L 1 KR 146/03

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 37 KR 511/00
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 146/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. August 2003 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat dem Beigeladenen zu 1) die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, für die Zeit vom 1. No¬vember 1989 bis 30. September 1996 entsprechend den vom Beigeladenen zu 1) in dieser Zeit bei ihr er¬zielten Arbeits¬entgelten Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu ermitteln und zu ent¬richten sowie dies¬bezüglich Meldungen zur Sozialversicherung zu fertigen und abzuset¬zen. Hierbei geht es letztlich um Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 38.874,74 EUR.

Der 1960 geborene Beigeladene zu 1), der seit 1981 an der Hamburger Universität für das Fach Geowissen¬schaft immatrikuliert war, das Vordiplom nicht abgelegt und das Stu¬dium nach dem hier streitigen Zeitraum aufgegeben hat, war bei der Klägerin seit 1985 zunächst geringfügig und nach dem Arbeitsvertrag vom 26. Juni 1989, der eine wö¬chentliche Arbeits¬stundenzahl von 20 vorsieht, ab 1. Juli 1989 als Ausbilder in Schulen und Be¬trieben in Erste Hilfe und Sanitätskunde beschäftigt, von November 1989 bis 30. Septem¬ber 1996 wöchent¬lich oft mehr als zwanzig Stunden. Er war von 342 Arbeitswochen in 63 Wochen (18,4%) mehr als zwanzig Stun¬den wöchentlich beschäftigt. Seit April 1990 war der Beigeladene zu 1) Betriebs¬rat (ohne Freistel¬lung). Er besuchte daneben - mit abnehmender Tendenz - wenige Lehrver¬anstaltungen in Geopaläontologie; worüber durchgehende Se¬mesterbe¬scheinigungen vorliegen. Im Zusammenhang mit der erstmals seit November 1989 erfolgten Über¬schreitung der Wochenarbeitsstundenzahl von 20, die das Bestehen von Versiche¬rungspflicht in Be¬tracht ziehen ließ, und wegen der vom Beigeladenen zu 1) wegen häufiger Mehrarbeitsstunden geforderten "Stundenerhöhung" entstand zwischen ihm und der Klägerin in den Jahren 1991 und 1992 ein Schriftwechsel (vgl. Schreiben der Klägerin vom 1. August 1991 und 24. Juni 1992 sowie des Beigeladenen zu 1) vom 14. Juli und 14. August 1991). Die hauptsächli¬che An¬zahl der Mehrarbeitstunden, die immer wie¬der zur Überschreitung der Grenze von 20 Stun¬den wöchentlich führten, war durch die Arbeit des Beigeladenen zu 1) im Be¬triebsrat bedingt. Die Mehrarbeitstunden wurden jeweils mit dem Gehalt vergütet. Das Arbeitsver¬hältnis des Beigeladenen zu 1) zur Klägerin endete durch Aufhebungsvertrag vom 26. Juli 1996 zum 30. September 1996 (Abfindung von 46.000 DM). Sozialversicherungsbei¬träge hatte die Klägerin für die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) nicht abgeführt.

Im Verfahren 22 KR 251/97 des Sozialgerichts Hamburg gab die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1) am 27. April 1999 ein Anerkenntnis dahingehend ab, dass sie bereit sei, über seinen Antrag auf sozialversicherungsrechtliche Überprüfung seines Beschäftigungsver¬hältnisses bei der Klägerin im streitigen Zeitraum durch rechtsmittelfähi¬gen Bescheid zu ent¬scheiden.

Nach Abschluss ihrer Ermittlungen erteilte die Beklagte der Klägerin den Bescheid vom 29. Februar 2000. Der Beigeladene zu 1) sei zwar seit Sommersemester 1981 einge¬schrie¬bener Student, seit November 1989 aber regelmäßig mehr als 20 Stunden wö¬chentlich für sie - auch in Vorlesungszeiten, den Tagstunden und wo¬chentags – tätig gewesen. Bei ihm habe in dieser Zeit nicht mehr das Studium, sondern das Arbeitsverhältnis im Vorder¬grund ge¬standen. Dieses sei als sozialversicherungspflichtig zu bewerten. Daraus ergebe sich für die Klägerin die Verpflichtung, auf der Grundlage der vom Beigelade¬nen zu 1) er¬zielten Brutto¬arbeitsentgelte bis zum 15. April 2000 Gesamtsozialversicherungs¬beiträge (Krankenversi¬cherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, ab 1. Januar 1995 Pflegeversiche¬rung) nachzuzahlen und entsprechende Mel¬dungen zur So¬zialversicherung abzugeben. Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Wider¬spruchsbescheid vom 27. Juli 2000, zugestellt 31. Juli 2000).

