L 11 SF 89/20 AB

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 22 AS 3735/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 11 SF 89/20 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Befangenheit eines ehrenamtlichen Richters - Tätigkeit für den Prozessgegner des Ausgangsverfahrens

1. "Mitwirkung" i.S. des § 41 Nr. 7 ZPO setzt eine richterliche Tätigkeit im Ausgangsverfahren voraus. Die nichtrichterliche Tätigkeit für eine Partei des Ausgangsverfahrens genügt nicht.
2. Bei Entschädigungsklagen wegen überlanger Gerichtsverfahren besteht gegen einen ehrenamtlichen Richter nicht schon deshalb die Besorgnis der Befangenheit, weil er im Ausgangsverfahren für den Prozessgegner des Entschädigungsklägers dienstlich tätig geworden ist.
I. Der durch den ehrenamtlichen Richter Z ... angezeigte Sachverhalt begründet keine Besorgnis der Befangenheit.

II. Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den ehrenamtlichen Richter Z ... wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In dem Verfahren L 11 SF 63/18 EK begehrt der Kläger Entschädigung wegen unangemessener Dauer des vor dem Sozialgericht (SG) Leipzig geführten Klageverfahrens S 22 AS 3735/14 und des anschließenden Beschwerdeverfahrens L 7 AS 993/17 NZB vor dem Sächsischen Landessozialgericht (LSG). Für das Entschädigungsverfahren L 11 SF 63/18 EK ist dem Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan der ehrenamtliche Richter Z ... zugeteilt. Mit am 08.06.2020 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat er mitgeteilt, dass ihm der Kläger durch seine berufliche Tätigkeit für das im Ausgangsverfahren beklagte Kommunale Jobcenter Landkreis Leipzig (künftig: Jobcenter) aus diversen Widerspruchs- und Klageverfahren vor dem SG Leipzig bekannt sei und er in diese Verfahren auch involviert gewesen sei. Ausweislich der Akten des Ausgangsverfahrens hat der ehrenamtliche Richter für das Jobcenter die Schriftsätze vom 04.02.2015, 22.04.2015, 22.08.2016, 22.11.2016 und 23.03.2017 gefertigt.

Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Der Kläger hat mitgeteilt, dass er den ehrenamtlichen Richter als befangen ablehne, weil er in mehreren ihn betreffenden Verwaltungsverfahren und auch im beim SG Leipzig geführten Ausgangsverfahren S 22 AS 3735/14 für das Jobcenter aufgetreten sei.

II.

Der ehrenamtliche Richter Z ... ist nicht gehindert, an einer Entscheidung im Entschädigungsverfahren L 11 SF 63/18 EK mitzuwirken.

1. Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist unbegründet.

a) Gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, abgelehnt werden. Solche Gründe liegen für den ehrenamtlichen Richter Z ... im Entschädigungsverfahren L 11 SF 63/18 EK nicht vor.

Der speziell für Entschädigungsverfahren nach §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geschaffene Ausschlussgrund des § 41 Nr. 7 ZPO greift nicht. Nach dieser Vorschrift ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird. Zwar genügt hierfür jede tatsächliche Befassung mit der Sache im Ausgangsverfahren (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 07.09.2017 – B 10 ÜG 1/16 R – Leitsatz 1 und Rn. 15). Allerdings setzt "Mitwirkung" i.S. des § 41 Nr. 7 ZPO eine "richterliche Tätigkeit" im Ausgangsverfahren voraus (a.a.O. Rn. 16). Denn Grund für den Ausschluss des Richters ist das Verbot des Entscheidens in eigener Sache. Der Richter, der an dem wegen seiner Dauer beanstandeten Verfahren mitgewirkt hat, soll nicht über die behauptete Unangemessenheit der Verfahrensdauer mit entscheiden dürfen. Dadurch soll dem Anschein mangelnder Unvoreingenommenheit vorgebeugt werden (vgl. BT-Drucks. 17/3802, S. 37 und 42, BT-Drucks. 17/7217, S. 29). Richterlich tätig wurde der ehrenamtliche Richter Z ... im Ausgangsverfahren S 22 AS 3735/14 indessen nicht.

