S 11 AS 18/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 18/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 4/05
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – SGB II – in Höhe der zuletzt gezahlten Arbeitslosenhilfe (monatlich 663,77 EUR) in Anspruch.

Der am 00.00.1943 geborene Kläger bezog bis zum 02.02.2003 Arbeitslosengeld und sodann bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Bereits am 11.06.2002 hatte er eine Erklärung zu § 428 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches – SGB III – abgegeben. Ab diesem Zeitpunkt bezog er Arbeitslosengeld (später: Arbeitslosenhilfe) "unter erleichterten Voraussetzungen".

Am 11.08.2004 beantragte der Kläger – der eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 168,09 EUR im Zeitpunkt der Antragstellung bezog – die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Die Beklagte gewährte antragsgemäß unter Anrechnung der Hinterbliebenenrente für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 entsprechende Leistungen in Höhe von monatlich 578,36 EUR (Bescheid vom 25.11.2004).

Mit dem Widerspruch trug der Kläger vor, dass er die Befristung bzw. Streichung seiner Arbeitslosenhilfe zum 31.12.2004 für rechtswidrig halte. Die Beschränkung der Leistungen für Bezieher von Arbeitslosenhilfe – die die sogenannte "58er-Regelung" in Anspruch genommen hätten - sei mit der Eigentumsgewährleistung des Artikel 14 Grundgesetz – GG – sowie mit dem Rechts- und Sozialstaatsgebot unvereinbar. Er habe mit der Bundesagentur für Arbeit eine Vereinbarung abgeschlossen (§ 428 SGB III), wonach ihm Leistungen bis zum Renteneintritt zugesichert worden seien. Diese Vereinbarung habe Planungssicherheit geschaffen.

Den Widerspruch wies die Beklagte zurück; dazu führte sie aus, dass sie als Teil der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz gebunden sei. Sie müsse daher die Bestimmungen des SGB II beachten und dürfe nicht von den im Gesetz festgelegten pauschalierten Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes abweichen. Darüber hinaus gewähre § 428 SGB III keinen Bestandsschutz für die zugrunde liegende Leistung. Im Übrigen gelte § 428 SGB III durch die Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 4 SGB II für ehemalige Bezieher von Arbeitslosenhilfe ab dem 01.01.2005 weiter (Widerspruchsbescheid vom 22.02.2005).

Der Kläger trägt mit der am 00.00.0000 erhobenen Klage vor, dass er bei Abgabe der Erklärung zu § 428 SGB III davon habe ausgehen können, dass die ihm zustehenden Leistungen nicht auf Sozialhilfeniveau abgesenkt würden und insbesondere seine Hinterbliebenenrente nicht bei der Leistungsberechnung angerechnet werde. Aufgrund des von ihm geltend gemachten Vertrauensschutzes sei er mithin so zu stellen, wie er vor der Gesetzesänderung gestanden habe. Vor dem Hintergrund, dass die Arbeitslosenhilfe mittels eines festen Prozentsatzes unter Zugrundelegung des vorherigen Nettolohns berechnet worden sei, sei die ursprünglich gegebene Einkommensposition – wenn auch auf einem sehr niedrigen Niveau – fortgeführt worden. Angesichts dessen liege durchaus ein Verstoß gegen Artikel 14 Abs. 1 GG vor.

Die Beklagte hat dem Kläger auf einen Fortzahlungsantrag Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von monatlich 578,36 EUR (Bescheid vom 18.04.2005) und für die Zeit vom 01.01.2005 bis 02.02.2005 einen befristeten Zuschlag zum Arbeitslosengeld nach § 24 SGB II in Höhe von monatlich 80,00 EUR (Änderungsbescheid vom 20.04.2005) zuerkannt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2005 sowie unter Änderung der Bescheide vom 18.04.2005 und vom 20.04.2005 zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB II in Höhe der bis zum 31.12.2004 gewährten Arbeitslosenhilfe (663,77 EUR) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie nimmt im wesentlichen Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.

Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand ist zum einen der Bescheid vom 25.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2005 Darüber hinaus sind auch die Bescheide vom 18.04.2005 und vom 20.04.2005 Gegenstand des Verfahrens. Die Einbeziehung des Bescheides vom 18.04.2005 entsprechend § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – rechtfertigt sich – jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation – vor dem Hintergrund, dass die der weiteren Bewilligung zugrunde liegenden maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände mit denjenigen identisch sind, die zur Bewilligung vom 25.11.2005 geführt haben und durch den Bescheid ein Zeitraum geregelt wird, der sich nahtlos an den (zunächst) streitigen Zeitraum anschließt (vgl. hierzu Landessozialgericht – LSG – Niedersachsen, Urteil vom 21.06.1996 – Az.: L 7 AR 211/95, Breithaupt 1997, 184 ff.). Der Bescheid vom 18.04.2005 hat den Bescheid vom 25.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2005 insoweit abgeändert, als ein befristeter Zuschlag zum Arbeitslosengeld nach § 24 SGB II zuerkannt worden ist; dieser ist mithin gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.

Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe der zuletzt bis zum 31.12.2004 gezahlten Arbeitslosenhilfe. Vor diesem Hintergrund sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig, und der Kläger wird hierdurch nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.

Nach § 20 Abs. 2 SGB II hat der Kläger als alleinstehender Leistungsbezieher Anspruch auf Zahlung der monatlichen Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR zuzüglich angemessener Kosten der Unterkunft (§§ 19 Satz 1 Nr. 1, 22 Abs. 1 SGB II). Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt, wobei sie die dem Kläger zustehende Hinterbliebenenrente zu Recht gemäß § 11 Abs. 1 SGB II – abzüglich der Pauschale für angemessene Versicherungen in Höhe von 30,00 EUR – angerechnet hat.

Die gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistung und die sich daraus ergebende Einschränkung des Leistungsumfangs für ehemalige Bezieher von Arbeitslosenhilfe stellt weder einen verfassungswidrigen Eingriff in die Eigentumsgewährleistung des Artikel 14 Abs. 1 GG noch einen solchen in das Rechts- und Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 1 GG) dar. Auch ein Eingriff in die durch Artikel 1 Abs. 1 GG garantierte Gewährleistung der Menschenwürde ist nicht gegeben. Ebenso wenig ist ein Verstoß gegen § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III erkennbar.

Der aufgrund der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zum 31.12.2004 vom Kläger gerügte Verstoß gegen Artikel 14 Abs. 1 GG liegt bereits deshalb nicht vor, weil das Institut der Arbeitslosenhilfe nicht dem Schutz der Eigentumsgarantie unterlag. Denn die Arbeitslosenhilfe war – ebenso wie nunmehr die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach §§ 19, 20 SGB II – durch das Merkmal der Bedürftigkeit und durch die (ausschließliche) Finanzierung aus Steuermitteln geprägt. Insbesondere die Abhängigkeit des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe von der Bedürftigkeit des Arbeitslosen zeigt, dass weniger ein durch eigene Leistungen im Sinne der Ausschließlichkeit erworbenes Recht (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss vom 16.07.1985 – Az.: 1 BvL 50/80, 1 BvR 1023/83, 1 BvR 1052/85, 1 BvR 1227/84, BverfGE 69, 272 bis 315) als eine Schutz- und Fürsorgeleistung verwirklicht wurde, die von der "Entwicklung der tatsächlichen und persönlichen Verhältnisse" anhängig (vgl. Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 04.09.2003 – Az.: B 11 AL 15/03 R, NZA 2004, 200, n.w.N.) und nach ihren Strukturprinzipien in weiten Teilen der Sozialhilfe vergleichbar war.

