S 39 R 792/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
39
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 39 R 792/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den Monat Februar 2018 hinaus streitig.

Der 1967 in der Türkei geborene Kläger ist verheiratet und Vater von zwei mittlerweile erwachsenen Kindern. Er bezieht von der Beklagten Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau. Weiter bezieht der Kläger gegenwärtig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Zudem gewährte die Beklagte dem Kläger in der Vergangenheit Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, welche mehrfach, zuletzt bis Ende Februar 2018, verlängert wurde.

Gegen Ende des Jahres 2017 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 28.02.2018 hinaus, woraufhin die Beklagte Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Klägers aufnahm. Sie veranlasste insbesondere eine Untersuchung und Begutachtung durch Dr. F am 14.03.2018. Dr. F führte in seinem Gutachten vom 21.03.2018 u.a. aus, dass zwar eine gewisse depressive Symptomatik seit Jahren vorliege, eine abschließende Diagnose aufgrund der erheblichen Aggravationen jedoch nicht möglich erscheine. Mit Bescheid vom 11.04.2018 lehnte die Beklagte den Weiterzahlungsantrag ab. Zwar sei bei dem Kläger eine gewisse depressive Symptomatik anzunehmen, allerdings ergebe sich hieraus für die Zeit ab dem 01.03.2018 weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung.

Hiergegen erhob der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch und machte zur Begründung im Wesentlichen geltend, dass das Leistungsvermögen aufgehoben sei und verwies auf die Stellungnahme des behandelnden Psychiaters Dr. N vom 13.06.2018. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2018 wies der Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben von Dr. N bekannt seien und bereits sozialmedizinisch gewürdigt worden seien. Insgesamt sei auch unter Berücksichtigung des Widerspruchsvorbringens ein Leistungsvermögen, das die Annahme eines Leistungsfalles der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung rechtfertigen würde, nicht mehr gegeben.

Mit seiner – unter dem 27.08.2018 erhobenen – Klage verfolgt der Kläger sein Weiterzahlungsbegehren fort. Er ist im Wesentlichen der Ansicht, dass seine Erkrankungen die Weitergewährung rechtfertigen würden und verweist erneut auf die Bescheinigung des behandelnden Facharztes Dr. N aus dem Widerspruchsverfahren. Weiter meint er, dass seine Verdeutlichungsneigung krankheitsbedingt sei.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Bescheid der Beklagten vom 11.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 28.02.2018 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf den Inhalt und die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids.

Das Gericht hat zum Gesundheitszustand bzw. Leistungsvermögen des Klägers Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte sowie eines schriftlichen nervenärztlichen Gutachtens von Fr. Dr. X (Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie) vom 26.04.2019.

Die Sachverständige Fr. Dr. X hat aufgrund eigener Begutachtung – nebst testpsychologischer Untersuchung – am 27.03.2019 in psychiatrischer Hinsicht allenfalls eine Dysthymie, d.h. eine leichte Verstimmtheit, diagnostiziert. Keineswegs handele es sich um eine schwere Depression. Entgegen den Attesten des behandelnden Arztes seien keine psychotischen Phänomene gegeben. Weiter seien insbesondere im Rahmen der durchgeführten Beschwerdevalidierung bewusste Aggravationen festzustellen gewesen. Auch sei das Verhalten während der Untersuchung hoch auffällig und bewusstseinsnah gesteuert gewesen. Ferner hat sie ausgeführt, dass im Hinblick auf die Diagnose einer schweren Depression mit psychotischen Symptomen die in Anspruch genommene Therapie dürftig erscheine. Sie ist der Ansicht, dass der Kläger noch in der Lage sei, körperlich leichte bis zeitweise mittelschwere sowie geistig einfache Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr fünf Tage in der Woche regelmäßig zu verrichten. Die Arbeiten könnten in wechselnder Körperhaltung oder überwiegend im Sitzen verrichtet werden. Einschränkungen bestünden – in erster Linie wegen des Rücken- bzw. Bandscheidenleiden – beim Hocken, Knien, Bücken, Überschulter-/Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Gerüsten und Leitern. Hinweise auf kognitive Defizite seien nicht festzustellen. Das Seh- und Hörvermögen sowie das Gehvermögen seien nicht eingeschränkt. Wegen des Leistungsvermögens im Übrigen wird auf den Inhalt des Gutachtens vom 26.04.2019 Bezug genommen.

