L 6 RJ 518/02

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 17 RJ 703/01
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 518/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gegen die Hinzuverdienstgrenze des § 313 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a SGB VI bestehen auch dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn eine gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht mehr gezahlt wird (Anschluss an BSG vom 6. März 2003 - Az.: B 4 RA 8/02 R und 28. April 2004 - Az.: B 5 RJ 60/03 R)
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 23. April 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 31. Dezember 2000 hinaus ohne Anrechnung seines Hinzuverdienstes hat.

Die Beklagte zahlte dem 1954 geborenen und früher als selbstständiger Maurermeister tätigen Kläger vom 1. Juli 1994 bis einschließlich 30. April 1997 (Bewilligungsbescheid vom 17. Januar 1995 und Weitergewährungsbescheide vom 15. Januar 1996, 9. Dezember 1996 und 11. Februar 1997) Rente wegen Berufsunfähigkeit. Im Rahmen des u.a. über die Weitergewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit beim Sozialgericht Altenburg geführten Rechtsstreites (dortiges Az.: S 17 RJ 812/98) gab die Beklagte mit Schriftsatz vom 19. April 2000 u.a. folgendes Anerkenntnis ab:

"In der Streitsache ( ...) bietet die Beklagte zur Erledigung der Klage nach § 101 Abs. 2 SGG an, den Bescheid vom 27. Juni 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 1998 aufzuheben und dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit über der 30. April 1997 hinaus längstens bis zu Vollendung des 65. Lebensjahres nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften über das Zusammentreffen und Ruhen, den Beginn und die Erstattungsansprüche, zu gewähren "

Die damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers stimmten diesem mit Schriftsatz vom 24. Mai 2000 zu. Mit Ausführungsbescheid vom 21. Juli 2000 bewilligte die Beklagte ab 1. Mai 1997 Rente in Höhe von anfänglich monatlich 761,14 DM. Ab 1. September 2000 zahlte sie monatlich 772,73 DM (395,09 EUR).

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2000 informierte sie den Kläger über die mit Wirkung vom 1. Januar 2001 eingeführte Hinzuverdienstregelung bei der Rente wegen Berufsunfähigkeit. Demnach bemesse sich die monatliche Hinzuverdienstgrenze für die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Januar 2001 auf das 52,5fache des maßgebenden aktuellen Rentenwertes von 42,26 DM vervielfältigt mit 0,7335 Entgeltpunkten, mithin 1.627,38 DM (832,07 EUR).

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2000 berechnete die Beklagte die Rente unter Berücksichtigung des vom Kläger bei seinem Arbeitgeber (P. D. GmbH & Co. KG) voraussichtlich ab dem 1. Januar 2001 erzielten Bruttoarbeitsentgelts von 4.404,00 DM (2.251,73 EUR) neu. Aufgrund der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze sei ab dem 1. Januar 2001 keine Rente auszuzahlen. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. März 2001).

Die Klage hat das Sozialgericht Altenburg mit Urteil vom 23. April 2002 abgewiesen. Es könne aus dem Anerkenntnis vom 19. April 2002 kein Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ohne Anwendung des § 313 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch hergeleitet werden. Diese Regelung verstoße nicht gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Sie sei nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu beanstanden und unterlaufe auch nicht das Versicherungsprinzip durch Einführung von Bedürftigkeitsmerkmalen.

Das Urteil ist dem Kläger am 6. Juni 2002 zugestellt worden. Der Berufungsschriftsatz ist laut maschinell erstelltem Versandvermerk am 8. Juli 2002 um 18:32 Uhr per Telefax an die Nr. 0361/3775401 abgesandt worden. Ein weiterer Versand der Berufungsschrift ist am 9. Juli 2002 um 6:43 Uhr an die Nr. 0361/3776000 erfolgt. Der Eingangsstempel des Thüringer Landessozialgerichts datiert vom 9. Juli 2002.

