Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 10 U 1653/12
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 1427/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 30. August 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4302 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) im Sinne einer durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachten obstruktiven Atemwegserkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich war oder sein kann. Im Weiteren begehrt sie Leistungen entsprechend § 3 BKV.
Die 1964 geborene Klägerin arbeitete von Oktober 2009 bis zum September 2011 bei der M als Operator/Anlagenfahrerin bei der Herstellung von Photovoltaikelementen. Mit Schreiben vom 11. Januar 2011 zeigte die gesetzliche Krankenversicherung der Klägerin gegenüber der Beklagten den Verdacht auf das Vorliegen einer BK aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit seit 18. November 2010 wegen einer akuten Pharyngitis an. Der behandelnde HNO-Arzt, L, äußerte gegenüber der Beklagten einen Verdacht auf allergische Reaktion bei Acrolein- und Crotonaldehydverseuchung am Arbeitsplatz. Er befundete eine Rachenentzündung, eine Rachenrötung sowie Schmerzen und diagnostizierte eine Rachenentzündung. L überwies die Klägerin an den Arbeitsmediziner M1. Dieser teilte der Beklagten gegenüber mit, dass die Hals- und Brustschmerzen sowie Schluckbeschwerden, die bei der Klägerin vorlägen, für eine Infektion der oberen Luftwege nicht typisch seien. Wegen des Verdachts einer chronischen Bronchitis sei eine Überweisung an einen Lungenfacharzt erfolgt. Der Lungenfacharzt T erstellte eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine BK aufgrund eines von ihm diagnostizierten Asthma bronchiale.
Der Präventionsdienst der Beklagten führte zur Arbeitsplatzexposition aus, dass in dem Unternehmen die Herstellung von Solarmodulen erfolge. Dabei würden als Substratträger Flachglasscheiben verwendet. Die Klägerin habe hierbei manuell auf einen Rollenförderer die Solarmodule aufzulegen sowie Speichereinheiten nachzufüllen. Hiervon ginge keine Gefährdung im Sinne der BK aus. In 10 bis 15 m Entfernung vom Arbeitsplatz der Klägerin werde ein Autoklav betrieben. Hier würden vorbereitete Substratträger (Flachglasscheiben) mit einer Zwischenfolie (Saflex) versehen und im Autoklaven nach einer definierten Temperaturkurve erhitzt. Aufgrund der physikalischen Eigenschaften der verwendeten Folie bildeten sich bei diesen Temperaturen Zersetzungsprodukte wie Kohlenmonoxid, Acrolein, Butyraldehyd, Buttersäure, Crotonaldehyd, 2-Ethylhexansäure sowie Diethylenglykol. Eine Raumluftbelastung an dem Arbeitsplatz der Klägerin durch die Zersetzungsprodukte beim Öffnen des Autoklaven werde offensichtlich nicht verhindert. Sowohl Acrolein als auch Crotonaldehyd, also Stoffe bezüglich derer laut ärztlicher Stellungnahme vom 24. Januar 2011 eine Allergie vorliege, würden durch die thermische Behandlung der Folie im Autoklaven freigesetzt und gelangten beim Öffnen in geringen Konzentrationen auch in die Raumluft am Arbeitsplatz der Klägerin. Damit sei aus technischer Sicht eine Einwirkung am Arbeitsplatz der Klägerin gegeben. Zur Abklärung der Expositionsverhältnisse sei eine Gefahrenstoffmessung durchgeführt worden. Hiernach habe die Konzentration aller gemessenen Gefahrenstoffe unterhalb der Bestimmungsgrenze gelegen (Bericht über die Messung von Gefahrenstoffen in der Luft in Arbeitsbereichen nach § 19 SGB VII). Die in den Anlagen Tabelle 2 zur BK Nr. 4302 aufgeführten Tätigkeit/Einwirkungskombinationen lägen nicht vor. Von der Gesetzlichen Krankenversicherung der Klägerin zog die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis bei und holte vom Pneumologen T einen weiteren Befundbericht ein.
Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 beantragte die Klägerin die Anerkennung einer BK nach Nr. 4302 und die Gewährung von Übergangsleistungen, Verletztengeld und einer Verletztenrente bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 vom Hundert (v.H.).
Mit seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 9. Juni 2011 führte R aus, dass sich bezüglich der BK Nr. 4302 die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen nicht eindeutig ergäben. Der Betriebsarzt des Unternehmens habe explizit darauf hingewiesen, dass weder Crotonaldehyd noch Acrolein verwendet werde bzw. es auch sehr unwahrscheinlich sei, dass dieses beim Verschweißen der Folien entstehe. So ließen sich derzeit auch keine arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung einer BK Nr. 4302 mit der erforderlichen Gewissheit erkennen. Im Übrigen passten die geschilderten Beschwerden gut in das Bild einer akuten Pharyngitis bzw. einer akuten Bronchitis. Dabei sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits vor ihrer Tätigkeit, nämlich laut Vorerkrankungsverzeichnis im April 2001, ebenfalls an einer akuten Pharyngitis erkrankt gewesen sei. Nicht nachzuvollziehen sei, warum die Klägerin angebe, dass die geklagten Beschwerden während der Arbeitsunfähigkeit völlig verschwänden. Vielmehr sei dem beigezogenen Bericht des Hausarztes F zu entnehmen, dass die Klägerin im Januar 2011 mehrmals über Halsschmerzen und Kloßgefühl im Hals sowie über Husten und Engegefühl im Brustkorb geklagte habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin jedoch arbeitsunfähig und gar nicht an der Arbeitsstelle gewesen. Die seitens der Klägerin vorgebrachten Beschwerden ließen sich nicht durch die berufliche inhalative Schadstoffbelastung erklären.
Mit Bescheid vom 1. September 2011 stellte die Beklagte fest, dass keine BK nach Nr. 4302 BKV vorliege und ein Anspruch auf Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien, dem Entstehen einer BK entgegen zu wirken, nicht gegeben sei. Entsprechend der Messergebnisse liege in allen Arbeitsbereichen (Autoklav, Abstapeln, Stellplatz) die Konzentration aller ge-messenen Gefahrenstoffe unterhalb der Bestimmungsgrenze. Eine Gefährdung entsprechend der BK liege deswegen nicht vor. Entsprechend der vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei die Klägerin bereits im Jahr 2001 an einer akuten Pharyngitis und zudem in den Jahren 2002 bis 2009, also vor Aufnahme der Tätigkeit bei der M, mehrfach wegen der oberen Atemwege erkrankt. Schließlich ergebe die Lungenfunktionstestung keine erkennbare Einschränkung. Eine obstruktive Atemwegserkrankung liege nicht vor.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass Absauganlagen am Autoklav erst eine Woche nach ihrer Erkrankung installiert worden seien. Die Klimaanlagen seien am Wochenende nicht in Betrieb gewesen, gleichwohl sie am Wochenende in einer zwölf Stunden Schicht habe arbeiten müssen. Bei der nun durchgeführten Arbeitsplatzmessung seien hingegen Absaug- sowie Klimaanlagen in Betrieb gewesen.
