Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 23 KR 94/98
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 80/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. April 2001 wird, soweit sie die Frage der versichtungspflichtigen Beschäftigung des C. S. betrifft, zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des C. S. zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der von der Klägerin als Pflegekraft an verschiede-ne Alten- und Pflegeheime vermittelte Beigeladene zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Die Klägerin betrieb in der Form der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts den S. S. P ... Sie wandte sich schriftlich an verschiedene Alten- und Pflegeheime und bot ihre Hilfe bei Engpässen im Pflegekräftebereich an. Dabei bot sie an, gegen Zahlung von 24 DM pro Stunde (zuzüglich 1 DM pro Stunde bei Nachtwache) eine Pflegekraft nach Bedarf zur Verfügung zu stellen (Mindesteinsatzzeit von 3 Stunden pro Tag).
Durch Schaltung von Zeitungsanzeigen nahm die Klägerin auch Kontakt zu Pflegekräften auf. Diesen händigte sie Informationsblätter für freiberuflich Tätige aus, in denen allgemeine Themen wie Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Krankenversicherung und Meldung zur Berufsgenossenschaft für Selbständige dargestellt waren. Sie wies dort weiter darauf hin, dass sie Aufträge nur an Selbständige vergebe (freie Mitarbeiter oder Gewerbescheininhaber), welche Honorare im Einzelnen für die jeweilige Tätigkeitsart (z. B. ab 1.7.91 20,50 DM für Tagdienst in der Woche zuzüglich 14% MWSt bei nicht examinierten Kräften) gälten, dass ein Gesundheitszeugnis vorliegen müsse, die jeweilige Kraft für die Arbeitskleidung selbst zu sorgen habe, eine Sammelhaftpflichtversicherung bereits abgeschlossen worden sei (der die jeweilige Pflegekraft beitreten könne) und dass für eine fehlerlose Abrechnung des Honorars Änderungen der angegebenen Schichtzeiten sofort mitzuteilen seien. In der Folgezeit vermittelte die Klägerin den Pflegekräften Aufträge und führte die Abrechnung der Entgelte für diese durch.
Nachdem die Bundesanstalt für Arbeit Ermittlungen wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung begonnen hatte, prüfte auch die Beklagte das Vorliegen von Versicherungspflicht hinsichtlich der eingesetzten Pflegekräfte.
Mit Bescheid vom 27. November 1992 machte sie gegen die Klägerin Beitragsforderungen für eine Vielzahl von in der Zeit vom 1. Juni 1990 bis 30. Juni 1991 eingesetzter Pflegekräfte in Höhe von insgesamt 192.961,73 DM geltend. Auf Widerspruch der Klägerin hin überprüfte sie ihren Bescheid. U. a. versandte sie Fragebögen an die jeweiligen Pflegekräfte, in denen sie Einzelheiten der Tätigkeit abfragte, und holte eine Auskunft des Altenheims St. M. ein. Dieses teilte mit, dass die von der Klägerin vermittelten Pflegekräfte ihre Arbeitszeit nicht hätten selbst einteilen können. Die Pflegedienstleitung lege die Arbeitszeit fest. Auch hätten die Pflegekräfte nicht selbst entscheiden können, welche Pflegeleistungen sie hätten erbringen wollen. Teilweise hätten sie dieselben Arbeiten zu erledigen gehabt wie das Stammpersonal. Die Arbeit werde durch die Stations- bzw. Schichtleitung des Heimes kontrolliert. Es existiere eine mündliche Rahmenvereinbarung mit der Klägerin, während es mit den Pflegekräften keine eigenen Vereinbarungen gebe. Eine zugewiesene Arbeit habe eine Pflegekraft nicht ablehnen können. Nach Abschluss dieser Ermittlungen erließ die Beklagte den Bescheid vom 16. Februar 1995, in dem sie eine Beitragsforderung von nunmehr 105.359,06 DM geltend machte.
Hinsichtlich des Beigeladenen zu 4) wurde im Bescheid vom 16. Februar 1995 für den Zeitraum 1. Februar 1991 bis 30. Juni 1991 eine Lohnsumme von 19.710,00 DM zugrunde gelegt und eine Beitragsforderung von insgesamt 4.365,66 DM ermittelt. Der Beigeladene zu 4) hat im Verwaltungsverfahren lediglich mitgeteilt, er habe als Honorarkraft gearbeitet.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 1995 zurück.
Im sozialgerichtlichen Verfahren ist der Geschäftsführer M. in der Sitzung vom 8. Januar 1998 gehört worden. Er hat dargelegt, die Pflegekräfte hätten die Klägerin jeweils bis auf Widerruf beauftragt, ihnen Pflegeaufträge zu besorgen. Die Vermittlung der Pflegekräfte sei stets unter Zeitdruck erfolgt, weil die Heime im Allgemeinen sehr kurzfristige Bedarfe gehabt hätten. Häufig sei eine Anforderung sogar erst eine ½ Stunde vor dem Arbeitseinsatz gekommen. Eine Arbeitnehmerüberlassung sei hierfür zu schwerfällig. Feste Entgelte habe es nicht gegeben, nur eine bestimmte Marge, die nicht habe überschritten werden können. Hätte jemand ein höheres Honorar verlangt, hätte bei dem entsprechenden Heim nachgefragt werden müssen, was aber nicht vorgekommen sei. Geworben habe die Klägerin mit Stundentarifen. Das sei in diesem Bereich nicht anders möglich gewesen. In Einzelfällen habe es Abweichungen von den schriftlich genannten Honoraren gegeben.