Mit seiner Berufung beantragt der Kläger vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Berufungsschrift sei am 8. Juli 2002 um ca. 18.35 Uhr durch die Kanzleimitarbeiterin D. per Telefax an die bei der Telegate-Auskunft, in der D-Info CD Stand 2002, der Rechtsanwaltskanzleisoftware Datev-Phantasy und auf der Webseite des Thüringer Oberlandesgerichts verzeichnete Nummer 0361/3775401 erfolgreich abgesandt worden. Eine telefonische Auskunft des Thüringer Landessozialgerichts über die zutreffende Fax-Nr. habe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr eingeholt werden können. Er ist der Ansicht, dass die Berufung nicht verfristet sei, weil das unter Nr. 0361/3775401 im Justizzentrum Erfurt eingegangene Fax vom 8. August 2002 nach Auskunft der Wachtmeisterei dem Thüringer Landessozialgericht hätte zugeleitet und zu den Gerichtsakten gegeben werden müssen.

Das Urteil des Sozialgerichts berücksichtige nicht, dass die Beklagte am 19. April 2002 ein Anerkenntnis ohne Beachtung des Hinzuverdienstes abgegeben habe. Hieran sei sie weiterhin gebunden und dürfe die gesetzliche Regelung hinsichtlich der Hinzuverdienste nicht anwenden. Diese verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Da sie arbeitsmarktpolitischen Zielen und der haushaltrechtlichen Konsolidierung der Rentenversicherung und nicht der Verwirklichung des sozialen Gewährleistungsanspruchs gegenüber dem Staat diene, stelle die Regelung keine Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums dar, so dass im Umkehrschluss ein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht vorliege. Wesentlicher Inhalt der Berufsunfähigkeitsversicherung sei der Ausgleich einer durch Krankheit oder Behinderung eingeschränkten oder aufgehobenen Fähigkeit, in dem erlernten Beruf ein angemessenes, seiner sozialen Stellung entsprechendes Einkommen zu erzielen. Dieses Versicherungsprinzip werde zu Gunsten eines Bedürftigkeitsprinzips durch die Einführung der Hinzuverdienstgrenze durchbrochen, in dem Leistung bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze faktisch entzogen werde. Er könne von der Rente nicht leben und seine Familie unterhalten. Es verbleibe ihm durch die notwendige Berufstätigkeit (unter Abzug einer Zweitwohnung und der Fahrtkosten für die Wochenendheimfahrten) ein Nettoverdienst von etwa 1.800,00 bis 1.900,00 DM. Er habe bei Entrichtung der Rentenbeiträge darauf vertrauen dürfen, im Leistungsfall seinen sozialen Stand, wenn auch durch zusätzliches Erwerbseinkommen, halten zu können. Die Einführung der Hinzuverdienstgrenze sei weder geeignet, noch erforderlich und verhältnismäßig um die wohlerworbenen Ansprüche als Lohnersatz zu wahren. Er werde auch in seiner Berufsfreiheit und allgemeinen Handlungsfreiheit unverhältnismäßig betroffen, weil bei den Hinzuverdienstgrenzen die Entscheidung des Versicherten nicht berücksichtigt werde, auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten. Es sollte eine Richtervorlage an das Bundesverfassungsgericht erfolgen. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Dezember 2002 (Az.: B 4 RA 23/02 R in: SozR 3-2600 § 96a Nr. 1) sei nicht haltbar. Das als fortbestehend betrachtete Stammrecht auf Rente wegen Berufsunfähigkeit könne nicht im konkreten Einzelfall einem anspruchsvernichtenden Übersicherungseinwand ausgesetzt sein.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils vom 23. April 2002 und unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Dezember 2000 sowie des Widerspruchsbescheids vom 14. März 2002 zu verurteilen, an ihn auch weiterhin Berufsunfähigkeitsrente ohne Anrechnung des Hinzuverdienstes zu leisten, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf den Inhalt ihrer angefochtenen Entscheidungen sowie der Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils. Der Kläger überschreite auch weiterhin mit seinem Einkommen die Hinzuverdienstgrenzen des § 313 SGB VI.

