Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 4 RJ 258/98
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 RJ 48/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Januar 2001 wird zurückgewiesen. 2. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2003 wird abgewiesen. 3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Regelaltersrente unter Anerkennung von Beitrags-/Beschäftigungszeiten und unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen.
Der am XX.XXXX 1918 in Eger, Ungarn, geborene Kläger wanderte 1950 in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) aus, deren Staatsangehörigkeit er seit 1955 besitzt. Ihm wurde wegen Schadens an Körper oder Gesundheit und an Freiheit eine Entschädigung aufgrund des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG -) zuerkannt.
Am 26. September 1995 beantragte er unter Hinweis auf das Zusatzabkommen zum deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommen (USA-SVA) Altersruhegeld bzw. Altersrente unter Anerkennung der in den Vertreibungsgebieten zurückgelegten Versicherungszeiten gemäß §§ 17, 17 a Fremdrentengesetz (FRG) und unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen. Er sei Verfolgter im Sinne der §§ 1 ff. BEG und erfülle zugleich die Anspruchsvoraussetzungen nach § 17 a FRG. Zu den Ausbildungszeiten gab er an, am 24. Juni 1932 aus der elementaren Bürgerschule entlassen worden zu sein, danach habe er eine Anlernzeit als Zuckerbäcker bis zum Jahre 1933 absolviert und gleichzeitig die Abendschule für Konditorei besucht, die er am 26. Juni 1933 mit der Abschlussprüfung verlassen habe. Er sei von 1932 bis 1933 in der B. Bäckerei und Konditorei in Eger, Ungarn, beschäftigt gewesen. Von 1933 bis 1942 sei er in derselben Bäckerei angestellt gewesen. Der Arbeitgeber sei kein Verwandter gewesen. Er habe Tariflohn erhalten. Sozialversicherungsbeiträge seien an die staatliche Versicherung bzw. die zuständige Krankenkasse abgeführt worden. Anschließend sei er bis 1945 im Getto gewesen, um dann von 1945 bis 1947 wieder in Eger in einer Bäckerei zu arbeiten, und zwar als Bäckermeister. Danach habe er sich bis 1949 in einem Lager für Displaced Persons in Österreich aufgehalten.
Nach Abgabe des Antrags an die Beklagte ermittelte diese bei der Heimatauskunftsstelle Ungarn, dass die Stadt Eger im Jahre 1930 30.424 Einwohner hatte. 158 hiervon hatten Deutsch als Muttersprache gesprochen.
In der von der Beklagten beigezogenen Entschädigungsakte des Klägers findet sich ein durch den Arzt Dr. B1 für das Deutsche Generalkonsulat in New York erstattetes nervenfachärztliches Gutachten vom 4. August 1967. Dort heißt es zur Vorgeschichte, der Antragsteller sei als Sohn eines Bäckers geboren, habe bis zu seinem 19. Lebensjahr die jüdische Schule besucht und dann anschließend bei seinem Vater in der Bäckerei gearbeitet. Seine Heimat sei im März 1944 von den Deutschen besetzt worden. Er selbst sei jedoch im Jahre 1942 in das ungarische Arbeitslager Miskolc, im April 1944 in das Getto Eger gekommen, von wo er zunächst in das Konzentrationslager Auschwitz und anschließend nach Dachau verbracht worden sei. Er sei schließlich im Mai 1945 in Theresienstadt von den Russen befreit worden. Danach habe er sich in seine Heimat begeben. 1946 habe er in Eger geheiratet. In einem weiteren bei der Entschädigungsakte befindlichen ärztlichen Gutachten des Dr. W. P. aus New York heißt es zum Beruf des Klägers: "Tätigkeit in der Bäckerei des Vaters" und zur Vorgeschichte: "Der Antragsteller besuchte die Volksschule und eine kurze Zeit auch eine theologische Schule. Danach war er bis 1942 in der Bäckerei seines Vaters tätig." Auf Blatt 4 dieses Gutachten findet sich die Unterschrift des Klägers mit dem Zusatz "für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben".
Die Beklagte ließ den Kläger durch das deutsche Generalkonsulat in New York am 20. Juni 1997 zur Feststellung seiner Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis anhören. In dem Bericht des Generalkonsulats heißt es, der Versicherte spreche gebrochen Deutsch. Er habe seit dem 6. April 1941 kaum noch Gelegenheit gehabt, Deutsch zu sprechen. Er habe Deutsch als Fremdsprache gelernt. Er lese Deutsch mit großer Mühe. Zusammenfassend heißt es, es sei der Eindruck entstanden, dass er etwas Deutsch in Wort und weniger in Schrift beherrsche und dies darauf zurückzuführen sei, dass er sich zum fraglichen Zeitpunkt überwiegend des Ungarischen bedient habe.
