L 1 U 960/19

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 33 U 1251/18
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 960/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Teilnehmer der Ausbildungsgänge Ergotherapie und Altenpflege in Thüringen in den Jahren 2011 - 2015 erwarben einen schulrechtlichen Abschluss nach Landesrecht und waren deshalb während des Besuchs privater berufsbildender Schulen, als Schülerinnen und Schüler berufsbildender Schulen in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Juli 2019 und der Bescheid der Beklagten vom 29. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2018 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Bescheide vom 3. April 2017 zurückzunehmen. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 44.788,74 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gegen eine Beitragsnacherhebung für die Jahre 2011 bis 2015 für Lernende durch Bescheid vom 3. April 2017. Die Klägerin ist ein privater Bildungsträger, welcher Fortbildungen, Weiterbildungen sowie berufsvorbereitende Maßnahmen und außerbetriebliche Ausbildungen anbietet. Im Rahmen der Euro-Akademie bot sie im genannten Zeitraum im Fachbereich Gesundheit und Pflege u. a. die Ausbildung zum Altenpfleger und Ergotherapeuten an.

Mit Bescheid vom 16. August 1999 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit für die Klägerin als Unternehmen mit Wirkung vom 1. November 1997 an fest. Mit Urkunde vom 22. März 2000 wurde der Klägerin mit Wirkung vom 1. April 2000 nach § 9 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft (ThürSchfTG) die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ersatzschule verliehen.

Für die Jahre 2011 bis 2015 setzte die Beklagte per Bescheid zunächst folgende Beiträge fest: &61485; Beitragsbescheid für 2011 vom 20. April 2012 2.128,64 Euro &61485; Beitragsbescheid für 2012 vom 22. April 2013 2.196,36 Euro &61485; Beitragsbescheid für 2013 vom 18. August 2014 2.201,10 Euro &61485; Beitragsbescheid für 2014 vom 20. April 2015 2.166,40 Euro &61485; Beitragsbescheid für 2015 vom 20. April 2016 2.745,41 Euro.

Am 6. Juni 2016 erörterten Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen eines Vorortbesuchs die Frage, inwieweit für Lernende Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 oder 8 b des Sieb-ten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) besteht. Eine genauere Überprüfung vor diesem Hintergrund wurde angekündigt. Eine Prüfung nach § 166 SGB VII erfolgte am 20. September 2016. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 mit, dass hinsichtlich der Ausbildungsgänge Ergotherapie und Altenpflege ein Versicherungsschutz über § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII ausscheide, weil durch den Schulbesuch ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht nicht erlangt und auch der Schulpflicht nicht genügt werden könne. Versicherungsschutz bestehe daher nur nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII, so dass Beitragspflicht bestehe. Bislang sei die Zahl der Lernenden im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII mit 0 angegeben worden. Festgestellt worden seien jedoch Teilnehmer an den genannten Ausbildungsgängen in einem Umfang von 1.975 bis 2.134 Personen je Jahr. In einer Stellungnahme vom 3. November 2016 teilte die Klägerin mit, dass einer Einstufung der Schüler des Ausbildungsganges zum Altenpfleger und Ergotherapeuten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII nicht zugestimmt werde. Für den Versicherungsschutz nach dem SGB VII sei entscheidend, dass ein schulrechtlicher Abschluss angestrebt oder die gesetzliche Schulpflicht erfüllt werde. Das sei bei beiden Ausbildungsgängen der Fall. Vor dem Inkrafttreten des bundeseinheitlichen Altenpflegegesetzes am 1. August 2003 hätten die landesrechtlichen Bestimmungen des Thüringer Altenpflegegesetzes Geltung beansprucht. Der Gesetzgeber könne im Rahmen der bundeseinheitlichen Regelung der Ausbildung zum Altenpfleger und Ergotherapeuten nicht gewollt haben, eine Ungleichbehandlung der Schulen in freier Träger-schaft hinsichtlich der Beitragsbelastung zu verursachen. Mit Schreiben vom 21. September 2016 wies die Beklagte erneut darauf hin, dass die Unfallkasse Thüringen nur für Schüler zuständig sei, die einen schulrechtlichen Abschluss anstrebten oder mit dem Besuch der Schule die Schulpflicht erfüllten bzw. von der Schulpflicht befreit werden könnten. Die Bildungs-gänge zum Altenpfleger und Ergotherapeuten beinhalteten keinen schulrechtlichen Abschluss. Da der Realschulabschluss Zugangsvoraussetzung für beide Bildungsgänge sei, hätten die Besucher der Bildungsgänge ihre Vollzeitschulpflicht bereits erfüllt. Eine Berufsschulpflicht bestehe nicht.

