Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 22 KR 167/17
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 616/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 1/21 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ob eine Verlautbarung einer Behörde eine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X trifft, ist auch im Bereich des öffentlichen Rechts durch Auslegung des Erklärungsinhalts gemäß § 133, 157 BGB zu ermitteln. Maßstab ist dabei ein verständiger objektiver Erklärungsempfänger.
2. Für eine Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV ist nicht der Träger der Rentenversicherung, sondern allein die Einzugsstelle zuständig (Anschluss an BSG, Urteil vom 23.09.2003 – B 12 RA 3/02 R). Einzugsstelle ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird.
3. Diese Zuständigkeitsreglung ist auch anzuwenden, wenn um die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe nur in einem Zweig der Sozialversicherung gestritten wird. Die Beteiligten sind an diese Zuständigkeitsregelung gebunden. Sie können hierüber nicht disponieren.
2. Für eine Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV ist nicht der Träger der Rentenversicherung, sondern allein die Einzugsstelle zuständig (Anschluss an BSG, Urteil vom 23.09.2003 – B 12 RA 3/02 R). Einzugsstelle ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird.
3. Diese Zuständigkeitsreglung ist auch anzuwenden, wenn um die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe nur in einem Zweig der Sozialversicherung gestritten wird. Die Beteiligten sind an diese Zuständigkeitsregelung gebunden. Sie können hierüber nicht disponieren.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 4. September 2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte den Widerspruch des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen hat. In der Hauptsache ist streitig, ob während des von Mai 2015 bis Mai 2017 dauernden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses des Klägers als Rechtsreferendar im Freistaates Sachsen Versicherungsfreiheit bestand.
Der 1990 geborene Kläger wurde mit Bestellungsurkunde vom 31.03.2015 mit Wirkung vom 01.05.2015 unter Berufung in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis zum Rechtsreferendar im Freistaat Sachsen bestellt. Mit Schreiben vom 30.05.2016 beantragte er bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung ab 01.05.2015. Die Beklagte teilte ihm hierauf mit Schreiben vom 10.06.2016 mit, eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei weder möglich noch erforderlich. Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis seien versicherungsfrei, weil ihnen aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften Anwartschaft auf Versorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert sei. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält das Schreiben nicht.
Der Kläger verlangte unter Vorlage dieses Schreibens vom Landesamt für Steuern und Finanzen des Freistaates Sachsen die Erstattung abgeführter Beiträge. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 10.06.2016 einen wirksamen Bescheid über die Feststellung einer Versicherungsfreiheit erlassen. Das Landesamt für Steuern und Finanzen wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 17.06.2016 an die Beklagte und legte dar, dass für Rechtsreferendare im Freistaat Sachsen nach Landesrecht keine Anwartschaft auf Versorgung gewährleistet sei.
Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf mit Schreiben vom 11.08.2016 mit, ihres Erachtens sei er wegen seiner Berufung in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis, nicht in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf, versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Eine rechtsverbindliche Entscheidung hierüber treffe gemäß § 28h Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die zuständige Einzugsstelle. Er möge sich gegebenenfalls mit seinen Unterlagen an seine Krankenkasse wenden. Gegen die Mitteilung vom 11.08.2016 richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 17.08.2016. Beim Bescheid vom 10.06.2016 handle es sich um einen Verwaltungsakt. Als actus contrarius stelle der Bescheid vom 11.08.2016 ebenfalls einen Verwaltungsakt dar. Der Bescheid vom 10.06.2016 erfülle die Anforderungen an den objektiven Erklärungswert eines Verwaltungsakts, weil das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten einer Person festgestellt worden sei. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 10.06.2016 über das Bestehen der Rentenversicherungsfreiheit für sein Ausbildungsverhältnis als Rechtsreferendar entschieden. Das ergebe sich aus seinem klaren Wortlaut. Dort werde ausgeführt, dass eine Befreiung weder möglich noch erforderlich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch gegen das Schreiben vom 11.08.2016 als unzulässig zurück. Ein Widerspruch setze eine rechtliche Beschwer durch eine Verwaltungsentscheidung, die durch Verwaltungsakt ergangen sein müsse, voraus. Ein Verwaltungsakt, der mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs oder der Klage angefochten werden könnte, sei nicht erlassen worden. Der Widerspruch sei demzufolge unzulässig. Sie habe mit dem angefochtenen Schreiben vom 11.08.2016 keine verbindliche Entscheidung über die Versicherungspflicht des Klägers während des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses als Rechtsreferendar ab dem 01.05.2015 getroffen. Sie habe lediglich ihre Auffassung geäußert, dass der Kläger in dem Ausbildungsverhältnis der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Eine rechtsverbindliche Entscheidung über die Versicherungspflicht ab 01.05.2015 könne von der Beklagten auch nicht getroffen werden. Nach § 28 h Abs. 2 SGB IV entscheide hierüber die zuständige Krankenkasse als Einzugsstelle.
