L 7 R 278/20 ZV

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 50 R 533/18 ZV
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 278/20 ZV
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - sachliche Voraussetzung - berufsfremder Einsatz - Leiter für Wohnunterkünfte - Ingenieur der Fachrichtung Landschafts- und Grünanlagenbau

1. Die tatsächliche Beschäftigung eines Ingenieurs der Fachrichtung Landschafts-und Grünanlagenbau als Leiter für Wohnunterkünfte stellt keine schwerpunktmäßige Tätigkeit im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich dar und berechtigt daher, mangels Erfüllung der sachlichen Voraussetzung, nicht zur fiktiven Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben.
2. In postgradualen Zusatzstudiengängen erworbene Ergänzungen zur Berufsbezeichnung als Ingenieur (hier: Fachingenieur für Rekonstruktion und Erhaltung im Hochbau) vermitteln keinen eigenständigen Ingenieurstitel, sind nicht geeignet, die persönliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft zu erfüllen und können auch nicht ergänzend, erweiternd oder sonst wie kumulierend bei der Frage der Erfüllung der sachlichen Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft herangezogen werden.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30. April 2020 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. September 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen.

Die 1958 geborene Klägerin absolvierte von September 1977 bis August 1980 an der Ingenieurschule für Bauwesen Z ... ein Fachschulstudium in der Fachrichtung "Landschafts- und Grünanlagenbau" und erhielt aufgrund erfolgreichen Abschlusses dieses Studiums mit Urkunde vom 18. Juli 1980 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Landschafts- und Grünanlagenbau" zu führen. Zudem nahm die Klägerin (mindestens) im Jahr 1986 – berufsbegleitend – an einem postgradualen Studium an der Ingenieursschule für Bauwesen Y ... teil und erhielt aufgrund erfolgreichen Abschlusses dieses postgradualen Studiums mit Urkunde vom 26. Juni 1986 das Recht erteilt, die Ergänzung zur Berufsbezeichnung "Fachingenieur für Rekonstruktion und Erhaltung im Hochbau" zu führen. Sie war vom 1. September 1980 bis 31. Oktober 1982 als Projektantin im volkseigenen Betrieb (VEB) Grünanlagenbau Y ... und vom 14. März 1983 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) zunächst als Wohnheimverwalterin, ab 1. Oktober 1983 als Operativtechnologin und ab 2. Januar 1988 als Leiterin Wohnunterkünfte (in der Abteilung Wohnungswesen) im VEB Braunkohlenwerk "T ..." X ... beschäftigt. Sie war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Ihren am 31. März 2005 gestellten Antrag auf Überführung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2005 mit der Begründung ab, sie habe am 30. Juni 1990 keine ingenieurtechnische Beschäftigung, die ihrer Berufsbezeichnung entspreche, ausgeübt.

Ihren am 2. Mai 2017 (Eingang bei der Beklagten am 5. Mai 2017) erneut gestellten Antrag auf Überführung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz wertete die Beklagte als Überprüfungsantrag und lehnte ihn mit Bescheid vom 15. September 2017 ab. Den hiergegen am 29. September 2017 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2018 mit der Begründung zurück, die sachliche Voraussetzung für eine fingierte Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sei nicht erfüllt, weil sie am 30. Juni 1990 keine ihrer Berufsbezeichnung entsprechende ingenieurtechnische oder ingenieurökonomische Beschäftigung tatsächlich ausgeübt habe. Sie sei vielmehr berufsfremd eingesetzt gewesen.

Die hiergegen am 11. April 2018 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Gerichtsbescheid vom 30. April 2020 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Als Leiterin Wohnunterkünfte sei die Klägerin (am 30. Juni 1990) nicht im Wesentlichen ihrer Berufsbezeichnung gemäß und somit im Ergebnis berufsfremd tätig gewesen. Der Schwerpunkt der Beschäftigung als Leiterin Wohnunterkünfte habe im Wesentlichen in der Lösung wirtschaftlicher, kaufmännischer oder verwaltend-organisatorischer Arbeitsaufgaben gelegen.

