellung des Einkommensverlustes nach § 30 Abs. 4 BVG und die Feststellung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 6 und 12 BVG gelte die Berufsschadensausgleich-Verordnung (BSchAV). Welche Einkommensart bei der Feststellung des derzeitigen Einkommens zur Berechnung des Berufsschadensausgleichs zu berücksichtigen sei, richte sich nach § 8 BSchAV. Rentenleistungen aus einer privaten Unfallversicherung hätten grundsätzlich dieselbe Zweckbestimmung wie Verletztenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die private Unfallrente werde damit der gesetzlichen Unfallrente gleichgesetzt und bei der Feststellung des Berufsschadensausgleichs oder Ausgleichsrente als Einkommen gewertet (BMA-Rundschreiben v. 08.10.2002-IV c 2-63053). Der überzahlte Betrag in Höhe von 8.995 EUR sei zu erstatten.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.10.2014 beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben. Der Berufsschadensausgleich sei ohne Berücksichtigung der Zahlungen der X ...-Unfallversicherungsrente zu zahlen. Die Leistungen aus der privaten Unfallversicherung dürften vom Beklagten im Rahmen des Versorgungsanspruchs nicht angerechnet werden. In § 8 Abs. 2 der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) i. d. F. vom 28.6.2011 (BGBl. I 1273, kurz BSchAV [2011]) werde die private Unfallversicherung im Unterschied zu der gesetzlichen Unfallversicherung gerade nicht aufgeführt. Das BMA-Rundschreiben v. 08.10.2002 IV c2-63053 stelle keine zulässige Rechtsgrundlage zur Anrechnung dar.
Mit Urteil vom 09.03.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe der Beklagte die private Unfallversicherung mit berücksichtigt. Durch den Berufsschadensausgleich solle der Einkommensverlust ausgeglichen werden, der durch die schädigungsbedingte Minderung der Arbeitskraft verursacht werde. Diese Art von Einkommensverlust werde verringert durch jedes Einkommen, das auf die Verwendung der Arbeitskraft zurückgeführt werden könne. Eine private Unfallrente dürfe nur insoweit angerechnet werden, als sie Bruttoeinkommen aus früherer unselbstständiger Tätigkeit sei, also auf eine solche Erwerbsquelle zurückgehe. Aus der Regelvermutung des § 8 Abs. 1 Satz 1BSchAV ergebe sich, dass grundsätzlich alle Einkünfte auf den Berufsschadensausgleich anzurechnen seien. Daher sei diese Einkunft bei der Klägerin anzurechnen gewesen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 31.03.2017 zugestellte Urteil hat dieser am 27.04.2017 Berufung beim Sächsischen LSG eingelegt. Nach Ansicht der Klägerin ist nicht die grundsätzliche Gewährung des Berufsschadensausgleichs streitig, sondern lediglich die Höhe des zu gewährenden Berufsschadensausgleichs. Die Anrechnung der privaten Unfallversicherung sei ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Hätte der Gesetzgeber auch die private Unfallversicherung erfassen wollen, hätte er sie in § 8 Abs. 2 BSchAV mit aufgenommen. Es sei unzulässig, das vom Beklagten angewendete BMA-Rundschreiben als Rechtsgrundlage heranzuziehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 09.03.2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13.03.2014, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2014 insoweit aufzuheben, als darin die private Unfallversicherung der Klägerin als Einkommen beim Berufsschadensausgleich angerechnet wurde, sowie die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung und ihre Bescheide für rechtmäßig. Die Anrechnung des Einkommens aus der Rentenzahlung der privaten Unfallversicherung sei zu Recht erfolgt. Dass die Unfallversicherung auf den Namen des Ehemanns abgeschlossen sei, ändere die rechtliche Bewertung nicht. Die private Unfallversicherung diene letztlich dazu, den Lebensunterhalt abzusichern. Damit hätten die privaten Unfallversicherungen die gleiche Zweckbestimmung wie Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Folge, dass die Einkommensanrechnung zu erfolgen habe. Mögliche Ausnahmen des Gesetzes seien nicht einschlägig. Ein Fall des Nachschadens sei nicht gegeben, weil die schädigende Handlung nach dem OEG die Rentenzahlung verursacht habe.
Der Senat hat die Vertragsunterlagen zur privaten Unfallversicherung der Klägerin bei der X ... Versicherung angefordert. Der ursprüngliche Versicherungsvertrag ist im Jahr 1992 abgeschlossen worden. Von Anfang an war die Klägerin neben ihrem Ehemann auch Versicherte. Im Jahr 2009 ist eine Tarifumstellung in den "Tarif 60 aktiv" erfolgt. Mit Datum vom 09.04.2009 hat die private Unfallversicherung der Klägerin und ihrem Ehemann jeweils gesonderte Versicherungsscheine ausgestellt. Bei der Versicherung handelt es sich um keine Direktversicherung. Die Beträge sind nicht vom Arbeitgeber gezahlt worden.
Der Senat lagen die Verwaltungsakte des Beklagten in zwei Bänden, die staatsanwaltlichen Ermittlungsakten zum AZ.und die Gerichtsakte beider Instanzen vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht Dresden (SG) die Klage mit Urteil vom 09.03.2017 abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 13.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2014 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, als der Berufsschadensausgleich unter Berücksichtigung der privaten Unfallrente als Einkommen bewilligt worden ist. Der Beklagte hat zu Unrecht dem hier unstreitigen Vergleichseinkommen der Klägerin ein Bruttoeinkommen unter Hinzurechnung der privaten Unfallrente gegenüber gestellt.
Richtige Klageart ist vorliegend die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialge-richtsgesetz (SGG). Die von der Klägerin gewählte Klageart entspricht ihrem er-kennbaren Klageziel. Sie erstrebt den Erhalt der vorangegangen Bescheide zu ihrem Versorgungsanspruch, zuletzt den vom 14.03.2013. Für das Erreichen dieses Prozesszieles genügt das Erheben einer Anfechtungsklage. Mit dem Aufheben der angefochtenen Entscheidungen kann dem Klageziel vollständig entsprochen werden und auch der Erstattungsbescheid gemäß § 50 Abs. 1 SGB X entfällt.
Die Berufung ist begründet.
I. Rechtsgrundlage ist § 48 Abs. 1 Satz SGB X in Verbindung mit § 30 Abs. 3, 4, 6 und 12 BVG und § 8 Abs. 2 Berufsschadensausgleichverordnung (BSchAV).
Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Ob eine solche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist, bemisst sich im Hinblick auf den Berufsschadensausgleich vorliegend an § 30 Abs. 4, 6 und 12 BVG. Sofern wie im Fall der Klägerin dem Grunde nach Berufsschadensausgleich verlangt werden kann, ergeben sich die Berechnungsmodalitäten aus § 30 Abs. 4 BVG i.V.m § 8 BSchAV.
