L 3 AL 98/18

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 28 AL 450/17
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 98/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Betreibensaufforderung, in welcher unterschiedliche Fristen und in wechselnder Reihenfolge ohne jede klar erkennbare und eindeutige Struktur die prozessualen Mittel des § 102 Abs. 2 SGG, des § 106a Abs. 3 SGG und des § 105 Abs. 1 SGG verknüpft werden, genügt nicht den Anforderungen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die Klarheit und Unzweideutigkeit einer Betreibensaufforderung (Bestätigung der Senatsrechtsprechung: Sächs. LSG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - L 3 AS 111/18 - juris Rdnr. 46 ff.).
2. Es erschließt sich nicht, wie ein Schriftsatz mit der angeforderten Klagebegründung, der sechs Tage nach Ablauf der gesetzten Frist bei Gericht eingegangen ist, die Erledigung des Rechtsstreits hätte verzögern können, wenn zwischen dem Eingang des Schriftsatzes und dem Erlass des Gerichtsbescheides zu der Klage mehr als zweieinhalb Monate liegen. Allein der Umstand, dass die Begründung des Gerichtsbescheides möglicherweise zwei oder drei zusätzlicher kurzer Anmerkungen zur Klagebegründung bedurft hätte, rechtfertigt vor dem Hintergrund der verstrichenen Zeit nicht die Annahme, die Erledigung des Rechtsstreits wäre bei Berücksichtigung der Klagebegründung verzögert worden.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemhnitz vom 4. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 4. Juni 2018, mit dem ihre Klage gerichtet auf die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) für die Zeit ab dem 4. Mai 2017 abgewiesen wurde.

Die 1962 geborene Klägerin (Lohnsteuerklasse II, alleinstehend und 1 Kind) verbüßt seit dem 18. März 2013 eine Haftstrafe in den Justizvollzugsanstalten (JVA) Z ... und Y ... mit einem voraussichtliches Ende der Strafhaft am 15. September 2020. Ab dem 25. November 2016 befand sie sich im offenen Strafvollzug der JVA Y ... Es war ihr gestattet, ab diesen Zeitpunkt einer regelmäßigen Beschäftigung außerhalb der Justizvollzugsanstalt nachzugehen.

Mit Wirkung zum 4. Mai 2017 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 16. Mai 2017 teilte sie mit, dass sie bis zum Jahr 2013 gearbeitet habe. Während ihrer Strafhaft habe sie nur an wenigen Tagen im Jahr 2015 gegen Arbeitsentgelt gearbeitet. Im Übrigen sei ihr während der Zeit der Inhaftierung keine Beschäftigung angeboten worden. Ihrem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 4. Juni 2017 legte sie eine Arbeitsbescheinigung der JVA Z ... vom 15. Mai 2017 bei, wonach sie in der Zeit vom 15. April 2015 bis zum 10. Juni 2015 an insgesamt 10 Kalendertagen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist. Darüber hinaus legte sie ein Schreiben der Ausgleichskasse X .../IV-Stelle X ... (Schweiz) vor, wonach sie auf der Grundlage ausgezahlter Löhne (im Jahr 2011 in Höhe von 180.000,00 CHF und im Jahr 2012 in Höhe von 77.600,00 CHF) als Schadensersatzforderung Beiträge aus der Arbeitslosenversicherung für die Jahre 2011 und 2012 an die Ausgleichskasse zu erstatten habe.

Mit Bescheid vom 13. Juni 2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf Arbeitslosengeld ab, da die Klägerin keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Sie sei in den letzten zwei Jahren vor dem 4. Mai 2017 weniger als 12 Monate versicherungspflichtig gewesen und habe die Anwartschaftszeiten nicht erfüllt.

Mit Schreiben vom 9. Juli 2017 teilte die Klägerin der Beklagen mit, dass sie sich aufgrund eines neuen Haftbefehls, der ihr am 20. Juni 2017 eröffnet worden sei, wieder im geschlossen Strafvollzug in der JVA W ... befinde. Daraufhin meldete die Beklagte die Klägerin für die Zeit ab dem 22. Juli 2017 aus der Arbeitsvermittlung ab.