Die Beklagte beauftragte ihren Präventionsdienst erneut mit einer Einschätzung zur Arbeitsplatzexposition unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Absaugvorrichtung erst später installiert worden sei. Hieraufhin teilte der Präventionsdienst der Beklagten mit, dass man nach Rücksprache von führenden Mitarbeitern der M nicht bestätigen könne, dass erst eine Woche nach der Erkrankung der Klägerin Absauganlagen am Autoklaven installiert worden seien. Um beim Öffnen des Autoklaven eine Arbeitsraumluftbelastung an den Arbeitsplätzen durch thermische Zersetzungsprodukte zu verhindern, sei der Autoklaven-Innenraum jeweils vor dem Öffnen zweimal gespült worden. Nach den eingetretenen Erkrankungen der Klägerin sei betrieblich festgelegt worden, den Autoklaven-Innenraum vor dem Öffnen anstatt zweimal mindestens dreimal zu spülen. Zusätzliche Absauganlagen am Autoklaven seien nicht installiert worden, die Klimaanlage sei auch an Wochenenden im Betrieb gewesen. Auftretende Störungen seien umgehend von der Firma C, mit der ein Wartungsvertrag geschlossen worden sei, behoben worden.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2012 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 4302 lägen nicht vor. Da die Klägerin ihre Tätigkeit als Operator/Anlagefahrerin gefährdungsfrei fortsetzen könne und bei der jetzigen Tätigkeit keine Gefahr bestünde, dass eine BK nach Nr. 4302 entstehe, wieder auflebe oder sich verschlimmere, bestehe auch kein Anspruch auf Leistungen oder Maßnahmen nach § 3 BKV.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Der sodann vom Sozialgericht beauftragte B diagnostizierte mit seinem internistisch-pneumologischen Gutachten vom 17. April 2016 bei der Klägerin ein Asthma bronchiale auf Grundlage einer unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit infolge einer irritativ-toxischen Schädigung der Atemwege entwickelt habe. Die Klägerin habe keinerlei Vorerkrankungen und Beschwerden erst im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit gehabt. Expositionspausen zum Beispiel durch Arbeitsunfähigkeit hätten zu einer Besserung der Symptome geführt und nach einer Reexposition seien die geklagten Beschwerden wieder aufgetreten. Das sei typisch für eine Asthmaerkrankung. Eine eindeutige Sicherung einer obstruktiven Atemwegserkrankung durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe im Sinne einer BK Nr. 4302 sei nur durch eine Arbeitsplatzexposition mit Messung der Lungenfunktion am Arbeitsplatz möglich. Die Einhaltung bzw. Unterschreitung von maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen bestimmter Schadstoffe schließe die chemisch-irritative Reizung und die Entwicklung einer daraus resultierenden Überempfindlichkeit der Atemwege nicht aus, da diese konzentrationsunabhängig sei. Allein die bestehende Tatsache, dass die genannten Stoffe am Arbeitsplatz nachweisbar gewesen seien - insoweit verweist der Sachverständige auf den Messbericht in der Akte der Beklagte - mache die Verursachung der Erkrankung durch die beruflichen Kontakte mit den genannten Stoffen aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs der Exposition, der Besserung nach Wegfall der Exposition und der objektivierten Entwicklung der bronchialen Hyperreagibilität sehr wahrscheinlich. Als Zeitpunkt für den Beginn der BK sei der Oktober 2010 festzulegen, da zu diesem Zeitpunkt erstmals Symptome auftraten, die zum Aufsuchen eines Facharztes geführt hätten.
Ein Vergleichsvorschlag des Gerichts, wonach die BK Nr. 4302 anerkannt werde und gesetzlich zustehende Übergangsleistungen zu leisten seien, die Klage aber im Übrigen für erledigt erklärt werde, hat nur die Klägerin angenommen. Die Beklagte hingegen hat erneut ausgeführt, dass die arbeitstechnischen Anerkennungsvoraussetzungen nicht vorlägen. Unter Bezugnahme auf eine neuerliche eingeholte Stellungnahme des Präventionsdienstes sei davon auszugehen, dass bei dem Autoklavierprozess bei 145 °C und dem dabei entstehenden hohen Druck eine Zersetzung des Kunststoffes nicht stattfinde. Entsprechend werde auch nicht Kohlenmonoxid, Acrolein, Butyraldehyd, Buttersäure, Crotonaldehyd, 2-Ethylhexansäure und Diethylenglykol freigesetzt. Der Messbericht habe ergeben, dass Acrylaldehyd (=Acrolein), Butyraldehyd, Buttersäure und Diethylenglykol nicht nachzuweisen seien. Die hinter dem "(" angegebene Konzentrationen stellten lediglich die analytische Bestimmungsgrenze dar, nicht jedoch die gemessene Konzentration. Entsprechend habe eine Exposition gegenüber Stoffen im Sinne der BK Nr. 4302 nicht bestanden. Im Übrigen deuteten auch die medizinischen Befunde auf eine akute Pharyngitis bzw. akute Bronchitis hin, welche nicht unter die Krankheitsbilder der BK fielen. Auch aufgrund des zeitlichen Verlaufs der Erkrankung ließen sich die Atembeschwerden der Klägerin nicht durch die berufliche Tätigkeit erklären. Bereits in den Jahren 2001 bzw. 2002 bis 2009 seien mehrfache Erkrankungen der oberen Atemwege bzw. eine akute Pharyngitis festzustellen.
Mit Urteil vom 30. August 2016 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 1. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 aufgehoben und festgestellt, dass bei der Klägerin eine BK nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV vorliege. Die Beklagte wurde verurteilt, der Klägerin Übergangsleistungen nach § 3 BKV zu gewähren, im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Von einer obstruktiven Atemwegserkrankung sei auszugehen. Dies lasse sich den überzeugenden Ausführungen des internistisch-pneumologischen Gutachtens sowie den einschlägigen Befundberichten entnehmen. Die geklagten Gesundheitsbeschwerden korrelierten im Wesentlichen auch mit dem Beginn der gesundheitsbelastenden Tätigkeit. Es sei eine Allergie gegenüber Acrolein und Crotonaldehyd diagnostiziert und die Diagnose einer deutlichen bronchialen Hyperreagibilität (Asthma bronchiale) gestellt worden. Auffällig sei, dass während der Arbeitsunfähigkeit bis Januar 2011 eine Besserung der Beschwerden eingetreten sei. Eine Verschlimmerung sei bei erneuter Arbeitsaufnahme festzustellen. Zu beachten sei, dass zur Entwicklung einer obstruktiven Ventilationsstörung in Folge des Einwirkens irritativ-toxischer Substanzen nicht zwangsläufig Grenzwertüberschreitungen vorgelegen haben müssten. Auch langzeitiger und wiederkehrender Kontakt mit niedrig konzentrierten irritativ-toxischen Substanzen könne zur Entwicklung der Krankheit führen. Der Beginn der Erkrankung sei mit Oktober 2010 anzunehmen, da zu diesem Zeitpunkt erstmals ein Facharzt aufgesucht worden sei. Da die Klägerin die gefährdende Tätigkeit zwischenzeitlich aufgegeben habe, habe sie dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung von Übergangsleistungen. Über diese Übergangsleistungen habe die Beklagte ermes-sensfehlerfrei zu befinden. Da die Klägerin berufskrankheitenbedingt keiner Erwerbsminderung unterliege, habe sie keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld und Verletztenrente.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, dass die Anerkennung einer BK bereits an den arbeitstechnischen Anerkennungsvoraussetzungen scheitere. Es habe keine berufliche Einwirkung gegenüber chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stof-fen vorgelegen. Insoweit werde Bezug genommen auf die Messberichte die einen entspre-chenden Nachweis von solchen Stoffen nicht erbracht habe. Schließlich sei auch davon auszugehen, dass die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen nicht vorlägen, da von einer akuten Pharyngitis bzw. akuten Bronchitis auszugehen sei, die nicht unter die BK nach Nr. 4302 falle. Letztlich sei zu beachten, dass der Sachverständige B die ergänzenden Klarstellungen des Präventionsdienstes zur Exposition gar nicht zur Kenntnis erhielt und insoweit auch nicht berücksichtigen konnte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 30. August 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen und des Sozialgerichts der Auffassung, dass die Berufung der Beklagten nicht begründet ist. Im Übrigen hat die Klägerin ergänzend dargelegt, dass der Autoklave auch von ihr ohne Schutzmaske geöffnet worden sei. Auch sei die Luft in der Produktionshalle sehr schlecht gewesen. An dem Tag der angemeldeten Schadstoffmessung sei die Klimaanlage zum ersten und einzigen Mal während ihrer dortigen Tätigkeit "auf 100 % gelaufen". Für sie und auch die anderen Kollegen habe sich eine spürbar, sehr gute Qualität der Luft im Gegensatz zu den anderen Arbeitstagen ergeben. An diesem Tag habe sie auch keine Beschwerden gehabt.
Der Senat hat den Sachverständigen B im Hinblick auf die ergänzenden Ausführungen der Beklagten zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen (Schriftsatz der Beklagten vom 16. August 2016 nebst Anlage) mit einer ergänzenden Stellungnahme beauftragt. Hieraufhin hat der Sachverständige B mitgeteilt (Schreiben vom 8. August 2018), dass mit dem weiteren Vortrag der Klägerin möglicherweise davon auszugehen sei, dass betrieblich optimierte Umgebungsbedingungen geschaffen worden seien. Dies sei abzuklären, denn dann seien die betrieblichen Messergebnisse nur eingeschränkt verwertbar. Im Hinblick darauf, dass es zu keiner Freisetzung entsprechender Stoffe gekommen sei, sei zu berücksichtigen, dass die Arbeitstemperatur im Autoklaven einerseits mit 145 °C, welche zu keiner Freisetzung von Schadstoffen führen würde, angegeben werde, andererseits aber auch eine Arbeitsplatztemperatur von 200 °C protokolliert worden sei. Mit weiterem Schreiben (vom 26. Juli 2019) hat der Sachverständige ausgeführt, dass laut Messbericht darauf hingewiesen worden sei, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass neben den gemessenen auch weitere Gefahrenstoffe im Ar-beitsbereich aufgetreten seien. Es sei lediglich bezüglich Acrylaldehyd, Butyraldehyd, Buttersäure, Diethylenglykol festgestellt worden, dass diese Messwerte unterhalb der Nachweisgrenze gewesen seien. Bezüglich der Frage nach dem Vorliegen einer akuten Pharyngitis bzw. Bronchitis als Diagnose, die nicht unter die BK falle, könne festgestellt werden, dass vom behandelnden Lungenfacharzt am 22. März 2011 ein Asthma bronchiale diagnostiziert worden sei.