Mit Bescheiden vom 3. April 2017 erhob die Beklagte unter insoweitiger Abänderung für die Jahre 2011 bis 2015 jeweils einen Betrag für Lernende in folgender Höhe:

Nachforderung insgesamt: 44.788,74 Euro.

Einen hiergegen durch die Klägerin eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2017 zurück. Eine hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht mangels fristgerechter Klageerhebung mit Gerichtsbescheid vom 8. Januar 2018 ab (Az.: S 33 U 1861/17). Eine hiergegen erhobene Berufung hat die Klägerin in einem Erörterungstermin am 22. Oktober 2018 zurückgenommen (Az.: L 1 U 182/18).

Bereits vorab beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 eine Überprüfung der Bescheide vom 3. April 2017 nach § 44 SGB X.

Mit Bescheid vom 29. März 2018 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rücknahme der Beitragsbescheide für die Jahre 2011 bis 2015 ab. In den Beitragsbescheiden sei weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe. Hinsichtlich der Ausbildungsgänge zum Altenpfleger und Ergotherapeuten sei erneut darauf hinzuweisen, dass weder ein schulrechtlicher Abschluss angestrebt, noch mit dem Besuch der Schule die Schulpflicht erfüllt bzw. von der Schulpflicht befreit werde. Dass die Klägerin als Ersatzschule anerkannt sei, spiele für die beiden Bildungsgänge keine Rolle. Bei der Beurteilung des Status der Teilnehmer sei konkret auf die jeweiligen Bildungsgänge abzustellen und nicht nur auf einen allgemein durch das Thüringer Bildungsministerium anerkannten Status der Schule. Der Status als Ersatzschule sei zwar eine Voraussetzung dafür, dass ein schulrechtlicher Abschluss erworben werden könne. Daraus könne aber im Umkehrschluss nicht hergeleitet werden, dass bei jedem angebotenen Bildungsgang ein schulrechtlicher Abschluss erworben und die Schulpflicht erfüllt werde.

Hiergegen hat die Klägerin am 18. Juni 2018 vor dem Sozialgericht Altenburg Klage erhoben. Die Schulen der Klägerin seien Ersatzschulen nach dem Schulrecht des Freistaats Thüringen. Bei den angestrebten Abschlüssen handele es sich um schulische Abschlüsse. Dem SGB VII lasse sich eine Differenzierung nach berufsqualifizierenden und anderweitig qualifizierenden Abschlüssen nicht entnehmen. Ausweislich § 3 der Satzung der Klägerin sei Gegenstand ihres Unternehmens die Förderung von Bildung und Beschäftigung. Der Satzungszweck werde verwirklicht durch Veranstaltungen von Lehrgängen und durch die Förderung beruflicher Bildung in allen Berufsrichtungen sowie mit der Durchführung von Maßnahmen aller Art zur sozialen und beruflichen Integration von Beschäftigten usw. Dazu zählten auch die Einrichtung und der Betrieb von berufsbildenden Schulen in freier Trägerschaft (Berufsfachschule und Fachschulen) für pflegerische und medizinische Berufe.

Die im Klageverfahren beigeladene Unfallkasse Thüringen hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin als staatlich anerkannte höhere Berufsfachschule für Altenpflege und Ergotherapie nach § 4 Abs. 1 ThürSchfTG als Ersatzschule anerkannt sei. Sie entspreche ihrer Schulart und Schulform nach einer höheren Berufsfachschule im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Thüringer Schulgesetzes (ThürSchulG). Der Besuch der zwei- oder dreijährigen höheren Berufsfachschule führe zu einer beruflichen Qualifikation; zusätzlich könne die Fachhochschulreife erworben werden. Die Genehmigung durch das zuständige Ministerium beinhalte das Recht, Schüler zur Erfüllung ihrer Schulpflicht aufzunehmen. Damit könnten die Auszubildenden zum Altenpfleger oder Ergotherapeuten während des Besuchs der Einrichtung einen schulrechtlichen Abschluss nach Landesrecht erwerben und die Schulpflicht erfüllen. Die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 4. Juli 2013 beziehe sich auf Umschülerinnen und Umschüler im Fachseminar Altenpflege in Brandenburg. Nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg gelte dieses nicht für Heilberufe. Eine entsprechende Regelung existiere im Thüringer Schulgesetz nicht.