Mit der Klage vom 31. August 2000 hat die Klägerin u. a. die Einrede der Verjährung erho¬ben und ausgeführt, auf die Mehrarbeitsstunden des Beigeladenen zu 1) keinen Einfluss gehabt zu haben. Dies vor allem deshalb nicht, weil die Überstunden aus der Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats resultiert hätten (Hinweis auf § 37 Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG - ). Sie habe keinesfalls Bei¬träge vorsätzlich vorenthalten.

Der im Termin des Sozialgerichts am 8. August 2003 gehörte Beigeladene zu 1) hat ausge¬führt, für sein Studium maximal 10 bis 12 Stunden pro Woche aufgewandt haben. Eine Er¬höhung der Arbeitsstundenzahl von 20 auf 22,5 Stunden durch entsprechende Änderung des Arbeitsvertrages sei von der Klägerin abgelehnt worden.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. August 2003, auf dessen In¬halt Bezug genommen wird, abgewiesen. Den Gegenstandswert hat es auf 38.874,74 EUR festgesetzt (Beschluss vom 1. April 2004).

Gegen das ihr am 25. August 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. September 2003 Be¬rufung eingelegt. Mit dieser führt sie aus, die Argumentation des Sozialgerichts impliziere, dass es für den Fall einer erfolgten Freistellung des Beigeladenen zu 1) für die Arbeit als Betriebsrat zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Darauf könne es im Ergeb¬nis aber nicht ankommen, weil sie als Arbeitgeberin auf Grund konkurrieren¬der Verpflich¬tungen nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts und des BetrVG einen entspre¬chenden Entscheidungsspielraum nicht gehabt habe. Es sei ihr nicht möglich gewesen, den Umfang der Tätigkeit des Beigela¬de¬nen zu 1) als Betriebsrat zeitlich zu begrenzen. § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) habe ihr nicht erlaubt, durch Been¬digung des Arbeitsver¬hältnisses zu verhindern, dass der Bei¬geladene zu 1) sich vorsätzlich immer wieder selbst Überstunden "bewilligt" habe. Die von ihm für die Betriebs¬ratstätigkeit aufge¬wendete Zeit sei eigentlich keine Arbeitszeit gewesen. Die Bezah¬lung der Überstunden sei nicht erforderlich gewesen, sondern lediglich auf sein Drängen erfolgt. Sie habe alle ihre Mittel ausgeschöpft, um den Beigeladenen zu 1) zur Einhaltung der vertraglichen Arbeitszeit zu bringen. Da ihr Vorsatz i. S. d. § 25 SGB IV nicht unterstellt werden könne, sei jedenfalls Verjäh¬rung einge¬treten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. August 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2000 in der Ges¬talt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2000 aufzu¬he¬ben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutref¬fend und gibt an, die allgemeine wöchentliche Ar¬beitszeit bei der Klägerin habe 38, 5 Stunden betragen.

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 3) und 4) stellen keinen Antrag.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Prozessakten, der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Gerichtsakten S 22 KR 251/97 Bezug genommen, die vorgelegen haben und Ge¬genstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).

Die Berufung ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Klägerin hat auf der Grundlage der vom Bei¬geladenen zu 1) in der Zeit vom 1. November 1989 bis 30. September 1996 bei ihr erziel¬ten Arbeits¬entgelte Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu ermitteln, diese zu entrichten und insoweit Meldungen zur Sozialversicherung zu erstatten und abzuset¬zen.

Gemäß § 28h Abs. 1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) überwacht die Ein¬zugsstelle die Einreichung des Bei¬tragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversi¬cherungsbeitrags. Beitragsansprü¬che, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Ein¬zugsstelle geltend zu machen (§ 28h Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Gesamtsozialversiche¬rungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstelle) zu zahlen (§ 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungs¬pflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie – vorlie¬gend noch - nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbe¬scheid. Die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes ver¬sicherten Beschäftigten sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichti¬gen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung werden als Gesamtsozialversiche¬rungsbeitrag gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV). Im Übrigen hat die Einzugsstelle dafür zu sorgen, dass die Meldungen rechtzeitig er¬stattet werden (§ 28b Abs. 1 erster Halbsatz SGB IV).