Der Senat hat hinsichtlich der Arbeitsbedingungen die von der Klägerin benannten Kolleginnen und Kollegen sowie die ehemalige Produktionsleiterin der M, W, und den damaligen Geschäftsführer, W1, sowie N, der mit der Wartung der Klimageräte und Absaugvorrichtung befasst war, schriftlich befragt.
Im Weiteren hat die Beklagte vom Präventionsdienst Stellungnahmen zu dem Vortrag der Klägerin bezüglich des Vorhandenseins von Absaugeinrichtungen bzw. einer Klimaanlage und deren Funktionstüchtigkeit eingeholt. Die ehemalige Produktionsleiterin W und der damalige Geschäftsführer W1 teilten mit, dass ihnen keine weiteren Unterlagen vorlägen. Auch Nachweise für den Zeitpunkt der Einbauten von Klima- und Absauganlagen lägen nicht mehr vor. Die M habe ihre operativen Tätigkeiten zum Ende 2014 eingestellt. Der mit der Wartung der Anlagen betraute N führte aus, dass alle Klimageräte und Absaugvorrichtungen im September 2009 fertig gestellt und in Betrieb genommen worden seien. Es sei ihm jedoch bekannt, dass es eine Fehlfunktion des sogenannten Autoklaven gegeben habe. Die über Dach führende Absaugung des Behälters nach Prozessende sei nicht aktiv bzw. fehlerhaft gewesen.
Sodann hat der Senat K mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dabei hat der Senat darauf hingewiesen, dass das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegend ungeklärt sei. Insofern wurde die Sachverständige beauftragt, deutlich zu machen, ob es bei ihrer Einschätzung überhaupt auf die arbeitstechnischen Voraussetzungen ankomme. Sollte dies der Fall sein, wurde ihr aufgegeben, jeweils darzulegen, welche Folgerungen sich unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin einerseits und unter Berücksichtigung der Feststellungen des Präventionsdienstes andererseits ergäben. Die Sachverständige hat die Klägerin zunächst vom 22. Januar bis 24. Januar 2020 stationär und zusätzlich am 6. Februar 2020 ambulant untersucht. Mit ihrem Sachverständigengutachten vom 8. Juni 2020 hat K eine chronische Pharyngitis diagnostiziert. Zudem gebe es einen einmaligen Nachweis einer bronchialen Hyperreaktivität am 24. Februar 2011 - möglicherweise infektbedingt. Die Laboruntersuchung ergebe keine Hinweise für eine akute oder chronische Entzündungsreaktion. Die Röntgen-Thorax-Übersichtsaufnahmen ergäben einen unauffälligen Herz- und Lungenbefund. Die Lungenfunktionsanalysen zeigten unter inhalativer Therapie mit einem Kortikoid sowie auch nach 14-tägiger Therapiepause keine Ventilationsstörung. Auch nach der zweiwöchigen Pause der inhalativen Kortikoidtherapie ließe sich keine bronchiale Hyperreaktivität nachweisen. Eine Gasaustauschstörung in Ruhe oder unter Belastung bestünde nicht. Die Spiroergometrie ergebe eine altersentsprechend sehr gute Leistungsfähigkeit, die nicht kardial oder pulmonal limitiert sei. Der Wert des ausgeatmeten Stickstoffmonoxids liege im Normbereich und weise nicht auf eine eosinophile Entzündung in den Bronchien hin. Die allergologischen Untersuchungen ergäben keine Hinweise für eine atopische Diathese und keine Typ-I-Sensibilisierung gegenüber ubiquitären Umweltallergenen. Insgesamt ergebe sich schließlich, dass bei der Klägerin aktuell keine obstruktive Atemwegserkrankung vorliege. Eine bronchiale Hyperreaktivität ließe sich trotz entsprechend angegebener Beschwerden durch die Klägerin nicht nachweisen. Einmalig sei bei der lungenfachärztlichen Untersuchung am 24. Februar 2011 bei T eine geringgradige bronchiale Hyperreaktivität diagnostiziert und daraus auf das Vorliegen eines Asthma bronchiale geschlossen wurden. Weitere Befunde zur Bestätigung dieser Diagnose lägen nicht vor; die übrigen durchgeführten Lungenfunktionsanalysen seien sämtlich unauffällig. Auch unter der Annahme einer relevanten beruflichen Exposition gegenüber chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ließe sich keine BK nach Nr. 4302 der BKV annehmen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegeben haben.
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Bescheid vom 1. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat weder einen Anspruch auf Feststellung der begehrten BK (hierzu 1.) noch einen Anspruch auf Leistungen nach § 3 BKV (hierzu 2.).
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung der BK Nr. 4302 der Anlage 1 BKV. Nach § 9 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer in den §§ 2, 3 und 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet. Nach § 1 der BKV sind Berufskrankheiten die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten (sogenanntes Listenprinzip). Für die Feststellung einer Listen-BK ist erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 11/14 R, nach Juris). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen so stark überwiegen, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, nach Juris). Sofern die notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht von demjenigen, der sie geltend macht, mit dem von der Rechtsprechung geforderten Grad nachgewiesen werden, hat er die Folgen der Beweislast dergestalt zu tragen, dass dann der entsprechende Anspruch entfällt.
Nach der Anmerkung zum Merkblatt zur BK Nr. 4302 (Bekanntmachung des BMA vom 10. Juli 1979 im Bundesarbeitsblatt 7/8/1979 abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Kommentar, M 4302, Stand Mai 2013) sind Krankheitsbilder der BK Nr. 4302 ein Asthma bronchiale, ein Reaktive Airways Dysfunction Syndrome (Unterform des nichtallergischen Asthma bronchiale), eine chronisch-obstruktive Bronchitis sowie ein Lungenemphysem. Der Senat geht nach den bereits oben erfolgten Ausführungen zur Erforderlichkeit des Vollbeweises einer entsprechenden Erkrankung davon aus, dass bei der Klägerin aktuell keine entsprechende obstruktive Atemwegserkrankung vorliegt. Vielmehr ist mit den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen K von einer chronischen Pharyngitis auszugehen, die jedoch nicht von der BK Nr. 4302 erfasst ist. Dem steht nicht entgegen, dass der Sachverständige B mit seinem Sachverständigengutachten ein Asthma bronchiale als Diagnose führt. Einerseits hat B selbst angeführt, dass eine eindeutige Sicherung einer obstruktiven Atemwegserkrankung durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe im Sinne einer BK Nr. 4302 nur durch eine Arbeitsplatzexposition mit Messung der Lungenfunktion am Arbeitsplatz möglich sei, die er aber nicht durchgeführt hat. Damit geht B selbst nicht davon aus, dass die obstruktive Atemwegserkrankung erwiesen ist. Zum anderen aber hat B auf ausdrückliche Nachfrage des Senats zur Diagnosesicherung lediglich ausgeführt, dass durch den Lungenfacharzt am 22. März 2011 ein Asthma bronchiale diagnostiziert worden sei. Insoweit machte B deutlich, dass er diese Diagnose nicht selbst gesichert, sondern schlicht übernommen hat. Auch sonst findet sich in seinem Gutachten keine Herleitung bzw. Abwägung zur Diagnosestellung. Insoweit ist ein Asthma bronchiale im Vollbeweis auch nach B nicht gegeben.