In der Sitzung des Sozialgerichts am 25. April 2001 hat der Beigeladene zu 4) ausgeführt, dass er nach Abitur und Zivildienst erst verschiedene Hilfsarbeiten ausgeübt und sich Anfang 1991 bei der Klägerin vorgestellt habe. Er habe sich dann einen Gewerbeschein besorgt, sich privat krankenversichert und habe bis Februar 1995 in einer wirtschaftlichen Verbindung zur Klägerin gestanden. Die angebotenen Aufträge hätte er auch ablehnen können. Er habe ca. 50 bis 300 Stunden monatlich gearbeitet und daneben bis Anfang 1994 keine weitere Tätigkeit ausgeübt. Es sei auch vorgekommen, dass er einen Auftrag abgelehnt habe, weil er keine Zeit hatte. Normalerweise habe er aber uneingeschränkt die Klägerin zur Verfügung gestanden und sich daneben auch nicht um andere Aufträge bemüht.
Das Sozialgericht hat nach Trennung des Rechtstreits in jeweils eine einzelne Pflegekraft betreffende Verfahren u. a. die Klage bezüglich des Beigeladenen zu 4) mit Urteil vom 25. April 2001 abgewiesen. Die Pflegekräfte seien bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei unzutreffend, berücksichtige nicht die Rechtsprechung zur Abgrenzung von Arbeitnehmereigenschaft und selbständiger Tätigkeit. Die Klägerin sei keinesfalls Arbeitgeberin der Pflegekräfte gewesen. Insbesondere seien diese in keiner Form in ihre Organisation eingegliedert gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. April 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November 1992 in der Fassung des Wider- spruchsbescheides vom 16. Februar 1995 und des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995 hinsichtlich der Beitragszahlung für die Beschäftigung des Carol Stecker aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Zwar möge es sein, dass die Pflegekräfte einzelne Aufträge hätten ablehnen können, aber sie seien zumindest unständig Beschäftigten gleichzusetzen, denn bei Bereitschaft zur Übernahme der Arbeit hätten sie diese dann wie abhängig Beschäftigte durchgeführt. Für die Tage, an denen nicht gearbeitet worden sei, nehme die Beklagte auch keine Versicherungspflicht an und erhebe mangels Vergütung keine Beiträge.
In der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2004 sind sowohl die beiden Geschäftsführer der Klägerin als auch P. E. (Beigeladener zu 4 im Verfahren L 1 KR 65/04) und der Beigeladene zu 4 im Verfahren L 1 KR 65/04) gehört worden. Die Geschäftsführer haben dargelegt, dass ein Auftrag eine Pflegeeinrichtung drei Stunden bis zu mehreren Wochen habe in Anspruch nehmen können. Für diese Zeiträume habe die Klägerin dann jeweils eine Pflegekraft vermittelt. Die Abwicklung sei bei allen Pflegeeinsätzen für sämtliche Kräfte gleich gewesen. Die Klägerin habe nur zwischen examinierten Pflegekräften und Pflegehelfern unterschieden. Der Beigeladene E. hat ausgeführt, eine Einweisung im eigentlichen Sinne habe es wegen des in den Heimen herrschenden Zeitdrucks nicht gegeben. Nach Meldung bei der Stationsleitung habe er sich über die Pflegebedürftigen mündlich oder durch Einsichtnahme in Krankenakten und Pflegeprotokolle informiert. Aufgrund beruflicher Vorkenntnisse sei ihm jeweils bekannt, welche Aufgaben in welcher Schicht zu erledigen seien. Die einzelnen Heime seien allerdings unterschiedlich und er habe sich den jeweiligen Gepflogenheiten anpassen und sich wegen des herrschenden Zeitdrucks sofort in den Heimbetrieb eingliedern müssen.
Der Beigeladene zu 4) hat erklärt, diese Darlegungen träfen auch vollumfänglich auf seine Tätigkeit als Pflegekraft zu. Er habe sich ebenfalls den Arbeitsabläufen in den verschiedenen Pflegeheimen anpassen müssen. Auch konkrete Anweisungen habe er erhalten. Er habe versucht, seine Arbeitsausführung identisch zu der der angestellten Kräfte zu gestalten.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 18. Mai 2004 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Trotz des Nichterscheinens der Beigeladenen zu 3) zum Verhandlungstermin kann der Senat den Rechtsstreit entscheiden, weil diese ausweislich des Zustellnachweises ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigt und darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden könne (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Der Bescheid vom 27. November 1992 in der Fassung des Bescheides vom 16. Februar 1995 und des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995 ist hinsichtlich der Beitragszahlung für die Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) nicht zu beanstanden. Die Verjährung der Beitragsansprüche wurde bereits durch den Bescheid aus dem Jahre 1992 unterbrochen. Die Klägerin ist auch zur Beitragszahlung verpflichtet, weil der Beigeladene zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt war und die Klägerin Schuldnerin der Beitragsforderung ist.