Der Bescheid vom 13.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.09.2014 war nicht wegen fehlender Anhörung nach § 24 SGB X rechtswidrig, da gem. § 24 SGB Abs. 2 Nr. 5 SGB X einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen (vgl. LSG BW, Urteil v. 13.05.2005 -L 8 VG 1018/04- juris). Bei der Zahlung des Berufsschadensausgleichs handelt es sich um eine derartige einkommensabhängige Leistung.
Die ab 01.07.2011 geltende Neuordnung des Berufsschadensausgleichs (vgl. Gesetz zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften vom 20.06.2011, BGBl. I S. 1114), insbesondere die grundlegend reformierte Vorschriften des § 30 Abs. 5 BVG und der neugefassten Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 bis 12 und des § 40 a Abs. 1 und 5 des BVG –BSchAV – v. 28.06.2011 (BGBl. I S. 1273) gelten nur für solche Fälle, in denen erstmalig nach dem 30.06.2011 ein Berufsschadensausgleich beantragt worden ist. Maßgeblich ist damit im Fall der Klägerin die neue Verordnung zum Berufsscha-densausgleich, da der Antrag der Klägerin auf die Gewährung von Berufsscha-densausgleich am 23.08.2012 beim Beklagten ausdrücklich gestellt worden ist, sofern man nicht ohnehin ihren Antrag vom 29.06.2012 bereits als Antrag auf Berufsschadensausgleich auslegt. Der Antrag ist damit nach dem 30.06.2011 gestellt. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 der aufgrund des § 30 Abs. 14 BVG erlassenen Berufs-schadensausgleichsverordnung (BSchAV – hier: BSchAV [2011]) gelten als derzeitiges Bruttoeinkommen alle Einnahmen im Geld oder Geldeswert aus einer früheren oder gegenwärtigen unselbständigen Tätigkeit, soweit in § 30 Abs. 11 Satz 1 (Nachschadensregelung) und § 64 c Abs. 2 Satz 2 und 3 BVG sowie in § 9 BSchAV nichts anderes bestimmt ist. Die Anrechnung ist nicht gemäß § 8 Abs. 1 BSchAV i.V.m. § 9 BSchAV bereits ausdrücklich ausgeschlossen. Gemäß § 9 BSchAV (2011) sind insbesondere die in § 2 Abs. 1 Ausgleichsrentenverordnung (AusglV) genannten Einkünfte sowie Sonderzahlungen (Weihnachts- und Neujahrsgratifikationen, Urlaubsgeld) nicht zu berücksichtigen. Die private Unfallversicherung ist hier jedoch gerade nicht mit aufgeführt. Soweit unter § 2 Abs. 1 Nr. 11 der in § 9 Abs. 1 Satz 1 BSchAV in Bezug genommenen Ausgleichsverordnung (2011) u. a. "Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung" von der Anrechnung beim derzeitigen Bruttoeinkommen im Sinne von § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG ausgenommen sind, erfasst dies nach dem systematischen Regelungszusammenhang nicht Bezüge aus privaten Unfallversicherungen i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 6 BSchAV (2011), die als spezialgesetzliche Regelung jedenfalls insoweit vorgeht, als die Unfallrente auf dasselbe schädigende Ereignis zurückgeht wie die Versorgungsansprüche nach dem BVG. Das ist hier zu bejahen, weil die Leistungen von beiden Trägern – des Beklagten und der privaten Unfallversicherung – auf dasselbe Schadensereignis vom 01.01.2010 zurückzuführen sind. Aus § 9 BSchAV (2011) ergibt sich daher für den vorliegenden Fall keine direkt oder entsprechend anwendbare Ausnahmevorschrift zum Anrechnungsgebot des § 8 Abs. 1 BSchAV (2011). Auch ein sog. Nachschaden kommt nicht in Betracht.
Der Bezug der privaten Unfallversicherungsrente vermehrt das derzeitige Brutto-einkommen der Klägerin im Sinne von § 30 Abs. 4 BVG i. V. m. § 8 BSchAV (2011) und ist daher grundsätzlich geeignet, den Anspruch auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 BVG zu mindern. Allerdings fällt die private Unfallrente unter keines der Regelbeispiele des § 8 Abs. 2 BSchAV. In § 8 Abs. 2 BSchAV sind enumerativ Formen von Einnahmen genannt, die bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs berücksichtigt und damit angerechnet werden sollen. Hierunter zählt der Gesetzgeber in Nr. 1 Wartegelder, Ruhegelder und andere Vorteile aus Dienstleistungen, in Nr. 2 Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, in Nr. 3 Einnahmen aus Vermögen, das Beschädigte mit Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit geschaffen haben, um sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern, in Nr. 4 laufende Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, in Nr. 5 die Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung , in Nr. 6 Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung und Renten aufgrund von Schadensersatzansprüchen wegen entgangenen Arbeitsverdienstes, in Nr. 7 die Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz wegen eines Schadens im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen und in Nr. 8 wiederkehrende Leistungen aufgrund des Gesetzes zur Regelung des der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes.
Bei der privaten Unfallrente handelt es sich nicht um Warte- oder Ruhegelder oder andere Vorteile aus Dienstleistungen (Nr.1). Hierunter fällt beispielsweise die Berufsunfähigkeitszusatzrente (BUZ), für die die Beiträge im Rahmen einer Direktversicherung vom Arbeitgeber durch Prämienzahlung gegenüber der Versicherung geleistet worden sind. Damit besteht auch der erforderliche Zusammenhang zur früheren Erwerbstätigkeit (LSG BW, Urteil v. 13.12.2012 -L 6 VK 1701/12- Rn. 26, juris). Hierbei handelt es sich um andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen. Vorliegend fehlt jedoch ein entsprechender Bezug zur früheren Erwerbstätigkeit, es handelte sich um keine Direktversicherung. Die ursprüngliche Begründung des Beklagten im Bescheid vom 13.03.2014, wonach es sich um anzurechnendes Ruhegehalt handele, hat der Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid 08.09.2014 nicht mehr weiter verfolgt.
