L 6 RJ 92/02

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 4 J 277/99 Urteil
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 6 RJ 92/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. März 2002 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die am X.XXXXXXXXX 1950 in Portugal geborene Klägerin lebt seit Oktober 1968 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie verfügt über keine förmliche Berufsausbildung. Nach Beschäftigungen als Arbeiterin in einer Fischfabrik und in der Fertigung bei P. von 1968 bis zur Geburt ihrer Tochter im Jahre 1976 war sie bis Mitte April 1991 Hausfrau und zuletzt vom 15. April 1991 bis zum 31. Dezember 1995 als Packerin bzw. Verkaufshilfe in der Fleischabteilung eines Supermarkts der Firma E. Warenhandelsgesellschaft mbH u. Co KG mit Regalpflege, Auffüllarbeiten und Preisauszeichnung mit einer Vergütung nach der Lohngruppe 1 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten im Hamburger Einzelhandel erwerbstätig. In dieser Tätigkeit war sie bis Mitte November 1995 für mehrere Wochen arbeitsunfähig krank gewesen. Ab dem 1. Januar 1996 bezog sie Leistungen der Arbeitslosenversicherung und ab dem 16. April 1998 wegen einer am 5. März 1998 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Bereits am 13. Januar 1998 hatte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt. Zur Begründung verwies sie auf das Attest des behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin H.-J. F1, demzufolge sie an chronisch rezidivierenden Lumbalgien und Brachialgien bei Fehlhaltung der Wirbelsäule, Insuffizienz der Rückenmuskulatur litt und deswegen keine Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten und/oder Kälteexposition verrichten könne. Zur Prüfung der medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Rente veranlasste die Beklagte die Begutachtung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch den Chirurgen Dr. F. van S ... Dieser kam aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 12. Februar 1998 in seinem Gutachten vom 19. Februar 1998 zum Ergebnis, die Klägerin könne mit den von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen - Hals-Schulter-Arm-Syndrom, rezidivierende Lumbalgien ohne Wurzelreizerscheinungen, Verdacht auf beginnenden retropatellaren Knorpelschaden rechts, beginnendes Lungenemphysem, Untergewicht, anamnestisch Gallensteine – körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne häufiges bzw. regelmäßiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, nicht auf Knien und ohne inhalative Belastungen vollschichtig errichten. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24. Februar 1998 mit der Begründung ab, die Klägerin sei weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig.

Die Klägerin erhob Widerspruch mit der Begründung, sie könne wegen der bei ihr bestehenden Osteoporose keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten. Die Sozialmedizinerin Dr. G.-O. und der Orthopäde Dr. G1 vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) stellten nach Untersuchung der Klägerin am 12. Juli 1998 in ihren Gutachten vom selben Tage die Diagnosen: Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei Verschleiß und deutlichem paravertebralen Muskelhartspann, depressiver Verstimmungszustand bzw. abgeklungene Cervikobrachialgie bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule im Sinne einer Osteochondrose im Bereich C5/6, abgeklungene Lumbalgie bei allgemeinen Muskelverspannungen, beginnende Osteoporose, sowie die Nebendiagnose: psychosomatischer Symptomenkomplex, und vertraten die Auffassung, die Klägerin könne körperlich leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen vollschichtig verrichten. Während des Widerspruchsverfahrens unterzog sich die Klägerin auf Veranlassung der Beklagten vom 19. September bis zum 16. Oktober 1998 einer stationären Heilbehandlung in der R.-Klinik in Sankt A ... Aus ihr wurde sie mit den Diagnosen: Verdacht auf Fibromyalgie-Syndrom, Rundrücken, Halswirbelsäulensyndrom bei Blockierung C3/4 C4/5, Lumbago bei SIG-Hypomobilität beiderseits sowie Epikondylopathia humeri-radialis rechts als arbeitsfähig entlassen. Die behandelnden Ärzte vertraten in der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung die Auffassung, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten ohne längere Zwangshaltungen vollschichtig verrichten.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1999 zurück.

Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Hamburg (SG) hat Dr. B., Arzt für Orthopädie, Chirurgie und Sozialmedizin beim MDK nach Untersuchung der Klägerin am 31. Mai 1999 in seinem Gutachten vom selben Tage die Diagnosen gestellt: Chronifizierte Dorsalgien mit rezidivierenden muskulären Reizerscheinungen bei Wirbelsäulenfehlstatik und vertebragener Dekonditionierung. Kein Hinweis auf radikuläre Reizsymptomatik, Verdacht auf psychosoziale Überlagerung, und das im Gutachten des MDK vom 12. Juli 1998 erstellte Leistungsbild bestätigt. Das SG hat einen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin F1 und die Gutachtenakte des MDK Hamburg beigezogen und sodann den Arzt für Orthopädie P1 mit der Begutachtung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin beauftragt. Dieser hat nach Untersuchung der Klägerin am 22. Juni 2000 in seinem Gutachten vom 23. Juni 2000 die Leistungsfähigkeit der Klägerin durch die folgenden Gesundheitsstörungen eingeschränkt gesehen: Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom bei groben degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, leichtgradiges lumboischialgieformes Reizsyndrom bei Fehlhaltung und geringen degenerativen Veränderungen, Verschleißumformung der Kreuz-Darmbein-Gelenke, eben beginnende geringfügige Verschleißumformung der Hüftgelenke noch ohne Funktionsbeeinträchtigung, statische Reizungen der Beine bei Spreizfüßen, Zustand nach Teilamputation des Endgliedes des 2. Fingers rechts. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Arbeiten durchschnittlicher geistiger Art mit durchschnittlicher Verantwortung in wechselnder Körperhaltung auch ausschließlich oder überwiegend im Gehen, Stehen oder Sitzen ohne lang anhaltende Zwangshaltungen vollschichtig verrichteten.

Sodann hat das SG die Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Innere Medizin - Rheumatologie - Prof. Dr. G2 von der Medizinischen Klinik des Universitätskrankenhauses E1 veranlasst. Dieser hat nach Untersuchung der Klägerin am 23. August 2000 in seinem Gutachten vom 6. September 2000 die Leistungsfähigkeit der Klägerin durch eine Fehlstatik, ein degeneratives Wirbelsäulenleiden sowie ein Fibromyalgiesyndrom beeinträchtigt gesehen und die Auffassung vertreten, die Klägerin könne lediglich leichte körperliche Arbeiten einfacher Art in wechselnder Körperhaltung ohne Zeitdruck, Schichtarbeit und Witterungseinflüsse an nicht gefährdenden Arbeitsplätzen verrichten. Nach entsprechender Rehabilitation sollten sich diese Arbeiten vollschichtig durchführen lassen. Das Heilverfahren sollte in einer auf physikalische Therapie und begleitende psychosomatische Betreuung eingestellten Klinik durchgeführt werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei durch Schonhaltung, Beschwerdekonstellation und Trainingsmangel mit einer eingeschränkten Ausdauer und reduzierter Belastbarkeit zu rechnen.

Daraufhin hat sich die Klägerin vom 13. März bis zum 3. April 2001 auf Veranlassung der Beklagten erneut einer stationären Heilbehandlung in der R.-Klinik in St. A. unterzogen, aus der sie mit den Diagnosen: Chronische Zerviko-Brachialgien mit degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, chronische Lumbalgien bei lumbalen Osteochondrosen, Hohl-Rund-Rücken, Untergewicht ohne Hinweis auf organpathologisches Geschehen, als arbeitsfähig entlassen worden ist. Die behandelnden Ärzte haben im Entlassungsbericht die Auffassung vertreten, die Klägerin könne körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig verrichten. Schließlich hat auf Veranlassung des Sozialgerichts Dr. S1, Arzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, die Klägerin am 13. Februar 2002 untersucht und in seinem Befundbericht vom selben Tage ausgeführt, die Klägerin leide an einem Fibromyalgiesyndrom mit ubiquitären, die Gelenke, insbesondere die Ansatzstellen der Sehnen, betreffenden Schmerzzuständen. Daneben bestünden degenerative Veränderungen, z. B. in der Lendenwirbelsäule und den Kniegelenken. Angesichts der ausgeprägten Schmerzsymptomatik sei eine regelmäßige körperliche Leistungsfähigkeit von wirtschaftlichem Wert sicherlich kaum noch zu erwarten. Berücksichtige man ausschließlich die aktuellen Untersuchungsbefunde, so sei es vorstellbar, dass die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten im Sitzen mit weiteren im Gutachten des Prof. G2 beschriebenen Einschränkungen durchführen könne. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 31. März 2002 hat er ausgeführt, die Klägerin sei derzeit auf Grund der bei ihr bestehenden Erkrankung nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die negative Wechselwirkung der Erkrankung mit der psychischen Situation.