K hingegen hat darauf hingewiesen, dass T am 24. Februar 2011 eine geringgradige bronchiale Hyperreaktivität diagnostiziert und daraus auf das Vorliegen eines Asthma bronchiale geschlossen hat. Wie K zutreffend weiter ausführt, liegen weitere Befunde zur Bestätigung dieser Diagnose nicht vor. Stattdessen sind die übrigen durchgeführten Lungenfunktionsanalysen unauffällig. Soweit bezüglich der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden bronchialen Hyperreaktivität, die als Teil der medizinischen Dimension eines Asthma bronchiale zu werten ist, eine BK angenommen wurde, führt die Sachverständige anschaulich aus, dass eine berufliche Verursachung nicht wahrscheinlich ist. Insoweit legt J zunächst dar, dass für eine berufliche Verursachung der von der Klägerin angegebene zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und der Arbeitstätigkeit spricht. So seien die Beschwerden erstmals am Arbeitsplatz aufgetreten und hätten sich anfangs nach Feierabend gebessert und auch während der Arbeitsunfähigkeit sei eine Besserung eingetreten. Zu erneuten Beschwerden sei es am 1. Arbeitstag nach Ende der Arbeitsunfähigkeit gekommen. Hierbei ist jedoch zu berück-sichtigen, was J und zuvor bereits R herausgestellt haben, dass nach den Angaben des Hausarztes F auch während der Zeiten der Arbeitsunfähigkeit im Januar 2011 eindeutige Beschwerden (Hals dick, Gefühl Kloß im Hals, Druck in der Brust, Engegefühl, anhaltender Husten - Auslösung durch Duft in der Luft, teilweise Brustschmerzen) dokumentiert sind - mithin also Beschwerden auch ohne unmittelbaren Kontakt zum Arbeitsplatz auftraten. Sodann weist die Sachverständige zutreffend darauf hin, dass das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht abschließend geklärt werden kann. Die genauen Arbeitsplatzbedingungen sind unklar und es bleibt offen, ob es tatsächlich zur Freisetzung entsprechender Stoffe gekommen ist - jedenfalls sind Stoffe wie Cotonaldehyd und Acrolein in der Gefahrstoffdatenbank als reizend für die Atemwege gekennzeichnet. Unter ungünstigen Lüftungsverhältnissen könnte - so die Sachverständige - vorstellbar sein, dass diese Stoffe entsprechende Beschwerden hervorrufen. Schließlich aber führt die Sachverständige nachvollziehbar aus, dass es auf das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegend gar nicht ankommt. Es mangelt bereits an den arbeitsmedizinischen Voraussetzungen. Denn gegen eine berufliche Verursachung der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden bronchialen Hyperreaktivität spricht, dass die von der Klägerin geschilderten Beschwerden für eine obstruktive Atemwegserkrankung untypisch sind. So klagte die Klägerin in erster Linie über Halsschmerzen und Schluckstörungen sowie Brustschmerzen, wohingegen Atemnot am Arbeitsplatz nie aufgetreten ist. Nur auf gezieltes Nachfragen durch die Sachverständige hat die Klägerin dann einen Hustenreiz während der Arbeit angegeben. Entsprechend der Angaben des Hausarztes F hat die Klägerin zunächst ebenfalls über Schwellungen und Kloßgefühl im Halsbereich sowie Druck in der Brust berichtet. Im Januar wurde dann ein Reizhusten angegeben, der bei schlechten Gerüchen durch Duft in der Luft ausgelöst wird. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits arbeitsunfähig erkrankt war und mit den Bedingungen am Arbeitsplatz nicht (mehr) konfrontiert war. Soweit dann nach drei Arbeitstagen unter dem 3. Februar 2011 dokumentiert ist, dass die Klägerin einen starken Druck im Hals (Wummern im Hals) empfunden hat, handelt es sich auch insoweit um untypische Beschwerden für das Vorliegen eines Asthma bronchiale. Typische Beschwerden für ein Asthma bronchiale sind Atemnot und Husten, nicht jedoch ein starker Druck im Hals bzw. ein Wummern. Schließlich spricht entsprechend der Feststellung der Sachverständigen K gegen eine berufliche Verursachung, dass auch nach jahrelanger Karenz keine wesentliche Besserung der Beschwerden eingetreten ist. Die Klägerin berichtet weiterhin über Brustschmerzen und gelegentlichen Reizhusten, sofern Kontakt zu chemischen Stoffen entsteht. Dies obwohl aktuell weder eine obstruktive Ventilationsstörung noch eine bronchiale Hyperreaktivität nachweisbar sind. Entsprechende Testungen während einer stationären Untersuchung unter Einfluss von pulmonaren Medikamenten und sodann nach 14-tägiger Abstinenz ohne jegliche Medikamenteneinnahme haben entsprechende normalbefundige Ergebnisse gebracht. Schließlich weist K darauf hin, dass auch die von der Klägerin angegebene fehlende Wirkung von Salbutamol DA beim Auftreten von Beschwerden gegen eine obstruktive Atemwegserkrankung im Sinne eines Asthma bronchiale spricht. Denn zur Definition des Asthma bronchiale gehört eine unter Anwendung eines kurzwirksamen Beta-II-Minimedikums (Bedarfsspray) vollständige Reversibilität einer eventuell bestehenden obstruktiven Ventilationsstörung, wie sie z.B. im Rahmen einer bronchialen Hyperreaktivität auf unspezifische inhalative Reize auftreten kann. Ein ent-sprechendes Besserungsverhalten zeigt sich bei der Klägerin indes gerade nicht. Insgesamt sprechen der dokumentierte Krankheitsverlauf und die von der Klägerin angegebenen Beschwerden für eine im November 2011 entstandene akute Pharyngitis und Bronchitis, nicht aber für ein Asthma bronchiale. Die entgegengesetzten Feststellungen des B überzeugen hin-gegen nicht. Unabhängig davon, dass seine Diagnosestellung nicht nachvollziehbar ist (vgl. hierzu bereits oben), sind auch die Ausführungen zum Ursachenzusammenhang nicht überzeugend. Hier ist zu beachten, dass B unter anderem von der angegebenen Besserung der Beschwerden in Expositionspausen und einem sofortigen Wiederauftreten nach Reexposition ausgegangen ist. Eben dies entspricht aber lediglich dem Vortrag der Klägerin, deckt sich aber nicht mit den ärztlichen Dokumentationen, insbesondere durch den behandelnden Allge-meinmediziner F (vgl. hierzu bereits oben). Soweit B seine Feststellungen auch damit begründete, dass die Einhaltung bzw. Unterschreitung von maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen bestimmter Schadstoffe die chemisch-irritative Reizung und die Entwicklung einer daraus resultierenden Überempfindlichkeit der Atemwege nicht ausschließe, da diese konzentrati-onsunabhängig sei, ist diese Aussage mit den Darlegungen der Sachverständigen K zu korrigieren. Im Gegensatz zu allergisierend wirkenden Stoffen ist die chemisch-irritative Wirkung von Schadstoffen durchaus konzentrationsabhängig. Diese Feststellung der Sachverständigen steht auch in Übereinstimmung mit dem Merkblatt zur BK Nr. 4302, wonach in jedem Einzelfall durchaus auf die Intensität und die Dauer der Einwirkung abzustellen ist. Zutreffend hat der B zwar auch darauf hingewiesen, dass auch ein langzeitiger und wiederkehrender Kontakt mit niedrig konzentrierten irritativ-toxisch wirkenden Substanzen zur Entwicklung einer chro-nisch obstruktiven Atemwegserkrankung führen kann. Dabei hat er jedoch nicht die konkrete berufliche Situation der Klägerin in Blick genommen. Vielmehr führt K hierzu nachvollziehbar aus, dass sich auch hieraus keine berufsbedingte Entwicklung einer BK ableiten lässt. Denn zwischen der Tätigkeitsaufnahme und dem Beginn der Beschwerden im Sommer 2010 liegen nur wenige Monate, wobei dabei zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin an verschiedenen Arbeitsplätzen tätig war, unter anderem auch da, wo sie den entsprechenden Schadstoffen nicht ausgesetzt war. Schließlich steht den Feststellungen des B entgegen, dass er eine vorherige völlige Beschwerdefreiheit der Klägerin angenommen hat. Entsprechend des Vorerkrankungsverzeichnisses, welches die gesetzliche Krankenversicherung der Klägerin übersandt hat, wurde bei der Klägerin bereits 2001 und 2002 eine akute Pharyngitis bzw. Tonsilitis dokumentiert. Diese Erkrankung ist durchaus mit den gleichen Beschwerden verbunden.
Endlich ist festzustellen, dass bei der Klägerin eine obstruktive Atemwegserkrankung nicht im Vollbeweis gesichert ist. Soweit im Februar 2011 eine bronchiale Hyperreaktivität gesichert wurde, ist sie nur zu diesem Zeitpunkt überhaupt nachweisbar und zudem ihre berufsbedingte Entstehung nicht wahrscheinlich. Darüber hinaus ist eine bronchiale Hyperreagibilität entsprechend des Merkblatts zur BK auch keine Krankheit im Sinne der BK Nr. 4302.
2. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen der BK Nr. 4302 ergibt sich für die Klägerin auch kein Anspruch auf Leistungen oder Maßnahmen nach § 3 BKV. Zum Zeitpunkt ihrer damaligen Anstellung bei der M bestand für die Klägerin nicht die Gefahr, dass eine BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4302 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) im Sinne einer durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachten obstruktiven Atemwegserkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich war oder sein kann. Im Weiteren begehrt sie Leistungen entsprechend § 3 BKV.