Bei der privaten Unfallrente handelt es sich jedenfalls um keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne der Nr. 2 des § 8 Abs. 2 BSchAV.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 BSchAV gehören zu den Einnahmen aus früherer unselbständiger und selbstständiger Tätigkeit insbesondere Einnahmen aus Vermögen, das Beschädigte mit Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit geschaffen haben, um sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern. Die Klägerin ist von dieser Regelung nicht bereits ausgenommen, weil ihr Ehemann Versicherungsnehmer der X ...-Unfallversicherung war und nicht sie. Denn die Klägerin war selbst ausdrücklich mit eigenem Formular Versicherte und damit auch bezugsberechtigt. Die Klägerin hat damit aus dem Versicherungsvertrag einen eigenen Vermögensanspruch erworben, der sich im Bescheid des Versicherers vom 09.04.2013 auch realisierte. Zwar handelt es sich bei den wiederkehrenden Einnahmen der Klägerin, die sie von der X ...-Unfallversicherung in Höhe von 990 EUR monatlich bezieht, um Einnahmen aus Vermögen aus unselbstständiger Tätigkeit, jedoch ist der Zweck der privaten Unfallversicherung keinesfalls, sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern. Insoweit weicht der vorliegende Fall von einer Zusatzrente wegen Berufsunfähigkeit ab, wie sie vom BSG (BSG, Urteil v. 04.10.1984 -9a RV 16/83-; so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 13.12.2012 -L 6 VK 1701/12- juris) als anzurechnende Einnahme im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 3 BSchAV n. F. (§ 9 Abs. 2 Nr. 3 BSchAV a.F.) für eine Zusatzrente zu einer Iduna-Lebensversicherung (BSG, a.a.O.) bzw. einer monatlich garantierten Berufsunfähigkeitszusatzrente (BUZ) bei der. H ... Versicherungs-AG gewertet worden ist. Denn Vertragsgegenstand einer privaten Unfallversicherung ist die Leistung unabhängig von einem etwaigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im Fall einer bestimmten versicherten Invalidität für ein mit der Invalidität verbundenes Risiko. Die private Unfallversicherung knüpft nicht an eine Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben an. Nur so können auch bspw. nicht Erwerbstätige und/oder Kinder Berechtigte einer privaten Unfallversicherung sein.
Die private Unfallversicherung fällt auch nicht unter die Nummern vier und fünf.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6 BSchAV zählen zu den Einnahmen aus früherer unselbstständiger oder selbstständiger Tätigkeit insbesondere Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung und Renten aufgrund von Schadensersatzansprüchen wegen entgangenen Arbeitsverdienstes. Die private Unfallversicherung fällt nicht hierunter, auch wenn der Gesetzgeber mit der Formulierung in § 8 Abs. 2 Satz 1 BSchAV "insbesondere" lediglich Regelbeispiele aufgeführt hat, diese jedoch damit nicht abschließend geregelt hat. Vom Wortlaut her fällt die private Unfallversicherung nicht unter die gesetzliche Unfallversicherung und auch nicht unter das weitere Beispiel in Nr. 6.
Auch aus der Entstehungsgeschichte lässt sich nicht erkennen, dass die privaten Unfallversicherungen mit unter Nr. 6 wie die gesetzlichen Unfallversicherungen fallen könnten. Der Berufsschadensausgleich ist im Jahr 1960 eingeführt worden (Dau in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 30 BVG, Rn. 15, 22). Es zeigte sich in dieser Zeit, dass zwar – nicht zuletzt durch Rehabilitationsmaßnahmen nach dem BVG – die Mehrzahl der Beschädigten des Zweiten Weltkriegs trotz ihrer Schädigungsfolgen in die Wirtschaft integriert war, dies bei vielen aber nicht oder nur unzulänglich gelungen war. Man versuchte, die wirtschaftlichen Einbußen dieser Beschädigten auszugleichen. Der Berufsschadensausgleich wurde zunächst für Berufsunfähige und Schwerbeschädigte gezahlt, später auf alle rentenberechtigten Beschädigten ausgedehnt. Da der Anspruch auf Berufsschadensausgleich einen beruflichen Schaden ausgleichen soll, ist zur Ermittlung des Schadens zunächst das derzeitige Einkommen festzustellen. In diesem Zusammenhang erfolgen Anrechnungen auf das Einkommen. Auch vom Gesetzeszweck her lässt sich eine Einbeziehung der privaten Unfall-versicherung in die anzurechnenden Einnahmen nach § 8 BSchAV nicht begründen. Maßgeblich für das Verständnis einer Rechtsvorschrift ist der in ihrem Wortlaut zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetz- oder Verordnungsgebers, das heißt die ratio legis oder der Sinn und Zweck der Vorschrift, so dass der teleologischen, am Normzweck ausgerichteten Auslegung wesentliches Gewicht zukommt (BSG, Urt. v. 04.12.2001 -B 2 U 37/00 R- Rn. 31, juris). Durch den Berufsschadensausgleich soll der Einkommensverlust ausglichen werden, der durch schädigungsbedingte Minderung der Arbeitskraft verursacht wurde (st Rspr. vgl. BSG, Urteil v. 29.10.1980, 9 RV 6/80, Rn. 28, juris). Diese Art von Einkommensverlust wird verringert durch jedes Einkommen, das auf die Verwendung der Arbeitskraft zurückgeführt werden kann. Der Einkommensverlust vermindert sich aber nicht durch Einkünfte, die nicht aus dem Einsatz der Arbeitskraft stammen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 23.03.2005, L 4 VS 8/04, Rn. 23, juris). Diese Einkünfte stehen mit der Schädigung nicht in Zusammenhang. Der Berufsschadensausgleich soll möglichst individuell und konkret eine wirtschaftlichen Schaden ausgleichen, den der Schwerbeschädigte dadurch erlitten hat, dass er in dem ohne die Schädigung wahrscheinlich ausgeübten Beruf in Auswirkung der Schädigungsfolgen nicht oder nicht voll erwerbstätig sein kann (BSG, Urt. v. 23.11.1977 -9 RV 12/77- Rn. 16 ff., juris). Eine private Unfallversicherung soll dauerhafte körperliche oder geistige Beeinträchtigungen, die ein Unfall nach sich zieht, absichern. Die Absicherung erfolgt in der Regel in Form einer einmaligen Kapitalzahlung und/oder als lebenslange Rente (Die Versicherer, Verbraucherportal des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft: http://www.dieversicherer.de). Die private Unfallversicherung steht nicht im Zusammenhang mit der früheren Erwerbstätigkeit der Klägerin. Während eine private Unfallversicherung die Personen unabhängig von einer Berufstätigkeit gegen das Risiko eines Unfalls absichert, ist bei der gesetzlichen Unfallversicherung der Bezug zur gesetzlich versicherten Tätigkeit Voraussetzung eines Anspruchs auf Unfallrente oder sonstige Versichertenleistungen. Auch die Versichertendefinition unterscheidet sich grundsätzlich. Während Versicherte einer privaten Unfallversicherung auch Kinder, Senioren, sonstige Nicht-Berufstätige sein können, können nach § 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) nur Beschäftigte (Nr. 1), Lernende (Nr. 2) sowie die anderen festgelegten Personen der Nr. 3-17 die Versicherteneigenschaft besitzen. Auch kann eine private Unfallversicherung Risiken abdecken, die von der gesetzlichen Versicherung ausgenommen sind. Dazu zählen insbesondere Unfälle in der Freizeit, zu Hause oder beim Sport. Aus den in § 8 Abs. 2 BSchAV enumerativ aufgeführten Regelbeispielen wird erkennbar, dass der Gesetzgeber jeweils nur Einnahmen berücksichtigt wissen will, die einerseits in Bezug zur Beschäftigung standen/stehen, und andererseits jeweils gesetzliche Leistungen sind, nicht jedoch private. Hätte der Gesetzgeber die private Unfallversicherung an dieser Stelle berücksichtigen wollen, ohne dass noch spezielle Zusatzvoraussetzungen gegeben sein müssten, dann würde dies einen Systembruch darstellen und hätte sicherlich ausdrücklich erwähnt werden müssen, zumal der Gesetzgeber nur die gesetzliche Unfallversicherung nennt und gerade nicht die private. Dass der Gesetzgeber, der die gesetzliche Unfallversicherung aufführt, die private übersieht, davon ist nicht auszugehen.