Mit Urteil vom 9. Juli 2019 hat das Sozialgericht Altenburg die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei befugt gewesen unter Aufhebung der früheren Festsetzungen für die Jahre 2011 bis 2015 die Beitragshöhe für diese Jahre zu Lasten der Klägerin neu festzustellen. Die Voraussetzungen des § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII seien erfüllt gewesen. Die bei der Klägerin unter-richteten Schülerinnen und Schüler seien nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII als Schülerinnen und Schüler bei der Beigeladenen, sondern nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII als Lernende bei der Beklagten versichert. Nach der Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts vom 4. Juli 2013 im Verfahren Az.: B 2 U 2/12 R sei der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII beschränkt auf solche Schülerinnen und Schüler, die berufsbildende Schulen besuchten, die nach Landesrecht zu einem schulrechtlichen Abschluss führten bzw. durch deren Besuch die Schulpflicht erfüllten. Entsprechend handele es sich bei den Schülern und Schülerinnen, welche in den Jahren 2011 bis 2015 die Ausbildungsgänge Ergotherapie und Altenpflege absolviert hätten, weder um solche, die mit dem Besuch dieser Schule die Schulpflicht erfüllt hätten, noch um solche, die an einer Schule in freier Trägerschaft einen schulrechtlichen Abschluss angestrebt hätten. Grundsätzlich könne die Schulpflicht an der als Er-satzschule anerkannten Klägerin im Sinne des Thüringer Schulgesetzes erfüllt werden. Die Vollzeitschulpflicht dauere nach § 19 Abs. 1 Satz 1 ThürSchulG 10 Schuljahre. Da Voraussetzung sowohl für die Ausbildung zum Altenpfleger nach § 6 des Altenpflegegesetzes (Alt-PflG) als auch nach § 4 Abs. 2 des Ergotherapeutengesetzes (ErgTHG) eine abgeschlossene Realschulbildung oder eine gleichwertige Ausbildung sei, hätten die Teilnehmer der Ausbildung ihre allgemeine Schulpflicht bereits erfüllt. Die Berufsschlupflicht bestehe nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ThürSchulG für Auszubildende in einem Ausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung. Die Ausbildung zum Altenpfleger sei in dem Altenpflegegesetz geregelt, welches in § 28 AltPflG die Anwendbarkeit des Berufsbildungsgesetzes ausdrücklich ausschließe. Auch die Ausbildung zum Ergotherapeuten unterliege nicht dem Berufsbildungsgesetz. Beide Ausbildungsberufe seien auch nicht in der Anlage zur Handwerksordnung aufgeführt. Die Teilnehmer der Ausbildungsgänge Ergotherapie und Altenpflege hätten in den Jahren 2011 bis 2015 auch keinen schulrechtlichen Abschluss angestrebt. Maßgebend sei der Status des Bildungsganges innerhalb der Einrichtung. Berufsbildende Abschlüsse seien schulrechtliche Abschlüsse nur dann, soweit sie nach Landesschulrecht als solche anerkannt seien. Das sei hier nicht der Fall. Beide Ausbildungsgänge gehörten zu den bundesrechtlich geregelten Ausbildungsgängen im Gesundheitswesen. Dass nach § 8 Abs. 5 Hs. 2 ThürSchulG an einer höheren Berufsfachschule zusätzlich die Fachhochschulreife erworben werden könne, stelle nur eine zusätzliche Option dar. Es handle sich nicht um den Hauptgegenstand der Ausbildung. Der Vergleich der Beigeladenen mit der Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker sei nicht einschlägig. Dieser sei nach den §§ 3, 4 BBiG ein anerkannter Ausbildungsberuf. Mit der Ausbildung werde die Berufsschulpflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ThürSchulG erfüllt. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) liege ebenfalls nicht vor.