Der Kläger brachte schriftliche Zeugenaussagen des L. K. und seines Bruders H. K. bei, in denen seine im Rentenverfahren gemachten Angaben zur Tätigkeit bei der B. Bäckerei und zur Verwendung der deutschen Sprache bestätigt wurden.
Mit Bescheid vom 28. Juli 1997 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersrente, auf Anerkennung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach § 17 a FRG und auf Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen im Rahmen des 2. Zusatzabkommens zum USA-SVA ab. Die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Der Kläger habe zu dem Zeitpunkt, in dem sich der nationalsozialistische Einflussbereich auf sein Heimatgebiet erstreckt habe, was im Frühjahr 1941 der Fall gewesen sei, nicht zum deutschen Sprach- und Kulturkreis gehört. Er habe nicht die deutsche Sprache in seinem persönlichen Lebensbereich ausschließlich oder zumindest überwiegend verwendet. Dies folge aus dem Ergebnis der sprachlichen Überprüfung durch das deutsche Generalkonsulat in New York.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und fügte diesem schriftliche Zeugenaussagen der R. F. und der J. F., geborene K., bei. Letztgenannte, die jüngere Schwester des Klägers, bestätigt darin, dass im Elternhaus nur Deutsch gesprochen worden sei und dass er ihr deutschsprachige Märchenbücher geschenkt habe. Auch die Zeugin R. F. bestätigte, dass im Elternhaus des Versicherten nur Deutsch gesprochen worden sei.
Auf Anfrage der Beklagten teilte der Träger der ungarischen Rentenversicherung im Dezember 1997 u.a. mit, dass die Original-Akten und -Register der Versicherten im Alter von über 70 Jahren bereits aussortiert und vernichtet worden seien. Man sei deshalb nicht in der Lage, irgendwelche Bescheinigungen ausstellen zu können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Bescheid wurde als eingeschriebener Brief am 26. Februar 1998 zur Post gegeben. Der Kläger hat am 9. März 1998 Klage erhoben, mit der er sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Die auf einer im Juni 1997 durchgeführten Sprachprüfung beruhende Annahme der Beklagten, er habe am 6. April 1941 nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört, sei unzutreffend. Dazwischen lägen 56 Jahre. Die Feststellung, dass angeblich außerhalb seines Elternhauses wenig Deutsch gesprochen worden sei, sei zudem spekulativ. In seinem Elternhaus sei die deutsche Sprache stets als Umgangssprache gebraucht worden. Sowohl Vater als auch Mutter hätten Deutsch als Muttersprache gesprochen. Die Mutter habe sogar nur die deutsche Sprache beherrscht. Nicht unerwähnt bleiben könne auch, dass die Ehefrau des Klägers von der Beklagten als zum deutschen Sprach- und Kulturkreis zugehörig anerkannt worden sei. Von Beweiswert seien insofern auch die bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Zeugenerklärungen der Rose und J. F ...
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 25. Januar 2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Kläger dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehöre. Diese Auffassung werde durch die Akte der Ehefrau des Klägers gestützt, die ihrerseits 65-jährig die Sprachprüfung bestanden habe. Das negative Ergebnis der Sprachprüfung bei dem Kläger könne durch die Zeugenerklärungen der Schwestern Friedman nicht verdrängt werden.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 2. Mai 2001 zugestellte Urteil am 17. Mai 2001 Berufung eingelegt. Er macht geltend, seine Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis werde schon dadurch belegt, dass er eine Frau geheiratet habe, die zu eben diesem Sprach- und Kulturkreis gehöre.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2003 hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Altersrente nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto abgelehnt. Der Kläger könne in dem geltend gemachten Zeitraum von April bis Mai 1944 einer Beschäftigung in einem Ghetto in Eger nicht nachgegangen sein, weil es in diesem Ort ein Ghetto nicht gegeben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Januar 2001, den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Regelaltersrente unter Anerkennung von Beitrags-/ Beschäftigungszeiten von Mai 1934 bis Dezember 1942 sowie April bis Mai 1944 und unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Januar 2001 zurückzuweisen,
2. die Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 2003 abzuweisen.
Sie verteidigt ihre Bescheide und das angefochtene Urteil. Ungeachtet der Zeugenaussagen bestünden an der Zugehörigkeit des Klägers zum deutschen Sprach- und Kulturkreis erhebliche Zweifel. Neben der Sprachprüfung sei weiter zu berücksichtigen, dass nach den Angaben des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes als hauptsächlich von dem Kläger verwendete Sprache " Jewish-hungarian" aufgeführt worden sei. Die Volkszählung in Eger/Ungarn habe für das Jahr 1941 nur für 72 von 32.482 Einwohnern als Muttersprache "Deutsch" erbracht. An den Schulen sei Deutsch nur als Fremdsprache gelehrt worden. Das Ergebnis der Sprachprüfung sowie Struktur- bzw. Sprachverhältnisse am früheren Wohnort sprächen gegen eine Zugehörigkeit des Klägers zum deutschen Sprach- und Kulturkreis. Beitragszeiten in Ungarn könnten überdies ohnehin nicht anerkannt werden, weil diese weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Eine Bestätigung des ungarischen Versicherungsträgers liege nicht vor und hinreichend präzise Zeugenerklärungen mit glaubhaften und nachvollziehbaren Aussagen zu einer Beitragseinrichtung hätten nicht beigebracht werden können.