Versicherungspflichtig sind u. a. Arbeiter und Angestellte bzw. Arbeitnehmer, die gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 1227 Abs. 1 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) jeweils in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung). Eine Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)). Nicht versicherungspflichtig zur Krankenversicherung ist, wer hauptberuflich selbständig tätig ist (§ 5 Abs. 5 SGB V). Versicherungsfreiheit besteht ebenfalls bei geringfügiger Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV (§ 7 SGB V, § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 169a Abs. 2 AFG). Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. bei höherem Arbeitsentgelt ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht übersteigt oder die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder fünfzig Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass sie berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt die genannten Grenzen übersteigt (§ 8 SGB IV). In der Arbeitslosenversicherung ist auch beitragsfrei, wer eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt (§ 169a Abs. 1 AFG). Kurzzeitig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist, wobei gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben (§ 102 AFG). Versicherungsfrei sind – auch bei Ausübung einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtigen Beschäftigung - ebenfalls Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 SGB V, § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 169b Satz 1 Nr. 2 AFG).
Vorliegend ist kein Sachverhalt gegeben, aufgrund dessen nach Vorstehendem Versicherungspflicht ausscheidet. Der Beigeladene zu 4) war während des Zeitraums, für den Beiträge gefordert werden, weder Student noch in Ausbildung. Die Beschäftigung war nicht von vornherein zeitlich begrenzt. Da es die einzige Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) war, stellte das Arbeitsentgelt nicht nur einen Anteil des Gesamteinkommens, sondern das gesamte Einkommen dar. Es überstieg auch ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße in Höhe von 470 DM im Jahre 1990 und 480 DM für die westlichen Bundesländer im Jahre 1991. Bei Ausübung einer abhängigen Beschäftigung bestand deswegen Versicherungspflicht.
Zur Abgrenzung zwischen einer abhängigen und einer selbständigen Beschäftigung hat die Rechtsprechung Kriterien herausgearbeitet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSG 12.2.04 - B 12 KR 26/02 R, nicht veröffentlicht; grundlegend bereits BSG 1.12.77 - 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. BSG 18.12.01 - B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 19).
Ausgehend von diesen Kriterien war der Beigeladene zu 4) im streitbefangenen Zeitpunkt abhängig beschäftigt. Hierfür spricht vor allem, dass die Pflegekräfte nur entscheiden konnten, ob sie einen bestimmten Auftrag annehmen, dann aber bereits durch die Anforderung des jeweiligen Heimes hinsichtlich Arbeitszeit, -ort, -dauer und Art der Arbeitsausführung festgelegt waren. Sie hatten konkret die Arbeit zu erledigen, für die sie angefordert worden waren, denn in den Heimen waren stets ganz bestimmte Tätigkeiten nicht durch eigene Arbeitnehmer abgedeckt, sei es, weil urlaubs- oder krankheitsbedingte Ausfälle zu kompensieren waren oder bestimmte Tätigkeiten vom Stammpersonal nicht mit erledigt werden konnten. Dabei war die Pflegekraft in die Organisation im Heim eingebunden und verwendete die im Heim vorhandenen Arbeitsmittel (z. B. Rollstühle zum Transport von Pflegebedürftigen). Das wird besonders deutlich an den Darlegungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht, in denen geschildert worden ist, dass sich die jeweilige Pflegekraft den Gepflogenheiten des Heimes anpasste und anpassen musste sowie den Anweisungen der Stationsleitung bzw. der Pflegedienstleitung Folge zu leisten hatte. In ihrer Arbeitsleistung und ihrem Verhalten am Arbeitsplatz unterschied sich der Beigeladene zu 4) nicht von den fest angestellten abhängig beschäftigten Pflegekräften. Zwar mag es je nach Vorbildung der jeweiligen Pflegekraft und abhängig von der zu verrichtenden Tätigkeit in unterschiedlichem Ausmaß zur Überprüfung der Arbeitsleistung gekommen sein, aber die Tätigkeit stand unter der Kontrolle des jeweiligen Heimes, also der dortigen Schicht- oder Stationsleitung. Die über die Klägerin angeforderten Pflegekräfte verrichteten nicht nur genau dieselbe Arbeit wie die in den Heimen fest angestellten Arbeitnehmer, sondern arbeiteten zum Teil mit diesen auch Hand in Hand. Die Zahlung der auf Stundenbasis berechneten Vergütung erfolgte durch die Klägerin. Dabei ist ohne Belang, dass das Aufsetzen der Rechnungen, die Abrechnung der beanspruchten Beträge inklusive der Überwachung des Zahlungseingangs und die Überweisung der Vergütungszahlung an die Pflegekräfte als Serviceleistung gegenüber den als selbständig eingeschätzten Kräften erfolgen sollte und die Klägerin hierfür eine Verwaltungsgebühr vom Vergütungsbetrag einbehielt.