Eine Einbeziehung der privaten Unfallversicherung in die anzurechnenden Einnahmen ergibt sich auch nicht aus dem vom Beklagten zugrunde gelegten Rundschreiben des BMA aus dem Jahr 2002. In dem Rundschreiben des BMA v. 08.10.2002 –IV c 2-63053- heißt es in Abs. 2: "Rentenleistungen aus einer privaten Unfallversicherung haben grundsätzlich die gleiche Zweckbestimmung wie Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie schützen versicherte Personen gegen das Risiko, nach einem Unfall wirtschaftliche Nachteile hinnehmen zu müssen. Zum einen können diese dadurch entstehen, dass der Betroffene seinen Beruf nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang ausüben kann. Zum anderen aber können sie sich aus den durch den Unfall bedingten Mehraufwendungen ergeben. Deshalb bitte ich bei der Feststellung von Berufsschadensausgleich, Schadensausgleich und Ausgleichsrente auch von Renten aus einer privaten Unfallversicherung in entsprechender Anwendung meines o.g. Rundschreibens einen Betrag in Höhe der entsprechenden Grundrente nach dem BVG abzusetzen."
Wie der Beklagte allerdings bereits zutreffend eingeräumt hat, binden BMAS-Rundschreiben zwar die Verwaltung aber keinesfalls die Gerichte. Ministerielle Rundschreiben und ähnliche behördliche Meinungsäußerungen haben keine Bindungswirkung für die Gerichte aufgrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes aus Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG).
Nach alledem hatte die Berufung Erfolg und das Urteil des SG war aufzuheben und der Klage stattzugeben, denn eine wesentliche Änderung ist durch die Zahlung der privaten Unfallrente nicht eingetreten, so dass der ursprüngliche Verwaltungsakt vom 14.03.2013 nicht rechtswidrig geworden ist. Die Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X entfällt.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
III. Die Revision war zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen der Neufeststellung der Beschädigtenrente der Klägerin die Anrechnung einer privaten Unfallrente beim Berufsschadensausgleich streitig.
Die 1950 geborene Klägerin ist am Neujahrsmorgen des Jahres 2010 Opfer einer Gewalttat geworden, als ein ihr bis dahin unbekannter Täter sie tätlich angriff und sie mit dem Hinterkopf auf Asphalt stürzte.
Die Klägerin beantragte am 18.03.2010 beim Beklagten die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nach einer Wiedereingliederung war die Klägerin zunächst wieder vollschichtig in ihrem bisherigen Beruf tätig.
Mit Erstanerkennungsbescheid vom 15.12.2011 erkannte der Beklagte bei der Klägerin eine Knochennarbe re. okzipital und im Felsenbein rechts, eine Hörminderung re./Gleichgewichtsstörung/Tinnitus, einen Verlust des Riechvermögens sowie kognitive Leistungseinschränkungen nach Schädelhirntrauma mit einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30 als Folge des Ereignisses vom 01.01.2010 an und lehnte eine besondere berufliche Betroffenheit sowie die Gewährung von Berufsschadensausgleich ab.
Am 29.06.2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Entscheidung vom 12.12.2011 und begehrte rückwirkend ab dem 01.02.2010 bei ihr einen GdS von 40 anzuerkennen. Sie verwies auf einen durch den Landkreis Z ... mit Bescheid vom 11.06.2012 rückwirkend ab dem 01.02.2010 auf 40 erhöhten Grad der Behinderung (GdB). Sie sei seit dem 01.05.2012 nur noch fünf Stunden täglich in ihrem Beruf tätig und erleide erhebliche Einkommenseinbußen.
Am 23.08.2012 beantragte die Klägerin beim Beklagten, bei ihr besondere berufliche Betroffenheit und Berufsschadensausgleich anzuerkennen. Sie schilderte ihren beruflichen Werdegang und begründete den Antrag.
Der Beklagte ermittelte daraufhin hinsichtlich der besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG und der Voraussetzungen für die Gewährung eines Berufsschadensausgleiches nach § 30 Abs. 3 BVG. Die Klägerin erteilte zunächst am 01.08.2012 Auskünfte zu ihrer Ausbildung und ihrem Lebenslauf sowie zu den Folgen der Schädigung in Beruf und Fortkommen, außerdem informierte sie über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Jahr 2012. Danach betrug der monatliche Lohn bis April 2012 brutto 2.602,94 EUR und ab Mai 2012 monatlich brutto 1.690,22 EUR.
Dr. Y ... nahm für den Beklagten am 12.12.2012 versorgungsärztlich Stellung.
Der Beklagte nahm mit Bescheid vom 14.03.2013 den Bescheid vom 15.12.2011 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab dem 01.01.2010 hinsichtlich des GdS von 30 zurück und erkannte ab diesem Zeitpunkt bei gleichbleibenden Gesundheitsstörungen einen GdS von 40 an. Wegen geänderter Verhältnisse (§ 48 SGB X) setzte der Beklagte den Versorgungsanspruch ab dem 01.05.2012 neu fest. Danach erkannte er bei der Klägerin nach § 30 Abs. 1, 2 BVG einen Gesamt-GdS von 50, in welchem eine besondere berufliche Betroffenheit in Höhe von 10 v.H. mitenthalten war. Außerdem erkannte der Beklagte einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich sowie dem Grunde nach auf Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag an. Wegen der Berechnung und Abrechnung der Versorgungsbezüge verwies der Beklagte auf die Anlage. Daraus ergab sich ein Anspruch ab Januar 2010 von 149 EUR, ab Juli 2011 von 170 EUR, ab Mai 2012 von 503 EUR (Grundrente 228 EUR, Ehegattenzuschlag 33 EUR, Berufsschadensausgleich 242 EUR) und ab Juli 2012 von 708 EUR (Grundrente 233 EUR, Ehegattenzuschlag 51 EUR, Berufsschadensausgleich 424 EUR). Die Berechnung des Berufsschadensausgleichs erfolgte auf der Grundlage eines Vergleichseinkommens abgeschlossener Berufsausbildung (Beamtenbesoldung A7).