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die formellen Voraussetzungen für die Aufhebung der früheren Beitragsbescheide und die Erhebung höherer Beiträge seien gegeben. Falsch seien hingegen die Einordnung der Schüler als Lernende im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII. Das Sozialgericht Altenburg habe in Anlehnung an ein Urteil des Bundessozialgerichts, welches eine Ergänzungsschule betroffen habe, entschieden. Bei der Schule der Klägerin handele es sich allerdings um eine Ersatzschule. Entsprechende Bildungsgänge bestünden auch an Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Die Schule der Klägerin sei staatlich anerkannt. Die Entscheidung des Sozialgerichts führe zu dem merkwürdigen Ergebnis, dass Schüler des gleichen Bildungsganges über die Beigeladene versichert seien, wenn sie eine Schule in öffentlicher Trägerschaft besuchten, hingegen bei der Beklagten, wenn die Schule in freier Trägerschaft betrieben werde. Die Eigenschaft als Ersatzschule werde durch die Genehmigung vermittelt. Auf die Anerkennung komme es nicht an. Die Prüfungen in Al-tenpflege und Ergotherapie würden einschließlich der staatlichen Schulen vom Landesverwaltungsamt abgenommen. Die Klägerin habe keine unzutreffenden Meldungen abgegeben. Sie habe sich vor Abgabe der Meldung ausdrücklich bei der Beigeladenen erkundigt. Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes müsse berücksichtigt werden, dass die Klägerin eine zutreffende Meldung abgegeben habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Juli 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2018 zu verpflichten, die Bescheide vom 3. April 2017 zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine berufsbildende Schule im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII könne nur angenommen werden, wenn ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht erworben oder die Schulpflicht erfüllt werden könne. Unter einem schulrechtlichen Abschluss seien nur solche Abschlüsse zu verstehen, die in den Schulgesetzen oder in den einzelnen dazu erlassenen Schulordnungen der jeweiligen Bundesländer geregelt seien. Dazu zählten nicht nur allgemein bildende Abschlüsse, sondern auch landesrechtlich geregelte berufsbildende Abschlüsse. Entscheidend sei welches Bildungsziel mit dem Besuch des jeweiligen Bildungsganges verfolgt werde. Allein der Umstand, dass es in Thüringen öffentliche Schulen für Ergotherapeuten oder Altenpfleger gebe, führe nicht dazu, alle Teilnehmer an dem Bildungsgang als Schüler im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII zu qualifizieren. Die Zuständigkeit für Lernende und Schüler an Schulen in öffentlicher Trägerschaft ergebe sich aus §§ 133 Abs. 1, 136 Abs. 3 Nr. 3 SGB VII i. V. m. § 128 Abs. 1 Nr. 1 oder § 129 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Allein aufgrund dieser Zuständigkeitsregelungen sei für diese Versicherten der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand zuständig. Damit könnten die Teilnehmer an den strittigen Bildungsgängen bei der Klägerin nur dann dem Unfallversicherungsschutz der Beigeladenen unterfallen, wenn sie mit dem Besuch zusätzlich die Fachhochschulreife anstrebten. Ein solcher Nachweis sei hier nicht geführt. Des Weiteren seien die bundesrechtlichen Regelungen für die Ausbil-dungsgänge Ergotherapie und Altenpfleger zu beachten. Bundesrechtlich geregelte Ausbildungsgänge könnten nicht zu einem landesrechtlich geregelten beruflichen Abschluss führen. Die Regelungen des Altenpflegegesetzes und der entsprechenden Verordnung seien vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet worden. Die Regelungen zur Ergotherapie seien vergleichbar. Landesrecht könne allenfalls noch regeln, wer die Ausbildung vornimmt. Aus dieser Kompetenzverteilung könne nur der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der staatlichen Prüfung in den Bereichen Altenpflege und Ergotherapie um einen bundesrechtlichen Abschluss handle. Dies entspreche auch dem Verständnis der Kultusministerkonferenz. Auch der nunmehr in der DGUV aufgegangene Bundesverband der Unfallkassen verneine bei einer fehlenden Nennung des berufsbildenden Abschlusses in den schulrechtlichen Vorschriften eines Bundeslandes die Einordnung der Teilnehmer als Schüler im Sinne des § 2 Abs. 8 b SGB VII. Die Berufungsklägerin sei seit dem 1. November 1997 Mitglied der Beklagten. Eine Auskunft der Beigeladenen könne daher keinen Vertrauensschutz begründen.

Die Beigeladene hat sich bislang zum Berufungsverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Die Anfechtungsklage zielt auf die gerichtliche Aufhebung der Ablehnungsentscheidung in dem Bescheid vom 29. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2018, die Verpflichtungsklage auf die behördliche Rücknahme der bestandskräftigen Beitragsnacherhebung in den Bescheiden vom 3. April 2017 (vgl. BSG Urteil vom 6. September 2018 - Az.: B 2 U 10/17 R, zitiert nach Juris).

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägerin ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, auch mit Wirkung für die Ver-gangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasst damit Leistungs- und Beitragsbescheide sowie alle Verwaltungsakte, soweit die vollständige oder teilweise Verwehrung der Sozialleistung oder die Erhebung eines Beitrages auf ihm beruht. Dazu ist eine regelnde Wirkung des Verwaltungsaktes für die fragliche Leistungs- bzw. Bei-tragsposition erforderlich, die unter anderem gegeben ist, wenn eine Beitragszahlungspflicht festgestellt wird. Materiellrechtlich muss dann eine auf dieser Feststellung beruhende Bei-tragserhebung hinzukommen (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014 § 44 Rn. 16).

Dem steht nicht entgegen, dass durch Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Januar 2018 eine Klage gegen die Beitragsbescheide vom 3. April 2017 nach Rücknahme einer hiergegen eingelegten Berufung rechtskräftig abgewiesen worden ist. § 44 SGB X lässt eine Durchbrechung der Bindungswirkung von gerichtlichen und behördlichen Entscheidungen zu und vermittelt einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes auch dann, wenn dieser bereits durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2018 - Az.: B 2 U 10/17 R, zitiert nach Juris).

Die Bescheide vom 3. April 2017, mit welchem für die Jahre 2011 bis 2015 ein Betrag i. H. v. insgesamt 44.788,74 Euro an Beiträgen nacherhoben worden ist, sind rechtswidrig und daher - ebenso wie der dem entgegenstehende Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 29. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2018 - aufzuheben.

Die Beklagte hat bei Erlass der Beitragsbescheide vom 3. April 2017 das Recht unrichtig angewandt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 168 Abs. 1 SGB VII, der hier als Rechtsgrundlage allein in Betracht kommt, liegen nicht vor. Die Schülerinnen und Schüler im Bereich Altenpflege und Ergotherapie der Klägerin waren nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII als "Lernende" versichert und sondern gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchst b SGB VII als Schüler. Die Beklagte war daher wegen der Vorschrift des § 185 Abs. 2 S. 1 SGB VII nicht berechtigt, für diese durch die angefochtenen Bescheide Beiträge für die Jahre 2011 bis 2015 nachzufordern.

Nach § 185 Abs. 2 Satz 1 SGB VII werden für Versicherte nach § 128 Abs. 1 Nr. 2 bis 9 und 11 SGB VII sowie nach § 129 Abs. 1 Nr. 3 bis 7 SGB VII Beiträge nicht erhoben. Die Vorschrift betrifft in der Regel die Personen, an deren Tätigkeit ein öffentliches Interesse besteht und denen deshalb ein kostenloser Unfallversicherungsschutz durch die öffentliche Hand ge-währleistet wird. Der nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII von der Beklagten erlassene Zuständigkeitsbescheid vom 16. August 1999 hindert die Annahme von Beitragsfreiheit für die Schüler nicht. Denn die Zuständigkeit nach den § 128 Abs. 1 Nr. 2 bis 9 und 11 SGB VII ist eine personenbezogene; es handelt sich um eine abweichende Regelung i. S. d. § 133 Abs. 1 SGB VII. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich ein Unternehmen identifizieren lässt, für das der Versicherte tätig ist oder zu dem er in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung steht. Lässt sich die Tätigkeit des Versicherten einem bestimmten Unternehmen zuordnen, so ist die Zuständigkeit hierfür dennoch unabhängig davon zu beurteilen, welcher Unfallversicherungsträger für das Unternehmen als solches zuständig ist. Aus der Zuständigkeit nach § 128 Abs. 1 Nr. 2 bis 9 SGB VII und 11 sowie § 129 Abs. 1 Nr. 3 bis 7 SGB VII folgt dann auch, dass der Unternehmer nach § 185 Abs. 2 Satz 1 SGB VII für diesen Versicherten keinen Beitrag zu bezahlen hat (vgl. hierzu Höller, in Hauck/Noftz, SGB VII, § 185 Rn. 6 m. w.N.).

