S 22 AL 265/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 22 AL 265/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 24.07.2002 wird aufgehoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Teil der von der Beklagten erbrachten Kinderbetreuungskosten zu erstatten hat.

Die am 24.05.1965 geborene Klägerin ist Mutter ihres am 19.10.1991 geborenen Sohnes U und ihrer am 01.05.1998 geborenen Tochter M. In der Zeit vom 02.10.2000 bis 26.06.2002 nahm sie an einer von der Beklagten geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme teil. In ihrem Antrag auf Teilnahme an dieser Maßnahme hatte sie zunächst angegeben, für die Kinderbetreuung von M fielen monatlich 120,00 DM an. Mit Bescheid vom 04.10.2000 bewilligte die, Beklagte der Klägerin neben der Förderung der im übrigen entstehenden Maßnahme kosten für die Zeit vom 01.10.2000 bis 28.06.2002 Kinderbetreuungskosten in Höhe von 120,00 DM monatlich, wobei sie die Rate für die Zeit vom 01.06.2002 bis 28.06.2002 auf 112,00 DM festsetzte. Der Bescheid enthielt einen Hinweis zur Höhe der Kinderbetreuungskosten, nach dem für die Kinderbetreuung die tatsächlichen Kosten, höchstens aber 120,00 DM monatlich, bei Vorliegen einer besonderen Härte 200,00 DM monatlich je Kind berücksichtigt würden. Bei mehreren Kindern sei der Betrag als Höchstbetrag maßgeblich, der sich aus der Anzahl der Kinder, vervielfacht mit 120,00/200,00 DM ergebe. Mit Änderung an trag vom 20.10.2000 machte die Klägerin geltend, sie beanspruche insgesamt Betreuungskosten für zwei Kinder in Höhe von monatlich 120,00 DM. Die Frage nach einer besonderen Härte beantwortete sie mit nein. Nachdem die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.10.2000 zunächst einen Bescheid über die Höhe der Kinderbetreuungskosten für die Zeit vom 02.10.200 0 bis 28.06.2002 einen Bescheid erteilt hatte, der dem Bescheid vom 04.10.2000 entsprach, er teile sie ihr mit Bescheid vom 08.11.2000 einen weiteren Bescheid über die Höhe der für den genannten Zeitraum bewilligten Kinderbetreuungskosten. Darin wurden die Kinderbetreuungskosten für die Zeit ab Oktober 2000 mit monatlich 240,00 DM und einmalig für den Juni 2002 mit 224,00 DM festgesetzt. In Folgezeit zahlte die Beklagte der Klägerin rückwirkend ab dem 02.10.2000 und bis einschließlich 28.02.2002 Kinderbetreuungskosten in Höhe von insgesamt 360,00 DM monatlich aus. Die Überweisungen erfolgten nach Angabe der Klägerin, die auch von der Beklagten nicht wiedersprochen werden, jeweils in einem Gesamtbetrag von 360,00 DM. Für die Zeit nach dem 28.02.2002 stornierte die Beklagte die Zahlungen, soweit sie monatlich 240,00 DM überschritten. Mit Schreiben vom 14.02.2002 hörte sie die Klägerin darüber hinaus dahingehend an, dass sie in der Zeit vom 02.10.2000 bis 28.02.2002 zu Unrecht einen Betrag in Höhe von 1.043,04 DM bezogen habe. Hierzu stellte die Klägerin in einer Stellungnahme fest, sie habe in der Maßnahme erfahren, dass andere Teilnehmer Höhere Kinderbetreuungskosten erhielten. Nachdem sie erneut bei dem Arbeitsamt vorgesprochen habe, sei ihr der Änderungsbescheid vom 08.10.2000 erteilt worden. Da ihr die monatliche Gesamtsumme von 360,00 DM jeweils in einer Summe ausgezahlt worden sei, habe sie auch keinen Grund zu zweifeln gehabt, dass der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten nur einen monatlichen Betrag von insgesamt 240,00 DM und nicht einen von zusätzlich zu den bereits bewilligten 120,00 DM feststellen wollte. Zweifel daran habe sie auch deshalb nicht gehabt, weil der ihr zuvor mitgeteilte Betrag von maximal monatlich 400,00 DM nicht überschritten worden war. Mit Schreiben vom 09.03.2002 bat die Beklagte die Klägerin daraufhin um Mitteilung von Fakten, die gegebenenfalls die Begründung einer Härte ergeben könnten, die eine höhere Betreuungsleistung als 240,00 DM monatlich begründen könnten. Nachdem sich die Klägerin hierzu nicht geäußert hatte, erteilte die Beklagte der Klägerin am 24.07.2002 einen Erstattungsbescheid in dem sie ihr mitteilte, aufgrund des Änderungsbescheides vom 08.11.2000 sei ihr bekannt gewesen, dass ihr Kinderbetreuungskosten in der gezahlten Höhe nicht zugestanden hätten. Der überzahlte Betrag in Höhe von 1.043,04 EUR (2.0 40,00 DM) sei daher von der Klägerin zu erstatten. Dagegen legte die Klägerin am 26.07.2002 Widerspruch ein der mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2002 als unbegründet zurückgewiesen worden ist.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 25.09.2002 erhobenen Klage. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Überzahlung nicht erkannt zu haben.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 24.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2002 aufzuheben.