Gegen den am 5. Mai 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18. Mai 2020 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Die Argumentation des Sozialgerichts könne nicht überzeugen, da die Klägerin nach dem Zusatzstudium mit Urkunde vom 26. Juni 1986 die Berechtigung erworben habe, die Berufsbezeichnung Fachingenieur für Rekonstruktion und Erhaltung im Hochbau zu führen, so dass dieser bei der Beurteilung der sachlichen Voraussetzung mit zugrunde zu legen sei. Bei dem postgradualen Studiengang habe es sich um eine Spezialisierung auf einem bestimmten ingenieurtechnischen Fachgebiet gehandelt, die mit dem Titel Fachingenieur abgeschlossen worden sei, so dass die Klägerin berechtigt gewesen sei, den Titel Ingenieur sowie Fachingenieur zu tragen. Nach § 5 IngVO-DDR seien auch Wortverbindungen mit dem Begriff ”Ingenieur" zur Kennzeichnung einer speziellen Tätigkeit erfasst worden. Auch liege im hier streitigen Fall die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung ”Ingenieur" nach §§ 1, 2 und 3 der IngVO-DDR vor. Zur Spezialisierung und Vertiefung der ingenieurtechnischen Erstausbildung habe die Klägerin noch eine vertiefende technische Fachingenieurausbildung absolviert, so dass bei der Beurteilung der sachlichen Voraussetzung für die Anerkennung der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz auch beide Abschlüsse Berücksichtigung finden müssten.

Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30. April 2020 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 15. September 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2018, zu verurteilen, den Bescheid vom 23. November 2005 zurückzunehmen und die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. September 1980 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Das Gericht hat berufskundliche Informationen zum DDR-Bauingenieur der Fachrichtung "Landschafts- und Grünanlagenbau" beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis übersandt.

Mit Schriftsätzen vom 25. November 2020 (Beklagte) und vom 27. November 2020 (Klägerin) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil des Vorsitzenden (als berichterstattenden Einzelrichter) ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Vorsitzenden (als berichterstattenden Einzelrichter) durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit jeweils einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 sowie § 155 Abs. 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung mit Gerichtsbescheid vom 30. April 2020 abgewiesen hat. Der Überprüfungsablehnungsbescheid der Beklagten vom 15. September 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter entsprechender Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 23. November 2005 die von ihr geltend gemachten Beschäftigungszeiten vom 1. September 1980 bis 30. Juni 1990 und die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte feststellt, weil sie in diesem Zeitraum nicht dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz zugehörig war.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der Bescheid vom 23. November 2005 ist nicht rechtswidrig. Anspruchsgrundlage für die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, sind §§ 1 und 5 AAÜG. Die von der Klägerin geltend gemachten Beschäftigungszeiten vom 1. September 1980 bis 30. Juni 1990 können dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) nicht zugeordnet werden, weil weder eine tatsächliche noch eine fingierte Versorgungsanwartschaft bestand.

In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. dazu stellvertretend: BSG, Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den von der Klägerin begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn diese dem persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes nach § 1 Abs. 1 AAÜG unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob sie Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem, hier der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG), zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG).

Die Klägerin war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaberin einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Einen "Anspruch" auf Versorgung (= Vollrecht) besaß sie zu diesem Zeitpunkt nicht, weil schon kein "Versorgungsfall" (Alter, Invalidität) eingetreten war.

Sie war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaberin einer bestehenden Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Dies hätte vorausgesetzt, dass sie in das Versorgungssystem einbezogen gewesen wäre. Eine solche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz konnte durch eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889, ber. S. 1239) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes, durch eine Rehabilitierungsentscheidung auf der Grundlage von Art. 17 des Einigungsvertrages oder durch eine Einzelentscheidung, zum Beispiel auf Grund eines Einzelvertrages (vgl. § 1 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 [DDR-GBl. Nr. 62 S. 487]), erfolgen. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.

Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Die Klägerin war zu keinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen und vor Eintritt des Leistungsfalls ausgeschieden (Fall einer gesetzlich fingierten Versorgungsanwartschaft). Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG kann – mangels tatsächlich erfolgter Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem – insbesondere auch nicht dadurch erfüllt werden, dass die Klägerin vor ihrer am Stichtag 30. Juni 1990 im VEB Braunkohlenwerk "T ..." X ... ausgeübten Beschäftigung möglicherweise in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben beschäftigt war und aus dieser Beschäftigung später "ausgeschieden" ist. Vor diesem Hintergrund ist die in der Zeit vom 1. September 1980 bis 31. Oktober 1982 ausgeübte Beschäftigung als Projektantin im VEB Grünanlagenbau Y ... irrelevant. Erst wenn die sog. "Türöffnerfunktion" des § 1 AAÜG positiv festgestellt worden ist, ist in einem weiteren (nachgelagerten) Schritt zu überprüfen, welche tatsächlichen Beschäftigungszeiten dem § 5 AAÜG unterfallen.