Die bei der Klägerin in den Ausbildungsgängen Altenpflege und Ergotherapie unterrichteten Schülerinnen und Schüler waren im maßgebenden Zeitraum 2011 bis 2015 nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII als Lernende, sondern nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII als Schülerinnen und Schüler und damit beitragsfrei versichert.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII sind kraft Gesetzes versichert Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen. Demgegenüber sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII kraft Gesetzes versichert Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an Betreuungsmaßnahmen. Eine berufsbildende Schule im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII setzt voraus, dass ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht erworben oder die Schulpflicht erfüllt werden (bzw. eine Befreiung von ihr erfolgen) kann (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 – B 2 U 2/12 R, zitiert nach Juris). Versichert sind Schülerinnen und Schüler gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII u. a. während des Besuchs einer berufsbildenden Schule. Berufsbildende Schulen verfolgen das Ziel, ein bestimmtes berufliches Wissen und Können zu vermitteln und auch die allgemeine Bildung zu verbessern. Zu ihnen zählen Fachschulen, Berufsschulen, Berufsfachschulen und Berufsaufbauschulen (vgl hierzu Schlaeger, in Schlaeger/Linder, Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2. Auflage 2020, § 5 Rn. 44). Neben staatlichen berufsbildenden Schulen bestehen private berufsbildende Schulen in freier Trägerschaft. Diese können Ersatzschulen oder Ergänzungsschulen sein (vgl. Schlaeger u.a., Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2. Aufl. 2020, § 5 Rn. 14 ff.). Voraussetzung für die Annahme einer Ersatzschule ist die staatliche Anerkennung. Diese staatliche Anerkennung verleiht der Ersatzschule grds. die Befugnis, nach den für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen. Die staatliche Anerkennung vermittelt der Ersatzschule die rechtliche Befugnis öffentlicher Schulen. Die Klägerin verfügt über eine solche staatliche Anerkennung als Ersatzschule.

Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013, a.a.O.) ist Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII auf Schülerinnen und Schüler berufsbildender Schulen beschränkt, in denen ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht erlangt, bzw. an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann. Entscheidender Gesichtspunkt ist hierbei, dass seit einer gesetzlichen Änderung ab dem 1. Januar 1997 über § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII sich die Zuständigkeit des Trägers für die Versicherung von Schülern berufsbildender Schulen änderte. Wie bei dem Besuch allgemein bildender Schulen besteht seit dem 1. Januar 1997 nunmehr die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers im Landesbereich auch bei dem Besuch privater berufsbildender Schulen. Der Gesetzgeber wollte wegen der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der beruflichen und der allgemeinen Bildung die sich aus § 185 Abs. 2 SGB VII ergebende Beitragsfreiheit für den Träger auch auf den Besuch privater berufsbildender Schulen erweitern. Die Erweiterung der Beitragsfreiheit soll allerdings in Anlehnung an die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 13/2204 S. 106) nur denjenigen Schülerinnen und Schülern zugutekommen, die an einer Schule in freier Trägerschaft einen schulrechtlichen Ab-schluss anstreben oder mit dem Besuch dieser Schule die Schulpflicht erfüllen bzw. aufgrund deren Besuchs von der Schulpflicht befreit sind. Daher ist ebenso wie bei den allgemein bildenden privaten Schulen auch bei den privaten berufsbildenden Schulen in freier Trägerschaft für die Gewährung von Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII erforderlich, dass durch den Schulbesuch ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht erlangt oder der Schulpflicht genügt, bzw. von ihr befreit werden kann. Schülerinnen und Schüler sonstiger berufsbildender Unterrichts- und Ausbildungsinstitutionen sind weiterhin über § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII als Lernende bei dem jeweiligen Träger der für die Einrichtung zuständigen Berufsgenossenschaft versichert.