Die 1964 geborene Klägerin arbeitete von Oktober 2009 bis zum September 2011 bei der M als Operator/Anlagenfahrerin bei der Herstellung von Photovoltaikelementen. Mit Schreiben vom 11. Januar 2011 zeigte die gesetzliche Krankenversicherung der Klägerin gegenüber der Beklagten den Verdacht auf das Vorliegen einer BK aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit seit 18. November 2010 wegen einer akuten Pharyngitis an. Der behandelnde HNO-Arzt, L, äußerte gegenüber der Beklagten einen Verdacht auf allergische Reaktion bei Acrolein- und Crotonaldehydverseuchung am Arbeitsplatz. Er befundete eine Rachenentzündung, eine Rachenrötung sowie Schmerzen und diagnostizierte eine Rachenentzündung. L überwies die Klägerin an den Arbeitsmediziner M1. Dieser teilte der Beklagten gegenüber mit, dass die Hals- und Brustschmerzen sowie Schluckbeschwerden, die bei der Klägerin vorlägen, für eine Infektion der oberen Luftwege nicht typisch seien. Wegen des Verdachts einer chronischen Bronchitis sei eine Überweisung an einen Lungenfacharzt erfolgt. Der Lungenfacharzt T erstellte eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine BK aufgrund eines von ihm diagnostizierten Asthma bronchiale.
Der Präventionsdienst der Beklagten führte zur Arbeitsplatzexposition aus, dass in dem Unternehmen die Herstellung von Solarmodulen erfolge. Dabei würden als Substratträger Flachglasscheiben verwendet. Die Klägerin habe hierbei manuell auf einen Rollenförderer die Solarmodule aufzulegen sowie Speichereinheiten nachzufüllen. Hiervon ginge keine Gefährdung im Sinne der BK aus. In 10 bis 15 m Entfernung vom Arbeitsplatz der Klägerin werde ein Autoklav betrieben. Hier würden vorbereitete Substratträger (Flachglasscheiben) mit einer Zwischenfolie (Saflex) versehen und im Autoklaven nach einer definierten Temperaturkurve erhitzt. Aufgrund der physikalischen Eigenschaften der verwendeten Folie bildeten sich bei diesen Temperaturen Zersetzungsprodukte wie Kohlenmonoxid, Acrolein, Butyraldehyd, Buttersäure, Crotonaldehyd, 2-Ethylhexansäure sowie Diethylenglykol. Eine Raumluftbelastung an dem Arbeitsplatz der Klägerin durch die Zersetzungsprodukte beim Öffnen des Autoklaven werde offensichtlich nicht verhindert. Sowohl Acrolein als auch Crotonaldehyd, also Stoffe bezüglich derer laut ärztlicher Stellungnahme vom 24. Januar 2011 eine Allergie vorliege, würden durch die thermische Behandlung der Folie im Autoklaven freigesetzt und gelangten beim Öffnen in geringen Konzentrationen auch in die Raumluft am Arbeitsplatz der Klägerin. Damit sei aus technischer Sicht eine Einwirkung am Arbeitsplatz der Klägerin gegeben. Zur Abklärung der Expositionsverhältnisse sei eine Gefahrenstoffmessung durchgeführt worden. Hiernach habe die Konzentration aller gemessenen Gefahrenstoffe unterhalb der Bestimmungsgrenze gelegen (Bericht über die Messung von Gefahrenstoffen in der Luft in Arbeitsbereichen nach § 19 SGB VII). Die in den Anlagen Tabelle 2 zur BK Nr. 4302 aufgeführten Tätigkeit/Einwirkungskombinationen lägen nicht vor. Von der Gesetzlichen Krankenversicherung der Klägerin zog die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis bei und holte vom Pneumologen T einen weiteren Befundbericht ein.
Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 beantragte die Klägerin die Anerkennung einer BK nach Nr. 4302 und die Gewährung von Übergangsleistungen, Verletztengeld und einer Verletztenrente bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 vom Hundert (v.H.).
Mit seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 9. Juni 2011 führte R aus, dass sich bezüglich der BK Nr. 4302 die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen nicht eindeutig ergäben. Der Betriebsarzt des Unternehmens habe explizit darauf hingewiesen, dass weder Crotonaldehyd noch Acrolein verwendet werde bzw. es auch sehr unwahrscheinlich sei, dass dieses beim Verschweißen der Folien entstehe. So ließen sich derzeit auch keine arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung einer BK Nr. 4302 mit der erforderlichen Gewissheit erkennen. Im Übrigen passten die geschilderten Beschwerden gut in das Bild einer akuten Pharyngitis bzw. einer akuten Bronchitis. Dabei sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits vor ihrer Tätigkeit, nämlich laut Vorerkrankungsverzeichnis im April 2001, ebenfalls an einer akuten Pharyngitis erkrankt gewesen sei. Nicht nachzuvollziehen sei, warum die Klägerin angebe, dass die geklagten Beschwerden während der Arbeitsunfähigkeit völlig verschwänden. Vielmehr sei dem beigezogenen Bericht des Hausarztes F zu entnehmen, dass die Klägerin im Januar 2011 mehrmals über Halsschmerzen und Kloßgefühl im Hals sowie über Husten und Engegefühl im Brustkorb geklagte habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin jedoch arbeitsunfähig und gar nicht an der Arbeitsstelle gewesen. Die seitens der Klägerin vorgebrachten Beschwerden ließen sich nicht durch die berufliche inhalative Schadstoffbelastung erklären.
Mit Bescheid vom 1. September 2011 stellte die Beklagte fest, dass keine BK nach Nr. 4302 BKV vorliege und ein Anspruch auf Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien, dem Entstehen einer BK entgegen zu wirken, nicht gegeben sei. Entsprechend der Messergebnisse liege in allen Arbeitsbereichen (Autoklav, Abstapeln, Stellplatz) die Konzentration aller ge-messenen Gefahrenstoffe unterhalb der Bestimmungsgrenze. Eine Gefährdung entsprechend der BK liege deswegen nicht vor. Entsprechend der vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei die Klägerin bereits im Jahr 2001 an einer akuten Pharyngitis und zudem in den Jahren 2002 bis 2009, also vor Aufnahme der Tätigkeit bei der M, mehrfach wegen der oberen Atemwege erkrankt. Schließlich ergebe die Lungenfunktionstestung keine erkennbare Einschränkung. Eine obstruktive Atemwegserkrankung liege nicht vor.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass Absauganlagen am Autoklav erst eine Woche nach ihrer Erkrankung installiert worden seien. Die Klimaanlagen seien am Wochenende nicht in Betrieb gewesen, gleichwohl sie am Wochenende in einer zwölf Stunden Schicht habe arbeiten müssen. Bei der nun durchgeführten Arbeitsplatzmessung seien hingegen Absaug- sowie Klimaanlagen in Betrieb gewesen.