Der Beigeladene zu 1) war im streitigen Zeitraum immatrikulierter Student. Zwar hätte er als solcher gem. § 1228 Abs. 1 Nr. 3 Reichsversiche¬rungsordnung ("wer während der Dauer seines Studiums als ordentlicher Studierender einer Hochschule gegen Entgelt be¬schäftigt ist") bzw. ab 1. Januar 1992 gem. § 5 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch a. F. versi¬cherungsfrei in der Rentenversicherung und nach den vom Sozialgericht auf Seite 4 des an¬gefochtenen Urteils genannten Vor¬schriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (§ 6 Abs. 1 Nr. 3), des Elften Buches Sozial¬gesetzbuch (§ 20 Abs. 1 Satz 1) und des Arbeitsförde¬rungsgesetzes (§ 169b) versi¬cherungsfrei sein können, wenn trotz seiner Tätigkeit bei der Klägerin seine Zeit und Arbeits¬kraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen worden wäre und sich nach den gesamten tatsächlichen Verhältnissen das Erscheinungsbild eines Stu¬denten und nicht dasjenige eines Arbeitnehmers ergeben hätte. Diese Vorausset¬zungen liegen jedoch nicht vor.

Zum einen war der Beigeladene zu 1) häufiger mehr als zwanzig Stun¬den in der Woche bei der Klägerin beschäftigt und wurde dafür auch bezahlt. Zum anderen standen für ihn die ver¬sicherungspflichtige Beschäftigung im Vordergrund und das Studium im Hintergrund. Das Sozialgericht hat dies unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zutref¬fend herausgearbeitet. Das Urteil des BSG vom 11. November 2003 (B 12 KR 5/03 R, USK 2003-32) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dieses Urteil hält an der sog. "20-Stunden-Grenze" fest. Die Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudenten¬privilegs verlangt neben dem förmli¬chen Status des Studenten (Immatrikulation), dass das Studium Zeit und Arbeitskraft des Studenten überwiegend in Anspruch nimmt und er damit trotz Aus¬übung einer entgeltlichen Beschäftigung seinem Erscheinungsbild nach Student bleibt. Die Beschäftigung ist demge¬mäß nur versicherungsfrei, wenn und solange sie neben dem Stu¬dium ausgeübt wird, ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist, mithin das Stu¬dium die Hauptsache, die Beschäfti¬gung die Nebensache ist. Beim Beigeladenen zu 1) war es aber umgekehrt. Für ihn war die Beschäftigung bei der Klägerin die Hauptsache, das Stu¬dium die Nebensache. An dieser Tatsache zu zweifeln hat der Senat angesichts des von der Beklag¬ten für die Arbeit des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ermittelten wöchentlichen zeitli¬chen Umfangs sowie insbesondere des vom Beigeladenen zu 1) selbst quantifizierten Stu¬dienaufwandes von 10-12 Stunden wöchentlich keinen Anlass. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Zu Recht hat das Sozialgericht das Vorbringen der Klägerin zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Betriebsrat und zu den Vorschriften der §§ 37 BetrVG, 15 KSchG als nicht ent¬scheidungserheblich gewürdigt. Diese Vorschriften, die u. a. die grundsätzliche Unzulässig¬keit der Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats und die ehrenamtliche Tätigkeit des Be¬triebsrats regeln, bieten keine Grundlage dafür, die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1. November 1989 bis 30. September 1996 zu verneinen. Die Klägerin hatte die Möglichkeit, den Beigeladenen zu 1) für die Zeit der erforderlichen Tätigkeit im Be¬triebsrat freizustellen, wodurch es nicht zu einer Überschreitung der arbeitsvertraglich ver¬einbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden gekommen wäre. Dies hat sie aber nicht getan. Vielmehr hat sie diese Stunden stets als Mehrarbeit vergütet. An diesem eigenen tat¬sächlichen Verhalten muss sich die Klägerin fest halten lassen.

Die von der Beklagten im Jahre 2000 durch Bescheid geltend gemachten Gesamtsozialver¬sicherungsbeiträge für die Zeit von November 1989 bis September 1996 sind auch nicht verjährt. Ansprüche auf Beiträge verjähren zwar grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Für die das Jahr 1996 betreffenden Beiträge ist diese Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. Aber auch die für die Zeit vom 1. November 1989 bis 31. Dezember 1995 geforderten Gesamtsozialversi¬cherungsbeiträge sind noch nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verjähren näm¬lich Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Bei¬träge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalen¬der¬jahrs, in dem sie fällig geworden sind. Eine vorsätzliche Beitragsvorenthaltung liegt hier vor.