Ebenso wenig ist der ehrenamtliche Richter nach § 60 Abs. 2 SGG ausgeschlossen. Denn unter dem "vorausgegangenen Verwaltungsverfahren" i.S. dieser Vorschrift, an dem der Richter mitgewirkt haben muss, ist nur das Verfahren zu verstehen, in dem die mit der Klage angefochtene Verwaltungsentscheidung ergangen ist oder ergehen sollte (BSG, Beschluss vom 27.06.2001 – B 6 KA 81/00 B – juris Rn. 5; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2018, § 60 Rn. 5). Da eine "Verfahrensidentität" erforderlich ist, genügt die Tätigkeit in einem anderen, selbst in einem inhaltlich gleichgelagerten Verwaltungsverfahren oder in einem früheren Verfahren des Klägers nicht (Littmann in: Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Auflage 2017, § 60 Rn. 7). Das dem Ausgangsverfahren vorausgegangene Verwaltungsverfahren und die amtliche Tätigkeit darin werden folglich bei Entschädigungsklagen von § 60 Abs. 2 SGG nicht erfasst. Ein der Entschädigungsklage selbst vorausgehendes Verwaltungsverfahren sieht das Gesetz dagegen nicht vor (BSG, Urteil 21.02.2013 – B 10 ÜG 1/12 KL – juris Rn. 15); es verlangt noch nicht einmal eine vorherige außergerichtliche Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs (Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2018, § 202 Rn. 30). Zudem wäre ein solches Verwaltungsverfahren vom Freistaat Sachsen als haftenden Gerichtsträger (§ 200 Satz 1 GVG) zu führen, ohne dass daran der Prozessgegner des Ausgangsverfahrens – hier das Jobcenter – zu beteiligen wäre. Wegen fehlender Verfahrensidentität greift auch § 41 Nr. 4 ZPO nicht – und zwar selbst dann nicht, wenn der ehrenamtliche Richter im Ausgangsverfahren für das Jobcenter als Terminsvertreter aufgetreten wäre.

Der Ausschlussgrund des § 35 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 3 SGG ist ebenfalls nicht einschlägig. Danach können Bedienstete der Sozialleistungsträger nicht ehrenamtliche Richter in dem Senat sein, der über Streitigkeiten aus ihrem Arbeitsgebiet entscheidet. Dabei ist unter dem "Arbeitsgebiet" i.S. von § 17 Abs. 3 SGG der gesamte Aufgabenbereich der juristischen Person des öffentlichen Rechts, bei der der ehrenamtliche Richter beschäftigt ist, zu verstehen und nicht nur das konkret von dem Bediensteten bearbeitete Sachgebiet (BSG, Urteil vom 25.11.1998 – B 6 KA 84/97 R – juris Rn. 15). Das in diesem Sinne zu verstehende Arbeitsgebiet des ehrenamtlichen Richters Z ... ist hier indessen nicht betroffen. Denn zum Aufgabenbereich des Jobcenters, bei dem er beschäftigt ist, gehört die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), nicht aber die Entschädigung für überlange Gerichtsverfahren. Streitig sind hier aber nicht SGB II-Leistungen, sondern eine Entschädigung nach § 198 GVG.

b) Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den ehrenamtlichen Richter Z ... ist auch nicht wegen der Besorgnis der Befangenheit begründet.

Gemäß § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Danach ist es nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen, parteilich oder voreingenommen ist. Andererseits reicht die rein subjektive Vorstellung eines Beteiligten, der Richter sei befangen, nicht aus, wenn bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund für die Befürchtung ersichtlich ist. Die Besorgnis der Befangenheit ist nur dann gerechtfertigt, wenn aus der Sicht des Beteiligten, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BSG, Beschluss vom 06.12.2017 – B 8 SO 10/16 R – juris Rn. 17; Beschluss vom 01.06.2015 – B 10 ÜG 2/15 C – juris Rn. 10; Beschluss vom 02.07.2013 – B 9 SB 2/13 C – juris Rn. 7; Beschluss vom 10.12.2010 - B 4 AS 97/10 B – juris Rn. 5; Beschluss vom 02.11.2007 – B 1 KR 72/07 B – juris Rn. 9).