Am 31.03.2017 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben. Das Schreiben der Beklagten vom 10.06.2016 sei ein feststellender Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Beklagte sei für die Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 3 SGB VI zuständig. § 28h SGB IV schließe eine Zuständigkeit der Beklagten nicht aus. Er entnehme dem Wortlaut des Schreibens vom 10.06.2016, dass die Beklagte dort seine Versicherungsfreiheit positiv festgestellt habe. Auch ein Verwaltungsakt, der die bestehende Rechtslage wiedergebe und gegebenenfalls klarstelle, sei ein feststellender Verwaltungsakt. Mit ihrem Schreiben vom 11.08.2016 habe die Beklagte einen Widerrufsbescheid zum Schreiben vom 10.06.2016 erlassen. Ungeachtet dessen habe er Anspruch auf Feststellung seiner Versicherungsfreiheit. § 34 Abs. 6 Satz 1 Sächsische Justizausbildungsprüfungsordnung (SächsJAPO) sei wegen Verfassungswidrigkeit nicht anzuwenden, so dass nach § 80 Sächsisches Beamtengesetz (SächsBG) die Versorgung des Klägers während der Referendarausbildung gewährleistet gewesen sei.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.09.2018 abgewiesen. Die im Hauptantrag als Anfechtungsklage zulässige Klage sei unbegründet. Die im Hilfsantrag erhobene Feststellungsklage sei unzulässig. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.03.2017 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Widerspruch sei gemäß §§ 77, 78 Abs. 1 Satz 1, 83 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen Verwaltungsakte statthaft. Das Schreiben der Beklagten vom 11.08.2016 sei kein Verwaltungsakt. Denn die Beklagte habe mit dem Schreiben nichts geregelt und auch nichts regeln wollen. Vorliegend habe die Beklagte ihr Schreiben vom 11.08.2016 weder als Bescheid bezeichnet noch eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Ein formeller Verwaltungsakt sei das Schreiben daher nicht. Der Regelungswille der Behörde könne sich ungeachtet fehlender formaler Ausgestaltung als Verwaltungsakt auch allein aus dem Inhalt ergeben. Vorliegend habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 11.08.2016 lediglich rechtliche Grundlagen und ihre daraus folgende Auffassung, es bestehe "u. E. Versicherungspflicht", "mitgeteilt". In dem Schreiben sei der Hinweis erfolgt, dass eine rechtsverbindliche Entscheidung hierüber die zuständige Einzugsstelle treffe, an die sich der Kläger wenden möge. Der Inhalt dieser Verlautbarung sei folglich nicht auf eine rechtsverbindliche Entscheidung der Beklagten gerichtet gewesen. Mangels Anhaltspunkten für eine Regelung könne im vorliegenden Rechtsstreit dahinstehen, ob die Beklagte – wie der Kläger meine – mit Schreiben vom 10.06.2016 eine Regelung getroffen und damit einen Verwaltungsakt erlassen habe. Ebenso könne die Kritik des Klägers an der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung seines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses als Rechtsreferendar im Freistaat Sachsen im vorliegenden Rechtsstreit mangels einer dazu getroffenen Regelung der Beklagten dahinstehen. Der auf Feststellung seiner Versicherungsfreiheit gerichtete Hilfsantrag des Klägers sei unzulässig. Denn gegenüber Gestaltungsklagen wie Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nach § 54 SGG sei die Feststellungsklage gemäß § 55 SGG subsidiär. Der Kläger möge sein Begehren der zuständigen Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2, 28 i SGB IV antragen.
Gegen den dem Kläger am 07.09.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 03.10.2018 Berufung beim SG eingelegt, die am 12.10.2018 beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingegangen ist. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 10.06.2016 festgestellt, dass eine Befreiung von der Versicherungspflicht weder möglich noch erforderlich sei, weil die Voraussetzungen für eine versicherungsfreie Beschäftigung vorlägen. Aus seiner Sicht stelle dieses Schreiben einen feststellenden Verwaltungsakt dar. Mit weiterem Schreiben vom 11.08.2016 habe die Beklagte mitgeteilt, dass sie sich nicht mehr an die Feststellung vom 10.06.2016 gebunden fühle. Gegen dieses Schreiben habe er Widerspruch eingelegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle das Schreiben vom 10.06.2016 einen Verwaltungsakt dar. Zudem liege im Schreiben vom 11.08.2016 ein weiterer Verwaltungsakt, weil die Beklagte auf den Widerspruch gegen das Schreiben vom 11.08.2016 einen Widerspruchsbescheid erlassen habe. Dieser besitze Verwaltungsaktqualität (Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 29.10.1992 – 10 RKg 4/92; Bayrisches LSG, Urteil vom 30.11.2011 – L 1 LW 11/10). Die Qualifizierung des Informationsschreibens vom 11.08.2016 als Verwaltungsakt lasse im Übrigen auch das Schreiben vom 10.06.2016 zum Verwaltungsakt erwachsen. Anderenfalls wäre über die Aufhebung einer erteilten Feststellung durch Verwaltungsakt entschieden worden, obgleich die Feststellung als solche keinen Verwaltungsakt dargestellt hätte (BSG, Urteil vom 07.04.2016 – B 4 R 26/15 R). Der Bescheid vom 11.08.2016 sei rechtswidrig, da weder die Widerrufsvoraussetzungen des § 47 SGB X vorlägen noch der ursprüngliche Feststellungsbescheid rechtswidrig sei. Die ursprüngliche Feststellung der Beklagten, dass der Kläger als Rechtsreferendar versicherungsfrei gewesen sei, sei vielmehr rechtmäßig. Sein Anspruch auf Versicherungsfreiheit ergebe sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 4 SGB VI. Die Regelung in § 34 Abs. 6 Satz 1 SächsJAPO sei rechts- und verfassungswidrig. Sie verstoße gegen die Verordnungsermächtigung in § 8 Satz 2 Nr. 7 Buchstabe a) Sächsisches Juristenausbildungsgesetz (SächsJAG) und gegen Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG).