Im Berufungsverfahren sind J. F., geborene K., die Schwester des Klägers, sowie R. F. und L. K. im Wege der Rechtshilfe durch das deutsche Generalkonsulat in New York vernommen worden. Auf die bei der Gerichtsakte befindlichen Vernehmungsprotokolle (Blatt 90 ff. betreffend J., geborene K.; Blatt 97 ff. betreffend R. F., geborene P., und Blatt 102 ff. betreffend L. K.) wird ergänzend Bezug genommen. Im Berufungsverfahren ist ferner eine Auskunft des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes eingeholt worden. Darin heißt es, dass auf den dort vorliegenden Nachkriegsunterlagen für den Kläger vermerkt ist:
"Principal Languages spoken: Jewish-hungarian"
Schließlich hat sich im Berufungsverfahren erneut die um Auskunft gebetene Heimatauskunftsstelle für Ungarn geäußert und hinsichtlich der Volkszählung 1941 in E. ausgeführt, es hätten dort insgesamt 32.482 Menschen gelebt, von denen 72 Deutsch als Muttersprache gesprochen hätten. Es habe bis zum Jahre 1944 in Budapest eine reichsdeutsche Schule gegeben. In anderen Städten und Gemeinden habe es keine deutschen Schulen gegeben, Deutsch sei nur als Fremdsprache gelehrt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung vom 2. März 2004 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Gerichts gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage gegen den nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordenen Bescheid vom 16. Juli 2003 ist ebenfalls nicht begründet. Der Kläger kann die begehrte Rente nicht � auch nicht unter Zulassung zur Nachentrichtung � beanspruchen.
Auf den Rechtsstreit finden die am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Vorschriften des Sozialgesetzbuch � Sechstes Buch � Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) über die Regelaltersrente und nicht diejenigen der Reichsversicherungsordnung über das Altersruhegeld Anwendung, weil der Kläger seinen Anspruch erst nach Ablauf von mehr als drei Monaten nach Aufhebung der für das Altersruhegeld geltenden Vorschriften der RVO bei der Beklagten geltend gemacht hat (§ 300 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI).
1. Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren rentenrechtlicher Zeiten (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) erfüllt haben. Für Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika reicht nach Art. 7 Abs. 2 USA-SVA i.d.F. des Zusatzabkommens vom 2. Oktober 1986 (BGBl. 1988 II, S. 83) und des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995 (BGBl. 1996 II, S. 302) eine Mindestversicherungszeit nach deutschen Rechtsvorschriften von 18 Monaten aus. Für den Kläger sind keine Versicherungszeiten auf die Wartezeit anzurechnen. Er ist in der deutschen Rentenversicherung nicht versichert gewesen. Er hat aber auch keinen Anspruch auf Anrechnung in Ungarn zurückgelegter Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach §§ 15, 16 und 17 a des Fremdrentengesetzes und damit auch keinen Anspruch auf Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Nr. 8 des Schlussprotokolls zum USA-SVA (a). Er hat schließlich ebenso wenig einen Anspruch auf Regelaltersrente unter Anrechnung fiktiver Beitragszeiten aufgrund des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (b).