Einen objektiven Grund für eine unsachliche innere Einstellung des ehrenamtlichen Richter Z ... zu den Beteiligten oder zum Gegenstand des Entschädigungsverfahren L 11 SF 63/18 EK hat der Kläger nicht vorgebracht. Allein der vom Kläger angeführte Umstand, dass der ehrenamtliche Richter im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für das Jobcenter in den Kläger betreffenden Verwaltungs- und Gerichtsverfahren aufgetreten ist, rechtfertigt nicht dessen Ablehnung im vorliegenden, gegen einen anderen Beklagten gerichteten und einen anderen Streitstoff betreffenden Gerichtsverfahren.

Ein Näheverhältnis des ehrenamtlichen Richters zu einem Beteiligten des Entschädigungsverfahrens L 11 SF 63/18 EK besteht nicht. Nicht das Jobcenter, zu dessen Träger der ehrenamtliche Richter in einem Dienstverhältnis steht, ist in dem Entschädigungsverfahren beklagt, sondern der Freistaat Sachsen als haftender Justizfiskus (§ 200 Satz 1 GVG).

Es liegt auch keine Vorbefassung vor, die die Befürchtung einer vorzeitigen Festlegung des ehrenamtlichen Richters rechtfertigt, die einer unvoreingenommenen Entscheidung der Sache entgegensteht. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass allein eine Vorbefassung und selbst eine fehlerhafte Entscheidung in demselben oder einem anderen Rechtsstreit für sich genommen noch kein geeigneter Grund für die Ablehnung eines Richters ist. Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter grundsätzlich auch dann unbefangen an die Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er bereits früher mit der Sache befasst war. Ausnahmen hiervon hat der Gesetzgeber in § 41 Nr. 6 ZPO abschließend normiert (BSG, Beschluss vom 19.01.2010 – B 11 AL 13/09 C – juris Rn. 13). Vielmehr müssen noch weitere Umstände hinzukommen, die auf eine Voreingenommenheit schließen lassen (BSG, Beschluss vom 18.07.2017 – B 10 ÜG 9/17 B – juris Rn. 7). Denn die gesetzlich aufgezählten Gründe für den Ausschluss eines Richters von der Ausübung des Richteramts können nicht im Wege der Interpretation erweitert werden. Die Gründe für die Ausschließung vom Richteramt sind abschließend aufgezählt und einer analogen Anwendung auf ähnlich liegende Fälle nicht zugänglich (BSG, Beschluss vom 23.09.1997 – 2 BU 31/97 – juris Rn. 5). Diese Rechtsprechung ist allerdings für die Vorbefassung in der Eigenschaft als Richter entwickelt worden. Bei einer Vorbefassung in anderer Eigenschaft wird dagegen die Besorgnis der Befangenheit weitgehender gerechtfertigt sein als bei einer vorherigen neutralen richterlichen Beschäftigung mit der Sache (Kluckert in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], 5. Aufl. 2018, § 54 Rn. 62). Darauf kommt es hier indessen nicht an. Denn in der Befassung mit dem Ausgangsverfahren ist ohnehin keine Vorbefassung für das Entschädigungsverfahren zu erblicken, weil beide Verfahren einen völlig anderen Gegenstand haben und weder in den Rechtsfragen noch dem Sachverhalt vergleichbar sind (vgl. zu letzterem Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 07.11.2012 – 7 AZR 646/10 (A) – juris Leitsatz 2): Während Gegenstand des Ausgangsverfahrens Ansprüche des Klägers aus dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gegen das Jobcenter waren, geht es im Entschädigungsverfahren um den Ansprüche des Klägers gegen den Freistaat Sachsen wegen Verletzung seines Rechts auf Gewährung gerichtlichen Rechtschutzes innerhalb angemessener Frist (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Europäische Menschenrechtskonvention, Art. 78 Abs. 3 Satz 1 Sächsische Verfassung). Verbunden ist beides nur dadurch, dass ein Entschädigungsverfahren ein Ausgangsverfahren voraussetzt. Ob der im Ausgangsverfahren verfolgte Anspruch besteht, ist für das Entschädigungsverfahren indessen unerheblich. Denn das Entschädigungsverfahren eröffnet keine weitere Instanz, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 R – juris Rn. 36). Selbst die völlige Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung im Ausgangsverfahren steht einem Entschädigungsverfahren nicht entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2019 – B 10 ÜG 3/19 R – juris, zur überlangen Bearbeitung eines Antrags auf Streitwertfestsetzung für ein gerichtskostenfreies Verfahren). Daher scheidet hier Befangenheit des (ehrenamtlichen) Richters im Prozess gegen den Justizfiskus wegen nichtrichterlicher Vorbefassung mit dem streitigen Anspruch (zu einem solchen Fall: Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 07.10.2004 – 6 W 972/04 – juris) aus.