Der Senat hat Einkommensunterlagen (Verdienstbescheinigungen) des Klägers bis Februar 2004 beigezogen. Hierzu wird auf Blatt 89 bis 108, 111 bis 141 sowie 145 bis 148 verwiesen. Der Kläger hat dem Senat weitere Verdienstbescheinigungen für Februar bis September 2004 vorgelegt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft und zulässig.

Wegen der am 9. Juli 2002 nach Ablauf der Berufungsfrist (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegten Berufung wird dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Er war gemäß § 67 Abs. 1 SGG ohne Verschulden gehindert, die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des sozialgerichtlichen Urteils einzulegen.

Dass der Berufungsschriftsatz dem Thüringer Landessozialgericht fristgerecht am 8. Juli 2002 zugegangen ist, ist anhand der Aktenlage nicht ersichtlich. Jedenfalls befindet sich kein Exemplar einer am 8. Juni 2002 beim Thüringer Landessozialgericht zugegangenen Berufungsschrift in der Gerichtsakte. Die unter dem 8. Juli 2002 datierte Berufungsschrift (Blatt 55) ist ausweislich des maschinell erstellten Fax-Absendevermerkes bei der Staatsanwaltschaft Erfurt eingegangen und erst am 9. Juli 2004 beim Thüringer Landessozialgericht mit dem Eingangsvermerk versehen worden.

Der Prozessbevollmächtigte hat aber glaubhaft dargelegt, dass die am 8. Juli 2002 durch die Kanzleiangestellte D. angewählte Fax-Nr. 0361/3775401, die im seit Sommer 2001 betriebenen Justizzentrum Rudolfstraße dem Bereich der Staatsanwaltschaft Erfurt zugeordnet war, noch im Juli 2002 in den Verzeichnissen der Telefonauskunft Telegate (11880), der Internetseite des Thüringer Oberlandesgerichts, der "D-Info" CD (Stand 2002) sowie der Rechtsanwaltssoftware Datev-Phantasy (Stand 2002) als zum Thüringer Landessozialgericht zugehörig geführt wurde. Der Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass sich die Kanzleimitarbeiterin auf die Richtigkeit dieser Eintragungen verlassen habe und die Faxübertragung an die Nr. 0361/3775401 erfolgreich gewesen sei und sie daher zumindest am 8. Juli 2004 keine Zweifel an der Korrektheit der gewählten Fax-Nr. gehabt habe, ist glaubhaft. Nach diesen Umständen kann einem gewissenhaft Prozessführenden (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage 2002, § 67, Rdnr. 3) ebenso wie dem Prozessbevollmächtigen des Klägers bzw. seiner Kanzleimitarbeiterin das Fristversäumnis nicht als schuldhaft verursacht zugerechnet werden (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 151 Rdnrn. 10b und 10g).

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 1. Dezember 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. März 2002, denn diese entsprechen den gesetzlichen Vorgaben des § 313 SGB VI. Demnach wird eine Rente wegen Berufsunfähigkeit abhängig vom erzielten Hinzuverdienst in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel geleistet (§ 313 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Die Hinzuverdienstgrenze beträgt nach § 313 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe das 52,5fache (Buchst. a), in Höhe von zwei Dritteln das 70fache (Buchst. b) und in Höhe von einem Drittel das 87,5fache (Buchst. c) des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3SGB VI) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteile vom 6. März 2003 - Az.: B 4 RA 8/02 R, nach juris und Az.: B 4 RA 35/02 R in: SozR 4-2600 § 313 Nr. 1 sowie 28. April 2004 – Az.: B 5 RJ 60/03 R, nach juris) ist der im jeweiligen Kalendermonat erzielte Hinzuverdienst den in § 313 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen gegenüberzustellen. Dieses hat die Beklagte im Rahmen des Berufungsverfahrens mit Schriftsatz vom 19. April 2004 für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Januar 2004 bezogen auf die jeweiligen Monate sowie mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2004 hinsichtlich der Zeit vom 1. Februar bis 31. August 2004 nachgeholt.

Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die dem Gericht und dem Kläger vorliegenden Berechnungen der Beklagten vom 19. April und 20. Oktober 2004, deren Richtigkeit von den Beteiligten und auch vom Senat nicht angezweifelt wird.

Für den Zeitraum vom 1. September bis 31. Oktober haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass das monatliche Einkommen des Klägers ebenfalls so hoch ist, dass aufgrund des Übersicherungseinwandes keine Auszahlung der Rente in Betracht kommt. Gründe dafür, dass dies nicht zutrifft, sind nicht ersichtlich.

Demnach ergibt sich für den gesamten Zeitraum auf jeweiliger Monatsbasis eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe (§ 313 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a SGB VI) mit der Folge, dass die Rente wegen Berufsunfähigkeit seit dem Januar 2001 bis zum Termin der mündlichen Verhandlung durch den Senat (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Mai 2004 - Az.: L 13 RA 21/03, Revision beim BSG unter Az.: B 4 RA 29/04 R anhängig) nicht ausgezahlt wird.

Der Senat folgt nicht der Argumentation des Klägers, dass das von der Beklagten am 19. April 2000 im Verfahren vor dem Sozialgericht Altenburg (Az.: S 17 RJ 812/98) abgegebene Anerkenntnis ausdrücklich oder konkludent unter Ausschluss der Anwendung des § 313 SGB VI abgegeben wurde. Dem Wortlaut des Anerkenntnisses nach liegt ein Ausschluss nicht vor. Denn die Regelungen über das "Ruhen" u.a. sollten Anwendung finden. Hierunter sind auch die auch die Hinzuverdienstregelungen der §§ 43 Abs. 5, 66 Abs. 4, 96a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des SGB VI-Änderungsgesetzes zu subsumieren. Dass die geänderte Fassung des § 313 SGBVI bei Abgabe des Anerkenntnisses noch nicht in Kraft getretene war, ist unerheblich. Denn die Vorschrift des § 313 Abs. 1 bis 6 SGB VI soll lediglich sicherstellen, dass für Versicherte wie den Kläger, die am 31. Dezember 2000 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen, die nach § 96a SGB VI bis dahin geltenden Hinzuverdienstgrenzen fortgelten (vgl. BSG vom 6. März 2003 – Az.: B 4 RA 35/02 R in: SozR 4-2600 § 313 Nr. 1; Gürtner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: September 2003, § 313 SGB VI, Rdnr. 2).

Das entspricht auch dem wirklichen Willen (vgl. § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)) der Beklagten, das Vorliegen der medizinischen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Berufsunfähigkeit letztlich im Sinne eines Grundurteils (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) zu akzeptieren und die Gewährung bzw. Auszahlung der Renten unter den Vorbehalt aller einschlägigen gesetzlichen Regelungen zu stellen. Im Übrigen bezieht sich das Anerkenntnis auf den letztlich vom Kläger vorgegebenen Streitgegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens, welcher im Wesentlichen durch eine Weiterzahlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit über den April 1997 hinaus (vgl. Klageanträge Blatt 1 und 98 der Gerichtsakte Az.: S 17 RJ 812/98) bestimmt ist und keinerlei Einschränkung hinsichtlich der Anwendung von Hinzuverdienstregelungen beinhaltet.

Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 313 SGB VI. Er verweist auf die Rechtsprechung des BSG in den Urteilen vom 6. März 2003 (a.a.O.) sowie vom 28. April 2004 (Az.: B 5 RJ 60/03 R, nach juris), die sich im Wesentlichen wie folgt darstellt: Der in den Hinzuverdienstgrenzen ausgestaltete anspruchsvernichtende Einwand genügt den von Art. 14 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG gestellten Anforderungen. Es handelt sich um eine Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG, weil dadurch für die Gruppe der Berechtigten, die einen Hinzuverdienst über den Hinzuverdienstgrenzen erzielen, die Rechtsposition abweichend vom gesetzlichen Normalfall umgestaltet wird. Dieser Eingriff in individuell entstandene Rechte und Anwartschaften der Versicherten muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem, mit dem Gesetz verfolgten (verfassungsgemäßen) Zweck stehen. Außerdem bedürfen Schrankenbestimmungen eines Sachgrundes, der Art und Ausmaß der Abweichung von der Normalregelung rechtfertigt. Insoweit decken sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen mit denen des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Einführung des so genannten Übersicherungseinwands ist im Sinne dieser Regelung sowie der Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch sachliche Gründe gerechtfertigt, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Denn mit dem so genannten Übersicherungseinwand soll verhindert werden, dass der Versicherte durch eine Rente und Hinzuverdienst aus einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ein höheres Gesamteinkommen erzielen kann, als vor dem Eintritt des Versicherungsfalles versichert war (Übersicherung). Die Begrenzung der Übersicherung ist verfassungsrechtlich legitim.

Die Rente wegen Berufsunfähigkeit soll den sich aus dem dauerhaft gesundheitsbedingten Verlust eines versicherungspflichtig betätigten besonderen beruflichen Leistungsvermögens langfristig ergebenden Nachteile für das Einkommensniveau des Versicherten und seine Alterssicherung teilweise (2/3 der Altersrente) ausgleichen. Sie ist auf Hinzuverdienst ausgelegt, der in der Regel nur in einer unter halbschichtigen Beschäftigung oder wie beim Kläger vorliegend vollschichtig in einem nach seiner Qualität unzumutbaren Verweisungsberuf erzielt werden kann. Grundsätzlich ist somit zum Schadensausgleich zum Schadensausgleich gegenüber einer Vollsicherung einen Hinzuverdienst in Höhe des "fehlenden" Drittels erforderlich. Eine Übersicherung liegt demnach nur bei einem Einkommen aus Rente wegen Berufsunfähigkeit und Hinzuverdienst in Höhe von wesentlich mehr als das 1,5fache des vollen Wertes der Rente wegen Berufsunfähigkeit vor. Gemessen an dem Ziel der Begrenzung einer Übersicherung enthalten die Hinzuverdienstgrenzen bei Renten wegen Berufsunfähigkeit insoweit eine den Versicherten nicht übermäßig belastende Regelung. Sie ermöglicht einen Hinzuverdienst der mit dem Einkommen aus der Rente wegen Berufsunfähigkeit im Bereich der Übersicherung liegt.

Die Regelungen für Bestandrentner sind ebenfalls verfassungsgemäß im Sinne eines schonenden Übergangs vom alten ins neue Recht (Gedanke des Vertrauensschutzes; vgl. BSG vom 28. April 2004, a.a.O.). Ihnen wurde, wenn sie vor dem 1. Januar 1996 eine Rente wegen Berufunfähigkeit bezogen, gemäß § 302b Abs. 1 SGB VI eine zur Disposition über ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse ausreichende Übergangsfrist von fünf Jahren bis zum 31. Dezember 2000 eingeräumt, was § 313 SGB VI in seiner Neufassung noch berücksichtigt. Im Übrigen ist mit der Anwendung der Hinzuverdienstregelung kein dauerhafter Entzug der erworbenen Rechtsposition verbunden, zumal der Hinzuverdienst den einzelnen Hinzuverdienststufen angepasst werden kann.

Inwieweit § 313 SGB VI das Grundrecht des Klägers auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 (Berufswahl) oder Abs. 2 (Berufsausübung) GG tangiert, hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt und ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Denn er hat seine den Hinzuverdienst ermöglichenden Tätigkeiten im gesamten Zeitraum ohne Einschränkung ausgeübt. Gleiches gilt für die behauptete Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 GG). Dem Kläger bleibt es unbenommen, auf Kosten seiner Gesundheit zu arbeiten (dies wird an dieser Stelle allerdings nur unterstellt), jedoch nicht unter gleichzeitigem Bezug einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 Satz 1, 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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