Der Kläger kann sich auch nicht auf einen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 1 GG) berufen, das nach der Rechtsprechung des BVerfG ohnehin nicht dazu dienen kann, Einzelregelungen zu modifizieren, deren Anwendung – wie hier – in bestimmten Fällen zu Härten und Unbilligkeiten führen mag (BVerfG, Beschluss vom 19.07.184 – Az.: 1 BVR 1614/83 zu § 1278 Reichsversicherungsordnung – RVO –; vgl. auch Preis/Kellermann, Sgb 1999, 329 (331)). Der Kläger kann ferner nicht mit Erfolg einwenden, dass ihm bereits für die Zeit bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe gezahlt wurde und er auf eine etwaige Weiterbewilligung – jedenfalls der Höhe nach - vertraut hat. Denn aus dem Umstand, dass ihm für einen Bewilligungsabschnitt die entsprechende Leistung bewilligt worden ist, kann er nicht die zwingende Schlussfolgerung ziehen, dass diese Leistung auch für weitere Bewilligungsabschnitte zu gewähren ist. Nach § 190 Abs. 3 Satz 2 SGB III a.F. waren nämlich die Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe vor jeder weiteren Bewilligung erneut zu prüfen. Wenn dem Kläger aber zuletzt lediglich für die Zeit bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe bewilligt worden war, kann sich vor dem Hintergrund dieser Befristung kein schutzwürdiges Vertrauen im Hinblick auf darüber hinausgehende Zeiträume einstellen. Dies ergibt sich auch aus § 190 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F., der ausdrücklich anordnet, dass Arbeitslosenhilfe längstens für die Zeit bis zum 31.12.2004 bewilligt werden darf. Diese Beschränkung steht wiederum – wie oben gezeigt – mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang.

Der Gesetzgeber hat auch nicht in die durch Artikel 1 Abs. 1 GG garantierte Gewährleistung der Menschenwürde eingegriffen. Aus der staatlichen Verpflichtung zu Schutz und Achtung der Menschenwürde (ggf. in Verbindung mit dem oben erörterten Sozialstaatsprinzip) folgt ein Anspruch des Einzelnen auf Gewährleistung der wirtschaftlichen Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein (BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990 – Az.: 1 BvL 20/84, BVerfGE, 82, 60 ff.), d.h. auf Gewährleistung einer Lage, in der essenzielle Außengüter beschafft werden können. Soweit es nicht um die beschriebenen Mindestvoraussetzungen geht, steht es in der Entscheidung des Gesetzgebers, in welchem Umfang soziale Hilfe unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer Staatsaufgaben gewährt werden kann und soll (BVerfG, a.a.O.; SG Aachen, Urteile vom 15.06.2005 – Az.: S 11 AS 6/05 und S 11 AS 15/05, zu recherchieren unter www.sozialgerichtsbarkeit.de; Preis/Kellermann, a.a.O.). Ein Anspruch auf über diese Mindestvoraussetzungen hinausgehende – sich an dem letzten Verdienst orientierende – Versorgung des Einzelnen durch die öffentliche Hand ergibt sich somit nicht. Insbesondere kann aus Artikel 1 Abs. 1 GG kein Anspruch auf Zahlung der zuletzt bezogenen Arbeitslosenhilfe abgeleitet werden. Denn die Arbeitslosenhilfe hat sich hinsichtlich der Leistungshöhe nach dem vor Eintritt des Leitungsfalls erarbeiteten Verdienst bemessen. Würde nunmehr aus der staatlichen Gewährleistung der Menschenwürde ein Anspruch auf Zahlung der jeweils zuletzt bezogenen Arbeitslosenhilfe abgeleitet, führte dies – da die der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden Bemessungsentgelte unterschiedlich waren – zu einer Relativierung der Gewährleistung des Artikel 1 Abs. 1 GG. Die Menschenwürde ist jedoch ein "absolutes Recht" und kann nicht von der Höhe der zuletzt erhaltenen Arbeitslosenhilfe – mittelbar: von der Höhe der im Erwerbsprozess erwirtschafteten Vergütung - abhängig gemacht werden.

Auch der vom Kläger gerügte Verstoß gegen § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III liegt nicht vor. Diese Vorschrift betrifft lediglich die Verfügbarkeit des Arbeitslosen (§ 119 Abs. 1 und Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) und eröffnet die Möglichkeit zur Gewährung von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe an ältere Arbeitnehmer, obwohl diese nicht mehr bereit sind, jede zumutbare Beschäftigung aufzunehmen. Die Vorschrift nimmt damit älteren Empfängern von Arbeitslosenhilfe den Druck, Arbeitsbereitschaft gegenüber den Arbeitsagenturen vortäuschen zu müssen und trägt zudem der Erfahrung Rechnung, dass ältere Arbeitnehmer in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit kaum noch zu vermitteln sind (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 5. Auflage 2005, § 428, Rdnr. 1; zum SGB II vgl. Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage 2005, § 65, Rdnr. 15 f.). Dem gegenüber eröffnet die Vorschrift nicht die Voraussetzungen für (weitere) Leistungsbewilligungen, wenn die materiellen Voraussetzungen der entsprechenden Anspruchsgrundlage im SGB III nicht erfüllt sind bzw. waren. § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III setzt damit einen Leistungsanspruch voraus, stellt aber selber keine Regelung dar, um einen solchen zu begründen (vgl. hierzu Sozialgericht – SG – Freiburg, Beschluss vom 09.06.2005 – Az.: S 9 AS 1581/05, zu recherchieren unter www.anhaltspunkte.de/zeitung).