Gegenüber den für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien treten die für eine Selbständigkeit sprechenden Gesichtspunkte in der Gesamtbetrachtung zurück. Ein typisches Unternehmerrisiko bestand nicht, denn lediglich die Vergütung konnte ausfallen. Die Pflegekräfte verfügten auch über keine eigene Betriebsstätte. Eine solche wäre allenfalls für die der Klägerin übertragene Erledigung von Verwaltungsaufgaben sowie Auftragssuche erforderlich gewesen. Je nach Ausgestaltung des Arbeitsvertrages kommt es auch bei angestellten Pflegekräften vor, dass sie sich ihre Arbeitskleidung selbst beschaffen müssen, so dass dies ebenfalls kein Gesichtspunkt ist, der für eine selbständige Beschäftigung spricht. Über die eigene Arbeitskraft konnten die Pflegekräfte zwar insoweit verfügen, als ihnen die Annahme des jeweiligen Auftrages freistand, aber wie oben ausgeführt konnte die Tätigkeit selbst und auch die Arbeitszeit nicht frei gestaltet werden. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass nach Angabe der Klägerin gelegentlich mit einem Heim abgesprochen werden konnte, dass eine Pflegekraft statt der Frühschicht die Spätschicht ableistet, denn eine Absprache der Schichteinteilung ist auch mit abhängig Beschäftigten durchaus üblich. Der Umstand, dass nach den mündlichen Vereinbarungen die Arbeit der Pflegekräfte selbständig ausgestaltet werden sollte, und deswegen diese von der Klägerin aufgefordert wurden, ein Gewerbe anzumelden, Einkommensteuer abzuführen, der Berufsgenossenschaft Mitteilung von der Tätigkeitsaufnahme zu machen und eine private Krankenversicherung abzuschließen – während sie der Berufshaftpflicht über die Klägerin abschließen konnten (wozu sie aber nicht verpflichtet waren) – hat kein entscheidendes Gewicht, weil damit nur der äußere Rahmen der Tätigkeit gestaltet wurde, während die tatsächlichen Verhältnisse der Erbringung der Arbeitsleistung hiervon abweichten. Ebenso kann für die Beurteilung der Tätigkeit nicht ausschlaggebend sein, dass alle Beteiligten eine selbständige Tätigkeit der Pflegekräfte anstrebten und von einer solchen Ausgestaltung auch teilweise profitierten. Die Frage, ob eine selbständige Beschäftigung vorliegt, ist nämlich nicht vollständig in die Privatautonomie der Vertragsschließenden gestellt. Zwar mag es eine Reihe von Tätigkeiten geben, die sowohl selbständig als auch abhängig ausgeübt werden können. Dies mag sogar im Pflegebereich z. B. bei der Übernahme von Pflegeaufträgen im privaten Haushalt der Fall sein. Geht es jedoch um die Pflege in einem Heim, die nach der Organisation dieses Heimes durch eine Vielzahl von abhängig beschäftigten Pflegekräften sichergestellt wird, und wird eine solche Pflegestelle durch einen Dritten ersetzt, erfolgt aufgrund der Eingliederung der Ersatzkraft in das Gesamtgefüge diese Arbeitsleistung in aller Regel ebenfalls in abhängiger Beschäftigung.
Es kann unentschieden bleiben, ob der Beigeladene zu 4) bei Ausübung seiner abhängigen Beschäftigung in den Betrieb der Klägerin oder in den Betrieb der jeweiligen Alten- und Pflegeheime, in denen die Tätigkeit stattfand, eingegliedert war. Die Klägerin ist in beiden Fällen zur Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Bei Eingliederung in ihren Betrieb hätte sie als Arbeitgeberin die Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen (§ 28e Abs. 1 SGB IV). Auch bei Eingliederung in den Betrieb eines der Heime wäre die Klägerin zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. In diesem Fall würde es sich nämlich um Arbeitnehmerüberlassung handeln. Die Klägerin hatte zumindest teilweise Arbeitgeberfunktion. Sie nahm Kontakt zu geeigneten Pflegekräften auf und stellte fest, für welche Arbeiten diese qualifiziert waren. Dann ordnete sie einer Pflegekraft einen bestimmten von ihr akquirierten Auftrag – unter dem Vorbehalt, dass diese von ihrem grundsätzlichen Recht zur Ablehnung keinen Gebrauch machte – zu, indem sie den Auftrag der Pflegekraft telefonisch anbot. Sie erfasste die absolvierten Stunden, errechnete die Vergütung und überwies nach Zahlung durch den Auftraggeber der Pflegekraft den zustehenden Betrag. Obwohl sie durch die Vertragsgestaltung die Übernahme des Arbeitgeberrisikos und weitgehend auch der üblichen Arbeitgeberpflichten vermied, lag keine Arbeitsvermittlung vor. Eine solche wird gemäß § 1 Abs. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nur widerleglich vermutet und ist durch die tatsächliche Abwicklung der Pflegeaufträge widerlegt. Lediglich die bei einer Arbeitnehmerüberlassung ebenfalls typische Erteilung der Weisungen hinsichtlich der Arbeitsleistung wurde von der jeweiligen Pflegeeinrichtung übernommen. Ansonsten hatten die Einrichtungen ausschließlich vertragliche Beziehungen zu der Klägerin – in Form mündlicher Rahmenvereinbarungen und der Absprache des konkreten Auftrages. Zwischen Pflegekraft und Pflegeeinrichtung fand kein über die Ableistung des konkreten Einsatzes hinausgehender Kontakt statt. Das zeigte sich insbesondere daran, dass sich die Pflegekräfte bei größeren Einrichtungen nur am Einsatzort meldeten, also auf der jeweiligen Station bzw. in der jeweiligen Abteilung und gerade nicht in der Personalstelle, die bei einer Einstellung hätte tätig werden müssen. Des Weiteren spricht gegen eine Arbeitsvermittlung, dass auch die Pflegekräfte selbst davon ausgingen, keine (abhängige) Beschäftigung vermittelt zu bekommen und sie nur zur Klägerin eine vertragliche Beziehung hatten. Da die Klägerin über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt, läge illegale Arbeitnehmerüberlassung vor, bei der der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber gilt, und den auf das von ihm gezahlte Arbeitsentgelt entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen hat sowie hierfür neben dem Entleiher als Gesamtschuldner haftet (§ 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 1. Januar 2002 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der von der Klägerin als Pflegekraft an verschiede-ne Alten- und Pflegeheime vermittelte Beigeladene zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Die Klägerin betrieb in der Form der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts den S. S. P ... Sie wandte sich schriftlich an verschiedene Alten- und Pflegeheime und bot ihre Hilfe bei Engpässen im Pflegekräftebereich an. Dabei bot sie an, gegen Zahlung von 24 DM pro Stunde (zuzüglich 1 DM pro Stunde bei Nachtwache) eine Pflegekraft nach Bedarf zur Verfügung zu stellen (Mindesteinsatzzeit von 3 Stunden pro Tag).