Besondere Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, sind weder vom Kläger vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Der Kläger hat den ehrenamtlichen Richter Z ... als befangen ablehnt, weil er in mehreren ihn betreffenden Verfahren für das Jobcenter tätig geworden sei. Weder aber hat der Kläger behauptet noch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass – worauf es ankommt – der ehrenamtlichen Richter bei dieser Tätigkeit ein unsachliches Verhalten an den Tag gelegt hätte, das auf eine Voreingenommenheit gegenüber dem Kläger hindeutet. Insbesondere hat sich der ehrenamtliche Richter nicht gegenüber dem Kläger grob in der Form vergriffen, etwa durch eine abwertende, abfällige, kränkende oder beleidigende Wortwahl, herabsetzende Äußerungen, durch verbale Entgleisungen oder eine sonst unangemessene Ausdrucksweise, durch eine lautstarke Auseinandersetzung oder eine aufbrausende und übertriebene Reaktion (vgl. Stackmann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 42 Rn. 34 ff.; Heinrich in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 42 Rn. 13; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 42 Rn. 22).

2. Auch darüber hinaus hat der ehrenamtliche Richter keine Tatsachen mitgeteilt, die die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 48 ZPO).

Selbst wenn bei Entschädigungsansprüchen gemäß § 198 GVG nach rechtskräftiger Zuerkennung einer Entschädigung ein Übergang auf den Grundsicherungsträger gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht kommt (Sächsisches LSG, Urteil vom 29.03.2017 – L 11 SF 17/16 EK – juris Rn. 22 ff.), begründet dies keine Besorgnis der Befangenheit des ehrenamtlichen Richters Z ...

Allein der Umstand, dass die Interessen des Jobcenters, für das der ehrenamtliche Richter tätig ist, vom Ausgang des Entschädigungsverfahrens berührt sein können, vermag nicht schon Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Nach § 60 Abs. 3 SGG gilt die Besorgnis der Befangenheit stets als begründet, wenn der (ehrenamtliche) Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden. Zwar ist die Vorschrift weit gefasst, weil das Gesetz nicht auf die Berührung von Rechten abstellt, sondern das Berührtsein von Interessen für ausreichend hält (vgl. Kluckert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 54 Rn. 50; Meissner/Schenk in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2019, § 54 Rn. 30a; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2018, § 60 Rn. 9). Doch gilt sie nur für Mitglieder des Vorstandes von Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts. Zu diesen zählt der ehrenamtliche Richter Z ... als bloßer Bediensteter eines (kommunalen) Jobcenters indessen nicht. Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 60 Abs. 3 SGG ist die Besorgnis von Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines (ehrenamtlichen) Richters nur dann gerechtfertigt, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte für eine konkret ins Gewicht fallende Interesseneinbindung bestehen. Dies ist mit Blick auf § 60 Abs. 2 SGG eng auszulegen. Denn der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist auf eine Beteiligung in einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren begrenzt (zum Ganzen: BSG, Beschluss vom 19.07.2006 – B 6 KA 59/05 B – juris Rn. 8). Eine Beteiligung in einem gleich gelagerten anderen – hier allenfalls nachgelagerten Verwaltungsverfahren – sieht die Vorschrift nicht als Hindernis für eine Mitwirkung. Daher kann nur dann, wenn im Einzelfall ein konkreter Anhaltspunkt für eine Voreingenommenheit des ehrenamtlichen Richters besteht, eine Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt sein (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.1998 – B 6 KA 31/97 R – juris Rn. 29). Daran fehlt es hier.

Die Befangenheit eines Richters kann auch dann zu besorgen sein, wenn die Annahme nahe liegt, dass er am Ausgang des Verfahrens ein eigenes Interesse hat. Das setzt allerdings voraus, dass echte wirtschaftliche oder nicht unerhebliche persönliche Belange für den Richter auf dem Spiel stehen (siehe etwa Vollkommer in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 42 Rn. 11; Vossler in: BeckOK-ZPO, Stand 01.03.2020, § 42 Rn. 13a). Das ist hier jedoch nicht der Fall.

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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