L 3 AS 1015/19 NZB

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AS 4198/17
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 1015/19 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Beteiligter muss alles unternehmen, um sich bereits im eigentlichen Hauptsacheverfahren und nicht erst im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde rechtliches Gehör zu verschaffen.
I. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Bevollmächtigten wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Juli 2019. In der Sache steht die Überprüfung der Aufhebung einer Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchenden – (SGB II) und der zugehörigen Erstattungsentscheidung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 28. Februar 2015 im Streit.

Die 1980 geborene Klägerin bezog im streitbefangenen Zeitraum in Bedarfsgemeinschaft lebend mit ihrem Ehemann und vier gemeinsamen Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheiden vom 12. September 2014 und 15. Dezember 2014 bewilligte der Beklagte den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 1. November 2014 bis zum 30. April 2015.

Nachdem bekannt geworden war, dass die damals 13-jährige Tochter der Klägerin Einkommen erzielt hatte, welches gegenüber dem Beklagten nicht angegeben worden war, erließ der Beklagte nach vorheriger Anhörung am 14. April 2015 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und forderte von der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Dezember 2014 Leistungen in Höhe von 16,19 EUR und für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 28. Februar 2015 Leistungen in Höhe von 1,76 EUR, insgesamt 17,95 EUR, zurück.

Ein in der Folge beim Sozialgericht Chemnitz geführtes Klageverfahren (Az. S 27 AS 2615/15) blieb ohne Erfolg.

Am 6. Oktober 2016 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 14. April 2015, was der Beklagte mit Beschied vom 6. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2017 ablehnte.

Hiergegen hat die Klägerin am 20. Oktober 2017 Klage erhoben.

Am 19. Juni 2019 hat das Sozialgericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 12. Juli 2019 bestimmt. Ein Ladungsschreiben ist an die Klägerin persönlich, ein weiteres an ihren Prozessbevollmächtigten gerichtet gewesen. Dem Klägerbevollmächtigten ist das Schreiben am 20. Juni 2019 zugestellt worden, der am 4. Juli 2019 unter Verweis auf eine Auslandsreise der Klägerin einen Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung gestellt hat. Ihre Anwesenheit sei zur Aufklärung dieses und weiterer terminierter Rechtsstreitigkeiten dringend erforderlich. Am 5. Juli 2019 hat der Kammervorsitzende den Antrag abgelehnt, da das persönliche Erscheinen der Klägerin nicht angeordnet und aus Sicht des Gerichts und dem bisherigen Vorbringen der Klägerin zur Sachaufklärung nicht erforderlich sei. Weiterer, für erforderlich gehaltener Sachvortrag könne bis zur mündlichen Verhandlung schriftlich erfolgen. Es hat zugleich darauf hingewiesen, dass die Kammer auch in der mündlichen Verhandlung über eine Vertagung entscheiden könne, sofern im Rahmen der Verhandlung ersichtlich werde, dass eine weitere Sachaufklärung unter Mitwirkung der Klägerin erforderlich sei. Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2019 hat der Klägerbevollmächtigte die Verletzung rechtlichen Gehörs wegen der Ablehnung des Verlegungsantrags gerügt. Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2019, das beim Sozialgericht vor dem Sitzungsbeginn eingegangen ist, hat er zur Sache vorgetragen und zugleich mitgeteilt, dass er nicht zum Termin erscheine.

Mit Urteil vom 12. Juli 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Überprüfungsbegehren sei unbegründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. April 2015 sei rechtmäßig ergangen. Es ist auf die Einwände aus dem Schriftsatz vom 12. Juli 2019 eingegangen.

Gegen das ihr am 25. Juli 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. August 2019 durch ihren Prozessbevollmächtigten Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Der Klägerbevollmächtigte ist der Auffassung, dass durch die Ablehnung ihres Antrages auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt worden sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht aufgrund der Sachverhaltsermittlung und der persönlichen Befragung der Klägerin zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Juli 2019 ist zulässig, insbesondere statthaft.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Ein auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt ist nicht nur gegeben, wenn eine Leistung bewilligt wird, sondern auch, wenn eine Leistung abgelehnt, entzogen, auferlegt, erlassen oder gestundet wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1996 – 1 RK 18/95NZS 1997, 388 [389 f.] = juris Rdnr. 5; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl., 2017], § 144 Rdnr. 10a). § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgebende Wert des Beschwerdegegenstands ist danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelführer versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. Juni 2012 – L 3 AS 148/10 NZB – juris Rdnr. 3; Sächs. LSG, Urteil vom 14. März 2013 – L 3 AS 528/12NZS 2013, 480 = juris, jeweils Leitsatz 2; Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 14, m. w. N.; Groth, in: Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des Sozialgerichtlichen Verfahrens [7. Aufl., 2016], Kapitel VIII Rdnr. 14). Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung ist dabei die Einlegung der Berufung (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 8. Dezember 2014 – L 3 AS 939/14 B PKH – juris Rdnr. 9, m. w. N.; Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 19).