Durch Schaltung von Zeitungsanzeigen nahm die Klägerin auch Kontakt zu Pflegekräften auf. Diesen händigte sie Informationsblätter für freiberuflich Tätige aus, in denen allgemeine Themen wie Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Krankenversicherung und Meldung zur Berufsgenossenschaft für Selbständige dargestellt waren. Sie wies dort weiter darauf hin, dass sie Aufträge nur an Selbständige vergebe (freie Mitarbeiter oder Gewerbescheininhaber), welche Honorare im Einzelnen für die jeweilige Tätigkeitsart (z. B. ab 1.7.91 20,50 DM für Tagdienst in der Woche zuzüglich 14% MWSt bei nicht examinierten Kräften) gälten, dass ein Gesundheitszeugnis vorliegen müsse, die jeweilige Kraft für die Arbeitskleidung selbst zu sorgen habe, eine Sammelhaftpflichtversicherung bereits abgeschlossen worden sei (der die jeweilige Pflegekraft beitreten könne) und dass für eine fehlerlose Abrechnung des Honorars Änderungen der angegebenen Schichtzeiten sofort mitzuteilen seien. In der Folgezeit vermittelte die Klägerin den Pflegekräften Aufträge und führte die Abrechnung der Entgelte für diese durch.
Nachdem die Bundesanstalt für Arbeit Ermittlungen wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung begonnen hatte, prüfte auch die Beklagte das Vorliegen von Versicherungspflicht hinsichtlich der eingesetzten Pflegekräfte.
Mit Bescheid vom 27. November 1992 machte sie gegen die Klägerin Beitragsforderungen für eine Vielzahl von in der Zeit vom 1. Juni 1990 bis 30. Juni 1991 eingesetzter Pflegekräfte in Höhe von insgesamt 192.961,73 DM geltend. Auf Widerspruch der Klägerin hin überprüfte sie ihren Bescheid. U. a. versandte sie Fragebögen an die jeweiligen Pflegekräfte, in denen sie Einzelheiten der Tätigkeit abfragte, und holte eine Auskunft des Altenheims St. M. ein. Dieses teilte mit, dass die von der Klägerin vermittelten Pflegekräfte ihre Arbeitszeit nicht hätten selbst einteilen können. Die Pflegedienstleitung lege die Arbeitszeit fest. Auch hätten die Pflegekräfte nicht selbst entscheiden können, welche Pflegeleistungen sie hätten erbringen wollen. Teilweise hätten sie dieselben Arbeiten zu erledigen gehabt wie das Stammpersonal. Die Arbeit werde durch die Stations- bzw. Schichtleitung des Heimes kontrolliert. Es existiere eine mündliche Rahmenvereinbarung mit der Klägerin, während es mit den Pflegekräften keine eigenen Vereinbarungen gebe. Eine zugewiesene Arbeit habe eine Pflegekraft nicht ablehnen können. Nach Abschluss dieser Ermittlungen erließ die Beklagte den Bescheid vom 16. Februar 1995, in dem sie eine Beitragsforderung von nunmehr 105.359,06 DM geltend machte.
Hinsichtlich des Beigeladenen zu 4) wurde im Bescheid vom 16. Februar 1995 für den Zeitraum 1. Februar 1991 bis 30. Juni 1991 eine Lohnsumme von 19.710,00 DM zugrunde gelegt und eine Beitragsforderung von insgesamt 4.365,66 DM ermittelt. Der Beigeladene zu 4) hat im Verwaltungsverfahren lediglich mitgeteilt, er habe als Honorarkraft gearbeitet.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 1995 zurück.
Im sozialgerichtlichen Verfahren ist der Geschäftsführer M. in der Sitzung vom 8. Januar 1998 gehört worden. Er hat dargelegt, die Pflegekräfte hätten die Klägerin jeweils bis auf Widerruf beauftragt, ihnen Pflegeaufträge zu besorgen. Die Vermittlung der Pflegekräfte sei stets unter Zeitdruck erfolgt, weil die Heime im Allgemeinen sehr kurzfristige Bedarfe gehabt hätten. Häufig sei eine Anforderung sogar erst eine ½ Stunde vor dem Arbeitseinsatz gekommen. Eine Arbeitnehmerüberlassung sei hierfür zu schwerfällig. Feste Entgelte habe es nicht gegeben, nur eine bestimmte Marge, die nicht habe überschritten werden können. Hätte jemand ein höheres Honorar verlangt, hätte bei dem entsprechenden Heim nachgefragt werden müssen, was aber nicht vorgekommen sei. Geworben habe die Klägerin mit Stundentarifen. Das sei in diesem Bereich nicht anders möglich gewesen. In Einzelfällen habe es Abweichungen von den schriftlich genannten Honoraren gegeben.