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des SG Leipzig vom 04.09.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2017 aufzuheben und festzustellen, dass er als Rechtsreferendar während des vom 01.05.2015 bis Mai 2017 dauernden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses beim Freistaat Sachsen nicht der Versicherungspflicht bei der Beklagten unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Schreiben vom 11.08.2016 stelle erkennbar keinen Verwaltungsakt dar. Auch lasse der Widerspruchsbescheid vom 02.03.2016 das Schreiben nicht zum Verwaltungsakt erwachsen. Nichts anderes ergebe sich aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des BSG vom 29.10.1992 – 10 RKg 4/92. Denn die Beklagte habe den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid als unzulässig zurückgewiesen. Die Ausführungen des Klägers zur vermeintlichen Rechts- und Verfassungswidrigkeit des § 34 Abs. 6 Satz 1 SächsJAPO könnten dahinstehen. Hinsichtlich des Feststellungsantrags mangele es bereits an der Passivlegitimation der Beklagten. Für die Feststellung der Versicherungspflicht u.a. in der Rentenversicherung sei indes gemäß § 28 h SGB IV die Einzugsstelle, mithin nicht die Beklagte, zuständig. Lediglich über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI entscheide die Beklagte.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 04.09.2018 die Klage abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.03.2017, mit dem diese den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 11.08.2016 als unzulässig verworfen hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten.
I.
Die Berufung des Klägers ist bezüglich des Anfechtungsantrags zulässig. Insbesondere hat er gemäß § 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgerecht beim SG Berufung eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2017 den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 11.08.2016 als unzulässig zurückgewiesen.
Der Widerspruch ist gemäß §§ 78 Abs. 1 Satz 1, 83 SGG gegen Verwaltungsakte statthaft. Verwaltungsakt ist gemäß § 31 Satz 1 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtwirkung nach außen gerichtet ist. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist das Schreiben der Beklagten vom 11.08.2016 kein Verwaltungsakt. Denn die Beklagte hat mit dem Schreiben nichts geregelt und auch nichts regeln wollen. Ob eine Verlautbarung einer Behörde eine Regelung trifft, ist auch im Bereich des öffentlichen Rechts durch Auslegung des Erklärungsinhalts gemäß § 133, 157 (Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) zu ermitteln. Maßstab ist dabei ein verständiger objektiver Erklärungsempfänger.
1. Anhaltspunkt für den Regelungswillen der Behörde ist dabei zum einen die formelle Ausgestaltung der Verlautbarung. Bei schriftlichen Erklärungen kann die Bezeichnung als Bescheid und die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung darauf hindeuten, dass die Behörde eine Regelung treffen wollte. Vorliegend hat die Beklagte ihr Schreiben vom 11.08.2016 jedoch weder als Bescheid bezeichnet noch eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Ein formeller Verwaltungsakt ist das Schreiben daher ohne Zweifel nicht.
2. Der Regelungswille der Behörde kann sich ungeachtet fehlender formaler Ausgestaltung als Verwaltungsakt auch allein aus dem Inhalt der Verlautbarung ergeben. Hierbei ist u.a. der Wortlaut der Erklärung maßgeblich. Vorliegend hat die Beklagte nach dem Wortlaut ihres Schreibens vom 11.08.2016 lediglich rechtliche Grundlagen und ihre daraus folgende Auffassung, es bestehe "u. E. Versicherungspflicht", "mitgeteilt". Sodann hat sie darauf hingewiesen, dass eine rechtsverbindliche Entscheidung hierüber die zuständige Einzugsstelle trifft, an die sich der Kläger wenden möge. Die Verlautbarung beinhaltet folglich keine rechtsverbindliche Entscheidung der Beklagten. Zudem entbehrt das Schreiben vom 11.08.2016 jeglicher für eine Entscheidung über die Feststellung oder die Rücknahme, Aufhebung oder den Widerruf einer Entscheidung typischen Begriffe, wonach etwa ein Antrag abgelehnt oder ein Umstand festgestellt oder eine konkrete Regelung oder Feststellung zurückgenommen, aufgehoben oder widerrufen wird.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Schreiben vom 11.08.2016 auch nicht dadurch zum Verwaltungsakt geworden, dass die Beklagte über den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2017 entschieden hat. Anders als in dem vom Kläger zitierten Urteil des Bayrischen LSG vom 30.11.2011 – L 1 LW 11/10 hat die Beklagte den Widerspruch gerade nicht als unbegründet zurückgewiesen und damit nicht in der Sache entschieden.
4. Mangels jeglicher Anhaltspunkte für eine Regelung im angefochtenen Schreiben vom 11.08.2016 kann im vorliegenden Rechtsstreit entgegen der Auffassung des Klägers dahinstehen, ob die Beklagte – wie der Kläger meint – mit ihrem Schreiben vom 10.06.2016 eine Regelung getroffen und damit einen Verwaltungsakt erlassen hat. Auch aus dem vom Kläger zitierten Urteil des BSG vom 07.04.2016 – B 5 R 26/15 R ergibt sich nichts anderes. Im dortigen Verfahren hatte die Beklagte einen sogenannten Zweitbescheid erlassen, der – auch nach Auffassung der Beklagten und der Gerichte – die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes erfüllt hat (BSG, Urteil vom 07.04.2016 – B 5 R 26/15 R, RdNrn. 5, 17, juris). Anders als im dortigen Verfahren besitzt vorliegend das Schreiben vom 11.08.2016 gerade keine Verwaltungsaktqualität.