Vorsatz i. S. d. § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV setzt das Bewusstsein und den Willen voraus, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen. Nach dem Urteil des BSG vom 21. Juni 1990 (12 RK 13/89, Die Bei¬träge 1991,112 = USK 90106) liegt Vorsatz i. S. d. Vorschrift auch dann vor, wenn der Schuldner die Beiträge mit be¬dingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Bei¬tragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Diese Vorausset¬zungen, an denen das BSG im Urteil vom 26. Januar 2005 (B 12 KR 3/04 R, Die Beiträge, Beilage 2005, S. 180) festgehalten hat, sind hier zumindest gegeben.

Der Klägerin war bewusst, dass die immer wieder erfolgte Überschreitung der wö¬chentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden durch den Beigeladenen zu 1) seine Versi¬cherungspflicht und damit Beitragspflicht begründen konnte. Das ergibt sich z. B. aus ihrem mit dem Beigeladenen zu 1) geführten Schriftwechsel. Im Schreiben vom 24. Juni 1992 hat sie ihm mitgeteilt: "Desweiteren erlaubt Ihr Stu¬dentenstatus keine Ar¬beitszeit, die eine 20-Stundenwoche während des Semesters übersteigt. Wenn diese gesetzlichen Vorgaben jedoch ständig von Ihnen verletzt werden, sind wir verpflich¬tet, Sie krankenversicherungspflichtig anzumelden". Aber auch schon zuvor wusste die Klägerin um die sozialversicherungsrechtliche Proble¬matik, die sich aus der Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden ergab. Dies verdeut¬licht das betriebsinterne Schreiben der Personalleiterin an Frau E. vom 8. November 1991, in welchem wegen des erhöhten Maßes der durch die Arbeit des Beigeladenen zu 1) im Betriebsrat bedingten Mehrarbeit geraten wird, den Beigela¬denen zu 1) entsprechend weniger "in Ihrem Bereich arbeiten zu lassen und ggf. ihn für Einsätze herauszunehmen". Da der Beigeladene zu 1) nach § 6 des Anstellungs¬vertrages vom 26. Juni 1989 über Beginn und Ende der Mehrarbeit tägliche Auf¬zeichnungen zu machen hatte und diese spätestens am Ende jeder Wo¬che gegen¬zeichnen lassen musste, konnte der Klägerin, welche diese Mehrarbeit vergütete, seit Beginn der immer wieder vorkommenden Überschreitung der wö¬chentlichen Arbeitzeit die genannte Problematik nicht verborgen geblieben sein. Zutreffend hat das Sozialgericht zudem ausgeführt, dass die Klägerin angesichts der ihr bekannten Umstände auch nicht davon ausgehen konnte, dass der Beigeladene zu 1) noch ein ordentliches Studium betrieb. Im Übrigen genügt es, dass der bedingte Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist vorgele¬gen hat (BSG vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R, a. a. O.). Das war hier der Fall.

Die Klägerin hat die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen. Bei der gegebenen Sachlage hätte für sie ansonsten Anlass bestanden, sich wegen der von ihr selbst schon für möglich erachteten Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) an die Einzugsstelle zu wenden und deren Rat oder Entscheidung einzuholen. Wenn das BSG im Urteil vom 30. März 2000 (B 12 KR 14/99, SozR - 2400 § 25 Nr 7) gefordert hat, zur Bejahung des Vorsatzes müsse das Vorliegen des inneren (subjek¬tiven) Tatbestan¬des festgestellt, d. h. anhand der konkreten Umstände des Einzel¬falles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsauf¬klärung indi¬viduell ermittelt werden, so ist diesen Anforderungen vorliegend Genüge getan. Dass es die Klägerin zumindest für möglich hielt, dass das an den Beigelade¬nen zu 1) ge¬zahlte Entgelt dem Grunde nach beitragspflichtiges Arbeitsent¬gelt war und aus ihm, sofern noch nicht geschehen, Beiträge zu zahlen waren, steht zur Überzeugung des Senats fest.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung. Da das gerichtliche Verfahren vor diesem Zeitpunkt begonnen hat, finden die Vor¬schriften des ab 2. Januar 2002 geltenden § 197a SGG keine Anwendung.

Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Rechtskraft
Aus
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