Bei den von der Klägerin angebotenen Ausbildungsgängen Ergotherapie und Altenpflege handelte es sich in den Jahren 2011 bis 2015 um eine berufsbildende Schule in privater Trägerschaft. Denn das Bildungsziel - die Erlangung des Berufsabschlusses Altenpfleger bzw. Ergotherapeut - hat einen beruflichen Charakter. Zwar erfüllten die Teilnehmer an den genannten Ausbildungsgängen mit dem Besuch weder ihre normale Schulpflicht noch eine eventuell bestehende Berufsschulpflicht. Denn die allgemeine Schulpflicht dauert nach § 19 Abs. 1 Satz 1 ThürSchulG 10 Jahre. Zur Erfüllung dieser normalen Schulpflicht konnte der Besuch des Ausbildungsganges bereits deshalb nicht dienen, weil nach § 6 AltPflG bzw. § 4 Abs. 2 ErgThG Zugangsvoraussetzung ist, dass die normale Schulpflicht bereits erfüllt ist. Nach § 6 AltPflG war in dem genannten Zeitraum Zugangsvoraussetzung ein Realschulabschluss oder ein anderer als gleichwertig anerkannter Bildungsabschluss oder eine andere abgeschlossene 10-jährige Schulbildung, welche den Hauptschulabschluss erweitert oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsabschluss. Auch nach § 4 Abs. 2 ErgThG konnte zur Ausbildung nur zugelassen werden, wer eine abgeschlossene Realschulbildung, eine andere gleichwertige Ausbildung oder eine nach Hauptschulabschluss abgeschlossene Berufsausbildung von mindestens zweijähriger Dauer nachgewiesen hat.

Ebenfalls bestand für die Teilnehmer der Ausbildungsgänge Altenpfleger und Ergotherapeut keine Berufsschulpflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ThürSchulG. Danach besteht für die Auszubildenden in einem Ausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung Berufsschulpflicht. Dies ist vorliegend deshalb nicht der Fall, weil beide Ausbildungsberufe weder in den Verzeichnissen der Anlage zur Handwerksordnung aufgeführt waren und sind, noch der Anwendbarkeit des Berufsbildungsgesetzes unterlagen. § 28 Alt-PflG schloss die Anwendung des Berufsbildungsgesetzes vielmehr ausdrücklich aus.

Der weiteren alternativen Voraussetzung, dass von den Teilnehmern der Ausbildungsgänge Ergotherapie und Altenpflege in den Jahren 2011 bis 2015 ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht angestrebt wurde, wird jedoch Genüge getan. Es muss sich daher bei der Klägerin um eine berufsbildende Schule im Sinne von § 4 Abs. 9 ThürSchulG handeln. Danach füh-ren berufsbildende Schulen zu allgemeinen und beruflichen Abschlüssen, die den Eintritt in eine qualifizierte Berufstätigkeit, in weiterführende schulische Bildungsgänge sowie in die Hochschulen ermöglichen. Die Teilnehmer der Ausbildungsgänge Ergotherapie und Altenpflege in den Jahren 2011 bis 2015 erwarben nach erfolgreichem Besuch der Schule der Klägerin die Berechtigung in den jeweiligen Berufen tätig zu werden. Als dreijährige höhere Berufsfachschule vermittelte der erfolgreiche Schulbesuch eine berufliche Qualifikation im Sinne von § 8 Abs. 5 ThürSchulG. Bei der in privater Trägerschaft stehenden Klägerin konnte ein schulrechtlicher Abschluss angestrebt werden, da es sich um eine genehmigte Ersatzschule handelt. Nach § 4 Abs. 3 ThürSchfTG dürfen Ersatzschulen nur mit Genehmigung des Ministeriums errichtet und betrieben werden. Erforderlich ist, dass Ziel des Bildungsganges die Erlangung eines staatlich anerkannten Abschlusses ist. Die Anerkennung als Ersatzschule nach § 10 ThürSchfTG mit dem Recht nach dessen Absatz 3 Prüfungen abzuhalten, ist vorliegend deshalb nicht entscheidend, da § 5 AltPflAPrV und § 2 ErgThAPrV zwingend eine staatliche Prüfung (auch für Schulen in staatlicher Trägerschaft) vorsieht. Zuständige Behörde hierfür ist in Thüringen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 13 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 13 der Thüringer Verordnung über die Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Berufsrechts der Fachberufe im Gesunheitswesen und nach dem Heilpraktikerrecht vom 7. Dezember 2010 (GesHeilpRZustV TH) für die Schulen der Altenpflege und Ergotherapie das Thüringer Landesverwaltungsamt.