Die Beklagte beauftragte ihren Präventionsdienst erneut mit einer Einschätzung zur Arbeitsplatzexposition unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Absaugvorrichtung erst später installiert worden sei. Hieraufhin teilte der Präventionsdienst der Beklagten mit, dass man nach Rücksprache von führenden Mitarbeitern der M nicht bestätigen könne, dass erst eine Woche nach der Erkrankung der Klägerin Absauganlagen am Autoklaven installiert worden seien. Um beim Öffnen des Autoklaven eine Arbeitsraumluftbelastung an den Arbeitsplätzen durch thermische Zersetzungsprodukte zu verhindern, sei der Autoklaven-Innenraum jeweils vor dem Öffnen zweimal gespült worden. Nach den eingetretenen Erkrankungen der Klägerin sei betrieblich festgelegt worden, den Autoklaven-Innenraum vor dem Öffnen anstatt zweimal mindestens dreimal zu spülen. Zusätzliche Absauganlagen am Autoklaven seien nicht installiert worden, die Klimaanlage sei auch an Wochenenden im Betrieb gewesen. Auftretende Störungen seien umgehend von der Firma C, mit der ein Wartungsvertrag geschlossen worden sei, behoben worden.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2012 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 4302 lägen nicht vor. Da die Klägerin ihre Tätigkeit als Operator/Anlagefahrerin gefährdungsfrei fortsetzen könne und bei der jetzigen Tätigkeit keine Gefahr bestünde, dass eine BK nach Nr. 4302 entstehe, wieder auflebe oder sich verschlimmere, bestehe auch kein Anspruch auf Leistungen oder Maßnahmen nach § 3 BKV.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Der sodann vom Sozialgericht beauftragte B diagnostizierte mit seinem internistisch-pneumologischen Gutachten vom 17. April 2016 bei der Klägerin ein Asthma bronchiale auf Grundlage einer unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit infolge einer irritativ-toxischen Schädigung der Atemwege entwickelt habe. Die Klägerin habe keinerlei Vorerkrankungen und Beschwerden erst im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit gehabt. Expositionspausen zum Beispiel durch Arbeitsunfähigkeit hätten zu einer Besserung der Symptome geführt und nach einer Reexposition seien die geklagten Beschwerden wieder aufgetreten. Das sei typisch für eine Asthmaerkrankung. Eine eindeutige Sicherung einer obstruktiven Atemwegserkrankung durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe im Sinne einer BK Nr. 4302 sei nur durch eine Arbeitsplatzexposition mit Messung der Lungenfunktion am Arbeitsplatz möglich. Die Einhaltung bzw. Unterschreitung von maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen bestimmter Schadstoffe schließe die chemisch-irritative Reizung und die Entwicklung einer daraus resultierenden Überempfindlichkeit der Atemwege nicht aus, da diese konzentrationsunabhängig sei. Allein die bestehende Tatsache, dass die genannten Stoffe am Arbeitsplatz nachweisbar gewesen seien - insoweit verweist der Sachverständige auf den Messbericht in der Akte der Beklagte - mache die Verursachung der Erkrankung durch die beruflichen Kontakte mit den genannten Stoffen aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs der Exposition, der Besserung nach Wegfall der Exposition und der objektivierten Entwicklung der bronchialen Hyperreagibilität sehr wahrscheinlich. Als Zeitpunkt für den Beginn der BK sei der Oktober 2010 festzulegen, da zu diesem Zeitpunkt erstmals Symptome auftraten, die zum Aufsuchen eines Facharztes geführt hätten.
Ein Vergleichsvorschlag des Gerichts, wonach die BK Nr. 4302 anerkannt werde und gesetzlich zustehende Übergangsleistungen zu leisten seien, die Klage aber im Übrigen für erledigt erklärt werde, hat nur die Klägerin angenommen. Die Beklagte hingegen hat erneut ausgeführt, dass die arbeitstechnischen Anerkennungsvoraussetzungen nicht vorlägen. Unter Bezugnahme auf eine neuerliche eingeholte Stellungnahme des Präventionsdienstes sei davon auszugehen, dass bei dem Autoklavierprozess bei 145 °C und dem dabei entstehenden hohen Druck eine Zersetzung des Kunststoffes nicht stattfinde. Entsprechend werde auch nicht Kohlenmonoxid, Acrolein, Butyraldehyd, Buttersäure, Crotonaldehyd, 2-Ethylhexansäure und Diethylenglykol freigesetzt. Der Messbericht habe ergeben, dass Acrylaldehyd (=Acrolein), Butyraldehyd, Buttersäure und Diethylenglykol nicht nachzuweisen seien. Die hinter dem "(" angegebene Konzentrationen stellten lediglich die analytische Bestimmungsgrenze dar, nicht jedoch die gemessene Konzentration. Entsprechend habe eine Exposition gegenüber Stoffen im Sinne der BK Nr. 4302 nicht bestanden. Im Übrigen deuteten auch die medizinischen Befunde auf eine akute Pharyngitis bzw. akute Bronchitis hin, welche nicht unter die Krankheitsbilder der BK fielen. Auch aufgrund des zeitlichen Verlaufs der Erkrankung ließen sich die Atembeschwerden der Klägerin nicht durch die berufliche Tätigkeit erklären. Bereits in den Jahren 2001 bzw. 2002 bis 2009 seien mehrfache Erkrankungen der oberen Atemwege bzw. eine akute Pharyngitis festzustellen.
Mit Urteil vom 30. August 2016 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 1. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 aufgehoben und festgestellt, dass bei der Klägerin eine BK nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV vorliege. Die Beklagte wurde verurteilt, der Klägerin Übergangsleistungen nach § 3 BKV zu gewähren, im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Von einer obstruktiven Atemwegserkrankung sei auszugehen. Dies lasse sich den überzeugenden Ausführungen des internistisch-pneumologischen Gutachtens sowie den einschlägigen Befundberichten entnehmen. Die geklagten Gesundheitsbeschwerden korrelierten im Wesentlichen auch mit dem Beginn der gesundheitsbelastenden Tätigkeit. Es sei eine Allergie gegenüber Acrolein und Crotonaldehyd diagnostiziert und die Diagnose einer deutlichen bronchialen Hyperreagibilität (Asthma bronchiale) gestellt worden. Auffällig sei, dass während der Arbeitsunfähigkeit bis Januar 2011 eine Besserung der Beschwerden eingetreten sei. Eine Verschlimmerung sei bei erneuter Arbeitsaufnahme festzustellen. Zu beachten sei, dass zur Entwicklung einer obstruktiven Ventilationsstörung in Folge des Einwirkens irritativ-toxischer Substanzen nicht zwangsläufig Grenzwertüberschreitungen vorgelegen haben müssten. Auch langzeitiger und wiederkehrender Kontakt mit niedrig konzentrierten irritativ-toxischen Substanzen könne zur Entwicklung der Krankheit führen. Der Beginn der Erkrankung sei mit Oktober 2010 anzunehmen, da zu diesem Zeitpunkt erstmals ein Facharzt aufgesucht worden sei. Da die Klägerin die gefährdende Tätigkeit zwischenzeitlich aufgegeben habe, habe sie dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung von Übergangsleistungen. Über diese Übergangsleistungen habe die Beklagte ermes-sensfehlerfrei zu befinden. Da die Klägerin berufskrankheitenbedingt keiner Erwerbsminderung unterliege, habe sie keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld und Verletztenrente.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, dass die Anerkennung einer BK bereits an den arbeitstechnischen Anerkennungsvoraussetzungen scheitere. Es habe keine berufliche Einwirkung gegenüber chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stof-fen vorgelegen. Insoweit werde Bezug genommen auf die Messberichte die einen entspre-chenden Nachweis von solchen Stoffen nicht erbracht habe. Schließlich sei auch davon auszugehen, dass die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen nicht vorlägen, da von einer akuten Pharyngitis bzw. akuten Bronchitis auszugehen sei, die nicht unter die BK nach Nr. 4302 falle. Letztlich sei zu beachten, dass der Sachverständige B die ergänzenden Klarstellungen des Präventionsdienstes zur Exposition gar nicht zur Kenntnis erhielt und insoweit auch nicht berücksichtigen konnte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 30. August 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen und des Sozialgerichts der Auffassung, dass die Berufung der Beklagten nicht begründet ist. Im Übrigen hat die Klägerin ergänzend dargelegt, dass der Autoklave auch von ihr ohne Schutzmaske geöffnet worden sei. Auch sei die Luft in der Produktionshalle sehr schlecht gewesen. An dem Tag der angemeldeten Schadstoffmessung sei die Klimaanlage zum ersten und einzigen Mal während ihrer dortigen Tätigkeit "auf 100 % gelaufen". Für sie und auch die anderen Kollegen habe sich eine spürbar, sehr gute Qualität der Luft im Gegensatz zu den anderen Arbeitstagen ergeben. An diesem Tag habe sie auch keine Beschwerden gehabt.
Der Senat hat den Sachverständigen B im Hinblick auf die ergänzenden Ausführungen der Beklagten zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen (Schriftsatz der Beklagten vom 16. August 2016 nebst Anlage) mit einer ergänzenden Stellungnahme beauftragt. Hieraufhin hat der Sachverständige B mitgeteilt (Schreiben vom 8. August 2018), dass mit dem weiteren Vortrag der Klägerin möglicherweise davon auszugehen sei, dass betrieblich optimierte Umgebungsbedingungen geschaffen worden seien. Dies sei abzuklären, denn dann seien die betrieblichen Messergebnisse nur eingeschränkt verwertbar. Im Hinblick darauf, dass es zu keiner Freisetzung entsprechender Stoffe gekommen sei, sei zu berücksichtigen, dass die Arbeitstemperatur im Autoklaven einerseits mit 145 °C, welche zu keiner Freisetzung von Schadstoffen führen würde, angegeben werde, andererseits aber auch eine Arbeitsplatztemperatur von 200 °C protokolliert worden sei. Mit weiterem Schreiben (vom 26. Juli 2019) hat der Sachverständige ausgeführt, dass laut Messbericht darauf hingewiesen worden sei, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass neben den gemessenen auch weitere Gefahrenstoffe im Ar-beitsbereich aufgetreten seien. Es sei lediglich bezüglich Acrylaldehyd, Butyraldehyd, Buttersäure, Diethylenglykol festgestellt worden, dass diese Messwerte unterhalb der Nachweisgrenze gewesen seien. Bezüglich der Frage nach dem Vorliegen einer akuten Pharyngitis bzw. Bronchitis als Diagnose, die nicht unter die BK falle, könne festgestellt werden, dass vom behandelnden Lungenfacharzt am 22. März 2011 ein Asthma bronchiale diagnostiziert worden sei.