a) Nach § 17 a FRG finden die für die gesetzliche Rentenversicherung maßgebenden Vorschriften des FRG Anwendung auch auf Personen, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt hat, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben, das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatten oder im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben und sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten und die Vertreibungsgebiete nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes verlassen haben. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Für die Feststellung der insoweit erheblichen Tatsachen genügt es nach § 4 FRG, wenn sie glaubhaft gemacht sind, d.h. wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, welche sich auf alle erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Der Kläger hat seine Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis nicht glaubhaft gemacht. Für diese Zugehörigkeit kommt es vorrangig auf die Sprache an (Bundessozialgericht � BSG � , Urt. vom 14. März 2002, B 13 RJ 15/01 R). Bei Mehrsprachigkeit � der Kläger gibt an, deutsch und ungarisch zu sprechen � ist die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis zu bejahen, wenn der Verfolgte die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und sie wie eine solche in seinem persönlichen Bereich verwendet hat (BSG a.a.O.). Gegen diese Annahme spricht zunächst das Ergebnis der Sprachprüfung, welcher sich der Kläger beim Deutschen Generalkonsulat in New York unterzogen hat. Diese hat ausweislich der von den Bediensteten des Generalkonsulats gefertigten Aufzeichnungen ergeben, dass er nur gebrochen deutsch spricht, Orthografie und Ausdruck als schlecht zu bezeichnen sind und deutsch offenbar als Fremdsprache erlernt wurde. Zwar ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Prüfung im Juli 1997, d.h. 47 Jahre nach der Auswanderung des Klägers in die Vereinigten Staaten von Amerika und im Alter von 79 Jahren erfolgte und dass hinsichtlich der Sprachkenntnisse abzustellen ist auf das Jahr 1941, in welchem Ungarn unter nationalsozialistischen Einfluss gelangte, so dass Kenntnisse der deutschen Sprache durch Zeitablauf gemindert sein könnten. Gleichwohl ist das Ergebnis der Sprachprüfung ein gewichtiges Indiz für die fehlende Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis. Denn ein Muttersprachler besitzt regelmäßig auch nach langer Zeit noch Sprachgefühl und beherrscht die Sprache trotz Entwöhnung immer noch einigermaßen sicher. So ist es bei der Ehefrau des Klägers gewesen, die die Sprachprüfung bestanden hat. Auch der Zeuge K., dessen Anhörung in New York sogar in deutscher Sprache erfolgte, beherrscht die deutsche Sprache sicher. Bei dem Kläger ist dies jedoch nicht der Fall. Bereits danach bestehen erhebliche, die Annahme überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließende Zweifel, ob der Kläger jemals deutsch als Muttersprache gesprochen hat. Vieles spricht demgegenüber für die Annahme, dass die deutsche Sprache für den Kläger eine Bildungssprache war, die er in einer ungarisch sprechenden Umgebung erlernt hat. Diese Annahme wird gestützt durch die von der Heimatauskunftstelle Ungarn eingeholten Auskünfte, wonach in einer nahezu durchgängig ungarisch sprechenden Umgebung in Eger 1930 lediglich 158 und 1941 nur noch 72 deutsche Muttersprachler lebten, es dort keine deutsche Schule gab und in der Schule deutsch nur als Fremdsprache unterrichtet wurde. Gestützt wird diese Annahme schließlich durch die Auskunft des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes, wonach der Kläger nach Kriegsende Jüdisch und Ungarisch als seine Muttersprachen angegeben hat. Die sein Vorbringen bestätigenden Zeugenaussagen seiner Schwester und seiner Jugendfreunde vermögen � obschon sie die Angaben des Klägers zum muttersprachlichen Gebrauch des Deutschen bestätigen � diese Zweifel nicht zu beseitigen. Sie sind vor dem geschilderten Hintergrund als Gefälligkeitsaussagen einzustufen.
Der Kläger hat darüber hinaus auch weder Beitrags- (§ 15 FRG) noch Beschäftigungszeiten (§ 16 FRG) in Ungarn glaubhaft gemacht. So hat der ungarische Versicherungsträger auf Anfrage der Beklagten mitgeteilt, das dort keine Unterlagen über den Kläger vorliegen. Dessen aktenkundige Angaben zu Beschäftigung, Entgelt und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen sind nicht glaubhaft. Wenn der Kläger nämlich gegenüber der Beklagten angibt, nach dem Schulbesuch in der Bäckerei des B. gearbeitet zu haben, der kein Verwandter gewesen sei, und ferner, dass er Tariflohn erhalten habe, so setzt er sich hiermit in Widerspruch zu seinen Angaben im Entschädigungsverfahren, wonach er nach dem Schulbesuch in der Bäckerei seines Vaters gearbeitet habe. Auch seine Angaben zum Schulbesuch selbst sind widersprüchlich. Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats sein Vorbringen den jeweiligen Gegebenheiten angepasst. Ihm ist deshalb nicht zu glauben. Die seine Angaben insoweit bestätigenden Zeugenaussagen sind vor dem geschilderten Hintergrund auch in diesem Punkte als Gefälligkeitsaussagen einzustufen.
b) Die Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 2003 ist nicht begründet. Dem Kläger ist Regelaltersrente auch nicht im Hinblick auf die behauptete Beschäftigung in einem Ghetto Eger zu gewähren.
Nach § 1 i.V.m. § 2 des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2074) - ZRBG - gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt wurde und sich das Ghetto in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder in diesem eingegliedert war. Insoweit hat der Kläger noch nicht einmal behauptet, aus eigenem Willensentschluss tätig geworden zu sein. Stattdessen spricht er von Zwangsarbeit. Dies schließt die Annahme einer auf freiem Willensentschluss beruhenden Tätigkeit im Sinne des ZRBG aus. Im übrigen gab es � worauf die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen hat � in Eger/Ungarn kein Ghetto (vgl. Weinmann, Das nationalsozialistische Lagersystem, 1990, S. 721 � Stichwort: Ghettos � und S. 725 � Stichwort: Zwangsarbeitslager).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Regelaltersrente unter Anerkennung von Beitrags-/Beschäftigungszeiten und unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen.