Eine solche Genehmigung liegt vor. Der angestrebte Abschluss richtete sich auch nach Lan-desschulrecht. Die Ausbildung zum Altenpfleger und Ergotherapeuten gehörte in den streitgegenständlichen Jahren zu den bundesrechtlich (mit)geregelten Ausbildungsgängen im Gesundheitswesen. Das Sozialgericht hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass die Alten-pflegeausbildung in § 5 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers durch eine staatliche, bundesrechtlich geregelte Prüfung abgeschlossen wurde. Dasselbe gilt für § 2 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten. Dies reicht allerdings nicht aus, einen schulrechtlichen Abschluss nach Landesrecht zu verneinen. Zu beachten ist, dass der Bundesgesetzgeber sich hinsichtlich der Regelungen des Altenpflege- und des Ergotherapeutengesetzes nur auf die Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG berufen kann "Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen" (vgl. dazu eingehend BVerfG v. 24.10.2002 - 2 BvF 1/01, zitiert nach Juris). Der Bundesgesetzgeber durfte daher die Zulassungsbedürftigkeit des Berufes, formalisierte Zulassungsvoraussetzungen, Ausbildungsziele und auch das Prüfungswesen regeln. Der Bund hat aber nicht die Kompetenz, die Materie des Ausbildungswesens in vollem Umfang zu regeln. Die Schulhoheit der Länder war zu beachten. Daher enthalten beide Gesetze keine Regelung zur Organisation oder Einstufung der Schule. Dies ist ebenso wie bei Ersatzschulen die Frage der staatlichen Anerkennung dem Landesrecht überlassen. Dies verdeutlicht die Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 AltPflG, wonach Altenpflegeschulen der staatlichen Anerkennung bedürfen, es sei denn, sie sind bereits Schulen im Sinne des Schulrechts der Länder. Da der Bundesgesetzgeber einen bundesrechtlich zu qualifizierenden Schulabschluss gar nicht hätte regeln dürfen, verbleibt nur die Einstufung als landesrechtlicher Schulabschluss. Soweit die Beklagte dem entgegenhält, dass das Landesrecht allenfalls regele, wer die Altenpflege- und Ergotherapeutenausbildung vornehme, die prägende Regelungsmaterie nämlich Inhalt und Form der Ausbildung bundesrechtlich geregelt sei, und daher in der Gesamtschau ein bundesrechtlicher Abschluss vorliege, ändert dies nichts daran, dass es einen bundesrechtlichen Schulabschluss nicht geben darf. Für das Schulwesen besteht eine alleinige Gesetzgebungskompetenz der Länder. Art. 30 GG verbietet auch eine faktische Aushöhlung der Landeskompetenzen. Daher gibt grundsätzlich das Landesrecht vor, ob ein schulrechtlicher Abschluss erreicht werden kann (vgl. Schlaeger u.a., Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2. Aufl. 2020, § 5 Rn. 46). Das Fehlen detaillierter Regelungen im Thüringer Landesrecht zu den beiden Ausbildungsgängen ändert hieran nichts. Dem lässt sich nur entnehmen, dass der Freistaat Thüringen keinen Bedarf für weitere Regelungen hinsichtlich der beiden Ausbildungsgänge gesehen hat. Die für Schulen im Freistaat Thüringen geltenden Vorschriften finden jedenfalls Anwendung im Fall der Klägerin. Dies belegt zum Beispiel nur die Anerkennung als staatlich anerkannte höhere Berufsfachschule für Altenpfleger und Ergotherapie nach § 4 Abs. 1 ThürSchfTG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.

Der Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostenge-setzes (GKG). Die Höhe der Beitragsforderung beträgt 44.788,74 Euro. Die Streitwertfestsetzung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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