Der Senat hat hinsichtlich der Arbeitsbedingungen die von der Klägerin benannten Kolleginnen und Kollegen sowie die ehemalige Produktionsleiterin der M, W, und den damaligen Geschäftsführer, W1, sowie N, der mit der Wartung der Klimageräte und Absaugvorrichtung befasst war, schriftlich befragt.
Im Weiteren hat die Beklagte vom Präventionsdienst Stellungnahmen zu dem Vortrag der Klägerin bezüglich des Vorhandenseins von Absaugeinrichtungen bzw. einer Klimaanlage und deren Funktionstüchtigkeit eingeholt. Die ehemalige Produktionsleiterin W und der damalige Geschäftsführer W1 teilten mit, dass ihnen keine weiteren Unterlagen vorlägen. Auch Nachweise für den Zeitpunkt der Einbauten von Klima- und Absauganlagen lägen nicht mehr vor. Die M habe ihre operativen Tätigkeiten zum Ende 2014 eingestellt. Der mit der Wartung der Anlagen betraute N führte aus, dass alle Klimageräte und Absaugvorrichtungen im September 2009 fertig gestellt und in Betrieb genommen worden seien. Es sei ihm jedoch bekannt, dass es eine Fehlfunktion des sogenannten Autoklaven gegeben habe. Die über Dach führende Absaugung des Behälters nach Prozessende sei nicht aktiv bzw. fehlerhaft gewesen.
Sodann hat der Senat K mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dabei hat der Senat darauf hingewiesen, dass das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegend ungeklärt sei. Insofern wurde die Sachverständige beauftragt, deutlich zu machen, ob es bei ihrer Einschätzung überhaupt auf die arbeitstechnischen Voraussetzungen ankomme. Sollte dies der Fall sein, wurde ihr aufgegeben, jeweils darzulegen, welche Folgerungen sich unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin einerseits und unter Berücksichtigung der Feststellungen des Präventionsdienstes andererseits ergäben. Die Sachverständige hat die Klägerin zunächst vom 22. Januar bis 24. Januar 2020 stationär und zusätzlich am 6. Februar 2020 ambulant untersucht. Mit ihrem Sachverständigengutachten vom 8. Juni 2020 hat K eine chronische Pharyngitis diagnostiziert. Zudem gebe es einen einmaligen Nachweis einer bronchialen Hyperreaktivität am 24. Februar 2011 - möglicherweise infektbedingt. Die Laboruntersuchung ergebe keine Hinweise für eine akute oder chronische Entzündungsreaktion. Die Röntgen-Thorax-Übersichtsaufnahmen ergäben einen unauffälligen Herz- und Lungenbefund. Die Lungenfunktionsanalysen zeigten unter inhalativer Therapie mit einem Kortikoid sowie auch nach 14-tägiger Therapiepause keine Ventilationsstörung. Auch nach der zweiwöchigen Pause der inhalativen Kortikoidtherapie ließe sich keine bronchiale Hyperreaktivität nachweisen. Eine Gasaustauschstörung in Ruhe oder unter Belastung bestünde nicht. Die Spiroergometrie ergebe eine altersentsprechend sehr gute Leistungsfähigkeit, die nicht kardial oder pulmonal limitiert sei. Der Wert des ausgeatmeten Stickstoffmonoxids liege im Normbereich und weise nicht auf eine eosinophile Entzündung in den Bronchien hin. Die allergologischen Untersuchungen ergäben keine Hinweise für eine atopische Diathese und keine Typ-I-Sensibilisierung gegenüber ubiquitären Umweltallergenen. Insgesamt ergebe sich schließlich, dass bei der Klägerin aktuell keine obstruktive Atemwegserkrankung vorliege. Eine bronchiale Hyperreaktivität ließe sich trotz entsprechend angegebener Beschwerden durch die Klägerin nicht nachweisen. Einmalig sei bei der lungenfachärztlichen Untersuchung am 24. Februar 2011 bei T eine geringgradige bronchiale Hyperreaktivität diagnostiziert und daraus auf das Vorliegen eines Asthma bronchiale geschlossen wurden. Weitere Befunde zur Bestätigung dieser Diagnose lägen nicht vor; die übrigen durchgeführten Lungenfunktionsanalysen seien sämtlich unauffällig. Auch unter der Annahme einer relevanten beruflichen Exposition gegenüber chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ließe sich keine BK nach Nr. 4302 der BKV annehmen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegeben haben.
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Bescheid vom 1. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat weder einen Anspruch auf Feststellung der begehrten BK (hierzu 1.) noch einen Anspruch auf Leistungen nach § 3 BKV (hierzu 2.).
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung der BK Nr. 4302 der Anlage 1 BKV. Nach § 9 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer in den §§ 2, 3 und 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet. Nach § 1 der BKV sind Berufskrankheiten die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten (sogenanntes Listenprinzip). Für die Feststellung einer Listen-BK ist erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 11/14 R, nach Juris). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen so stark überwiegen, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, nach Juris). Sofern die notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht von demjenigen, der sie geltend macht, mit dem von der Rechtsprechung geforderten Grad nachgewiesen werden, hat er die Folgen der Beweislast dergestalt zu tragen, dass dann der entsprechende Anspruch entfällt.
Nach der Anmerkung zum Merkblatt zur BK Nr. 4302 (Bekanntmachung des BMA vom 10. Juli 1979 im Bundesarbeitsblatt 7/8/1979 abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Kommentar, M 4302, Stand Mai 2013) sind Krankheitsbilder der BK Nr. 4302 ein Asthma bronchiale, ein Reaktive Airways Dysfunction Syndrome (Unterform des nichtallergischen Asthma bronchiale), eine chronisch-obstruktive Bronchitis sowie ein Lungenemphysem. Der Senat geht nach den bereits oben erfolgten Ausführungen zur Erforderlichkeit des Vollbeweises einer entsprechenden Erkrankung davon aus, dass bei der Klägerin aktuell keine entsprechende obstruktive Atemwegserkrankung vorliegt. Vielmehr ist mit den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen K von einer chronischen Pharyngitis auszugehen, die jedoch nicht von der BK Nr. 4302 erfasst ist. Dem steht nicht entgegen, dass der Sachverständige B mit seinem Sachverständigengutachten ein Asthma bronchiale als Diagnose führt. Einerseits hat B selbst angeführt, dass eine eindeutige Sicherung einer obstruktiven Atemwegserkrankung durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe im Sinne einer BK Nr. 4302 nur durch eine Arbeitsplatzexposition mit Messung der Lungenfunktion am Arbeitsplatz möglich sei, die er aber nicht durchgeführt hat. Damit geht B selbst nicht davon aus, dass die obstruktive Atemwegserkrankung erwiesen ist. Zum anderen aber hat B auf ausdrückliche Nachfrage des Senats zur Diagnosesicherung lediglich ausgeführt, dass durch den Lungenfacharzt am 22. März 2011 ein Asthma bronchiale diagnostiziert worden sei. Insoweit machte B deutlich, dass er diese Diagnose nicht selbst gesichert, sondern schlicht übernommen hat. Auch sonst findet sich in seinem Gutachten keine Herleitung bzw. Abwägung zur Diagnosestellung. Insoweit ist ein Asthma bronchiale im Vollbeweis auch nach B nicht gegeben.