Der am XX.XXXX 1918 in Eger, Ungarn, geborene Kläger wanderte 1950 in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) aus, deren Staatsangehörigkeit er seit 1955 besitzt. Ihm wurde wegen Schadens an Körper oder Gesundheit und an Freiheit eine Entschädigung aufgrund des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG -) zuerkannt.
Am 26. September 1995 beantragte er unter Hinweis auf das Zusatzabkommen zum deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommen (USA-SVA) Altersruhegeld bzw. Altersrente unter Anerkennung der in den Vertreibungsgebieten zurückgelegten Versicherungszeiten gemäß §§ 17, 17 a Fremdrentengesetz (FRG) und unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen. Er sei Verfolgter im Sinne der §§ 1 ff. BEG und erfülle zugleich die Anspruchsvoraussetzungen nach § 17 a FRG. Zu den Ausbildungszeiten gab er an, am 24. Juni 1932 aus der elementaren Bürgerschule entlassen worden zu sein, danach habe er eine Anlernzeit als Zuckerbäcker bis zum Jahre 1933 absolviert und gleichzeitig die Abendschule für Konditorei besucht, die er am 26. Juni 1933 mit der Abschlussprüfung verlassen habe. Er sei von 1932 bis 1933 in der B. Bäckerei und Konditorei in Eger, Ungarn, beschäftigt gewesen. Von 1933 bis 1942 sei er in derselben Bäckerei angestellt gewesen. Der Arbeitgeber sei kein Verwandter gewesen. Er habe Tariflohn erhalten. Sozialversicherungsbeiträge seien an die staatliche Versicherung bzw. die zuständige Krankenkasse abgeführt worden. Anschließend sei er bis 1945 im Getto gewesen, um dann von 1945 bis 1947 wieder in Eger in einer Bäckerei zu arbeiten, und zwar als Bäckermeister. Danach habe er sich bis 1949 in einem Lager für Displaced Persons in Österreich aufgehalten.
Nach Abgabe des Antrags an die Beklagte ermittelte diese bei der Heimatauskunftsstelle Ungarn, dass die Stadt Eger im Jahre 1930 30.424 Einwohner hatte. 158 hiervon hatten Deutsch als Muttersprache gesprochen.
In der von der Beklagten beigezogenen Entschädigungsakte des Klägers findet sich ein durch den Arzt Dr. B1 für das Deutsche Generalkonsulat in New York erstattetes nervenfachärztliches Gutachten vom 4. August 1967. Dort heißt es zur Vorgeschichte, der Antragsteller sei als Sohn eines Bäckers geboren, habe bis zu seinem 19. Lebensjahr die jüdische Schule besucht und dann anschließend bei seinem Vater in der Bäckerei gearbeitet. Seine Heimat sei im März 1944 von den Deutschen besetzt worden. Er selbst sei jedoch im Jahre 1942 in das ungarische Arbeitslager Miskolc, im April 1944 in das Getto Eger gekommen, von wo er zunächst in das Konzentrationslager Auschwitz und anschließend nach Dachau verbracht worden sei. Er sei schließlich im Mai 1945 in Theresienstadt von den Russen befreit worden. Danach habe er sich in seine Heimat begeben. 1946 habe er in Eger geheiratet. In einem weiteren bei der Entschädigungsakte befindlichen ärztlichen Gutachten des Dr. W. P. aus New York heißt es zum Beruf des Klägers: "Tätigkeit in der Bäckerei des Vaters" und zur Vorgeschichte: "Der Antragsteller besuchte die Volksschule und eine kurze Zeit auch eine theologische Schule. Danach war er bis 1942 in der Bäckerei seines Vaters tätig." Auf Blatt 4 dieses Gutachten findet sich die Unterschrift des Klägers mit dem Zusatz "für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben".
Die Beklagte ließ den Kläger durch das deutsche Generalkonsulat in New York am 20. Juni 1997 zur Feststellung seiner Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis anhören. In dem Bericht des Generalkonsulats heißt es, der Versicherte spreche gebrochen Deutsch. Er habe seit dem 6. April 1941 kaum noch Gelegenheit gehabt, Deutsch zu sprechen. Er habe Deutsch als Fremdsprache gelernt. Er lese Deutsch mit großer Mühe. Zusammenfassend heißt es, es sei der Eindruck entstanden, dass er etwas Deutsch in Wort und weniger in Schrift beherrsche und dies darauf zurückzuführen sei, dass er sich zum fraglichen Zeitpunkt überwiegend des Ungarischen bedient habe.