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf ihr Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass die Klägerin Kinderbetreuungskosten in Höhe von monatlich 120,00 DM ohne Rechtsgrund erhalten hat, da ihr diese Leistung nicht bewilligt worden war. Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zwar gemäß § 50 Abs. 2 Sozialgesetzbuch X (SGB ) zu erstatten. Dabei gelten jedoch § § 45 und 48 SGB X entsprechend. In entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 2 darf die Erstattung überzahlter Leistungen nicht verlangt werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand der Zahlung vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Interesse ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder. nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Vorliegend trägt die Klägerin glaubhaft und unbestritten vor, die gesamten von der Beklagten gezahlten Kinderbetreuungskosten an die Betreuungsperson der Kinder weitergegeben zu haben. Insoweit ist ihr grundsätzlich Vertrauen zuzusprechen. Auf vertrauen kann sich der Begünstigte entsprechend § 45 Abs. 2 Satz zwar nicht berufen, soweit

1. er die Leistung durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung er wirkt hat,

2. die Leistung auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder

3. er die Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte. die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Dass die Voraussetzungen der Ziffern 1 und 2 nicht gegeben sind, behauptet vorliegend nicht einmal die Beklagte. Nach Auffassung des Gerichts kann der Klägerin darüber hinaus jedoch auch nicht vorgehalten werden, dass sie die Rechtswidrigkeit der Zahlung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Zwar hatte die Klägerin in ihrem Leistungsantrag Kinderbetreuungskosten in Höhe von lediglich 240,00 DM monatlich beantragt; die ihr bei genauem Hinsehen auf den Änderungsbescheid vom 08.11 ...2000 auch nur bewilligt worden sind. Andererseits wird in dem einschlägigen Merkblatt der Beklagten darauf hingewiesen, dass die Kinderbetreuungskosten in Härtefällen bis zu 200,00 DM.im Monat betragen konnten. Den selben Hinweis enthält im Übrigen auch der Bewilligungsbescheid vom 04.10.2000. Dazu kommt, dass die Beklagte der Klägerin die Leistung nicht in Teilbeträgen von 240,00 PM und 120,00 DM, sondern jeweils in einer Gesamtsumme von 360,00 DM überwiesen hat. Aus diesem Grunde hält es die Kammer für nachvollziehbar, wenn die Klägerin in Kenntnis des Merkblattes zu der irrigen Annahme gekommen ist, der zuständige Sachbearbeiter der Beklagt en habe wohl in ihrem Fall einen entsprechenden Erhöhungstatbestand gesehen. Dass sie insoweit den Änderungsbescheid vom 08.11.2000 entweder nicht mehr sonderlich aufmerksam überprüft oder mißverstanden hat, liegt sicherlich im Bereich der Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit ist hierin aber nicht zu sehen, da die Klägerin auch nach dem Eindruck, den die Kammer in der mündlichen Verhandlung von ihr gewonnen hat, diesen nicht ganz eindeutig gelagerten Sachverhalt nicht bei leichtester Überlegung beurteilen konnte. Dass sie sogar positive Kenntnis von der Überzahlung gehabt hätte, schließt das Gericht im übrigen ebenfalls aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § § 183, 193 SGG.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54,

45130 Essen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem

Sozialgericht Gelsenkirchen, Ahstraße 22,

45879 Gelsenkirchen ,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt · wird.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision z m Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Rechtskraft
Aus
Saved