Auf Antrag des Klägers ist weiter Beweis erhoben worden durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Vertrauensarztes Hr. P (Facharzt für Nervenheilkunde, Sozialmedizinische Begutachtung).

Der Vertrauensarzt hat in seinem Gutachten vom 09.03.2020 – auf dessen Inhalt Bezug genommen wird – aufgrund Untersuchung am 18.02.2020 im Wesentlichen ausgeführt, dass er eine neurotische Fehlverarbeitung sowie eine asthenische Verhaltenskomponente bei anzunehmenden Persönlichkeitsstörungen in Form einer depressiv-ängstlichen Symptomatik sowie rein formal eine mittelgradige bis ansatzweise schwergradige depressive Episode nicht ausschließen könnte. Weiter lasse sich eine somatoforme Komponente darstellen. Aggravationen seien auch in der hiesigen Untersuchung zu beobachten gewesen, wobei er nicht eindeutig sagen könne, ob diese bewusstseinsnah gesteuert gewesen seien. Weiter beschreibt der Vertrauensarzt eine Versagungshaltung. Insgesamt sei ihm eine Leistungsbeurteilung nicht möglich.

Im Hinblick auf die fehlende Leistungsbeurteilung des Vertrauensarztes sieht die Beklagte keine Veranlassung, ihren bislang vertretenen Standpunkt aufzugeben.

Der Kläger hält unter Hinweis auf das Gutachten des Vertrauensarztes an seinem Klagebegehren fest. Er meint, dass die Sachverständige bisher in keinem Fall ein negatives Leistungsvermögen der Probanden festgestellt habe und dass sie dazu neige, das verbliebene quantitative Leistungsvermögen der Probanden allzu günstig zu beurteilen. Insgesamt bezweifelt er, dass es der Sachverständigen überhaupt möglich sei, das Leistungsvermögen des Klägers zuverlässig zu beurteilen.

Schließlich haben sich die Beteiligten jeweils – mit Schriftsatz vom 03.11.2020 bzw. vom 04.11.2020 – mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Inhalte der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten kann die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den Bescheid vom 11.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2018 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die angegriffene Entscheidung ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung von Rente in voller – bzw. teilweiser Erwerbsminderung über den 28.02.2018 hinaus. Die Beklagte hat die Weitergewährung zu Recht abgelehnt, da der Kläger nicht mehr teilweise oder voll erwerbsgemindert ist.

Anspruchsgrundlage für die (Weiter-)Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Danach haben Versicherte bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 bzw. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) bzw. auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Hingegen ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Kläger aufgrund seines Gesundheitszustandes und des Restleistungsvermögens ab dem 01.03.2018 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne der vorgenannten Vorschriften. Dies ergibt sich aus den Feststellungen der Sachverständigen Fr. Dr. X, welchen das – unergiebige – Gutachten des Vertrauensarztes Hr. P vom 09.03.2020 nicht entgegen steht (s. hierzu unter 2.).