Es hat sich bei der vom Kläger unterzeichneten Erklärung auch nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gehandelt, mit dem die Arbeitsagentur die Zusicherung (§ 38 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches – SGB X –) verknüpft hat, dass der Kläger bis zum Eintritt der Altersrente Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat (vgl. SG Freiburg, a.a.O.). Das ergibt sich bereits daraus, dass die Erklärung, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III in Anspruch zu nehmen wollen, Auswirkungen nur für die Zeit des tatsächlichen Leistungsbezugs entfaltet. Hatte ein älterer Arbeitsloser beispielsweise deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, weil er wegen Anrechnung von Einkommen oder Vermögen nicht bedürftig war, entfielen gleichzeitig die Voraussetzungen der Erklärung (vgl. hierzu Sievert/Hänsle in PK – SGB III, 2. Auflage 2004, § 428 Rdnr. 13; Winkler in Gagel, SGB III, § 428, Rdnr. 7). Schon angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bundesagentur für Arbeit eine unbedingte vertragliche Verpflichtung eingehen wollte. Abgesehen davon hat der Kläger die Erklärung am 11.06.2002 – also noch während des Bezuges von Arbeitslosengeld - abgegeben. Ein Vertrauen dahingehend, dass ihm nach Erschöpfung des Leistungsanspruchs überhaupt Arbeitslosenhilfe zu zahlen ist, konnte sich zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung nicht einstellen. Erst recht konnte sich unter dieser Voraussetzung kein schutzwürdiges Vertrauen im Hinblick auf die Zahlung von Arbeitslosenhilfe bis zum Renteneintritt entwickeln.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Bezug von Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe unter den "erleichterten Voraussetzungen" des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III (im Hinblick auf Empfänger von Arbeitslosenhilfe) zwar um eine Regelung handelt, die zu Verwaltungsvereinfachungen und Arbeitserleichterungen bei der Bundesagentur für Arbeit führen soll. Gleichzeitig war bzw. ist deren Anwendung mit Privilegierungen für Leistungsbezieher verbunden (eingeschränkte Arbeitsbereitschaft/bis zu 17wöchige Ortsabwesenheit bei weiterem Leistungsbezug). Würde nunmehr denjenigen Leistungsbeziehern, die Arbeitslosenhilfe unter "erleichterten Voraussetzungen" bezogen haben, ein Vertrauensschutz hinsichtlich der Höhe der Leistung eingeräumt, so könnte dies zu einer – verfassungsrechtlich bedenklichen – Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) derjenigen Leistungsbezieher führen, die auch über das 58. Lebensjahr hinaus arbeitsbereit waren (SG Freiburg, a.a.O.).

Ungeachtet dessen wird der Kläger nunmehr durch § 65 Abs. 4 Satz 1 SGB II in die Lage versetzt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes "unter erleichterten Voraussetzungen" zu beziehen. Danach haben – abweichend von § 2 SGB II – auch erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit zu beenden. Diese Vorschrift lehnt sich nach Wortlaut und Regelungsgehalt an die Vorschrift des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III an und soll sicherstellen, dass Arbeitslosen, die im Vertrauen auf § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III ihre Arbeitsbereitschaft beendet haben, ihre Lebensplanung nicht wieder ändern müssen (BT–Drs. 15/1749, 34). Insoweit hat der Gesetzgeber mit Blick auf die Gewährleistungen des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III dem rechtsstaatlichen Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 1 GG) entsprochen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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