K hingegen hat darauf hingewiesen, dass T am 24. Februar 2011 eine geringgradige bronchiale Hyperreaktivität diagnostiziert und daraus auf das Vorliegen eines Asthma bronchiale geschlossen hat. Wie K zutreffend weiter ausführt, liegen weitere Befunde zur Bestätigung dieser Diagnose nicht vor. Stattdessen sind die übrigen durchgeführten Lungenfunktionsanalysen unauffällig. Soweit bezüglich der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden bronchialen Hyperreaktivität, die als Teil der medizinischen Dimension eines Asthma bronchiale zu werten ist, eine BK angenommen wurde, führt die Sachverständige anschaulich aus, dass eine berufliche Verursachung nicht wahrscheinlich ist. Insoweit legt J zunächst dar, dass für eine berufliche Verursachung der von der Klägerin angegebene zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und der Arbeitstätigkeit spricht. So seien die Beschwerden erstmals am Arbeitsplatz aufgetreten und hätten sich anfangs nach Feierabend gebessert und auch während der Arbeitsunfähigkeit sei eine Besserung eingetreten. Zu erneuten Beschwerden sei es am 1. Arbeitstag nach Ende der Arbeitsunfähigkeit gekommen. Hierbei ist jedoch zu berück-sichtigen, was J und zuvor bereits R herausgestellt haben, dass nach den Angaben des Hausarztes F auch während der Zeiten der Arbeitsunfähigkeit im Januar 2011 eindeutige Beschwerden (Hals dick, Gefühl Kloß im Hals, Druck in der Brust, Engegefühl, anhaltender Husten - Auslösung durch Duft in der Luft, teilweise Brustschmerzen) dokumentiert sind - mithin also Beschwerden auch ohne unmittelbaren Kontakt zum Arbeitsplatz auftraten. Sodann weist die Sachverständige zutreffend darauf hin, dass das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht abschließend geklärt werden kann. Die genauen Arbeitsplatzbedingungen sind unklar und es bleibt offen, ob es tatsächlich zur Freisetzung entsprechender Stoffe gekommen ist - jedenfalls sind Stoffe wie Cotonaldehyd und Acrolein in der Gefahrstoffdatenbank als reizend für die Atemwege gekennzeichnet. Unter ungünstigen Lüftungsverhältnissen könnte - so die Sachverständige - vorstellbar sein, dass diese Stoffe entsprechende Beschwerden hervorrufen. Schließlich aber führt die Sachverständige nachvollziehbar aus, dass es auf das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegend gar nicht ankommt. Es mangelt bereits an den arbeitsmedizinischen Voraussetzungen. Denn gegen eine berufliche Verursachung der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden bronchialen Hyperreaktivität spricht, dass die von der Klägerin geschilderten Beschwerden für eine obstruktive Atemwegserkrankung untypisch sind. So klagte die Klägerin in erster Linie über Halsschmerzen und Schluckstörungen sowie Brustschmerzen, wohingegen Atemnot am Arbeitsplatz nie aufgetreten ist. Nur auf gezieltes Nachfragen durch die Sachverständige hat die Klägerin dann einen Hustenreiz während der Arbeit angegeben. Entsprechend der Angaben des Hausarztes F hat die Klägerin zunächst ebenfalls über Schwellungen und Kloßgefühl im Halsbereich sowie Druck in der Brust berichtet. Im Januar wurde dann ein Reizhusten angegeben, der bei schlechten Gerüchen durch Duft in der Luft ausgelöst wird. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits arbeitsunfähig erkrankt war und mit den Bedingungen am Arbeitsplatz nicht (mehr) konfrontiert war. Soweit dann nach drei Arbeitstagen unter dem 3. Februar 2011 dokumentiert ist, dass die Klägerin einen starken Druck im Hals (Wummern im Hals) empfunden hat, handelt es sich auch insoweit um untypische Beschwerden für das Vorliegen eines Asthma bronchiale. Typische Beschwerden für ein Asthma bronchiale sind Atemnot und Husten, nicht jedoch ein starker Druck im Hals bzw. ein Wummern. Schließlich spricht entsprechend der Feststellung der Sachverständigen K gegen eine berufliche Verursachung, dass auch nach jahrelanger Karenz keine wesentliche Besserung der Beschwerden eingetreten ist. Die Klägerin berichtet weiterhin über Brustschmerzen und gelegentlichen Reizhusten, sofern Kontakt zu chemischen Stoffen entsteht. Dies obwohl aktuell weder eine obstruktive Ventilationsstörung noch eine bronchiale Hyperreaktivität nachweisbar sind. Entsprechende Testungen während einer stationären Untersuchung unter Einfluss von pulmonaren Medikamenten und sodann nach 14-tägiger Abstinenz ohne jegliche Medikamenteneinnahme haben entsprechende normalbefundige Ergebnisse gebracht. Schließlich weist K darauf hin, dass auch die von der Klägerin angegebene fehlende Wirkung von Salbutamol DA beim Auftreten von Beschwerden gegen eine obstruktive Atemwegserkrankung im Sinne eines Asthma bronchiale spricht. Denn zur Definition des Asthma bronchiale gehört eine unter Anwendung eines kurzwirksamen Beta-II-Minimedikums (Bedarfsspray) vollständige Reversibilität einer eventuell bestehenden obstruktiven Ventilationsstörung, wie sie z.B. im Rahmen einer bronchialen Hyperreaktivität auf unspezifische inhalative Reize auftreten kann. Ein ent-sprechendes Besserungsverhalten zeigt sich bei der Klägerin indes gerade nicht. Insgesamt sprechen der dokumentierte Krankheitsverlauf und die von der Klägerin angegebenen Beschwerden für eine im November 2011 entstandene akute Pharyngitis und Bronchitis, nicht aber für ein Asthma bronchiale. Die entgegengesetzten Feststellungen des B überzeugen hin-gegen nicht. Unabhängig davon, dass seine Diagnosestellung nicht nachvollziehbar ist (vgl. hierzu bereits oben), sind auch die Ausführungen zum Ursachenzusammenhang nicht überzeugend. Hier ist zu beachten, dass B unter anderem von der angegebenen Besserung der Beschwerden in Expositionspausen und einem sofortigen Wiederauftreten nach Reexposition ausgegangen ist. Eben dies entspricht aber lediglich dem Vortrag der Klägerin, deckt sich aber nicht mit den ärztlichen Dokumentationen, insbesondere durch den behandelnden Allge-meinmediziner F (vgl. hierzu bereits oben). Soweit B seine Feststellungen auch damit begründete, dass die Einhaltung bzw. Unterschreitung von maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen bestimmter Schadstoffe die chemisch-irritative Reizung und die Entwicklung einer daraus resultierenden Überempfindlichkeit der Atemwege nicht ausschließe, da diese konzentrati-onsunabhängig sei, ist diese Aussage mit den Darlegungen der Sachverständigen K zu korrigieren. Im Gegensatz zu allergisierend wirkenden Stoffen ist die chemisch-irritative Wirkung von Schadstoffen durchaus konzentrationsabhängig. Diese Feststellung der Sachverständigen steht auch in Übereinstimmung mit dem Merkblatt zur BK Nr. 4302, wonach in jedem Einzelfall durchaus auf die Intensität und die Dauer der Einwirkung abzustellen ist. Zutreffend hat der B zwar auch darauf hingewiesen, dass auch ein langzeitiger und wiederkehrender Kontakt mit niedrig konzentrierten irritativ-toxisch wirkenden Substanzen zur Entwicklung einer chro-nisch obstruktiven Atemwegserkrankung führen kann. Dabei hat er jedoch nicht die konkrete berufliche Situation der Klägerin in Blick genommen. Vielmehr führt K hierzu nachvollziehbar aus, dass sich auch hieraus keine berufsbedingte Entwicklung einer BK ableiten lässt. Denn zwischen der Tätigkeitsaufnahme und dem Beginn der Beschwerden im Sommer 2010 liegen nur wenige Monate, wobei dabei zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin an verschiedenen Arbeitsplätzen tätig war, unter anderem auch da, wo sie den entsprechenden Schadstoffen nicht ausgesetzt war. Schließlich steht den Feststellungen des B entgegen, dass er eine vorherige völlige Beschwerdefreiheit der Klägerin angenommen hat. Entsprechend des Vorerkrankungsverzeichnisses, welches die gesetzliche Krankenversicherung der Klägerin übersandt hat, wurde bei der Klägerin bereits 2001 und 2002 eine akute Pharyngitis bzw. Tonsilitis dokumentiert. Diese Erkrankung ist durchaus mit den gleichen Beschwerden verbunden.
Endlich ist festzustellen, dass bei der Klägerin eine obstruktive Atemwegserkrankung nicht im Vollbeweis gesichert ist. Soweit im Februar 2011 eine bronchiale Hyperreaktivität gesichert wurde, ist sie nur zu diesem Zeitpunkt überhaupt nachweisbar und zudem ihre berufsbedingte Entstehung nicht wahrscheinlich. Darüber hinaus ist eine bronchiale Hyperreagibilität entsprechend des Merkblatts zur BK auch keine Krankheit im Sinne der BK Nr. 4302.
2. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen der BK Nr. 4302 ergibt sich für die Klägerin auch kein Anspruch auf Leistungen oder Maßnahmen nach § 3 BKV. Zum Zeitpunkt ihrer damaligen Anstellung bei der M bestand für die Klägerin nicht die Gefahr, dass eine BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FST
Saved