In der Sitzung des Sozialgerichts am 25. April 2001 hat der Beigeladene zu 4) ausgeführt, dass er nach Abitur und Zivildienst erst verschiedene Hilfsarbeiten ausgeübt und sich Anfang 1991 bei der Klägerin vorgestellt habe. Er habe sich dann einen Gewerbeschein besorgt, sich privat krankenversichert und habe bis Februar 1995 in einer wirtschaftlichen Verbindung zur Klägerin gestanden. Die angebotenen Aufträge hätte er auch ablehnen können. Er habe ca. 50 bis 300 Stunden monatlich gearbeitet und daneben bis Anfang 1994 keine weitere Tätigkeit ausgeübt. Es sei auch vorgekommen, dass er einen Auftrag abgelehnt habe, weil er keine Zeit hatte. Normalerweise habe er aber uneingeschränkt die Klägerin zur Verfügung gestanden und sich daneben auch nicht um andere Aufträge bemüht.
Das Sozialgericht hat nach Trennung des Rechtstreits in jeweils eine einzelne Pflegekraft betreffende Verfahren u. a. die Klage bezüglich des Beigeladenen zu 4) mit Urteil vom 25. April 2001 abgewiesen. Die Pflegekräfte seien bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei unzutreffend, berücksichtige nicht die Rechtsprechung zur Abgrenzung von Arbeitnehmereigenschaft und selbständiger Tätigkeit. Die Klägerin sei keinesfalls Arbeitgeberin der Pflegekräfte gewesen. Insbesondere seien diese in keiner Form in ihre Organisation eingegliedert gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. April 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November 1992 in der Fassung des Wider- spruchsbescheides vom 16. Februar 1995 und des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995 hinsichtlich der Beitragszahlung für die Beschäftigung des Carol Stecker aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Zwar möge es sein, dass die Pflegekräfte einzelne Aufträge hätten ablehnen können, aber sie seien zumindest unständig Beschäftigten gleichzusetzen, denn bei Bereitschaft zur Übernahme der Arbeit hätten sie diese dann wie abhängig Beschäftigte durchgeführt. Für die Tage, an denen nicht gearbeitet worden sei, nehme die Beklagte auch keine Versicherungspflicht an und erhebe mangels Vergütung keine Beiträge.
In der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2004 sind sowohl die beiden Geschäftsführer der Klägerin als auch P. E. (Beigeladener zu 4 im Verfahren L 1 KR 65/04) und der Beigeladene zu 4 im Verfahren L 1 KR 65/04) gehört worden. Die Geschäftsführer haben dargelegt, dass ein Auftrag eine Pflegeeinrichtung drei Stunden bis zu mehreren Wochen habe in Anspruch nehmen können. Für diese Zeiträume habe die Klägerin dann jeweils eine Pflegekraft vermittelt. Die Abwicklung sei bei allen Pflegeeinsätzen für sämtliche Kräfte gleich gewesen. Die Klägerin habe nur zwischen examinierten Pflegekräften und Pflegehelfern unterschieden. Der Beigeladene E. hat ausgeführt, eine Einweisung im eigentlichen Sinne habe es wegen des in den Heimen herrschenden Zeitdrucks nicht gegeben. Nach Meldung bei der Stationsleitung habe er sich über die Pflegebedürftigen mündlich oder durch Einsichtnahme in Krankenakten und Pflegeprotokolle informiert. Aufgrund beruflicher Vorkenntnisse sei ihm jeweils bekannt, welche Aufgaben in welcher Schicht zu erledigen seien. Die einzelnen Heime seien allerdings unterschiedlich und er habe sich den jeweiligen Gepflogenheiten anpassen und sich wegen des herrschenden Zeitdrucks sofort in den Heimbetrieb eingliedern müssen.
Der Beigeladene zu 4) hat erklärt, diese Darlegungen träfen auch vollumfänglich auf seine Tätigkeit als Pflegekraft zu. Er habe sich ebenfalls den Arbeitsabläufen in den verschiedenen Pflegeheimen anpassen müssen. Auch konkrete Anweisungen habe er erhalten. Er habe versucht, seine Arbeitsausführung identisch zu der der angestellten Kräfte zu gestalten.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 18. Mai 2004 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Trotz des Nichterscheinens der Beigeladenen zu 3) zum Verhandlungstermin kann der Senat den Rechtsstreit entscheiden, weil diese ausweislich des Zustellnachweises ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigt und darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden könne (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Der Bescheid vom 27. November 1992 in der Fassung des Bescheides vom 16. Februar 1995 und des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995 ist hinsichtlich der Beitragszahlung für die Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) nicht zu beanstanden. Die Verjährung der Beitragsansprüche wurde bereits durch den Bescheid aus dem Jahre 1992 unterbrochen. Die Klägerin ist auch zur Beitragszahlung verpflichtet, weil der Beigeladene zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt war und die Klägerin Schuldnerin der Beitragsforderung ist.