Vorliegend sind Leistungen von weniger als 750,00 EUR betroffen. Gegenstand des Klageverfahrens ist die Überprüfung des Bescheides vom 14. April 2015. Im Streit steht die Aufhebung von Leistungsbewilligungen für Dezember 2014 und Februar 2015 in Höhe von insgesamt 17,95 EUR sowie die zugehörige Erstattungsentscheidung. Dadurch wird der Grenzwert aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht überschritten. Das Sozialgericht hatte somit über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Es hat die Berufung nicht zugelassen. Damit ist die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3).

Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben.

a) Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87SozR 1500 § 160a Nr. 60 = juris Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = juris Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 1992 – 11 BAr 47/92SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 Satz 2 = juris Rdnr. 8). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, das heißt die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, das heißt die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 1 BJ 82/84 – SozR 1500 § 160 Nr. 53 = juris). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75SozR 1500 § 160a Nr. 7 = juris Rdnr. 2).

Der vorliegende Fall wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Der Senat vermag auch im Ergebnis der Prüfung von Amts wegen dem erkennbaren Sach- und Streitstand keine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage zu entnehmen, deren Beantwortung fallübergreifend – grundsätzlich – bedeutsam wäre.

b) Es liegt auch ein Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88SozR 1500 § 160a Nr. 67 = juris Rdnr. 7; BSG, Beschluss vom 19. Juli 2012 – B 1 KR 65/11 B – SozR 4-1500 § 160a Nr. 32 = juris Rdnr. 21, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 18. Dezember 2013 – L 3 AS 1613/13 NZB – juris Rdnr 25; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13). Es ist nicht ausreichend, wenn nur ungenaue oder unzu-treffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen. Auch eine fehlerhafte Subsumtion oder eine unzutreffende Beurteilung oder das Übersehen einer Rechtsfrage genügt nicht (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 8. April 2013 – B 11 AL 137/12 B – juris Rdnr. 4, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 19. November 2013 – L 3 AS 1200/13 NZB – juris Rdnr. 17; Sächs. LSG, Beschluss vom 18. Dezember 2013, a. a. O.; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 14). Eine Divergenz in dem beschriebenen Sinne ist nicht festzustellen.

c) Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund aus § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Ein Verfahrensmangel in diesem Sinn ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Er bezieht sich begrifflich auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil, nicht aber auf dessen sachlichen Inhalt, das heißt auf die Richtigkeit der Entscheidung (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG; Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Mai 2015 – L 3 AL 115/13 NZB – juris Rdnr. 11; Sächs. LSG, Beschluss vom 27. Januar 2016 – L 3 AS 1378/14 NZB – juris Rdnr. 14).

Die Klägerin rügt die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehörs, weil das Sozialgericht ihrem Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2019 nicht entsprochen habe. Nach § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Gericht einen Termin "aus erheblichen Gründen" auf Antrag oder von Amts wegen verlegen. Auch wenn danach kein Anspruch auf Verlegung besteht, so darf doch im gerichtlichen Bestreben um ein schleuniges Verfahren das rechtliche Gehör eines Beteiligten nicht verkürzt werden. Dies geschieht allerdings, wenn eine Terminverlegung abgelehnt und es dem verhinderten Beteiligten dadurch unmöglich gemacht wird, sich sachgerecht und erschöpfend zu äußern (vgl. BSG, Beschluss vom 5. März 2004 – B 9 SB 40/03 B – juris Rdnr. 6).

Der auch für das sozialgerichtliche Verfahren geltende Mündlichkeitsgrundsatz (vgl. § 124 Abs. 1 SGG) gewährt dem Verfahrensbeteiligten grundsätzlich ein Recht darauf, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und mit seinen Ausführungen gehört zu werden. Die Möglichkeit des Vortrags in der mündlichen Verhandlung ist die umfassende Form der Gewährung des rechtlichen Gehörs. Bestandteil des Anspruch des Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (vgl. § 62 SGG) in der Form der mündlichen Verhandlung ist auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung, wenn dies aus erheblichen Gründen notwendig ist. Entsprechende Anforderungen an die Verhaltensweise des Gerichts ergeben sich auch aus dem aus Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und dem Rechtsstaatprinzips abzuleitenden allgemeinen Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren (vgl. hierzu (vgl. BSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – B 12 KR 58/09 R – juris Rdnr. 7).

Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die darin besteht, dass ein Verfahrensbeteiligter gehindert wurde, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, für die Entscheidung ursächlich geworden ist. Obwohl die Verletzung des rechtlichen Gehörs anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 138 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]) nicht als absoluter Revisionsgrund ausgestaltet ist (vgl. § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 547 ZPO), erübrigen sich auch im sozialgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen Ausführungen dazu, inwieweit das angefochtene Urteil auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen kann (vgl. BSG, Urteil vom 11. Februar 1982 – 11 RA 50/81 – SozR 1500 § 124 Nr. 7 = juris Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 25. März 2003 – B 7 AL 76/02 R – juris Rdnr. 16, BSG, Beschluss vom 29. August 2012 – B 11 AL 72/11 B – juris Rdnr. 8; BSG, Beschluss vom 15. Dezember 2016 – B 5 R 238/16 B – juris Rdnr. 12).

Im vorliegenden Fall ist eine Verletzung des Anspruches der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht gegeben.

Denn die Klägerin war anwaltlich vertreten. Der Klägerbevollmächtigte wurde zeitnah durch die Entscheidung des Kammervorsitzenden vom 5. Juli 2019 über die Ablehnung seines Verlegungsantrages vom 4. Juli 2019 informiert. Da die Klägerin im Klageverfahren anwaltlich vertreten war, hätte sie gegenüber dem Sozialgericht substantiiert darlegen müssen, dass und weshalb ihre persönliche Anwesenheit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2019 zusätzlich zu der ihres Prozessbevollmächtigten unerlässlich ist (vgl. BSG, Beschluss vom 15. Mai 1991 – 6 BKa 69/90 – juris Rdnr. 2; BSG, Beschluss vom 5. März 2004 – B 9 SB 40/03 B – juris Rdnr. 5; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 5. Juli 2012 – L 4 KR 91/11 – juris Rdnr. 61; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl., 2017], § 110 Rdnr. 5; Krasney, in: jurisPK-SozR 20/2004, Anm. 6). Denn ein Beteiligter muss alles unternehmen, um sich bereits im eigentlichen Hauptsacheverfahren und nicht erst im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. BSG, Beschluss vom 5. März 2004, a. a. O., m. w. N.). Die Tatsache der Verhinderung allein, so das Bundessozialgericht im Beschluss vom 15. Mai 1991, ist, auch wenn sie unabweislich sein mag, kein zwingender Grund für eine Verlegung des Termins – zumindest dann nicht, wenn der Beteiligte vertreten ist – (vgl. BSG, Beschluss vom 15. Mai 1991, a. a. O.). Ausführungen dazu, weshalb die Anwesenheit der Klägerin in der mündlichen Verhandlung als erforderlich erachtet wurde, waren vorliegend insbesondere vor dem Hintergrund geboten, dass der Kammervorsitzende in seiner den Verlegungsantrag ablehnenden Entscheidung erklärt hatte, dass er die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin nach § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG zur weiteren Aufklärung und Erörterung des Sachverhalts nicht für erforderlich halte. Gleichwohl äußerte sich der Klägerbevollmächtigte hierzu weder im Schriftsatz vom 11. Juli 2019 noch in dem vom 12. Juli 2019. Soweit er im Schriftsatz vom 12. Juli 2019 lediglich pauschal behauptete, dass Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Entstehung der tatsächlichen Abfallgebühren bestehe, ist dies kein substantiierter Vortrag in dem beschriebenen Sinne. Dies gilt umso mehr, als nach der gesetzgeberischen Konzeption des sozialgerichtlichen Verfahrens ein Sach- und Rechtsvortrag bereits vor und nicht erst in einer mündlichen Verhandlung erfolgen soll (vgl. z. B. § 92 Abs. 1 Satz 4, § 104, § 106 Abs. 1, 2 und 3 Nr. 7, § 106a, § 108 SGG). Es ist aus der Akte des Sozialgerichtes nicht zu entnehmen, weshalb es der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll, zum Beispiel zur Entstehung der tatsächlichen Abfallgebühren schriftlich und vor der mündlichen Verhandlung vorzutragen.

Soweit der Klägerbevollmächtigte im Beschwerdeverfahren geltend macht, dass das Sozialgericht aufgrund der Sachverhaltsermittlung und der persönlichen Befragung der Klägerin zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, zum Beispiel in Bezug auf konkrete Einkommenszuflüsse oder konkrete Unterkunftskosten, hat er einen diesbezüglichen etwaigen Aufklärungsbedarf nicht gegenüber dem Sozialgericht aufgezeigt. Dem Sozialgericht wurde damit von Klägerseite keine Gelegenheit gegeben, sich bei seiner Entscheidung über den Terminverlegungsantrag oder in der Zwischenzeit bis zur mündlichen Verhandlung mit der Frage auseinandersetzen, ob aus diesen Gründen der Verhandlungstermin zu verlegen sein könnte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt, weil der beabsichtigten Rechtsverfolgung die nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlt. Diesbezüglich wird auf die vorstehenden Ausführungen unter Nummer 2 verwiesen. Die fehlende Erfolgsaussicht war bereits zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung gegeben.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved