L 4 R 334/15

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 39 R 1028/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 R 334/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur richterlichen Beweiswürdigung bei medizinischen Sachverhalten.
Zur Befangenheit eines Sachverständigen.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. März 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1962 geborene Kläger erlernte nach Abschluss der Schule von 1979 bis 1981 den Beruf eines Fleischers, war von 1981 bis 1985 als Maschinenarbeiter und Heizer, von 1986 bis 1988 als Hausmeister und ab dem 1.2.1989 freiberuflich als Berufsmusiker, Sänger, Pianist und Gitarrist tätig. Seit Februar 2011 ist er arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid des Landkreises M ..., Landratsamt, vom 27.10.2015 wurde beim Kläger mit Wirkung vom 22.1.2013 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt. Mit Bescheid der gleichen Behörde vom 16.8.2017 in Fassung des Teilabhilfebescheides vom 9.11.2017 wurden mit Wirkung ab dem 27.6.2017 ein GdB von 100 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen G und B zuerkannt.

Am 22.1.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten medizinische Un-terlagen über den Kläger aus einem vorangegangenen Reha-Verfahren (u. a. der ärztliche Entlassungsbericht der Klinik Z ..., Zentrum für Verhaltensmedizin B ..., vom 18.1.2013 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 3.12.2012 bis zum 4.1.2013, Diagnosen: Angst und depressive Störung gemischt, kombinierte Persönlichkeitsstörung, Restless-Legs-Syndrom, Adipositas; Leistungsbeurteilung: der Kläger könne als selbstständiger Musiker nur noch drei Stunden arbeitstäglich arbeiten; im Übrigen könne er mittelschwere Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden verrichten) vor.

Mit Bescheid vom 25.2.2013 und Widerspruchsbescheid vom 6.6.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil die medizi-nischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die beim Kläger vorliegenden Krankheiten oder Behinderungen "psychische Minderbelastbarkeit bei Depression und Angststörungen" führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Nach der medizinischen Beurteilung könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mit mittelschweren Tätigkeiten bei weiteren Funktionseinschränkungen erwerbstätig sein.

Hiergegen hat sich die am 5.7.2013 zum Sozialgericht Chemnitz erhobene Klage gerichtet. Soweit die Beklagte ihre Entscheidung auf den Entlassungsbericht der Reha-Klinik vom 18.1.2013 stütze, könne sie damit nicht gehört werden. Nach Ansicht des Klägers weise der Entlassungsbericht seine vier Krankheiten Angst- und depressive Störung gemischt, kombinierte Persönlichkeitsstörung, Restless-Legs-Syndrom sowie Adipositas aus, während im Ausgangsbescheid lediglich eine dieser Erkrankungen aufgeführt sei. Im Entlassungsbericht der Reha-Klinik werde zudem zum Leistungsvermögen u. a. angege-ben, dass allenfalls strukturierte Tätigkeiten denkbar seien und dass das Leistungsvermö-gen erst absehbar wieder mindestens sechs Stunden täglich betragen werde. Der Entlas-sungsbericht vom 18.1.2013 lege keinesfalls fest, dass es dem Kläger wieder möglich sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stun-den täglich erwerbsfähig zu sein. Im Übrigen sei der Sachverhalt nicht ausreichend ermit-telt worden. Angesichts der Vielzahl der bestehenden Funktionseinschränkungen, insbe-sondere auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, sei eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung unumgänglich.

Dem Sozialgericht haben eine Auskunft der Krankenkasse Y ... vom 4.12.2013 über Krankenhaus- und Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers, Befundberichte von Dr. C., Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 3.12.2013, von Dr. X ..., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 4.12.2013, von Dr. D ..., Facharzt für Orthopädie / Sportmedizin / Chirotherapie, vom 4.12.2013, von Dipl.-Med. E ..., Facharzt für Neurologie / Psychiatrie, vom 5.2.2014 und das psychiatrische Gutachten von Dr. W ..., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 24.4.2014 vorgelegen. In dem auf einer Untersuchung vom 22.4.2014 beruhenden Gutachten hat die Sachverständige unter Angabe der Diagnosen "Angst- und depressive Störung gemischt, bei Persönlichkeitsakzentuierung mit narzissti-schen Zügen, Restless-Legs-Syndrom, wechselhaft auftretendes Schmerzsyndrom im Bereich der Wirbelsäule ohne neurologisches Defizit, Bluthochdruck und Adipositas" fest-gestellt, dass der Kläger trotz seiner Gesundheitsstörungen noch in der Lage sei, körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht des Weiteren das neurologisch-psychiatrische Fachgutachten von Dipl.-Med. E ..., Facharzt für Neurologie / Chirotherapie / Psychiatrie, vom 7.8.2014 eingeholt. Der Sachverständige, der den Kläger am 7.8.2014 untersuchte, hat die Diagnosen "Angst- und depressive Störung (gemischt), narzisstische Persönlichkeitsstörungen, somatoforme Störung mit Hypertonie sowie funktionellen Ma-gen- und Rückenbeschwerden, Restless-Legs-Syndrom, Polyneuropathie beider Beine, Schulterfunktionsstörung rechts und Adipositas" gestellt und angegeben, dass er das der-zeitige Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch für unter drei Stunden täglich für nur körperlich leichte Tätigkeiten einschätze. Ferner sei der Kläger nicht wegefähig.

Zu dem Gutachten von Dipl.-Med. E ... hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellung-nahme der Sachverständigen Dr. W ... vom 18.10.2014 und hierzu wiederum eine ergän-zende Stellungnahme des Sachverständigen Dipl.-Med. E ... vom 13.1.2015 eingeholt.

Mit Schreiben vom 6.2.2015 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen die Sachverständige Dr. W ... einen Befangenheitsantrag gestellt.

Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.3.2015 abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

"Das Verfahren konnte im Wege des Gerichtsbescheides gemäß § 105 SGG ent-schieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Insbesondere war dem Antrag des Klägers auf Ladung der Gutachter nach § 106 SGG und § 109 SGG sowie seiner Lebensgefährtin V ... als Zeugin zu einem Gerichtstermin, nicht nachzukommen. Zum einen sind die Aussagen einer Zeugin zum Tagesablauf des Klägers nicht beweisrelevant, nachdem die Gutachterin Frau Dr. W ... in ihrem Gutachten nach Untersuchung des Klägers am 22.04.2014 umfangreich die Anamnese nach den Angaben des Klägers und auch die vom Kläger geschilderte Alltagsgestaltung in deren Gutachten zugrunde legte (vgl. S. 11 ff. d. Gutachtens von Frau Dr. W ..., Bl. 66 ff. d. Gerichtsakte). Sowohl der Gutachter DM E ... als auch die Gutachterin Frau Dr. W ... haben in ihren Gutachten sowie den jeweils ergänzenden Stellungnahmen umfassend zu den Gutachtensfragen Stellung be-zogen. Die von der Klägerseite gewünschte Ladung beider Gutachter zu einem Termin zur Erläuterung ihrer Gutachten ohne konkrete Fragestellungen entspre-chend dem vorangegangenen Hinweis des Gerichts ist nicht nachzukommen, da eine Befragung von Gutachtern "ins Blaue hinein" nicht erfolgt. Eine umfassende Beantwortung sämtlicher Fragen zum Gutachten des Gerichts bezüglich der Fest-stellung des Bestehens einer Erwerbsminderung erfolgte durch beide Gutachter in deren Gutachten sowie den ergänzenden Stellungnahmen beider Gutachter. In-soweit ist der Sachverhalt geklärt, auch wenn die Gutachter letztlich zu unter-schiedlichen Ergebnissen gelangen.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Er-werbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI.

Das Gericht folgt hierbei den überzeugenden Feststellungen der gerichtlich nach § 106 SGG bestellten Gutachterin Frau Dr. W ... auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Das Gutachten von Frau Dr. W ... ist verwertbar, da der Antrag des Klägers auf Ablehnung der Sachverständigen Frau Dr. W ... als unbegründet zu-rückzuweisen ist. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 406 Abs. 1, Satz 1, 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachver-ständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter und dementsprechend ein Sachverständiger wegen Besorgnis der Befangenheit dann abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Sachverständige tatsächlich befangen ist. Es kommt ausschließlich darauf an, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver Betrachtungsweise Bedenken gegen die Unparteilichkeit haben kann. Reine subjektive Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden sind uner-heblich. Die Ablehnungsgründe müssen sich grundsätzlich aus dem Vortrag des Ablehnenden im Rahmen des jeweiligen Rechtstreits ergeben. Die Ablehnungs-gründe sind gemäß § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1, erster Halbsatz ZPO vom Ablehnenden geltend und glaubhaft zu machen. Vorliegend ist kein Grund ersichtlich, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit von Frau Dr. W ... zu rechtfertigen. Im Rahmen einer neurologisch-psychiatrischen Begut-achtung liegt es im Beurteilungsspielraum des Gutachters, eine Fremdanamnese durch Befragung einer dritten Person, hier die vom Kläger begehrte Befragung von Frau V ..., durchzuführen bzw. deren Anwesenheit bei der Begutachtung zuzulas-sen. Die Nichtzulassung verstößt weder gegen Prozessrecht, noch ist sie ein Indiz für die Unparteilichkeit der gerichtlich bestellten Gutachterin. Der Umstand, dass nach den Recherchen der Klägerseite der Ehemann der Gutachterin Frau Dr. W ... als Pianist und Komponist und damit ebenso wie der Kläger vormals als Musiker tätig ist, kann keinen Befangenheitsgrund darstellen. Bei objektiver Betrachtungs-weise führt dieser Umstand nicht zu der Unparteilichkeit eines Gutachters. Die subjektiven Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden sind hierbei un-beachtlich. Hierin liegt kein geeigneter Grund, Misstrauen gegen die Unparteilich-keit der Sachverständigen Frau Dr. W ... zu rechtfertigen. Soweit Ausführungen der Gutachterin als unvollständig und fehlerhaft bemängelt werden, so betrifft dies eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens, die nicht Gegenstand eines Ablehnungsverfahrens sind. Die von der Gutachterin Frau Dr. W ... durchgeführten Testungen sowie der FPI-R-Auswertungsbogen nebst Frage-stellungen zum Befinden des Klägers (vgl. Bl. 94 ff. d. Gerichtsakte) wurden dem Gutachten von Frau Dr. W ... beigefügt. Über das Ablehnungsgesuch des Klägers war nicht obligatorisch in einem gesonderten Beschluss zu entscheiden, da nach § 172 Abs. 2 SGG in der ab 25.10.2013 geltenden Fassung eine diesbezügliche Entscheidung unanfechtbar ist. Das Gutachten von Frau Dr. W ... nach Untersuchung des Klägers am 22.04.2014 sowie deren ergänzende Stellungnahme nach Vorliegen des Gutachtens von DM E ... erachtet das Gericht für schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend. Nach Begutachtung des Klägers am 22.04.2014 hat Frau Dr. W ... folgende Diagnosen gestellt: - Angst und depressive Störung (gemischt) - narzisstische Persönlichkeitsstörungen - somatoforme Störung mit Hypertonie sowie funktionellen Magen- und Rücken-beschwerden - Restlesslegs-Syndrom - Polyneuropathie beider Beine - Schulterfunktionsstörung rechts - Adipositas.

Unter Beachtung der festgestellten funktionellen Einschränkungen nebst testpsy-chologischer Untersuchung schätzt die Gutachterin nachvollziehbar ein, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch körperlich leichte bzw. mittel-schwere Arbeiten überwiegend im Stehen bzw. Gehen und ständig im Sitzen mit der Möglichkeit des Haltungswechsels unter Berücksichtigung qualitativer Ein-schränkungen mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann. So ist nach den Leit-linien der sozialmedizinischen Begutachtung insbesondere bei psychischen Er-krankungen zu berücksichtigen, inwieweit die Erkrankung den Alltag sowie die so-ziale Partizipation einschränkt. Unter Beachtung der Untersuchungsergebnisse des Klägers sowie der vom Kläger geschilderten Alltagsgestaltung im Rahmen der Begutachtung bei Frau Dr. W ... liegt beim Kläger keine Erkrankung vor, die dessen Lebensplanung vollends übernommen hat und zu massiven Einschränkungen des Alltags führt. Aus der am 22.04.2014 geschilderten Alltagsgestaltung geht hervor, dass der Kläger mehrfach täglich mit seinem damals 12 ½ jährigen Hund hin-ausgeht und dort jeweils ½ bis 1 Stunde unterwegs ist. Er schilderte darüber hinaus, dass er vorrangig für das 2000 m² große Grundstück verantwortlich ist. Mit seinem Pkw fahre er im Umkreis von ca. 10 km. Im Rahmen des psychischen Befundes bot der Kläger bei der Untersuchung durch Frau Dr. W ... eine leicht gedrückte Stimmung, war jedoch im Gespräch gut auflockerbar. Im Kontakt wirkte er nicht mittel- oder schwergradig depressiv und konnte sich auch relativ lebhaft äußern. Er wirkte affektiv schwingungsfähig, wenn auch in der Modulationsfähigkeit eingeschränkt. Aktuell fand Frau Dr. W ... keinen Hinweis auf eine ernstzuneh-mende Suizidabsicht oder Suizidtendenzen, wenngleich der Kläger schilderte, manchmal Suizidgedanken zu haben. Psychomotorisch wirkte er ruhig. Die soziale Kontaktfähigkeit war im Rahmen der Begutachtung bei Frau Dr. W ... gegeben, wenngleich der Kläger Rückzugs-tendenzen beschrieb. Ich- und Wahrnehmungs-störungen konnten nicht exploriert werden. Psychopathologische Symptome des formalen Gedankenganges und des Gedankeninhaltes waren nicht zu eruieren. In der Gutachtenssituation zeigte sich kein Nachlassen der Aufmerksamkeit. Die Sprachproduktion ließ ebenso keine Besonderheiten erkennen und das äußere Erscheinungsbild war gepflegt. Die medizinisch-technischen Befunde erbrachten zusammenfassend ein EEG ohne pathologischen Befund. Im 15-Zeichen-Test re-produzierte der Kläger alle Zeichen exakt. Der Kurztest für allgemeine Basisgrößen der Informationsverarbeitung (KAI) erbrachte einen unterdurchschnittlichen IQ von 75 als Hinweis auf die aktuelle Intelligenzfunktion. Rentenrelevante Ein-schränkungen ergeben sich hieraus jedoch nicht. Im SKT als Kurztest zur Erfas-sung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeits-störungen erreichte der Kläger eine Gesamtpunktzahl von 13, was einer leichten Beeinträchtigung entspricht. Im d 2-Test stellte Frau Dr. W ... eine unterdurchschnittliche Konzentrationsleistung fest.

Zusammenfassend zeigte sich bei der Untersuchung durch Frau Dr. W ... ein pri-mär bildungsabhängiges intellektuelles Niveau im unteren Grenzbereich, was al-lerdings nicht mit dem schulischen Werdegang und dem Eindruck während der Exploration in Einklang zu bringen war. Auch den Persönlichkeitstest FPI-R zur Selbsteinschätzung des Befindens bzw. der Persönlichkeit (Bl. 19 d. Gutachtens von Frau Dr. W ..., Bl. 74, 94 d. Gerichtsakte) sowie die Zung-Depressionsskala als Selbsteinschätzungstest zur Erfassung depressiver Symptome, ließ die Gutachterin Frau Dr. W ... nach Objektivierung in ihre Leistungseinschätzung einfließen. Letztlich hat die Gutachterin Frau Dr. W ... schlüssig unter Berücksichtigung des Ausmaßes der psychischen Erkrankung überzeugend eingeschätzt, dass diese nicht so schwerwiegend ausgeprägt ist, dass sie den Lebenslauf und die Le-bensplanung des Klägers soweit übernommen hat, dass eine Überwindbarkeit – willentlich und/oder durch Therapie – nicht mehr möglich erscheint und trotz The-rapierung eine aus-geprägte Einschränkung sowohl im Alltagsleben als auch in der sozialen Partizipation nachweisbar sind. Unter Berücksichtigung der von der Gut-achterin Frau Dr. W ... erhobenen psychischen Befunde, der vorab erhobenen fachspezifischen Befunde und der im Gutachten von Frau Dr. W ... geschilderten Alltagsaktivitäten des Klägers hat die Erkrankung des Klägers nicht dessen Le-bensplanung völlig übernommen. Es ergeben sich insoweit qualitative Einschrän-kungen, die jedoch nicht den Einsatz für sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen. Dieser Einschätzung steht nicht die in der ergänzenden neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme von DM E ... beschriebenen sensiblen Polyneuro-pathie mit Parästhesien beider Füße nach Messung der afferenten Bahnen der un-teren Extremitäten vom 13.01.2015 entgegen. So hat Frau Dr. W ... in ihrer ergän-zenden Stellungnahme vom 18.10.2014 ausgeführt, dass sich im Rahmen ihrer Begutachtung noch keine Hinweise auf eine Polyneuropathie fanden. Die Reflexe waren auch im Beinbereich lebhaft auslösbar und der Kläger gab keine Sensibili-tätsstörungen an bei ungestörter Tiefensensibilität. Selbst bei der Annahme einer einlaufenden Polyneuropathie in Form einer sensiblen Polyneuropathie ist jedoch unter Berücksichtigung des objektivierbaren Befundes und des Ausmaßes der festgestellten funktionellen Einschränkungen nicht von einer rentenrelevanten quantitativen Leistungseinschränkung, sondern vielmehr allenfalls von einer quali-tativen Einschränkung auszugehen (vgl. zur sensiblen Polyneuropathie, Deutsche Rentenversicherung, sozialmedizinische Begutachtung für die gesetzliche Renten-versicherung, 7. Aufl., S. 515 f.). So ergeben sich aus Polyneuropathien im Regel-fall qualitative Einschränkungen in der Form, als Arbeiten mit erhöhter Verlet-zungsgefahr, das Bedienen von Bau-geräten, Tätigkeiten auf dem Bau mit unebe-nem Grund, in Kälte und Nässe vermieden werden sollten. Der Kläger kann den Nachweis des Bestehens einer Erwerbsminderung nicht durch das Gutachten von DM E ... nach § 109 SGG führen. Der Gutachter nach § 109 SGG, DM E ..., der gleichzeitig auch behandelnder Arzt des Klägers ist, be-schreibt sein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten selbst als "sogenanntes Gefälligkeitsgutachten" (vgl. S. 1 d. Gutachtens von DM E ... vom 07.08.2014, Bl. 116 d. Gerichtsakte). Das Gutachten von DM E ... enthält nicht das für die Ein-schätzung der Schwere einer psychischen Erkrankung erforderliche Kriterium, in-wieweit eine psychische Erkrankung von derartigem Ausmaß besteht, dass die Lebensplanung völlig übernommen wird und eine schwerwiegende Einschränkung der Alltagsgestaltung und sozialen Partizipation gegeben ist. Das Gutachten bein-haltet im Rahmen der Anamnese keine Schilderung zur Alltagsgestaltung. Vielmehr beruht die Leistungsbeurteilung in weiten Teilen auf Fragebögen zur Selbst-einschätzung, die nicht ohne vorangegangene Objektivierung einer gutachterlichen Leistungseinschätzung zugrunde gelegt werden können. Das Gutachten von DM E ... ist darüber hinaus insoweit nicht nachzuvollziehen, als es einerseits von einem akut psychiatrischen Behandlungsfall beim Kläger spricht, andererseits von einem Dauerschaden ausgeht. Es ist zudem unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme von Frau Dr. W ... vom 18.10.2014 widersprüchlich, wenn einerseits durch DM E ... die Diagnose "Angst und depressive Störung gemischt" gestellt wird, bei der keine von beiden Störungen eindeutig vorherrscht und keine für sich genommen eine eigenständige Diagnose rechtfertigt. Unter Berücksichtigung der objektiven Befundlage ist darüber hinaus die Einschätzung von DM E ... nicht schlüssig, der Kläger könne derzeit maximal eine Gehstrecke von 350 m in 15 Minuten zurücklegen. Bei dem Versuch, 500 m innerhalb von 20 Minuten zu-rückzulegen, seien beim Kläger Herzrasen und Schwitzen gegeben. Diese Ein-schätzung wird nicht durch die objektivierbare Befundlage hinterlegt, zumal der Kläger im Rahmen der Begutachtung bei Frau Dr. W ... zur Alltagsgestaltung an-gab, mehrfach am Tag jeweils ½ bis 1 Stunde draußen unterwegs zu sein und in dem über 2000 m² großen Grundstück Rasen zu mähen. Insoweit lässt die objekti-vierbare Befundlage die Einschränkung einer Gehfähigkeit unter das gesetzliche Maß von 4 x 500 m in jeweils 20 Minuten nicht zu, zumal eine eingeschränkte Gehfähigkeit wegen der Kompensation durch die Nutzungsmöglichkeit eines Pkws nicht zu einer Wegeunfähigkeit im rentenrechtlichen Sinne führt. Der Kläger hat in seinem Anamnesebogen im gerichtlichen Verfahren vom 28.08.2013 angegeben, im Besitz eines Führerscheines und eines Personenkraftwagens zu sein, wobei die Möglichkeit besteht, diesen zu nutzen. Da der Kläger nach den überzeugenden Feststellungen der gerichtlich bestellten Gutachterin Frau Dr. W ... noch mindestens 6 Stunden täglich einer Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen kann, scheidet auch eine teilweise Er-werbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 SGB VI aus. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs. 1 SGB VI kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist."

Gegen den am 23.3.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 15.4.2015 zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten sei es dem Kläger nicht mehr möglich, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Kläger wiederholt seinen Antrag, die Sachverständige Dr. W ... wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Soweit das Sozialgericht ausführe, dass es im Beurteilungsspielraum der Sachverständigen liege, eine Fremdanamnese durch Befragen einer dritten Person bzw. deren Anwesenheit zuzu-lassen, könne diesem nicht gefolgt werden. Gleiches gelte für die Behauptung, dass die Nichtzulassung der Lebensgefährtin des Klägers als Begleitperson nicht gegen das Pro-zessrecht verstoße. Grundsätzlich handele es sich bei der Begutachtung um eine Form der Beweisaufnahme, bei der die Öffentlichkeit regelmäßig zuzulassen sei. Vorliegend seien keine Gesichtspunkte ersichtlich, die die Gefahr begründen würden, dass bei einer Zulassung der Lebensgefährtin des Klägers dieser das Gespräch mit der Sachverständi-gen W ... anders geführt hätte, als dies der Fall gewesen sei. Schließlich gelte es den Grundsatz des Anspruchs auf ein faires Verfahren und des rechtlichen Gehörs zu beach-ten. Es sei daher nicht nachzuvollziehen, warum sich die Sachverständige Dr. W ... nicht im Wege der Fremdanamnese der anwesenden Frau V ... "bedient" und sie ergänzend zur Lebenssituation des Klägers befragt habe. Dass das Sozialgericht im Übrigen keine weiteren Ermittlungen in Form der Ladung der Gutachter vorgenommen habe und dies damit begründe, dass Ermittlungen "ins Blaue hinein" nicht erforderlich seien, sei als Er-messensfehlgebrauch zu werten. Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der Sachver-ständigen Dr. W ... und Dipl.-Med. E ... wäre es aus Sicht des Klägers erforderlich gewe-sen, beide Gutachter zwecks Erläuterung ihrer Gutachten persönlich zu laden. Soweit das Sozialgericht ferner ausführe, dass der klägerische Vorhalt, der Ehemann der Sachver-ständigen Dr. W ... sei gleichfalls Musiker, weswegen eine Besorgnis der Befangenheit gegeben wäre, nicht greife, könne dem nicht gefolgt werden. Aus Sicht des Klägers, der Musiker war und diese Tätigkeit krankheitsbedingt aufgeben musste, könne sehr wohl die Besorgnis der Befangenheit bestehen, wenn er in Erfahrung bringe, dass der Ehemann der Sachverständigen ebenfalls den Beruf eines Musikers ausübe. Darüber hinaus habe das Sozialgericht Ermittlungen zu den weiteren Erkrankungen des Klägers nicht durchgeführt. Insbesondere sei kein pulmologisches Sachverständigengutachten eingeholt worden, obwohl dies wegen der klägerischen COPD-Erkrankung dritten Grades erforderlich gewesen wäre. Die COPD-Erkrankung sei für den Kläger mit erheblichen und schleichen-den Einschnitten im Alltagsleben verbunden. Eine schrittweise Einstellung sportlicher und körperlicher Aktivitäten sei die Folge gewesen. Die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers habe sich bereits derart reduziert, dass es zu Atemnotzuständen bei einfachem Treppensteigen komme. Mit der Atemnot und Herzrasen bestünden beim Kläger zusätzli-che Funktionseinschränkungen auf kardiologischem und pulmologischem Fachgebiet. Der Kläger leide daneben an einer Depression schwersten Grades und Angstzuständen, wel-che nicht nur eine Verkürzung der Lebenserwartung, sondern auch eine erhebliche Min-derung der Lebensqualität mit sich brächten. Freizeitaktivitäten und Tätigkeiten im Haus-halt seien praktisch komplett eingestellt worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.3.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2013 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nebst Zinsen gemäß § 44 SGB I zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Befundberichte von Dr. G ..., Facharzt für Innere Medizin / Kardiologie, vom 12.2.2016, von Dr. S ..., Facharzt für Orthopädie / Unfallchirurgie, vom 18.2.2016, von Dr. T ..., Fachärztin für Augenheilkunde, vom 24.2.2016 (Eingang bei Gericht), von Dr. C ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 25.2.2016 (Eingang bei Gericht), von Dr. H ..., Facharzt für Innere Medizin, vom 8.3.2016 (Eingang bei Gericht) und von Dipl.-Med. E ..., Facharzt für Neurologie / Psychiatrie / Chirotherapie, vom 15.3.2016 eingeholt. Der Senat hat des Weiteren das psychiatrische Gutachten nebst testpsychologischem Zusatzgutachten von Dr. I., Chefarzt der Klinik für Psychiatrie des Helios R ..., Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin, vom 5.12.2016 beigezo-gen. In dem auf einer psychiatrischen Exploration vom 19.9.2016 beruhenden Gutachten hat der Sachverständige die Diagnosen "rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und kombinierte Persönlichkeitsstörung" gestellt und in der Leistungsbeurteilung angegeben, dass der Kläger trotz seiner Gesundheitsstörungen noch über ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte körperliche Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung weiterer Funktionseinschränkungen verfüge. Auf Anregung des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des auf Antrag des Klägers in erster Instanz gehörten Dipl.-Med. E ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 12.5.2017 zum Gutachten von Dr. I ... ein-geholt, in der Dipl.-Med. E ... seine Leistungsbeurteilung verteidigt hat. Zu dieser Stel-lungnahme hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. I. vom 26.6.2017 eingeholt. Mit Schreiben vom 8.8.2017 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut Einwen-dungen gegen das Gutachten von Dr. I ... geltend gemacht und einen Bescheid der Kran-kenkasse Y ..., Pflegekasse, vom 13.6.2017 zugesandt, mit dem dem Kläger ab dem 1.4.2017 Pflegegeld nach einem Pflegegrad 3 bewilligt wurde. Dem Schreiben war ein Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 7.6.2017 von der Sachverständigen Q ... beigegeben (gewichteter Punktwert hinsichtlich der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten sowie der Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen von 15,00, der Selbstversorgung von 20,00, der Bewältigung von selbstständigem Umfang von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen von 5,00 und der Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte von 7,50, mithin eine Summe der gewichteten Punkte von 47,50 Punkte). Zu den Einwenden des Prozessbevollmächtigten des Klägers und den weiteren Unterlagen hat der Senat erneut eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. I. vom 30.10.2017 eingeholt, in der der Sachverständige keine Änderung seiner Leistungs-einschätzung vorgenommen hat. Zur Ermittlung des Sachverhalts hat der Senat ferner das fachinternistisch-pulmologische Gutachten von Dr. J., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin, vom 15.8.2018 eingeholt. In dem auf einer Untersuchung des Klägers vom 12.6.2018 beru-henden Gutachten hat der Sachverständige die Diagnosen "arterielle Bluthochdrucker-krankung, bis März 2017 ausgeprägter Nikotinabusus, Adipositas, Hyperlipoproteinämie, COPD, 2015 Erstdiagnostiziert, depressive Störung, Angststörung sowie somatoforme Schmerzstörung, kombinierte Persönlichkeitsstörung, soziale Phobie mit Rückzugsten-denzen, Restless-Legs-Syndrom und chronisches LWS-Syndrom" gestellt und im Ergebnis angegeben, dass von den internistischen Erkrankungen her der Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie etwa die Tätigkeiten als Mitarbeiter Poststelle, Pförtner in Verwaltungsgebäuden und Verpacker von Kleinteilen, mehr als sechs Stunden täglich verrichten könne.

Mit Schreiben vom 24.10.2018 hat die Beklagte dem Senat unter anderem mitgeteilt, dass im Versicherungskonto des Klägers lediglich rentenrechtliche Zeiten bis zum 26.6.2013 dokumentiert seien, weswegen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nur bei Eintritt eines Leistungsfalls bis spätestens 31.7.2015 erfüllt wären. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen könnten auch nicht über die Sonderregelung des § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt werden, da bereits vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt gewesen sei. Dem Schreiben war ein Ver-sicherungsverlauf vom 24.10.2018 beigefügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen sowie der Verwaltungsvorgänge, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht be-gründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 15.2.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2013 ist rechtmäßig und ver-letzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI in der ab 1.1.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I, S. 1827).

Der Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI. Bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1, jeweils Nr. 2 und 3) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbs-gemindert sind (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1), bzw. auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer-stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Abs. 1 Satz 2). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Abs. 2 Satz 2). Erwerbsgemindert ist hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3). Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat auch, wer auf nicht absehbarer Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, wenn er keine Teilzeitstelle inne hat und der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen ist (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2011, B 13 R 78/09 R, SozR 4-2600 § 43 Nr. 16).

1. Ab dem 1.8.2015 sind im Fall des Klägers die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Er-werbsminderung (vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) nicht mehr erfüllt. Ent-sprechend der Auskunft der Beklagten vom 24.10.2018 müsste ein Leistungsfall bis spä-testens zum 31.7.2015 eingetreten sein. Mit dem bezeichneten Schreiben hat die Beklagte dem Senat unter anderem mitgeteilt, dass im Versicherungskonto des Klägers lediglich rentenrechtliche Zeiten bis zum 26.6.2013 dokumentiert sind, weswegen die versiche-rungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nur bei Eintritt eines Leistungsfalls bis spätestens 31.7.2015 erfüllt wären. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen können auch nicht über die Sonderregelung des § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt werden, da bereits vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt gewesen ist. Dem Schreiben war ein Versicherungsverlauf vom 24.10.2018 beigefügt, nachdem auch nach Auffassung des Senats die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbs-minderung nur dann erfüllt wären, wenn beim Kläger volle bzw. teilweise Erwerbsminde-rung bis zum 31.7.2015 eingetreten ist. Dies ist der späteste Zeitpunkt, zu dem in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, also vom 31.7.2010 bis 30.7.2015, ausreichend Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet worden sind.

2. Von einem Eintritt des Leistungsfalls zu einem Zeitpunkt bis zum 31.7.2015 ist der Senat aber nicht mit der notwendigen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit über-zeugt. Im vorliegenden Fall ist eine Erwerbsminderung des Klägers im Sinne der genann-ten Vorschriften bis zum 31.7.2015 nicht gegeben, da er mit seinem verbliebenen Rest-leistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – noch bis zum 31.7.2015 in der Lage war, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für min-destens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den übli-chen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein konnte (§ 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Halbs. 1 SGB VI). Dies ergibt sich aus den vom Sozialgericht und vom Senat eingeholten Sachverständi-gengutachten, namentlich dem psychiatrischen Gutachten von Dr. W ..., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 24.4.2014, dem psychiatrischen Gutachten nebst test-psychologischem Zusatzgutachten von Dr. I ..., Chefarzt der Klinik für Psychiatrie des He-lios R ..., Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin, vom 5.12.2016 und dem fachinternistisch-pulmologischen Gutachten von Dr. J ..., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin, vom 15.8.2018. Die ausführlichen Gutachten, die übereinstimmend zumindest eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für den Kläger für vollwertig verrichtbar erachten, setzen sich eingehend, mit objektiv erhobenen Befunden untermauert, mit den Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers auseinander, beziehen alle vorliegenden und im Verfahren beigezogenen Krankenunterlagen, Befundberichte sowie bisherigen Gutachten ein und gelangen nachvollziehbar zu der getroffenen Leistungseinschätzung:

a) Die Sachverständige Dr. W ..., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, hat in ihrem auf einer Untersuchung des Klägers vom 22.4.2014 beruhenden psychiatrischen Gutachten vom 24.4.2014 unter Angabe der Diagnosen "Angst- und depressive Störung gemischt, bei Persönlichkeitsakzentuierung mit narzisstischen Zügen, Restless-Legs-Syndrom, wechselhaft auftretendes Schmerzsyndrom im Bereich der Wirbelsäule ohne neurologisches Defizit, Bluthochdruck und Adipositas" eine ausführliche Befundlage ge-schildert und zusammenfassend festgestellt, dass aus neurologischer Sicht die fachge-bietsbezogenen Gesundheitsstörungen zu qualitativen, nicht aber zu quantitativen Ein-schränkungen führen. Auf psychiatrischem Gebiet liegt beim Kläger zuvörderst eine Angst- und depressive Störung gemischt mit einer leichten depressiven Symptomatik und einer Neigung zu psychosomatischen Reaktionsmechanismen (Magen-Darm-Be-schwerden, Probleme mit den Augen und Schmerzen) bei Persönlichkeitsakzentuierung mit narzisstischen Zügen vor. In der Gutachtenssituation haben sich keine Hinweise auf Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit gezeigt. Nach Ansicht der Sachver-ständigen hat sich der Kläger mit seinen Beschwerden im Laufe der Jahre mehr oder we-niger arrangiert. Eine Tätigkeit als Musiker sei für ihn nicht mehr vorstellbar, was die Sachverständige in Anbetracht der psychischen Gesundheitsstörungen auch nachvollzie-hen konnte. Die beim Kläger vorliegende psychische Erkrankung ist aber nicht so schwerwiegend ausgeprägt, dass sie den Lebenslauf und die Lebensplanung soweit übernommen hat und dass eine Überwindbarkeit – willentlich und/oder durch Therapie – nicht mehr möglich erscheint. Ausgeprägte Einschränkungen sowohl im Alltagsleben, als auch in der sozialen Partizipation sind beim Kläger nicht nachweisbar gewesen. Es resul-tieren daher zwar zweifelsfrei qualitative Einschränkungen bei einem Einsatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, unter Beachtung des Leistungsbildes sind aber keine quantita-tiven Leistungseinschränkungen nachzuvollziehen. Trotz seiner Gesundheitsstörungen ist der Kläger nach Dr. W ... noch in der Lage gewesen, körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Der Kläger konnte ohne unzumutbare Schmerzen und ohne Gefährdung seiner Gesundheit auch die Tätigkeiten eines Pförtners, eines Pförtners in Verwaltungsgebäuden, eines Mitarbeiters Poststelle und Kontroll- und Sortiertätigkeiten in der Kunststoff- und Metallindustrie mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Die Notwendigkeit der Einhaltung längerer oder nicht üblicher Arbeitspausen hat nicht bestanden. Zu vermeiden hat der Kläger das Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken und Tätigkeiten verbunden mit Körperzwangshaltungen, Tätigkeiten im Akkord bzw. unter hohem Zeitdruck, Tätigkeiten mit hohen bzw. anhaltenden Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsver-mögen sowie das Anpassungs- und Umstellungsvermögen und Tätigkeiten, verbunden mit häufig wechselnden Arbeitszeiten sowie Nachtarbeit. Die Sachverständige hat angegeben, dass sich die Konzentrationsfähigkeit des Klägers als deutlich unterdurchschnittlich darstellt, das technische Verständnis gut ist, die Reaktions- und Übersichtsfähigkeit sowie die Ausdauer und das besondere Verantwortungsbewusstsein durchschnittlichen Anforderungen genügt und die Anpassung und geistige Beweglichkeit aufgrund der psy-chiatrischen Gesundheitsstörungen beeinträchtigt sind, was zusammen betrachtet zu qua-litativen Leistungseinschränkungen, nicht aber zu quantitativen Einbußen führt. Die Sachverständige hat angegeben, dass das beschriebene Leistungsbild ihrer Ansicht nach seit Antragstellung im Januar 2013 besteht. In Anbetracht des Verlaufs mit zuneh-mender beruflicher Unzufriedenheit ab 2006 und inzwischen deutlich bestehenden Exis-tenzängsten geht sie davon aus, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in ab-sehbarer Zeit nicht wesentlich bessern wird. Angezeigt seien die Aufnahme einer ambu-lanten Psychotherapie sowie die Optimierung der psychiatrischen Behandlung. Der Kläger ist wegefähig und kann viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Me-tern in weniger als 20 Minuten ohne übermäßige Anstrengung zu Fuß zurücklegen. Er kann auch ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen und ist in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen.

b) Dieses von der Sachverständigen Dr. W ... aufgezeichnete Leistungsbild des Klä-gers hat auch der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. I ..., Chefarzt der Klinik für Psy-chiatrie des Helios R ..., Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin, in seinem psychiatrischen Gutachten nebst testpsychologischem Zusatzgutach-ten vom 5.12.2016 bestätigt. In dem auf einer psychiatrischen Exploration vom 19.9.2016 beruhenden Gutachten hat der Sachverständige die Diagnosen "rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerz-störung und kombinierte Persönlichkeitsstörung" gestellt, eine ausführliche Befundlage aufgezeichnet und angegeben, dass der Kläger bei den psychosozialen Kriterien Auf-merksamkeit, Konzentration und Gedächtnisleistung, kognitive Flexibilität und emotionale Schwingungsfähigkeit klinisch keine Einschränkungen gezeigt hat. Beim Kläger liegen mäßige Symptome und Schwierigkeiten bezüglich der sozialen und beruflichen Leistungs-fähigkeit vor. Die Organisation der Lebensführung offenbart aber noch viele positive An-sätze und Ressourcen, die sich auch nach eigenen Angaben des Klägers in den letzten Jahren nicht weiter verschlechtert haben. Bei den Handlungsmerkmalen hat der Kläger ein breites Handlungs- und Aktivitätsspektrum, einschließlich Zuverlässigkeit und Hand-lungskompetenz sowie Interaktions- und Kommunikationstendenz ohne wesentliche Ein-schränkungen gezeigt. Der Sachverständige hat eine subdepressiv ausgelenkte Stim-mungslage bei normalem Antrieb festgestellt. Es hat sich eine intermittierend leichte psychomotorische Unruhe gezeigt, wobei Schwingungsfähigkeit gegeben gewesen ist. Es bestehen ein seit mehreren Jahren Antriebs- und Interessenverlust und eine passager erhöhte Grübelneigung. Die Gedankengänge des Klägers sind zur Begutachtung inhaltlich und formal geordnet gewesen. Ersichtlich waren in Bezug auf die Testpsychologie – vor-rangig bei der Leitungstestung – Aggravationstendenzen. Es besteht insgesamt ein deut-licher Widerspruch zum klinischen Untersuchungsbefund. Komplizierte Fragestellungen sowie raschen Themenwechsel hat der Kläger problemlos folgen können. Trotz seiner Gesundheitsstörungen verfügt der Kläger nach den Ausführungen von Dr. I. noch über ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung weiterer Funktionseinschränkungen. Die vom Sachverständigen festgestellten Gesundheitsstörungen besitzen nur qualitative, aber keine quantitativen Funktionsein-schränkungen für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Aus psychiatrischer Sicht kann der Klä-ger noch leichte Arbeiten verrichten. Ebenso sind Tätigkeiten als Verpacker von Kleintei-len, Mitarbeiter Poststelle und Pförtner von Verwaltungsgebäuden noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Der Sachverständige hat angegeben, dass die begründete Aussicht besteht, dass sich der Gesundheitszustand und die Erwerbsfähigkeit des Klägers in absehbarer Zeit (innerhalb von sechs Monaten) betreffend die qualitativen Einschränkungen verbessern ließen. Der Sachverständige hat eine vollstationäre psychiatrische Behandlung und nachfolgend eine baldige stationäre Rehabilitationsmaßnahme in einer Fachklinik empfohlen. Die dort vorzunehmende medikamentöse Optimierung der bereits bestehenden antidepressiven Medikation und gegebenenfalls eine neuroleptische Einstellung werde mit hoher Wahr-scheinlichkeit eine Besserung des psychischen Befindens ergeben. Unterstützend sollten weiterführende psychotherapeutische Einzelgespräche stationär und ambulant erfolgen. Danach sei eine ambulante psychotherapeutische Behandlung empfehlenswert. Als negatives Leistungsbild hat der Sachverständige angegeben, dass der Kläger aufgrund der vorliegenden psychiatrischen Erkrankungen nur noch überwiegend leichte Tätigkeiten verrichten kann. Dem Kläger sind Arbeiten im Sitzen, Stehen oder Gehen zu gleichen Anteilen bzw. in wechselnder Körperhaltung möglich. Einschränkungen bestehen im Rahmen der somatischen Erkrankungen. Ein Arbeiten ist sowohl im Freien, als auch in geschlossenen Räumen möglich. Aus fachärztlich-psychiatrischer Sicht bestehen keine Einwände gegen leichtes Heben und Tragen, gegen häufiges Bücken und Treppensteigen und Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Fingerfertigkeit. Arbeiten an Maschi-nen und am Fließband sind dem Kläger wegen der hohen Anforderung an die Konzentra-tion nicht zu empfehlen. Arbeiten unter ständigem Zeitdruck, auf Leitern und Gerüsten, unter gewissen Einflüssen der Umwelt und das Heben und Tragen schwerer oder mittel-schwerer Lasten sind ebenfalls nicht zu empfehlen. Aus psychiatrischer Sicht sind keine besonderen Arbeitsbedingungen, wie etwa betriebsunübliche Pausen erforderlich. Aus aktueller psychiatrischer Sicht ist die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers nicht als gemindert anzusehen. An den Kläger sollten jedoch keine besonderen Anforde-rungen an die Konzentrationsfähigkeit, das technische Verständnis, die Reaktions- und Übersichtsfähigkeit und an die Ausdauer gestellt werden. Darüber hinaus sollte unbedingt beachtet werden, dass Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die kognitive Flexibilität (geistige Beweglichkeit) sowie mit erforderlicher Verantwortungsübernahme auszuschlie-ßen sind. Aus psychiatrischer Sicht bestehen keine Einschränkungen des Arbeitsweges und bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Dem Kläger ist es aus Sicht des Sachverständigen möglich, viermal täglich eine Wegestrecke von mehr als 500 Metern in zumutbarem Zeit-aufwand und ohne übermäßige Anstrengung zurückzulegen. Der Kläger kann auch ein Kraftfahrzeug benutzen. Nach Ansicht des Sachverständigen besteht das behandlungsbedürftige psychiatrische Krankheitsbild mindestens seit April 2014. Hinsichtlich der bereits eingeholten Gutachten hat der Sachverständige angegeben, dass er der sozialmedizinischen Einschätzung von Dr. W ... beipflichtet. Deren diagnostische Einschätzung mit Angst und Depression gemischt bei Persönlichkeitsakzentuierung mit narzisstischen Zügen wertet er aktuell als rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode, als anhaltende somatoformen Schmerzstörung und kombi-nierte Persönlichkeitsstörung. Der Sachverständige hat angegeben, dass die Begutachtung des Klägers entsprechend der richterlichen Genehmigung in Anwesenheit der Lebenspartnerin V ... erfolgte, was teilweise die Aussagen verfälscht habe.

Zu der auf Anregung des Prozessbevollmächtigten des Klägers eingeholten ergänzenden Stellungnahme des auf Antrag des Klägers in erster Instanz gehörten Dipl.-Med. E ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 12.5.2017 hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. I ... vom 26.6.2017 eingeholt. Die durch den Kläger artikulierte Ablehnung jeglicher Behandlungsmöglichkeiten, stellt nach Ansicht des Sachverständigen Dr. I ... einen deutlichen Widerspruch zu den vorhandenen Beschwer-den des Klägers dar. Gleiches gilt für den Umstand, dass im gesamten Behandlungszeit-raum keine stationäre Behandlungen und keine Anpassungen der medikamentösen The-rapie erfolgten. Im Rahmen der unverändert fehlenden Behandlungsbereitschaft und -motivation wird nach den Ausführungen von Dr. I ... im Rahmen des ausgeprägten Ver-meidungsverhaltens deutlich, dass mit der Ablehnung der Durchführung einer adäquaten Therapie ein übergeordnetes Rentenbegehren des Klägers besteht. Nach Ansicht des Sachverständigen ist der Kläger bewusst und auch unbewusst nicht gewillt, an seiner ak-tuellen Situation etwas zu verändern und damit verbunden, seine Lebensqualität zu stei-gern. Insgesamt ist der Kläger trotz der festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen bei zumutbarer Willensanspannung in der Lage, mit ärztlicher Hilfe innerhalb eines halben Jahres die Gesundheitsstörungen zu überwinden. Es ist nach den erhobenen Befunden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass entsprechende Heilmaßnahmen eine Besserung innerhalb der nächsten sechs Monate bedingen. Als Resultat einer stationären Rehabilitationsmaßnahme ist mit großer Wahrscheinlichkeit mit Verbesserun-gen im Bereich der sozialen Alltagsbewältigung sowie der Krankheits- und Einsichtsfähig-keit des Klägers zu rechnen, was sich wiederum positiv auf die Leistungsfähigkeit auswir-ken würde. In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. I ... vom 30.10.2017 hat der Sachverständigen angegeben, dass die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers behaupteten Aufmerksamkeitsdefizite im Alltag rein anamnestische Angaben des Klägers sind, welche sich nicht im psychopathologischen Befund objektivieren lassen haben. Im Übrigen haben sich am 19.9.2016 keine Anhaltspunkte für kognitiv-mnestische Defizite gezeigt, auch haben sich keine Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsdefizite feststellen lassen. Hinsichtlich des vom Kläger demonstrierten Aufmerksamkeitsdefizits verwies der Sachverständige auf eine deutliche Diskrepanz zwischen der Testpsychologie und der Erhebung des psychopathologischen Befundes. Hier werde eine Aggravation des Klägers ersichtlich. Nach wie vor geht der Sachverständige von nicht ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten aus. Beim Kläger läge ein ausgeprägtes soziales Schonverhalten vor. Der Sachverständige wiederholte, dass im Rahmen der unverändert mangelnden Behandlungsbereitschaft und -motivation seitens des Klägers die bestehenden Krank-heitsbilder und die entsprechenden Krankheitssymptome kritisch hinterfragt werden müs-sen. Deutlich sei im Rahmen des ausgeprägten Vermeidungsverhaltens hinsichtlich einer adäquaten Therapie ein Rentenbegehren zu sehen. Nach Ansicht des Sachverständigen ist der Kläger schon bei der Begutachtung bewusst nicht gewillt gewesen, an seiner aktu-ellen Situation etwas zu verändern und damit seine Lebensqualität zu steigern. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers angebe, dass dem Kläger die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund seiner sozialen Phobie nicht möglich sei, hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass solches von ihm nicht festgestellt werden konnte.

c) Auch der wegen der vorgetragenen COPD-Erkrankung des Klägers gehörte Sach-verständige Dr. J ..., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin, hat in sei-nem fachinternistisch-pulmologischen Gutachten vom 15.8.2018 kein aufgehobenes Leis-tungsbild des Klägers für den allgemeinen Arbeitsmarkt feststellen können. In dem auf einer Untersuchung des Klägers vom 12.6.2018 beruhenden Gutachten hat der Sachver-ständige die Diagnosen "arterielle Bluthochdruckerkrankung, bis März 2017 ausgeprägter Nikotinabusus, Adipositas, Hyperlipoproteinämie, COPD, 2015 erstdiagnostiziert, depres-sive Störung, Angststörung sowie somatoforme Schmerzstörung, kombinierte Persönlich-keitsstörung, soziale Phobie mit Rückzugstendenzen, Restless-Legs-Syndrom und chro-nisches LWS-Syndrom" gestellt. Der Sachverständige hat eine ausführliche kardio-pulmonale Befundlage aufgezeichnet, sich mit der Anamnese und den Vorbefunden be-schäftigt und im Ergebnis angegeben, dass von den internistischen Erkrankungen her der Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie etwa die Tätigkeiten als Mitarbeiter Poststelle, Pförtner in Verwaltungsgebäuden und Verpacker von Kleinteilen, mehr als sechs Stunden täglich verrichten kann. Die Tätigkeiten sollen im Wechsel zwi-schen Sitzen, Stehen und Gehen erfolgen, sofern der überwiegende Anteil der Arbeiten im Sitzen geschieht. Kürzere Phasen im Stehen und nur sehr geringe im Gehen müssen gewährleistet sein. Zwangshaltungen sind zu vermeiden. Gleiches gilt für Tätigkeiten mit ständigem Zeitdruck aufgrund der psychiatrischen Grunderkrankungen. Aufgrund der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen (COPD) müssen Tätigkeiten mit schädli-chen Umwelteinflüssen (inhalative Noxen, Gase, Stäube) vermieden werden. Wegen der somatischen Reaktion auf psychischen Druck (unsicheres Gehen, unsichere Handlungen) sind Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Fingerfertigkeit, an laufenden Ma-schinen und am Fließband nicht mehr möglich. Das Heben und Tragen von Lasten über fünf Kilogramm soll vermieden werden. Der Sachverständige hat angegeben, dass zu-sätzliche und unübliche Arbeitspausen nicht erforderlich sind. Die Anpassungs- bzw. Um-stellungsfähigkeit des Klägers ist aus psychiatrischen Gründen entsprechend einge-schränkt. Bereits das Befolgen leichter Übungen (Kniebeugen) führe beim Kläger zu einer deutlichen körperlichen Einschränkung in Bezug auf eine Unsicherheit und ein Schwanken bei der Bewegung. Die Reaktions- und Übersichtsfähigkeit sowie die Ausdauer seien relevant eingeschränkt. Die Konzentrationsfähigkeit während des gutachterlichen Ge-sprächs zur Anamneseerhebung ist demgegenüber normal gewesen. Zum technischen Verständnis konnte der Sachverständige keine Aussage treffen. Hinsichtlich der Wegefähigkeit hat der Sachverständige angegeben, dass keine Ein-schränkungen bestehen. Auch die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist dem Kläger aus internistischer Sicht möglich.

d) Es gibt entgegen der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgetragenen Ansicht keine nachvollziehbaren Gründe, weshalb nach Einholung des Sachverständi-gengutachtens von Dr. J. weitere internistische Sachverhaltsaufklärungen erforderlich sein sollen. Anders als der Klägerbevollmächtigte meint, ist es unschädlich, dass Dr. J kein Facharzt für Pulmologie ist. Der Kläger hat innere Erkrankungen behauptet und dem ist der Senat durch Einholung eines internistischen Gutachtens nachgekommen. Das Gutachten von Dr. J ... ist auch nicht etwa deshalb unverwertbar, weil der Sachverständi-gen nicht die Diagnostik bzw. Untersuchungen durchgeführt hat, die der Kläger selbst für notwendig erachtet (Bronchoplasmolyse und Belastungsuntersuchung mittels Rechts-herzkatheder alternativ zur Spiroergometrie). Die medizinischen Sachverständigen unter-liegen als Hilfspersonen des Gerichts zur Ermittlung medizinischer Sachverhalte zwar dem Weisungs- und Leitungsrecht des Gerichts nach § 202 SGG i. V. m. § 404a Abs. 1 ZPO. Dieses geht jedoch nicht so weit, dass in die gutachterliche Kerntätigkeit eingegriffen werden darf, zumal dem Gericht – und dem Kläger im Übrigen auch – die hierfür er-forderliche medizinische Sachkunde fehlt. Jedem medizinischen Sachverständigen obliegt es daher selbst zu bestimmen, welche Untersuchungen und diagnostische Maßnahmen er für die Beantwortung der Beweisfragen für erforderlich erachtet, und dies immer unter dem Gesichtspunkt, dass es sich bei der Begutachtung im Rentenversicherungsrecht um eine sogenannte Zustandsbegutachtung handelt (vgl. zuletzt BSG, Beschluss vom 28.2.2017, B 13 R 37/16 BH, zitiert nach juris). In diesem Sinne war es allein dem Sach-verständigen Dr. J ... vorbehalten, entsprechende Untersuchungen und diagnostische Maßnahmen durchzuführen oder eben nicht.

e) Demgegenüber kann sich der Senat den Feststellungen zur Leistungsbeurteilung im Gutachten von Dipl.-Med. E ..., Facharzt für Neurologie / Chirotherapie / Psychiatrie, in dessen neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten vom 7.8.2014 nicht annähern. Die von diesem Sachverständigen angenommene Leistungseinschränkung auf unter drei Stunden ist in sich nicht konsistent. Die von Dipl.-Med. E ... festgestellten Befunde lassen eine entsprechende Leistungseinschränkung auf nur noch unter drei Stunden nicht zu. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass das Gutachten von Dipl.-Med. E ... im psychischen Befund von einer Vorrangigkeit der anamnestischen Angaben des Klägers ausgeht. Eine objektive Darstellung etwa von Konzentration und Auffassung nach den Richtlinien zur Begutachtung im gesetzlichen Rentenrecht erfolgt auch nach Ansicht des gerichtlich be-stellten Sachverständigen Dr. I ... im Gutachten von Dipl.-Med. E ... nicht. Dr. I ... führt hierzu ergänzend aus, dass er und auch die erstinstanzliche Sachverständige Dr. W ... das Insuffizienzerleben des Klägers im Vergleich zum Gutachten von Dipl.-Med. E ... nicht in den psychopathologischen Befund aufgenommen hat. Denn im psychopathologischen Befund sollen Auffassung und Konzentration objektiv psychiatrisch begutachtet und dar-gestellt werden. Es sollen aber nicht anamnestische Angaben beispielsweise über "Kon-zentrationsschwierigkeiten" als psychopathologischer Befund eingestuft werden. Zusam-menfassend ist dies nach Ansicht von Dr. I ... die Hauptursache für die Diskrepanz zwi-schen den Sachverständigengutachten in der medizinischen Beurteilung. Dem ist aus Sicht des Senates nichts mehr Wesentliches hinzuzufügen. Es bestehen für den Senat daher erhebliche Zweifel an der Plausibilität des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Med. E ... vom 7.8.2014. Zur Untermauerung dieser Ansicht verweist der Senat auf die oben erwähnten ergänzenden Stellungnahmen des gerichtlich bestellten psychiatrischen Sachverständigen. Dr. I ... hat ausgeführt, dass er der sozial-medizinischen Einschätzung eines Leistungsvermögens von unter drei Stunden täglich für leichte körperliche Arbeiten aufgrund seiner Untersuchungen und der Befunderhebung nicht zustimmen kann. Selbst wenn der Sachverständige Dipl.-Med. E ... von einem Be-handlungsfall ausgeht, ist mit Dr. I ... darauf hinzuweisen, dass im gesamten Behand-lungszeitraum keine stationäre Behandlung des Klägers stattgefunden hat und auch keine ambulanten medikamentösen Therapieanpassungen erfolgten, was im Widerspruch zu den beklagten Leistungseinschränkungen steht.

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass das Gericht über das Vorliegen der ent-scheidungserheblichen Tatsachen im Sinne von § 43 SGB VI unter Berücksichtigung aller erreichbaren Indizien in freier Beweiswürdigung und ohne Bindung an vorhandene Gut-achten entscheidet. Bei der Beurteilung des vorliegenden medizinischen Sachverhalts bedient sich der Senat der Sachkunde und dem Sachverstand in Bezug auf das psychiat-rische Fachgebiet den Ausführungen von Dr. I ... Demgegenüber steht der Senat den medizinischen Äußerungen von Dipl.-Med. E ... aus oben genannten Gründen kritisch gegenüber und entscheidet sich bei den vorliegenden divergierenden Gutachten für die Auffassungen von Dr. I ... und von Dr. W ..., zumal deren Gutachten in den jeweiligen me-dizinischen Aussagen schlüssig, konsistent und plausibel sind. Der Senat weicht damit in seiner freien Beweiswürdigung in einer medizinischen Frage nicht von derjenigen eines medizinischen Gutachters ab (vgl. zu den Grenzen der richterlichen Beweiswürdigung bei medizinischen Sachverhalten BSG, Beschluss vom 13.9.2005 – B 2 U 365/04 B –, Rn. 9, juris).

Nach all dem lässt sich ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen voller oder teil-weiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI aufgrund der vorliegenden medizinischen Sachverhaltsermittlungen und dem dargestellten Leistungsbild nicht erklären. Die vom Sozialgericht und vom Senat eingeholten drei Gutachten gehen – wie dargestellt – über-stimmend davon aus, dass der Kläger trotz seiner Gesundheitsstörungen noch in der Lage ist, wenigstens sechs Stunden täglich einer zumindest leichten Erwerbstätigkeit nach-zugehen. Die Sachverständigen haben sich eingehend mit den Gesundheitsstörungen des Klägers beschäftigt und die vorhandenen Befunde der behandelnden Ärzte ausgewertet. Es bestehen seitens des Senats keine Zweifel an den schlüssigen und nachvollziehbaren Ergebnissen der medizinischen Sachverständigen. Der Senat schließt sich der Leistungseinschätzung der Sachverständigen Dr. W ..., Dr. I ... und Dr. J ... an. Auch aus den übrigen vom Kläger eingereichten, vom Senat und vom Sozialgericht eingeholten medizinischen Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein vermindertes quanti-tatives Leistungsvermögen des Klägers. Die geschilderten Gesundheitsstörungen führen lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen, die auch von den Sachverständigen umfassend gewürdigt wurden.

3. Trotz dieses festgestellten Leistungsvermögens des Klägers von sechs Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch dann gegeben, wenn bei ihm eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifi-sche Leistungsbehinderung vorliegen würde und dem Kläger keine Tätigkeit benannt werden könnte, die er trotz seiner qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 – B 5 RJ 64/02 R, juris). Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu be-nennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsge-minderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen wer-den kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 64/02 R, in juris). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt jedoch ebenso wenig vor wie eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Die oben dargestellten qualitati-ven Leistungseinschränkungen, von denen der Senat ausgeht, sind weder zahlreich noch schränken sie den möglichen Einsatzbereich des Klägers auf dem allgemeinen Arbeits-markt erheblich ein. Die Art der qualitativen Einschränkungen des Klägers bedingen keine ernsten Zweifel daran, dass sein Restleistungsvermögen noch Tätigkeiten erlaubt, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zu-sammensetzen von Teilen usw. (vgl. BSG, Urteil vom 9.5.2012 – B 5 R 68/11 R, SozR 4-2600 § 43 Nr. 18 – juris, Rn. 25). Eine besondere Handgeschicklichkeit ist hierfür in der Regel nicht erforderlich bzw. damit nicht verbunden. Die Benennung einer Verweisungstätigkeit entfällt. Darüber hinaus wäre der Kläger nach den Einschätzungen von Dr. I ... und Dr. J ... auch in der Lage, z. B. eine Tätigkeit als Pförtner in Verwaltungsgebäuden vollschichtig auszuüben.

4. Seitens des Senats bestehen auch keine Zweifel an der Verwertbarkeit des vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens von Dr. W ... vom 24.4.2014, insbesondere liegt eine Befangenheit der Sachverständigen nicht vor. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers sein bereits in der ersten Instanz mit Schreiben vom 6.2.2015 gestelltes Be-fangenheitsgesuch in der Berufungsschrift wiederholte und somit im Berufungsverfahren aufrechterhielt, ist dieser Befangenheitsantrag gegen die Sachverständige bereits unzu-lässig. Der Senat ist zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht zuständig, da die Sachverständige Dr. W ... im Berufungsverfahren weder ernannt noch angehört worden ist. Gemäß § 406 Abs. 2 und 4 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG ist das Gericht, von dem der Sachverständige ernannt worden ist, für die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch zuständig, also in der Regel das Prozessgericht erster Instanz, auch wenn ein Urteil bereits ergangen und Rechtsmittel eingelegt ist (so auch OLG Köln, Beschluss vom 15.12.2006, 22 U 93/06; Bayer. ObLG, Beschluss vom 9.4.1997, 3Z BR 75/97, 3Z BR 85/97 - m.w.N.; Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 406 Rn. 12, 15; Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 406, Rn. 10; Baum-bach/Lauterbach/Albers/B., ZPO, 74. Aufl. 2016, § 406, Rn. 21; a. A. OLG Koblenz, Be-schluss vom 7.1.2000, 1 U 1644/98; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.2.2013, 23 U 185/11, 23 U 185/11). Die Anhängigkeit in der Rechtsmittelinstanz ändert weder die Zuständigkeit des Gerichts, bei dem das Ablehnungsgesuch anzubringen ist, noch nimmt es diesem die Befugnis zur Entscheidung darüber (§ 406 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG) (Bayerisches LSG, Beschluss vom 5.5.2017, L 20 SF 72/17 AB, zitiert nach juris).

Der Vollständigkeit halber weist der Senat auf Folgendes hin: Zum einem ist bei Lektüre des angefochtenen Gerichtsbescheids unschwer erkennbar, dass das Sozialgericht bereits über das Befangenheitsgesuch des Klägers gegen die Sachverständige Dr. W ... entschieden hat. Im Übrigen gilt Folgendes: Selbst dann, wenn entgegen den obigen Ausführungen zur Zuständigkeit und im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass nach einer instanzabschließenden Entscheidung ein Befangenheitsantrag gegen eine Gerichtsperson wegen prozessualer Überholung nicht mehr gestellt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 27.1.1993 - 6 RKa 2/91, und Beschluss vom 6.6.2007 - B 8 KN 8/07 B; BVerwG, Urteil vom 30.10.1969 - VIII CB 129, 130.67, VIII CB 129.67, VIII CB 130.67; BFH, Beschluss vom 17.8.1989 - VII B 70/89; BGH, Urteil vom 8.2.2001 - III ZR 45/00, und Beschluss vom 11.7.2007 - IV ZB 38/06), von einer inhaltlichen Entschei-dungsbefugnis des Senats ausgegangen werden würde, könnte der Befangenheitsantrag keinen Erfolg haben. Denn eine für einen zulässigen Befangenheitsantrag erforderliche unverzügliche Geltendmachung des Befangenheitsgesuchs läge nicht vor. Jedenfalls kann nach einem Zeitraum von einem Monat nicht mehr von unverzüglich ausgegangen werden (vgl. Bayer LSG, Beschluss vom 4.7.2016 - L 15 SF 179/16 AB - m.w.N., juris).

5. Anders als der Prozessbevollmächtigte des Klägers meint, waren keine weiteren Sachverhaltsermittlungen erforderlich. Seinem Beweisantrag in der mündlichen Verhand-lung vom 22.1.2019 war seitens des Senats nicht folge zu leisten. Der Senat war objektiv nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären und den beantragten Beweis zu erhe-ben. Vorliegend sind keine entscheidungserhebliche Tatsachen offen geblieben, es fehlen weder für die Beurteilung des Tatbestandsvoraussetzungen des § 43 SGB VI notwendige Feststellungen, noch sind diese nicht prozessordnungsgemäß zustande gekommen. Zwar stellt der Senat die im Beweisantrag vom 22.1.2019 behaupteten – pauschalen – Funktionsstörungen in ihrer Tatbestandsrelevanz nicht in Abrede, allerdings ist über selbige eben bereits mit dem eingeholten psychiatrischen Gutachten von Dr. W ... vom 24.4.2014, dem psychiatrischen Gutachten nebst testpsychologischem Zusatzgutachten von Dr. I. vom 5.12.2016 und dem fachinternistisch-pulmologischen Gutachten von Dr. J. vom 15.8.2018 Beweis zu den medizinischen Tatbestandsvoraussetzungen des § 43 SGB VI erhoben worden. Allein das Ergebnis der Sachverhaltsaufklärung vermag den Kläger nicht zu überzeugen, weil keiner der bezeichneten Sachverständigen die subjektive Überzeugung des Klägers "lediglich noch leichte körperliche Tätigkeiten unter drei Stunden täglich erwerbsmäßig ausüben" zu können, zu objektivieren vermochte. Im Übrigen ist der zum Beweisthema vom Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragte Sachverständige Dipl.-Med. E ... bereits vom Sozialgericht gehört worden und auch der Senat hat sich mit dem entsprechenden Gutachten vom 7.8.2014 beschäftigt; auch von dem vom Kläger zu hören begehrte behandelnde Arzt Dr. H ... ist ein Befundbericht in das Verfahren eingeflossen (Befundbericht vom 8.3.2016 [Eingang bei Gericht]).

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei dem vom Kläger in der mündlichen Verhand-lung gestellten Antrag, die Angabe des konkreten Beweisthemas für den streiterheblichen Zeitraum bis zum 31.7.2015 fehlt. Für die Zeiten danach fehlen dem Kläger jedenfalls die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente (vgl. hierzu oben). Um in der aktuellen Prozesssituation ein Beweisthema für den Senat hinreichend genau zu bezeichnen, hätte der Kläger schon im Hinblick auf die bereits vorliegenden Gutachten von Dr. I ... und von Dr. J ... substantiiert und präzise angeben müssen, warum und welche konkreten Punkte weiter klärungsbedürftig sein sollten (vgl. BSG, Beschluss vom 7.6.2018 – B 9 V 69/17 B –, Rn. 8, juris).

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers wegen der Ausführungen von Dr. J. bezüglich der ins Ermessens des Senats gestellten Einholung eines weiteren psychiatri-schen Gutachtens selbiges begehrt, kann nur noch einmal darauf hingewiesen werden, dass der Eintritt eines Leistungsfalls bis zum 31.7.2015 nachgewiesen sein muss. Ein aktueller oder zukünftiger Leistungsfall ist irrelevant.

Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Er-werbsminderung gemäß § 43 SGB VI.

Aus den genannten Gründen war die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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