1. Der Kläger ist nicht erwerbsgemindert, da er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes jedenfalls seit dem 01.03.2018 wieder in der Lage ist, mindestens sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig zu sein. Der Kläger leidet an Rücken- bzw. Bandscheibenbeschwerden. In psychiatrischer Hinsicht lässt sich sein Zustand am ehesten als Dysthymie, d.h. einer leichten depressiven Verstimmtheit, beschreiben. Das Vorliegen einer schweren Depression ist hingegen auszuschließen. Insbesondere sind keine psychotischen Phänomene gegeben. Mit diesem Gesundheitszustand ist er wieder in der Lage, eine körperlich leichte bis zeitweise mittelschwere sowie geistig einfache Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche regelmäßig zu verrichten. Die Arbeiten können in wechselnder Körperhaltung oder überwiegend im Sitzen verrichtet werden. Hinweise auf kognitive Defizite sind nicht festzustellen. Das Seh- und Hörvermögen sowie das Gehvermögen sind ebenfalls nicht eingeschränkt. Weiter sind aus psychiatrischer Sicht auch Tätigkeiten unter zeitlichem Druck, in Nacht-/Wechselschicht oder mit Publikumsverkehr durchaus zumutbar. Hingegen sind qualitative Leistungseinschränkungen – beim Hocken, Knien, Bücken, in Überschulter-/Überkopfhaltung, auf Gerüsten und Leitern – in erster Linie durch das Rücken- bzw. Bandscheidenleiden bedingt.

Diese Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie des hieraus resultierenden Leistungsvermögens des Klägers im Erwerbsleben ergeben sich aus den Schlussfolgerungen der Sachverständigen Fr. Dr. X. Diese hat – als erfahrene und anerkannte Fachärztin – aufgrund eingehender ambulanter Untersuchung und sorgfältiger Befunderhebung, Berücksichtigung der im Untersuchungszeitraum aktenkundigen ärztlichen Unterlagen sowie testpsychologischer Untersuchung die vorgenannten Gesundheitsstörungen festgestellt sowie die entsprechenden Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen gezogen. Anhaltspunkte für eine unvollständige Befunderhebung oder eine unzutreffende Leistungsbeurteilung sind nicht ersichtlich. Die Ausführungen sind schlüssig, in sich widerspruchsfrei und plausibel.

Insbesondere erscheint die Leistungsbeurteilung der Sachverständigen im Hinblick auf die festgestellten Diagnosen plausibel. Diese wiegen – weder einzeln noch in der Gesamtschau – so schwer, als dass jedenfalls die Ausübung körperlich leichter Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr nicht möglich erscheint. Insbesondere hat die Sachverständige überzeugend begründet, dass – entgegen der Ansicht der Behandler – eine schwere Depression oder eine Psychose gegenwärtig auszuschließen sind. Denn aus objektiver Sicht sind Symptome, die für derartige Erkrankungen sprechend, nicht gegeben. Insbesondere indizieren etwaige optische Halluzinationen – wie das Sehen von Mäusen oder Schlangen – nicht zwingend die Annahme einer schweren Depression mit psychotischen Symptomen. In der gebotenen Gesamtschau ist dem Kläger wieder eine mehr als sechsstündige Leistungsfähigkeit zuzumuten. Die hierfür erforderliche Willensanspannung und entsprechende Motivation, kann der Kläger selbst aufwenden. Diese Schlussfolgerung erscheint insbesondere im Hinblick auf das – unter 2. noch auszuführende – Untersuchungsverhalten und die bewussten Verdeutlichungstendenzen plausibel.

Soweit der Prozessbevollmächtigte dagegen meint, die Sachverständige habe noch nie ein negatives Leistungsvermögen festgestellt, ist dies im Hinblick auf das hiesige Verfahren unerheblich und im Übrigen aus den Erfahrungen des Gerichts auch schlicht unzutreffend. Dem Kammervorsitzenden sind mehrere Verfahren bekannt, in denen die Leistungsbeurteilung der Sachverständigen zu einem (teil-)positiven Ergebnis für die Versichertenseite geführt hat.

2. Dem Beweisergebnis steht nicht entgegen, dass der Vertrauensarzt sich nicht in der Lage sieht, eine Leistungsbeurteilung vorzunehmen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers verkennt insoweit, dass das Gutachten des Vertrauensarztes vom 09.03.2020 im Hinblick auf die Frage des Leistungsvermögens im Erwerbsleben schlicht unergiebig ist. Ein unergiebiges Gutachten führt jedoch nicht dazu, dass ein (negativ) ergiebiges Gutachten unverwertbar wird.