II.
Der auf Feststellung der Versicherungsfreiheit während seines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses als Rechtsreferendar im Freistaat Sachsen gerichtete Antrag des Klägers ist unzulässig (BSG, Urteil vom 23.09.2003 – B 12 RA 3/02 R, Leitsatz 2; RdNr. 23 ff., juris).
Darüber hinaus ist die Beklagte für die Feststellungsklage auch nicht passivlegitimiert (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage, Vor § 51, RdNr. 13; Leitherer, a.a.O., § 69 RdNr. 4), weil für diese Feststellung die Einzugsstelle der Krankenkasse des Klägers gem. § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV alleinig zuständig ist (BSG, Urteil vom 23.09.2003 – B 12 RA 3/02 R, Leitsatz 1, RdNr. 14 ff., juris). Das BSG hat in dem zitierten Urteil entschieden:
Tenor:
"Die beklagte BfA hat mit diesem Bescheid darüber entschieden, dass der Kläger als abhängig Beschäftigter in der Rentenversicherung versicherungspflichtig ist und für ihn Beiträge in der gesetzlichen Höhe zu zahlen sind. Für eine solche Entscheidung war jedoch nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV nicht die beklagte BfA als Träger der Rentenversicherung, sondern allein die Einzugsstelle zuständig. Einzugsstelle ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird (vgl § 28i SGB IV). a) Gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid (Halbsatz 2). Das Gesetz trägt mit dieser umfassenden Zuständigkeitszuweisung an die Einzugsstelle dem Umstand Rechnung, dass in den genannten Versicherungszweigen die Versicherungspflicht mit der Anknüpfung an die abhängige Beschäftigung weithin gleichen Grundsätzen folgt und die Beiträge für alle Versicherungszweige einheitlich berechnet und als Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt werden. Diese Zuständigkeit nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV ist nicht auf Entscheidungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe gegenüber dem Arbeitgeber als dem Schuldner der Beiträge beschränkt. Sie besteht vielmehr auch, wenn entsprechende Fragen vom Beschäftigten aufgeworfen werden und entschieden werden müssen. Schließlich hängt die Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV nicht davon ab, ob solche Entscheidungen wegen tatsächlicher oder rechtlicher Zweifelsfragen erforderlich werden. Diese eindeutige Zuständigkeitsreglung ist aus Gründen der Rechtssicherheit auch anzuwenden, wenn es wie hier um die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe nur in einem der genannten Zweige der Sozialversicherung geht (hier der Rentenversicherung, vgl BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 7 S 23). Das Gesetz begründet auch in einem solchen Fall die Zuständigkeit der Einzugsstelle für die Verwaltungsentscheidungen und schließt damit auch insoweit die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers aus. Die im Verhältnis zur Krankenkasse als Einzugsstelle möglicherweise ‚größere Sachnähe‘ des Trägers eines anderen Versicherungszweiges (‚Fremdversicherungsträger‘, hier BfA) für die zu entscheidenden Fragen führt nicht zu dessen Zuständigkeit und zur Unzuständigkeit der Einzugsstelle. Die Belange der Fremdversicherungsträger werden in dem von der Einzugsstelle einheitlich und ausnahmslos durchzuführenden Verwaltungsverfahren durch ihre Hinzuziehung nach § 12 Abs 2 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X)) gewahrt (vgl die Begründung des Entwurfs zu § 28h SGB IV in BT-Drucks 11/2221 S 24/25). Die Beteiligten sind an diese Zuständigkeitsregelung und an die genannte Regelung zum Beteiligungs- und Beiladungsverfahren gebunden. Sie können hierüber nicht disponieren, auch dann nicht, wenn wie hier Kläger, Beklagte und die beigeladenen Einzugsstellen der Meinung sind, der beklagte Rentenversicherungsträger sei auf Grund seiner größeren Sachnähe zur Entscheidung über die aufgeworfenen Fragen berufen. Die gesetzliche Zuständigkeitsregelung lässt schließlich auch dann keine Ausnahmen zu, wenn materiell-rechtlich allein um grundlegende, hier verfassungsrechtliche Fragen gestritten wird. b) Demnach hatte hier nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV die Einzugsstelle zu entscheiden. Das Begehren des Klägers kann nicht als bloßer Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 SGB VI aufgefasst werden, über den die Beklagte zu entscheiden gehabt hätte (vgl § 6 Abs 3 SGB VI). Der Kläger hat auf Anfrage des Senats ausdrücklich klargestellt, dass es ihm von vornherein darum gegangen sei, der Rentenversicherung in ihrer gegenwärtigen Form nicht angehören zu wollen, weil diese verfassungswidrig geworden sei. Er wendet sich damit sinngemäß gegen die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe, weil die Vorschriften, auf denen sie beruhen, verfassungswidrig seien. Entgegen der Ansicht der beklagten BfA ist ihre Zuständigkeit auf die Entscheidung über die in § 6 SGB VI geregelten Befreiungstatbestände beschränkt. Die Zuständigkeitsregelung des § 6 Abs 3 SGB VI greift deshalb aus Gründen der Rechtssicherheit nicht ein, wenn ein Versicherter wie hier der Kläger die Versicherungspflicht oder die Beitragshöhe bestreitet, weil die insoweit maßgeblichen Vorschriften nicht mit dem GG vereinbar seien. d) Dieses Einzugsstellenverfahren hat beim Kläger nicht stattgefunden."
Eine Beiladung der Einzugsstelle ist nicht veranlasst (BSG, a.a.O., RdNr. 24 ff.).
Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte den Widerspruch des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen hat. In der Hauptsache ist streitig, ob während des von Mai 2015 bis Mai 2017 dauernden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses des Klägers als Rechtsreferendar im Freistaates Sachsen Versicherungsfreiheit bestand.
Der 1990 geborene Kläger wurde mit Bestellungsurkunde vom 31.03.2015 mit Wirkung vom 01.05.2015 unter Berufung in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis zum Rechtsreferendar im Freistaat Sachsen bestellt. Mit Schreiben vom 30.05.2016 beantragte er bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung ab 01.05.2015. Die Beklagte teilte ihm hierauf mit Schreiben vom 10.06.2016 mit, eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei weder möglich noch erforderlich. Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis seien versicherungsfrei, weil ihnen aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften Anwartschaft auf Versorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert sei. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält das Schreiben nicht.
Der Kläger verlangte unter Vorlage dieses Schreibens vom Landesamt für Steuern und Finanzen des Freistaates Sachsen die Erstattung abgeführter Beiträge. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 10.06.2016 einen wirksamen Bescheid über die Feststellung einer Versicherungsfreiheit erlassen. Das Landesamt für Steuern und Finanzen wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 17.06.2016 an die Beklagte und legte dar, dass für Rechtsreferendare im Freistaat Sachsen nach Landesrecht keine Anwartschaft auf Versorgung gewährleistet sei.
Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf mit Schreiben vom 11.08.2016 mit, ihres Erachtens sei er wegen seiner Berufung in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis, nicht in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf, versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Eine rechtsverbindliche Entscheidung hierüber treffe gemäß § 28h Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die zuständige Einzugsstelle. Er möge sich gegebenenfalls mit seinen Unterlagen an seine Krankenkasse wenden. Gegen die Mitteilung vom 11.08.2016 richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 17.08.2016. Beim Bescheid vom 10.06.2016 handle es sich um einen Verwaltungsakt. Als actus contrarius stelle der Bescheid vom 11.08.2016 ebenfalls einen Verwaltungsakt dar. Der Bescheid vom 10.06.2016 erfülle die Anforderungen an den objektiven Erklärungswert eines Verwaltungsakts, weil das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten einer Person festgestellt worden sei. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 10.06.2016 über das Bestehen der Rentenversicherungsfreiheit für sein Ausbildungsverhältnis als Rechtsreferendar entschieden. Das ergebe sich aus seinem klaren Wortlaut. Dort werde ausgeführt, dass eine Befreiung weder möglich noch erforderlich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch gegen das Schreiben vom 11.08.2016 als unzulässig zurück. Ein Widerspruch setze eine rechtliche Beschwer durch eine Verwaltungsentscheidung, die durch Verwaltungsakt ergangen sein müsse, voraus. Ein Verwaltungsakt, der mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs oder der Klage angefochten werden könnte, sei nicht erlassen worden. Der Widerspruch sei demzufolge unzulässig. Sie habe mit dem angefochtenen Schreiben vom 11.08.2016 keine verbindliche Entscheidung über die Versicherungspflicht des Klägers während des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses als Rechtsreferendar ab dem 01.05.2015 getroffen. Sie habe lediglich ihre Auffassung geäußert, dass der Kläger in dem Ausbildungsverhältnis der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Eine rechtsverbindliche Entscheidung über die Versicherungspflicht ab 01.05.2015 könne von der Beklagten auch nicht getroffen werden. Nach § 28 h Abs. 2 SGB IV entscheide hierüber die zuständige Krankenkasse als Einzugsstelle.
Am 31.03.2017 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben. Das Schreiben der Beklagten vom 10.06.2016 sei ein feststellender Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Beklagte sei für die Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 3 SGB VI zuständig. § 28h SGB IV schließe eine Zuständigkeit der Beklagten nicht aus. Er entnehme dem Wortlaut des Schreibens vom 10.06.2016, dass die Beklagte dort seine Versicherungsfreiheit positiv festgestellt habe. Auch ein Verwaltungsakt, der die bestehende Rechtslage wiedergebe und gegebenenfalls klarstelle, sei ein feststellender Verwaltungsakt. Mit ihrem Schreiben vom 11.08.2016 habe die Beklagte einen Widerrufsbescheid zum Schreiben vom 10.06.2016 erlassen. Ungeachtet dessen habe er Anspruch auf Feststellung seiner Versicherungsfreiheit. § 34 Abs. 6 Satz 1 Sächsische Justizausbildungsprüfungsordnung (SächsJAPO) sei wegen Verfassungswidrigkeit nicht anzuwenden, so dass nach § 80 Sächsisches Beamtengesetz (SächsBG) die Versorgung des Klägers während der Referendarausbildung gewährleistet gewesen sei.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.09.2018 abgewiesen. Die im Hauptantrag als Anfechtungsklage zulässige Klage sei unbegründet. Die im Hilfsantrag erhobene Feststellungsklage sei unzulässig. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.03.2017 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Widerspruch sei gemäß §§ 77, 78 Abs. 1 Satz 1, 83 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen Verwaltungsakte statthaft. Das Schreiben der Beklagten vom 11.08.2016 sei kein Verwaltungsakt. Denn die Beklagte habe mit dem Schreiben nichts geregelt und auch nichts regeln wollen. Vorliegend habe die Beklagte ihr Schreiben vom 11.08.2016 weder als Bescheid bezeichnet noch eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Ein formeller Verwaltungsakt sei das Schreiben daher nicht. Der Regelungswille der Behörde könne sich ungeachtet fehlender formaler Ausgestaltung als Verwaltungsakt auch allein aus dem Inhalt ergeben. Vorliegend habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 11.08.2016 lediglich rechtliche Grundlagen und ihre daraus folgende Auffassung, es bestehe "u. E. Versicherungspflicht", "mitgeteilt". In dem Schreiben sei der Hinweis erfolgt, dass eine rechtsverbindliche Entscheidung hierüber die zuständige Einzugsstelle treffe, an die sich der Kläger wenden möge. Der Inhalt dieser Verlautbarung sei folglich nicht auf eine rechtsverbindliche Entscheidung der Beklagten gerichtet gewesen. Mangels Anhaltspunkten für eine Regelung könne im vorliegenden Rechtsstreit dahinstehen, ob die Beklagte – wie der Kläger meine – mit Schreiben vom 10.06.2016 eine Regelung getroffen und damit einen Verwaltungsakt erlassen habe. Ebenso könne die Kritik des Klägers an der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung seines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses als Rechtsreferendar im Freistaat Sachsen im vorliegenden Rechtsstreit mangels einer dazu getroffenen Regelung der Beklagten dahinstehen. Der auf Feststellung seiner Versicherungsfreiheit gerichtete Hilfsantrag des Klägers sei unzulässig. Denn gegenüber Gestaltungsklagen wie Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nach § 54 SGG sei die Feststellungsklage gemäß § 55 SGG subsidiär. Der Kläger möge sein Begehren der zuständigen Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2, 28 i SGB IV antragen.
Gegen den dem Kläger am 07.09.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 03.10.2018 Berufung beim SG eingelegt, die am 12.10.2018 beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingegangen ist. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 10.06.2016 festgestellt, dass eine Befreiung von der Versicherungspflicht weder möglich noch erforderlich sei, weil die Voraussetzungen für eine versicherungsfreie Beschäftigung vorlägen. Aus seiner Sicht stelle dieses Schreiben einen feststellenden Verwaltungsakt dar. Mit weiterem Schreiben vom 11.08.2016 habe die Beklagte mitgeteilt, dass sie sich nicht mehr an die Feststellung vom 10.06.2016 gebunden fühle. Gegen dieses Schreiben habe er Widerspruch eingelegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle das Schreiben vom 10.06.2016 einen Verwaltungsakt dar. Zudem liege im Schreiben vom 11.08.2016 ein weiterer Verwaltungsakt, weil die Beklagte auf den Widerspruch gegen das Schreiben vom 11.08.2016 einen Widerspruchsbescheid erlassen habe. Dieser besitze Verwaltungsaktqualität (Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 29.10.1992 – 10 RKg 4/92; Bayrisches LSG, Urteil vom 30.11.2011 – L 1 LW 11/10). Die Qualifizierung des Informationsschreibens vom 11.08.2016 als Verwaltungsakt lasse im Übrigen auch das Schreiben vom 10.06.2016 zum Verwaltungsakt erwachsen. Anderenfalls wäre über die Aufhebung einer erteilten Feststellung durch Verwaltungsakt entschieden worden, obgleich die Feststellung als solche keinen Verwaltungsakt dargestellt hätte (BSG, Urteil vom 07.04.2016 – B 4 R 26/15 R). Der Bescheid vom 11.08.2016 sei rechtswidrig, da weder die Widerrufsvoraussetzungen des § 47 SGB X vorlägen noch der ursprüngliche Feststellungsbescheid rechtswidrig sei. Die ursprüngliche Feststellung der Beklagten, dass der Kläger als Rechtsreferendar versicherungsfrei gewesen sei, sei vielmehr rechtmäßig. Sein Anspruch auf Versicherungsfreiheit ergebe sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 4 SGB VI. Die Regelung in § 34 Abs. 6 Satz 1 SächsJAPO sei rechts- und verfassungswidrig. Sie verstoße gegen die Verordnungsermächtigung in § 8 Satz 2 Nr. 7 Buchstabe a) Sächsisches Juristenausbildungsgesetz (SächsJAG) und gegen Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG).
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des SG Leipzig vom 04.09.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2017 aufzuheben und festzustellen, dass er als Rechtsreferendar während des vom 01.05.2015 bis Mai 2017 dauernden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses beim Freistaat Sachsen nicht der Versicherungspflicht bei der Beklagten unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Schreiben vom 11.08.2016 stelle erkennbar keinen Verwaltungsakt dar. Auch lasse der Widerspruchsbescheid vom 02.03.2016 das Schreiben nicht zum Verwaltungsakt erwachsen. Nichts anderes ergebe sich aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des BSG vom 29.10.1992 – 10 RKg 4/92. Denn die Beklagte habe den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid als unzulässig zurückgewiesen. Die Ausführungen des Klägers zur vermeintlichen Rechts- und Verfassungswidrigkeit des § 34 Abs. 6 Satz 1 SächsJAPO könnten dahinstehen. Hinsichtlich des Feststellungsantrags mangele es bereits an der Passivlegitimation der Beklagten. Für die Feststellung der Versicherungspflicht u.a. in der Rentenversicherung sei indes gemäß § 28 h SGB IV die Einzugsstelle, mithin nicht die Beklagte, zuständig. Lediglich über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI entscheide die Beklagte.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 04.09.2018 die Klage abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.03.2017, mit dem diese den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 11.08.2016 als unzulässig verworfen hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten.
I.
Die Berufung des Klägers ist bezüglich des Anfechtungsantrags zulässig. Insbesondere hat er gemäß § 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgerecht beim SG Berufung eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2017 den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 11.08.2016 als unzulässig zurückgewiesen.
Der Widerspruch ist gemäß §§ 78 Abs. 1 Satz 1, 83 SGG gegen Verwaltungsakte statthaft. Verwaltungsakt ist gemäß § 31 Satz 1 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtwirkung nach außen gerichtet ist. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist das Schreiben der Beklagten vom 11.08.2016 kein Verwaltungsakt. Denn die Beklagte hat mit dem Schreiben nichts geregelt und auch nichts regeln wollen. Ob eine Verlautbarung einer Behörde eine Regelung trifft, ist auch im Bereich des öffentlichen Rechts durch Auslegung des Erklärungsinhalts gemäß § 133, 157 (Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) zu ermitteln. Maßstab ist dabei ein verständiger objektiver Erklärungsempfänger.
1. Anhaltspunkt für den Regelungswillen der Behörde ist dabei zum einen die formelle Ausgestaltung der Verlautbarung. Bei schriftlichen Erklärungen kann die Bezeichnung als Bescheid und die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung darauf hindeuten, dass die Behörde eine Regelung treffen wollte. Vorliegend hat die Beklagte ihr Schreiben vom 11.08.2016 jedoch weder als Bescheid bezeichnet noch eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Ein formeller Verwaltungsakt ist das Schreiben daher ohne Zweifel nicht.
2. Der Regelungswille der Behörde kann sich ungeachtet fehlender formaler Ausgestaltung als Verwaltungsakt auch allein aus dem Inhalt der Verlautbarung ergeben. Hierbei ist u.a. der Wortlaut der Erklärung maßgeblich. Vorliegend hat die Beklagte nach dem Wortlaut ihres Schreibens vom 11.08.2016 lediglich rechtliche Grundlagen und ihre daraus folgende Auffassung, es bestehe "u. E. Versicherungspflicht", "mitgeteilt". Sodann hat sie darauf hingewiesen, dass eine rechtsverbindliche Entscheidung hierüber die zuständige Einzugsstelle trifft, an die sich der Kläger wenden möge. Die Verlautbarung beinhaltet folglich keine rechtsverbindliche Entscheidung der Beklagten. Zudem entbehrt das Schreiben vom 11.08.2016 jeglicher für eine Entscheidung über die Feststellung oder die Rücknahme, Aufhebung oder den Widerruf einer Entscheidung typischen Begriffe, wonach etwa ein Antrag abgelehnt oder ein Umstand festgestellt oder eine konkrete Regelung oder Feststellung zurückgenommen, aufgehoben oder widerrufen wird.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Schreiben vom 11.08.2016 auch nicht dadurch zum Verwaltungsakt geworden, dass die Beklagte über den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2017 entschieden hat. Anders als in dem vom Kläger zitierten Urteil des Bayrischen LSG vom 30.11.2011 – L 1 LW 11/10 hat die Beklagte den Widerspruch gerade nicht als unbegründet zurückgewiesen und damit nicht in der Sache entschieden.
4. Mangels jeglicher Anhaltspunkte für eine Regelung im angefochtenen Schreiben vom 11.08.2016 kann im vorliegenden Rechtsstreit entgegen der Auffassung des Klägers dahinstehen, ob die Beklagte – wie der Kläger meint – mit ihrem Schreiben vom 10.06.2016 eine Regelung getroffen und damit einen Verwaltungsakt erlassen hat. Auch aus dem vom Kläger zitierten Urteil des BSG vom 07.04.2016 – B 5 R 26/15 R ergibt sich nichts anderes. Im dortigen Verfahren hatte die Beklagte einen sogenannten Zweitbescheid erlassen, der – auch nach Auffassung der Beklagten und der Gerichte – die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes erfüllt hat (BSG, Urteil vom 07.04.2016 – B 5 R 26/15 R, RdNrn. 5, 17, juris). Anders als im dortigen Verfahren besitzt vorliegend das Schreiben vom 11.08.2016 gerade keine Verwaltungsaktqualität.
II.
Der auf Feststellung der Versicherungsfreiheit während seines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses als Rechtsreferendar im Freistaat Sachsen gerichtete Antrag des Klägers ist unzulässig (BSG, Urteil vom 23.09.2003 – B 12 RA 3/02 R, Leitsatz 2; RdNr. 23 ff., juris).