Versicherungspflichtig sind u. a. Arbeiter und Angestellte bzw. Arbeitnehmer, die gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 1227 Abs. 1 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) jeweils in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung). Eine Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)). Nicht versicherungspflichtig zur Krankenversicherung ist, wer hauptberuflich selbständig tätig ist (§ 5 Abs. 5 SGB V). Versicherungsfreiheit besteht ebenfalls bei geringfügiger Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV (§ 7 SGB V, § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 169a Abs. 2 AFG). Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. bei höherem Arbeitsentgelt ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht übersteigt oder die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder fünfzig Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass sie berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt die genannten Grenzen übersteigt (§ 8 SGB IV). In der Arbeitslosenversicherung ist auch beitragsfrei, wer eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt (§ 169a Abs. 1 AFG). Kurzzeitig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist, wobei gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben (§ 102 AFG). Versicherungsfrei sind – auch bei Ausübung einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtigen Beschäftigung - ebenfalls Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 SGB V, § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 169b Satz 1 Nr. 2 AFG).
Vorliegend ist kein Sachverhalt gegeben, aufgrund dessen nach Vorstehendem Versicherungspflicht ausscheidet. Der Beigeladene zu 4) war während des Zeitraums, für den Beiträge gefordert werden, weder Student noch in Ausbildung. Die Beschäftigung war nicht von vornherein zeitlich begrenzt. Da es die einzige Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) war, stellte das Arbeitsentgelt nicht nur einen Anteil des Gesamteinkommens, sondern das gesamte Einkommen dar. Es überstieg auch ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße in Höhe von 470 DM im Jahre 1990 und 480 DM für die westlichen Bundesländer im Jahre 1991. Bei Ausübung einer abhängigen Beschäftigung bestand deswegen Versicherungspflicht.
Zur Abgrenzung zwischen einer abhängigen und einer selbständigen Beschäftigung hat die Rechtsprechung Kriterien herausgearbeitet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSG 12.2.04 - B 12 KR 26/02 R, nicht veröffentlicht; grundlegend bereits BSG 1.12.77 - 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. BSG 18.12.01 - B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 19).
Ausgehend von diesen Kriterien war der Beigeladene zu 4) im streitbefangenen Zeitpunkt abhängig beschäftigt. Hierfür spricht vor allem, dass die Pflegekräfte nur entscheiden konnten, ob sie einen bestimmten Auftrag annehmen, dann aber bereits durch die Anforderung des jeweiligen Heimes hinsichtlich Arbeitszeit, -ort, -dauer und Art der Arbeitsausführung festgelegt waren. Sie hatten konkret die Arbeit zu erledigen, für die sie angefordert worden waren, denn in den Heimen waren stets ganz bestimmte Tätigkeiten nicht durch eigene Arbeitnehmer abgedeckt, sei es, weil urlaubs- oder krankheitsbedingte Ausfälle zu kompensieren waren oder bestimmte Tätigkeiten vom Stammpersonal nicht mit erledigt werden konnten. Dabei war die Pflegekraft in die Organisation im Heim eingebunden und verwendete die im Heim vorhandenen Arbeitsmittel (z. B. Rollstühle zum Transport von Pflegebedürftigen). Das wird besonders deutlich an den Darlegungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht, in denen geschildert worden ist, dass sich die jeweilige Pflegekraft den Gepflogenheiten des Heimes anpasste und anpassen musste sowie den Anweisungen der Stationsleitung bzw. der Pflegedienstleitung Folge zu leisten hatte. In ihrer Arbeitsleistung und ihrem Verhalten am Arbeitsplatz unterschied sich der Beigeladene zu 4) nicht von den fest angestellten abhängig beschäftigten Pflegekräften. Zwar mag es je nach Vorbildung der jeweiligen Pflegekraft und abhängig von der zu verrichtenden Tätigkeit in unterschiedlichem Ausmaß zur Überprüfung der Arbeitsleistung gekommen sein, aber die Tätigkeit stand unter der Kontrolle des jeweiligen Heimes, also der dortigen Schicht- oder Stationsleitung. Die über die Klägerin angeforderten Pflegekräfte verrichteten nicht nur genau dieselbe Arbeit wie die in den Heimen fest angestellten Arbeitnehmer, sondern arbeiteten zum Teil mit diesen auch Hand in Hand. Die Zahlung der auf Stundenbasis berechneten Vergütung erfolgte durch die Klägerin. Dabei ist ohne Belang, dass das Aufsetzen der Rechnungen, die Abrechnung der beanspruchten Beträge inklusive der Überwachung des Zahlungseingangs und die Überweisung der Vergütungszahlung an die Pflegekräfte als Serviceleistung gegenüber den als selbständig eingeschätzten Kräften erfolgen sollte und die Klägerin hierfür eine Verwaltungsgebühr vom Vergütungsbetrag einbehielt.