Der Beklagte erließ am 04.04.2013 einen Bescheid über die Berücksichtigung von Ersatzansprüchen anderer Stellen und die Rentennachzahlung laut Bescheid vom 14.03.2013. Hieraus ergebe sich für die Klägerin einen mögliche Nachzahlung über 7.167 EUR.
Mit Erklärung vom 20.07.2013 über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für den Erhebungszeitraum ab 2013 legte die Klägerin den Rentenbescheid vom 21.06.2013 der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vor. Danach sollte sie ab dem 01.10.2013 Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von 1.007 EUR monatlich ab dem 01.10.2013 beziehen. Ebenfalls mit der Erklärung teilte die Klägerin die Bewilligung einer privaten Unfallrente aus einer Unfallversicherung bei der X ...-Versicherungs-Aktiengesellschaft i.H.v. 990 EUR monatlich mit. Für die Zeit vom 01.01.2010 bis zum 30.04.2013 habe sie eine Nachzahlung des Versicherers in Höhe von 39.600 EUR erhalten (vgl. Schreiben der X ...-Versicherung vom 09.04.2013).
Am 14.11.2013 informierte der Ehemann der Klägerin fernmündlich den Beklagten über eine geringfügige Beschäftigung der Klägerin bei ihrem früheren Arbeitgeber.
Am 13.03.2014 erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Neufeststellungsbescheid unter Aufhebung der bisherigen Entscheidung für die Zeit ab Mai 2012 wegen gesetzlicher Änderungen im Bundesversorgungsgesetz (BVG) und Änderungen bei den zu berücksichtigenden Einkünften. Daraus ergebe sich ein Anspruch ab Mai 2012 auf 228 EUR (Grundrente, kein Ehegattenzuschlag, kein Berufsschadensausgleich) ab Juli 2012 auf 233 EUR (Grundrente, kein Ehegattenzuschlag, kein Berufsschadensausgleich), ab Juli 2013 auf 271 EUR (Grundrente 234 EUR, kein Ehegattenzuschlag und 37 EUR Berufsschadensausgleich) und ab Oktober 2013 auf 469 EUR (Grundrente 234 EUR, kein Ehegattenzuschlag, Berufsschadensausgleich 235 EUR). Für die Zeit von Mai 2012 bis März 2014 stellte der Beklagte eine Überzahlung in Höhe von 8.995 EUR fest. Bei der Einkommensberechnung berücksichtigte der Beklagte die Zahlung aus der privaten Unfallversicherung mit einem monatlichen Betrag von 590 EUR, 581 EUR bzw. 580 EUR als Ruhegehalt bzw. ähnliche Leistungen und eine Stufenzahl nach der Anrechnungs-Verordnung von zusätzlich 78, 74 bzw. 72. Bei dieser Berechnung ergab sich kein Ehegattenzuschlag mehr.
Den hiergegen am 16.04.2014 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass es unzulässig sei, nachträglich die private Unfallrente anzurechnen. Diese sei kein Ruhegehalt und keine diesem ähnliche Leistung.
Mit Schreiben vom 17.04.2014 forderte der Beklagte die Klägerin zur Durchführung des Bescheids vom 13.03.2014 und zur Erstattung eingetretener Überzahlungen in Höhe von 8.995 EUR gem. § 50 Abs. 1 SGB X auf, soweit der Verwaltungsakt aufgehoben worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Berufsschadensausgleich bestimme sich nach § 30 Abs. 3 BVG. Für die Feststellung des Einkommensverlustes nach § 30 Abs. 4 BVG und die Feststellung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 6 und 12 BVG gelte die Berufsschadensausgleich-Verordnung (BSchAV). Welche Einkommensart bei der Feststellung des derzeitigen Einkommens zur Berechnung des Berufsschadensausgleichs zu berücksichtigen sei, richte sich nach § 8 BSchAV. Rentenleistungen aus einer privaten Unfallversicherung hätten grundsätzlich dieselbe Zweckbestimmung wie Verletztenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die private Unfallrente werde damit der gesetzlichen Unfallrente gleichgesetzt und bei der Feststellung des Berufsschadensausgleichs oder Ausgleichsrente als Einkommen gewertet (BMA-Rundschreiben v. 08.10.2002-IV c 2-63053). Der überzahlte Betrag in Höhe von 8.995 EUR sei zu erstatten.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.10.2014 beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben. Der Berufsschadensausgleich sei ohne Berücksichtigung der Zahlungen der X ...-Unfallversicherungsrente zu zahlen. Die Leistungen aus der privaten Unfallversicherung dürften vom Beklagten im Rahmen des Versorgungsanspruchs nicht angerechnet werden. In § 8 Abs. 2 der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) i. d. F. vom 28.6.2011 (BGBl. I 1273, kurz BSchAV [2011]) werde die private Unfallversicherung im Unterschied zu der gesetzlichen Unfallversicherung gerade nicht aufgeführt. Das BMA-Rundschreiben v. 08.10.2002 IV c2-63053 stelle keine zulässige Rechtsgrundlage zur Anrechnung dar.
Mit Urteil vom 09.03.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe der Beklagte die private Unfallversicherung mit berücksichtigt. Durch den Berufsschadensausgleich solle der Einkommensverlust ausgeglichen werden, der durch die schädigungsbedingte Minderung der Arbeitskraft verursacht werde. Diese Art von Einkommensverlust werde verringert durch jedes Einkommen, das auf die Verwendung der Arbeitskraft zurückgeführt werden könne. Eine private Unfallrente dürfe nur insoweit angerechnet werden, als sie Bruttoeinkommen aus früherer unselbstständiger Tätigkeit sei, also auf eine solche Erwerbsquelle zurückgehe. Aus der Regelvermutung des § 8 Abs. 1 Satz 1BSchAV ergebe sich, dass grundsätzlich alle Einkünfte auf den Berufsschadensausgleich anzurechnen seien. Daher sei diese Einkunft bei der Klägerin anzurechnen gewesen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 31.03.2017 zugestellte Urteil hat dieser am 27.04.2017 Berufung beim Sächsischen LSG eingelegt. Nach Ansicht der Klägerin ist nicht die grundsätzliche Gewährung des Berufsschadensausgleichs streitig, sondern lediglich die Höhe des zu gewährenden Berufsschadensausgleichs. Die Anrechnung der privaten Unfallversicherung sei ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Hätte der Gesetzgeber auch die private Unfallversicherung erfassen wollen, hätte er sie in § 8 Abs. 2 BSchAV mit aufgenommen. Es sei unzulässig, das vom Beklagten angewendete BMA-Rundschreiben als Rechtsgrundlage heranzuziehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 09.03.2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13.03.2014, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2014 insoweit aufzuheben, als darin die private Unfallversicherung der Klägerin als Einkommen beim Berufsschadensausgleich angerechnet wurde, sowie die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung und ihre Bescheide für rechtmäßig. Die Anrechnung des Einkommens aus der Rentenzahlung der privaten Unfallversicherung sei zu Recht erfolgt. Dass die Unfallversicherung auf den Namen des Ehemanns abgeschlossen sei, ändere die rechtliche Bewertung nicht. Die private Unfallversicherung diene letztlich dazu, den Lebensunterhalt abzusichern. Damit hätten die privaten Unfallversicherungen die gleiche Zweckbestimmung wie Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Folge, dass die Einkommensanrechnung zu erfolgen habe. Mögliche Ausnahmen des Gesetzes seien nicht einschlägig. Ein Fall des Nachschadens sei nicht gegeben, weil die schädigende Handlung nach dem OEG die Rentenzahlung verursacht habe.