Die Klägerin war am 1. August 1991 (Inkrafttreten des AAÜG) auch nicht Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-36; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31), weil sie am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Ein solcher fiktiver Anspruch hängt im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der "Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben" (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (DDR-GBl. Nr. 93 S. 844) und der "Zweiten Durchführungsbestimmung" (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (DDR-GBl. Nr. 62 S. 487) von drei Voraussetzungen ab, nämlich von (1) der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und (2) der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar (3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der DDR am 2. Oktober 1990 (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 13).

Nur wenn eine solche fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft am 30. Juni 1990 bestanden hat, kann und darf weiter geprüft werden, welche konkreten Zeiträume unter diese Zusatzversorgungsanwartschaft fallen.

Ausgehend hiervon war die Klägerin nicht Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft, weil sie am 30. Juni 1990 (und damit auch nicht im Zeitraum vom 1. September 1980 bis 30. Juni 1990) keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Zu diesem Zeitpunkt erfüllte sie nämlich nicht die sachliche Voraussetzung für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft.

Im Hinblick auf die sachliche Voraussetzung einer fiktiven Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung entsprechend der maßgebenden Sachlage am 30. Juni 1990 nach der VO-AVItech kommt es nach der Rechtsprechung des BSG darauf an, ob ein Ingenieur seiner Berufsausbildung entsprechend im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich oder aber berufsfremd eingesetzt war (so zuletzt zusammenfassend: BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 9/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 7/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24). Mit der sachlichen Voraussetzung einer fingierten Versorgungsanwartschaft soll eine Einschränkung der Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung nämlich in den Fällen erreicht werden, in denen Versicherte mit förmlichem Berufsabschluss im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB in einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb "fachfremd" eingesetzt waren (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 17/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 43). Dabei geht das BSG – entgegen einer gelegentlich in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. dazu ausdrücklich: Lindner, rv 2011, 101, 103) – nicht von einer großzügigen Betrachtungsweise aus. Es entspricht nicht dieser Rechtsprechung, dass zur Erfüllung der sachlichen Voraussetzung ausreichen würde, eine Tätigkeit verrichtet zu haben, die üblicherweise dem Qualifikationsniveau von Fach- und Hochschulabsolventen entspricht, weil die fiktive Einbeziehung in den Anwendungsbereich der AVItech keine Belohnung oder Honorierung für Tätigkeiten darstellt, die von qualifizierten Mitarbeitern in qualifizierter Position, gleich welcher Art, verrichtet wurde.

Ebenso wenig entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung wenn gelegentlich behauptet wird (vgl. dazu inzident: Lindner, rv 2011, 101, 102), das BSG habe die sachliche Voraussetzung für Tätigkeiten, die dem leitungs- und produktionssichernden Bereich zuzuordnen seien, als erfüllt angesehen. Ausgehend davon, dass in den Betrieben der DDR die Arbeitsbereiche durch die Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens vom 10. Dezember 1974 (DDR-GBl. I 1975, Nr. 1, S. 1) fest definiert waren, hat das BSG lediglich hervorgehoben, dass aus der Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie nicht geschlossen werden kann, eine dem Beruf des Ingenieurs entsprechende Tätigkeit sei nur ausgeübt worden, wenn der Betreffende in den Arbeitsbereichen "Produktionsdurchführung", "Produktionshilfe" und "Produktionsvorbereitung" eingesetzt war (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 17/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 43). Es hat – daran anknüpfend – außerdem lediglich weiterhin ausgeführt, dass auch Tätigkeiten in leitungs- und produktionssichernden Bereichen, bei Beschaffung und Absatz sowie bei der Betriebssicherheit der Qualifikation eines der in § 1 Abs. 1 der 2. DB genannten Berufe entsprechen "kann" (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 17/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 43). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich aber weder pauschal danach, in welchem Bereich ein Ingenieur eingesetzt war, noch pauschal danach, ob eine vermeintlich großzügige Betrachtungsweise geboten sei, sondern ausschließlich danach, ob der Versicherte – von der erworbenen Berufsbezeichnung im Sinne der 2. DB ausgehend – im Schwerpunkt eine dieser Berufsbezeichnung und einem durch die Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägten Berufsbild entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 17/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 44; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 7/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 9/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22). Setzt die Wahrnehmung der konkreten Arbeitsaufgabe solche beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten voraus, wie sie bei dem Studium bzw. der Ausbildung zu einem Beruf im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB erworben werden, ist die sachliche Voraussetzung regelmäßig erfüllt; während sie bei einem im Wesentlichen berufsfremdem Einsatz regelmäßig nicht erfüllt ist (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 17/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 44 mit Verweis auf: BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 47/05 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 12, S. 60, S. 63, RdNr. 19 und BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 117/00 R - SozR 3-8570 § 5 AAÜG Nr. 6 S. 30, S. 41; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 7/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 9/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21). So hatte das BSG bereits in dem Urteil vom 31. März 2004 (- B 4 RA 31/03 R – JURIS-Dokument, RdNr. 9) unter Bezugnahme auf die "Präambel" der VO-AVItech und den in § 1 Abs. 1 der 2. DB aufgeführten Personenkreis dargelegt, dass Ingenieure die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung nur dann erfüllten, wenn entsprechend ihrem Berufsbild der Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich lag, diese Tätigkeiten somit die Aufgabenerfüllung geprägt hatten. Lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, z.B. im wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bereich, waren die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig (= überwiegend) entsprechend ihrem Berufsbild tätig; im Ergebnis waren sie in einem solchen Fall berufsfremd eingesetzt (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 2/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 7/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 9/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21). Entscheidend ist daher ausschließlich, ob der Ingenieur im Wesentlichen eine seiner Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 2/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19).

Dies trifft im Fall der Klägerin, die am 30. Juni 1990 als Leiterin Wohnunterkünfte beschäftigt war (vgl. Änderungsvertrag mit Wirkung zum 2. Januar 1988 sowie Eintragungen im Ausweis der Klägerin für Arbeit und Sozialversicherung) und die in der Zeit von September 1977 bis August 1980 ein Fachschulstudium in der Fachrichtung "Landschafts- und Grünanlagenbau" an der Ingenieurschule für Bauwesen Z ... absolvierte und durch den erfolgreichen Abschluss dieses Fachschulstudiums das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur für Landschafts- und Grünanlagenbau" (vgl. Ingenieururkunde der Ingenieurschule für Bauwesen Z ... vom 18. Juli 1980) verliehen erhielt, nicht zu. Denn der Vergleich der von der Klägerin als Leiterin Wohnunterkünfte verrichteten Tätigkeiten mit den im Fachschulstudium erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten zeigt, dass beide Bereiche keine überwiegende Schnittmenge aufweisen:

Die von der Klägerin als Leiterin Wohnunterkünfte verrichteten bzw. zu verrichtenden Arbeitsaufgaben ergeben sich aus dem "Qualifikationshandbuch für Arbeitsaufgaben der Hoch- und Fachschulkader des Ministeriums für Kohle und Energie" (Qualifikationsmerkmal: 617.01, wie es auch im Änderungsvertrag der Klägerin mit Wirkung zum 2. Januar 1988 exakt benannt wird). Danach (vgl. Bl. 21-22 der Verwaltungsakte in Verbindung mit Bl. 91-92 der Gerichtsakte) oblag dem Leiter Wohnunterkünfte die Leitung der unterstellten Mitarbeiter und Objektleiter der Wohnunterkünfte nach den Prinzipien der sozialistischen Leitungstätigkeit sowie die Organisation und Kontrolle der Realisierung der diesen übertragenen Aufgaben. Er war verantwortlich für die Planung, Bilanzierung und Verwaltung der betriebseigenen Wohnunterkünfte zur Unterbringung und Betreuung der Werktätigen auf der Grundlage von Vereinbarungen, für die Sicherung eines hohen Niveaus der Wohnkultur, der planmäßigen Instandhaltung, Ausstattung und Reinigung. Dabei war er verantwortlich für die effektive Auslastung der vorhandenen Unterkunftsplätze, die ständige Zusammenarbeit mit den einzelnen Bereichen des Betriebes, dem Baustellenrat und der Abteilung ausländische Werktätige zur Sicherung einer planmäßigen Belegung sowie die Erarbeitung langfristiger Belegungskonzeptionen und die Bildung von Wohnheimaktiven zur Sicherung einer breiten Mitarbeit der Werktätigen. Er sicherte die Kontrollen der Unterkünfte auf Schadfälle und deren Beseitigung, erarbeitete Maßnahmepläne für die langfristigen Instandhaltungs- und Rekonstruktionsmaßnahmen und sicherte deren Einordnung in die Jahrespläne sowie die ökonomische Verwendung der zur Verfügung stehenden Fonds. Der Leiter Wohnunterkünfte war darüber hinaus verantwortlich für die Durchsetzung der Prinzipien der sozialistischen Leitungstätigkeit innerhalb des persönlichen Verantwortungsbereichs und für die Zusammenarbeit mit der zuständigen gewerkschaftlichen Leitung. Er gewährleistete die fachliche Anleitung und Kontrolle der unterstellten Mitarbeiter, sicherte die ständige Verbesserung der Organisation der Arbeit, die Erhöhung der Effektivität und die planmäßige Qualifizierung der Werktätigen des Verantwortungsbereichs. Er war verantwortlich für die umfassende Teilnahme der Werktätigen am sozialistischen Wettbewerb, an der Neuererbewegung und anderen Formen der Masseninitiative sowie für die Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten. Die Tätigkeit als Leiter Wohnunterkünfte erforderte - spezielle Kenntnisse für eine rationelle Gestaltung des Unterkunftswesens und zur Sicherung einer effektiven Nutzung der werkseigenen und werksgebundenen Unterkünfte unter Berücksichtigung der ökonomischen Auswirkungen, - Kenntnisse für die Erarbeitung von Preisen und für die Planung von Material, - spezielle naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse für das Auslösen von Bestellungen für Material und Ersatzteilen sowie deren rationellen Einsatz, - spezielle juristische Kenntnisse innerhalb mehrerer Rechtszweige, wie Staats-, Wirtschafts- und Zivilrecht, zur Entscheidungsvorbereitung bei der Abwicklung von Rechtsgeschäften im Zusammenhang mit der Haus- und Grundstücksverwaltung, dem Abschluss von Miet- und Pachtverträgen, der Bearbeitung von Versicherungsangelegenheiten, dem Einkauf von Reparaturmaterialien sowie allgemeine juristische Kenntnisse im Rahmen des Arbeits- und Neuererrechts bei der Erfüllung der Aufgaben als Leiter des Kollektivs, - Kenntnisse im Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz in Form eines Befähigungsnachweises und - technische Kenntnisse zum Bedienen der erforderlichen Arbeitsmittel im Verantwortungsbereich.

Nach der Stellenbeschreibung des Leiters Wohnungswesen im Arbeitsvertrag (im Änderungsvertrag der Klägerin mit Stand zum 1. Dezember 1990), die sich im Wesentlichen mit der zu den Akten gereichten, von der Klägerin erstellten, Tätigkeitsbeschreibung des Leiters Wohnunterkünfte (Bl. 37 der Gerichtsakte) deckt, hatte die Klägerin konkret folgende Arbeitsaufgaben zu verrichten: - Sie war verantwortlich für die Rationalisierungsmaßnahmen sowie Generalreparaturen in den Wohnunterkünften und Hotels des gesamten Betriebes sowie für die Planung und Bilanzierung der Realisierungsmaßnahmen sowie Generalreparaturen in den Wohnunterkünften. - Sie gewährleistete die Organisation, Kontrolle und Abrechnung der Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnunterkünften, erarbeitete Aufgabenstellungen für die Projektierung zur Durchführung der geplanten Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnunterkünften und nahm die Fertigstellung der Baumaßnahmen mit Protokoll auf. - Darüber hinaus projektierte sie selbständig Objekte kleineren Umfangs, koordinierte den Einsatz von Fremdfirmen mit den betrieblichen Auftraggebern und kontrollierte die termin- und qualitätsgerechte Ausführung. - Sie leitete bei mangelhaften Ausführungen Reklamationen ein und wirkte auf eine kontinuierliche Beseitigung der Mängel hin. - Sie erarbeitete in Verbindung mit der Invest- und Bauabteilung Unterlagen für die Jahres- und Perspektivplanung, kontrollierte monatlich die Erfüllung der Jahrespläne, leistete Zuarbeit für Analysen und Berichterstattungen und organisierte und kontrollierte im Bereich der Abteilung anfallende Sonderaufgaben. - Sie plante den Materialbedarf für Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, überwachte die technischen Anlagen in den Wohnunterkünften und sicherte die ständige Verbesserung und Effektivität der Einrichtungen. - Zudem war sie für die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen auf dem Gebiet des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes sowie der Ordnung, Sicherheit und Disziplin verantwortlich.

Sowohl die Ausbildungsziele und -inhalte, als auch die daraus resultierenden späteren Einsatzmöglichkeiten des Fachschulstudiums der Klägerin im Bereich des Bauwesens in der Fachrichtung "Landschafts- und Grünanlagenbau", wie sie sich aus dem vom Senat im Berufungsverfahren beigezogenen Auszug aus dem Kompendium "Berufe der ehemaligen DDR / Fachschulberufe – Band 7 – Landwirtschaft und gewerblich technische Berufe", auf Seite 152-153 zum Berufsbild des Bauingenieurs in der Fachrichtung Landschafts- und Grünanlagenbau (Bl. 116-118 der Gerichtsakte) sowie aus dem von der Beklagten bereits im Klageverfahren vorgelegten Kompendium von Thur "Fachschulberufe – Teil 2" (Bl. 19-20 der Verwaltungsakte in Verbindung mit Bl. 87-90 der Gerichtsakte) ergeben, zeigen, dass das Studium die technologischen und technischen Grundlagen zur Verrichtung eines ingenieurtechnischen Berufes im Bereich des Landschafts- und Grünanlagenbaus vermittelte und nicht die Befähigung zur Ausübung von planerischen, kontrollierenden, koordinierenden und verwaltungsorganisatorischen Tätigkeiten im Bereich der Leitung und Verwaltung von Arbeiterwohnunterkünften verlieh. Ausbildungsinhalte und Ausbildungsziele des Ingenieurfachschulstudiums der Klägerin waren, ausweislich der vorbezeichneten Kompendien, die Vermittlung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten unter anderem in folgenden Bereichen: - Statik und Festigkeitslehre, - Bemessungsverfahren und Bewehrungsgrundsätze im Stahlbetonbau, - Anfertigung ausführungsgerechter Bewehrungs- und Schalpläne sowie Bemessung spezieller Bauwerksteile aus Stahlbeton bzw. einfacher Stahl- und Holzkonstruktionen und deren konstruktive Details, - Entwicklung konstruktiver Lösungen unter Beachtung technologischer und ökonomischer Kriterien, - Bauelemente und Bauteile des Hochbaus, spezifische Tiefbaukonstruktionen, Projektierungsmethoden und Aufgaben bei der örtlichen Anpassung von Wiederverwendungsprojekten sowie über Methoden und Verfahren bauphysikalischer Schutzmaßnahmen, über die Konstruktion von Schutzräumen und über die Handhabung von verbindlichen Vorschriften und Katalogwerken. Es wurden Fähigkeiten vermittelt, um Projekte für Freiflächen in Wohngebieten, gesellschaftlichen Einrichtungen und Industriegeländen sowie Sport- und Erholungsanlagen auszuführen und die dazu erforderlichen Konstruktionen des Landschafts- und Grünanlagenbaus auszuwählen, konstruktive Detail- und Gesamtlösungen zu bearbeiten und die erforderlichen technischen Unterlagen anzufertigen. Vermittelt wurden Fertigkeiten auf dem Gebiet der ingenieurbiologischen Bauweisen und bei der Erarbeitung von Bepflanzungsplänen und Bepflanzungsdetails. Das Studium befähigte dazu, Rekonstruktionen und Erweiterungsmaßnahmen von Anlagen des Landschafts- und Grünanlagenbaus unter Berücksichtigung der besonderen Probleme der Grünanlagenunterhaltung durchzuführen. Es wurden zudem Kenntnisse über den Aufbau von Pflanzen, ihrer Lebensvorgänge und Umweltansprüche vermittelt. Die Studenten wurden befähigt, die Standortansprüche der Pflanzen zu kennen, Bodenbeurteilungen und -verbesserungen durchzuführen, Pflanzenkrankheiten und -schädlinge zu erkennen und die entsprechenden Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Es wurden Grundkenntnisse über die meteorologischen Gesetzmäßigkeiten vermittelt und die Studenten wurden befähigt, die wichtigsten Maschinen für den Landschafts- und Grünanlagenbau zu beurteilen. Schwerpunkte der Ausbildung waren typische Fertigungs-, Transport-, Wartungs-, Lager- und Kontrollprozesse des Landschafts- und Grünanlagenbaus und der Grünanlagenunterhaltung bzw. der Rekonstruktion baulicher Anlagen. Die Absolventen erwerben Fähigkeiten, optimale Produktionsverfahren und Arbeitsmittel, die eine Rationalisierung und Intensivierung der Produktion gewährleisten, qualitativ auszuwählen und quantitativ zu bestimmen. Die Lehrgebiete umfassten die Fächer: Marxismus-Leninismus, Sport, Russisch, Deutsch, Kulturtheorie/Ästhetik, Arbeitswissenschaften, sozialistische Betriebswirtschaft, Kosten und Preise, Mathematik, Physik, EDV, Informatik, Dokumentation, Standarisierung, Statik, Baustoffe, Baustoffprüfung, Stahlbetonbau, Stahl- und Holzbau, Projektionslehre, Konstruktionen, biologisch-ökologische Grundlagen, Landeskultur, Maschinentechnik, Technologie, Vermessungstechnik und komplexe Ingenieurtätigkeit.

Das Studium bereitete die Absolventen gezielt auf einen Einsatz in Betrieben des Landschafts- und Grünanlagenbau und in Kombinaten und Betrieben der Bauindustrie vor. Dabei wurden die Absolventen in der Produktionsdurchführung als Bauleiter, in der Produktionsvorbereitung als Technologe, in der Kosten- und Preisermittlung als Kostenplaner und in der Projektierung als Projektbearbeiter eingesetzt. Die Absolventen der Fachrichtung Landschafts- und Grünanlagenbau waren in der Lage, Anlagen des Landschafts- und Grünanlagenbau einschließlich der zu diesen Anlagen gehörenden Hoch- und Tiefbauwerke im Bereich von Verkehr, Versorgung und Wasserwirtschaft sowohl in ihrer Funktion, Konstruktion und Technologie als auch hinsichtlich der Werterhaltungsmaßnahmen zu untersuchen und auszulegen. Dabei ging es insbesondere um ökonomischen Materialeinsatz, funktionsgerechtes Gestalten und Bemessen und die rationelle Gestaltung von Produktionsprozessen im Landschafts- und Grünanlagenbau.

Die konkreten Arbeitsaufgaben der Klägerin als Leiterin Wohnunterkünfte knüpfen im Schwerpunkt damit nicht an ihre im Fachschulstudium der Fachrichtung "Landschafts- und Grünanlagenbau" erlangten Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, sondern viel eher und vor allem vorwiegend – also im Schwerpunkt – an ihre im postgradualen Studium zum "Fachingenieur für Rekonstruktion und Erhaltung im Hochbau" erlangten Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten an. Dies veranschaulichen und belegen eindrucksvoll die im Klageverfahren vorgelegte Abschlussarbeit der Klägerin aus dem Jahr 1986 (Bl. 47-76 der Gerichtsakte) – in der sich die Klägerin mit dem Ziel der "weiteren Senkung des Projektierungsaufwandes bei den Baumaßnahmen zur Instandsetzung, Modernisierung und Rekonstruktion der Wohnbausubstanz" zu befassen hatte –, das im Klageverfahren vorgelegte Schreiben des VEB Braunkohlenwerk "T ..." X ... an die Ingenieursschule für Bauwesen Y ... vom 14. April 1986 (Bl. 77 der Gerichtsakte) sowie die ebenfalls im Klageverfahren vorgelegten technischen Zeichnungen aus dem Jahr 1986 (Bl. 78-81 der Gerichtsakte).