Der Kläger brachte schriftliche Zeugenaussagen des L. K. und seines Bruders H. K. bei, in denen seine im Rentenverfahren gemachten Angaben zur Tätigkeit bei der B. Bäckerei und zur Verwendung der deutschen Sprache bestätigt wurden.
Mit Bescheid vom 28. Juli 1997 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersrente, auf Anerkennung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach § 17 a FRG und auf Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen im Rahmen des 2. Zusatzabkommens zum USA-SVA ab. Die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Der Kläger habe zu dem Zeitpunkt, in dem sich der nationalsozialistische Einflussbereich auf sein Heimatgebiet erstreckt habe, was im Frühjahr 1941 der Fall gewesen sei, nicht zum deutschen Sprach- und Kulturkreis gehört. Er habe nicht die deutsche Sprache in seinem persönlichen Lebensbereich ausschließlich oder zumindest überwiegend verwendet. Dies folge aus dem Ergebnis der sprachlichen Überprüfung durch das deutsche Generalkonsulat in New York.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und fügte diesem schriftliche Zeugenaussagen der R. F. und der J. F., geborene K., bei. Letztgenannte, die jüngere Schwester des Klägers, bestätigt darin, dass im Elternhaus nur Deutsch gesprochen worden sei und dass er ihr deutschsprachige Märchenbücher geschenkt habe. Auch die Zeugin R. F. bestätigte, dass im Elternhaus des Versicherten nur Deutsch gesprochen worden sei.
Auf Anfrage der Beklagten teilte der Träger der ungarischen Rentenversicherung im Dezember 1997 u.a. mit, dass die Original-Akten und -Register der Versicherten im Alter von über 70 Jahren bereits aussortiert und vernichtet worden seien. Man sei deshalb nicht in der Lage, irgendwelche Bescheinigungen ausstellen zu können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Bescheid wurde als eingeschriebener Brief am 26. Februar 1998 zur Post gegeben. Der Kläger hat am 9. März 1998 Klage erhoben, mit der er sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Die auf einer im Juni 1997 durchgeführten Sprachprüfung beruhende Annahme der Beklagten, er habe am 6. April 1941 nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört, sei unzutreffend. Dazwischen lägen 56 Jahre. Die Feststellung, dass angeblich außerhalb seines Elternhauses wenig Deutsch gesprochen worden sei, sei zudem spekulativ. In seinem Elternhaus sei die deutsche Sprache stets als Umgangssprache gebraucht worden. Sowohl Vater als auch Mutter hätten Deutsch als Muttersprache gesprochen. Die Mutter habe sogar nur die deutsche Sprache beherrscht. Nicht unerwähnt bleiben könne auch, dass die Ehefrau des Klägers von der Beklagten als zum deutschen Sprach- und Kulturkreis zugehörig anerkannt worden sei. Von Beweiswert seien insofern auch die bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Zeugenerklärungen der Rose und J. F ...
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 25. Januar 2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Kläger dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehöre. Diese Auffassung werde durch die Akte der Ehefrau des Klägers gestützt, die ihrerseits 65-jährig die Sprachprüfung bestanden habe. Das negative Ergebnis der Sprachprüfung bei dem Kläger könne durch die Zeugenerklärungen der Schwestern Friedman nicht verdrängt werden.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 2. Mai 2001 zugestellte Urteil am 17. Mai 2001 Berufung eingelegt. Er macht geltend, seine Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis werde schon dadurch belegt, dass er eine Frau geheiratet habe, die zu eben diesem Sprach- und Kulturkreis gehöre.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2003 hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Altersrente nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto abgelehnt. Der Kläger könne in dem geltend gemachten Zeitraum von April bis Mai 1944 einer Beschäftigung in einem Ghetto in Eger nicht nachgegangen sein, weil es in diesem Ort ein Ghetto nicht gegeben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Januar 2001, den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Regelaltersrente unter Anerkennung von Beitrags-/ Beschäftigungszeiten von Mai 1934 bis Dezember 1942 sowie April bis Mai 1944 und unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Januar 2001 zurückzuweisen,
2. die Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 2003 abzuweisen.
Sie verteidigt ihre Bescheide und das angefochtene Urteil. Ungeachtet der Zeugenaussagen bestünden an der Zugehörigkeit des Klägers zum deutschen Sprach- und Kulturkreis erhebliche Zweifel. Neben der Sprachprüfung sei weiter zu berücksichtigen, dass nach den Angaben des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes als hauptsächlich von dem Kläger verwendete Sprache " Jewish-hungarian" aufgeführt worden sei. Die Volkszählung in Eger/Ungarn habe für das Jahr 1941 nur für 72 von 32.482 Einwohnern als Muttersprache "Deutsch" erbracht. An den Schulen sei Deutsch nur als Fremdsprache gelehrt worden. Das Ergebnis der Sprachprüfung sowie Struktur- bzw. Sprachverhältnisse am früheren Wohnort sprächen gegen eine Zugehörigkeit des Klägers zum deutschen Sprach- und Kulturkreis. Beitragszeiten in Ungarn könnten überdies ohnehin nicht anerkannt werden, weil diese weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Eine Bestätigung des ungarischen Versicherungsträgers liege nicht vor und hinreichend präzise Zeugenerklärungen mit glaubhaften und nachvollziehbaren Aussagen zu einer Beitragseinrichtung hätten nicht beigebracht werden können.