Darüber hinaus ist die Beklagte für die Feststellungsklage auch nicht passivlegitimiert (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage, Vor § 51, RdNr. 13; Leitherer, a.a.O., § 69 RdNr. 4), weil für diese Feststellung die Einzugsstelle der Krankenkasse des Klägers gem. § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV alleinig zuständig ist (BSG, Urteil vom 23.09.2003 – B 12 RA 3/02 R, Leitsatz 1, RdNr. 14 ff., juris). Das BSG hat in dem zitierten Urteil entschieden:
Tenor:
"Die beklagte BfA hat mit diesem Bescheid darüber entschieden, dass der Kläger als abhängig Beschäftigter in der Rentenversicherung versicherungspflichtig ist und für ihn Beiträge in der gesetzlichen Höhe zu zahlen sind. Für eine solche Entscheidung war jedoch nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV nicht die beklagte BfA als Träger der Rentenversicherung, sondern allein die Einzugsstelle zuständig. Einzugsstelle ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird (vgl § 28i SGB IV). a) Gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid (Halbsatz 2). Das Gesetz trägt mit dieser umfassenden Zuständigkeitszuweisung an die Einzugsstelle dem Umstand Rechnung, dass in den genannten Versicherungszweigen die Versicherungspflicht mit der Anknüpfung an die abhängige Beschäftigung weithin gleichen Grundsätzen folgt und die Beiträge für alle Versicherungszweige einheitlich berechnet und als Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt werden. Diese Zuständigkeit nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV ist nicht auf Entscheidungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe gegenüber dem Arbeitgeber als dem Schuldner der Beiträge beschränkt. Sie besteht vielmehr auch, wenn entsprechende Fragen vom Beschäftigten aufgeworfen werden und entschieden werden müssen. Schließlich hängt die Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV nicht davon ab, ob solche Entscheidungen wegen tatsächlicher oder rechtlicher Zweifelsfragen erforderlich werden. Diese eindeutige Zuständigkeitsreglung ist aus Gründen der Rechtssicherheit auch anzuwenden, wenn es wie hier um die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe nur in einem der genannten Zweige der Sozialversicherung geht (hier der Rentenversicherung, vgl BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 7 S 23). Das Gesetz begründet auch in einem solchen Fall die Zuständigkeit der Einzugsstelle für die Verwaltungsentscheidungen und schließt damit auch insoweit die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers aus. Die im Verhältnis zur Krankenkasse als Einzugsstelle möglicherweise ‚größere Sachnähe‘ des Trägers eines anderen Versicherungszweiges (‚Fremdversicherungsträger‘, hier BfA) für die zu entscheidenden Fragen führt nicht zu dessen Zuständigkeit und zur Unzuständigkeit der Einzugsstelle. Die Belange der Fremdversicherungsträger werden in dem von der Einzugsstelle einheitlich und ausnahmslos durchzuführenden Verwaltungsverfahren durch ihre Hinzuziehung nach § 12 Abs 2 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X)) gewahrt (vgl die Begründung des Entwurfs zu § 28h SGB IV in BT-Drucks 11/2221 S 24/25). Die Beteiligten sind an diese Zuständigkeitsregelung und an die genannte Regelung zum Beteiligungs- und Beiladungsverfahren gebunden. Sie können hierüber nicht disponieren, auch dann nicht, wenn wie hier Kläger, Beklagte und die beigeladenen Einzugsstellen der Meinung sind, der beklagte Rentenversicherungsträger sei auf Grund seiner größeren Sachnähe zur Entscheidung über die aufgeworfenen Fragen berufen. Die gesetzliche Zuständigkeitsregelung lässt schließlich auch dann keine Ausnahmen zu, wenn materiell-rechtlich allein um grundlegende, hier verfassungsrechtliche Fragen gestritten wird. b) Demnach hatte hier nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV die Einzugsstelle zu entscheiden. Das Begehren des Klägers kann nicht als bloßer Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 SGB VI aufgefasst werden, über den die Beklagte zu entscheiden gehabt hätte (vgl § 6 Abs 3 SGB VI). Der Kläger hat auf Anfrage des Senats ausdrücklich klargestellt, dass es ihm von vornherein darum gegangen sei, der Rentenversicherung in ihrer gegenwärtigen Form nicht angehören zu wollen, weil diese verfassungswidrig geworden sei. Er wendet sich damit sinngemäß gegen die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe, weil die Vorschriften, auf denen sie beruhen, verfassungswidrig seien. Entgegen der Ansicht der beklagten BfA ist ihre Zuständigkeit auf die Entscheidung über die in § 6 SGB VI geregelten Befreiungstatbestände beschränkt. Die Zuständigkeitsregelung des § 6 Abs 3 SGB VI greift deshalb aus Gründen der Rechtssicherheit nicht ein, wenn ein Versicherter wie hier der Kläger die Versicherungspflicht oder die Beitragshöhe bestreitet, weil die insoweit maßgeblichen Vorschriften nicht mit dem GG vereinbar seien. d) Dieses Einzugsstellenverfahren hat beim Kläger nicht stattgefunden."
Eine Beiladung der Einzugsstelle ist nicht veranlasst (BSG, a.a.O., RdNr. 24 ff.).
Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
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