Den von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. Juni 2017 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2017 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 19. September 2017 Klage erhoben. Mit dem vom Kammervorsitzenden unterschriebenem Schreiben vom 31. Januar 2018, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 14. Februar 2018, hat das Sozialgericht auf das Fehlen der Klagebegründung hingewiesen und der Klägerin gemäß § 106a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eine Frist bis zum 10. März 2018 zur Angabe von Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren die Klägerin sich beschwert fühle, sowie zur Benennung von Beweismitteln gesetzt. Zugleich hat der Kammervorsitzende unter Bezugnahme auf § 106a Abs. 3 SGG darauf hingewiesen, dass das Gericht verspätete Erklärungen und Beweismittel zurückweisen könne, wenn deren Berücksichtigung die Erledigung verzögere und die Verspätung nicht genügend entschuldigt sei. Das Gericht könne in diesem Fall ohne weitere Ermittlungen entscheiden. Ferner ist eine Anhörung zur Absicht, in diesem Falle durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, erfolgt. Schließlich ist darauf hingewiesen worden, dass die Klage gemäß § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen gelte, wenn das Verfahren trotz dieser Aufforderung länger als drei Monate nicht betrieben werde.

Mit Schreiben vom 16. März 2018, beim Sozialgericht per Telefax eingegangen am selben Tag, hat die Klägerin die Klage begründet. Sie habe es nicht zu vertreten, dass man ihr in der JVA Z ... keine Arbeit zugewiesen habe. Vielmehr müsse die Beklage aufklären, welche tatsächlichen versicherungspflichtigen Tätigkeiten sie in der JVA Y ... ausgeübt habe. Die Rahmenfrist sei auf fünf Jahre auszuweiten, so dass das bis zum Jahr 2012 bestehend Beschäftigungsverhältnis in der Schweiz zu berücksichtigen sei. Die Beklagte möge prüfen, ob ihr eine Arbeitsbescheinigung E 310 vorliege, andernfalls könne diese gegebenenfalls nachgereicht werden.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13. April 2018 hierzu Stellung genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich aus dem Schriftsatz keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte ergäben. Zur Klagebegründung hat sie sich ergänzend nur kurz geäußert.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4. Juni 2018 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin mangels Erfüllung der erforderlichen Anwartschaftszeiten keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Die Klägerin habe trotz Fristsetzung nach § 106a SGG Tatsachen, durch welche sie beschwert wäre, mit einem entsprechenden Beweisangebot beziehungsweise der Aufforderung an die Beklagte zur Vorlage von weiteren Arbeitszeitbescheinigungen erst mit Schriftsatz vom 16. März 2018 vorgetragen. Die Kammer habe daher nach § 106a SGG ohne weitere Ermittlungen nach Aktenlage entscheiden können. Aus den sich in der Verwaltungsakte befindlichen Arbeitszeitbescheinigungen ergebe sich in der Rahmenfrist vom 4. Mai 2015 bis zum 3. Mai 2017 keine mindestens zwölfmonatige versicherungspflichtige Beschäftigung.

Gegen den ihr am 12. Juni 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 28. Juni 2018 Berufung eingelegt. Die zugleich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist beim Senat unter dem Aktenzeichen L 3 AL 99/18 NZB anhängig. Die Klägerin rügt, dass das Sozialgericht hätte prüfen müssen, ob sie in der JVA Y ... Beschäftigungs- und Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt habe. Zudem habe der Beklagte nicht mitgeteilt, ob ein entsprechendes Formular E 310 vorgelegen habe.

Die Klägerin, die keinen konkreten Antrag gestellt hat, beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 4. Juni 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab dem 4. Mai 2017 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die nach ihrer Auffassung zutreffende erstinstanzliche Entscheidung. Die Klägerin sei innerhalb der vom 4. Mai 2015 bis zum 3. April 2017 reichenden Rahmenfrist an lediglich 10 Tage versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Weitere Nachermittlungen zu den Beschäftigungszeiten seien nicht veranlasst gewesen, da die Klägerin selbst mehrfach erklärt habe, während ihrer Haftzeit nur wenige Tage gearbeitet zu haben. Diese ergäben sich aus der Arbeitsbescheinigung. In der übrigen Zeit habe man ihr keine Arbeit zugewiesen. Die behaupteten Beschäftigungszeiten in der Schweiz seien unbeachtlich, da sie außerhalb der Rahmenfrist lägen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten, der den Senat über sein Nichterscheinen mit Schriftsatz am 19. August 2020 unterrichtet hat, verhandeln und entscheiden, weil hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft.

Gemäß § 143 SGG findet die Berufung an das Landessozialgericht gegen die Urteile der Sozialgerichte statt, soweit sich aus den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils des Sozialgerichtsgesetzes (§§ 143 bis 159 SGG) nichts anderes ergibt. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgebende Wert des Beschwerdegegenstands ist danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelführer versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. Juni 2012 – L 3 AS 148/10 NZB – juris Rdnr. 3; Sächs. LSG, Urteil vom 14. März 2013 – L 3 AS 528/12NZS 2013, 480 = juris, jeweils Leitsatz 2; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [13. Aufl., 2020], § 144 Rdnr. 14, m. w. N.; Groth, in: Krasney/Udsching, Handbuch des Sozialgerichtlichen Verfahrens [7. Aufl. 2016], Kapitel VIII Rdnr. 14). Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung ist dabei die Einlegung der Berufung (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 8. Dezember 2014 – L 3 AS 939/14 B PKH – juris Rdnr. 9, m. w. N.; Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 19).

Vorliegend begehrt die Klägerin die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 4. Mai 2017. Da sie sich aufgrund eines ihr am 20. Juni 2017 eröffneten Haftbefehls ab diesem Zeitpunkt im geschlossen Strafvollzug in der JVA W ... befand, kommt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nur für die Zeit vom 4. Mai 2017 bis zum 20. Juni 2017 (48 Tage) in Betracht. Zwar lässt sich eine genaue Höhe des begehrten Arbeitslosengeldes nicht beziffern. Da sich die Klägerin jedoch auf die in der Schweiz zurückgelegten Beschäftigungszeiten und die in den Jahren 2011 und 2012 erhaltenen Lohnzahlungen von insgesamt 273.000 CHF beruft, richtet sich das Begehren der Klägerin jedenfalls auf Arbeitslosengeld, welches über dem für die Statthaftigkeit der Berufung erforderlichen Grenzwert von 750,00 EUR liegt.

III. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage der Klägerin im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2017 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 4. Mai 2017 bis zum 20. Juni 2017

Anspruchsgrundlage für die Bewilligung von Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) ist § 137 Abs. 1 SGB III. Danach hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

Die Voraussetzungen nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB III sind unstrittig erfüllt. Die Klägerin befand sich im streitgegenständlichen Zeitraum im offenen Strafvollzug. Es war ihr gestattet, eine regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Justizvollzugsanstalt nachzugehen. Sie war jedoch bei Antragstellung ohne Beschäftigung. Sie meldete sich mit Wirkung zum 4. Mai 2017 bei der Beklagten arbeitslos.

Die Klägerin erfüllt aber nicht die für die Bewilligung von Arbeitslosengeld notwendigen Anwartschaftszeiten (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III).

Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist betrug zwei Jahre und begann mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (vgl. § 143 Abs. 1 SGB III in der hier maßgebenden, vom 1. April 2012 bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung von Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]). Aufgrund der mit Wirkung zum 4. Mai 2017 erfolgten Arbeitslosmeldung und der Erfüllung aller sonstigen Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des § 137 SGB III umfasst die Rahmenfrist nach § 142 Abs. 1 SGB III die Zeit vom 5. Mai 2015 bis zum 4. Mai 2017.

In dieser Zeit stand die Klägerin jedoch an lediglich 10 Tagen in einem Beschäftigungsverhältnis in der JVA Z ..., nämlich am 15. April 2015, am 22. April 2015, am 29. April 2015, am 6. Mai 2015, am 13. Mai 2015, am 20. Mai 2015, am 27. Mai 2015, in der Zeit vom 3. Juni 2016 bis zum 4. Juni 2016 (2 Tage) sowie am 10. Juni 2015. Da die Klägerin lediglich an einzelnen Tagen und nicht in einem zusammenhängenden Abschnitt in der JVA beschäftigt war, können nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III lediglich die in der Arbeitsbescheinigung der JVA Z ... bescheinigten 10 Tage berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 2017 – B 11 AL 18/16 RNZS 2018, 315 ff. = juris Rdnr. 14 bis 16).