Das SG hat durch sein Urteil vom 31. März 2002 die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 24. Februar 1998 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1999 verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Grund eines Leistungsfalles der Erwerbsminderung vom 23. August 2000 ab dem 1. März 2001 bis zum 29. Februar 2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, und die weiter gehende Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil, dass ihr am 2. August 2002 zugestellt worden ist, hat die Beklagte bereits am 12. Juni 2002 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, die vom Sozialgericht getroffenen Feststellungen könnten ihre Verurteilung zur Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente nicht tragen. Die Klägerin leide unter degenerativen Veränderungen des Haltung- und Bewegungsapparats sowie unter einem diffusen Schmerzsyndrom ohne erkennbare Ursache, ohne objektivierbare pathologische Befunde und ohne eindeutig zu stellende Diagnose. Allein ihre Angabe, es tue ihr alles weh, rechtfertige nicht die Gewährung einer Rente, wenn objektivierbare Befunde fehlten, wie dies hier der Fall sei. Die Frage, ob die Klägerin in der Lage sei, trotz der von ihr subjektiv empfundenen Schmerzen einer Tätigkeit nachzugehen, lasse sich nur durch eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung klären. Diese sei nicht erfolgt. Angesichts der von der Klägerin beschriebenen privaten Aktivitäten sei davon auszugehen, dass sie auch aus dieser Sicht durchaus noch in der Lage sei, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Der Sachverständige Dr. G2 sei in seinem Gutachten zum Ergebnis gekommen, dass die Klägerin durchaus in der Lage sei, leichte Arbeiten vollschichtig zu errichten. Er habe lediglich vorgeschlagen, vorher ein Heilverfahren in einer Klinik durchzuführen, in der sowohl physikalische Behandlungen als auch begleitende psychosomatische Betreuung durchgeführt werden könnten. Zwar habe im stationären Heilverfahren in der R.-Klinik eine spezielle psychosomatische Behandlung nicht stattgefunden. Entscheidend sei jedoch, welches Leistungsvermögen in der klinischen Situation tatsächlich festgestellt worden sei. In der zusammenfassenden Beschreibung des Leistungsvermögens fänden generell nicht nur die körperlichen, sondern auch die psychischen Erkrankungen der Patienten Berücksichtigung. Dem Abschlussbericht der Klinik müsse angesichts des dort beschriebenen vollschichtigen Leistungsvermögens entnommen werden, dass man ein Korrelat für eine relevante psychosomatische Störung nicht gefunden habe. Der Sachverständige Dr. S1 habe in seinem Gutachten die Diagnose Fibromyalgie bestätigt, ohne näher darauf einzugehen. Er habe lediglich auf das Gutachten des Prof. Dr. G2 verwiesen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. März 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Arzt für Allgemeinmedizin Hans-Jörg F. hat auf Anforderung des Gerichts am 16. März 2003 und am 14. Juni 2004 Berichte über die von ihm bei der Klägerin erhobenen Befunde erstattet. Auf Veranlassung des Senats haben der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. und der Arzt für Orthopädie Dr. B1 die Klägerin jeweils unter Hinzuziehung einer Dolmetscherin am 21. Mai 2003 bzw. am 16. Dezember 2004 untersucht und Gutachten zur Erwerbsfähigkeit der Klägerin erstattet, Dr. H. das Gutachten vom 10. Juni 2003, Dr. B1 das Gutachten vom 6. Januar 2005.

Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.