Die durch dieses postgraduale Studium in der Fachrichtung Rekonstruktion und Erhaltung im Hochbau von der Klägerin am 26. Juni 1986 erworbene Berechtigung, die Ergänzung zur Berufsbezeichnung "Fachingenieur für Rekonstruktion und Erhaltung im Hochbau" führen zu dürfen, beinhaltet aber gerade nicht die eigenständige Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" sondern nur eine Ergänzung des bisherigen Titels. Die in postgradualen Studiengängen erworbenen beruflichen Bezeichnungen ersetzten auch nach dem Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 nicht ein Hoch- oder Fachschulstudium. Es handelte sich vielmehr um Studiengänge zur Weiterbildung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 der "Anordnung über die postgradualen Studien" vom 4. März 1988, [DDR-GBl. I 1988, Nr. 7, S. 72]), die auf den in einem Hochschulstudium und durch die Berufstätigkeit erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten aufbauten (§ 2 Abs. 2 der Anordnung über die postgradualen Studien vom 4. März 1988); über die erworbene Qualifikation wurde den Teilnehmern ein Fachabschluss erteilt (§ 4 Satz 1 der "Anordnung über die postgradualen Studien" vom 4. März 1988). Weder der "Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur " (nachfolgend: IngVO) vom 12. April 1962 (DDR-GBl. II 1962, Nr. 29, S. 278) noch der "Anordnung über die postgradualen Studien" vom 4. März 1988 ist eine Verlautbarung zu entnehmen, die darauf schließen lässt, dass nach dem Verständnis der DDR ein wenige Monate dauerndes postgraduales Studium im Bereich der Zusatzversorgung einem technischen Fach- oder Hochschulstudium gleichgesetzt werden sollte. Die bei einem postgradualen Studium erworbenen "Fachabschlüsse" sind demnach Zusatzqualifikationen, die bei Weiterbildungsmaßnahmen erworben wurden. Sie vermitteln den Absolventen aber gerade keinen Ingenieurstitel im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB (so ausdrücklich: BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 17/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 40; BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 25/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 44) und sind daher nicht geeignet, die persönliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft zu erfüllen.

Auch soweit die Klägerin im Berufungsverfahren vorgetragen hat, nach § 5 IngVO seien auch Wortverbindungen mit dem Begriff ”Ingenieur" zur Kennzeichnung einer speziellen Tätigkeit erfasst worden, führt dies zu keiner anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage. Denn Wortverbindungen mit dem Begriff ”Ingenieur" gewähren gerade keine eigenständige Titelführungsbefugnis, sondern kennzeichnen lediglich eine spezielle Tätigkeit (§ 5 IngVO). Weil der Fachingenieurstitel der Klägerin keine eigenständige Titelführungsbefugnis vermittelt, kann er – entgegen ihrer Ansicht – auch nicht bei der Beurteilung der sachlichen Voraussetzung eine fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft im Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz mit zugrunde gelegt werden. Wegen der fehlenden Gleichsetzung des im postgradualem Studium erworbenen Fachingenieurtitels mit dem in einem regulären Fach- oder Hochschulstudium erworbenen Ingenieur- oder Diplomingenieurtitels (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 17/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 40; BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 25/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 44) kann der Fachingenieurtitel auch nicht ergänzend, erweiternd oder sonst wie kumulierend bei der Frage der Erfüllung der sachlichen Voraussetzung herangezogen werden.

Unerheblich ist im Übrigen auch, dass zur Ausübung der Tätigkeiten der Klägerin als Leiterin Wohnunterkünfte, die mit dem Berufsabschluss zum Ingenieur für Landschafts- und Grünanlagenbau erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hilfreich und möglicherweise für einen Teilbereich ihrer Tätigkeit auch erforderlich gewesen sein mögen. Entscheidend ist allein, dass die konkret verrichtete Tätigkeit der Klägerin im Schwerpunkt, also überwiegend, wie vom BSG für erforderlich erachtet, nicht ihrer beruflichen Qualifikation als Ingenieur für Landschafts- und Grünanlagenbau entsprach.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Sie berücksichtigt Anlass, Verlauf und Ergebnis des Rechtsstreits.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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