Ein Sachverständigengutachten ist lediglich dann unverwertbar und dementsprechend nicht als Erkenntnismittel geeignet, soweit gewisse formale Mindestvoraussetzungen, wie beispielsweise die eindeutige Trennung zwischen Anamnese und Befunderhebung, die nachvollziehbare Herleitung der gestellten Diagnosen aus den erhobenen Befunden und schließlich die Einschlägigkeit des Fachgebiets für den zu beurteilenden Fall, nicht beachtet sind (Giesbert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 128 SGG Rn. 55). Weiter ist ein Gutachten insbesondere nicht verwertbar, soweit es nicht von der Sachkunde des Sachverständigen getragen, sondern von diesem fachfremd erstellt wird (Mushoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. (Stand: 11.11.2020), § 103 SGG Rn. 115). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Vielmehr sind die Feststellungen der Sachverständigen widerspruchsfrei und plausibel. Die Sachverständige hat das Aktenmaterial, die Vorbefunde sowie die in der Vergangenheit erfolgten Begutachtungen gewürdigt. Dabei hat sie die Vorbefunde mit Rücksicht auf Anamnese und testpsychologische Untersuchung hinterfragt. Weiter hat sie – im Gegensatz zum Vertrauensarzt – eine Beschwerdevalidierung vorgenommen. Ihre Feststellungen und Rückschlüsse zum Test- und Untersuchungsverhalten des Klägers sind plausibel. Insbesondere hat sie nicht unerhebliche Aggravationen festgestellt und insoweit nachvollziehbar heraus gearbeitet, dass diese bewusst gesteuert sind. Anders gewendet sind – entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten – die Verdeutlichungstendenzen des Klägers nicht krankheitsbedingt. Das ergibt sich erschließt sich insbesondere aus dem auffälligen Verhalten des Klägers während der Untersuchung. Beispielsweise erfolgte – wie auf S. 23 bis 26 des Gutachtens vom 26.04.2019 ausgeführt – eine bewusste Testmanipulation. Auch verhielt sich der Kläger gegenüber der Dolmetscherin – im Gegensatz zur Sachverständigen – nahezu unauffällig und sozialadäquat. Ferner wurde ein psychogener Tremor vom Kläger nicht mehr dargestellt, sobald er anderweitig abgelenkt wurde. Den Aufforderungen im Rahmen der neurologischen Untersuchung kam der Kläger nur sehr langsam nach, wogegen er sich am Ende der Untersuchung zügig, flott und eigenständig ankleiden konnte.

3. Im Hinblick auf das unter 1. festgestellte positive Leistungsvermögen bestehen insgesamt keine Zweifel daran, dass der Kläger Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann. Insbesondere ist er in der Lage, einfache körperliche Tätigkeiten (z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw.) sowie geistige einfache auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anfallende Tätigkeiten auszuüben. Die von der Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungsbeschränkungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen zu begründen (vgl. hierzu Bundessozialgericht BSG), Urteil vom 09.05.2012 – B 5 R 68/11 – juris Rn. 17 ff.). Weiter ist der Kläger auch in der Lage, einen Arbeitsplatz zu erreichen. Seine Gehfähigkeit ist nicht eingeschränkt und er objektiv fähig, sowohl öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen als auch ein Kraftfahrzeug zu führen.

4. Schließlich vermag der Umstand, dass der Kläger in der Vergangenheit bereits Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen hat, kein schutzwürdiges Vertrauen für die Zeit der streitgegenständlichen Weitergewährung ab dem 01.03.2018 zu begründen. Denn bereits aufgrund der zeitlichen Befristung – welche die Ablehnung der Gewährung von Rente über den Befristungszeitraum hinaus enthält – vermag die zuvor gewährte Rente keine Regelungswirkung für die Zukunft entfalten.

Da die Beklagte nicht unterliegt, hat sie auch keine Kosten zu tragen (§§ 183, 193 SGB).

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem

Sozialgericht Gelsenkirchen, Bochumer Straße 79, 45886 Gelsenkirchen

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.

Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Rechtskraft
Aus
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