Der Senat hat die Vertragsunterlagen zur privaten Unfallversicherung der Klägerin bei der X ... Versicherung angefordert. Der ursprüngliche Versicherungsvertrag ist im Jahr 1992 abgeschlossen worden. Von Anfang an war die Klägerin neben ihrem Ehemann auch Versicherte. Im Jahr 2009 ist eine Tarifumstellung in den "Tarif 60 aktiv" erfolgt. Mit Datum vom 09.04.2009 hat die private Unfallversicherung der Klägerin und ihrem Ehemann jeweils gesonderte Versicherungsscheine ausgestellt. Bei der Versicherung handelt es sich um keine Direktversicherung. Die Beträge sind nicht vom Arbeitgeber gezahlt worden.
Der Senat lagen die Verwaltungsakte des Beklagten in zwei Bänden, die staatsanwaltlichen Ermittlungsakten zum AZ.und die Gerichtsakte beider Instanzen vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht Dresden (SG) die Klage mit Urteil vom 09.03.2017 abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 13.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2014 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, als der Berufsschadensausgleich unter Berücksichtigung der privaten Unfallrente als Einkommen bewilligt worden ist. Der Beklagte hat zu Unrecht dem hier unstreitigen Vergleichseinkommen der Klägerin ein Bruttoeinkommen unter Hinzurechnung der privaten Unfallrente gegenüber gestellt.
Richtige Klageart ist vorliegend die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialge-richtsgesetz (SGG). Die von der Klägerin gewählte Klageart entspricht ihrem er-kennbaren Klageziel. Sie erstrebt den Erhalt der vorangegangen Bescheide zu ihrem Versorgungsanspruch, zuletzt den vom 14.03.2013. Für das Erreichen dieses Prozesszieles genügt das Erheben einer Anfechtungsklage. Mit dem Aufheben der angefochtenen Entscheidungen kann dem Klageziel vollständig entsprochen werden und auch der Erstattungsbescheid gemäß § 50 Abs. 1 SGB X entfällt.
Die Berufung ist begründet.
I. Rechtsgrundlage ist § 48 Abs. 1 Satz SGB X in Verbindung mit § 30 Abs. 3, 4, 6 und 12 BVG und § 8 Abs. 2 Berufsschadensausgleichverordnung (BSchAV).
Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Ob eine solche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist, bemisst sich im Hinblick auf den Berufsschadensausgleich vorliegend an § 30 Abs. 4, 6 und 12 BVG. Sofern wie im Fall der Klägerin dem Grunde nach Berufsschadensausgleich verlangt werden kann, ergeben sich die Berechnungsmodalitäten aus § 30 Abs. 4 BVG i.V.m § 8 BSchAV.
Der Bescheid vom 13.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.09.2014 war nicht wegen fehlender Anhörung nach § 24 SGB X rechtswidrig, da gem. § 24 SGB Abs. 2 Nr. 5 SGB X einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen (vgl. LSG BW, Urteil v. 13.05.2005 -L 8 VG 1018/04- juris). Bei der Zahlung des Berufsschadensausgleichs handelt es sich um eine derartige einkommensabhängige Leistung.
Die ab 01.07.2011 geltende Neuordnung des Berufsschadensausgleichs (vgl. Gesetz zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften vom 20.06.2011, BGBl. I S. 1114), insbesondere die grundlegend reformierte Vorschriften des § 30 Abs. 5 BVG und der neugefassten Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 bis 12 und des § 40 a Abs. 1 und 5 des BVG –BSchAV – v. 28.06.2011 (BGBl. I S. 1273) gelten nur für solche Fälle, in denen erstmalig nach dem 30.06.2011 ein Berufsschadensausgleich beantragt worden ist. Maßgeblich ist damit im Fall der Klägerin die neue Verordnung zum Berufsscha-densausgleich, da der Antrag der Klägerin auf die Gewährung von Berufsscha-densausgleich am 23.08.2012 beim Beklagten ausdrücklich gestellt worden ist, sofern man nicht ohnehin ihren Antrag vom 29.06.2012 bereits als Antrag auf Berufsschadensausgleich auslegt. Der Antrag ist damit nach dem 30.06.2011 gestellt. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 der aufgrund des § 30 Abs. 14 BVG erlassenen Berufs-schadensausgleichsverordnung (BSchAV – hier: BSchAV [2011]) gelten als derzeitiges Bruttoeinkommen alle Einnahmen im Geld oder Geldeswert aus einer früheren oder gegenwärtigen unselbständigen Tätigkeit, soweit in § 30 Abs. 11 Satz 1 (Nachschadensregelung) und § 64 c Abs. 2 Satz 2 und 3 BVG sowie in § 9 BSchAV nichts anderes bestimmt ist. Die Anrechnung ist nicht gemäß § 8 Abs. 1 BSchAV i.V.m. § 9 BSchAV bereits ausdrücklich ausgeschlossen. Gemäß § 9 BSchAV (2011) sind insbesondere die in § 2 Abs. 1 Ausgleichsrentenverordnung (AusglV) genannten Einkünfte sowie Sonderzahlungen (Weihnachts- und Neujahrsgratifikationen, Urlaubsgeld) nicht zu berücksichtigen. Die private Unfallversicherung ist hier jedoch gerade nicht mit aufgeführt. Soweit unter § 2 Abs. 1 Nr. 11 der in § 9 Abs. 1 Satz 1 BSchAV in Bezug genommenen Ausgleichsverordnung (2011) u. a. "Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung" von der Anrechnung beim derzeitigen Bruttoeinkommen im Sinne von § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG ausgenommen sind, erfasst dies nach dem systematischen Regelungszusammenhang nicht Bezüge aus privaten Unfallversicherungen i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 6 BSchAV (2011), die als spezialgesetzliche Regelung jedenfalls insoweit vorgeht, als die Unfallrente auf dasselbe schädigende Ereignis zurückgeht wie die Versorgungsansprüche nach dem BVG. Das ist hier zu bejahen, weil die Leistungen von beiden Trägern – des Beklagten und der privaten Unfallversicherung – auf dasselbe Schadensereignis vom 01.01.2010 zurückzuführen sind. Aus § 9 BSchAV (2011) ergibt sich daher für den vorliegenden Fall keine direkt oder entsprechend anwendbare Ausnahmevorschrift zum Anrechnungsgebot des § 8 Abs. 1 BSchAV (2011). Auch ein sog. Nachschaden kommt nicht in Betracht.