Weitere anrechenbare Beschäftigungszeiten innerhalb der Rahmenfrist hat die Klägerin weder im Klage- noch im Berufungsverfahren dargetan und nachgewiesen.

Das Sozialgericht durfte allerdings entgegen seiner im Gerichtsbescheid vom 4. Juni 2018 vertretenen Rechtsauffassung den diesbezüglichen Vortrag des Klägerbevollmächtigten aus dem Schriftsatz vom 16. März 2018 nicht außer Acht lassen. Denn zum einen genügt eine Betreibensaufforderung, in welcher unterschiedliche Fristen und in wechselnder Reihenfolge ohne jede klar erkennbare und eindeutige Struktur die prozessualen Mittel des § 102 Abs. 2 SGG, des § 106a Abs. 3 SGG und des § 105 Abs. 1 SGG verknüpft werden, nicht den Anforderungen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die Klarheit und Unzweideutigkeit einer Betreibensaufforderung (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – L 3 AS 111/18 – juris Rdnr. 46 ff.). Zum anderen sind – unabhängig von diesem formellen Mangel – vorliegend die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zurückweisung des Vortrages des Klägerbevollmächtigten nicht gegeben. Nach § 106a Abs. 3 Satz 1 SGG setzt nämlich die Befugnis des Gerichtes, Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht wurden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden zu können, voraus, dass die Zulassung des verspäteten Vorbringens nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Es ist bereits nicht ersichtlich, zu welchen weiteren Ermittlungen und zur Einholung welcher Beweismittel sich das Sozialgericht auf Grund des Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 16. März 2018 veranlasst gesehen hat, da die Entscheidungsgründe über diese abstrakte Feststellung hinaus keine weiteren Ausführungen hierzu enthalten. Jedenfalls hat der erkennende Senat – auch auf der Grundlage des Vortrages des Klägerbevollmächtigten im Berufungsverfahren – keine Veranlassung gesehen, Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. Zudem erschließt sich nicht, wie ein Schriftsatz mit der angeforderten Klagebegründung, der sechs Tage nach Ablauf der gesetzten Frist bei Gericht eingegangen ist, die Erledigung des Rechtsstreits hätte verzögern können, wenn zwischen dem Eingang des Schriftsatzes und dem Erlass des Gerichtsbescheides zu der Klage mehr als zweieinhalb Monate liegen. Allein der Umstand, dass die Begründung des Gerichtsbescheides möglicherweise zwei oder drei zusätzlicher kurzer Anmerkungen zur Klagebegründung bedurft hätte, wie dies in der Klageerwiderung der Beklagten geschehen ist, rechtfertigt vor dem Hintergrund der verstrichenen Zeit nicht die Annahme, die Erledigung des Rechtsstreits wäre bei Berücksichtigung der Klagebegründung verzögert worden.

Die Klägerin stand innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren (5. Mai 2015 bis zum 4. Mai 2017) lediglich an 10 Tage in der JVA Z ... in einem Beschäftigungsverhältnis. Damit erfüllt sie die für die Bewilligung von Arbeitslosengeld notwendige Anwartschaftszeit nicht. Auf den Umstand, dass die Klägerin in Bezug auf die von ihr behaupteten Beschäftigungszeiten in der Schweiz bis heute keine Arbeitsbescheinigung E 310 vorgelegt hat, kommt es nicht an. Denn selbst wenn sie den entsprechenden Nachweis erbracht hätte, wäre dies für den Anspruch auf Arbeitslosengeld unbeachtlich, da ein Beschäftigungsverhältnis in den Jahren 2011 und 2012 außerhalb der vorgenannten Rahmenfrist liegen würde. Für die Verlängerung oder Erweiterung der Rahmenfrist fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Eine Verlängerung der Rahmenfrist ist zwar nach § 143 Abs. 3 SGB III bis auf fünf Jahre möglich. Dies setzt aber voraus, dass ein Arbeitsloser von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen hat. Dies war bei der Klägerin nicht der Fall. Eine Härtefallregelung in Bezug auf die Erfüllung der Anwartschaftszeiten oder der Erweiterung der Rahmenfrist sieht der Gesetzgeber nicht vor.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

IV. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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