Der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit richtet sich nach § 44 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung. Nach seinem Absatz 1 haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie 1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin nicht erfüllt, denn sie ist nicht erwerbsunfähig. Erwerbsunfähig in diesem Sinne sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt ( § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ). Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor, denn sie kann zumindest körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne anhaltende Zwangshaltungen unter Witterungsschutz ohne Belastung durch Schicht- Akkord- oder Nachtarbeit vollschichtig verrichten. Der Senat stützt sich insofern auf die Gutachten der medizinischen Sachverständigen Dr. H. und Dr. B1. Diese haben die Klägerin untersucht und aus den dabei von ihnen erhobenen Befunden ihre Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar und deshalb überzeugend abgeleitet. Demnach bestehen bei der Klägerin die folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen: Belastungsinsuffizienz der Wirbelsäule mit regionaler Bewegungseinschränkung und Muskelungleichgewicht bei recht deutlichen umformenden Veränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule und leichten umformenden Veränderungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule sowie der Kreuzdarmbeingelenke bei teilfixiertem Rundrücken, eine somatoforme Schmerzstörung, Zervikobrachialgien bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, chronische Lumbalgien, Hohlrundrücken. Damit ist die Klägerin in der Lage, körperlich leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen nicht in Akkord-, Schicht- oder Nachtarbeit in geschlossenen Räumen zu ebener Erde mit betriebsüblichen Pausen regelmäßig vollschichtig zu verrichten. Diese Beurteilung stimmt mit der Auffassung der Mehrheit der Arzte überein, die die Klägerin während des Rentenverfahrens gesehen, behandelt und untersucht haben. So hat der behandelnde Allgemeinmediziner F1 in seinem zur Begründung des Rentenantrags ausgestellten Attest ausgeführt, die Klägerin könne wegen wiederkehrender Lumbalgien und Brachialgien bei Fehlhaltung der Wirbelsäule, Insuffizienz der Rückenmuskulatur Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten und/oder Kälteexposition, vermutlich Merkmale der letzten beruflichen Tätigkeit, nicht verrichten. Körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung und unter Witterungsschutz, wie sie hier in Rede stehen, hat er mithin nicht ausgeschlossen. Diese Einschätzung haben Dr. F. van S., die Ärzte des MDK in ihren Gutachten zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit, der Orthopäde P1 und auch die Ärzte der R.-Klinik bestätigt. Letzteren kommt insofern besonderes Gewicht zu, als sie die Klägerin nicht nur in einer Momentaufnahme, sondern über mehrere Wochen gesehen haben. Die vom SG der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Auffassung der Sachverständigen Prof. G2 und Dr. S1 vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Sie haben die von ihnen in quantitativer Hinsicht angenommene Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin nicht überzeugend begründet. Aus der von ihnen gestellten Diagnose "Fibromyalgie" allein lässt sich keine wesentliche Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht herleiten. Für die sozialmedizinische Beurteilung ist nicht die diagnostische Zuordnung, sondern allein die reale Beeinträchtigung entscheidend. Der Senat folgt auch insofern den schlüssigen, nachvollziehbaren und deshalb überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H ... Dieser hat den Ausführungen des Prof. Dr. G2 das Ergebnis der beiden stationären Behandlungen der Klägerin in der R.-Klinik Mitte September 1998 bis Anfang Oktober 1998 und vom 13. März 2001 bis zum 30. April 2001 entgegengehalten. Ein während des Heilverfahrens 1998 durchgeführtes psychologisches Gespräch hat demnach keinen Hinweis auf eine Ursache für die geklagten Beschwerden aus jenem Bereich ergeben. Die Klägerin ist seinerzeit für fähig befunden worden, leichte Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen vollschichtig zu verrichten. Im Jahr 2001 hat man dort das Leistungsvermögen der Klägerin in gleicher Weise eingeschätzt. Bemerkenswert ist im Hinblick auf die Schwere des Schmerzsyndroms, dass die Klägerin bei der Begutachtung durch Prof. G2 angegeben hat, eine medikamentöse Therapie erfolge nicht und auch eine gezielte physikalische Therapie finde nicht statt. Vielmehr gehe sie ein- bis zweimal in der Woche zum Schwimmen und mache Eigenübungen. Ein Leiden, das zu keinem fassbaren paraklinischen Befund geführt hat und sich nur in einer Schmerzklage manifestiert, die aber zu keinen gezielten therapeutischen Maßnahmen führte, schränkt das Leistungsvermögen zwar ein, hebt es aber nicht auf. Dr. S1 hat sich bei seiner Beurteilung lediglich auf das Gutachten des Prof. G2 bezogen und die von ihm angenommene Minderung des Leistungsvermögens nicht aus von ihm selbst erhobenen Befunden, sondern aus ihrem Zusammenwirken mit dem psychischen Befund hergeleitet, also aus einem Befund auf einem fremden Fachgebiet, für das seinerzeit eine Aussage eines Sachverständigen noch nicht vorlag. Nachdem Dr. H. die Klägerin auf diesem Gebiet begutachtet hat, ist diese Einschätzung nicht mehr haltbar.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht bestanden hat.
Rechtskraft
Aus
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