Der Bezug der privaten Unfallversicherungsrente vermehrt das derzeitige Brutto-einkommen der Klägerin im Sinne von § 30 Abs. 4 BVG i. V. m. § 8 BSchAV (2011) und ist daher grundsätzlich geeignet, den Anspruch auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 BVG zu mindern. Allerdings fällt die private Unfallrente unter keines der Regelbeispiele des § 8 Abs. 2 BSchAV. In § 8 Abs. 2 BSchAV sind enumerativ Formen von Einnahmen genannt, die bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs berücksichtigt und damit angerechnet werden sollen. Hierunter zählt der Gesetzgeber in Nr. 1 Wartegelder, Ruhegelder und andere Vorteile aus Dienstleistungen, in Nr. 2 Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, in Nr. 3 Einnahmen aus Vermögen, das Beschädigte mit Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit geschaffen haben, um sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern, in Nr. 4 laufende Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, in Nr. 5 die Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung , in Nr. 6 Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung und Renten aufgrund von Schadensersatzansprüchen wegen entgangenen Arbeitsverdienstes, in Nr. 7 die Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz wegen eines Schadens im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen und in Nr. 8 wiederkehrende Leistungen aufgrund des Gesetzes zur Regelung des der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes.
Bei der privaten Unfallrente handelt es sich nicht um Warte- oder Ruhegelder oder andere Vorteile aus Dienstleistungen (Nr.1). Hierunter fällt beispielsweise die Berufsunfähigkeitszusatzrente (BUZ), für die die Beiträge im Rahmen einer Direktversicherung vom Arbeitgeber durch Prämienzahlung gegenüber der Versicherung geleistet worden sind. Damit besteht auch der erforderliche Zusammenhang zur früheren Erwerbstätigkeit (LSG BW, Urteil v. 13.12.2012 -L 6 VK 1701/12- Rn. 26, juris). Hierbei handelt es sich um andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen. Vorliegend fehlt jedoch ein entsprechender Bezug zur früheren Erwerbstätigkeit, es handelte sich um keine Direktversicherung. Die ursprüngliche Begründung des Beklagten im Bescheid vom 13.03.2014, wonach es sich um anzurechnendes Ruhegehalt handele, hat der Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid 08.09.2014 nicht mehr weiter verfolgt.
Bei der privaten Unfallrente handelt es sich jedenfalls um keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne der Nr. 2 des § 8 Abs. 2 BSchAV.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 BSchAV gehören zu den Einnahmen aus früherer unselbständiger und selbstständiger Tätigkeit insbesondere Einnahmen aus Vermögen, das Beschädigte mit Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit geschaffen haben, um sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern. Die Klägerin ist von dieser Regelung nicht bereits ausgenommen, weil ihr Ehemann Versicherungsnehmer der X ...-Unfallversicherung war und nicht sie. Denn die Klägerin war selbst ausdrücklich mit eigenem Formular Versicherte und damit auch bezugsberechtigt. Die Klägerin hat damit aus dem Versicherungsvertrag einen eigenen Vermögensanspruch erworben, der sich im Bescheid des Versicherers vom 09.04.2013 auch realisierte. Zwar handelt es sich bei den wiederkehrenden Einnahmen der Klägerin, die sie von der X ...-Unfallversicherung in Höhe von 990 EUR monatlich bezieht, um Einnahmen aus Vermögen aus unselbstständiger Tätigkeit, jedoch ist der Zweck der privaten Unfallversicherung keinesfalls, sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern. Insoweit weicht der vorliegende Fall von einer Zusatzrente wegen Berufsunfähigkeit ab, wie sie vom BSG (BSG, Urteil v. 04.10.1984 -9a RV 16/83-; so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 13.12.2012 -L 6 VK 1701/12- juris) als anzurechnende Einnahme im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 3 BSchAV n. F. (§ 9 Abs. 2 Nr. 3 BSchAV a.F.) für eine Zusatzrente zu einer Iduna-Lebensversicherung (BSG, a.a.O.) bzw. einer monatlich garantierten Berufsunfähigkeitszusatzrente (BUZ) bei der. H ... Versicherungs-AG gewertet worden ist. Denn Vertragsgegenstand einer privaten Unfallversicherung ist die Leistung unabhängig von einem etwaigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im Fall einer bestimmten versicherten Invalidität für ein mit der Invalidität verbundenes Risiko. Die private Unfallversicherung knüpft nicht an eine Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben an. Nur so können auch bspw. nicht Erwerbstätige und/oder Kinder Berechtigte einer privaten Unfallversicherung sein.
Die private Unfallversicherung fällt auch nicht unter die Nummern vier und fünf.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6 BSchAV zählen zu den Einnahmen aus früherer unselbstständiger oder selbstständiger Tätigkeit insbesondere Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung und Renten aufgrund von Schadensersatzansprüchen wegen entgangenen Arbeitsverdienstes. Die private Unfallversicherung fällt nicht hierunter, auch wenn der Gesetzgeber mit der Formulierung in § 8 Abs. 2 Satz 1 BSchAV "insbesondere" lediglich Regelbeispiele aufgeführt hat, diese jedoch damit nicht abschließend geregelt hat. Vom Wortlaut her fällt die private Unfallversicherung nicht unter die gesetzliche Unfallversicherung und auch nicht unter das weitere Beispiel in Nr. 6.