Gegenüber den für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien treten die für eine Selbständigkeit sprechenden Gesichtspunkte in der Gesamtbetrachtung zurück. Ein typisches Unternehmerrisiko bestand nicht, denn lediglich die Vergütung konnte ausfallen. Die Pflegekräfte verfügten auch über keine eigene Betriebsstätte. Eine solche wäre allenfalls für die der Klägerin übertragene Erledigung von Verwaltungsaufgaben sowie Auftragssuche erforderlich gewesen. Je nach Ausgestaltung des Arbeitsvertrages kommt es auch bei angestellten Pflegekräften vor, dass sie sich ihre Arbeitskleidung selbst beschaffen müssen, so dass dies ebenfalls kein Gesichtspunkt ist, der für eine selbständige Beschäftigung spricht. Über die eigene Arbeitskraft konnten die Pflegekräfte zwar insoweit verfügen, als ihnen die Annahme des jeweiligen Auftrages freistand, aber wie oben ausgeführt konnte die Tätigkeit selbst und auch die Arbeitszeit nicht frei gestaltet werden. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass nach Angabe der Klägerin gelegentlich mit einem Heim abgesprochen werden konnte, dass eine Pflegekraft statt der Frühschicht die Spätschicht ableistet, denn eine Absprache der Schichteinteilung ist auch mit abhängig Beschäftigten durchaus üblich. Der Umstand, dass nach den mündlichen Vereinbarungen die Arbeit der Pflegekräfte selbständig ausgestaltet werden sollte, und deswegen diese von der Klägerin aufgefordert wurden, ein Gewerbe anzumelden, Einkommensteuer abzuführen, der Berufsgenossenschaft Mitteilung von der Tätigkeitsaufnahme zu machen und eine private Krankenversicherung abzuschließen – während sie der Berufshaftpflicht über die Klägerin abschließen konnten (wozu sie aber nicht verpflichtet waren) – hat kein entscheidendes Gewicht, weil damit nur der äußere Rahmen der Tätigkeit gestaltet wurde, während die tatsächlichen Verhältnisse der Erbringung der Arbeitsleistung hiervon abweichten. Ebenso kann für die Beurteilung der Tätigkeit nicht ausschlaggebend sein, dass alle Beteiligten eine selbständige Tätigkeit der Pflegekräfte anstrebten und von einer solchen Ausgestaltung auch teilweise profitierten. Die Frage, ob eine selbständige Beschäftigung vorliegt, ist nämlich nicht vollständig in die Privatautonomie der Vertragsschließenden gestellt. Zwar mag es eine Reihe von Tätigkeiten geben, die sowohl selbständig als auch abhängig ausgeübt werden können. Dies mag sogar im Pflegebereich z. B. bei der Übernahme von Pflegeaufträgen im privaten Haushalt der Fall sein. Geht es jedoch um die Pflege in einem Heim, die nach der Organisation dieses Heimes durch eine Vielzahl von abhängig beschäftigten Pflegekräften sichergestellt wird, und wird eine solche Pflegestelle durch einen Dritten ersetzt, erfolgt aufgrund der Eingliederung der Ersatzkraft in das Gesamtgefüge diese Arbeitsleistung in aller Regel ebenfalls in abhängiger Beschäftigung.
Es kann unentschieden bleiben, ob der Beigeladene zu 4) bei Ausübung seiner abhängigen Beschäftigung in den Betrieb der Klägerin oder in den Betrieb der jeweiligen Alten- und Pflegeheime, in denen die Tätigkeit stattfand, eingegliedert war. Die Klägerin ist in beiden Fällen zur Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Bei Eingliederung in ihren Betrieb hätte sie als Arbeitgeberin die Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen (§ 28e Abs. 1 SGB IV). Auch bei Eingliederung in den Betrieb eines der Heime wäre die Klägerin zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. In diesem Fall würde es sich nämlich um Arbeitnehmerüberlassung handeln. Die Klägerin hatte zumindest teilweise Arbeitgeberfunktion. Sie nahm Kontakt zu geeigneten Pflegekräften auf und stellte fest, für welche Arbeiten diese qualifiziert waren. Dann ordnete sie einer Pflegekraft einen bestimmten von ihr akquirierten Auftrag – unter dem Vorbehalt, dass diese von ihrem grundsätzlichen Recht zur Ablehnung keinen Gebrauch machte – zu, indem sie den Auftrag der Pflegekraft telefonisch anbot. Sie erfasste die absolvierten Stunden, errechnete die Vergütung und überwies nach Zahlung durch den Auftraggeber der Pflegekraft den zustehenden Betrag. Obwohl sie durch die Vertragsgestaltung die Übernahme des Arbeitgeberrisikos und weitgehend auch der üblichen Arbeitgeberpflichten vermied, lag keine Arbeitsvermittlung vor. Eine solche wird gemäß § 1 Abs. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nur widerleglich vermutet und ist durch die tatsächliche Abwicklung der Pflegeaufträge widerlegt. Lediglich die bei einer Arbeitnehmerüberlassung ebenfalls typische Erteilung der Weisungen hinsichtlich der Arbeitsleistung wurde von der jeweiligen Pflegeeinrichtung übernommen. Ansonsten hatten die Einrichtungen ausschließlich vertragliche Beziehungen zu der Klägerin – in Form mündlicher Rahmenvereinbarungen und der Absprache des konkreten Auftrages. Zwischen Pflegekraft und Pflegeeinrichtung fand kein über die Ableistung des konkreten Einsatzes hinausgehender Kontakt statt. Das zeigte sich insbesondere daran, dass sich die Pflegekräfte bei größeren Einrichtungen nur am Einsatzort meldeten, also auf der jeweiligen Station bzw. in der jeweiligen Abteilung und gerade nicht in der Personalstelle, die bei einer Einstellung hätte tätig werden müssen. Des Weiteren spricht gegen eine Arbeitsvermittlung, dass auch die Pflegekräfte selbst davon ausgingen, keine (abhängige) Beschäftigung vermittelt zu bekommen und sie nur zur Klägerin eine vertragliche Beziehung hatten. Da die Klägerin über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt, läge illegale Arbeitnehmerüberlassung vor, bei der der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber gilt, und den auf das von ihm gezahlte Arbeitsentgelt entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen hat sowie hierfür neben dem Entleiher als Gesamtschuldner haftet (§ 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 1. Januar 2002 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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