Im Berufungsverfahren sind J. F., geborene K., die Schwester des Klägers, sowie R. F. und L. K. im Wege der Rechtshilfe durch das deutsche Generalkonsulat in New York vernommen worden. Auf die bei der Gerichtsakte befindlichen Vernehmungsprotokolle (Blatt 90 ff. betreffend J., geborene K.; Blatt 97 ff. betreffend R. F., geborene P., und Blatt 102 ff. betreffend L. K.) wird ergänzend Bezug genommen. Im Berufungsverfahren ist ferner eine Auskunft des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes eingeholt worden. Darin heißt es, dass auf den dort vorliegenden Nachkriegsunterlagen für den Kläger vermerkt ist:
"Principal Languages spoken: Jewish-hungarian"
Schließlich hat sich im Berufungsverfahren erneut die um Auskunft gebetene Heimatauskunftsstelle für Ungarn geäußert und hinsichtlich der Volkszählung 1941 in E. ausgeführt, es hätten dort insgesamt 32.482 Menschen gelebt, von denen 72 Deutsch als Muttersprache gesprochen hätten. Es habe bis zum Jahre 1944 in Budapest eine reichsdeutsche Schule gegeben. In anderen Städten und Gemeinden habe es keine deutschen Schulen gegeben, Deutsch sei nur als Fremdsprache gelehrt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung vom 2. März 2004 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Gerichts gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage gegen den nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordenen Bescheid vom 16. Juli 2003 ist ebenfalls nicht begründet. Der Kläger kann die begehrte Rente nicht � auch nicht unter Zulassung zur Nachentrichtung � beanspruchen.
Auf den Rechtsstreit finden die am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Vorschriften des Sozialgesetzbuch � Sechstes Buch � Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) über die Regelaltersrente und nicht diejenigen der Reichsversicherungsordnung über das Altersruhegeld Anwendung, weil der Kläger seinen Anspruch erst nach Ablauf von mehr als drei Monaten nach Aufhebung der für das Altersruhegeld geltenden Vorschriften der RVO bei der Beklagten geltend gemacht hat (§ 300 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI).
1. Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren rentenrechtlicher Zeiten (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) erfüllt haben. Für Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika reicht nach Art. 7 Abs. 2 USA-SVA i.d.F. des Zusatzabkommens vom 2. Oktober 1986 (BGBl. 1988 II, S. 83) und des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995 (BGBl. 1996 II, S. 302) eine Mindestversicherungszeit nach deutschen Rechtsvorschriften von 18 Monaten aus. Für den Kläger sind keine Versicherungszeiten auf die Wartezeit anzurechnen. Er ist in der deutschen Rentenversicherung nicht versichert gewesen. Er hat aber auch keinen Anspruch auf Anrechnung in Ungarn zurückgelegter Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach §§ 15, 16 und 17 a des Fremdrentengesetzes und damit auch keinen Anspruch auf Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Nr. 8 des Schlussprotokolls zum USA-SVA (a). Er hat schließlich ebenso wenig einen Anspruch auf Regelaltersrente unter Anrechnung fiktiver Beitragszeiten aufgrund des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (b).