Auch aus der Entstehungsgeschichte lässt sich nicht erkennen, dass die privaten Unfallversicherungen mit unter Nr. 6 wie die gesetzlichen Unfallversicherungen fallen könnten. Der Berufsschadensausgleich ist im Jahr 1960 eingeführt worden (Dau in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 30 BVG, Rn. 15, 22). Es zeigte sich in dieser Zeit, dass zwar – nicht zuletzt durch Rehabilitationsmaßnahmen nach dem BVG – die Mehrzahl der Beschädigten des Zweiten Weltkriegs trotz ihrer Schädigungsfolgen in die Wirtschaft integriert war, dies bei vielen aber nicht oder nur unzulänglich gelungen war. Man versuchte, die wirtschaftlichen Einbußen dieser Beschädigten auszugleichen. Der Berufsschadensausgleich wurde zunächst für Berufsunfähige und Schwerbeschädigte gezahlt, später auf alle rentenberechtigten Beschädigten ausgedehnt. Da der Anspruch auf Berufsschadensausgleich einen beruflichen Schaden ausgleichen soll, ist zur Ermittlung des Schadens zunächst das derzeitige Einkommen festzustellen. In diesem Zusammenhang erfolgen Anrechnungen auf das Einkommen. Auch vom Gesetzeszweck her lässt sich eine Einbeziehung der privaten Unfall-versicherung in die anzurechnenden Einnahmen nach § 8 BSchAV nicht begründen. Maßgeblich für das Verständnis einer Rechtsvorschrift ist der in ihrem Wortlaut zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetz- oder Verordnungsgebers, das heißt die ratio legis oder der Sinn und Zweck der Vorschrift, so dass der teleologischen, am Normzweck ausgerichteten Auslegung wesentliches Gewicht zukommt (BSG, Urt. v. 04.12.2001 -B 2 U 37/00 R- Rn. 31, juris). Durch den Berufsschadensausgleich soll der Einkommensverlust ausglichen werden, der durch schädigungsbedingte Minderung der Arbeitskraft verursacht wurde (st Rspr. vgl. BSG, Urteil v. 29.10.1980, 9 RV 6/80, Rn. 28, juris). Diese Art von Einkommensverlust wird verringert durch jedes Einkommen, das auf die Verwendung der Arbeitskraft zurückgeführt werden kann. Der Einkommensverlust vermindert sich aber nicht durch Einkünfte, die nicht aus dem Einsatz der Arbeitskraft stammen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 23.03.2005, L 4 VS 8/04, Rn. 23, juris). Diese Einkünfte stehen mit der Schädigung nicht in Zusammenhang. Der Berufsschadensausgleich soll möglichst individuell und konkret eine wirtschaftlichen Schaden ausgleichen, den der Schwerbeschädigte dadurch erlitten hat, dass er in dem ohne die Schädigung wahrscheinlich ausgeübten Beruf in Auswirkung der Schädigungsfolgen nicht oder nicht voll erwerbstätig sein kann (BSG, Urt. v. 23.11.1977 -9 RV 12/77- Rn. 16 ff., juris). Eine private Unfallversicherung soll dauerhafte körperliche oder geistige Beeinträchtigungen, die ein Unfall nach sich zieht, absichern. Die Absicherung erfolgt in der Regel in Form einer einmaligen Kapitalzahlung und/oder als lebenslange Rente (Die Versicherer, Verbraucherportal des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft: http://www.dieversicherer.de). Die private Unfallversicherung steht nicht im Zusammenhang mit der früheren Erwerbstätigkeit der Klägerin. Während eine private Unfallversicherung die Personen unabhängig von einer Berufstätigkeit gegen das Risiko eines Unfalls absichert, ist bei der gesetzlichen Unfallversicherung der Bezug zur gesetzlich versicherten Tätigkeit Voraussetzung eines Anspruchs auf Unfallrente oder sonstige Versichertenleistungen. Auch die Versichertendefinition unterscheidet sich grundsätzlich. Während Versicherte einer privaten Unfallversicherung auch Kinder, Senioren, sonstige Nicht-Berufstätige sein können, können nach § 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) nur Beschäftigte (Nr. 1), Lernende (Nr. 2) sowie die anderen festgelegten Personen der Nr. 3-17 die Versicherteneigenschaft besitzen. Auch kann eine private Unfallversicherung Risiken abdecken, die von der gesetzlichen Versicherung ausgenommen sind. Dazu zählen insbesondere Unfälle in der Freizeit, zu Hause oder beim Sport. Aus den in § 8 Abs. 2 BSchAV enumerativ aufgeführten Regelbeispielen wird erkennbar, dass der Gesetzgeber jeweils nur Einnahmen berücksichtigt wissen will, die einerseits in Bezug zur Beschäftigung standen/stehen, und andererseits jeweils gesetzliche Leistungen sind, nicht jedoch private. Hätte der Gesetzgeber die private Unfallversicherung an dieser Stelle berücksichtigen wollen, ohne dass noch spezielle Zusatzvoraussetzungen gegeben sein müssten, dann würde dies einen Systembruch darstellen und hätte sicherlich ausdrücklich erwähnt werden müssen, zumal der Gesetzgeber nur die gesetzliche Unfallversicherung nennt und gerade nicht die private. Dass der Gesetzgeber, der die gesetzliche Unfallversicherung aufführt, die private übersieht, davon ist nicht auszugehen.
Eine Einbeziehung der privaten Unfallversicherung in die anzurechnenden Einnahmen ergibt sich auch nicht aus dem vom Beklagten zugrunde gelegten Rundschreiben des BMA aus dem Jahr 2002. In dem Rundschreiben des BMA v. 08.10.2002 –IV c 2-63053- heißt es in Abs. 2: "Rentenleistungen aus einer privaten Unfallversicherung haben grundsätzlich die gleiche Zweckbestimmung wie Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie schützen versicherte Personen gegen das Risiko, nach einem Unfall wirtschaftliche Nachteile hinnehmen zu müssen. Zum einen können diese dadurch entstehen, dass der Betroffene seinen Beruf nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang ausüben kann. Zum anderen aber können sie sich aus den durch den Unfall bedingten Mehraufwendungen ergeben. Deshalb bitte ich bei der Feststellung von Berufsschadensausgleich, Schadensausgleich und Ausgleichsrente auch von Renten aus einer privaten Unfallversicherung in entsprechender Anwendung meines o.g. Rundschreibens einen Betrag in Höhe der entsprechenden Grundrente nach dem BVG abzusetzen."
Wie der Beklagte allerdings bereits zutreffend eingeräumt hat, binden BMAS-Rundschreiben zwar die Verwaltung aber keinesfalls die Gerichte. Ministerielle Rundschreiben und ähnliche behördliche Meinungsäußerungen haben keine Bindungswirkung für die Gerichte aufgrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes aus Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG).
Nach alledem hatte die Berufung Erfolg und das Urteil des SG war aufzuheben und der Klage stattzugeben, denn eine wesentliche Änderung ist durch die Zahlung der privaten Unfallrente nicht eingetreten, so dass der ursprüngliche Verwaltungsakt vom 14.03.2013 nicht rechtswidrig geworden ist. Die Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X entfällt.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
III. Die Revision war zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 SGG).
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