a) Nach § 17 a FRG finden die für die gesetzliche Rentenversicherung maßgebenden Vorschriften des FRG Anwendung auch auf Personen, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt hat, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben, das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatten oder im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben und sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten und die Vertreibungsgebiete nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes verlassen haben. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Für die Feststellung der insoweit erheblichen Tatsachen genügt es nach § 4 FRG, wenn sie glaubhaft gemacht sind, d.h. wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, welche sich auf alle erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Der Kläger hat seine Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis nicht glaubhaft gemacht. Für diese Zugehörigkeit kommt es vorrangig auf die Sprache an (Bundessozialgericht � BSG � , Urt. vom 14. März 2002, B 13 RJ 15/01 R). Bei Mehrsprachigkeit � der Kläger gibt an, deutsch und ungarisch zu sprechen � ist die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis zu bejahen, wenn der Verfolgte die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und sie wie eine solche in seinem persönlichen Bereich verwendet hat (BSG a.a.O.). Gegen diese Annahme spricht zunächst das Ergebnis der Sprachprüfung, welcher sich der Kläger beim Deutschen Generalkonsulat in New York unterzogen hat. Diese hat ausweislich der von den Bediensteten des Generalkonsulats gefertigten Aufzeichnungen ergeben, dass er nur gebrochen deutsch spricht, Orthografie und Ausdruck als schlecht zu bezeichnen sind und deutsch offenbar als Fremdsprache erlernt wurde. Zwar ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Prüfung im Juli 1997, d.h. 47 Jahre nach der Auswanderung des Klägers in die Vereinigten Staaten von Amerika und im Alter von 79 Jahren erfolgte und dass hinsichtlich der Sprachkenntnisse abzustellen ist auf das Jahr 1941, in welchem Ungarn unter nationalsozialistischen Einfluss gelangte, so dass Kenntnisse der deutschen Sprache durch Zeitablauf gemindert sein könnten. Gleichwohl ist das Ergebnis der Sprachprüfung ein gewichtiges Indiz für die fehlende Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis. Denn ein Muttersprachler besitzt regelmäßig auch nach langer Zeit noch Sprachgefühl und beherrscht die Sprache trotz Entwöhnung immer noch einigermaßen sicher. So ist es bei der Ehefrau des Klägers gewesen, die die Sprachprüfung bestanden hat. Auch der Zeuge K., dessen Anhörung in New York sogar in deutscher Sprache erfolgte, beherrscht die deutsche Sprache sicher. Bei dem Kläger ist dies jedoch nicht der Fall. Bereits danach bestehen erhebliche, die Annahme überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließende Zweifel, ob der Kläger jemals deutsch als Muttersprache gesprochen hat. Vieles spricht demgegenüber für die Annahme, dass die deutsche Sprache für den Kläger eine Bildungssprache war, die er in einer ungarisch sprechenden Umgebung erlernt hat. Diese Annahme wird gestützt durch die von der Heimatauskunftstelle Ungarn eingeholten Auskünfte, wonach in einer nahezu durchgängig ungarisch sprechenden Umgebung in Eger 1930 lediglich 158 und 1941 nur noch 72 deutsche Muttersprachler lebten, es dort keine deutsche Schule gab und in der Schule deutsch nur als Fremdsprache unterrichtet wurde. Gestützt wird diese Annahme schließlich durch die Auskunft des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes, wonach der Kläger nach Kriegsende Jüdisch und Ungarisch als seine Muttersprachen angegeben hat. Die sein Vorbringen bestätigenden Zeugenaussagen seiner Schwester und seiner Jugendfreunde vermögen � obschon sie die Angaben des Klägers zum muttersprachlichen Gebrauch des Deutschen bestätigen � diese Zweifel nicht zu beseitigen. Sie sind vor dem geschilderten Hintergrund als Gefälligkeitsaussagen einzustufen.
Der Kläger hat darüber hinaus auch weder Beitrags- (§ 15 FRG) noch Beschäftigungszeiten (§ 16 FRG) in Ungarn glaubhaft gemacht. So hat der ungarische Versicherungsträger auf Anfrage der Beklagten mitgeteilt, das dort keine Unterlagen über den Kläger vorliegen. Dessen aktenkundige Angaben zu Beschäftigung, Entgelt und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen sind nicht glaubhaft. Wenn der Kläger nämlich gegenüber der Beklagten angibt, nach dem Schulbesuch in der Bäckerei des B. gearbeitet zu haben, der kein Verwandter gewesen sei, und ferner, dass er Tariflohn erhalten habe, so setzt er sich hiermit in Widerspruch zu seinen Angaben im Entschädigungsverfahren, wonach er nach dem Schulbesuch in der Bäckerei seines Vaters gearbeitet habe. Auch seine Angaben zum Schulbesuch selbst sind widersprüchlich. Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats sein Vorbringen den jeweiligen Gegebenheiten angepasst. Ihm ist deshalb nicht zu glauben. Die seine Angaben insoweit bestätigenden Zeugenaussagen sind vor dem geschilderten Hintergrund auch in diesem Punkte als Gefälligkeitsaussagen einzustufen.
b) Die Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 2003 ist nicht begründet. Dem Kläger ist Regelaltersrente auch nicht im Hinblick auf die behauptete Beschäftigung in einem Ghetto Eger zu gewähren.
Nach § 1 i.V.m. § 2 des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2074) - ZRBG - gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt wurde und sich das Ghetto in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder in diesem eingegliedert war. Insoweit hat der Kläger noch nicht einmal behauptet, aus eigenem Willensentschluss tätig geworden zu sein. Stattdessen spricht er von Zwangsarbeit. Dies schließt die Annahme einer auf freiem Willensentschluss beruhenden Tätigkeit im Sinne des ZRBG aus. Im übrigen gab es � worauf die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen hat � in Eger/Ungarn kein Ghetto (vgl. Weinmann, Das nationalsozialistische Lagersystem, 1990, S. 721 � Stichwort: Ghettos � und S. 725 � Stichwort: Zwangsarbeitslager).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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